Stab 200590060

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Fachthemen

Marc Buonomo
Francis Roos
Falko Schröter

Das große Viadukt von Millau –


Stahlbau und Montage mit hochfesten
Feinkornbaustählen
Im Süden des französischen Massif Centrale wurde am 16. Dezember 2004 das große seilbrücke, deren ursprünglicher Ent-
Viadukt von Millau, eine 2460 m lange Multi-Schrägseilbrücke, dem Verkehr übergeben. wurf einen Bau nicht nur der Pfeiler
Dieses Bauwerk umfaßt sechs Hauptfelder à 342 m Länge sowie zwei Randfelder von je- sondern auch des Deckkonstruktion
weils 204 m Länge. Der Stahlüberbau wird aus einer orthotropen Kastenkonstruktion von und der Pylone in Beton vorsah.
27,75 m Breite mit einer maximalen Bauhöhe von 4,20 m gebildet, die wegen der auftre- Nach Eröffnung der Ausschreibung
tenden Windbelastungen aerodynamisch optimiert wurde. Sieben stählerne Pylone hal- im Juli 2000 wurde im Oktober die
ten über jeweils 2 × 11 Schrägseilbündel diese Deckkonstruktion in einer Höhe bis zu Baukonzession an den Konzern Eif-
270 m über dem Fluß Tarn, somit die höchste Brücke der Welt, die mit einer Gesamt- fage mit seiner Tochter Eiffel erteilt,
bauhöhe von 343 m sogar den Pariser Eiffelturm überragt. die einzige Bietergemeinschaft, die
The Millau Viaduct – Steel construction, fabrication and erection with high-strength eine alternative Lösung mit Deck-
fine grain steel. 16th of December 2004 the Millau Viaduct, a 2460 m long multi cable- konstruktion und Pylonen in Stahl
stayed bridge, was opened of traffic in the Southern part of the French Massif Centrale vorgeschlagen hat. Dieser Konzern
mountains. This bridge comprises 6 main spans of 342 m length respectively and two hat das Recht, diese mautpflichtige
side spans of 204 m length respectively. The steel superstructure consists of an ortho- Brücke über einen Zeitraum von 78
tropic box deck of 27.75 m width and a maximum height of 4.20 m aerodynamically opti- Jahren zu nutzen. Baubeginn war Ok-
mised due to the enormous wind loads in the valley. The deck is fixed to the 7 steel py- tober 2001. Die Gesamtbauzeit be-
lons via 22 stay cables per pylon in a height of up to 270 m above the river Tarn. Thus this trug 38 Monate. Am 16. Dezember
viaduct represents the highest bridge in world with a total height of 343 m, even more 2004 konnte das Viadukt dem Ver-
than the Eiffel Tower in Paris. kehr übergeben werden.

1 Einleitung

Um die regelmäßige Überlastung der


einzigen geschlossenen französischen
Nord-Süd-Autobahnverbindung über
Dijon–Lyon–Valence zu reduzieren,
beschloß der französische Staat im
Jahre 1980 den Bau einer weiteren Bild 1. Geographische Lage
Nord-Süd-Trasse von Paris über Cler- Fig. 1. Location
mont-Ferrand nach Montpellier.
Südlich von Clermont-Ferrand tritt
diese Trasse in das Gebirge des Mas-
sif Centrale ein, wobei Paßhöhen bis
1100 m Höhe überquert werden
(Bild 1). Bis zuletzt stellte das weite
Tal des Flusses Tarn das letzte natür-
liche Hindernis zur Schließung der
Autobahn dar. Das Viadukt von Mil-
lau hat die Aufgabe, diese letzte
Lücke zu schließen.
Nach Ausschreibung eines Wett-
bewerbs, an dem fünf Kooperationen
von Architektur- und Ingenieurbüros
teilnahmen, einigte man sich im Juli
1996 auf den Bau einer Multi-Schräg-

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 74 (2005), Heft 5 313
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Sämtliche Brückenpfeiler ruhen


auf einem mitteltiefen Gründungs-
system, gebildet aus einer rechtecki-
gen Sohle von 3,5 bis 5 m Kanten-
maß, das auf einer vierschächtigen
Tiefgründung von 5 mm Durchmes-
ser und einer Tiefe von 9 bis 16 m
ruht.

2.2 Pylone und Seile


Bild 2. Längsschnitt der Brücke [1]
Fig. 2. Longitudinal section of the bridge [1] Die sieben stählernen Pylone wurden
als längs ausgerichtete, auf den Kopf
gestellte „Y“ ausgebildet, die in der
2 Allgemeine Baubeschreibung schiedliche Höhen auf: 94,50 m; Verlängerung der aufgespaltenen
244,96 m; 221,05 m; 144,21 m; Oberteile der Brückenpfeiler liegen.
Nach technischen wie auch architek- 136,42 m; 111,94 m; 77,56 m. Der Die Verbindung zwischen Pylon und
tonischen Überlegungen wurde eine Querschnitt der Pfeiler ist über die Überbau erfolgt durch einen Stahl-
möglichst leichte und elegante Bau- ganze Höhe veränderlich, um den auf Querriegel in der Fahrbahnplatte auf
form der Brücke angestrebt, um die sie wirkenden Momentenbelastungen Höhe der beiden Pfeilerfußpunkte.
Beeinträchtigung der Landschaft so Rechnung zu tragen (Bild 3). Wäh- Die Gesamthöhe der Pfeiler
gering wie möglich zu halten. Das rend in Längsrichtung der Brücke (Bild 4) beträgt 87 m. Die Beine der Y-
Ausmaß der Bodenberührung war zu ihre Abmessung relativ konstant Elemente weisen eine Höhe von 38 m
minimieren. bleibt (zwischen 16 und 17 m), vari- auf und sind in Form von zwei versteif-
Bei einer Gesamtlänge von iert die Breite in Querrichtung zwi- ten Stahlbaukästen mit Abmessungen
2460 m ist das Bauwerk leicht ge- schen 10 m an der Spitze und 27 m von 3,50 m in Querrichtung und
krümmt in einem Radius von an der Basis des höchsten Pfeilers. 4,75 m in Längsrichtung ausgeführt.
20000 m. Das Gefälle von Nord nach Auch im geteilten Abschnitt schwankt Die Querabmessungen der 49 m ho-
Süd beträgt 3,025 % (Bild 2). Der die Breite dieser Pfeiler parallel zur hen Masten ist identisch mit denen der
durchlaufende Deckträger, der aus Si- Achse des Viadukt zwischen 5 m an Pylonbeine; ihre Längsabmessungen
cherheitsgründen aber zum Schutz der Spitze und 8,60 m an der Basis. variieren zwischen 9,70 m an der Basis
gegen seitliche Winde mit schweren Diese Form erlaubt einen besseren und 2,40 m an der Spitze.
Schutzplanken ausgestattet ist, setzt Abtrag von Wärmedehnungen an den Die an den Pylonen befestigten
sich aus zwei Randfeldern von jeweils Pfeilerspitzen. Verbände von zweimal 11 Schrägsei-
204 m sowie sechs Feldern von je Die geteilten Pfeilerspitzen wur- len bestehen aus 45 bis 91 Litzen von
342 m zusammen und überquert den den über ihre gesamte Höhe mit Hilfe 150 mm2 Querschnittsfläche. Die Lit-
Fluß Tarn in einer Höhe bis zu 270 m. von acht Spanngliedern vorgespannt, zen sind verzinkt, gewachst und indi-
Die Wahl eines stählernen Fahr- um die Dichte an passiver Bewehrung viduell durch hochdichtes Polyure-
bahndecks ergab sich aus den Vor- und damit das Ausmaß an passiver than geschützt. Insgesamt kommen
aussetzungen eines schmalen seilver- Rißbildung zu reduzieren. 1500 t Seile zur Anwendung.
spannten Überbaus, der den in einer
solchen Höhe vorkommenden Wind-
böen möglichst wenig Angriffsfläche
bieten sollte. So ist die Brücke für
Windlasten bis zu einer Geschwindig-
keit von 205 km/h ausgelegt, für die
Horizontal- und Vertikalverschiebun-
gen von 60 bzw. 85 mm errechnet
wurden.

2.1 Brückenpfeiler

Die Brückenpfeiler im unteren Ab-


schnitt wurden als monolithische So-
litärpfeiler in Kastenbauweise konzi-
piert, die sich im oberen Abschnitt
etwa 90 m unterhalb der Fahrbahn
aufteilen, um die aus der Aneinander-
reihung großer Stützweiten resultie-
renden beträchtlichen Biegemomente
aufzufangen. Entsprechend der To- Bild 3. Konstruktion der Brückenpfeiler [1]
pographie weisen die Pfeiler unter- Fig. 3. Construction of the piers [1]

314 Stahlbau 74 (2005), Heft 5


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– 2 seitliche Aufsätze à 2,15 m Breite,


die den 3,20 m hohen Windschutz tra-
gen.
Das Fahrbahndeck setzt sich aus
einem trapezförmigen Stahlkasten
von bis zu 4,20 m Höhe mit orthotro-
pen Platten aus 12 bis 14 mm dicken
Stahlblechen unterhalb der Überhol-
spur und 14 mm Blechdicke unter-
halb der Schwerlastspur zusammen.
In Querrichtung wird die Aussteifung
der Fahrbahntafel durch Querver-
bände im Abstand von 4,17 m gebil-
COUPE A 81,80
det. Die Längsversteifung besteht aus
81,80 Trapezhohlsteifen, die durch die

2,60
Querverbände geführt werden. Senk-
rechte Stege im Abstand von 4 m ver-
11,80

3,17 steifen die Brücke über ihre gesamte


70,00
Länge.
COUPE A 70,000

3 Stahlbau des Überbaus

2,60
Der Querschnitt des Stahlüberbaus
wurde in Hinblick auf die Fertigungs-
28,51

4,95
möglichkeiten in den Werkstätten so-
wie die Transportkapazitäten opti-
COUPE A 41,486
miert. Wie Bild 6 zeigt, setzt er sich
aus den folgenden Elementen zusam-
1,02

men:
3,45

2,60

41,48 – ein Mittelkasten (Höhe: 4,20 m,


Breite: 4,00 m) mit Blechdickden bis
9,25 zu 80 mm
– mit Hohlsteifen längs ausgesteiften
Bild 4. Konstruktion der Pylone Verbindungspanelen von 3,70 m bis
Fig. 4. Construction of the pylons 4,20 m Breite
– zwei seitlichen Kästen von 3,84 m
Breite
2.3 Stahl-Deckkonstruktion lern verankert. Insgesamt setzt sich – queraussteifenden Verbänden als
die Deckkonstruktion aus den folgen- UPN-Profil.
Die Deckkonstruktion ist über eine den funktionellen Elementen zusam- Die Fertigung des Überbaus teilt
Art Kugelgelenk mit den Pfeilern ver- men (Bild 5): sich auf die folgenden Schritte auf:
bunden. Um ein etwaiges Abheben bei – 2 × 2 Fahrspuren à 3,50 m Breite – Fertigung der Einzelpanele des
Erreichen von Grenzzuständen der – 2 Standstreifen à 3 m Breite Mittelkastens, der Verbindungspanele
Gebrauchstauglichkeit zu vermeiden, – 2 Randstreifen im Innern à 1 m sowie der seitlichen Kästen in der
sind die Auflagerpunkte mit Hilfe von Breite Fertigungsstätte Lauterbourg im El-
Spanngliedern an den Brückenpfei- – 1 Mittelstreifen von 4,50 m Breite saß (Bild 7)
– Transport der Verbindungspanele
und der seitlichen Kästen direkt zur
Baustelle sowie der Einzelteile des
Schrägseil
mittleren Kastens nach Fos-sur-Mer
Verbände an der französischen Mittelmeerküste
Gefälle von 2,5 % – Zusammenbau des Mittelkastens in
der Werkstatt in Fos-sur-Mer und an-
schließender Transport zur Baustelle.
Um die dargestellten Fertigungs-
schritte in dem gesetzten Zeitplan
umzusetzen, wurden am Standort
2,15 13,87 13,87 Stahldeck 2,15 Lauterbourg umfangreiche Investitio-
nen durchgeführt:
32 m
– eine Plasmaschneidanlage mit ei-
Bild 5. Querschnitt der Brücke ner Schnittgeschwindigkeit von bis zu
Fig. 5. Cross-section of the bridge 1,80 m/min

Stahlbau 74 (2005), Heft 5 315


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Bild 6. Fertigungselemente des Überbaus


Fig. 6. Fabrication units of the steel deck

– ein Zwei-Kopf-Schweißroboter Mit Sondertransporten werden S 460 M/ML zur Anwendung, für die
– eine lasermetrische Vermessungs- die Elemente zur Baustelle gebracht. sieben Pylone noch einmal rund
anlage Die Einzelteile des Mittelkastens wer- 4600 t. Der höherfeste Feinkornbau-
– Transportsysteme mit 160-t-Portal- den zum Zusammenbau in die Werk- stahl S 460 M/ML wurde dabei in
kran. statt Fos-sur-Mer überführt und dort Dicken bis 80 mm für den Mittelkasten
Die angelieferten Bleche in Brei- auf zwei eigens dafür konstruierten sowie angrenzende Verbindungspanele
ten von bis 4200 mm werden auf der Haltevorrichtungen zusammengesetzt sowie für die Pylone eingesetzt. Dabei
Plasma-Brennschneidanlage mit ei- und verschweißt. Nach 100 % fand die Güte S 460 M (d. h. nachge-
ner Überlänge von 25 mm zurechtge- Schweißnahtkontrolle und Abmes- wiesene Kerbschlagarbeit von 40 J bei
schnitten. Zur Berücksichtigung der sungsüberprüfung werden die 15 bis –20 °C) Anwendung bis zu einer Dicke
Schrumpfungsbehinderung während 22 m langen Kastenelemente mit ei- von 50 mm; darüber kam die tieftem-
des Aufschweißens der Hohlsteifen nem Bauteilgewicht von bis zu 90 t peraturzähe Güte S 460 ML (nachge-
wird ferner ein Fertigungsaufmaß von zur Baustelle nach Millau transpor- wiesene Kerbschlagarbeit von 27 J bei
1 mm pro Steife in der Breite berück- tiert. Im Mittel werden drei solcher –50 °C) zum Einsatz.
sichtigt. Ferner erfolgt eine Hartmar- Kastenelemente pro Woche ausgelie- Thermomechanisch gewalzte
kierung mit allen zur Verfolgung not- fert. Feinkornbaustähle sind nach DIN
wendigen Daten sowie eine Positio- Die seitlichen Verbindungspa- EN 10113-3 genormt und werden
nierung der Hohlsteifen. nele sowie die Seitenkästen werden durch eine spezielle Kombination von
Die Hohlsteifen werden mit zwei in Längen von 20 bis 24 m und einem Walzen und Wärmebehandlung her-
2-Kopf-Schweißrobotern im UP-Ver- Bauteilgewicht von 40 t direkt zur gestellt, die dem Stahl eine besonders
fahren mit Doppeldraht auf die ver- Baustelle transportiert. feine Gefügestruktur verleiht (Bild 8).
spannten Deckbleche geschweißt. Insgesamt waren mehr als In der Folge können Grobbleche mit
Danach werden die Quersteifen auf- 2000 LKW-Transporte notwendig. Streckgrenzen bis zu 500 MPa erzeugt
gesetzt und mit einem Schweißrobo- werden, ohne auf umfangreiche Legie-
ter mit zwei Köpfen im MAG-Verfah- 4 Verwendete Stahlsorten rungsgehalte zurückzugreifen. So ver-
ren mit dem Deckblech und den gleicht Tabelle 1 die chemische Zu-
Hohlsteifen verschweißt. Danach wer- Für die Deckkonstruktion kamen rund sammensetzung eines im Brückenbau
den die Schweißnähte mit verschie- 36000 t Grobblech hauptsächlich in üblichen S 355 J2 G3 mit dem norma-
denen Verfahren überprüft, die Ab- den Stahlgüten S 355 K2 G3 und lisierten Feinkornbaustahl S 460 N
messungen lasermetrisch kontrolliert.
Abschließend erfolgt eine erste Be-
schichtung der Elemente.

Bild 7. Fertigung in der Werkstatt Bild 8. Herstellung und Gefügestruktur der thermomechanisch gewalzten Stähle
Lauterbourg im Vergleich zu normalisierten Stählen
Fig. 7. Fabrication in the Lauterbourg Fig. 8. Fabrication and grain structure of thermomecanically rolled steel in com-
workshop parison to normalised steel

316 Stahlbau 74 (2005), Heft 5


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Tabelle 1. Chemische Zusammensetzung verschiedener Stähle (Maximalwerte


nach Norm sowie typische Produktionswerte bei 50 mm Erzeugnisdicke)
Table 1. Chemical composition of various steel grades (maximum values accord-
ing to the standard and typical analyses at 50 mm plaste thickness)
S 355 J2 G3 S 460 NL S 460 ML
Norm typ. Ana. Norm typ. Ana. Norm typ. Ana.
C ≤ 0,22 0,17 ≥ 0,20 0,17 ≤ 0,16 0,08
Si ≤ 0,55 0,45 ≤ 0,60 0,45 ≤ 0,60 0,46
Mn ≤ 1,60 1,50 ≤ 1,70 1,65 ≤ 1,70 1,65
P ≤ 0,035 0,018 ≤ 0,030 0,012 ≤ 0,030 0,011 Bild 10. Kerbschlagarbeit-Temperatur-
Übergangskurve für S 460 ML in Ver-
S ≤ 0,035 0,015 ≤ 0,025 0,005 ≤ 0,025 0,002 gleich mit anderen Stählen
Nb – – ≤ 0,05 – ≤ 0,05 ≥ 0,04
Fig. 10. Charpy-V-temperature transi-
tion curves for S 460 ML in compari-
V – – ≤ 0,20 0,17 ≤ 0,12 – son to other steel grades
Mo – – ≤ 0,10 – ≤ 0,20 –
Ni – – ≤ 0,80 0,23 ≤ 0,45 0,19 beit-Temperatur-Übergangskurve zeigt.
Cr – – ≤ 0,30 – ≤ 0,60 – Weiterführende Literatur zu diesen
Stählen findet sich in [3] bis [5].
Cu ≤ 0,035 – ≤ 0,70 ≤ 0,60 0,17
Höherfeste Feinkornbaustähle
B – – – – finden im französischen Brückenbau
seit 1993 Anwendung und haben sich
CE 0,42 0,50 0,39
inzwischen zu einem Standardpro-
Pcm 0,26 0,28 0,19 dukt insbesondere für den Groß-
CET 0,32 0,34 0,26 brückenbau etabliert. So greifen auch
zwei Neubrückenbauten in unmittel-
Kohlenstoffäquivalente: barer Nachbarschaft des Viaduc de
CE = C + Mn/6 + (Cr + Mo + V)/5 + (Ni + Cu)/15
Millau, die Brücke Verrières und die
Pcm = C + Si/30 + (Mn + Cu + Cr)/20 + Ni/60 + Mo/15 + V/10 + 5B
Brücke Les Garrigues, auf diese
CET = C + (Mn + Mo)/10 + (Cr + Cu)/20 + Ni/40
Stahlsorten zurück; letztere sogar mit
Blechen in einer Rekorddicke von
und dem thermomechanisch gewalz- ren äußert. Unter entsprechenden Be- 120 mm.
ten Feinkornbaustahl S 460 M. So dingungen kann sogar ganz auf ein
kann ein S 460 M trotz der höheren Vorwärmen verzichtet werden (Bild 9). 5 Montage
Festigkeiten durchaus niedrigere Koh- Gute Schweißeigenschaften sowie 5.1 Montage des Decks vor Ort
lenstoffäquivalente als ein S 355 J2 G3 eine hohe Bauteilsicherheit werden
aufweisen. aber auch dadurch erzielt, daß die fein- An den beiden Widerlagern wurden
In der Folge ergibt sich eine hohe körnige Kornstruktur auch in hohen zwei Vormontageplätze eingerichtet,
Schweißeignung dieses Stahles, die Zähigkeiten des Stahles resultiert, wie an denen die Komponenten des
sich in niedrigen Vorwärmtemperatu- Bild 10 im Vergleich der Kerbschlagar- Stahldecks zusammengeschweißt
wurden. Jeder Vormontageplatz von
171 m Länge ist mit einer Einhau-
sung und einem 90-t-Portalkran aus-
gestattet und gliedert sich in jeweils
drei Teile für das Zusammen-
schweißen des Mittelkastens, das
Verbinden mit den seitlichen Ele-
menten sowie einen für die Ausrü-
stung mit dem Windfang sowie den
abschließenden Korrosionsschutz.
Pro Vormontageplatz kommen bis 75
Schweißer zum Einsatz. Stumpfstöße
werden ultraschallgeprüft, Kehlnähte
mit Magnetpulverprüfung. Im Inne-
ren des Kasten wird der Schweißpro-
zeß MAG-Fülldraht (vereinzelt auch
Innershield) benutzt; von außen zu-
gängliche Nähte werden mit einem
Bild 9. Vorwärmtemperaturen für S 460 M nach SEW 088 [2] UP-Tandem-Verfahren verschweißt
Fig. 9. Preheating temperatures for S 460 M according to SEW 088 [2] (Bild 11).

Stahlbau 74 (2005), Heft 5 317


M. Buonomo/F. Roos/F. Schröter · Das große Viadukt von Millau – Stahlbau und Montage mit hochfesten Feinkornbaustählen

Bild 11. Vormontageplatz Bild 13. Überblick Anfang Mai 2004


Fig. 11. Pre-assembling at site Fig. 13. Panorama beginning of Mai 2004

5.2 Taktschieben des Decks Der eigentliche Vorschub ge- Am Bau Beteiligte:
schieht mit einem Verband von 64 Bauherr – Konzessionär: Compagnie
Das Deck wird in Einheiten von Hydrauliksystemen in einer Frequenz Eiffage du Viaduc de Millau
171 m vorgeschoben. Dazu sind zwi- von 600 mm pro Bewegung, die Entwurf: Michel Virlogeux
schen den Pfeilern Hilfsstützen in- 4 min dauert. Sämtliche hydraulische Architekt: Norman Foster
stalliert, die nach der Montage wieder Verschiebebewegungen werden über Vorentwurf: SETRA
entfernt werden. Die Hilfsstützen be- einen Zentralrechner synchronisiert. Statik: Greisch, EEG Simescol, Thá-
stehen aus Stahlrohrbauten mit einer Außer an den Randpfeilern ent- les E et C, Serf, STOA Eiffage, Arcadis
quadratischen Grundfläche von 12 m spricht das Verschiebeniveau der end- Bauausführung in ARGE (Leitung):
Kantenlänge, die bei einer Höhe bis gültigen Höhelage des Decks. Dage- Eiffage TP
zu 175 m nach dem Teleskopverfah- gen befinden sich die Verschiebelager Betonbau: Eiffage Construction
ren errichtet werden. 5,40 m und die Verschiebehöhe auf Stahlbau (federführend):
Insgesamt wird die Brücke von den Randpfeilern 4,80 m über dieser Eiffel Construction Métallique
der Nordseite um 717 m vorgescho- Endhöhe, so daß die Rückführung Stahl-Grobblech:
ben, von der Südseite um 1743 m. Ein auf die Endhöhe durch eine in Längs- AG der Dillinger Hüttenwerke
Verschieben kann dabei bei Windge- richtung doppelt geschwungene Lini-
schwindigkeiten bis zu 85 km/h auf enführung erfolgt. Literatur
Höhe der Fahrbahntafel stattfinden. Nachdem im April 2004 die Ver-
Während des Taktschiebens ist einigung der beiden Deckteile über der [1] Buonomo, M., Servant, C., Virlogeux,
der Kragarm des Decks mit einem hy- Tarn stattgefunden hat, wurden die M., Cremer, J.-M., de Ville de Goyet, V.,
draulisch höhenjustierbaren Vorbau- restlichen Pylone mit einem Stückge- Del Forno, J.-Y.: Description du projet et
schnabel von 59 m Länge ausgerüstet. wicht von 650 t zusammengeschweißt, constucution de l’ouvrage. Bulletin
Ferner wird die Steifigkeit des Krag- mit Hilfe eines Seil-Einzugssystems in Ponts Métalliques 23 (2004), OTUA,
arms dadurch gewährleistet, daß die Position gebracht und mit dem Deck S. 46–61.
[2] Verein Deutscher Eisenhüttenleute:
Pylone an den beiden Spitzen schon verschweißt. Abschließend wurden die
Stahl-Eisen-Werkstoffblatt SEW 088,
vor dem ersten Verschub auf das Deck Schrägseilkabel angebracht und die
Schweißgeeignete Feinkornbaustähle,
montiert wurden, dieses mit provisori- Hilfsstützen entfernt. Richtlinien für die Verarbeitung beson-
schen Seilen halten und mit einge- ders für das Schmelzschweißen. Düs-
schoben werden (Bilder 12 und 13). 6 Schlußbemerkung seldorf: Verlag Stahleisen, Oktober
1993.
Im vorliegenden Beitrag wurde über [3] Hubo, R., Schröter, F.: Thermome-
eines der größten europäischen Stahl- chanisch gewalzte Stähle – Hochlei-
brückenprojekte der letzten Jahre be- stungsprodukte für einen effizienten
richtet. Nicht nur hat die große Stahlbau. Bauingenieur 76 (2001),
Brücke von Millau einige Baurekorde S. 459–463.
[4] Hever, M., Schröter, F.: Modern steel –
gebrochen – in Fertigung und Mon-
High performance material for high
tage konnte ein hohes Niveau der performance bridges. 5th International
Serienfertigung zur wirtschaftlichen Symposium on Steel Bridges, März
aber auch terminlichen Optimierung 2003, Barcelona, pp. 80–91.
erreicht werden. So wurde die Brücke [5] Hanus, F. E.: Flammrichten thermo-
einen Monat vor dem ursprünglich mechanisch gewalzter Baustähle.
geplanten Eröffnungstermin am Schweißen und Schneiden 46 (1994),
16. Dezember 2004 dem Verkehr Heft 4, S. 248–257.
übergeben. Durch die längere Amorti-
sierung des Projekts mit einer Maut-
Autoren dieses Beitrages:
gebühr pro PKW von rund 4,90 € pro Dipl.-Ing. Marc Buonomo und Francis Roos,
Bild 12. Blick auf das nördliche Überfahrt (6,50 € im Sommer) Eiffel Construction Métallique, Route de
Widerlager Anfang Mai 2004 konnte so auch der wirtschaftliche Motherne, F – 67630 Lauterbourg, Dr.-Ing. Falko
Fig. 12. Northern abutment beginning Betrieb des privat finanzierten Pro- Schröter, AG der Dillinger Hüttenwerke,
of Mai 2004 jekts sichergestellt werden. Postfach 1580, D – 66748 Dillingen/Saar

318 Stahlbau 74 (2005), Heft 5

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