Herstellung Zementgebundener Rohre: Verfahrenstechnik Und PR U Fverfahren

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Herstellung zementgebundener Rohre

Verfahrenstechnik und Prüfverfahren

Karsten Körkemeyer

1 Allgemeines

Für die Produktion von Rohren aus Beton und Stahlbeton wurden zahlreiche Ver-
fahren entwickelt, die sich letztlich alle entweder der Hauptgruppe der „Erhärtung in
der Schalung“ bzw. „Sofortentschalung“ zuordnen lassen. Ein weiteres Unterschei-
dungsmerkmal ist die Art der Verdichtung des Betons. Unabhängig von der jewei-
ligen Verfahrenstechnik werden grundsätzlich verschleißarme Stahlschalungen ver-
wendet. Die Wahl der jeweiligen Verfahrenstechnik ist von großer wirtschaftlicher
Relevanz, da sie erheblichen Einfluss auf

• die Geometrie der Rohre,


• das Stückgewicht,
• die Oberflächeneigenschaften,
• den Grad der Automatisierung,
• die Eigenschaften des Betons,
• die Leistungsfähigkeit und
• Variabilität der Fertigung usw.

ausübt. In Abb. 1 sind die Verfahrenstechniken systematisch dargestellt (s. a. Aktu-


eller Stand der Herstellung von Beton- und Stahlbetonrohren (1994); American
Concrete Pipe Association (1980); Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbeton-
rohre (FBS) e. V. (2019); Lenz und Möller (1967)).
Prinzipiell werden Schachtbauteile mit denselben Verfahrenstechniken – abge-
sehen von den Schleuderverfahren (vgl. Abschn. 2.2) – produziert. Sonderteile
(z. B. Krümmer) erfordern erheblichen Zusatzaufwand, da sie individuell angefertigt
werden müssen.

K. Körkemeyer (*)
FB Bauingenieurwesen, Technische Universität Kaiserslautern, Kaiserslautern, Deutschland
E-Mail: [email protected]

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021 1


H. Horlacher, U. Helbig (Hrsg.), Rohrleitungen,
https://doi.org/10.1007/978-3-642-45027-3_98-2
2 K. Körkemeyer

Fertigungsverfahren für
Beton- und Stahlbetonrohre

Mit
Erhärtung in der Mit
Schalung Sofortentschalung

Rütteln Horizontale Radialpress- Rüttel- Kombinierte


Verfahren verfahren verfahren Verfahren

In Formen mit
Auf Schleudern Walzen Mit stehendem Mit steigendem
Außenrüttlern und/
Vibrationstischen Kern Kern
oder Innenrüttlern

Abb. 1 Systematisierung der Fertigung (Aktueller Stand der Herstellung von Beton- und Stahl-
betonrohren (1994); Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre (FBS) e. V. (2019); Hand-
buch für Rohre aus Beton (1978))

Die Fertigung von Spannbetonrohren ist ein wesentlich komplizierterer Prozess,


der in der Regel in zwei oder drei Phasen erfolgt:

(1.) Fertigung eines unbewehrten oder schlaff bewehrten Kernrohres (Verfahren mit
Erhärtung in der Schalung oder Sofortentschalung) ggf. mit einbetoniertem
Blechmantel nach Abb. 1 und
(2.) Aufbringen der Quer- und ggf. Längsvorspannung mit anschließend aufbeto-
nierter Schutzschicht (Betonüberdeckung) und ggf.
(3.) Erhärtung in einer Klimakammer bzw. Dampfhärtung zur Beschleunigung der
Festigkeitsentwicklung.

Faserzementrohre werden grundsätzlich im Wickelverfahren und – in weitaus


geringerem Umfang – im Injektionsverfahren hergestellt.

2 Beton- und Stahlbetonrohre – Verfahren mit Erhärtung


in der Schalung

2.1 Rüttelverfahren (Wetcast-Methode)

Das Rüttelverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Beton in plastischer bis
fließfähiger Konsistenz in eine Stahlschalung, bestehend aus Außen- bzw. Mantel-
schalung und Kernschalung mittels Pumpen, Kübel oder Förderband eingebracht
wird. Die Betonverdichtung erfolgt entweder mit an Mantel- und Kernschalung
angebrachten Außenrüttlern oder – insbesondere bei sehr großen dickwandigen
Bauteilen – mit Flaschenrüttlern (Aktueller Stand der Herstellung von Beton- und
Stahlbetonrohren (1994); Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre (FBS)
e. V. (2019); Götz (2014); Wayss Freytag Ingenieurbau AG (2003)) (vgl. Abb. 2).
Herstellung zementgebundener Rohre 3

Abb. 2 Wetcast-Verfahren –
Verdichtung mit
Flaschenrüttlern (Körkemeyer
und Wessing (2005))

Alternativ, wenn auch relativ selten vorkommend, kann die jeweilige Form auf
einem Rütteltisch fixiert werden. Formen und sonstiges Equipment des Verfahrens
eignen sich prinzipiell auch für den Einsatz leichtverdichtbarer oder selbstverdich-
tender Betone – dann selbstverständlich ohne Eintrag von Verdichtungsenergie –
insbesondere für sehr kurze Bauteile.
Der Betonierprozess beim Rüttelverfahren entspricht somit weitgehend dem
klassischen Ortbetonbau, d. h. es wird kein spezieller Rohrfertiger verwendet. Daher
lassen sich grundsätzlich alle Rohrquerschnitte in beliebigen Abmessungen realisie-
ren, wobei in aller Regel ein Bewehrungskorb, bestehend aus einer oder mehreren
Bewehrungslagen (vgl. Abschn. 4), eingesetzt wird. Mantel- und Kernschalung
weisen im Unterschied zu den in Rohrfertigern verwendeten Schalungen i. d. R. keine
Konizität auf. Der Arbeitsablauf gestaltet sich folgendermaßen:

1. Horizontales und höhenrichtiges Ausrichten der Untermuffe (ausgesteifter Stahl-


ring), dessen Innen- und Außendurchmesser bzw. -kontur den Abmessungen von
Kern- und Mantelschalung entsprechen. Eine für den Betoniervorgang auf der
Untermuffe aufgezogene integrierte Dichtung kann ggf. vorgesehen werden,
sofern die Gummidichtungen nicht nachträglich auf die fertig betonierten Rohre
4 K. Körkemeyer

aufgezogen werden sollen. Dies ist bei großformatigen Rohren (ab DN 1600), bei
Rechteckprofilen und bei Vortriebsrohren der Regelfall.
2. Zentrisches Einsetzen der Kernschalung. Die Kernschalung besitzt hierfür ein
über die gesamte Länge der Schalung reichendes sogenanntes Schwert, ein
ca. 80 bis 120 mm breites Segment, welches mechanisch oder hydraulisch nach
innen gezogen wird und dabei den Zylinder- bzw. Schalungsdurchmesser gering-
fügig reduziert.
3. Aufweiten des Kerns, bis er an der Untermuffe präzise anliegt, indem das Schwert
in seine Sollposition gefahren wird.
4. Einsetzen eines mit Abstandshaltern versehenen Bewehrungskorbes, so dass an
allen Außenflächen des fertig betonierten Rohres die geforderte Betondeckung
eingehalten wird. Ggf. Einlegen der Abhebe- und Transportkugelkopfanker.
5. Einsetzen der Mantelschalung. Diese besteht aus zwei symmetrischen Hälften,
welche bei modernen Systemen hydraulisch auseinandergefahren bzw. geschlos-
sen werden können. Die Mantelschalung verfügt je nach Betonierlage entweder
am oberen oder unteren Ende über gedrehte oder gefräste Stahlringe, welche die
Kontur des Spitzendes und der Dichtungskammer präzise definieren.
6. Einfüllen und Verdichten des Betons und Abziehen der Stirnfläche an der „Ein-
füllseite“.
7. Ausschalen des betonierten Rohres, indem die Kernschalung durch das Einziehen
des Schwertes im Durchmesser geringfügig reduziert wird und die Mantelscha-
lung durch Auseinanderdrücken der beiden Hälften geöffnet wird (Abb. 3).

Das Rohr verbleibt je nach Qualitätsanforderungen des Auftraggebers und Festig-


keitsentwicklung des Betons mindestens einen oder zwei Tage, in Ausnahmefällen
bei besonderes hohen Anforderungen auch bis zu 6 Tage auf der Untermuffe, bevor
es abgehoben und in ein Lager transportiert wird. Während der ersten ein bis drei
Tage nach dem Entschalen wird es zur Vermeidung eines zu großen Feuchtigkeits-
verlustes nachbehandelt, indem es in eine Klimakammer transportiert oder mit
Kunststofffolien bzw. mit einer Haube, ggf. mit Wasserzufuhr abgedeckt wird.
Da die Rohre und Bauteile i. a. 8 bis 12 Stunden in der Schalung verbleiben,
weisen sie sehr glatte Betonflächen und eine sehr hohe Maßhaltigkeit auf. Einbau-
teile, wie z. B. Aufnahmeplatten für Handläufe, Stutzen, lassen sich sehr gut
platzieren und für den Betonierprozess fixieren (s. a. Apilion machines (2014);
Firmeninformation Handbuch für Rohre aus Beton (1978)).
Eine aktuelle Weiterentwicklung der Verfahrenstechnik stellt das Perfect Pipe
System dar (Schlüsselbauer 2013), bei dem Beton- und Stahlbetonrohre mit bis zu
3 m Länge im Nennweitenbereich DN 250 bis 1200 liegend oder stehend hergestellt
werden. Die Produktion ist gegenüber der geschilderten konventionellen Schalungs-
erhärtung weitestgehend automatisiert und erheblich leitungsfähiger. Der ggf. mit
Bewehrung und einem ebenfalls automatisch gefertigten PE-HD-Inliner ausgestat-
tete Formenkern mit angeformten Muffen wird mit einem Manipulator automatisch
in der Mantelform zentriert. Die komplettierte Form wird mittels Bandförderung zu
einer Betonierstation transportiert und dort automatisch mit dem präzise vor-
bestimmten Betonvolumen gefüllt (Abb. 4 und 5).
Herstellung zementgebundener Rohre 5

Abb. 3 Rahmenfertigung im
ZÜBLIN-Rohrwerk
Schermbeck (heute: Berding
Beton GmbH, s. a. (Apilion
machines (2014))

Die gefüllten Formen werden anschließend automatisch auf einer Lagerfläche


abgestellt. Auch das weitere Handling – wie Ausformen der Rohre, Wasserdicht-
heitsprüfung und Kontrollmessungen – erfolgen weitgehend automatisch. Das Pro-
duktionsverfahren wurde ursprünglich für die Herstellung des bauaufsichtlich zu-
gelassenen Perfect Pipe Systems (DIBt-Zulassungsnummer Z-42.1-505), eines
neuartigen Rohrtyps mit optimierter Außenkontur und innen liegender Manschet-
tendichtung entwickelt, ist jedoch grundsätzlich auch für sonstige Rohrgeometrien
anwendbar.
Der Vollständigkeit halber sollen die in Deutschland praktisch nicht verwendeten
Stahlbetondruckrohre mit Stahlblechinliner oder eingebettetem Stahlblechzylinder
erwähnt werden (AWWA C303-08 (2008); AWWA C304-07 (2007)). Bei guter
Betonqualität ist der Beton so wasserdicht, dass bei dickwandigen Rohren auf einen
Blechmantel verzichtet werden kann, zumal die Fertigung und der lagepräzise
Einbau der Blechzylinder aufwendig sind und der baustellenseitige Korrosions-
schutz des an den Rohrenden im Rohrverbindungsbereich freiliegenden Blechman-
tels erfahrungsgemäß problematisch ist (s. a. Abschn. 4).
6 K. Körkemeyer

Abb. 4 Perfect Pipe Anlage (Firmeninformation Schlüsselbauer (2013))

Abb. 5 Perfect Pipe Plus mit PE-HD-Inliner (Firmeninformation Schlüsselbauer (2013))

2.2 Schleuderverfahren

Das Schleuderverfahren basiert auf dem Prinzip der Betonverdichtung durch sehr
hohe Zentrifugalbeschleunigung. Daher ist es nur für die Fertigung kreisrunder bzw.
prinzipiell auch radialsymmetrischer Rohre und polygonaler Bauteile, wie z. B. Pfäh-
Herstellung zementgebundener Rohre 7

le geeignet. Es ist nur eine Außenform erforderlich, die üblicherweise aus zwei
miteinander verschraubten Halbschalen besteht. Die Muffengeometrie wird durch
die Außenform und Einlageringe zur Realisierung des Rücksprungs der Muffen-
wanddicke gegenüber der Rohrschaftwanddicke realisiert. Das Spitzende ggf. mit
Kammer kann durch entsprechende in die Schleuderform eingelegte Spitzendform-
ringe gebildet werden. Aufgrund der hohen Drehzahl während des Schleudervor-
gangs muss die Form präzise gefertigt werden, um Unwuchten zu vermeiden. Die
Form selbst verfügt über zwei Laufringe mit identischem Außendurchmesser aus
verschleißresistentem Stahl. Die Rotation der Form auf der Schleuderbank erfolgt,
indem die Laufringe über die Antriebsräder auf der Schleuderbank angetrieben
werden. Die Formen werden grundsätzlich liegend gelagert und geschleudert. Die
üblichen Baulängen betragen bis zu 6 m, die maximale Nennweite etwa DN 3500
(Lenz (1967); Firmeninformation Schlosser Pfeiffer GmbH (2014) (Abb. 6).
Durch entsprechende Abschalungen können auch kürzere Baulängen hergestellt
werden, was das Verfahren sehr geeignet für die Herstellung von Vortriebsrohren
erscheinen lässt. Eine Bewehrung kann mit eingebaut werden, wobei – sofern eine
mehrlagige Bewehrung vorgesehen wird – die jeweiligen Bewehrungskörbe mit
Abstandshaltern in der Außen- bzw. Schleuderform gut zentriert und miteinander
sicher verbunden werden. Das Einbringen des in plastischer bis fließfähiger Kon-
sistenz mit Überschusswasser vorliegenden Betons erfolgt über Förderbänder oder
Lanzen, die in die Form zentrisch eingefahren werden und langsam hin und her
gezogen werden, während der Beton eingegeben wird. Hierbei ist die Rotations-
drehzahl der Form bzw. die Zentrifugalbeschleunigung gerade so groß, dass der
Beton an der Form verbleibt und auch am oberen Scheitelpunkt der rotierenden
Form nicht abfällt. Sobald die Form zur Erreichung der erforderlichen Rohrwand-
dicke gefüllt ist, wird die Drehzahl stufenlos bis zur Erreichung der Enddrehzahl

Abb. 6
Schleuderrohrfertigung
(ZÜBLIN-Rohrwerke GmbH,
heute: Berding Beton GmbH)
8 K. Körkemeyer

(ca. 300 bis 900/min) erhöht, sodass der Beton infolge der Zentrifugalbeschleuni-
gung vollständig verdichtet wird. Die Enddrehzahl wird dabei so bemessen, dass ein
Korn an der Innenfläche des Rohres noch sicher eine Mindestbeschleunigung von
etwa 25 g erfährt. Der gesamte Vorgang dauert je nach Wanddicke 10 bis 45 min. Die
bekanntlich hervorragende Verdichtung und Betonqualität eines Schleuderbetons
resultiert insbesondere aus dem Umstand, dass die leichteren Volumenbestandteile,
also Luft(-poren) und (Überschuss-)Wasser, von den schwereren, d. h. Körnungen,
Zement, Zusatzstoffe separiert werden. Der Beton hat nach dem Schleuderprozess
praktisch keine Luftporen und nur das chemisch an den Zement gebundene und
angelagerte Wasser entsprechend einem w/z-Wert von 0,25 bis 0,30, was Druck-
festigkeiten von 70 N/mm2 bzw. Biegezugfestigkeiten von 15 N/mm2 ermöglicht
(Basca (1981)).
Zur Beschleunigung der Aushärtung und schnelleren Verfügbarkeit der Form
wird diese mit dem geschleuderten frischbetonierten Rohr in einem Nachbehand-
lungsraum oder einer Wärmekammer eingelagert oder einer Erhärtung mit wasser-
gesättigtem Dampf unterzogen. In besonderen Fällen können die Rohre durch eine
Heißdampfbehandlung im Autoklaven gehärtet werden. Da die Zentrifugalkräfte
nach außen wirken, müssen die Innenflächen der Muffe in der Regel nachgefräst
werden, um die für die Funktionsfähigkeit der Dichtung erforderliche Maßgenau-
igkeit zu erzielen.

2.3 Walzverfahren

Das Walzverfahren stellt eine Kombination der Verfahrensprinzipien Schleudern


und Walzen dar und bedingt den Einsatz erdfeuchter Betone mit geringem w/z-
Wert. Mit dem Walzverfahren lassen sich ausschließlich kreisförmige Rohre mit oder
ohne Bewehrung herstellen. Wie beim Schleuder-Verfahren ist nur eine Mantelform
erforderlich, die in der Regel aus zwei miteinander verschraubten Hälften besteht
(Handbuch für Rohre aus Beton (1978); American Concrete Pipe (1980); Lenz
(1967)). Die Formgebung von Muffe und Spitzende erfolgt mittels eingelegter
Formringe. Die an ihren Enden mit nach innen ragenden Laufkränzen versehene
Form, welche auch die Wanddicke definieren, wird an diesen Laufkränzen auf einer
horizontal liegenden Walzwelle aufgehängt und von dieser in Rotation versetzt. Die
Drehzahl ist gerade so hoch, dass der mittels Förderband eingebrachte erdfeuchte
Beton an der Mantelform angelagert bleibt. Wenn das entsprechende Betonvolumen
eingebracht worden ist, liegt die Form nicht mehr ausschließlich auf den Laufkrän-
zen, sondern direkt auf dem Beton auf, so dass dieser durch die Walze aufgrund von
Eigengewicht der Form und des Betons „walzend“ verdichtet wird.
Die Prozesse Nachbehandlung und ggf. Dampfhärtung entsprechen jenen für das
Schleuderverfahren. Die Rohrqualität ist abhängig von der Frischbetonzusammen-
setzung und der Erfahrung des Bedienungspersonals.
Herstellung zementgebundener Rohre 9

3 Beton- und Stahlbetonrohre – Sofortentschalung

3.1 Allgemeines

Im Unterschied zur Erhärtung in der Schalung ermöglichen die Verfahren der


Sofortentschalung die Produktion von Beton- und Stahlbetonrohren in sehr großen
Stückzahlen mit kurzen Taktzeiten. Die Rohrfertigung erfolgt weitgehend automati-
siert mit Hilfe von Rohrmaschinen, bei denen eine oder mehrere Formen maschinell
mit Beton gefüllt werden und die frisch betonierten Rohre unmittelbar nach der
Betonverdichtung entschalt werden. Damit entfällt der Nachteil der Limitierung der
Produktion durch die Anzahl der verfügbaren Formen bei den Verfahren mit Erhär-
tung in der Schalung.
Da der Betoniervorgang je nach Rohrdimension bzw. Betonvolumen sehr kurz
ausfällt (maximal 10 Minuten) und während dieser Phase noch keine Festigkeit
gebende Zementhydratisierung stattgefunden hat, muss der frische verdichtete Beton
aufgrund seiner Kohäsion imstande sein, die aus Eigengewicht und ggf. beim Hand-
ling entstehenden Kräfte nach dem Ausschalen ohne Verformungen und „Beweh-
rungsschatten“ aufzunehmen. Dies gelingt mit speziellen auf die Fertigungsweise
abgestimmten Betonzusammensetzungen, die eine sehr steife Konsistenz aufweisen
und aufgrund ihres w/z-Wertes von w/z 0,38 als „erdfeucht“ bezeichnet werden.
Auch müssen aus diesen Gründen die Gesteinskörnungen gut abgestuft und auf den
Bindemittelgehalt – i. a. maximal 380 kg/m3 (Zement und Flugasche) – abgestimmt-
sein.

3.2 Rüttelpressverfahren

Beim Rüttelpressverfahren werden die Rohre in vertikal stehenden Formen her-


gestellt. Das Verfahren ist durch einen kombinierten Rüttel- und Pressvorgang von
oben zur Betonverdichtung gekennzeichnet. Der erdfeuchte Beton wird in eine
vertikal stehende Form bestehend aus einer zylindrischen oder minimal konisch
gezogenen Mantelschalung und einer leicht konischen Kernschalung eingefüllt und
bereits während des Füllvorhangs mit an Mantel- oder Kernschalung fixierten Rütt-
lern verdichtet. Die Muffe befindet sich üblicherweise unten, so dass das Betonge-
wicht den Verdichtungsvorgang im Muffenbereich zusätzlich unterstützt. Die For-
mung der Muffe erfolgt durch eine spezielle Untermuffe, d. h. einen entsprechend
profilierten Stahlring, der die Schalung nach unten hin abdichtet und auch zur
Aufnahme der ggf. vorgesehenen sogenannten integrierten Dichtung geeignet ist.
Die Mantelschalung besitzt Aufnahmen für die Fixierung der ggf. einzubetonieren-
den Verlegeanker. Der Pressprozess mit einem speziellen pressenden und ggf.
oszillierend drehenden Presswerkzeug ist erforderlich, um nach vollständiger Fül-
lung der Schalung das obere Rohrende (Spitzende) im Spalt zwischen Außen- und
Kernschalung zu formen und den Bereich zusätzlich zu verdichten und zu glätten.
Das Verfahren eignet sich prinzipiell zur Herstellung von Rohren und Schacht-
ringen aller Querschnittsformen mit oder ohne Fuß mit Glocken- oder Falzmuffe mit
10 K. Körkemeyer

integrierten Dichtungen im Nennweitenbereich DN 250 bis üblicherweise etwa DN


3000 und Baulängen bis 3,0 m. Darüber hinaus werden mit dieser Verfahrenstechnik
in vergleichbaren Abmessungen auch Rohre mit Eiprofil und sonstigen Querschnit-
ten hergestellt. Der Einbau einer Bewehrung ist möglich; die Zentrierung der
Bewehrung erfolgt i. a. gegen die Außenform. Bei zweilagiger Bewehrung werden
beide Bewehrungskörbe miteinander verbunden.
Es werden Rüttelpressverfahren mit stehendem bzw. festem und mit steigendem
Kern unterschieden. Bei der Variante mit stehendem/festem Kern fällt der Beton in
den durch Außen- und Kernschalung gebildeten Spalt und wird dabei durch die
Vibrationsenergie der Kernrüttler verdichtet. Insbesondere bei größeren Baulängen
und bewehrten Rohren lassen sich dann Betonentmischungen und Verdichtungs-
probleme im Muffenbereich ggf. nicht sicher ausschließen. Beim Rüttelpressver-
fahren mit steigendem Kern wird dieser im Zuge des Betonierprozesses von unter
Flur hochgefahren, so dass der Beton zunächst auf den kegelartig ausgebildeten
Kopf des Kerns fällt und von dort radial in den durch die feste Mantelform und den
steigenden Kern gebildeten Spalt gleitet. Damit ist die Gefahr der Betonentmischung
während des Einfüllens – insbesondere bei relativ dünnwandigen Stahlbetonrohren –
wesentlich reduziert. Auch fällt dann das Entschalen leichter (Abb. 7).
Eine weitere Verbesserung der Verdichtung wird erzielt, indem auf dem Kern ein
Verteilerrotor oder Verteilerstern aufgesetzt ist, der den Beton radial an die Mantel-
form schleudert. Dieses Verfahren stellt somit eine Kombination aus Rüttelverfahren
und dem Anschleudern beim Rollenkopfverfahren dar.
Das fertige Rohr wird mit der Mantelschalung unmittelbar nach Beendigung des
Verdichtungs- und Pressvorgangs aus der Maschine gehoben, wobei bei der Ver-
fahrensvariante „stehender Kern“ die Kernschalung an Ort und Stelle verbleibt. Bei
Maschinen der Verfahrensvariante „steigender Kern“ wird die Mantelschalung nach
Absenken des Kerns direkt in der Maschine nach oben abgezogen und das noch
„grüne“ Betonrohr mit eigens dafür vorgesehenem Flurförderzeug bzw. auf einer
großflächigen verfahrbaren Palette oder einem Roboter an den Aushärteort trans-
portiert, so das der Rohrfertiger für den folgenden Fertigungsprozess schnellstmög-
lich zur Verfügung steht. Alternativ kann man das frisch hergestellte Betonrohr
zusammen mit seiner Mantelschalung an den Aushärteplatz transportieren und erst
dort nach dem möglichst erschütterungsfreien Absetzen die Mantelschalung ziehen.
Dies bietet den Vorteil der Stützung und Stabilisierung des frischen Rohres durch die
Mantelschalung während des Transportvorgangs. Die Nachbehandlung erfolgt häu-
fig in sogenannten Nachbehandlungstunneln oder -kammern, in welche die entspre-
chend belegten Paletten automatisch geschoben oder die Produkte paketweise mit-
tels Kran eingehoben werden (Abb. 8 und 9). Zum Schutz des Spitzendes gegen
Verformung des noch sehr jungen Betons können während dieser Zeit Stützringe aus
GFK aufgelegt werden (Abb. 10). Einen noch besseren Schutz bei gleichzeitig
größerer Präzision der Spitzendgeometrie stellen Stahlobermuffen dar, die erst nach
dem Erhärten – üblicherweise in der nächstfolgenden Arbeitsschicht – vom Produkt
getrennt werden (Abb. 10).
Herstellung zementgebundener Rohre 11

Abb. 7 Dreifachrohrfertiger mit stehendem Kern (FBS (2019))

Abb. 8 Belegte Paletten beim Einfahren in eine Klimakammer (FBS (2019))


12 K. Körkemeyer

Abb. 9 Paketweises Einsetzen von Rohren in die Klimakammer (Schlüsselbauer Technology)

Abb. 10 Rohre mit aufgesetzten Stahlobermuffen


Herstellung zementgebundener Rohre 13

3.3 Rollenkopfverfahren

Beim Rollenkopfverfahren werden die Rohre ebenfalls in einer vertikal stehenden


Form mit unten liegender Muffe hergestellt. In der Regel werden zwei Mantelformen
pro Nennweite sowie die für eine Produktionsschicht entsprechende Menge an
Untermuffen benötigt (Abb. 11).
Die Innenkontur des Rohres wird durch ein spezielles Werkzeug, den sogenann-
ten Rollenkopf, gebildet, welches an einer zentralen Welle hängt und mit dem
Fortschreiten des Betoniervorgangs von dieser von unten nach oben gezogen wird.
Der Rollenkopf wird während des Betoniervorgangs durch eine Doppelwelle an-
getrieben. Der Rollenkopf (Abb. 12) ist i. W. in drei Bereiche gegliedert:

1. Verteilerkopf an seiner Oberseite, mit mehreren Schleuderwerkzeugen, die den


von oben eingegebenen Beton zentrifugal an die Mantelschalung schleudern;
2. Eine bzw. bis zu drei gegenläufig rotierende Rollenkopfebenen, welche den
angeschleuderten Beton in Stufen verdichten, indem die breiten Stahlrollen den
eingebrachten Beton gegen die Mantelschalung walzen und pressen;
3. Rotierender Glättzylinder, mit dem die Oberfläche des verdichteten Betons ge-
glättet und weiter verdichtet wird.

Insbesondere für die Produktion von Stahlbetonrohren ist der Einsatz von Rol-
lenköpfen mit mindestens zwei Rollenebenen von entscheidender Bedeutung, da nur
so ein resultierendes Drehmoment, welches den Bewehrungskorb tordieren würde,

Abb. 11 Rollenkopffertiger
14 K. Körkemeyer

Abb. 12 Rollenkopf mit drei


Rollenebenen zur
Torsionsmomentreduzierung

weitestgehend kompensiert werden kann. Die Zentrierung der Bewehrungskörbe


und die Einhaltung der Betondeckung erfolgt mittlerweile nur noch mit an der
Mantelschalung angebrachten, ausfahrbaren Zentriervorrichtungen. Mit Rollenkopf-
maschinen lassen sich Rohre mit Kreisquerschnitt im Nennweitenbereich DN
300 bis DN 1800 und üblicherweise bis 3,5 m Baulänge produzieren.
Wie zuvor beschrieben, werden die frischen, auf der Untermuffe stehenden Rohre
in der Mantelschalung aus dem Fertiger gehoben und zum Aushärteplatz trans-
portiert, während die zweite Mantelschalung schon wieder vom Fertiger befüllt
wird. Der Abtransport des frischen noch in der Mantelschalung stehenden Rohres
kann mittels Gabelstapler bzw. Brückenkran oder Hallenportalkran erfolgen.
Je nach Automatisierungsgrad der Fertigung kann das Abheben aus der Rollen-
kopfmaschine, Absetzen an genau definierten Positionen auf dem Aushärtefeld
sowie Ausklinken der Untermuffe und Abheben der Mantelschalung mit einem
vollautomatischen Roboter geschehen (Abb. 13). Je nach Durchmesser, Baulänge
und logistischen Voraussetzungen lassen sich pro 8-h-Schicht bis zu 350 Rohre
herstellen (Apilion machines 2014; Firmeninformation Schlosser Pfeiffer (2014)).
Herstellung zementgebundener Rohre 15

Abb. 13 Automatisiertes Handling der Rohre mittels Roboter

4 Bewehrungsherstellung

Die Herstellung der Bewehrung für Stahlbetonrohre mit Kreisquerschnitt mit und
ohne Fuß sowie Stahlbetonvortriebsrohre im Nennweitenbereich DN 250 bis DN
4800 und darüber hinaus erfolgt heute fast ausschließlich mit Bewehrungsschweiß-
automaten. Hierbei werden i. a. 12 bis 48 Längs- bzw. Verteilerstäbe mit Durch-
messern zwischen 5 und 12 mm durch Punktschweißung mit einer spiralförmigen
also endlosen Ring- bzw. Wendelbewehrung verschweißt. Die gegenseitigen Ab-
stände der Ringe bzw. Bewehrungswendel werden über den Vorschub der Längs-
stäbe definiert und sind in der Anlagenprogrammsteuerung hinterlegt. Auf diese
Weise lassen sich relativ einfach bereits bei der Produktion der Bewehrungskörbe
auch Bewehrungszulagen einfügen. Dies ist beispielsweise in den Bereichen der
Bewehrungskörbe erforderlich, in denen später zum Einbau der Verlegeanker ein-
zelne Wendeln geschnitten werden müssen.
Die Führungen der Längsstäbe, die sogenannten Gleitsteine, sind auf einer Plan-
ebene radial verschiebbar angeordnet, so dass innerhalb der Leistungsgrenzen der
Maschine beliebige Korbdurchmesser gefertigt werden können. Zur Anpassung der
Korbgeometrie bei Rohren mit Glockenmuffen sowie an den Spitzendbereichen mit
reduzierter Wanddicke lassen sich die Längsstäbe entsprechend verziehen, so dass
stets eine gleichmäßige und ausreichende Betondeckung der Bewehrung in der
Rohrwandung sichergestellt werden kann. Moderne leistungsfähige Schweiß-
automaten stellen ausreichend hohe Schweißströme zur Verfügung, um auch bei
16 K. Körkemeyer

Abb. 14 Bewehrungskorbproduktion (ZÜBLIN-Rohrwerke GmbH, heute: Berding Beton GmbH)

profilierten Längs- und Ringdrähten eine sichere Schweißverbindung zu erzeugen.


Der Ringdraht mit Durchmessern von 6 bis 12 mm wird bei allen heute verfügbaren
Schweißautomaten von einem Drahtbund (Coil) abgewickelt. Die Längsstäbe wer-
den bei halb automatischen Maschinen passend abgelängt angeliefert und manuell in
die Maschine eingelegt oder bei vollautomatischen Maschinen ebenfalls von Draht-
bünden abgespult. Nachdem die vorgegebene Baulänge der Körbe erreicht ist, hält
bei halb automatischen Maschinen der Längsvorschub an, und der Bewehrungskorb
kann entnommen werden, bevor der neue Ladezyklus beginnt. Bei vollautomati-
schen Maschinen werden die Längsdrähte ohne Unterbrechung der Produktion
automatisch in der Maschine abgeschnitten (Abb. 14).1
Die Anforderungen der DIN V 1201 (2004) und DIN 1045-1 bezüglich Mindest-
abstand der Ring- und Verteiler- bzw. Längsbewehrungen sind einzuhalten. Bei
großen Nennweiten kann es erforderlich werden, nachträglich von Hand zusätzliche
Verteilerstäbe einzuschweißen. Entsprechendes gilt bei zweilagig bewehrten Rohren
für Schubzulagen und Bügel sowie für die Verdichtung der Ringbewehrung an den
Rohrenden und bei Sonderrohren und Druckrohren.

1
Maximalabstände: Ringbewehrung 150 mm; Längsbewehrung 450 mm (Stahlbetonrohre), 333 mm
bzw. 250 mm (Stahlbetonvortriebsrohre für geraden bzw. Kurvenvortrieb).
Herstellung zementgebundener Rohre 17

Abb. 15 Bewehrungskorbproduktion für Sonderprofile mit Betonstahlmatten und Betonstabstahl


(ZÜBLIN-Rohrwerke GmbH, heute: Berding Beton GmbH)

Bewehrungen für Rechteck- und Sonderprofile werden i. a. klassisch, d. h. mit


Hilfe von vorgeformten Betonstahlmatten und Stabstahl von Hand gefertigt
(Abb. 15).

5 Verfahren zur Herstellung von Spannbetonrohren

5.1 Allgemeines

Rohre aus Spannbeton werden überwiegend zum Bau von Druckleitungen, wie
z. B. Fernwassertransportleitungen und Kühlwasserleitungen eingesetzt. Darüber
hinaus werden vorgespannte Rohre auch zum Bau drucklos betriebener Rohrleitun-
gen mit sehr großen Durchmessern verwendet. Mit Hilfe der Vorspannung, die durch
den Einsatz hochzugfester Spannstähle (in Form von Spanndraht oder Vorspann-
litzen) eine erhebliche Reduzierung der Wanddicke und der erforderlichen Be-
wehrungsgrade bzw. einzubauenden Bewehrungsstahlmengen gegenüber schlaff
bewehrten Rohren ermöglicht, wird der Beton komprimiert, d. h in einen Druck-
spannungszustand gebracht. Bei voller Vorspannung wird dieser Druckspannungs-
zustand bei Einwirkung von Gebrauchslasten wie Innendruck und Erdauflast nur
soweit reduziert, dass gerade noch keine Zugspannungen im Beton entstehen. Damit
sind (voll) vorgespannte Rohre unter Gebrauchslast nahezu rissfrei, was sich vor-
teilhaft auf die Dauerhaftigkeit und Dichtheit der Rohre auswirkt.
Spannbetonrohre werden nach den Regeln des Stahl- und Spannbetons gemäß
DIN 1045-2 (Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1) bemessen; Konstruktion und
18 K. Körkemeyer

Fertigung sind in DIN EN 642 (DIN EN 642 (1994)) geregelt. Im Ausland werden
überwiegend die US-amerikanischen Standards AWWA (American Concrete Pipe
(1980); AWWA C304-07 (2007)) angewendet.
Es gibt eine Reihe von Fertigungsverfahren, die stets eine Vorspannung der Rohre
in Umfangsrichtung ermöglichen und die sich i. W. bezüglich Anzahl der Haupt-
fertigungsphasen (1- bzw. 3-phasig), Einbaus eines Blechmantels und Vorhanden-
seins einer Längsvorspannung unterscheiden.
Das Verfahrensprinzip der 1-phasigen Herstellung findet keine Anwendung mehr,
da es keine optimale Ausnutzung der heute verfügbaren hochfesten Spannstähle
1370/1570 bis 1600/1860 zulässt bzw. nur den Einsatz geringfester Stähle erlaubt,
welche einen überproportional hohen Spannkraftverlust infolge Schwindens und
Kriechens des Betons erfahren. Daher sollen die Vertreter dieser Fertigungstechnik,
wie das bereits 1910 entwickelte Siegwart-Züblin-, das Dywidag-SENTAB- sowie
das Freyssinet-Verfahren hier nicht behandelt werden. Näheres kann der interessierte
Leser (Handbuch für Rohre (1978); Lenz (1967); Lenk (1942)) entnehmen.
Heute werden Spannbetonrohre bzw. Spannbetondruckrohre international über-
wiegend 3-phasig als Blechmantelrohre mit Vorspannung in Umfangsrichtung
produziert, was nach Ansicht des Verfassers auf die weite Verbreitung der US-ame-
rikanischen Normen zurückzuführen ist, welche ausschließlich diesen Rohrtyp re-
geln. Die mechanisch elegantere 2-achsige Vorspannung – Vorspannung in Um-
fangs- und in Längsrichtung – bietet gegenüber Blechmantelrohren Vorteile in
Bezug auf den Korrosionsschutz und erfordert letztlich geringere Stahlmengen.

5.2 Vorgespannte Blechmantelrohre

Vorgespannte Blechmantelrohrewerden in drei Arbeitsgängen hergestellt. Zunächst


wird ein i. a. 1,5 bis 6,5 mm dicker zylindrischer Blechmantel in einer Rohrform
bestehend aus Kern- und Mantelschalung eingelegt. Der Blechmantel wird üblicher-
weise aus einem von einem Coil abgewickelten, automatisch spiralförmig ver-
schweißten Blechstreifen hergestellt, dessen Innendurchmesser so gewählt wird,
dass der Blechmantel später problemlos einbetoniert werden kann und nach innen
und außen eine ausreichende Betondeckung besitzt. Daher werden diese Rohre auch
als ECP (embedded cylinder pipes) bezeichnet. Der Blechmantel besitzt an beiden
Enden aussteifende Stahl-Endringe, welche die Geometrie der Muffe und des
Spitzendes des endgültig hergestellten Rohres bilden. Im fertigen Spannbetonrohr
sichert der Blechmantel die Wasserdichtheit des Rohres und dient der Erhöhung der
Bruchsicherheit und als Längsbewehrung.
Nach dem Positionieren des Blechmantels i. a. aus herkömmlichem Baustahl
S235 in der Form und einer konstruktiven schlaffen Bewehrung wird das Kernrohr
im Rüttelverfahren (vgl. Abschn. 2.1) betoniert. Nach dem Aushärten – ggf. be-
schleunigt durch Wärme- oder Dampfzufuhr – wird in der zweiten Phase die Ring-
vorspannung aufgebracht, indem ein endloser Vorspanndraht unter entsprechender
Vorspannung spiralförmig auf das Kernrohr aufgewickelt wird. Hierbei ist der
Anfangs- und Endverankerung des Drahtes besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Herstellung zementgebundener Rohre 19

Der Zeitpunkt des Aufbringens der Vorspannung wird sinnvollerweise so gewählt,


dass die Schwindverformungen des Betons weitgehend abgeklungen sind. Zum
Zwecke des Korrosionsschutzes der Vorspannbewehrung wird unmittelbar nach
Abschluss des Vorspannprozesses als dritte Fertigungsphase eine Korrosionsschutz-
schicht aufbetoniert, beispielsweise indem eine entsprechend große Mantelschalung
um das zentrierte Kernrohr gestellt wird oder die Schutzschicht in Form von Torkret
– bzw. Spritzbeton aufgebracht wird. Dieser Randbeton erhält infolge der noch
folgenden restlichen Schwind- und Kriechverformungen des Kernbetons nach einer
gewissen Zeit ebenfalls eine teilweise Vorspannung.
Es lassen sich Spannbetonrohre zwischen DN 300 und DN 4000 und größer mit
Baulängen bis zu 6 m herstellen.
Das Verfahren ist geregelt in der DIN EN 642 (DIN EN 642 (1994)) sowie in den
US-Standards AWWA C 302-1 (AWWA C301-07 (2007)) und AWWA C304-07
(AWWA C304-07 (2007)).
Erwähnenswert ist, dass im kleineren Nennweitenbereich (DN 300 bis 1500) die
sogenannten LCP (lined cylinder pipe) entsprechend AWWA C 301 und AWWA C
303 eingesetzt werden. Die Kernrohre werden zumeist unter Verwendung von
Radialpressmaschinen/Packerhead-Maschinen hergestellt, indem der Beton gegen
den Blechmantel verdichtet wird. Die Ringvorspannung wird direkt auf den Blech-
mantel aufgebracht. Der äußere Korrosionsschutz des Blechmantels sowie der
Spanndrähte erfolgt durch das Coating.
Vor dem Einbau der Blechmäntel werden diese sämtlich einer Druckprüfung
unterzogen, und die dabei evtl. festgestellten Leckagen werden vor der weiteren
Verarbeitung dichtgeschweißt.

5.3 Zweiachsig vorgespannte Rohre

Rohre mit zweiachsiger Vorspannung, d. h. Längs- und Umfangsvorspannung,


werden in drei Phasen hergestellt. Auf den Einbau eines Blechmantels kann auf-
grund der Längsvorspannung ohne Nachteile bezüglich Dichtheit und Biegesteifig-
keit verzichtet werden (Abb. 16). In der Phase 1 wird das Kernrohr hergestellt,
welches eine schlaffe Bewehrung und eine Längsvorspannung mit sofortigem Ver-
bund erhält. Hierbei wirkt die vertikal stehende Form bestehend aus Mantel und
Kern als Spannbett.
Die gleichmäßig über den Umfang verteilten Spannlitzen werden an Endringen
fixiert, von denen der unten liegende als Widerlager dient und der obere mittels
hydraulisch wirkender Spannpressen, die sich auf den Schalungsmantel abstützen,
angehoben wird, so dass die Spannlitzen ihre Dehnung bzw. Vorspannung erhalten
(Abb. 17). Entsprechend der im Abschn. 2.1 beschriebenen Verfahrenstechnik für in
der Schalung erhärtende Rohre wird der Beton in die Form eingebracht und ver-
dichtet.
Alternativ kann das Kernrohr auch nach dem im Abschn. 2.2 dargestellten
Schleuderverfahren hergestellt werden: Muffen- und Spitzendringe werden ebenfalls
in die als Spannbett genutzte Mantel- bzw. Schleuderform eingelegt und dienen als
20 K. Körkemeyer

Abb. 16 Zweiachsig vorgespannte Rohre – Längsschnitt mit Fugendetail DN 3200 (Züblin/MAB)

Abb. 17 Zweiachsig
vorgespannte Rohre –
Aufbringen der
Längsvorspannung (Züblin/
MAB)

Widerlager für die Längsvorspannung der Vorspannstähle. Die präzise Formgebung


der Muffen- und Spitzendbereiche erfolgt mittels entsprechender Untermuffen und
Einsätze in die Mantelschalung.
Herstellung zementgebundener Rohre 21

Zur Beschleunigung der Festigkeitsentwicklung des Betons kann eine Wärme-


bzw. Dampfbehandlung erfolgen, die auch ein rascheres Abklingen des Schwind-
vorgangs bewirkt. Sobald eine ausreichende Reife und Festigkeit des Betons erreicht
ist, wird in der zweiten Fertigungsphase die Vorspannung in Umfangsrichtung
mittels eines spiralförmig um das Mantelrohr gewickelten Spanndrahtes aufgebracht
(Abb. 18, vgl. Abschn. 5.2).
Damit steht der Beton des Kernrohres nun unter einem zweiachsigen Druck-
spannungszustand. Üblicherweise erfolgt unmittelbar anschließend eine Druckprü-
fung, bevor in der dritten Herstellungsphase der zum Zwecke des Korrosionsschut-
zes der Spannbewehrung notwendige äußere Verbundbeton aufgebracht wird
(Abb. 19). Dies kann mittels größerer Mantelform erfolgen, die mit dem einge-
stellten vorgespannten Kernrohr einen Ringspalt (d ¼ 60 mm; Bauart EPITON)
bildet, der ausbetoniert wird. Bei entsprechender Betonqualität und mit Unterstüt-
zung durch Außenrüttler an der Mantelschalung wird ein dichter und zuverlässig an
den Spanndrahtwendeln bzw. am Kernrohr haftender Deckbeton erreicht. Eine
Verbundbetonschichtdicke von 50 bis 60 mm ist vorzusehen. Durchgesetzt hat sich
jedoch die fertigungstechnisch weniger aufwendige Variante des Betonauftrags im

Abb. 18 Zweiachsig
vorgespannte Rohre –
Aufbringen der Vorspannung
in Umfangsrichtung (Züblin/
MAB)
22 K. Körkemeyer

Abb. 19 Zweiachsig
vorgespannte Rohre –
Aufbringen von
Verbundbeton bzw.
Betondeckung des
Spannstahls im
Aufspritzverfahren (Züblin/
MAB)

Spritzbetonverfahren. Aus Korrosionsschutzgründen sollte aber zusätzlich eine zu-


verlässige Versiegelung auf Bitumen-Kunststoffbasis erfolgen.
Das Verfahren der zweiachsigen Vorspannung eignet sich vorwiegend für die
Herstellung von Spannbeton(druck)rohren im Nennweitenbereich DN 600 bis DN
4000 und darüber hinaus mit Baulängen von 3 bis 6 m. Die auf diese Weise
hergestellten Rohre waren in der Vergangenheit als Spannbeton-Druckrohr Bauart
Züblin und als HAGEWE-Spannbeton Druckrohr bekannt.
Das Verfahren ist in der DIN EN 642 (DIN EN 642 1994) geregelt.

6 Herstellung von Asbest- bzw. Faserzementrohren

Die Herstellung von Produkten aus Asbestzement erfolgte i. W. stets nach dem
bereits 1899 konzipierten Nassverfahren von Hatschek, welches auf dem Grund-
gedanken beruht, Asbest und Zement mit sehr großem Wasserüberschuss zu mi-
schen, den Brei zu verarbeiten und das überschüssige Wasser während der Ver-
arbeitung wieder abzuziehen. Die produktionstechnische Umsetzung erfolgte mit
Herstellung zementgebundener Rohre 23

dem in den 1920er-Jahren entwickelten Mazza-Verfahren und darauf basierenden


Weiterentwicklungen.
Der Rohasbest besteht zum größten Teil aus Faserbündeln, die für die Weiterver-
arbeitung zu Asbestzement mechanisch, z. B. mittels Kugelmühlen, in möglichst
feine Fasern zerlegt werden (Hünerberg (1963, 1977)). Es kommen verschiedene
Asbestausgangsmineralien zum Einsatz, um die Eigenschaften des Asbestzements
im frischen und erhärteten Zustand zu optimieren.
Als Bindemittel wurde Portlandzement, Eisenportlandzement und Hochofenze-
ment nach DIN 1164 (heute CEM I, CEM II, CEM III nach DIN EN 197-1)
verwendet. Asbestfasern und Zement wurden im Verhältnis 1:6 gemischt und mit
Wasser zu einem weichen Brei aufbereitet. Aufgrund ihrer physiologischen Risiken
werden heute keine Asbestfasern, sondern Kunststofffasern bestehend aus Synthe-
tikfasern und Zellstoff verwendet (vgl. Kap. ▶ „Werkstoff Beton für Rohre“,
Abschn. 2). Gesteinskörnungen und Zusatzstoffe waren bzw. sind nach DIN 19800
(1973) und DIN 19850 (1990) nicht erlaubt. (Lediglich bei Rohren, die einer
Dampfhärtung unterzogen wurden, konnte ein Teil des Zements durch Quarzmehl
ersetzt werden.)
Mit dem Asbest- bzw. Faserzementbrei wurde dann ein Transportfilzband getränkt,
welches den Brei zunächst über eine Vakuumstation führte, bei dem der Brei einen
erheblichen Teil des Wassers abgeben musste, so dass das nun wesentlich trockenere
und nicht mehr flüssige, sondern zähe Material als Asbest-/Faserzementvlies bezeich-
net wird. Dieses „Vlies“ wurde mit Hilfe verschiedener Walzen auf einen rotierenden
Kern aufgewickelt und dabei unter Abgabe weiteren Wassers intensiv verdichtet.
Aufgrund des Walzenauftrages ließen sich nur Rohre mit Kreisquerschnitt im üblichen
Nennweitenbereich DN 100 bis DN 800 und maximal 6 m Baulänge herstellen. Bei
anderen Verfahren erfolgte der Transport des Asbest-/Faserzementbreis über Förder-
leitungen direkt zum Formenkern und zur Anpresswalze ohne vorherige Entwässe-
rung. Zur Beschleunigung der Erhärtung und Vermeidung schädlicher Frühschwind-
risse waren die frischen Rohre in Wasser gelagert oder dampfgehärtet worden. Die
fertigen Rohre wurden abschließend endbearbeitet, d. h. beispielsweise an den Rohr-
enden angefast und/oder präzise an den Dichtungssitzen abgefräst, so dass die Rohr-
verbindungen nur sehr geringe Toleranzen besaßen.
Zusammenfassend lässt sich die Herstellung der Asbest-/Faserzementrohre in
vier Arbeitsschritte gliedern:

1. Aufbereiten der Asbest- bzw. Kunststofffasern und Herstellen der Formmasse aus
Zement, Wasser und Fasern,
2. Wickeln der Rohre auf einer Rohrmaschine,
3. Abbinden und Erhärten der Rohre und
4. Nachbearbeiten der Rohre.

Alternativ stand das Injektionsverfahren zur Verfügung, mit dem sich auch Rohre
mit nichtkreisförmigem Querschnitt herstellen ließen. Asbest-/Faserzementbrei wur-
de über ein Einspritzaggregat in den unteren, stationären Teil der Form, bestehend
aus Außenform und Kern, gedrückt. Der obere Teil der Form ist beweglich und
24 K. Körkemeyer

wurde wie die Kerne hydraulisch ein- und ausgefahren. Nachdem Kern und Ober-
form in die Maschine eingefahren bzw. abgesenkt wurden, wurde der Stoffbrei in die
Form eingespritzt. Durch den Druckaufbau des Stoffes in der Form wurde das Rohr
entwässert und verdichtet. Der Kern wurde ausgefahren und das Rohr oder Form-
stück zur Nachbehandlung abgelegt. Die Erhärtung der Asbest-/Faserzementrohre
fand wie beim Wickelverfahren auch im Wasserbad statt (Basca 1981).

Literatur
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des Instituts für Fertigteiltechnik und Fertigteilbau Weimar e. V. (IFF) im Auftrag des Bayeri-
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bedingungen (1973)
DIN 19850: Faserzement-Rohre und -Formstücke für Abwasserkanäle – Teil 1: 1996-11, Maße von
Rohren, Abzweigen und Bogen (1996); Teil 2: 1996-11, Maße von Rohrverbindungen (1996);
Teil 3: 1990-11, Schächte; Maße, Technische Lieferbedingungen (1990)
DIN EN 641: 1994-12, Stahbetondruckrohre mit Blechmantel, einschließlich Rohrverbindungen
und Formstücke (1994)
DIN EN 642: 1994-12, Spannbetondruckrohre, mit und ohne Blechmantel, einschließlich Rohr-
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