Bruecken Und Tunnel Der Bundesfernstrassen 2022
Bruecken Und Tunnel Der Bundesfernstrassen 2022
Bruecken Und Tunnel Der Bundesfernstrassen 2022
und Tunnel
der Bundesfernstraßen 2022
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Vorwort
Vorwort
4
Vorwort
5
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
6
Inhaltsverzeichnis
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1. Ersatzneubau
Talbrücke
Heidingsfeld (A 3)
hend aus Ingenieur:innen und Architekt:innen, Bauwerk eine fließende Dynamik. Die gebroche-
eingeladen. Ziel des Wettbewerbes war es, ein nen Linien reduzieren insbesondere aus talsei-
ästhetisches Brückenbauwerk mit ausgewoge- tiger Sicht die große Bauhöhe. Bei Bedarf lassen
nen Proportionen zu entwerfen, das sich zugleich sich im oberen Element mit südlicher Ausrich-
wirtschaftlich herstellen und unterhalten lässt. tung auch Photovoltaik-Module zur Stromerzeu-
Den Bauherren war es sehr wichtig, dass die neue gung integrieren.
Brücke einen direkten Bezug zur Stadt aufweist,
baukulturelle Aspekte berücksichtigt und sich Dem hohen gestalterischen Anspruch wird die
harmonisch und gleichzeitig ausdrucksstark in neue Talbrücke Heidingsfeld durch ihre Dyna-
die Kulturlandschaft einfügt. mik, Ästhetik und Schlichtheit absolut gerecht.
Im Sprachgebrauch wird die Brücke inzwischen
Aus gestalterischen und wirtschaftlichen Grün- voller Wertschätzung als „Schöne Heidi“ bezeich-
den wurde resultierend aus den Wettbewerbs- net.
ergebnissen als Überbau eine parallelgurtige
Balkenbrücke mit einem einzelligen Kastenquer-
schnitt gewählt. 2 Bauwerksentwurf
köpfen musste die Festigkeitsklasse auf C 40/50 legt, die den Querträgerabstand von rund 4,00 m
erhöht werden. überspannen. Während der Herstellung der Fahr-
bahnplatte dienten sie auch als verlorene Scha-
2.2 Überbau lung.
Die beiden Richtungsfahrbahnen verlaufen auf In den Pfeilerachsen befinden sich Doppelquer-
zwei getrennten Überbauten, sodass bei späteren rahmen mit Durchstiegsöffnungen zum Pfeiler-
Instandsetzungsarbeiten eine 4+0-Verkehrsfüh- kopf.
rung auf jeder Brückenhälfte gewährleistet wer-
den kann. Als Material für die Überbauten kam Stahl der
Güte S 355 und Stahlbeton der Festigkeitsklasse
Die Stützweiten der neuen Brücke betragen in C 35/45 zum Einsatz.
der Autobahnachse 53,00 m, 80,00 m, 92,00 m,
100,00 m, 108,00 m, 120,00 m und 82,00 m. Das Der Korrosionsschutz für die Außenflächen der
siebenfeldrige Bauwerk weist eine Gesamtlän- Stahlbauteile erfolgte mit einer Grund-, zwei
ge von 635,00 m auf. Die Konstruktionshöhe be- Zwischen- und einer Eisenglimmer-grauen
trägt konstant 4,60 m, woraus sich die maximale Deckbeschichtung. Im Inneren der Stahlhohlkäs-
Schlankheit von L/H = 26 ergibt. ten wurden je eine Grund-, Zwischen- und eine
weiße Deckbeschichtung aufgebracht.
Die Überbauten sind als parallelgurtige, einzelli-
ge Stahlverbund-Hohlkastenquerschnitte ausge- Da sich der Festpunkt der Überbauten etwa in
führt. Der Verbund zwischen den Stahlhohlkäs- Brückenmitte zwischen Achse 40 und 50 befin-
ten und den Betonfahrbahnplatten wurde über det, wurden an beiden Brückenenden mehrpro-
Kopfbolzendübel realisiert. filige, lärmgeminderte Fahrbahnübergänge mit
Dehnwegen von bis zu 720 mm angeordnet. Der
Die begehbaren Stahlhohlkästen sind auch auf Überbau ruht auf Kalottenlagern.
der Oberseite mit einem ausgesteiften Stahl-
blech geschlossen. In den Stützbereichen wurden Den seitlichen Abschluss beider Überbauten bil-
Lamellen-Verstärkungen an den Gurten neben den 6,00 m hohe, zum Fahrbahnrand hin abge-
den Stegen erforderlich. Die Queraussteifung der winkelte, transparente Lärmschutzwände. Zur
Hohlkästen erfolgt etwa im Abstand von 4,00 m Abtragung der Belastung aus den hohen Lärm-
mit fachwerkartigen Verbänden aus Stahlhohl- schutzwänden binden die Stahlkonsolen der
profilen. Unterseitig ausgerundete Stahlkonso- Überbauten in die 1,91 m hohen Gesimsbrüstun-
len nehmen die Belastungen aus den über 6,00 m gen ein und übernehmen durch die Verbundwir-
langen Kragarmen auf. Die Kragarme wurden aus kung unmittelbar einen Teil der Beanspruchung
statischen und gestalterischen Gründen als ge- aus dem Pfostenfuß.
schlossene Kästen ausgebildet. Im Vergleich zu
einem offenen Querschnitt weist diese Ausfüh- Auf den Überbauten stehen sechs begehbare Ver-
rung eine höhere Dauerhaftigkeit, geringere Ver- kehrszeichenbrücken für Wechselverkehrszei-
schmutzungsanfälligkeit und einen reduzierten chen, Vorwegweiser und Hinweisschilder. Die
Korrosionsschutzaufwand auf. Auf den Kragarm- Stiele der Verkehrszeichenbrücken binden auf
konsolen wurden Stahlbeton-Halbfertigteile ver- den Außenkappen in die Lärmschutzwände ein.
Bereits beim Entwurf der Brücke wurde auf die Querschnitte trotz der großen Stützweiten den
Zugänglichkeit der Konstruktionsteile für Über- Einschub ohne Hilfsunterstützungen. Ein Über-
wachung und Prüfung besonderer Wert gelegt. bau wurde in sieben Takte aufgeteilt. Daraus er-
Der Zugang zu den begehbaren Stahlhohlkästen gaben sich Taktlängen zwischen 85,00 m und
der Überbauten erfolgt über Leitern von den be- 100,00 m. Die Takte waren wiederum in einzelne
gehbaren Widerlagern aus. In den Stahlhohlkäs- Schüsse mit Längen von 20,00 bis 25,00 m aufge-
ten verlaufen über die gesamte Brückenlänge Be- teilt, die im Taktkeller zusammengebaut wurden.
sichtigungsstege mit Gitterrostabdeckung und Um die Größe der Transporteinheiten zu begren-
einseitigem Geländer. zen, mussten die Querschnitte in Querrichtung je
zweimal im Ober- und Untergurt sowie einmal in
Für die Besichtigung der Brückenunterseiten und den Stegen gestoßen werden.
der Pfeiler steht ein stationärer Besichtigungswa-
gen zur Verfügung, der im Ruhezustand im Wi- Der Überbau wurde mit feldweisen Überhöhun-
derlager Frankfurt parkt. Die Lärmschutzwände gen von bis zu 0,40 m eingeschoben. Dadurch
und Kappen können mit einem Hubsteiger von entstanden am Pfeiler 20 in einzelnen Einschub-
der Fahrbahn aus besichtigt werden. zuständen abhebende Lagerkräfte, denen mit ei-
ner flexiblen Seitenführung begegnet wurde.
• Ablassen des Bahnfeldes mit Litzenhebern auf Die Bestandspfeiler wurden durch Schwächen
eine Behelfsunterstützung, des Querschnitts im Fußbereich und Umziehen,
sog. „Fällen“, abgebrochen. Der Rückbau der übri-
• Rückbau der Felder III bis V mittels Litzenhe- gen Unterbauten erfolgte durch konventionelles
bern, Zerkleinern mithilfe von Hydraulikgeräten.
• Rückbau des Feldes VIII mit 700 t-Kran über der Das neue Bauwerk wurde am 01.12.2019 dem
Heuchelhofstraße unter Vollsperrung, Verkehr übergeben.
• Sprengung der Felder VI und VII nach vorheri- Mit der Talbrücke Heidingsfeld ist eine Symbiose
gem Teilablassen des Überbaues auf Hilfsstüt- aus technisch-wirtschaftlicher Höchstleistung im
zen. Einklang mit Schönheit und Ästhetik gelungen.
Das Bauwerk steht für eine neue Qualität der In-
genieurbaukultur der Zukunft.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Prof. Dr.-Ing. Robert Hertle,
vertreten durch das Bundes- Gräfelfing
ministerium für Digitales und Dipl.-Ing. Volkhard
Verkehr Angelmaier, Stuttgart
5 Technische Angaben
Gesamtlänge: 635,00 m Baustoffmengen
Unterbauten
Stützweiten: 53,00 m + 80,00 m + 92,00 m Beton: 20.304 m3
+ 100,00 m + 108,00 m Betonstahl: 2.013 t
+ 120,00 m + 82,00 m
Überbauten
Breite zwischen Beton: 11.219 m3
den Brüstungen: 41,50 m Betonstahl: 3.405 t
Baustahl: 10.156 t
Brückenfläche: 26.352,50 m2 Kopfbolzendübel: 186 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Einschub des Überbaus mit Vorbauschnabel Foto: Tom Bauer Ad Photography, Würzburg
Bild 2: Draufsicht auf die neue Brücke mit Blick auf die Einfahrt in den Katzenbergtunnel Foto: René Legrand
Bild 3: Draufsicht auf die neue Brücke mit Blick in Richtung Frankfurt Foto: René Legrand
Bild 6: Gekrümmter Verlauf der Überbauaußenkanten infolge der im Kreisbogen verlaufenden Autobahnachse Foto: René Legrand
Bild 9: Einfahrt in den Katzenbergtunnel hinter dem östlichen Brückenende Foto: René Legrand
Bild 10: Blick in den Stahlverbundüberbau Foto: Tom Bauer Ad Photography, Würzburg
2. Ersatzneubau
Fußgängerbrücke
Freischütz (B 236)
Die Geländerhöhe auf allen Bauwerksteilen be- Der ursprüngliche Plan, die Bestandsbrücke bis
trägt einheitlich 1,30 m, da die Nutzung der Ram- zur Eröffnung des Neubaus in Betrieb zu behal-
pen und der Brücke durch Radfahrer grundsätz- ten, konnte auf Grund der notwendigen Bau-
lich möglich ist. Entsprechend den Vorschriften gruben und der eingeschränkten Zugänge zum
für barrierefreies Bauen sind alle Geländer mit Bestandsbauwerk nicht realisiert werden. Bau-
einem zweiten Handlauf in 0,85 m Höhe und zeitlich musste daher der Fußverkehr mit einer
mindestens 0,10 m hohen Radabweisern als Ge- Ampelanlage gesichert werden.
simsaufkantung bzw. Hochbord ausgestattet. Auf
dem nördlichen Kastenträger steht ein Füllstab- Im Schutz von Verbauten wurden die Gründun-
geländer als Sonderkonstruktion, dessen Füllstä- gen und Widerlager für den Neubau hergestellt.
be im Grundriss fächerförmig auf den Bogenmit-
telpunkt ausgerichtet sind. Die Öffnungen des Die Vorfertigung der Stahlträger erfolgte in drei
südlichen Vierendeelträgers sind mit Füllstäben Schüssen im Werk. Am 10.10.2021 wurden die
ausgefacht, die direkt mit dem Hauptträger ver- Randbereiche eingehoben, am 08.11.2021 erfolg-
schweißt sind. te während einer nächtlichen Vollsperrung das
Einheben des mittleren Brückensegmentes. Am
Um etwaigen Schwingungsanregungen durch darauffolgenden Tag konnten die Brückenseg-
Fußgänger entgegenzuwirken, waren im Bau- mente verschlossert und die Widerlager in den
werksentwurf zwei Tilgerkammern vorgesehen. Anschlussbereichen betoniert werden.
Die endgültige Dimensionierung der Tilger er-
folgte anhand einer in-situ-Schwingungsunter- Nach Fertigstellung des Gussasphaltbelags erfolg-
suchung nach Einbau des Asphalts. te am 15.12.2021 die Schwingungsuntersuchung
zur endgültigen Dimensionierung der Tilger. Die
gemessene Eigenfrequenz der Brücke betrug 3,2
3 Bauausführung Hertz und lag damit in einem Anregungsbereich
durch schnelles Joggen. Nach ihrer Fertigung
Die Vergabe der Fußgängerbrücke Freischütz er- wurden die Tilger im Mai 2022 in die vorbereite-
folgte im März 2020 im Zuge des Gesamtloses ten Tilgerkammern eingebaut.
zum Ausbau der B 236.
Am 25.05.2022 waren auch die Arbeiten in den
Der Bauablauf der Brücke musste mit den An- Rampenbereichen soweit abgeschlossen, dass
forderungen an den Streckenausbau koordiniert dieses besondere Bauwerk für den Fußgänger-
werden, Vollsperrungen waren nur für besondere verkehr freigegeben werden konnte.
Meilensteine, wie den Abbruch des Bestandsbau-
werks oder das Einheben des Riegels, nachts und
an Wochenenden möglich.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Aufsteller der VIC Planen und Beraten
vertreten durch das Bundes- Ausführungs GmbH, Potsdam
ministerium für Digitales und unterlagen:
Verkehr
Prüfingenieur: Dr.-Ing. Dietmar Streck,
Vorhaben Nordrhein-Westfalen, Duisburg
träger: vertreten durch
DEGES Deutsche Einheit Baugrund Geotechnisches Büro
Fernstraßenplanungs- und gutacher: Prof. Dr.-Ing. H. Düllmann
-bau GmbH, Berlin GmbH, Aachen
5 Technische Angaben
Gesamt 35,10 m Baustoffmengen
stützweite: Unterbauten
Beton: 160 m3
Breite zwischen Betonstahl: 23 t
den Geländern: 2,50 m
Überbauten
Brückenfläche: 87,75 m2 Baustahl: 76 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Montage des Überbaus – Einheben des mittleren Segmentes Foto: DEGES
Bild 7: Stützwand an der Rampe zur Gaststätte Freischütz Foto: René Legrand
3. Ersatzneubau
Lennetalbrücke
(A 45)
riiert infolge der Geländesituation zwischen etwa Die Breite der geschlossenen Kastenquerschnitte
13,00 m und 23,00 m. Mit der Teilfertigung im beträgt an der Oberseite 3,20 m und an der Un-
Werk konnte eine hohe Sichtbetonqualität so- terseite 5,10 m. Da die Stegneigung konstant ist,
wie eine hohe Dauerhaftigkeit durch eine ge- vergrößert sich die Breite des Kastenbodens im
sicherte Betondeckung und gleichmäßige Ver- Voutenbereich um fast 3,00 m und die Neigung
dichtung des Betons erreicht werden. Es ergaben der Druckstreben verändert sich. Geschlossene
sich bautechnologische Vorteile mit zusätzlicher Kastenquerschnitte zeigen aufgrund ihrer hohen
Beschleunigung des Bauablaufes durch die Syste- Torsionssteifigkeit ein günstiges Tragverhalten
matisierung und gleichzeitige Bearbeitung meh- beim Verschubvorgang. Gegenüber einer offe-
rerer Pfeiler sowie die verbesserte Arbeitssicher- nen Ausführung mit Gurtlamellen können zu-
heit durch den hohen Arbeitsanteil im Werk. dem große Blechdicken vermieden werden. An
der Lennetalbrücke variieren die Blechdicken der
Sämtliche Unterbauten wurden aus Stahlbeton Hohlkastendecken zwischen 20 mm und 70 mm
der Festigkeitsklasse C 30/37 hergestellt. und die der Kastenböden zwischen 20 mm bis
100 mm.
2.2 Überbau
Der Abstand der Querrahmen zur Aussteifung
Die neuen Überbauten verlaufen als Durchlauf- der Hohlkästen von 4,00 m korrespondiert mit
träger über 14 Felder, wobei sich die Stützwei- dem Druckstrebenabstand. In den Stützenach-
ten in Richtung des dominanten Flussfeldes sen bestehen die Queraussteifungen aus Voll-
von 54,00 m auf 115,00 m vergrößern. Die Brü- wandschotten mit Durchstiegsöffnungen. Tra-
cke weist eine Gesamtlänge von 984,50 m auf. In pezhohlprofile und Flachstähle dienen der
den Regelbereichen beträgt die Konstruktions- Längsaussteifung der Hohlkastenbleche. Massive
höhe konstant 4,00 m. Infolge der Anvoutung Endquerscheiben aus Stahlbeton über den Wi-
über dem Flussfeld vergrößert sich die Höhe auf derlagern vervollständigen die Queraussteifung.
7,00 m an den Pfeilern der Achsen 90 und 100.
Die Verbundfahrbahnplatte besteht außerhalb
Die Verbundquerschnitte der getrennten Über- der Hohlkastenobergurte aus Betonfertigteilen
bauten setzen sich aus Stahlbetonfahrbahn- mit Ortbetonergänzung. Durch eine seitliche
platten und einzelligen stählernen Hohlkästen Aufkantung der Randfertigteile konnte auf eine
zusammen. Kopfbolzendübel sichern den Schub- separate Schalung für die Ortbetonergänzung
verbund zwischen den Haupttragelementen. verzichtet werden. Die Dicke der Fertigteile va-
Seitlich angeordnete Druckstreben in Verbin- riiert zwischen 10 cm an den Kappenrändern
dung mit trapezförmigen Längsträgern und in und 15 cm über den Längsträgern. Aussparungen
Querrichtung verlaufenden Zugbändern stützen über den Längsträgern ermöglichten die Herstel-
die weit auskragende Verbundplatte. Die Längs- lung der Schubverdübelung. Während die Kopf-
träger sind als luftdicht verschweißte Hohlkäs- bolzendübel auf den Deckblechen der Hohlkäs-
ten ausgebildet. Die Druckstreben bestehen aus ten kontinuierlich angeordnet sind, sitzen sie in
Rundrohren und die Zugbänder aus T-Profilen. den Dübeltaschen der Fertigteile blockweise. Für
Deren Gurt liegt in der Ebene der Deckbleche der die Fertigteile wurde Stahlbeton der Festigkeits-
Hohlkästen und ist über Kopfbolzendübel eben- klasse C 50/60 verwendet, die mindestens 20 cm
falls mit der Fahrbahnplatte schubfest verbun- dicke Ortbetonergänzung erfolgte mit C 35/45.
den.
Die Stahlkonstruktion besteht aus Baustahl der W4 und der Anprallheftigkeitsstufe B genügen.
Festigkeitsklasse S 355. Die Außenkappen sind über Telleranker mit den
Überbauten verbunden, um die hohen Beanspru-
Aufgrund der großen Lagerkräfte und Verschie- chungen aus den Lärmschutzwänden und den
bungen wurden in allen Lagerachsen Kalotten- Absturzsicherungen aufnehmen zu können.
bzw. Kalottengleitlager angeordnet. Der Fest-
punkt in Brückenlängsrichtung befindet sich auf Bereits im Bauwerksentwurf wurde einer einfa-
dem Pfeiler Achse 90, wobei die allseits festen chen Zugänglichkeit der Haupttragkonstruktion
Lager in der inneren Lagerreihe liegen. Horizon- besondere Beachtung geschenkt, da die Durch-
talkräfte in Brückenquerrichtung werden in allen führbarkeit der Bauwerksüberwachung und
Lagerachsen ebenfalls in den inneren Lagerrei- -prüfung sowie der Instandhaltungsarbeiten die
hen abgetragen. An beiden Überbauenden be- Dauerhaftigkeit der Brücke wesentlich beein-
finden sich wasserdichte, lärmgeminderte Fahr- flusst. Die Wartung und Prüfung der Lager und
bahnübergänge mit Dehnwegen von ca. 900 mm. Fahrbahnübergänge kann von den Wartungs-
gängen in den beiden Widerlagern aus erfolgen.
Zur Vermeidung von Schwitzwasserbildung sind Die Stahlhohlkästen sind problemlos begehbar.
die Hohlkästen belüftet. Die Belüftung erfolgt Im Bereich der Vouten bleibt der Laufsteg in der
durch Einstiegsöffnungen in den Endquerträgern gleichen Höhenlage und wird zu den Außenste-
und in den Bodenblechen über den Pfeilerach- gen hin verbreitert. Zusätzliche Abstiege ermögli-
sen. Zwei weitere Belüftungsöffnungen befin- chen die Zugänglichkeit zum Kastenboden. Aus-
den sich am höchsten Punkt jedes Feldes in den stiege auf die Pfeilerköpfe sind durch abdeckbare
Stegblechen. Zusätzliche Öffnungen an den Tief- Öffnungen in den Bodenblechen und angehäng-
punkten der Bodenbleche dienen der Entwässe- te Steigleitern in allen Pfeilerachsen vorhan-
rung und ebenfalls der Entlüftung. den. In den Bodenblechen befinden sich zudem
Transportluken, die auch als Rettungsöffnungen
Aufgrund der großen Brückenlänge und der dienen. Die Innenräume der Hohlkästen und Wi-
Wannenlage des Bauwerks sind die Längsent- derlager sind mit einer elektrischen Anlage und
wässerungsleitungen zum Gefälletiefpunkt ge- Beleuchtung ausgestattet.
neigt. Die großen Brückenflächen werden vom
südlichen Widerlager bis zur Pfeilerachse 110 Auf dem Überbau der Fahrtrichtung Frank-
über eine Sammelleitung DN 400 entwässert. Da furt wurde die Anordnung einer Schilderbrü-
von der Nordseite auch ein Teil der Strecken- cke erforderlich. Sie ist als nicht begehbare Ver-
entwässerung angeschlossen ist, wurde dort ein kehrszeichenbrücke mit einseitiger Auskragung
Leitungsquerschnitt DN 700 notwendig. Die Fall- ausgeführt. Zu ihrer Befestigung musste die Fahr-
leitungen an den Pfeilern 110 und 120 verlau- bahnplatte örtlich verstärkt werden.
fen in abgedeckten Aussparungen und führen
am Pfeilerfuß in integrierte Toskammern. Über
einen Leichtflüssigkeitsabscheider gelangt das
Wasser in die Vorflut. 3 Bauausführung
Zur Absturzsicherung dienen auf allen Kappen Die Bauarbeiten am neuen Brückenbauwerk
Fahrzeugrückhaltesysteme, die den Anforde- begannen mit dem feierlichen Spatenstich am
rungen der Aufhaltestufe H2, des Wirkbereiches 11.09.2013.
Während der gesamten Bauzeit konnte der Ver- des. Nachdem die Enden der beiden Überbauab-
kehr auf der Autobahn ohne eine Reduzierung schnitte verbunden waren, wurde die Fahrbahn-
der Anzahl der Fahrspuren aufrechterhalten platte im Pilgerschrittverfahren betoniert. Nach
werden. Verkehrseinschränkungen waren ledig- Komplettierung des Überbaus, Verfüllung der
lich in Form verengter Fahrbahnbreiten und ei- Taktkeller und Verschwenkung der Autobahn-
ner auf 80 km/h begrenzten Geschwindigkeit trasse konnte der Verkehr in einer 4+0-Verkehrs-
erforderlich. Da die neue Brückenachse in etwa führung, inklusive einer für Rettungskräfte reser-
in der Achse des einteiligen Bestandsbauwerkes vierten Rettungsgasse, über den neuen Überbau
liegt, musste der erste der neuen Überbauten zu- der Fahrtrichtung Frankfurt geführt werden. Die
nächst in provisorischer Lage seitlich neben der erste Bauphase war damit abgeschlossen.
Bestandsbrücke erstellt werden. Hierfür waren
in Verlängerung der Lagerachsen provisorische In der zweiten Bauphase wurde der Bestands-
Pfeiler und Widerlager zu errichten. Zur Grün- überbau abgebrochen. Dabei kamen in den „Re-
dung der temporären Unterbauten wurden je gelbereichen“ des Überbaus konventionelle
Pfeilerachse 8 Großbohrpfähle (d = 1,50 m) einge- Abbruchbagger und „Longfrontbagger“ zum Ein-
bracht. satz. Die Segmente zwischen den Längsträgern
wurden vorab geleichtert. Abweichende Techno-
Die Herstellung der neuen Überbauten erfolgte logien waren in den zu schützenden Bereichen
im Taktschiebeverfahren. In den Taktkellern hin- über den Gleisanlagen und über der Lenne not-
ter beiden Widerlagern wurden die Brückenele- wendig, wo der Überbau passend gesägt und an-
mente vormontiert und mit dem vollständigen schließend ausgehoben wurde.
Korrosionsschutz versehen sowie die Fertigteil-
platten des Fahrbahndecks aufgelegt. Eingescho- Der Pfeilerrückbau erfolgte vom Tal aus mit Sä-
ben wurden nur die parallelgurtigen Abschnitte gen, Abbruchzangen, Meißeln und Kränen. Die
der Regelfelder unter Einsatz eines Vorbauschna- Pfeiler im Nahbereich der Lenne und der im Bau-
bels. feld befindlichen Werksgleise wurden gesprengt.
Zum Schutz der unterführten Straßen, Gleise Nach Abbruch der Bestandsbrücke konnte das
und Lagerflächen mussten zahlreiche Schutzge- neue östliche Teilbauwerk in seiner endgültigen
rüste aufgebaut werden. Das Überschieben der Lage errichtet werden. Die Herstellung erfolgte
Kragarmspitze über die DB-Gleise erfolgte in analog zum ersten Bauabschnitt. Nach Fertig-
Sperrpausen. stellung des zweiten Teilbauwerkes wurde der
Autobahnverkehr auf den östlichen Überbau
Zwischen den Pfeilern Achse 100 und 110 wur- verschwenkt. Damit waren die Voraussetzungen
de ein Traggerüst errichtet, auf dem der Vouten- geschaffen, um den westlichen Überbau in seine
teil für den südlichen Stützenbereich vormon- endgültige Lage quer zu verschieben.
tiert wurde. Analoge Arbeiten erfolgten für den
nördlichen Bereich zwischen den Pfeilern der Mit Freigabe beider Fahrtrichtungen für den Ver-
Achsen 80 und 90. Die beiden eingeschobenen kehr im August 2021 wurden die Baumaßnah-
parallelgurtigen Abschnitte wurden bis an die men erfolgreich abgeschlossen. Das neue Bau-
vormontierten Voutenabschnitte geschoben und werk ist für den geplanten sechsstreifigen Ausbau
mit diesen verbunden. Anschließend erfolgte der der A 45 in diesem Streckenabschnitt gerüstet.
vollständige Einschub bis zur Mitte des Flussfel-
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Dipl.-Ing. Hans Joachim
vertreten durch das Bundes- Niebuhr, Dortmund
ministerium für Digitales und
Verkehr Baugrund ELE Beratende Ingenieure
gutacher: GmbH, Erdbaulaboratorium
Vorhaben Nordrhein-Westfalen, Essen
träger: Landesbetrieb Straßenbau
NRW Bauoberleitung: Nordrhein-Westfalen,
und Landesbetrieb Straßenbau
Die Autobahn GmbH des NRW
Bundes, und
Niederlassung Westfalen Die Autobahn GmbH des
Bundes,
Entwurfs Nordrhein-Westfalen, Niederlassung Westfalen
aufsteller: Landesbetrieb Straßenbau
NRW Örtliche Ingenieurgemeinschaft
und Bauüberwachung: EHS-LEH
Die Autobahn GmbH des EHS beratende Ingenieure für
Bundes, Bauwesen GmbH, Lohfelden
Niederlassung Westfalen LAVIS engineering GmbH,
Halle
Entwurfs Schüßler Plan Ingenieur
bearbeiter: gesellschaft mbH, Düsseldorf Bauausführung: HOCHTIEF Infrastructure
KHP Dortmund GmbH Deutschland West,
König und Heunisch Köln
Planungsgesellschaft mbH,
Dortmund Bauzeit: September 2013–
Oktober 2021
Gestalterische Schüßler Plan Ingenieur
Beratung: gesellschaft mbH, Düsseldorf Baukosten: 198,5 Mio. €
5 Technische Angaben
Stützweiten 54,00 m + 3 x 60,50 m + Brückenklasse: nach DIN Fb 101 mit LMM
3 x 66,50 m + 87,50 m +
115,00 m + 87,50 m + Baustoffmengen
3 x 66,50 m + 60,00 m Unterbauten
Beton: 16.800 m3
Gesamt Betonstahl: 2.800 t
stützweite: 984,50 m
Überbauten
Breite zwischen Beton: 16.200 m3
den Geländern: 37,30 m Betonstahl: 3.754 t
Baustahl: 10.933 t
Brückenfläche: 36.722 m2
6 Literatur
Marzahn, G.: Die Lennetalbrücke im Zuge der
A 45 bei Hagen – Schadensanalyse und die enge
Verknüpfung von Rückbau und Neubau.
24. Erfahrungsaustausch des Bauwerksprüfper
sonals, Dortmund, 2014
7 Technische Zeichnungen
Pflaster
8 Abbildungen
Bild 1: Pfeilerherstellung mit Montage der Fertigteilaußenschale Foto: Die Autobahn GmbH
4. Teilerneuerung
Echelsbacher
Brücke (B 23)
Aufgrund dieser sehr komplexen Randbedingun- Das Quergefälle ist mit 2,50 % nach Süden ausge-
gen und der teilweise stark divergierenden An- bildet.
forderungen der beteiligten Gemeinden, Land-
kreise, Natur-, Denkmalschutz- und Obersten 1.3 Bauwerksgestaltung
Baubehörde führte der Bauherr, das Staatliche
Bauamt Weilheim, einen Planungsdialog unter Für die Echelsbacher Brücke wurde ein einpha-
Leitung eines externen Moderators durch. Im siger Planungswettbewerb als Realisierungs-
Planungsdialog konnte eine Einigung über kla- wettbewerb auf der Grundlage der Richtlinie
re Vorgaben für den Planungswettbewerb erzielt für Planungswettbewerbe (RPW 2013) mit vor-
werden. So war eine leistungsfähige Brücke am geschalteter Präqualifikation durchgeführt. Ziel
Standort der bestehenden Brücke zu errichten, war es, ein technisch-konstruktiv und gestalte-
ein Neubau an anderer Stelle wurde ausgeschlos- risch hochwertiges Tragwerk zu entwickeln, das
sen. Die denkmalgeschützten Bögen der beste- optimale Lösungen für die unterschiedlichen An-
henden Brücke mussten erhalten werden und forderungen aus Funktionalität und Wirtschaft-
während der Baumaßnahmen war der Verkehr lichkeit sowie Denkmal-, Natur- und Artenschutz
über eine Behelfsbrücke zu führen. Die Planung liefert. Kriterien für die Bewertung der Wettbe-
und der Bau der Behelfsbrücke waren nicht Be- werbsarbeiten waren:
standteil des Planungswettbewerbs. Dieses eigen-
ständige Vorprojekt wurde vorab geplant und se- • statisch-konstruktive Konzeption,
parat ausgeschrieben sowie vergeben.
• architektonische Gestaltung,
1.2 Straßenplanung
• technische Realisierbarkeit,
Die Straßenachse verläuft im Bauwerksbereich
gerade. Im vorletzten Feld vor dem östlichen Wi- • Bauverfahren,
derlager, das sich bereits außerhalb des Bogen-
tragwerkes befindet, geht sie in eine Klothoide • Verkehrsbeeinträchtigung,
mit dem Parameter 75,00 m über.
• Eingriffe in Natur und Landschaft,
Um die erforderliche Bauhöhe für das neue Trag-
werk über den Bestandsbögen realisieren zu kön- • Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belan-
nen, musste die Gradiente um bis zu 2,50 m ge- ge,
genüber dem Bestand angehoben werden. Die
neue Gradiente liegt in einer Kuppenausrundung • bauzeitliche Flächeninanspruchnahme,
mit dem Halbmesser 6.000,00 m, wobei aus ge-
stalterischen Gründen der Hochpunkt genau in • Wirtschaftlichkeit bei Herstellung, Erhaltung
Bauwerksmitte angeordnet wurde. und Unterhalt.
Der Querschnitt der Bundesstraße auf dem Brü- Der erste Preisträger des Wettbewerbes erhielt
ckenbauwerk entspricht einem RQ 11,5B. Die anschließend den Planungsauftrag für die Teil-
Fahrbahnbreite beträgt 8,50 m, beidseits verlau- erneuerung der Brücke.
fen 3,00 m breite Geh-/Radwege.
Die neue Brücke wurde in Referenz an den Be- und nimmt zum Scheitel hin kontinuierlich auf
stand als monolithische, aufgeständerte Bogen- 1,08 m ab.
brücke konzipiert. Die in der Seitenansicht sehr
schlanke Fahrbahnplatte korrespondiert mit dem Die im Grundriss rautenförmigen Pfeilerschei-
darunter angeordneten schlanken, abgesetzten ben sind biegesteif mit dem Bogen und dem
Bogen. Überbau verbunden. Um die Zwangsbeanspru-
chungen zu minimieren, wurden die beiden öst-
Die schlanken Stützscheiben sind konisch mit lichen, außerhalb des Bogens gegründeten Pfeiler
einem doppeltrapezförmigen Querschnitt aus- am Fuß und am Kopf mit Betongelenken verse-
geführt. Dies führt zu einer Aufweitung des hen. Die Pfeilerhöhen variieren zwischen 1,70 m
Querschnitts mit zunehmender Knicklänge und und 29,00 m. Am Anschluss zur Fahrbahnplatte
korrespondiert mit dem Dachprofil des Gewölbe- sind alle Pfeiler 4,60 m breit. Ihre extrem schlan-
bogens im Kämpferbereich. ke Wirkung ergibt sich aus der Dicke von 0,50 m
in der Außenfläche, die sich auf 0,96 m in Trag-
Die gewählte Lösung, bei der ein schlanker, ab- werksachse erhöht. Sowohl in Breiten- als auch
gesetzter Bogen die Bestandsbögen schützend in Dickenrichtung sind die Pfeiler mit einem An-
überspannt, stellte eine moderne Interpretation zug über die Höhe versehen.
des bestehenden Tragwerks dar. Im Bauzustand
sollten die vorhandenen Bögen als Traggerüst Die Widerlager sind als begehbare Kastenwider-
dienen und damit eine wirtschaftliche Bauwei- lager ausgeführt. Vor dem westlichen Widerlager
se ermöglichen. Die Einbeziehung der Bestands- gibt es eine Fußgängerquerung, die den Nutzern
bögen in die Herstellung des Neubaus erforderte eine Aussicht in die Schlucht bietet. Die stegarti-
ein außerordentlich hohes Maß an Ingenieur- ge Konstruktion dieser Querung ist als Kragarm
baukunst, da die Melan-Spangenberg-Bauweise im Widerlager eingespannt und wird beidseitig
nicht durch die aktuell gültigen Bemessungsnor- über freitragende Treppen erschlossen.
men erfasst werden kann.
Die Widerlager, Bogenkämpfer und Gründungen
wurden aus Stahlbeton C 30/37 hergestellt. Für
2 Bauwerksentwurf den Bogen und die Pfeiler war eine höhere Fes-
tigkeitsklasse notwendig (C 45/55).
2.1 Unterbauten
2.2 Überbau
Das Haupttragsystem der neuen Brücke stellt
ein schlanker, eingespannter Bogen mit einer Der Überbau ist als robuste Stahlbetonplatte aus
Stützweite von 140,50 m dar. Die Bogendicke C 45/55 mit einer Breite von 16,70 m und einer
beträgt an der Einspannstelle etwa 3,00 m, sie Dicke von 1,20 m ausgeführt. Die Platte mit ei-
nimmt bis zum Verschmelzungsbereich mit der ner Gesamtlänge zwischen den Endauflagern
Fahrbahnplatte des Überbaus auf 0,85 m ab. Der von 183,60 m wird in 19 Auflagerachsen gestützt.
Bogen weist oberseitig ein Dachprofil auf, das im Sie überspannt außerhalb des Verschmelzungs-
Kämpferanschlussbereich stark ausgeprägt ist bereiches mit dem Bogenscheitel 12 Felder mit
und zum Scheitel hin abnimmt. Der lichte Ab- äquidistanten Spannweiten von 10,50 m. Der
stand zwischen den Bestandsbögen und dem Verschmelzungsbereich zwischen Bogen und
neuen Bogen beträgt 2,60 m im Kämpferbereich Fahrbahnplatte ist etwa 25,00 m lang, beidsei-
tig davon befinden sich zwei kurze Felder mit je Die SS80-Systembrücke ist Eigentum des Bundes.
5,50 m Spannweite. Die jeweils ersten Felder vor Sie wird grundsätzlich für den Notfalleinsatz vor-
den Widerlagern sind mit 11,05 m am längsten. gehalten und kann für Baumaßnahmen im Bun-
Die Kappen sind mit einer Breite von 4,00 m so desfernstraßenbereich ausgeliehen werden. Da
ausgebildet, dass sie nicht nur die 3,00 m breiten, für den Einsatz der Systembrücke ein Handbuch
kombinierten Geh- und Radwege aufnehmen, mit Montage- und Wartungsanleitung sowie Ty-
sondern auch mit einem fahrzeuggebundenen penstatik vorliegt, beschränkt sich der Planungs-
Brückenbesichtigungsgerät befahren werden aufwand auf die Auswahl des Montageverfahrens
können. und kleine örtliche Anpassungen sowie die Pla-
nung der für die jeweilige Baumaßnahme not-
An den Stirnseiten der Brückengesimse ist ein wendigen Unterbauten.
2,50 m hohes, leicht nach innen geneigtes Son-
dergeländer angebracht. Zum Übersteigschutz Die Behelfsbrücke Echelsbach wurde als Vier-
besteht es aus nach oben spitz zulaufenden feldträger mit Stützweiten von 56,00 m, 77,00 m,
Stahlschwertern im Abstand von 0,12 m. Dieses 49,00 m und 84,00 m ausgeführt. Dafür waren 76
architektonisch einzigartige Geländer verbin- Schüsse mit einem Gesamtgewicht von ca. 1.300 t
det durch die Ausrichtung der Stäbe eine hohe notwendig. Als Zwischenauflager dienten drei
Transparenz in Querrichtung (Blick auf die Land- Hilfsstützen mit Höhen von bis zu 70,00 m. Der
schaft) mit einer geschlossenen, Sicherheit ver- Baugrund war im Bereich der Turmfundamen-
mittelnden Wirkung in Brückenlängsrichtung. te von Kalktuffquellen, natürlichen Hohlräumen
und alten Bergwerksstollen durchzogen. Um aus
2.3 Behelfsbrücke geologischer und naturschutzfachlicher Sicht
geeignete Gründungsstandorte zu finden, muss-
Um den Verkehr während der Bauzeit aufrecht te die Brückenachse im Vergleich zum Bestand
zu erhalten, wurde eine in Deutschland bisher leicht gedreht werden, wodurch sich für die Be-
einmalige Behelfsbrücke mit 266,00 m Brücken- helfsbrücke eine um 83,00 m größere Bauwerks-
länge errichtet. Zum Einsatz kam eine System- länge als für das Bestandsbauwerk ergab. Neben
brücke vom Typ SS80 (Schweres Straßenbrü- der Bundesstraße wurde auf der Südseite auch
ckengerät 80 m). Dabei handelt es sich um eine ein Geh- und Radweg und auf der Nordseite ein
modular aufgebaute, zerlegbare und wieder ver- Dienstweg auf seitlich angehängten Konstruktio-
wendbare Fachwerkbrücke. Das Tragwerk besteht nen überführt. Zur Suizidprävention waren diese
aus 5,00 m hohen Fachwerkträgern, zwischen Wege mit einem leichten Übersteigschutz voll-
denen 6,75 m x 3,50 m große stählerne Fahr- ständig eingehaust.
bahnplatten zur Überführung einer zweispurigen
Straße spannen. Die Fachwerke setzen sich aus Die Behelfsbrücke musste alle sechs Monate ei-
gleichartigen Ober- und Untergurten, Diagona- ner bautechnischen Prüfung unterzogen werden,
len, Pfosten und Verbindungselementen zusam- die die Kontrolle sämtlicher 15.000 Passbolzen
men. Bei einer Rasterlänge von 3,50 m liegt die beinhaltete. Hierfür wurden an der Brückenun-
Grenzstützweite für die Brückenklasse 60/30 bei terseite in drei Feldern verfahrbare Brückenbe-
80,50 m. Durchlaufträger können aufgrund des sichtigungswagen installiert. Die Wartung der
günstigeren Momentenverlaufs mit größeren Schraubverbindungen der Pfeiler konnte von
Stützweiten hergestellt werden. Treppentürmen mit Zwischenbühnen innerhalb
der Stahlkonstruktionen erfolgen.
Die Vormontage der Behelfsbrücke erfolgte in ei- 3.2 Teilabbruch und Instandsetzung
nem 70,00 m langen Taktkeller auf der Ostseite. Bestandsbauwerk
Von dort aus wurde sie in überhöhter Lage ab-
schnittsweise mit einer Steigung von 2,36 % Baubeginn für die Teilerneuerung des Hauptbau-
hangaufwärts in Richtung Westen eingeschoben. werks war am 09.07.2018.
Der Verschub fand zwischen August und Dezem-
ber 2017 statt. Während des Verschubes lagerte In nur einer Woche wurde die komplette Brü-
der Überbau auf Rollenbatterien, die Bestandteile ckenausstattung (Gleitwände, Geländer, Belag
des Brückensystems sind. und Kappen) mit Baggern zurückgebaut und
das eigentliche Tragwerk freigelegt. Mithilfe
Der Verschub erfolgte zunächst mit Elektroket- von Beton-Rund- und Seilsägen erfolgte die
tenzug und später mit hydraulischen Litzenhe- Zerlegung der Fahrbahnplatte, der Längs- und
bern mit einer Verschubgeschwindigkeit von ca. Querträger sowie der Betonpfeiler in Einzelseg-
8,00 m pro Stunde und einer maximalen Ver- mente, die anschließend mit dem Kran ausge-
hoben wurden. Ein finaler Profilschnitt trennte Die Betonage der Bogensegmente erfolgte beid-
die Fahrbahnplatte im Verschmelzungsbereich seitig synchron mit je einem Kran und einem
mit den Bögen, sodass letztendlich nur die Bo- 2,00 m³ Betonkübel. Um die geforderte Sicht-
gentragstruktur verblieb. Der Rückbau umfass- betonqualität SB 3 zu erreichen, wurde die De-
te auch die Widerlager und die beiden östlichen ckelschalung der Bögen mit einem Schalvlies
Vorlandpfeiler. versehen. Nur dadurch konnte die gewünsch-
te lunkerfreie, porenarme Qualität auf der ver-
Aus Gründen des Naturschutzes waren sämtliche dichtungstechnisch kritischen Oberseite erzielt
Schnittwässer der Betonscheidearbeiten sowie werden. Nach Herstellung der kämpfernahen
alle anfallenden Stäube und Rückbaumaterialien Bogensegmente mit Deckelschalung musste aus
aufzufangen, sie durften das Ammertal nicht ver- statischen Gründen zunächst der Bogenscheitel
unreinigen. betoniert werden. Die als Lehrgerüst dienenden
alten Brückenbögen wären sonst in den seitli-
Für die Bögen wurde ein minimalistischer In- chen Bereichen zu ungünstig belastet worden.
standsetzungsansatz verfolgt. Vorhandene Be- Alle weiteren Bogensegmente und die aufgehen-
schichtungen wurden mittels Sandstrahlver- den Pfeiler wurden anschließend symmetrisch
fahren entfernt, Hohlstellen freigelegt und lose hergestellt, wodurch eine weitgehend gleich-
Betonteile abgetragen. Die historische Melan- mäßige Bogenauflast sichergestellt war. Die Be-
Konstruktion konnte dabei vollständig erhalten tonierreihenfolge der Fahrbahnplatte sah den
werden. Zum dauerhaften Schutz der Bögen und Beginn im östlichen Vorlandbereich vor, setz-
ihrer Querverbindungen wurden abschließend te sich dann über den Scheitelbereich am west-
Betonergänzungen mit Spritzbeton und dreilagi- lichen Widerlager fort. Den Lückenschluss am
ger Kratzspachtelung aufgebracht. 28.11.2020 stellten die beiden Betonierabschnitte
links und rechts des Scheitels her. Nach Aushär-
3.3 Neubau tung der letzten Überbausegmente übernahm
das Tragwerk der neuen Brücke die Lasten, so-
Nach dem Teilrückbau des Bestandsbauwerks dass die bis dahin über Hydraulikpressen beste-
konnte mit der Errichtung der neuen Bogen- hende Koppelung mit den Bestandsbögen ent-
struktur begonnen werden. Zur Herstellung der fernt werden konnte.
Kämpferfundamente waren umfangreiche Fels-
ausbruch- und Felssicherungsmaßnahmen er- Nach Fertigstellung der Baumaßnahme über-
forderlich. Mit Ausnahme der Kämpferbereiche spannen nunmehr zwei Tragwerke in unver-
dienten die Bestandsbögen als Lehrgerüste für wechselbarer Form und harmonischer Symbio-
die neue Bogenschalung. Parallel zur Bogenher- se das Ammertal: die neue, moderne Brücke, die
stellung entstanden auch die Fundamente und den Verkehr sicher und dauerhaft über das Tal
Pfeiler in den Vorlandbereichen. führt und in ihrem Schutz die verbliebenen alten
Bögen - beides Zeitzeugen ingenieurtechnischer
Meisterleistungen.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Generalplaner Max Streicher GmbH & Co
vertreten durch das Bundes- Behelfsbrücke: KG, Deggendorf
ministerium für Digitales und
Verkehr Prüfingenieur:
Neubau: Dr.-Ing. Markus Hennecke,
Vorhaben Freistaat Bayern, München
träger: Staatliches Bauamt Weilheim Behelfsbrücke: Prof. Dr.-Ing. Karl G. Schütz,
Kempten
Entwurfs Freistaat Bayern,
aufsteller: Staatliches Bauamt Weilheim Baugrund Crystal Geotechnik GmbH,
gutacher: Beratende Ingenieure und
Entwurfs Dr. Schütz Ingenieure – Geologen,
bearbeiter: Beratende Ingenieure im Utting am Ammersee
Bauwesen PartG mbB, Schubert + Bauer GmbH,
Kempten Ingenieurbüro für Geotech-
Kolb Ripke Gesellschaft von nik, Olching
Architekten mbH, Berlin
Narr, Rist, Türk Bürogemein- Bauoberleitung: Freistaat Bayern,
schaft Landschaftsarchitek- Staatliches Bauamt Weilheim
ten, Stadtplaner, Ingenieure,
Marzling Örtliche Freistaat Bayern,
Bauüberwachung: Staatliches Bauamt Weilheim
Gestalterische Dr. Schütz Ingenieure –
Beratung: Beratende Ingenieure im Bauausführung: STRABAG AG, Thalgau (A)
Bauwesen PartG mbB, Neubau: SEH Engineering GmbH,
Kempten Behelfsbrücke: Hannover/Dortmund
Kolb Ripke Gesellschaft von Hermann Assner GmbH & Co.
Architekten mbH, Berlin KG, Landsberg am Lech
5 Technische Angaben
Gesamtlänge: 183,60 m Brückenklasse: LM1 nach DIN EN 1991-2
Bogen Baustoffmengen
stützweite: 140,50 m Unterbauten
Beton: 3.730 m3
Breite zwischen Betonstahl: 685 t
den Geländern: 16,50 m
Überbauten
Brückenfläche: 3.029,40 m2 Beton: 2.950 m3
Betonstahl: 610 t
6 Literatur
[1] Prause, C. (2018) Erneuerung der Melan-Span- [3] Mandel, L.; Prause, C. (2021) Neubau der
genberg-Bogenbrücke. VSVIsion 2018 – Jah- Echelsbacher Brücke im Zuge der B 23 – Sym-
reszeitschrift der Vereinigung der Straßenbau- biose zwischen Alt und Neu über der Ammer-
und Verkehrsingenieure in Bayern e.V., S. 9–17. schlucht. Brückenbausymposium Leipzig,
11.02.2021.
[2] Seidel, M.; Stihl, T.; Prause, C.; Rieger, W. (2019)
Bau der längsten SS80-Brücke Deutschlands - [4] Pahl, G.; Wilfer, S. (2022) Echelsbacher Brücke
Die Echelsbacher Behelfsbrücke. Jahrbuch der – Ersatzneubau unter Einbeziehung des denk-
Ingenieurbaukunst 2019. malgeschützten Bestandsbogens. Beton- und
Stahlbetonbau 117 (2022).
https://doi.org/10.1002/best.202200057
7 Technische Zeichnungen
8 Abbildungen
Bild 4: Untersicht der östlichen Bauwerkshälfte mit Bestandsbogen und Neubau Foto: René Legrand
Bild 7: Draufsicht auf die Brücke mit besonderer Geländergestaltung Foto: René Legrand
5. Neubau Mittel-
landkanal-Brücke
Bergfriede (B 188n)
von 9,75 m entspricht dem dreifachen Querträ- musste. Parallel zur Errichtung der Unterbau-
gerabstand. ten begann die Montage des Überbaus auf dem
Vormontageplatz am Nord-Ost-Ufer. Nach Fer-
Der Überbau ist zwängungsfrei auf vier Kalotten- tigstellung des Stabbogens wurde der ca. 1.280 t
lagern gelagert. An den Bauwerksenden befinden schwere Überbau mit einem selbstfahrenden
sich lärmgeminderte Fahrbahnübergangskon Rollwagen zum Mittellandkanal transportiert
struktionen, wobei der Dehnweg an dem in und dort auf Pontons abgesetzt. Für den Trans-
Längsrichtung verschieblichen Überbauende auf port, das Aufladen und das Ablegen war das Trag-
der Ostseite 195 mm beträgt. werk mit temporären Aussteifungskonstruk
tionen stabilisiert. Mithilfe der Pontons erfolgte
Für den Überbau wurden Baustahl der Güte das Einschwimmen der Bogenkonstruktion. An
S 355 und Stahlbeton der Festigkeitsklasse der Zielposition angekommen, wurde der Über-
C 35/45 eingesetzt. bau auf provisorischen Lagern abgesetzt. Nach
Beendigung des Einschwimmvorgangs konnten
Die Absturzsicherung auf dem Bauwerk gewähr- alle bauzeitlichen Montageaussteifungen und
leisten Füllstabgeländer und Fahrzeugrückhal- Stabilisierungsverbände zurückgebaut sowie das
tesysteme mit der Aufhaltestufe H2 und dem Deckwerk des Mittellandkanals in seinen ur-
Wirkbereich W4. Das Geländer auf der südli- sprünglichen Zustand zurückversetzt werden.
chen Kappe dient gleichzeitig als Blendschutz Den Nachweis der Wiederherstellung des ur-
zur parallel verlaufenden Bahnstrecke. Durch sprünglichen Kanalzustandes dokumentierten
die Verringerung der Füllstababstände und eine im Unterwasserbereich Ingenieurtaucher.
Geländerhöhe von 1,25 m wird der Blendschutz Die neue Ortbetonfahrbahnplatte wurde ausge-
gewährleistet. hend von der Feldmitte gleichmäßig in Richtung
der Widerlager betoniert. Hierfür standen Beton-
Alle zugänglichen Sichtflächen der Brücke sind pumpen auf beiden Kanalseiten zur Verfügung.
mit einem permanenten Graffitischutz versehen. Abschließend wurde der neue Überbau mit Ab-
dichtung, Fahrbahnbelag, Kappen, Übergangs-
konstruktionen und Schutzeinrichtungen kom-
3 Bauausführung plettiert.
Die Bauarbeiten zur Herstellung der neuen Stab- Nach Fertigstellung des Tragwerkes wurden
bogenbrücke begannen am 09.02.2019. Schwingungsuntersuchungen durchgeführt, um
Verkehrsbeeinträchtigungen gab es während der die Notwendigkeit von schwingungsdämpfenden
Bauzeit nur für den Schiffsverkehr auf dem Mit- Maßnahmen zu evaluieren. Zur Verringerung der
tellandkanal. Während des Verschubvorganges ermüdungswirksamen Beanspruchungen der
mussten der Kanal und der angrenzende Ufer- Hängeranschlüsse aus Regen-Wind-induzierten
radweg temporär voll gesperrt werden. Während Schwingungen wird nachträglich eine Seilver-
des Ausbaus der Kappenschalung konnte der Ka- spannung in den Bogenebenen hergestellt.
nal nur einstreifig befahren werden.
Die neue Brücke konnte nach 29 Monaten Bau-
Die Bauarbeiten begannen mit der Herstellung zeit am 02.07.2021 feierlich für den Verkehr über-
der Verbauten, die aufgrund des angrenzenden geben werden.
Bahndammes erschütterungsarm erfolgen
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Baugrund Gesellschaft für Grundbau
vertreten durch das Bundes- gutacher: und Umwelttechnik mbH,
ministerium für Digitales und Magdeburg
Verkehr
Bauoberleitung: Ingenieurgemeinschaft
Vorhaben Sachsen Anhalt, INROS LACKNER SE,
träger: Landesstraßenbaubehörde Hannover
Sachsen-Anhalt IGS Ingenieure GmbH & Co.
KG, Magdeburg
Entwurfs Sachsen Anhalt,
aufsteller: Landesstraßenbaubehörde Örtliche SBV GmbH, Stendal
Sachsen-Anhalt Bauüberwachung:
5 Technische Angaben
Gesamt Baustoffmengen
stützweite: 117,00 m Unterbauten
Beton: 1.100 m3
Breite zwischen Betonstahl: 230 t
den Geländern: 11,60 m
Überbauten
Brückenfläche: 1.357,20 m2 Beton: 600 m3
Betonstahl: 130 t
Brückenklasse: LM1 nach DIN EN 1991-2 Baustahl 1.125 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 4: Blick vom Wirtschaftsweg auf die Brücke Foto: René Legrand
Bild 7: Auflagerung des Überbaus auf dem Widerlager Achse 10 Foto: René Legrand
6. Neubau
Leimbachtal
brücke (B 62)
Am Brückenstandort besteht der Baugrund aus Für den Überbau kamen Beton der Festig-
quartären Lockergesteinen, denen die Zersatz- keitsklasse C 35/45 und Spannstahl der Güte
und Verwitterungsschichten des Unteren Bunt- St 1570/1770 zum Einsatz.
sandsteins unterlagert sind. Im Talgrund und
auf der Westseite erforderte die Mächtigkeit der Aufgrund der semiintegralen Bauweise wurden
Lockergesteine eine Tiefgründung, während das nur an den Widerlagern je zwei Elastomergleit-
östliche Widerlager flach auf dem ansteigenden lager eingebaut. An den Überbauenden befinden
Festgesteinshorizont gegründet werden konnte. sich Fahrbahnübergangskonstruktionen mit drei
Die Tiefgründungen bestehen aus Bohrpfählen Profilen und Dehnwegen von bis zu 195 mm.
mit 1,20 m Durchmesser. Bedingt durch die se- Bedingt durch den geringen Radius und die hohe
miintegrale Bauweise wurden unterschiedliche Entwurfsgeschwindigkeit der Brücke beträgt das
Pfahlanordnungen in den einzelnen Auflager- Quergefälle in einem großen Bauwerksbereich
achsen notwendig. Die beiden mittleren Pfeiler- 7,00 %. Bei dieser starken Querneigung lässt sich
achsen, die den Festpunkt der Brücke in Längs- Gussasphalt nur schwer einbauen. Daher wur-
richtung bilden, ruhen auf Pfahlböcken mit zwei de der Belagsaufbau auf der Brücke modifiziert.
mal drei Pfählen. Die Pfeiler der Achsen 20 und Über der zweilagigen Bitumenabdichtung befin-
50 sind biegeweicher ausgeführt und gründen den sich eine 3,50 cm dicke Schutzschicht aus As-
auf jeweils einer Pfahlreihe mit vier Pfählen. phaltbeton und eine 4,00 cm dicke Deckschicht
An beiden Bauwerksenden stehen begehbare aus Splittmastixasphalt. Der Randstreifen ist hin-
Kastenwiderlager mit angehängten Parallelflü- gegen in Gussasphalt ausgeführt, da die Verdich-
geln orthogonal zur Bauwerksachse. tung des Asphaltbetons im Bereich des Gefälle-
knickes am Tiefpunkt nicht möglich ist.
Schlanke, an den Schmalseiten ausgerundete
Pfeilerscheiben bilden die Zwischenauflager der
semiintegralen Brücke. Die Pfeiler sind 3,30 m 3 Bauausführung
breit, 1,20 m dick und monolithisch mit dem
Überbau verbunden. Die Bauarbeiten an der Leimbachtalbrücke be-
gannen am 13.01.2015 als Vorabmaßnahme des
Sämtliche Unterbauten bestehen aus Stahlbeton 4. BA der Ortsumgehung Bad Salzungen, um für
der Festigkeitsklasse C 30/37. die Herstellung der anderen Ingenieurbauwerke
und für den Streckenbau die Trasse und die Tal-
querung des Leimbachs ohne Belastung für die
Ortslagen nutzen zu können.
Vor Beginn der Brückenbauarbeiten wurde eine für die Pfeiler und Widerlager. Die Widerlager
Baustraße vom Ende des 3. BA zum Talgrund des wurden in Sichtbetonqualität mit Systemscha-
Leimbachs angelegt, die teilweise auf der späte- lung errichtet, die Pfeiler mit einer Kletterscha-
ren Trasse, vor allem aber in sensiblen Naturbe- lung.
reichen steil ins Tal führte. Dadurch gelang es,
den Baustellenverkehr vollständig aus der Orts- Die Herstellung der Brücke erfolgte auf einem
lage Leimbach herauszuhalten. Sämtliche ge- bodengestützten Lehrgerüst, feldweise vom öst-
wonnenen Böden aus den massiven Einschnitts- lichen Widerlager beginnend. Für das Lehrgerüst
bereichen wurden innerhalb des Baufeldes mussten Hilfsunterstützungen mit Pfahlgrün-
zwischengelagert, um sie für den späteren Stre- dungen hergestellt werden. Der Überbau wurde
ckenausbau nutzen zu können. mit einer Nagelbinderschalung in zwei Abschnit-
ten erstellt und betoniert. Zur Festlegung und
Besondere Sorgfalt bedingte eine die Baumaß- Kontrolle der Betontemperaturen, der Frühfes-
nahme kreuzende 110 KV Stromleitung, die we- tigkeit, der Freigabe zum Vorspannen und zur
gen des erforderlichen Sicherheitsabstandes die Qualitätssicherung wurde ein 28-tägiges Monito-
Bohrpfahlherstellung am Widerlager Achse 10 ring mit Sensoren zur Temperaturüberwachung
und die Nutzung von Hochbaukränen stark ein- im Frischbeton durchgeführt. Mit Herstellung
schränkte. der Abdichtung, des Fahrbahnbelages, der Kap-
pen und der Geländer wurden die Baumaßnah-
Da semiintegrale Brücken sehr setzungsemp- men an der Talbrücke termingerecht abgeschlos-
findlich sind, wurden zur Sicherstellung der Bau- sen.
grundannahmen in den Achsen 30 und 40 je eine
dynamische Probebelastung an externen Pfählen Im Dezember 2016 war das neue Brückenbau-
durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigten die An- werk fertiggestellt. Erst danach erfolgten die Aus-
nahmen des Bodengutachtens und die Ortbeton- schreibung, die Vergabe und der Bau der rest-
bohrpfahlgründung konnte planmäßig durchge- lichen Ingenieurbauwerke und der Strecke im
führt werden. 4. BA. Die Verkehrsfreigabe des gesamten vierten
Bauabschnittes erfolgte nach Fertigstellung des
Nach der Herstellung der Gründung erfolgte die Streckenbaus am 14.05.2020.
Betonage der Pfahlkopfplatten und Fundamente
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Prof. Dr.-Ing. Ekkehard
vertreten durch das Bundes- Fehling, Kassel
ministerium für Digitales und
Verkehr Baugrund INTERGEO Ingenieur-
gutacher: gesellschaft mbH, Suhl
Vorhaben Freistaat Thüringen,
träger: Straßenbauamt Bauoberleitung: EHS Beratende Ingenieure für
Südwestthüringen Bauwesen GmbH, Erfurt
5 Technische Angaben
Stützweiten: 36,00 m + 3 x 43,00 m + Baustoffmengen
36,00 m Bohrpfahl
gründungen
Gesamt Beton: 300 m3
stützweite: 201,00 m Betonstahl: 30 t
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 3: Blick von Westen auf den Überbau Foto: René Legrand
Bild 6: Pfeilerkopf mit integraler Lagerung des Überbaus Foto: René Legrand
7. Ertüchtigung
Spannbeton
hohlkastenbrücke
Wadgassen (A 620)
sionslängsbewehrung, die typisch für Spannbe- in den Bereichen einer verbleibenden Unterde-
tonbrücken dieser Generation sind. Sie ergeben ckung der Torsionslängsbewehrung vorgesehen
sich insbesondere aufgrund der im Laufe der werden. Während das Aufkleben der Lamellen an
Zeit mehrfach weiterentwickelten Konzepte der den Untergurten und an den Stegen der Hohl-
Schubbemessung und durch die höheren Ver- kästen nur geringe verkehrliche Beeinträchti-
kehrslastansätze. gungen auf der Autobahn verursacht, wäre für
eine Verklebung auf der Fahrbahnplatte jeweils
1.5 Variantenuntersuchung die Sperrung eines Teilbauwerkes und ein Ver-
schwenken des Verkehrs notwendig.
Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zur Bau-
werksertüchtigung wurden mögliche Verstär- Variante 4: Externe Vorspannung
kungsmaßnahmen untersucht, um das Ziellast- Eine externe Vorspannung wirkt sich positiv auf
niveau LM 1 zu erreichen: die Querkrafttragfähigkeit aus. Allerdings ist der
Aufwand für die Herstellung der Verankerungen
Variante 1: Querschnittsergänzung relativ groß und die Maßnahme hätte bauzeitlich
Diese Variante sah eine Querschnittsergänzung verkehrliche Einschränkungen bedingt.
mit einer zusätzlichen umhüllenden, bewehrten
Betonschicht mit einer Dicke von mindestens In der Variantenbewertung wurde die Änderung
10 bis 12 cm über die gesamte Bauwerkslänge des Lagerungskonzeptes für die Ausführung fa-
vor. Die Auswirkungen infolge der Erhöhung des vorisiert. Da diese Maßnahme keinen Einfluss
Eigengewichts und eine erforderliche Anpassung auf die Defizite im Schubnachweis hat, erfolgte
der Gradiente der A 620 wären hierbei zu beach- ergänzend eine lokale Schubverstärkung durch
ten gewesen. Einstabanker.
gen, musste die Anschlussbewehrung beim Ab- nen der Ableitung des auf den Überbauten anfal-
bruch der Bestandskappe erhalten und durch lenden Wassers.
Verbundanker im Abstand von ca. 0,30 m ergänzt
werden. Die Verankerung der Mittelkappen des Die Erneuerung diverser Ausrüstungselemente
TBW 2 erfolgte mithilfe von Gewindestäben im und der Böschungstreppen und Pflasterungen
Abstand von ca. 0,40 m, die durch den Kragarm vervollständigten die Instandsetzungsmaßnah-
geführt und an der Unterseite mit Kopfplatten men.
verankert wurden. Neue Absturzeinrichtungen
(Holmgeländer und Rückhaltesysteme) gewähr-
leisten künftig die Verkehrssicherheit auf dem 3 Bauausführung
Bauwerk. Die neue Lärmschutzwand auf der süd-
lichen Außenkappe erhielt eine Ausfachung mit Die Baumaßnahme war mit den Instandset-
Wandelementen aus Aluminium. zungsarbeiten an einem weiteren Brückenbau-
werk und der Erneuerung einer Lärmschutzwand
Die Betonoberflächen der Hohlkästen wurden im Zuge der A 620 zu koordinieren. Während der
analog zu den Unterbauten nach ZTV-ING in- gesamten Bauzeit musste für den Verkehr auf der
standgesetzt und mit einem Oberflächenschutz- Autobahn mindestens ein Fahrstreifen pro Rich-
system OS C beschichtet. tungsfahrbahn zur Verfügung stehen. Diese An-
forderung konnte in mehreren Bauabschnitten
Während die Fahrbahnabschlussprofile am östli jeweils mit einer 2+0- bzw. 1+1-Verkehrsführung
chen Widerlager nur einen neuen Korrosions erfüllt werden.
schutz erhielten, wurden am westlichen Wider
lager neue wasserdichte Fahrbahnübergangs- Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 2019. In
konstruktionen eingebaut. Neue Kalottenlager der Bauphase 1 erfolgten zunächst alle Instand-
ersetzen die alten Neotopflager auf den Pfeilern. setzungsarbeiten auf dem TBW 1. Nach deren
Die Lager auf den Widerlagern wurden instand- Abschluss im Dezember 2019 und einer Winter-
gesetzt. pause begannen im März 2020 die Arbeiten der
Bauphasen 2 und 3 am zweiten TBW. Nach er-
Weiterhin erfolgten die Erneuerung des Fahr- folgreichem Abschluss der Instandsetzung und
bahnbelages und der Bauwerksentwässerung. Verstärkung konnte das gesamte Bauwerk am
Neue Brückenabläufe, Tropftüllen und Längsent- 30.11.2020 für den Verkehr freigegeben werden.
wässerungsleitungen unter den Kragarmen die-
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Aufsteller der KREBS+KIEFER Ingenieure
vertreten durch das Bundes- Ausführungs GmbH, Karlsruhe
ministerium für Digitales und unterlagen: (Verstärkung)
Verkehr Rogmann Ingenieure GmbH,
Homburg (Instandsetzung)
Vorhaben Saarland,
träger: Landesbetrieb für Straßenbau Prüfingenieur: Dipl.-Ing. Manfred Ruth,
und Saarbrücken
Die Autobahn GmbH des
Bundes, Bauoberleitung: Saarland,
Niederlassung West Landesbetrieb für Straßenbau
und
Entwurfs Saarland, Die Autobahn GmbH des
aufsteller: Landesbetrieb für Straßenbau Bundes,
und Niederlassung West
Die Autobahn GmbH des
Bundes, Örtliche Saarland,
Niederlassung West Bauüberwachung: Landesbetrieb für Straßenbau
und
Entwurfs KREBS+KIEFER Ingenieure Die Autobahn GmbH des
bearbeiter: GmbH, Karlsruhe Bundes,
(Verstärkung) Niederlassung West
Rogmann Ingenieure GmbH,
Homburg (Instandsetzung) Bauausführung: aventas.bau GmbH & Co. KG,
Illingen
5 Technische Angaben
Stützweiten: Baustoffmengen Verstärkung:
TBW1: 18,01 m + 20,51 m + Unterbauten
35,12 m + 35,10 m + 23,80 m Beton: 750 m3
TBW2: 17,98 m + 35,07 m + Betonstahl: 65 t
35,08 m + 20,49 m + 23,80 m Mikropfähle: 1.564,00 m
Gesamt Überbauten
stützweite: 132,54 m / 132,42 m Beton: 206 m3
Betonstahl: 28 t
Breite zwischen Spannstahl: 28 Stck.
den Geländern: 19,27 m Einstabanker
Baustahl: 2t
Brückenfläche: 2.553 m2
6 Literatur
Retzepis, I.; Becker, B. (2020) Instandsetzung und
Ertüchtigung der Autobahnbrücke in Wadgassen
– Bauwerk 228. Beton- und Stahlbetonbau
Spezial (2020) 100 Jahre MPA Karlsruhe
7 Technische Zeichnungen
8 Abbildungen
Bild 1: Verbreiterung der Fundamente für die neuen Pfeilerscheiben Foto: Landesbetrieb für Straßenbau des Saarlandes
Bild 2: Einbau der Schubverstärkung mit Einstabankern Foto: Landesbetrieb für Straßenbau des Saarlandes
Bild 3: Bewehrung Wandscheibe mit Konsole im Bereich der Bahnstrecke Foto: Landesbetrieb für Straßenbau des Saarlandes
Bild 4: Blick auf die Brücke von Westen Foto: René Legrand
Bild 5: Neue Lärmschutzwand auf der südlichen Kappe Foto: René Legrand
Bild 6: Bauwerksuntersicht mit instandgesetzten Betonoberflächen an Überbau und Unterbau Foto: René Legrand
Bild 8: Neue Pfeilerscheibe mit Konsole im Bereich der Bahn Foto: René Legrand
Bild 9: Verbreiterte Pfeiler zur Umsetzung des neuen Lagerkonzeptes Foto: René Legrand
8. Neubau
Tunnel Diez
(B 417)
Im Bereich der Portale befinden sich Hydranten gung stand, erfolgten die Baugrubenherstellung
zur Löschwasserversorgung. sowie der Vortrieb des Tunnels von West nach Ost.
Da die Tunnellänge weniger als 400,00 m beträgt, Angesichts des sehr kurzen bergmännischen Ab-
waren keine Pannenbuchten, Rettungsstollen schnittes kamen vollmechanische Herstellungs-
und Notruf-Nischen notwendig. Ebenso konn- verfahren nicht in Betracht. Als wirtschaftlichste
te trotz der S-förmigen Linienführung auf eine Lösung wurde der Tunnel im Bohr- und Spreng-
Zwangslüftung und Zu- und Abluftschächte so- verfahren nach den Prinzipien der „Neuen Öster-
wie eine Brandmeldeanlage verzichtet werden. reichischen Tunnelbauweise“ abschnittsweise
Aufgrund der innerstädtischen Lage und der gu- ausgebrochen.
ten Zugänglichkeit waren zudem keine Betriebs-
wege erforderlich. Der Anschlag des bergmännischen Tunnelab-
schnittes erfolgte aus der Baugrube der offenen
Das Betriebsgebäude befindet sich oberhalb des Bauweise im Schutz eines Schirmes aus Injekti-
Tunnels im Übergangsbereich der offenen zur onsspießen. Die 80° geneigte Anschlagwand war
geschlossenen Bauweise und ist über einen Steig- mit einer vernagelten Spritzbetonsicherung ver-
schacht mit dem Tunnel verbunden. Für das Be- sehen.
triebsgebäude wurde eine Brandmeldeanlage
vorgesehen. Aus baupraktischen Gründen waren die Aus-
bruchsquerschnitte in Kalotte, Strosse und Sohle
unterteilt. Der Ausbruchsquerschnitt mit einer
3 Bauausführung Breite von 12,00 m und einer Höhe von 8,70 m
betrug ca. 89,00 m².
Im Vorfeld der Bauausführung war eine intensive
Beweissicherung an über 70 Gebäuden im inner- Nach dem Ausbruch wurde der Hohlraum zu-
städtischen Bereich durchgeführt worden. Zu- nächst mit bewehrtem Spritzbeton der Güte
dem mussten fünf Wohngebäude abgerissen und C 25/30, Stahlbögen und Ankern gesichert. Auf-
ein Abwasserkanal DN 600 umverlegt werden. gabe des Sicherungsverbaus war es, Gebirgsauf-
lockerungen und Bewegungen zu reduzieren,
Am 12.09.2017 gab Verkehrsminister Dr. Volker möglichst schnell einen kraftschlüssigen Ver-
Wissing im Rahmen eines symbolischen Spaten- bund mit dem Gebirge herzustellen, den Hohl-
stichs den Startschuss für die Bauarbeiten an der raum zu stabilisieren und damit die Belastung
Ortsumgehung. Begonnen wurde mit der Er- der endgültigen Tragkonstruktion zu minimie-
richtung eines notwendigen Brückenbauwerks ren. Solange die Spritzbetonsicherung noch kei-
im Zuge der B 417 zur späteren Einrichtung des ne ausreichende Standsicherheit aufwies, wurde
Kreisverkehrsplatzes am Westportal. Die Arbeiten die Ortsbrust mit Gitterbögen stabilisiert. Anker
am eigentlichen Tunnelbauwerk begannen am unterschiedlicher Bauart dienten dazu, das Ge-
15.11.2018. birge auf größere Tiefe zum Mittragen heranzu-
ziehen, nachbruchgefährdete Bereiche zu halten
Da am Westportal deutlich mehr Platz für die und Gitterbögen und Spritzbeton kraftschlüssig
Baustelleneinrichtung und die Zwischendeponie mit dem Gebirge zu verbinden. In nachbrechen-
des Aushub- und Ausbruchsmaterials zur Verfü- den Gesteinshorizonten wurden zur Vermeidung
Nach der Stabilisierung erfolgten der Einbau der Die östlichen Hilfsbrücken waren flach in stand-
Trennfolie und die Herstellung der Ortbeton-In- festem Fels gegründet. Da die Tunnelachse die
nenschale mittels Gewölbeschalwagen. Bahntrasse hier in einem stark schleifenden
Schnitt kreuzt, ergaben sich größere zu überbrü-
Die Baugrube für die Herstellung des Abschnitts ckende Längen, für die die Hilfsbrücken nicht
in offener Bauweise war als rückverankerter Trä- ausgelegt sind. Daher wurden in einem ersten
gerbohlverbau und als vernagelte Spritzbeton- Bauabschnitt die östlichen Hilfsbrücken vom Typ
sicherung ausgeführt. Aufgrund der größeren ZH31 auf einem verbleibenden Teil des Gebirgs-
Mächtigkeiten gering tragfähiger Baugrund- stocks aufgelagert. In einer späteren Baupha-
schichten wurde im westlichen Tunnelbereich se wurden auf den bereits fertiggestellten Tun-
eine rückverankerte Bohrpfahlwand notwendig. nelblöcken Brückenwiderlager erstellt und die
Bauzeitlich gab es lediglich geringe Wasserzutrit- Hilfsbrücken nach Osten versetzt. Zur Verstär-
te im Baufeld, die mit Längsdränagen abgeführt kung der Blöcke für die Lasten aus dem Bahn-
werden konnten. verkehr mussten Hilfsstützen eingebaut werden.
Nach Fertigstellung des Tunnels wurden alle
Die Tunneltrasse kreuzt an zwei Stellen die be- Hilfsbrücken wieder ausgebaut und die Bahn-
stehende Bahnstrecke Gießen–Koblenz. Für die strecke vollständig wiederhergestellt.
Durchführung der Bauarbeiten standen nur kur-
ze, mit der Deutschen Bahn AG bereits zwei Jah- Die gesamte Tunnelbaumaßnahme wurde durch
re im Voraus auf den Tag genau abgestimmte ein umfangreiches geotechnisches Messpro-
Sperrpausen zur Verfügung. Zur Aufrechterhal- gramm überwacht. In dem, aufgrund der inner-
tung des Bahnverkehrs war in den Kreuzungsbe- örtlichen Lage und der direkt angrenzenden
reichen der Einbau von Hilfsbrücken erforder- Bahnstrecke verformungstechnisch hochsensi-
lich. Innerhalb von 12 Wochenendsperrpausen blen Baufeld, mussten in einem engen Raster
wurden die Brücken im Dreischichtbetrieb suk- Lage- und Verformungsmessungen durchgeführt
zessive errichtet. In jedem Zwischenbauzustand werden.
mussten jeweils Gleise und Schotterbett aus- und
zu Beginn des Bahnbetriebes am Montag wieder Nach Fertigstellung aller Baumaßnahmen am
eingebaut werden. 12.03.2022 konnte der neue Tunnel für den Ver-
kehr freigegeben werden.
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Prof. Dr.-Ing. Dietmar
vertreten durch das Bundes- Mähner, Dülmen (Tunnel -
ministerium für Digitales und bergmännische Bauweise)
Verkehr Prof. Bertram Kühn, Bad
Kreuznach (Tunnel - offene
Vorhaben Rheinland-Pfalz, Bauweise Bahnbelange)
träger: Landesbetrieb Mobilität Dipl.-Ing. Martin Hofmann,
Rheinland-Pfalz Mainz (Tunnel - offene Bau-
weise, Stützwand, Betriebs-
Entwurfs Rheinland-Pfalz, gebäude)
aufsteller: Landesbetrieb Mobilität
Rheinland-Pfalz Baugrund müller+hereth Ingenieurbüro
gutachter: für Tunnel- und Felsbau
Entwurfs müller+hereth Ingenieurbüro GmbH, Freilassing
bearbeiter: für Tunnel- und Felsbau
GmbH, Karlsruhe (Tunnel) Bauoberleitung: ARGE Tunnel Diez, München
Stredich Beratende Ingenieu-
re PartG mbB, Bochum Örtliche Rheinland-Pfalz,
(Betriebstechnik) Bauüberwachung: Landesbetrieb Mobilität
Büro für Architektur + Gestal- Rheinland-Pfalz
tung Sonja Meffert, Altendiez
(Betriebsgebäude) Bauausführung: ARGE Tunnel Diez
R&P Ruffert Ingenieurgesell- ALFRED KUNZ Untertage-
schaft mbH, Limburg bau/
(Brückenbauwerke) Bauer Spezialtiefbau
c/o ALFRED KUNZ
Aufsteller der Planungsgemeinschaft Untertagebau,
Ausführungs Tunnel Diez NL d. August Reiners Bau
unterlagen: EDR GmbH/ unternehmung GmbH,
WTM Engineers GmbH/ München
rbz Ingenieur-Consult GmbH
c/o EDR GmbH, München Bauzeit: September 2017–März 2022
Baukosten:
Tunnel (Rohbau): ca. 30,5 Mio. €
Betriebstechnik: ca. 2,0 Mio. €
Brückenbau: ca. 2,5 Mio. €
Straßenbau: ca. 2,0 Mio. €
Betriebsgebäude: ca. 0,5 Mio. €
Havariebecken: ca. 0,5 Mio. €
5 Technische Angaben
Gesamtlänge: 334,50 m Baustoffmengen:
davon Ausbruchmassen: 60.000 m3
offene Bauweise: 201,00 m Rückverfüllung: 26.000 m3
bergmännische Sprengstoff: 10 t
Bauweise: 133,00 m Bohrpfahlwand: 1.200 m2
Lichtraumprofil: 9,50 m x 4,50 m Trägerbohlverbau: 1.000 m2
Ausbruch Spritzbeton: 10.620 m3
querschnitt: 89,00 m2 Stahlbeton: 8.160 m3
Betonstahl: 1.800 t
Sonstige 2 Brückenbauwerke PP-Fasern 8t
Bauwerke: Stützwand
Betriebsgebäude
Havariebecken
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Baustelle am Westportal mit Hilfsbrücken für die DB AG Foto: Persy-Projekt GmbH
Bild 5: Querschnittsänderung am Übergang von der offenen zur bergmännischen Bauweise Foto: René Legrand
9. Neubau Tunnel
Waggershausen
(B 31)
der Waggershauser Straße nördlich des Werkge- Geschiebemergel an, in den der Tunnel durchge-
ländes der ZF Friedrichshafen AG. hend einbindet. Da der Tunnel oberhalb des frei-
en Grundwasserspiegels liegt, konnte das Bau-
Die Ausbildung des Tunnelquerschnitts erfolgte werk ohne geschlossene Sohle gegründet werden.
als dreistieliger, flach gegründeter Stahlbeton- Zur Vermeidung von Sickerwasseraufstau bei
Rahmen ohne geschlossene Tunnelsohle. Niederschlägen sowie zum Verzicht auf den An-
Die Gestaltung der Tunnelportale wurde harmo- satz des vollen Wasserdrucks wurde eine Draina-
nisch an die Linienführung der anschließenden ge an den Tunnelaußenwänden angeordnet.
Lärmschutzwände der freien Strecke angepasst.
Die Portaldecken sind bogenförmig ausgeführt. 2.2 Konstruktion
Am Westportal verläuft eine auf der Krone eines
Walls errichtete, in einem Bogen über das Por- Das Tunnelbauwerk wurde in 10,00 m langen
tal geführte Lärmschutzwand südlich der B 31. Blockabschnitten als konventionell geschalte
Eine weitere Lärmschutzwand schließt am süd- Rahmenkonstruktion mit gevouteten Rahmen-
lich vor dem Ostportal gelegenen Betriebsge- ecken in schlaff bewehrter Bauweise hergestellt.
bäude an, führt ebenfalls in einem Bogen über Die Bauteilstärke der Rahmenwände und -de-
das Portal und wird nördlich der B 31 auf einem cken beträgt 0,80 m. Im Portalbereich wurden
Lärmschutzwall weitergeführt. In Verlängerung hoch absorbierende Lärmschutzelemente aus
der nördlichen Tunnelwand am Ostportal sichert Aluminium in Aussparungen in die Tunnelwän-
eine weitere Stützwand den Geländesprung der de eingelassen. Da die Lärmschutzverkleidung
Einschnittsböschung zur B 31. mit der unverkleideten Wandoberfläche oberflä-
chenbündig abschließt, musste die Wanddicke
Die hellbeige Farbgestaltung der Tunnelporta- der Tunnelmittelwand von 0,80 m auf 0,56 m re-
le und Lärmschutzwände verleiht dem Tunnel duziert werden.
Waggershausen ein markantes Erscheinungsbild.
Im Tunnelinneren sind die Wände einschließ- Die Einstreuung von Polypropylenfasern (PP-
lich der Lärmschutzelemente bis 3,00 m über der Fasern) in den Beton diente der Verbesserung des
Fahrbahnoberkante zur Aufhellung mit einer Be- baulichen Brandschutzes.
schichtung im Farbton Reinweiß versehen.
Die landschaftliche Einbindung des über die ge- Der Tunnel ist als wasserundurchlässige Beton-
samte Bauwerkslänge eingegrünten Tunnels konstruktion (WUB-KO) der Dichtigkeitsklasse 2
erfolgte unter Erhaltung des natürlichen Ge- (weitgehend trocken) ausgebildet. Zusätzlich er-
ländehorizonts. Daraus ergaben sich Überschüt- hielt die Tunneldecke eine Abdichtung mit einer
tungshöhen von 1,00 m bis 3,00 m. Bitumenschweißbahn, die durch eine 0,10 m di-
cke, bewehrte Betonschicht geschützt wird.
Die Ausbildung der 20 mm dicken Raumfugen
2 Bauwerksentwurf zwischen den Tunnelblöcken erfolgte mit form
stabilen, feuchtigkeitsunempfindlichen Fugen
2.1 Geologie einlagen (kunstharzgebundene Mineral
faserplatten) und innenliegenden Fugenab-
Die Baugrundverhältnisse im Tunnelbereich sind schlussbändern. In den Tunnelaußenwänden
von mehr als 5,00 m mächtigen Deckschichten und in der Tunneldecke sind innenliegende Elas-
geprägt. Unter diesen Böden steht gut tragfähiger
Südlich des Westportals verläuft ein 4,00 m hoher 2.3 Technische Ausstattung
Lärmschutzwall mit aufgesetzter 4,00 m hoher
Lärmschutzwand. Der Lärmschutzwall wurde am Die Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen für
Portal bis zur Oberkante der Erdüberschüttung den Tunnel sind nach den Grundsätzen des Ent-
der Tunneldecke erhöht. wurfs der RABT 2015 geplant und entsprechen
somit den wesentlichen Anforderungen der
Nördlich des Ostportals schließt eine 197,50 m EABT-80/100 (2019).
lange Stützwand mit einer Neigung der straßen-
seitigen Ansichtsfläche zur Vertikalen von 1:10 Die Beleuchtungsanlage wurde für eine Ge-
an. schwindigkeit von 80 km/h ausgelegt. Sie be-
steht aus dimmbaren LED-Leuchten als Durch-
Das in Stahlbetonbauweise ausgeführte und flach fahrts- sowie Adaptationsbeleuchtung und aus
gegründete Betriebsgebäude südlich des Ost- der Vorfeldbeleuchtung (LED-Mastansatzleuch-
portals erfüllt gleichzeitig auch die Funktion ei- ten). Die Durchfahrtsbeleuchtung erfüllt auch die
ner Stützwand. Die Lärmschutzwand und der Funktion der Sicherheits-/Notbeleuchtung. Eine
Lärmschutzwall im Portalbereich Ost weisen Hö- Fluchtwegkennzeichnungs- und Orientierungs-
hen von 1,50 m bzw. 2,00 m auf. Die Mitteltrenn- beleuchtung jeweils an der mittleren Tunnel-
wand des Tunnels wurde gemäß EABT-80/100 wand in einem Abstand von 20,00 m erhöht die
(2019) als Lüftungstrennwand um mindestens Sicherheit.
30,00 m in die Tunnelvorfelder verlängert. Ihre
Oberkante läuft analog zu den seitlichen Portal- Im Brandfall verfügt der Tunnel über eine me-
wänden mit einer Neigung von 1:2,5 nach unten chanische Längslüftung mit reversierbaren
aus. Strahlventilatoren, welche in drei Gruppen in
den Deckennischen angeordnet sind. Die Über-
Die Bemessung des Leitungsnetzes zur Fahr wachung der Luftqualität im Tunnel erfolgt mit
bahnentwässerung erfolgte für eine Flüssigkeits- einer CO-Messstelle, einer Strömungsmessstelle
menge im Havariefall von 100 l/s. Oberflächen- und fünf Sichttrübungsmessstellen in jeder Röh-
wässer werden in Abschnittlängen von maximal re.
50,00 m über Schlitzrinnen mit einem angeform-
ten 3 cm hohen Bord am tiefer liegenden Fahr- Zur Erst-Brandbekämpfung sind an jeder Not-
bahnrand abgeführt. Im Abstand von ca. 50,00 m rufkabine Feuerlöscher vorhanden. Überflur-
befinden sich Siphonschächte mit Abschottun- hydranten in der Mittelwand der beiden Tun-
gen, die an die Längsentwässerungsleitung des nelröhren auf der gegenüberliegenden Seite
Tunnels angeschlossen sind. Alle anfallenden der Notrufkabinen sichern die kontinuierli-
Oberflächenwässer und Flüssigkeiten im Tunnel che Brandbekämpfung. Sie gewährleisten eine
und in den Tunnelvorfeldern werden in einem Durchflussmenge von 1.200 l/min über einen
mit Gas- und Ölsensoren ausgestatteten Havarie- Zeitraum von mindestens einer Stunde dank
becken mit einem Gesamtstauvolumen von min- eines Wasserreservoirs und einer geregelten
destens 177,00 m3 östlich des Betriebsgebäudes Druckerhöhungsanlage im Betriebsgebäude.
Im Ereignisfall bieten die Notgehwege beidseitig Bauphase mit dem Aushub der Baugrube für den
jeder Richtungsfahrbahn sowie drei Notausgänge Tunnel von beiden Seiten begonnen werden.
Fluchtmöglichkeiten in die jeweils andere Tun- Aufgrund des tief anstehenden Grundwassers
nelröhre. Vor den Tunnelportalen befinden sich sowie der nicht bebauten näheren Umgebung
Aufstellflächen für Einsatzkräfte. erfolgte der Tunnelbau in frei geböschten Bau-
gruben. Bei beengten Verhältnissen wurde ein
Eine Videoüberwachungs-, eine Tunnelfunk- rückverankerter bauzeitlicher Trägerbohlverbau
sowie eine Lautsprecheranlage dienen der Über- angeordnet. Überschüssige Aushubmassen konn-
wachung des Verkehrs sowie der Kommunika- ten für die Herstellung des Straßendamms und
tionsmöglichkeit mit den Verkehrsteilnehmern der Lärmschutzwälle wiederverwendet werden.
im Tunnel. Eine USV-Versorgungsanlage sichert In der dritten und vierten Bauphase erfolgten
die unterbrechungslose Stromversorgung für die Herstellung des Tunnels vom Ostportal aus
alle sicherheitsrelevanten Anlagen während ei- sowie der Rohbau des Betriebsgebäudes und der
nes Stromausfalls gemäß den Anforderungen der nördlich des Ostportals verlaufenden Stützwand.
EABT-80/100. Nach Abschluss des kompletten Aushubs wurde
von der Tunnelmitte aus mit einem zusätzlichen
Schalwagen mit der Herstellung der weiteren
3 Bauausführung Tunnelblöcke Richtung Westen begonnen. Der
Einbau der Abdichtung, des Schutzbetons, der
Während der Baumaßnahme wurde der Verkehr Hinterfüllung und der Überschüttung sowie die
über die Waggershauser Straße aufrechterhal- Wiedererrichtung der ankreuzenden Straßen er-
ten. Dafür war vor Baubeginn die Erstellung ei- folgten sukzessive.
ner Behelfsumfahrung über die Parkfläche der
ZF Friedrichshafen AG vor dem Ostportal erfor- Bestandteil der letzten Bauphase waren die Ent-
derlich. Die anderen kreuzenden Straßen wur- wässerungsarbeiten, der Straßenbau im Tunnel
den für den Verkehr im Baubereich gesperrt. Um und die Herstellung der Mitteltrennwände, der
die Zufahrt zu den landwirtschaftlich genutzten Stützwände sowie der Lärmschutzwände in den
Grundstücken während der gesamten Bauzeit zu Tunnelvorfeldern.
ermöglichen, war die Errichtung einer höhen-
gleichen Baustellenquerung vor dem Portal West Anschließend wurde die Betriebstechnik einge-
notwendig. baut und das Havariebecken hergestellt.
Nach Abschluss der Bauarbeiten konnten die
Grundsätzlich erfolgte der Neubau des Tunnels technischen Anlagen in Betrieb genommen und
in fünf Bauphasen. Nach Herstellung der Bau- die technischen Abnahmen, der Brandversuch
stelleneinrichtung und der Zwischenlager für und weitere Prüfungen durchgeführt werden.
den Bodenaushub, dem Rückbau und der Verle-
gung diverser Leitungen sowie der Erstellung der Am 24.08.2021 wurde der Tunnel Waggershausen
Behelfsumfahrungen für die kreuzenden Straßen feierlich für den Verkehr freigegeben.
im ersten Bauabschnitt konnte in der zweiten
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Prüfingenieur: Dr.-Ing. Frank Breinlinger,
vertreten durch das Bundes- Tuttlingen
ministerium für Digitales und
Verkehr Baugrund Smoltczyk & Partner GmbH,
gutachter: Stuttgart
Vorhaben Baden-Württemberg -
träger: vertreten durch die Deutsche Bauoberleitung: Ingenieurgemeinschaft B 31,
Einheit Fernstraßenplanungs- Baulos 8,
und -bau GmbH (DEGES), BUNG Baumanagement
Berlin GmbH/
EHS Beratende Ingenieure für
Entwurfs Baden-Württemberg - Bauwesen GmbH, Heidelberg
aufsteller: vertreten durch die Deutsche
Einheit Fernstraßenplanungs- Örtliche Ingenieurgemeinschaft B 31,
und -bau GmbH (DEGES), Bauüberwachung: Baulos 8,
Berlin BUNG Baumanagement
GmbH/
Entwurfs Ingenieurbüro GRASSL EHS Beratende Ingenieure für
bearbeiter: GmbH, München Bauwesen GmbH, Heidelberg
5 Technische Angaben
Länge: 700,00 m Baustoffmengen:
Schlitzrinnen: 1.465,00 m
Querschnitt: RQ 31t (EABT-80/100) Gussasphalt
Fahrbahnen: 10.200 m2
Lichtraumprofil: 9,50 m x 4,50 m Beton: 39.600 m3
Spritzbeton: 3.100 m3
Breite zwischen 7,50 m Betonstahl: 6.100 t
Notgehwegen:
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 3: Portal Ost mit Lüftungstrennwand und Betriebsgebäude Foto: René Legrand
Bild 6: Blick in den Tunnel mit Fluchtweg, Notausgang (links) und Notrufkabine (rechts) Foto: René Legrand
10. Neubau
Tunnel Oberau
(B 2)
1.1 Aufgabenstellung Der Tunnel Oberau weist über die gesamte Tun-
nellänge den Regelquerschnitt RQ 26t nach den
Die Bundesstraße B 2 durchquert Deutschland „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb
in Nord-Süd-Richtung von Berlin über Leipzig, von Straßentunneln (RABT, Ausgabe 2006)“ auf.
Nürnberg, Augsburg und München bis nach Mit- Im Einfahrtsbereich der Tunnelröhren ist der
tenwald und ist mit 845,00 km die längste und Tunnelquerschnitt zur Aufnahme der Beschleu-
eine der ältesten Bundesstraßen im Land. Im nigungs- und Verzögerungsstreifen der An-
oberbayerischen Loisachtal ist die B 2 eine wich- schlussstelle Oberau-Nord aufgeweitet.
tige Verkehrsader. Sie nimmt die südlich von
Eschenlohe endende Bundesautobahn A 95 von Am Nordportal beginnend verläuft die Tunnel-
München nach Garmisch-Partenkirchen (GAP) achse im Grundriss zunächst in einer Rechtskur-
sowie die im Ostbereich von Oberau anbinden- ve mit dem Radius 450,00 m und geht in eine
de Bundesstraße B 23 von Schongau auf. Als Eu- ca. 470,00 m lange Linkskurve mit dem Radius
ropastraße E 533 dient sie dem überregionalen 600,00 m über. Nach einem geraden Abschnitt
und grenzüberschreitenden Verkehr. Das durch- folgen eine Linkskurve mit dem Radius 750,00 m
schnittliche tägliche Verkehrsaufkommen betrug sowie eine weitere kurze Gerade, an die sich bis
nach der letzten amtlichen Verkehrszählung im zum Südportal ein Rechtsbogen mit dem Radius
Jahr 2005 bis zu 21.200 Kfz/24 h innerhalb der 600,00 m anschließt. Die Trassierungselemente
Ortsdurchfahrt Oberau und rund 25.500 Kfz/24 h der Tunnelachse sind jeweils durch Übergangs-
südlich der Einmündung der B 23. Während der bögen miteinander verbunden.
täglichen Hauptverkehrszeiten, an Wochenenden
und in der Ferienzeit lagen die Spitzenbelastun- Die Tunnelgradiente in der Weströhre (Rich-
gen noch deutlich höher. Das führte zu häufigen tungsfahrbahn (RFB) GAP) steigt auf einer Län-
und langen Staubildungen mit extremen Belas- ge von ca. 2,70 km mit 0,25 % bis maximal 1,07 %
tungen durch Lärm und Abgase für die Anwoh- und fällt auf dem restlichen Abschnitt bis zum
ner von Oberau. Südportal mit 0,50 %. In der Oströhre (RFB Mün-
chen) steigt die Gradiente mit 0,47 % bis zum
Zur Entlastung der Ortsdurchfahrt von Oberau, Hochpunkt und fällt danach bis zum Nordportal
zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zur mit 0,26 % bis maximal 1,04 %. Die Wechselpunk-
Schaffung einer leistungsfähigen Straßenver- te sind mit Wannen- und Kuppenhalbmessern
bindung vom Ende der A 95 nach GAP war der zwischen ca. 11.430,00 m und ca. 36.000,00 m
4-streifige Neubau der 4,20 km langen Ortsum- ausgerundet. In beiden Röhren weist die Fahr-
fahrung Oberbau notwendig. Die Umfahrung bahn ein einseitiges Quergefälle von 2,50 % bis
beginnt im Norden von Oberau. Herzstück der 4,00 % auf.
neuen Ortsumfahrung ist der unmittelbar an
die Anschlussstelle Oberau-Nord anschließen- Beide Tunnelröhren sind mit je zwei 1,00 m brei-
de, knapp 3,00 km lange zweiröhrige Tunnel. Mit ten Notgehwegen, zwei Fahrstreifen mit Breiten
dem Tunnel wird Oberau in einem Bogen im von 3,50 m sowie beidseitig angeordneten 0,25 m
Westen um- und unterfahren. Südlich der Ort- breiten Seiten- und Randstreifen ausgestattet.
schaft schließt er an das bereits ausgebaute Teil- Die Gesamtbreite der befestigten Fahrbahn be-
stück der B 2 bei Farchant an. trägt im Regelbereich 7,50 m. Im Bereich der
Pannenbuchten weitet sich das Lichtraumprofil Eine harmonische Einbindung des Tunnels in
um 2,50 m auf. Die Aufweitung im Bereich der die landschaftlich reizvolle Umgebung konnte
offenen Bauweise vor dem Nordportal zur Auf- durch eine aufeinander abgestimmte Gestaltung
nahme des Beschleunigungs- bzw. Verzögerungs- der Tunnelportale, der Betriebsgebäude und des
streifens beträgt 3,50 m. Überführungsbauwerks im Portalvorfeld Süd er-
zielt werden. So wurden die Südportale als berg-
Über der geforderten lichten Höhe von 4,50 m männische Kragenportale in heller, sich vom
ist zusätzlich ein bautechnischer Nutzraum von Gelände abzeichnender Farbgestaltung ausgebil-
maximal 1,95 m Höhe zur Unterbringung der det und plastisch ausgeformt. Zur Hangbefesti-
Strahlventilatoren sowie weiterer betriebstechni- gung im unmittelbaren Portalbereich Süd dienen
scher Einrichtungen vorhanden. Im Bereich der Hangstützwände seitlich neben den Portalen. Im
wegweisenden Beschilderung der RFB GAP wei- Portalbereich Nord sind die Tunnelröhren zu-
tet sich der Regelquerschnitt auf und die lichte sammengeführt und mit einer Portaldecke verse-
Höhe vergrößert sich um 2,10 m. hen. Zur Vermeidung eines Lüftungskurzschlus-
ses wurde eine vorgezogene Portaltrennwand
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt im errichtet. Das Betriebsgebäude am Südportal
Tunnel 80 km/h. erhielt eine passend zu den Portalbögen ge-
formte Attika, die dem Gebäude einen markan-
1.3 Bauwerksgestaltung ten Charakter verleiht. Das Dach des nördlichen
Betriebsgebäudes ist begrünt. Eine vorgestell-
Der überwiegend in bergmännischer Bauweise te Struktur aus senkrechten Stäben schirmt das
aufgefahrene Tunnel Oberau wurde als zweiröh- technische Erscheinungsbild beider Gebäude ab
riger Tunnel mit Richtungsverkehr ausgeführt. und integriert sie harmonisch in das umliegende
Am Nordportal wurde der Tunnel auf 140,00 m Gelände.
Länge in offener Bauweise errichtet. Über diesem
Bereich befindet sich der Kreisverkehr der An-
schlussstelle Oberau-Nord. Die Länge des in of- 2 Bauwerksentwurf
fener Bauweise hergestellten südlichen Tunnel-
endes beträgt lediglich 20,00 m. In Anpassung an 2.1 Geologie
die ursprünglich vorhandene Geländeform wur-
de der südliche Portalbereich nach der Herstel- Die anstehenden geologischen und hydrologi-
lung wieder angeschüttet. schen Baugrundbedingungen variieren über die
Bauwerkslänge. Der Tunnel verläuft aus Rich-
Der Tunnelquerschnitt, der die erforderlichen tung Norden auf den ersten 1,70 km unterhalb
Räume für Fahrbahn, Lüftung und Einbauten eng des Mühlbergs, unterquert anschließend das Gie-
umschreibt, setzt sich aus Korbbogensegmenten ßenbachtal und führt im südlichen Teil durch
zusammen. Mit Ausnahme der Pannenbuchten den Felsabschnitt Kirchbichl. Der Mühlberg und
ist dieser Querschnitt im gesamten Tunnel kon- Kirchbichl sind von weitgehend gering wasser-
stant. In dem in offener Bauweise hergestellten durchlässigen Festgesteinen, den Raiblerschich-
nördlichen Portalbereich wurde ein Rechteck- ten und dem Hauptdolomit, geprägt. In diesen
querschnitt ausgebildet. Bereichen liegt der Tunnel bis zu 75,00 m unter-
halb des natürlichen Bergwasserspiegels. Die Ge-
birgsüberdeckung des Tunnels beträgt dort ma-
die Ausstattung und den Betrieb von Straßentun- und eine Druckerhöhungsanlage im Betriebsge-
neln (EABT-80/100, Ausgabe 2019)“ geplant. bäude Nord ab.
In Brand- bzw. Notfällen bietet der Tunnel ver- Die lückenlose Überwachung des Verkehrs im
schiedene Fluchtmöglichkeiten. In einem Ab- Tunnel gewährleisten eine Videoüberwachungs-,
stand von maximal 300,00 m sind die Tunnelröh- eine Tunnelfunk- sowie eine Lautsprecheranlage.
ren im Wechsel mit jeweils fünf begehbaren und Zwei unterbrechungsfreie Stromversorgungsan-
fünf befahrbaren Querschlägen verbunden. Diese lagen (USV) garantieren die ständige Stromver-
mit grüner Kennzeichnung versehenen Übergän- sorgung.
ge ermöglichen die Flucht in die jeweils andere
Tunnelröhre. Die befahrbaren Querschläge befin-
den sich im Bereich der Pannenbuchten, welche 3 Bauausführung
im Abstand von ≤ 600,00 m angeordnet wurden.
Zur Verbesserung der Sichtverhältnisse wurde in Die Bauarbeiten für die Tunnelbaumaßnahme
den Adaptationsbereichen eine Gegenstrahlbe- starteten im September 2015. Die Vortriebsarbei-
leuchtung installiert. Die Tunnelinnenstrecken- ten wurden am Nordportal begonnen. Der erste
beleuchtung (Durchfahrtsbeleuchtung) wurde Anschlag der Tunnelröhren fand am 14.01.2016
als symmetrische LED-Beleuchtung ausgeführt. statt. Nach gut zwei Jahren gelang der Durch-
Sie erfüllt teilweise auch die Funktion der Notbe- schlag.
leuchtung durch einen Anschluss an die unter-
brechungsfreie Stromversorgung. Eine einseitige Der Tunnelausbruch erfolgte mit geringem
Fluchtwegkennzeichnungs- und Orientierungs- Zeitversatz parallel in beiden Röhren mit
beleuchtung am Notgehweg auf der Seite der ca. 150,00 m Differenz im Vortriebsfortschritt.
Notausgänge in einem Abstand von rund 25,00 m Diese Vorgehensweise ermöglichte die Vermei-
erhöht die Sicherheit. dung der gegenseitigen Beeinflussung beider
Röhren sowie die Optimierung des Vortriebs der
Im Brandfall verfügt der Tunnel über eine me- nachlaufenden Röhre durch die Erkenntnisse des
chanische Längslüftung mit 12 reversierbaren voreilenden Vortriebs. Der Ausbruch der Tun-
Strahlventilatoren je Röhre. Zur besseren Über- nelröhren erfolgte zunächst für den oberen Teil,
wachung der Luftqualität und Branddetektion die Kalotte. Danach folgten die unteren Bereiche,
im Tunnel sind Sichttrübungsmessstellen in je- Strosse und Sohle. Im Festgestein waren für den
der Röhre in Abständen von ca. 150,00 m ange- Vortrieb elektrisch gestartete Sprengungen in
ordnet. Abschlagslängen von 1,70 m bis maximal 3,00 m
notwendig. Eine besondere Herausforderung
In jeder Notrufstation stehen zur Brandbekämp- stellte der Baggervortrieb im Lockergestein dar.
fung zwei Handfeuerlöscher zur Verfügung. Aufgrund der sehr geringen und nur vorüberge-
Überflurhydranten befinden sich in beiden Tun- henden Eigenstandfestigkeit des Gebirges waren
nelröhren auf der gegenüberliegenden Seite der dort nach jedem Ausbruch Sicherungsmaßnah-
Notrufkabinen sowie in den Pannenbuchten und men notwendig. Zum Einsatz kamen im oberen
Vorportalbereichen. Sie sichern die kontinuier- Gewölbe eingebohrte Stahlrohre (Spießschirm),
liche Brandbekämpfung mit einer Durchfluss- Ausbaubögen sowie Gebirgsanker. In Abhängig-
menge von 1.200 l/min für eine Löschzeit von keit von der Gebirgssituation und vom Quer-
einer Stunde durch einen Löschwasserspeicher schnitt konnten Abschlagslängen von 1,00 m bis
3,00 m realisiert werden. Die mittlere Vortriebs- bei den Vortriebsarbeiten gegen Sickerwasser er-
geschwindigkeit betrug im Regelbereich rund forderlich.
10,00 m/Tag.
Zur Vermeidung zusätzlicher Verkehrsbelastun-
Im Lockergestein des Gießenbachtals fand bei gen der B 2 und der Gemeinde Oberau durch die
den Vortriebsarbeiten eine Auflockerung der um- Erdmassentransporte wurden für die Dammstre-
liegenden Bodenschichten statt. Aufgrund der cken und Schüttflächen der freien Strecke die an-
geringen Überdeckung traten dadurch Setzun- fallenden Einschnittsmassen sowie das Tunnel-
gen an der Geländeoberfläche auf. Durch Injek- ausbruchmaterial verwendet. Außerdem konnten
tionen mit Zementsuspension konnten entge- die Ausbruchmassen teilweise aufbereitet und für
genwirkende Bodenhebungen erzeugt und damit den Fahrbahnaufbau sowie als Betonzuschlag-
Schiefstellungen und Schäden an den Gebäuden stoff eingesetzt werden. Dadurch wurde das not-
oberhalb des Tunnels weitgehend vermieden wendige Deponievolumen auf ein Minimum
werden. reduziert und das Gesamttransportaufkommen
wesentlich verringert.
Die Gerinne des Gießenbachs und des Werkka-
nals wurden durch mit Beton gefüllte geotextile Am 26.05.2022 wurde der längste Tunnel Bayerns
Matten provisorisch abgedichtet. Dies war auf- im Rahmen eines Volksfestes eröffnet und für
grund des stark wasserdurchlässigen Baugrundes den Verkehr freigegeben.
zur Sicherung der Standsicherheit der Ortsbrust
4 Allgemeine Angaben
Bauherr: Bundesrepublik Deutschland, Baugrund ILF Consulting Engineers
vertreten durch das Bundes- gutachter: Austria GmbH, Innsbruck
ministerium für Digitales und Tunnelbautechnischer
Verkehr Sachverständiger apl. Prof.
Dr.-Ing. habil. Jochen Fillibeck
Vorhaben Freistaat Bayern,
träger: Bayerisches Staats Bauoberleitung: Arbeitsgemeinschaft
ministerium für Wohnen, PSP Consulting Engineers
Bau und Verkehr, GmbH
Straßenbauamt Weilheim ILF Consulting Engineers
Austria GmbH
Entwurfs Freistaat Bayern, WTM Engineers GmbH,
aufsteller: Autobahndirektion München
Südbayern
Örtliche Arbeitsgemeinschaft
Entwurfs Tunnel und Strecke: Bauüberwachung: PSP Consulting Engineers
bearbeiter: ILF Consulting Engineers GmbH
Austria GmbH, Innsbruck ILF Consulting Engineers
Tunnelausstattung: Austria GmbH
IDS Beratende Ingenieure WTM Engineers GmbH,
GmbH, Schwaz/Tirol München
5 Technische Angaben
Länge: ca. 3,00 km Baustoffmengen:
Ausbruch: 600.000 m3
Querschnitt: RQ 26t Sicherungsmittel
(gebohrte Anker): 400 km
Lichtraumprofil: mindestens 9,50 m x 4,50 m Spritzbeton
sicherung: 300.000 m2
Breite zwischen 7,50 m Betoninnen
Notgehwegen: schale: 75.000 m3
Fahrbahn: 42.000 m2
6 Technische Zeichnungen
7 Abbildungen
Bild 1: Bohren der Sprenglöcher zum Ausbruch der Kalotte in der Oströhre Foto: Die Autobahn GmbH des Bundes
Bild 3: Anschlussstelle Oberau Nord am Nordportal des Tunnels Foto: René Legrand
Bild 5: Auskragende Tunneldecke über der Tunneleinfahrt am Nordportal Foto: René Legrand
Bild 8: Blick in die Tunnelröhre mit Pannenbucht, Notrufkabine, Notausgang und Querschlag Foto: René Legrand
Bild 9: Notausgang als Fluchtweg in die zweite Tunnelröhre Foto: René Legrand
Impressum
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Telefax: 030-18 300-1942
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Internet
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Setzpfandt Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG
Buttelstedter Straße 90, 99427 Weimar
Fotografische Bearbeitung
© René Legrand, Rhün
Redaktion
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Referat StB 24
Kartenausschnitte
© MairDumont, D-73760 Ostfildern
Gestaltung | Druck
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Druckvorstufe | Hausdruckerei
Bildnachweis
Titelfoto: © René Legrand, Rhün
Seite 3: © Bundesregierung - Jesco Denzel
Stand
November 2022
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