Pruefingenieur 40

ISSN 1430-9084

Zeitschrift der Bundesvereinigung

der Prüfingenieure für Bautechnik
Der
Prüfingenieur
Prüf
40 Mai 2012

Seite 4
Sicherheit – immer wieder neu erfinden?
Seite 23
Nachweise für Wasserbauwerke – Wohin geht der Weg?
Seite 33
Prüfung und Genehmigung durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
Seite 42
Kraftwerksbau: Höchstleistungen in Planung, Fertigung und Koordination
Seite 50:
Bestandsaufnahme und Ziele der pränormativen Arbeit der Ingenieure
Seite 57
Prüfung der Statik und der Bauausführung aus Sicht der ARGEBAU
Seite 64
Freud und Leid des Prüfens: Erfahrungen bei der Prüfung von Brandschutzkonzepten
INHALT
EDITORIAL
Dr.-Ing. Dietmar H. Maier: Sicherheit – immer wieder neu erfinden? 4
NACHRICHTEN
Die Initiative PraxisRegelnBau meldet die ersten konkreten Arbeitsergebnisse 7
Alexander Pirlet wurde neuer Vorsitzender der Prüfingenieure in NRW 10
Arbeitstagung der BVPI und Mitgliederversammlung 2012 vom 13. bis 15. September in Dresden 11
Ende Juni in Baden-Baden: Arbeitstagung der Prüfingenieure von Baden-Württemberg 11
20. Bautechnisches Seminar in NRW: Wieder ein qualitativer und quantitativer Erfolg 12
Harald Bitter † 13
Der Europäische Bau-Prüfverband tagte als Gast der BVPI in Hamburg 14
Karl Morgen wurde 60 15
BÜV-Mitgliederversammlung am 8. November in München mit der Wahl des Vorstandes 16
vpi-EBA nennt „unverzichtbare Voraussetzungen“ einer gesetzlich geregelten
Bauaufsicht im Eisenbahnbau 16
Dr.-Ing. Peter Henke als Vorsitzender der Landesvereinigung
Bayern wiedergewählt 17
BVPI erarbeitet bundeseinheitliche Empfehlungen für Nagelplatten 17
Landesvereinigung Sachsen: Jäger als Vorsitzender bestätigt 18
Die BÜV-Empfehlungen für tragende Kunststoffbauteile enthalten jetzt auch Rechenbeispiele 18
Koldrack als Vorsitzender der Prüfingenieure in Mecklenburg-Vorpommern wiedergewählt 19
Betonverein fragt nach Vorträgen für den Deutschen Bautechnik-Tag 2013 in Hamburg 19
Neuer Vorstand in Hamburg 19
Bericht aus dem Deutschen Institut für Bautechnik 20
Neue Ausgabe der BÜV-Empfehlungen für die Bauüberwachung von Windenergieanlagen 22
WASSERBAU
Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Claus Kunz: Nachweise für Wasserbauwerke – Wohin geht der Weg? 23
VERKEHRSWASSERBAU
Ministerialrat Dipl. Ing. Wolfgang Dörries: Prüfung und Genehmigung durch die
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung 33
KRAFTWERKSBAU
Dipl.-Ing. Wolfgang König: Höchstleistungen in Planung, Fertigung und Koordination 42
NORMEN
Dr.-Ing. Volker Cornelius: Bestandsaufnahme und Ziele der pränormativen Arbeit der Ingenieure 50
PRÜFPRAXIS
Baudirektorin Dipl.-Ing. Ute Kühne: Prüfung der Statik und der Bauausführung
aus Sicht der ARGEBAU 57
BRANDSCHUTZ
Dipl.-Ing. Erhard Arnold: Freud und Leid des Prüfens:
Erfahrungen bei der Prüfung von Brandschutzkonzepten 64
IMPRESSUM 70
3
Der Prüfingenieur Mai 2012
EDITORIAL
Sicherheit – immer
wieder neu erfinden?
Das Vergessen gehört ebenso Dabei ist der Versuch, das
zur Menschheit, wie das Gewinnen Bauen zu erfassen, direkt mit dem
von Erkenntnissen! Diese Rückseite Sesshaftwerden der Menschheit ver-
des Rades der Zeit wird uns am Un- knüpft. Der Codex Hamurabi und die
tergang von Hochkulturen auf einer Bibel sind gerne zitierte Beweise
historischen Ebene bewusst. dafür, dass man schon früh versucht
hat, in diesem Bereich umfassend
Die Kenntnisse der Maya über Regeln aufzustellen.
die Himmelsgestirne gingen in Mexi-
ko ebenso verloren wie die medizini- Über eine lange Zeit wurden
sche Kunst der Perser oder die Bau- Konstruktionsregeln mit der Natur-
kunst der Ägypter. philosophie aus der Bedeutung von
Zahlenverhältnissen geschöpft. So
Aber auch in viel kleineren wie Gott alles nach Maß, Zahl und
Zeiträumen geht Wissen verloren. Gewicht geordnet habe, wollte auch
Jeder, der in seinem Fach den der frühe Baumeister auf Zahlenver-
klassischen Weg nimmt, um zu Dr.-Ing. Dietmar H. Maier hältnissen beruhende Bemessungsre-
neuen Erkenntnissen zu gelangen, Mitglied des Vorstandes der Bun-geln zu Grunde legen.
muss zuvor den steinigen Weg der desvereinigung der Prüfingenieure
Literaturrecherche beschreiten. In für Bautechnik (BVPI), Die Geburtsstunde des moder-
Mitglied des erweiterten
unserer 2.0-Welt wird zwar gerne Vorstandes der Landesvereinigung
nen Bauingenieurwesens wurde von
die Abkürzung gewählt, weil es Baden-Württemberg. Straub und Halasz bei den mit Mate-
sehr viel leichter ist, sich selbst rialversuchen und Sicherheitsbeiwer-
als Entdecker neuer Zusammen- ten untermauerten Sicherungsversu-
hänge zu feiern, wenn man von der Unwissenheit chen an der Kuppel der Peterskirche in Rom vor ca.
beschlagen ist, was andere, vielleicht schon 270 Jahren datiert. Ab hier wurde durch die Entwick-
Generationen vor einem selbst, entdeckt und ge- lung der Materialuntersuchungen sowie der mechani-
wusst haben. schen Prinzipien, der Verknüpfung mit der höheren
Mathematik sowie der Stochastik die empirische
Diese Tendenz ist nicht nur bei Politikern und Baukunst in die naturwissenschaftlich beschreibende
ihren Dissertationen zu beobachten, auch in unserer Ingenieurkunst in einem zum Teil atemberaubenden
Disziplin wird einem nahezu auf jedem Seminar und Tempo vollzogen. Rückschläge durch den Einsturz
Symposium Neues und oft mit Steuergeld Erforsch- allzu kühner Konstruktionen führten zur praktischen
tes vorgeführt, bei dem den Älteren unter uns doch und theoretischen Untersuchung aller „(In-) Stabi-
auffällt, Ähnliches – sicher in anderer Wortwahl, litäts“-Erscheinungen zuerst als Verzweigungspro-
manchmal auch mit anderen Bezügen und Querver- bleme, dann als Theorie II. und III. Ordnung.
weisen, aber doch grundsätzlich den Zusammenhang
Beschreibendes – schon einmal gelesen oder gehört Da insbesondere Infrastrukturbauwerke für die
zu haben. Eisenbahn hohe und nicht ruhende Belastungen auf-
zunehmen haben, wurde durch die technischen Ei-
Da Forschungsgelder und Personalressourcen senbahnbehörden die Entwicklung technischer Re-
aber nur zu gewinnen sind, um Neues zu erforschen gelwerke mit vorangetrieben. Wegen
und auch nur der Ruhm dem zuteil wird, der Neues ■ der Gefahr für Leib und Leben, die von Baukon-
gefunden hat, liegt in einer schnelllebigen Zeit nichts struktionen ausgeht,
näher, als eine gründliche und damit zeitraubende ■ des hohen wirtschaftlichen Einsatzes für dauer-
Recherche erst gar nicht zu versuchen. hafte Konstruktionen,
■ der komplexen Zusammenhänge für die
Deshalb leben wir nicht nur in einer Zeit, in Bemessung,
der mehr und immer schneller Neues erkannt und er- ■ der ständig wechselnden Randbedingungen der
forscht wird – es wird auch immer schneller, globaler gebauten Unikate,
und konsequenter vergessen. wurden im Baubereich Regeln der Technik hoheitlich
4
EDITORIAL
eingeführt und eine behördliche Bauaufsicht instal- ge Untersuchungen auf stochastischem Wege Fakto-
liert. ren ermittelt und normativ festgelegt werden, die eine
ganz bestimmte, von der Allgemeinheit akzeptierte
Seit dem Beginn des modernen Bauingenieur- Rest-Versagenswahrscheinlichkeit bedingen.
wesens war man sich bewusst, dass alle Planungs-
und Berechnungsannahmen mit Unwägbarkeiten be- Wesentlich breiter streut die Unsicherheit auf
haftet sind. Um eine ausreichende Sicherheit gegen der Seite der Beanspruchungen. Über die Nutzung
Versagen zu erreichen, bediente man sich über eine und damit die Lastannahmen kann nur eine jeweils
lange Zeit eines „globalen“ Sicherheitsfaktors. Die- an Höchstwerten orientierte Annahme getroffen wer-
ser Sicherheitsbeiwert wurde sichtbar auf der Materi- den. Das statische System ist eine hohe Abstraktio-
alseite angeordnet, was gefühlsmäßig damit gleich- nen des tatsächlich vorhandenen Bauwerks mit einer
zusetzen war, dass man den Materialwiderstand nur Vielzahl von Vereinfachungen und Vernachlässigun-
zu einem gewissen Grade ausnutzte und der „Rest“ gen. Zu guter Letzt hängt die Beanspruchbarkeit
als Sicherheit verstanden wurde, was aus mehreren auch von der Ausführungsqualität ab, die nur durch
Gründen nicht wissenschaftlich exakt war. Anforderungen und Kontrollen in einer gewissen
Bandbreite gehalten werden kann.
Auf der anderen Seite ergab sich eine, für die
damalige Zeit auch notwendige, Einfachheit des
Nachweiskonzepts, die das heute als verlorengegan- „Um zu einer definierten
gen beklagte ingenieurmäßige „Gefühl“ begründete.
Dass dieses Gefühl auch trügerisch sein konnte, weil
Sicherheit zu gelangen,
es Einflüsse aus Lasten und Material und vor allem wurden in den letzten
aber degressive und progressive Verhaltensänderun-
gen über einen Kamm scherte, musste manches Pro-
fünfzig Jahren riesige
jekt leidvoll erfahren. Anstrengungen unternommen“
Um Sicherheit im Bauwesen quantifizieren zu
können, muss man im Wesentlichen die vier Elemen- Um trotz dieses Konglomerats an schwer Ab-
te Baustoffe, Berechnung, Errichtung und Nutzung wägbarem zu einer definierten Sicherheit, also der
betrachten, die jeweils für sich und dann im Zusam- Rest-Versagens-Wahrscheinlichkeit zu gelangen,
menspiel für Versagen oder Funktionieren maßge- wurden in den letzten 50 Jahren riesige Anstrengun-
bend sind. Verantwortlich dafür, dass hier nicht folgen unternommen. Das Ergebnis war eine Aufsplit-
genschweres Fehlverhalten eintritt ist: tung in Teilsicherheitsbeiwerte.
■ die Herstellungs- und Güteüberwachung der Aber auch diese Werte bilden, insbesondere
Baustoffe, auf der Seite der Beanspruchungen, eine Vielzahl von
■ die Prüfung der Planung und Berechnung, Einflüssen ab. Außerdem mussten sie für verschiede-
■ die Baustellenüberwachung bei der Herstellung, ne Beanspruchungsarten unterschiedlich festgelegt
■ die bestimmungsgemäße Nutzung entsprechend werden und die Wahrscheinlichkeit des gleichzeiti-
der Bauerlaubnis. gen Auftretens durch Kombinationsbeiwerte berück-
(Genau genommen gehört hier noch die Pflege über sichtigt werden. Auf der Widerstandsseite erfolgte ei-
die Lebensdauer hinzu.) ne Unterteilung nur unter dem Gesichtspunkt der
Versagensart. Auf wissenschaftlicher Grundlage ge-
Dennoch verbleibt für alle Bereiche, selbst lang es damit, die Sicherheit im Bauwesen zu ver-
wenn die oben genannten Verantwortlichkeiten er- gleichmäßigen – das liebgewordene „ingenieurmäßi-
füllt werden, immer ein Restrisiko. Beim Material ge Gefühl“ blieb allerdings auf der Strecke.
sind seine Eigenschaften, aus denen sich letztendlich
die Beanspruchbarkeit der Bauteile ergibt, trotz aller Mit den geschaffenen Grundlagen sind für ihre
Sorgfalt bei der Herstellung, streuende Größen. In jeweilige Aufgabe ausgebildete Spezialisten (z. B.
der Regel sind die Widerstände, wie Zug- und Druck- Baustofftechnologen, Tragwerksplaner, Baufirmen,
festigkeit, von weiteren Werkstückeigenschaften, wie Behörden) in der Lage, für unsere gebaute Umwelt in
eingeprägten Spannungszuständen, Sprödbruchemp- etwa eine von der Allgemeinheit gewollte Sicherheit
findlichkeit oder ganz einfach von der Varianz natür- zu erwirken.
licher Ausgangsstoffe abhängig.
Es ist also das komplexe Zusammenwirken
Wenngleich die Materialien heute mit den ge- von Planenden, Prüfenden, Herstellenden und Ge-
ringsten Unwägbarkeiten der oben genannten vier nehmigenden, die, auf der Grundlage theoretischen
Elemente behaftet sind, mussten doch durch unzähli- und praktischen Wissens, das durch eingeführte Re-
5
EDITORIAL
geln auf dem Stand der Technik vergleichbar ist, Da ein formalisierter, risikobasierter Ansatz in
agieren und das damit zu sicheren und dauerhaften einigen Mitgliedsstaaten ein relatives Novum dar-
Bauwerken führt. In der Ausbildung der Einzelnen, stellt, sollte die Anwendung der CSM für die Eva-
in den niedergelegten Regeln der Technik – im Bau- luierung und Bewertung von Risiken, ... bis zum 1.
wesen der eingeführten Normen – und in der Bauauf- Juli 2012 auf freiwilliger Basis erfolgen. (Original-
sicht mit einer entsprechenden Kontrolle, liegt der texte!)
Grundstein sicherer Bauwerke. Darauf gründen sich
alle Abläufe des Bauens. Aus dem Juristeneuropäisch übersetzt könnte
das bedeuten, dass sich der Bauherr per europäischer
Im Bereich der Eisenbahnen wird zur Zeit der Ausschreibung jemanden sucht, der ihm in einer Ex-
Gedanke überprüft, zumindest was den Bereich der pertise bescheinigt, dass seine Unternehmungen ein
Kontrolle und der Bauaufsicht betrifft, neue Wege zu akzeptables Risiko enthalten.
gehen. Aus Europa erreichen uns Verordnungen, die
Wie das Verfahren zu organisieren ist, welche
Rolle der Staat spielt, wenn die Expertise falsch war
„Die sicherheitstheoretischen und der Ersteller zum Beispiel mangels Masse nicht
haftbar gemacht werden kann, ein Toter kaum wieder
Untersuchungen haben heute lebendig gemacht werden kann, ist im Nachgang ju-
eine Perfektion erlangt, ristisch zu klären.
die vielen schon als Wofür aber erfinden wir jetzt dieses Sicher-
schwer handhabbar erscheint“ heitsmanagement? Die sicherheitstheoretischen Un-
tersuchungen mit ihrer Tradition im Bauingenieurwe-
sen haben in der heutigen Form eine Perfektion er-
in ihrer globalen Betrachtungsweise den gesamten reicht, die vielen schon als schwer handhabbar er-
Erfahrungsschatz, der im Bereich des Bauens über scheint.
lange Zeit erworben wurde und in ein begründet be-
währtes System des „Schaffens“ und Kontrollierens Die Sicherheitsanalysen unzähliger For-
gemündet hat, an den Anfangspunkt aller Erkenntnis- schungsvorhaben sind in unseren modernen Normen
se zurücksetzen. Regelungen, die in anderen Berei- enthalten, wenn man sich auf eine Versagenswahr-
chen wie dem Fahrzeugbau, der Telekommunikation scheinlichkeit bei einer bestimmten Aussagewahr-
oder der Steuerung von Verkehrsflüssen durchaus scheinlichkeit einigt, was hier der Fall ist. Damit ist
sinnhaft sein können, werden hier mit bürokratischer die Sicherheitsanalyse integraler Bestandteil unserer
Macht über alles gestülpt. Bemessungsnormen und muss nicht für jedes Bau-
werk neu untersucht und erfunden werden.
Grundlage der bautechnischen Prüfung könnte
dann eine EG-Verordnung „über die Festlegung einer Wie viele Jahre der Erfahrung mit Bauordnun-
gemeinsamen Sicherheitsmethode für die Eva- gen sollen weggeworfen werden, um sie eventuell in
luierung und Bewertung von Risiken ...“ sein. Dieses einigen Jahren wieder neu zu erfinden? Wie viel For-
Papier bestimmt wortreich, dass ein Sicherheitsma- schung in sicherheitstheoretische Ansätze und nor-
nagementsystem zu installieren sei, das Verfahren mative Regelungen werden nicht mehr einer bautech-
und Methoden für die Durchführung von Risikobe- nischen Prüfung zugrundegelegt und stattdessen Risi-
wertungen vorgibt. „Ein erster notwendiger Schritt komanagement betrieben? Wird hier nicht eine ge-
sind Verfahren und Methoden für die Durchführung wachsene und erprobte Baukultur über Bord gewor-
von Risikobewertungen und die Anwendung von fen – vielleicht um sie, nachdem Schaden und Leid
Maßnahmen zur Risikokontrolle für den Fall, dass aus der Anwendung von Prozessen, die nicht für das
sich aus geänderten Betriebsbedingungen oder einem Bauen entwickelt wurden überhandnimmt, langsam
neuen Material neue Risiken für die Infrastruktur und mühsam als eine ganz neue Herangehensweise –
oder den Betrieb ergeben ... . so wie heute – neu zu erfinden?
7
NACHRICHTEN
Die Initiative PraxisRegelnBau meldet

die ersten konkreten Arbeitsergebnisse
Mit maßgeblicher Unterstützung der praktizierenden Planer und Prüfer
hat die PRB Fahrt aufgenommen
Wie bereits mehrfach in den Fachorganen der Bundesvereini- 2011 vier Arbeitssitzungen abge-
gung der Prüfingenieure für Bautechnik (BVPI), des Verbandes Be- halten.
ratender Ingenieure und der Bundesingenieurkammer berichtet*,
ist der Anfang geschafft: Nach der Gründung der Initiative Praxis- Die Projektgruppe 1 hat zu-
RegelnBau (PRB) im Januar 2011 und nach der Klärung aller (steu- nächst ein Konzept mit der grund-
er)rechtlichen und organisatorischen Fragen haben die Projektgrup- sätzlichen Aufgabenstellung und
pen ihre Arbeit aufgenommen und erste konkrete Arbeitsergebnisse Vorgehensweise erarbeitet, das
vorzuweisen. auch die Grundlage für einen Zu-
Wie bekannt, gliedert sich

die Arbeitsebene der Initiative PRB
in sechs Projektgruppen (PG):
■ PG 1 Grundlagen und Einwir-

kungen (EC 0 und EC 1),
■ PG 2 Betonbau (EC 2),
■ PG 3 Stahl- und Verbundbau
(EC 3 und EC 4),
■ PG 4 Holzbau (EC 5),
■ PG 5 Mauerwerksbau (EC 6),
■ PG 6 Geotechnik (EC 7).
Dank der finanziellen Un-

terstützung der Mitglieder der
BVPI und des VBI konnte mit der
parallel zur PRB installierten Pra-
xisinitiative Normung (PiN) eine
interne Plattform geschaffen wer-
den, die die Interessen der beiden
Verbände VBI und BVPI vereint
und diese in der PRB vertritt. Auf-
grund der zugewandten Finanzmit-
tel haben beide Verbände geplant,
sich zunächst auf die beiden mate-
rialunabhängigen Teile, den Euro-
code 0 und den Eurocode 1, zu
konzentrieren. Hierzu wurde im
November 2011 zur Unterstützung
der Projektgruppe 1, die von Dr.-
Ing. Frank Breinlinger geleitet
wird, Dr.-Ing. Florian Bodensiek
fest angestellt.
Die PG 1 besteht aus fünf

Mitgliedern und hat seit Dezember
*Siehe unter anderem: VBI-Nachrichten 1/2,

3, 6, 7, 12 von 2011; beton 1+2/2012; Der
Prüfingenieur April 2011 und Oktober 2011;
Deutsches Ingenieurblatt Mai 2011 und Juli-
August 2011 Abb. 1: Aufgaben- und Terminplan der Projektgruppe 1
7
NACHRICHTEN
entschlacken und fehlerfrei zu ge-

stalten, den dringenden Wunsch,
die Einwirkungskombinationen zu
vereinfachen. Hierzu sind erste
Modelle entworfen worden, die
noch durch Vergleichsrechnungen
mit den bisherigen Normen zu ve-
rifizieren sind.
Abgesehen von Lagerräu-

men oder Baugrundsetzungen sind
die ψ0-Werte oft 0,7, so dass man
die Grundkombination vereinfa-
chend auch ohne diesen ψ0-Wert
schreiben könnte (Abb. 2). Weiter-
hin könnten die anderen Bemes-
sungsgleichungen auf ähnliche
Weise vereinfacht oder auch der
Versuch unternommen werden, die
drei Gleichungen für die Grenzzu-
stände der Gebrauchstauglichkeit
(charakteristische, häufige und
quasi-ständige Kombination) zu
vereinheitlichen.
Grundsätzlich gilt für alle

Projektgruppen die Maßgabe, dass
jegliche Änderungsvorschläge mit
den bekannten PRB-Grundsätzen
(Abb. 3) und -Leitplanken (Abb.
4) in Übereinstimmung zu bringen
sind.
Da die Einbindung der

praktizierenden Ingenieure von
Anbeginn das erklärte Ziel war, ist
es der PiN besonders wichtig, alle
Abb. 2: Entwurf einer Vereinfachungsmöglichkeit interessierten und kompetenten
Mitglieder und Kollegen der bei-
wendungsantrag für die finanzielle te Änderungsvorschläge vor, die den beteiligten Verbände in die
Unterstützung aller Projektgrup- sowohl verbandsintern als auch praktische Arbeit einzubinden.
pen durch das Bundesministerium mit maßgeblichen Stellen der Deshalb bitten die beiden Verbän-
für Verkehr, Bau und Stadtent- „Normenmacher“ auf nationaler de ihre Mitglieder auf Grundlage
wicklung (BMVBS) ist. Hieraus und europäischer Ebene frühest- des Aufgaben- und Terminplanes
resultiert ein grober Aufgaben- möglich abzustimmen sind. Über (Abb. 1), konkrete zukünftige oder
und Terminplan mit den zu behan- die zeitlichen Abläufe und die bereits angestellte, ausgearbeitete
delnden Teilaufgaben (Abb. 1). konkrete Vorgehensweise muss Vereinfachungsvorschläge zu ein-
noch Einvernehmen hergestellt zelnen Themen zu unterbreiten,
Der EC 1 besteht bekannt- werden. Auf europäischer Ebene und zwar bis Ende Juli an Dr.-Ing.
lich aus zehn weitestgehend unab- wurde die Arbeit der PRB im Nor- Florian Bodensiek
hängigen Teilgebieten. Insofern menausschuss CEN TC 250 am (E-Mail: [email protected]).
wurde im Einvernehmen mit dem 2. Mai 2012 von Dr.-Ing. Robert
Lenkungsausschuss der PRB be- Hertle vorgestellt. In Abhängigkeit vom Ar-
schlossen, den EC 0 (Grundlagen) beitsfortschritt in der PG 1, der
und die ersten vier Teile des EC 1 Insbesondere für den EC 0 Verfügbarkeit weiterer finanzieller
vorrangig zu bearbeiten. Für die gibt es, neben den bekannten Zie- Ressourcen und dem Angebot
Teile Wind- und Schneelasten lie- len, nämlich die Texte sowohl in- kompetenter Personen soll die ge-
gen bereits in Einzelfällen konkre- haltlich als auch redaktionell zu meinsame PiN-Arbeitsgruppe per-
8
NACHRICHTEN
sonell verstärkt werden und damit

unter anderem die Möglichkeit ge-
schaffen werden, auch die Vorge-
hensweise in den anderen Projekt-
gruppen aus der Sicht der BVPI
und des VBI zu reflektieren und
im Sinne der beteiligten Verbände
zu unterstützen.
Die beiden an der PiN betei-

ligten Verbände haben kürzlich
nochmals betont, dass das Ziel ei-
ner verbesserten Normengenerati-
on sowohl der „Produktion“ als
auch gleichzeitig des „Vertriebes“
neuer Normentexte bedarf. Dies
soll in der pränormativen Arbeit
nicht, wie bisher, ausschließlich
von ausgewählten aktiven Fach-
leuten (Normenausschüssen) im
Elfenbeinturm erledigt werden,
sondern dies erfordert die Einbin-
dung aller Kräfte und Erfahrungen
aller Experten aus der Tagesarbeit.
Hierzu bedarf es allerding der Be-
reitschaft und des Angebots von
beiden Seiten. Die Verantwortli-
chen hoffen deshalb weiterhin auf
die Unterstützung ihrer Mitglieder.
Abb. 3: PRB-Grundsätze der Normungsarbeit
Betonverein: Vier
Stahlbeton-
Schäden-Seminare
im September
und Oktober
Der Deutsche Beton- und
Bautechnik-Verein veranstaltet am
27. September in Hamm (NRW),
am 23. Oktober in Stockdorf (Bay-
ern), am 25. Oktober in Remshal-
den (Baden-Württemberg) und am
30. Oktober in Kerpen (NRW) je
eine Arbeitstagung über typische
Schäden im Stahlbetonbau und
über die Vermeidung von Män-
geln. Als Referenten treten DBV-
Bauberater auf, die praxisnah über
reale Schadensfälle berichten. Die
Teilnahmegebühr beträgt 225 Euro
(DBV-Mitglieder 190 Euro).
Abb. 4: PRB-Leitplanken P www.betonverein.de
9
NACHRICHTEN
Jörg Erdmann hat der Landesvereinigung NRW seinen Stempel aufgedrückt

Der neue Vorstand steht vor großen Herausforderungen
Alexander Pirlet neuer Vorsitzender

der Prüfingenieure in NRW
Die Mitgliederversammlung der Landesvereinigung der Prüf- überwachung der „in Verkehr“ ge-
ingenieure in Nordrhein-Westfalen hat Dipl.-Ing. Alexander Pirlet langenden Bauprodukte verlangt
zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Sein Vorgänger, Dr.-Ing. Jörg ebenfalls nach eindeutigen praxis-
Erdmann, hat nach zwölfjähriger Amtszeit für eine weitere Wahlpe- tauglichen Regeln. Die in den
riode nicht kandidiert. Pirlet steht in der Tradition eines alteingeses- Bundesländern eingerichteten Be-
senen Ingenieur- und Prüfingenieurbüros und bringt sehr gute Vor- wertungs- und Verrechnungsstel-
aussetzungen für die vor ihm liegende Arbeit mit. Dies auch, weil er len zu vereinheitlichen und zu ver-
seit einigen Jahren schon Mitglied des Erweiterten Vorstandes der netzen, wird sich als notwendig er-
Landesvereinigung ist und auch in der Ingenieurkammer-Bau NRW weisen, um die über den Service
mitarbeitet. der Bewertung und Regulierung
von Prüfaufträgen hinausgehenden
Zum neuen 2. Vorsitzenden Vorstandes ist vor allem die Wei- Beratungen der Mitglieder zu ver-
wählte die Versammlung Dr.-Ing. terentwicklung der Landesbauord- bessern.
Titus Klöker. Dem Erweiterten nung und die Unterstützung der
Vorstand gehören nunmehr Dr.- pränormativen Arbeit; außerdem Jörg Erdmann, der schei-
Ing. Frank Hogeweg, Dipl.-Ing. die regelmäßig wiederkehrenden dende Vorsitzende, hat der Lan-
Winfried Neumann, Dipl.-Ing. Li- Arbeiten, wie die Vorbereitung der desvereinigung der Prüfingenieure
nus Peuckert und Dipl.-Ing. Karl- jährlich stattfindenden „Bautech- NRW seinen eigenen Stempel auf-
Theo Reinhart an. Als Kassenprü- nischen Seminare NRW“, Abstim- gedrückt. Vor allem die Vorberei-
fer wurde Dipl.-Ing. Gerd von mungen mit der Obersten Bauauf- tung der Satzung und die Installa-
Spies gewählt. Dem Erweiterten sicht, der Ingenieurkammer-Bau tion aller erforderlichen admini-
Vorstand gehören damit Personen NRW, der Bundesingenieurkam- strativen Einrichtungen für die
an, die bereits in der vorangegan- mer, aber auch der Architekten- Gründung der Bewertungs- und
genen Wahlperiode mitgearbeitet kammer NRW und selbstverständ- Verrechnungsstelle NRW tragen
haben. lich der BVPI. Trotz sechzehn, in seine Handschrift. Darüber hinaus
Teilen unterschiedlichen Landes- beschäftigten ihn die genauen Ab-
Der neue Vorstand steht vor bauordnungen, gilt es, nach Mög- stimmungen mit der Bundesverei-
einer Menge wichtiger Arbeiten lichkeit bundesweit einheitlich nigung der Prüfingenieure für
und Herausforderungen. Die wer- geltende Regeln, wie zum Beispiel Bautechnik, dem zuständigen Lan-
den ohne die Zuarbeit von geeig- ein Pflichtenheft für Prüfingenieu- desbauminister, der Ingenieurkam-
neten Kollegen kaum zu schaffen re und einen Leitfaden für die je- mer NRW und der Bundesinge-
und zu bestehen sein. Gemeinsa- weils angemessene Bauüberwa- nieurkammer. Auch für die Durch-
mes Anliegen der Mitglieder des chung zu erstellen. Die Markt- führung der weit über Nordrhein-
Westfalen beachteten jährlichen
Bautechnischen Seminare NRW
hat er sich über das normale Maß
hinaus engagiert. Seine von Weit-
sicht bestimmte Einflussnahme
und Mitwirkung auf dem Feld der
berufspolitischen Arbeit sind bei-
spielhaft. Kennzeichnend dafür ist
sein Engagement für die Schaf-
fung widerspruchsfreier praxisge-
rechter Normen. Bereits im Herbst
2009 konnte Erdmann der BVPI
mitteilen, dass die Prüfingenieure
in NRW in eine praxisgerechte
EIN NEUER VORSTAND auch in Nordrhein-Westfalen (v.l.): Dipl.-Ing. Linus
Peuckert, Dipl.-Ing. Alexander Pirlet (Vorsitzender), Dr.-Ing. Titus Klöker, Normung 200.000 Euro zu inve-
Dr.-Ing. Hans-Frank Hogeweg, Dipl.-Ing. Karl-Theo Reinhart. (Nicht auf dem Foto: stieren bereit seien.
Dipl.-Ing. Winfried Neumann.) Dipl.-Ing. Josef Dumsch
10
NACHRICHTEN
Fünf Themenblöcke und ein Festvortrag über Schlagfertigkeit
Arbeitstagung der BVPI und

Mitgliederversammlung 2012 vom
13. bis 15. September in Dresden
Die Arbeitstagung 2012 der Bundesvereinigung der Prüfin- Pöhm wird den Prüfinge-
genieure für Bautechnik findet vom 13. bis 15. September 2012 in nieuren und ihren Gästen aus
Dresden statt. Im Mittelpunkt der Tagung stehen am Freitag und Politik, Wirtschaft und Verwal-
Samstag die Fachvorträge zu folgenden Themenblöcken: tung etwas über Schlagfertigkeit
und Emotionen erzählen. Sein
■ Bautechnik (DIBt, ARGE- Abschluss der Arbeitstagung. Motto: „Gib’ Dich nicht ge-
BAU, Normung), Ihn hält Matthias Pöhm, schlagen!“ Seine These: Schlag-
■ Baurecht (Haftung, Ver- Deutschlands wohl bekanntester fertigkeit kann man lernen, weil
wendbarkeitsnachweise), Rhetoriktrainer und Autor des es hinter der Schlagfertigkeit
■ Infrastruktur/Energie (DE- Buches „Nicht auf den Mund ge- Regeln gebe, wie für die Gram-
GES, Brücken im Bestand), fallen!“ sowie vieler anderer ein- matik. Pöhm will seine Zuhörer
■ Brandschutz, schlägiger Bücher über das The- lehren, wie sie diese Regeln, die
■ Erfahrungsberichte (Part- ma Schlagfertigkeit. er vorstellt und erläutert, beherr-
ner/Kunden). schen lernen können,
um künftig auch
Die Einladungen an die schwierige Gesprächs-
BVPI-Mitglieder sind bereits am situationen souverän
2. April mit dem Infobrief BVPI zu meistern. Pöhm
aktuell (Nr.- 2012/02) versandt wird seinem Auditori-
worden. um, wie es in seinen
Darstellungen heißt,
Vor der eigentlichen Ar- „Leitplanken für
beitstagung findet am Nachmit- stressfreie, erfolgrei-
tag des 13. Septembers, dem che Gespräche präsen-
Donnerstag, die diesjährige Mit- tieren“ und ihm Tech-
gliederversammlung der BVPI niken, Tipps und Stra-
statt. (Die Einladungen hierzu KEIN BOXER, sondern Schlagfertigkeitstrainer tegien für mehr Si-
ist Matthias Pöhm, der Festredner der dies-
erfolgen separat.) Der Festvor- jährigen Arbeitstagung der Bundesvereinigung cherheit im Umgang
trag am Nachmittag des Sams- der Prüfingenieure für Bautechnik vom 13. bis mit fremden Men-
tags (15. September) bildet den 15. September in Dresden schen vermitteln.
Ende Juni in Baden-Baden
Arbeitstagung der Prüfingenieure

von Baden-Württemberg
Vom 29. bis 30. Juni findet lichen Vorträgen besteht die gute Weiterbildung das Ziel der Ta-
in Baden-Baden die Arbeitstagung Gelegenheit, im Tagungs- und im gung, in Gesprächen mit der ober-
„Baden-Württemberg“ für alle gesellschaftlichen Umfeld Kontak- sten Bauaufsicht und der Politik
Prüfingenieure, Prüfsachverständi- te zu vertiefen und Gespräche zu das zwingend notwendige Vierau-
gen und Behördenvertreter sowie führen. Gerade auch mit dem genprinzip zu stärken.
für die Politik statt. Neben aktuel- Blick auf Europa und auf das Da-
len technischen und wissenschaft- tum 1. Juli 2012 ist es neben der P www.vpi-bw.com
11
NACHRICHTEN
Bericht und Rückblick
20. Bautechnisches Seminar in NRW: Wieder

ein qualitativer und quantitativer Erfolg
Zum 20. Mal ist im Herbst 2011 das Bautechnische Seminar Geralt Siebert von der Universität
NRW durchgeführt worden; wie immer mit großem sowohl quanti- der Bundeswehr München. Glas
tativem als auch qualitativem Erfolg. Dieses Jubiläum soll Anlass als tragendes und gestaltendes Ar-
sein, hier nicht nur auf den Inhalt der jüngsten Veranstaltung einzu- chitektur-Element fasziniere, so
gehen, sondern auch die zwanzigjährige Historie dieses renommier- sagte er, nicht nur die Architekten,
ten festen Termins im Jahreskalender der Prüfingenieure und ihrer seine rasant zunehmende Anwen-
Auftraggeber in Stadt und Land einzugehen. dung treibe die Forschung an und
gebe dem Tragwerksplaner und
Das 20. Seminar beschäftig- ihrer Leistungsfähigkeit. Mögen den Prüfingenieuren Veranlassung,
te sich mit den Änderungen des die Bemessungsnachweise auch sich mit den Einsatzmöglichkeiten
Eurocode 4 im Vergleich mit DIN noch so komplex und zeitaufwen- von Glas mehr und mehr ausein-
18800-5 (Bemessung von Stahl- dig sein - das, was daraus entsteht, anderzusetzen.
verbundkonstruktionen), der DIN mache dem Ingenieur jeweils
EN 1090, den neuen Regeln für große Ehre. Die Anwendungen nach
die Herstellung von Stahltragwer- Landesbauordnung NRW erläuter-
ken und mit der Planung und Aus- Die Erläuterung der neuen te umfassend dann Dipl.-Ing. An-
führung der Renaturierung der Regeln für die Herstellung von dreas Plietz, Referent beim Mini-
Emscher, Europas größtem Ab- Stahltragwerken (DIN EN 1090 1-3) sterium für Wirtschaft, Energie,
wasserprojekt. hatte Dr.-Ing. Karsten Kathage, der Bauen, Wohnen und Verkehr des
Vizepräsident des Deutschen Insti- Landes Nordrhein-Westfalen
Als ein Beispiel für neue tuts für Bautechnik (Berlin), über- (MWEBWV). Es zeichne die In-
Baustoffe wurde die Verwendung nommen. Diese DIN regelt die genieure schließlich aus, neue
von Glas für den dauernden Ver- „stofflichen Anforderungen“ von Baustoffe erst nach gründlichem
bleib in tragenden Bauteilen ge- Erzeugnissen aus Stahl und Alumi- Studium anzuwenden. Die Hin-
nannt. Die Vielzahl der verschie- nium, einschließlich der vorzulegen- weise der Obersten Bauaufsicht
denen Verwendungen von Glas den Konformitätsnachweise (siehe trug Ministerialrat Dipl.-Ing. Ernst
gab Veranlassung, die Bemes- auch Seite 22). Schmieskors, Referatsleiter Bau-
sungsnachweise und den Stand des technik beim MWEBWV in Düs-
Regelwerks vorzustellen. Die Komplettierung der vor- seldorf, wie seit vielen Jahren
angegangenen Vorträge über die äußerst kompetent vor.
Den Eurocode 4 zu erläu- Anwendung von Metall im Bau-
tern, hatte ein für diese Bauart wesen war wegen der geforderten Dieses Seminar erfüllte ge-
ausgewiesener Experte übernom- Qualitätssicherung der Materialien radezu beispielhaft seinen An-
men: Univ. Prof. Dr.-Ing. Gerhard und Produkte unverzichtbar. Der spruch, zwischen Theorie und Pra-
Hanswille von der Bergischen in dem Vortragsband umfassend xis im Konstruktiven Ingenieurbau
Universität Wuppertal; und ausge- dargestellte Inhalt der Regeln ist und den Stand der Regelwerke zu
führte Verbundkonstruktionen zugleich ein Kompendium für die vermitteln. Damit haben die Ver-
stellte Dr.-Ing. Norbert Sauerborn tägliche Ingenieurpraxis. anstalter, besonders Schmieskors
von der Fa. Stahl- und Verbundbau und Erdmann, die beide den Weg
GmbH vor. Ein besonderes Thema bot für jüngere Kollegen freimachen,
der Vortrag von Dipl.-Ing. Rein- die weitere Entwicklung des Bau-
Die beiden Vorträge hard Ketteler von der Emscher- technischen Seminars NRW auf
„Grundlagen der Bemessung“ Genossenschaft über die Renatu- hohem Niveau manifestiert.
(kalt und heiß) und „Besonderhei- rierung der Emscher und der Vor-
ten der Tragwerksplanung von stellung der vielen unterschiedli- Initiiert worden ist die
Bauwerken aus Verbundkonstruk- chen Bauwerke des Tiefbaues. Durchführung dieses Seminars vor
tionen“ waren im Sinne von Theo- zwanzig Jahren vom damaligen
rie und Praxis angelegt. Die Form- Glas im Konstruktiven Inge- Leitenden Ministerialrat Dipl.-Ing.
schönheit und Eleganz von Bau- nieurbau (DIN 18008, Teile 1-2 Dieter Eschenfelder, der bereits Er-
werken aus Verbundbauteilen sei- und Entwurf Teile 3 bis 5) war das fahrungen mit einer vergleichbaren
en, so wurde gesagt, ein Spiegel Thema von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Tätigkeit bei der Obersten Bauauf-
12
NACHRICHTEN
sicht in Hessen nach Düsseldorf zwischen der Oberen und der Un- denn im VBI sind Beratende Inge-
mitgebracht hatte. Das erste Bau- teren Bauaufsicht zusammen mit nieure des Konstruktiven Ingeni-
technische Seminar NRW fand den Prüfingenieuren gab es einen eurbaues organisiert. Die Ingeni-
1991 statt. Es war von Anfang an weiteren Grund für die Einrichtung eurkammer-Bau NRW gehört qua
auf Vermittlung neuester wissen- des Bautechnischen Seminars. ihrer vom Bauministerium über-
schaftlicher Erkenntnisse und die tragenen Aufgaben, u. a. die Aner-
Erläuterung der neuen Normenge- Seit einigen Jahren ist der kennung von staatlich legitimier-
neration angelegt. Wegen der Kreis der Veranstalter durch den ten Sachverständigen und weiterer
schrittweisen Ablösung der Deut- Beitritt des Landesverbandes Be- auf der Landesbauordnung basie-
schen Bemessungsnormen von den ratender Ingenieure VBI und der render Funktionen, gewissermaßen
Eurocodes und außerdem als Fo- Ingenieurkammer Bau NRW er- als geborenes Mitglied dazu.
rum für einen ständigen Dialog weitert worden. Das macht Sinn, Dipl.-Ing. Josef Dumsch
Harald Bitter †
Im Alter von 71 Jahren TOS mit einem akkreditierten
ist Anfang März in Stuttgart Zentrallabor. Er war bis zum Jahr
der Gründer und langjährige 2006 ihr 1. Vorsitzender. Gleich-
Präsident der Technischen Or- zeitig war er 1. Vorsitzender des
ganisation von Sachverständi- Verbandes der Sicherheits- und
gen TOS und des Verbandes Revisionsingenieure VSR.
der Sicherheits- und Revisi-
onsingenieure VSR, Dr.-Ing. Zur Unterstützung der In-
Harald Bitter, verstorben. terdisziplinarität der Prüfsach-
verständigen gründete Bitter
Bitter war mit seinem Ge- 1996 mit den Fachkollegen des
spür für das Wichtige und mit Bauüberwachungsvereins BÜV
seinem selbstbewussten, fach- das Deutsche Institut für Prüfung
kompetenten Wirken anderen In- und Überwachung DPÜ. Hier
genieuren, denen er Mut und Zu- fanden sich Prüfsachverständige
versicht vermittelte, stets ein Harald Bitter nach Sonderbauverordnung und
Vorbild; Mut zur Selbständig- Prüfingenieure für Baustatik zu-
keit, Mut, sich mit Weiterbil- zensangelegenheit. So setzte er sammen, um gemeinsam für Si-
dung zum Sachverständigen zu als Vorsitzender des Prüfungs- cherheit und Qualität im Bauwe-
qualifizieren, zur Erhaltung des und Fach-Ausschusses der Indu- sen zu sorgen.
Sicherheitsstandards im Bauwe- strie- und Handelskammer bun-
sen beizutragen und damit Teil desweit Maßstäbe für die Quali- Neben diesen ehrenamtli-
einer umfassenden Qualitätssi- fizierung von Sachverständigen, chen Tätigkeiten engagierte sich
cherung zu werden. die gemäß der Sonderbauverord- Harald Bitter in einer Vielzahl
nung auf dem Gebiet der Hei- von Ausschüssen für die Fort-
1977 gründete Bitter das zung und Lüftung und für schreibung von Normen und Re-
WSPLab in Fellbach bei Stutt- Rauchabzugsanlagen sowie Feu- gelwerken im Bereich der Hei-
gart. Es übernahm unter ande- erlöschanlagen die staatliche zung, Lüftung und Klimatisie-
rem Leistungsprüfungen von Anerkennung erhalten wollten rung europaweit.
Heizkörperregelungen, Luft- oder eine öffentliche Bestellung
Wasser-Systemen und Kühl- und Vereidigung anstrebten. Dr. Harald Bitter hat es
decken. 1998 wurde das europa- verstanden, hohe Maßstäbe für
weit akkreditierte Prüfinstitut für Zur Unterstützung der die Qualifikation von Sachver-
Heizkörper, Gebäudeautomati- Weiterbildung der Sachverständi- ständigen, hohe Standards in der
onssysteme und Datenübertra- gen und zur Anpassung des Sach- sicherheitstechnischen Prüfung
gungsprotokolle hinzugefügt. verständigenwesens an die Eu- und damit Sicherheit und Qua-
ropäische Union gründete Bitter lität im Bauwesen zu schaffen.
Das Sachverständigenwe- im Jahr 1986 die Technische Or-
sen blieb für Bitter eine Her- ganisation von Sachverständigen Dr.-Ing. Hans-Jürgen Meyer
13
NACHRICHTEN
Der Europäische Bau-Prüfverband

tagte als Gast der BVPI in Hamburg
Thema: Welchen Wert hat die unabhängige Bauüberwachung?
Mit einer in der Geschichte dieser Veranstaltungsreihe bisher die Diskussion über den volkswirt-
einmalig hohen Teilnehmerzahl fand am 7. und 8. Mai in Hamburg schaftlichen Wert der Bauüberwa-
das diesjährige Business Meeting des Consortium of European Buil- chung. Die Erfahrungen der Mit-
ding Control (CEBC) statt, des europäischen Verbandes für unab- glieder aus ganz Europa werden
hängige Bauprüfung und -überwachung. Gastgeber waren die Bun- dabei in die Diskussion einge-
desvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik (BVPI) und die bracht. Diese Diskussion zeigte in
Bauministerkonferenz (ARGEBAU). der vergleichenden Gegenüberstel-
lung, dass sich der Staat überall in
Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä, ergänzend über die Einführung der Europa immer weiter aus seiner
der Präsident der BVPI, hat die Eurocodes in Deutschland, refe- originären Verantwortung zurück-
Gelegenheit genutzt, um die Prü- rierte vor seinen ausländischen zieht und dass die finanziellen
fung und Überwachung in Zuhörern Dr.-Ing. Robert Hertle, Mittel in Europa überall knapper
Deutschland einem europäisch-in- während der Präsident des Deut- werden.
ternationalen Expertenkreis vorzu- schen Instituts für Bautechnik
stellen. Außerdem machte die (Berlin), Dipl.-Ing. Gerhard Breit- Die Frage allerdings, wer in
BVPI ihre ausländischen Gäste schaft, über die Bauvorschriften in Zukunft die Wegbegleiter sein
und Kollegen mit den bisherigen Deutschland und RA Michael Hal- werden, um den derzeitigen Status
Ergebnissen der pränormativen stenberg über die in Deutschland der Sicherheit, der Qualität und
Arbeit in Deutschland bekannt, übliche Bauüberwachung und des Verbraucherschutzes zu erhal-
vor allem mit den Zielen und Auf- Haftung berichteten. ten beziehungsweise einen ange-
gaben der PraxisInitiativeBau strebten Status zu erreichen, ist
(PRB), an deren Gründung und Berufspolitisches Leitthema das zentrale Thema des CEBC.
Aktivierung die BVPI ja maßgeb- des Consortiums indes war in
lich beteiligt war. Hierüber, und Hamburg – und ist ganz generell – Dipl.-Ing. Manfred Tiedemann
IN HAMBURG haben sich zu ihrem Jahrestreffen 2012 die Delegierten und Repräsentanten des CEBC versammelt, des europäi-
schen Verbandes für Bauprüfung und -überwachung
14
NACHRICHTEN
Karl Morgen wurde 60

Am 19. März hat der gelnBau (PRB), im DIN und im
langjährige Vorsitzende der Lan- CEN zu gewährleisten.
desvereinigung der Prüfinge-
nieure für Bautechnik (VPI) in Karl Morgen, der bis Ende
Hamburg, Dr.-Ing. Karl Morgen, April 2012 die Landesvereini-
Geschäftsführender Gesellschaf- gung der Prüfingenieure in Ham-
ter und Seniorpartner im Ingeni- burg geleitet hat, wuchs in Isny
eurunternehmen WTM En- im Allgäu auf. Sein beruflicher
gineers in Hamburg, sein 60. Le- Werdegang begann 1972 mit dem
bensjahr vollendet. Morgen führt Studium des Bauingenieurwesens
die Landesvereinigung der Prüf- an der Technischen Hochschule
ingenieure schon seit 1995, und Fridericiana zu Karlsruhe, das er
er hat, neben seiner aufreiben- 1977 mit „Auszeichnung“ ab-
den beruflichen Tätigkeit als In- schloss. Später war er Mitarbeiter
genieur, in ganz besonderem im Ingenieurbüro Harrer in
Maß seine Aufgabe auch in der Karl Morgen Karlsruhe und von 1984 bis 1986
Wahrnehmung ehrenamtlicher als Bauleiter bei Dyckerhoff &
Aufgaben gesehen. Er war, um zuheben ist Morgens langjähri- Widmann in Hamburg tätig. 1986
nur einige zu nennen, Grün- ges Engagement für eine praxis- trat Morgen in das Ingenieurbüro
dungs- und Vorstandsmitglied gerechte Normung. Als eine der Windels Timm ein, ab 1988 war
der Hamburgischen Ingenieur- treibenden Kräfte für anwender- er dessen Partner, zwei Jahre spä-
kammer-Bau, und er ist seit freundliche Bemessungsregeln ter erwarb er die Anerkennung
1998 Mitglied des Fachaus- im konstruktiven Ingenieurbau als Prüfingenieur für die Fach-
schusses Ufereinfassung der hat Karl Morgen maßgebend da- richtungen Stahlbau, Massivbau
Hafentechnischen Gesellschaft zu beigetragen, die Praxisinitia- und Holzbau, und 1995 wurde er
(HTG), seit 2010 auch Mitglied tive Normung (PiN) ins Leben auch vom Eisenbahn-Bundesamt
in deren Vorstand, stellvertreten- zu rufen und damit die finanziel- (EBA) als Prüfingenieur aner-
der Vorsitzender der Studienge- le und organisatorische Basis für kannt. Seit 2006 ist er Seniorpart-
sellschaft für unterirdische Ver- eine professionelle Mitarbeit der ner und Leitfigur der WTM En-
kehrsanlagen (STUVA) und Mit- Bundesvereinigung der Prüfin- gineers, die heute in Hamburg,
glied des Vorstandes des Deut- genieure für Bautechnik und des Berlin und München über 250
schen Ausschusses für Stahlbe- Verbandes Beratender Ingenieu- Mitarbeiter beschäftigt.
ton (DAfStb). Besonders hervor- re (VBI) im Verein PraxisRe- Ulrich Jäppelt
BÜV-Mitgliederversammlung mit der Wahl

des Vorstandes am 8. November in München
Am Donnerstag, dem 8. (Schwedt/Brandenburg) als Vor- BÜV demnächst noch gesondert
November 2012, findet von 17 bis sitzender sowie Dipl.-Ing. Jörg zugestellt.
20 Uhr in der Hochschule Mün- Duensing (Hannover) und Dr.-Ing.
chen die nächste ordentliche Mit- Ulrich Scholz (München) als sei- Einen Tag nach der Mitglie-
gliederversammlung des Bauüber- ne Stellvertreter den Vorstand des derversammlung, also am Freitag,
wachungsvereins (BÜV) statt, die BÜV. Geschäftsführer des BÜV dem 9. November 2012, wird,
satzungsgemäß alle zwei Jahre ist Dipl.-Ing. Manfred Tiedemann, ebenfalls an der Hochschule Mün-
durchzuführen ist. Auf ihrer Ta- der in Personalunion auch Ge- chen, die BÜV-Fortbildungsveran-
gesordnung stehen, neben der Be- schäftsführer der Bundesvereini- staltung „Fragen des Planungsall-
handlung gewohnter Regularien, gung der Prüfingenieure für Bau- tags“, abgehalten werden. Auch
die Wahl eines neuen Vorstandes technik ist. Die Einzelheiten der hierüber werden die Mitglieder
sowie der Kassenprüfer. Derzeit Agenda und die offizielle Einla- des BÜV in naher Zukunft geson-
bilden Dipl.-Ing. Rüdiger Scheel dung werden den Mitgliedern des dert informiert werden.
15
NACHRICHTEN
Das Bundesbauministerium legt den ersten Entwurf

einer Eisenbahnbau-Durchführungsverordnung vor
vpi-EBA nennt „unverzichtbare

Voraussetzungen“ einer gesetzlich
geregelten Bauaufsicht im Eisenbahnbau
Die Sorgfaltspflichten des Bauherren und die Kontrollmaßnahmen
des Prüfers müssen klar voneinander getrennt sein
In seinem Bestreben, die Bauaufsicht im Eisenbahnwesen, die darum bittet“, die Stellungnahme
bis jetzt weitestgehend mit Verwaltungsvorschriften geregelt wird, der vpi-EBA „zu bedenken“.
auf dem Verordnungswege gesetzlich neu zu regeln, hat das Bundes-
ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Die Kernforderungen der
kürzlich den Entwurf einer „Verordnung zur Regelung des Verfah- vpi-EBA und der anderen Verbän-
rens zum Bau von Eisenbahnanlagen“ vorgelegt (Eisenbahnbau- de an eine endgültige EBDV sind
Durchführungsverordnung - EBDV). Die Vereinigung der bautech- als, wie es heißt „unverzichtbare
nischen Prüfer im Eisenbahnwesen (vpi-EBA) hat, weil mit einer Voraussetzungen“ folgende:
solchen Verordnung die bauaufsichtlichen Verfahren auf eine für al-
le Beteiligte verbindliche Grundlage gestellt würden, diesen Entwurf ■ Eine klare Trennung der Sorg-
und seine Intention im Zuge der obligatorischen Verbändeanhörung faltspflichten des Bauherrn von
grundsätzlich begrüßt, aber auch, zumindest für seine Bereiche, den Kontrollmaßnahmen der
nämlich für den konstruktiven Ingenieurbau und für den Ober- und Bauaufsicht. – „Eine effiziente
Hochbau, einige „unverzichtbare Voraussetzungen“ für den Inhalt Bauaufsicht muss präventiv sein“.
einer solchen Verordnung formuliert und damit konstruktiv weiter- ■ Eine durchgängige Bauauf-
führende Vorschläge unterbreitet. sicht für alle sicherheitsrelevan-
ten Baumaßnahmen. Eine Frei-
Der Entwurf des BMVBS würde es nach dem neuen Verord- stellung kann nur untergeordnete
stellt den Versuch dar, die bau- nungsentwurf einen Prüfer, einen Baumaßnahmen betreffen. Die
technischen und die signal-, tele- Planungsprüfer und einen Abnah- Unterschiede von IHO und STE
kommunikations- und elektrotech- meprüfer geben. Der erste würde sind bei den Regelungen zu re-
nischen Anlagen gleichwertig zu regelmäßig vom Bauherrn einge- spektieren.
behandeln, die bis jetzt unter dem setzt, die beiden letzteren könnte ■ Verwaltungsvereinfachungen
Dach des Allgemeinen Eisenbahn- das EBA bei außerordentlich und eine schlanke Behörde kön-
gesetzes (AEG) durch zwei Ver- großen und schwierigen Bauvor- nen im IHO-Bereich nur durch
waltungsvorschriften geregelt wer- haben hinzuziehen. eine weitgehende Einbeziehung
den (VVBau und VV Bau STE). von Verwaltungshelfern erfol-
Gleichzeitig rückt der Entwurf der Eine Anerkennung und eine gen. Eine Einsetzung von Sach-
neuen Verordnung sowohl von den Gebührenverordnung für die Prü- verständigen, wie bei STE, ist
bisherigen Verfahren für die Bau- fer sieht der Entwurf nicht vor. nicht zielführend.
aufsicht des Eisenbahnwesens ab ■ Der Verwaltungshelfer muss
als auch von allen weiteren Bau- Die vpi-EBA hat ihre Stel- klar definiert sein. Maßgebliche
aufsichtsverfahren für die übrigen lungnahme zu dem Entwurf des Kriterien sind: eine hohe fachli-
Baubereiche, also von denen für BMVBS mit mehreren anderen che Kompetenz (Nachweis und
den Hoch- und Ingenieurbau. Verbänden verschiedener Infra- Prüfung in Theorie und Praxis),
strukturträger und mit einigen die uneingeschränkte persönliche
Wesentliche Auswirkung ei- behördlichen Institutionen abge- Eignung (Integrität, Durchset-
ner Realisierung dieses Entwurfs stimmt, und sie wisse sich, wie ihr zungsvermögen), Unabhängig-
wäre eine erweiterte Verantwor- Vorsitzender, Dr.-Ing. Dietmar H. keit von Dritten (Bauherren, aus-
tung und Verpflichtung des Bau- Maier, schreibt, mit ihrer Stellung- führenden Firmen), wirtschaftli-
herrn Deutsche Bahn, wohingegen nahme „auf einer breiten Basis“ che Unabhängigkeit (Gebühren-
das EBA erheblich entlastet wer- einig, weswegen er die Autoren des ordnung) und Zugriff der Behör-
den würde. Statt des bautechni- Verordnungsentwurfs und die dafür de (Auskunftspflicht, Dienstauf-
schen Prüfers im Eisenbahnwesen Verantwortlichen des EBA „sehr sicht, Zulassung).
16
NACHRICHTEN
Dr.-Ing. Peter Henke als Vorsitzender der

Landesvereinigung Bayern wiedergewählt
Der Verzicht auf die Unter-
haltung von Zweitniederlassungen
der Prüfingenieure in Bayern, die
Beibehaltung der Altersgrenze für
die Tätigkeit der bayerischen Prüf-
ingenieure, die Einführung der Eu-
rocodes zum 1. Juli 2012 und ein
ausführlicher und hoffnungma-
chender Bericht von Dr.-Ing.
Robert Hertle (Gräfelfing) über
die Tätigkeit und die Fortschritte
der pränormativen Arbeit des Ver-
DER NEUE VORSTAND der Landesvereinigung der Prüfingenieur für Baustatik in
eins „PraxisRegeln Bau“ – das wa- Bayern (v.l.): Dipl.-Ing. Markus Bernhard, Prof. Dr.-Ing. Peter Gebhard, Dipl.-Ing.
ren die Hauptthemen der Jahres- Dietrich Oehmke, Dr.-Ing. Markus Staller, Dr.-Ing. Peter Henke, Dr.-Ing. Walthari
hauptversammlung der Vereini- P. Fuchs, Dipl.-Ing. Konrad Steger
gung der Prüfingenieure für Bau-
statik in Bayern, die traditionell im und Dr.-Ing. Walthari Fuchs eine Prüfingenieurin umfasst.
Hotel Bayerischer Hof in Mün- (Traunstein) in ihren Ämtern be-
chen stattfand. stätigt. Als Beisitzer wurden die Für ihre langjährige Tätig-
Diplom-Ingenieure Markus Bern- keit in der Landesvereinigung der
Daneben aber wurden auch hard (Augsburg), Dietrich Oehm- Prüfingenieure in Bayern dankte
die Neuwahlen des Vorstandes für ke (Nürnberg) und Konrad Steger Henke den nunmehr aus eigenem
die kommenden drei Jahre durch- (München) gewählt. Antrieb den Vorstand verlassenen
geführt. Als Vorsitzender wurde Mitgliedern Dr. Robert Hertle und
Dr.-Ing. Peter Henke (München) Eine der wichtigen Aufga- Dr. Walter Schmitt, die neue Auf-
wiedergewählt; 2. Vorsitzender ben des neuen Vorstandes, so sagte gaben im Präsidium der Bundes-
wurde Dr.-Ing. Markus Staller Henke nach seiner Wiederwahl, vereinigung der Prüfingenieure für
(Gräfelfing), als Schriftführer, und werde es sein, neue Mitglieder für Bautechnik beziehungsweise im
als Schatzmeister wurden Prof. die Landesvereinigung zu werben, Koordinierungsausschuss der VPI
Dr.-Ing. Peter Gebhard (Baldham) die derzeit 65 Prüfingenieure und Bayern übernommen haben.
BVPI erarbeitet bundeseinheitliche

Empfehlungen für Nagelplatten
Der Technische Koordinie- lem der Hersteller und Anwender schusses der BVPI war vor dem
rungsausschusses der Bundesver- von Nagelplattenkonstruktionen Hintergrund der Einführung der
einigung der Prüfingenieure für und der Prüfingenieure zu errei- DIN 1052: 2008-12 zum 1. Januar
Bautechnik (BVPI) ist derzeit da- chen. Die Mittteilung behandelt 2011 entwickelt worden, mit der
mit befasst, seine Technische Mit- grundlegende Anforderungen an die Bemessung von Nagelplatten-
teilung 06/015 für Nagelplatten- die Robustheit, Dachpfetten, konstruktionen normiert worden
konstruktionen als Handlungsemp- Druckbohlen, die Knicklängen der war. Mit ihr hatte sich der Aufwand
fehlung bundeseinheitlich auszu- Obergurte, den Obergurtstoß, die für die Prüfung der bautechnischen
richten. Sie ist, mit Blick auf die Prüfbarkeit bautechnischer Unter- Unterlagen für diese Konstruktio-
DIN EN 1995-1-1 (EC 5), von der lagen sowie die Vereinheitlichung nen aber so erheblich erhöht, dass
Arbeitsgruppe Nagelplatten des der Überwachungsstandards. angesichts diverser komplexer
Technischen Koordinierungsaus- Struktur- und Knotenberechnungen
schusses der BVPI erarbeitet wor- Die Technische Mitteilung einige Prüfaufträge an die Unteren
den, um ein einheitliches Vorge- für Nagelplattenkonstruktionen des Bauaufsichtsbehörden zurückgege-
hen sämtlicher Beteiligter, vor al- Technischen Koordinierungsaus- ben werden mussten.
17
NACHRICHTEN
Jahresversammlung mit Vorstandswahlen
Landesvereinigung Sachsen:
Jäger als Vorsitzender bestätigt
Der Vorsitzende der Lan- wahl der Vorstandsmitglieder schen Landesvereinigung und der
desvereinigung der Prüfingenieure Dipl.-Ing. Sylvia Heilmann (Pir- BVS Sachsen sowie für die gewis-
für Bautechnik in Sachsen, Prof. na), Dipl.-Ing. Jürgen Weisbach senhafte Arbeit als Kassierer und
Dr.-Ing. Wolfram Jäger, ist im (Thum/Erzgeb.) und Dipl.-Ing. Verwalter der Finanzen; Jentzsch
Rahmen der jüngsten Jahreshaupt- Stefan Kraus (Dresden). Als neue leitete in den letzten Jahren den
versammlung der sächsischen Vorstandsmitglieder wählten die Technischen Koordinierungsaus-
Prüfingenieure einstimmig in sei- Mitglieder Prof. Dr.-Ing. Manfred schuss (TKA) in Sachsen.
nem Amt bestätigt worden. Die Curbach (Dresden) und Dipl.-Ing.
Vorstandswahlen in Sachsen erga- Andreas Forner (Leipzig). Mit Die nächsten Aufgaben der
ben darüber hinaus die Wieder- großem Dank aus dem Vorstand Landesvereinigung Sachsen sind,
verabschiedet worden wie Jäger nach seiner Wahl sagte,
sind, weil auf eigenen neben der weiteren konsequenten
Wunsch ausgeschie- Interessenvertretung der Mitglie-
den: Dr.-Ing. Klaus der die Ausrichtung der bevorste-
Bröse (Langebrück) henden Arbeitstagung der Bundes-
und Dr.-Ing. Klaus- vereinigung der Prüfingenieure für
Jürgen Jentzsch (Dres- Bautechnik (BVPI) vom 13. bis
den). Bröse gebührt, 15. September in Dresden (siehe
wie Jäger sagte, be- auch Seite 9) sowie die Verstär-
DER NEUE VORSTAND der Landesvereinigung Sach-
sen der Prüfingenieure (v. l.): Andreas Forner, Stefan sonderer Dank für sei- kung der Weiterbildungsangebote
Kraus, Sylvia Heilmann, Prof. Wolfram Jäger, Jürgen ne Mitarbeit beim im Rahmen der Einführung der
Weisbach. (Nicht im Bild: Prof. Manfred Curbach.) Aufbau der sächsi- Eurocodes.
Zusammenführung relevanter Normen
Die BÜV-Empfehlungen für

tragende Kunststoffbauteile
enthalten jetzt auch Rechenbeispiele
Der Arbeitskreis Tragende babilistische Bemessungskonzept ■ eine dreischichtige Zweifeld-
Kunststoffbauteile des Bauüber- berücksichtige und zu praktika- platte mit Deckschichten aus
wachungsvereins (BÜV) arbeitet blen Planungshinweisen verhelfe. glasfaserverstärktem Laminat
derzeit an einer Novellierung sei- und einer Kernschicht aus
ner Empfehlungen für Entwurf, Die neuen Empfehlung wer- PUR-Hartschaum für eine
Bemessung und Konstruktion tra- den auch sieben konkrete Rechen- Überdachung,
gender Kunststoffbauteile im Bau- beispiele enthalten, und zwar für: ■ eine vierseitig gelenkig gela-
wesen, die er im August 2010 gerte Platte aus Acrylglas
erstmals veröffentlicht hatte. Sie ■ profilierte Einfeldträger aus (PMMA) für ein Vordach,
stellen, wie der BÜV dazu mit- glasfaserverstärktem Laminat ■ einen Sickerwasserschacht
teilt, als sachlich und inhaltlich für eine Überdachung, aus PE-HD,
praxisorientierte Zusammen- ■ die Zylinderwand eines ■ ein GFK-Trapezprofil,
führung geltender themenrelevan- Behälters mit Kegeldach und ■ ein pultrudiertes Profil.
ter Normen ein bei allen Anwen- Bodenplatte aus glasfaserver-
dungen tragender Kunststoffbau- stärktem Laminat zur Spei- Die Veröffentlichung der
teile probates Hilfsmittel für Inge- cherung von Wasser in einer neuen Empfehlungen ist für Ende
nieure dar, welches das semipro- Halle, 2012 geplant.
18
NACHRICHTEN
Koldrack als Vorsitzender der Prüfingenieure

in Mecklenburg-Vorpommern wiedergewählt
Der Vorstand der Landes- (BVPI), Dipl.-Ing. Manfred Tiede- Dr.-Ing. Gerd Geburtig (Ribnitz-
vereinigung der Prüfingenieure für mann – ihren bisherigen Vorstand Damgarten), Dipl.-Ing. Winfried
Bautechnik in Mecklenburg-Vor- einstimmig entlastet und für die Koldrack, Dipl.-Ing. Jörn Konow
pommern hat seinen Vorsitzenden, nächsten drei Jahre einen neuen (Wismar) und Dipl.-Ing. Michael
Dipl.-Ing. Winfried Koldrack (Ro- Vorstand gewählt. Ihm gehören an: Schwesig (Rostock).
stock), einstimmig in seinem Amt
bestätigt. Zuvor hatten die bei der
diesjährigen Jahrestagung anwe-
senden Mitglieder der Landesver-
einigung – in Anwesenheit der DER NEUE VOR-
Leiterin des Referats Bautechnik STAND der Lan-
desvereinigung der
des für die Prüfingenieure in Prüfingenieure in
Mecklenburg-Vorpommern zu- Mecklenburg-Vor-
ständigen Ministeriums für Wirt- pommern (v.l.):
schaft, Bau und Tourismus des Dr.-Ing. Gerd Ge-
Landes, Baudirektorin Dipl.-Ing. burtig, Dipl.-Ing.
Winfried Koldrack,
Ute Kühne, und des Geschäftsfüh- Dipl.-Ing. Michael
rers der Bundesvereinigung der Schwesig, Dipl.-
Prüfingenieure für Bautechnik Ing. Jörn Konow
Betonverein fragt nach Vorträgen für den

Deutschen Bautechnik-Tag 2013 in Hamburg
Unter dem Oberthema „In- ■ Forschung, Entwicklung und ■ Nachhaltige und energieeffi-
frastruktur stärken – Zukunft si- Innovation, ziente Gebäude,
chern“ veranstaltet der Deutsche ■ Instandhaltung und Erweite- ■ Planung und zukünftige Pro-
Beton- und Bautechnik-Verein rung der Verkehrsinfrastruktur, jekte im In- und Ausland.
(DBV) am 11. und 12. April 2013 ■ Interaktion von Bau und
im Congress Center in Hamburg Ökologie, P www.bautechniktag.de
seinen Deutschen Bautechnik-Tag
2013. Dazu ruft er Experten auf,
Vorschläge für Fachvorträge ein-
zureichen (Call for Papers).
Die Bundesvereinigung der

Neuer Vorstand in Hamburg
Prüfingenieure für Bautechnik Nachdem er die Landesver-
(BVPI) ist einer der ideellen Mit- einigung der Prüfingenieu-
re in Hamburg nun schon
träger dieser Veranstaltung und mehr als fünfzehn Jahre
unterstützt daher diesen Aufruf lang als Landesvorsitzen-
mit dem Hinweis auf die Themen, der erfolgreich geführt und
denen sich der Bautechnik-Tag repräsentiert hatte, ist Dr.-
widmen wird: Ing. Karl Morgen (2.v.l.)
nun auf eigenen Wunsch in
diesem Amt abgelöst wor-
■ Aktuelle Baumaßnahmen im den. Sein Nachfolger ist
In- und Ausland, auf der jüngsten Mitgliederversammlung der hamburgischen Prüfingenieure – bei
■ Akzeptanz und übrigens fast achtzigprozentiger Teilnahme aller Mitglieder - gewählt worden. Er ist
Bürgerbeteiligung, auch sein Partner im Ingenieurunternehmen WTM Engineers (Hamburg): Dr.-Ing.
Ulrich Jäppelt (l.). Jäppelt wird künftig im Vorstand unterstützt werden von Dr.-Ing.
■ Bauprojekte in Hamburg, Rainer Grzeschkowitz (r.), der in den Vorstand gewählt worden ist, nachdem auch
■ Bauwerke für die Dipl.-Ing. Horst-Ulrich Ordemann (2.v.r.) sein Amt nach langjähriger Vorstands-
Energiewende, tätigkeit niedergelegt hatte.
19
NACHRICHTEN
Eurocode-Einführung/Stahlregale/Absturzsicherungen/CE-Kennzeichnung
für Tragfähigkeitswerte
Bericht aus dem Deutschen

Institut für Bautechnik
Weil seine Arbeit für die Prüfingenieure und Prüfsachverstän- frei im Sinne von § 61 Abs. 1
digen von eminenter Bedeutung ist, hat die Bundesvereinigung der lfd. Nr. 14 der MBO bleiben.
Prüfingenieure für Bautechnik mit dem Deutschen Institut für Bau-
technik (DIBt) vereinbart, dass künftig in jeder Ausgabe des Prüfin- ■ Für Stahlregale, die gleich-
genieurs über hauptsächlich für Prüfingenieure relevante aktuelle zeitig die tragende Gebäudekon-
Themen berichtet wird. Im ersten dieser Berichte wird nachfolgend struktion sind und von den Re-
die Einführung der Eurocodes dargestellt, die Verwendbarkeits- galherstellern als Silos bezeich-
nachweise für Stahlregale und andere ortsfeste Regale, Absturzsi- net werden, sowie für sonstige
cherungen nach EN 795 und die CE-Kennzeichnung nach EN 1090-1 Stahlregale mit dauerhafter orts-
mit der Angabe von Tragfähigkeitswerten. fester Nutzung und einer Ober-
kante Lagerguthöhe von mehr
Anwendung und bauaufsichtli- Das DIBt hat die bauauf- als 7,50 m gelten die entspre-
che Einführung der Eurocodes sichtliche Einführung der Euroco- chenden Bestimmungen in der
des inzwischen zusammen mit den Bauregelliste A Teil 1 sowie die
Die für die Bereiche Betonbau, obersten Bauaufsichtsbehörden zugehörigen Technischen Bau-
Stahlbau, Verbundbau, Holzbau, der Länder nach Abstimmung in bestimmungen. Sofern bei die-
Geotechnik und Aluminiumbau den entsprechenden Gremien der sen Stahlregalen die Tragfähig-
vorliegenden Eurocodeteile und ARGEBAU vorbereitet. Dazu keiten von Bauteilen oder die
die zugehörigen Nationalen An- wurde die Musterliste der Techni- Tragfähigkeiten und Steifigkei-
hänge dürfen bekanntlich ent- schen Baubestimmungen 2012 be- ten von Anschlüssen nicht nach
sprechend der Veröffentlichun- reits entsprechend aktualisiert. Sie den geltenden Technischen Bau-
gen der Fachkommission Bau- muss derzeit noch das Notifizie- bestimmungen oder auf der
technik in den DIBt-Mitteilun- rungsverfahren bei der Europäi- Grundlage von Versuchen ermit-
gen 06/2010 und 02/2011 bereits schen Kommission durchlaufen. telt werden, ist als Verwendbar-
seit Januar 2011 als gleichwerti- Die offizielle bauaufsichtliche keitsnachweis eine allgemeine
ge Lösung entsprechend § 3 Ab- Einführung der Eurocodes über bauaufsichtliche Zulassung er-
satz 3 Satz 3 der Musterbauord- die jeweilige Liste der Techni- forderlich.
nung (MBO) angewendet wer- schen Baubestimmungen der Län-
den. der soll dann zum 01.07.2012 er- Für die Stahlregale, für die
folgen. künftig allgemeine bauaufsichtli-
Die Anwendung erfolgt bis che Zulassungen erforderlich wer-
zur bauaufsichtlichen Einführung Bauaufsichtliche Verwendbar- den, ist eine Übergangsfrist vorge-
mit den Einwirkungen nach den keitsnachweise für Stahlregale sehen, bis zu deren Ablauf die ge-
Normen der Reihe DIN 1055. Nur nannten Zulassungen vorliegen
für die Bemessung im Brandfall Das Thema „Bauaufsichtliche sollten. Als Ende der Übergangs-
sind die Einwirkungen nach DIN Verwendbarkeitsnachweise für frist wurde der 31.12.2012 verein-
EN 1991-1-2 in Verbindung mit Stahlregale“ wurde in der Ver- bart. Zustimmungen im Einzelfall
dem zugehörigen Nationalen An- gangenheit umfassend in der für zulassungspflichtige Regale
hang zu verwenden, wobei Natur- Fachkommission Bautechnik be- sollten bis zum Ende der Über-
brandmodelle nach Abschnitt 3.3 raten, sodass sich nunmehr fol- gangsfrist nur eine Ausnahme
von DIN EN 1991-1-2 derzeit aus- gender Sachstand ergibt: sein.
geschlossen sind.
■ Stahlregale, die nicht gleich- Bisher bereits vorliegende
Für die Ausführung von zeitig die tragende Gebäudekon- Versuchsergebnisse der Hersteller
Beton-, Aluminium-, Stahl- und struktion darstellen, aber den- sollen im Rahmen der Zulassungs-
Verbundtragwerken sind zusätz- noch für eine dauerhafte ortsfe- erteilung berücksichtigt werden,
lich die in den o. g. Veröffentli- ste Nutzung vorgesehen sind und sofern die zugehörige Versuchs-
chungen der Fachkommission eine Oberkante Lagerguthöhe durchführung und Versuchsaus-
Bautechnik angegebenen Regeln von bis zu 7,50 m aufweisen, wertung den maßgeblichen Ver-
zu beachten. sollten weiterhin genehmigungs- fahren entsprechen.
20
NACHRICHTEN
Weitere Hinweise zum The- sind im Einzelfall mit dem DIBt folgt derzeit entweder nach den
ma „Bauaufsichtliche Verwend- zu vereinbaren. Die in DIN EN eingeführten Technischen Baube-
barkeitsnachweise für Stahlregale“ 15512 sowie in den europäischen stimmungen oder auf der Grundla-
sind Heft 04/2011 der DIBt Mit- Richtlinien FEM 10.2.06, ge von bauaufsichtlichen Ver-
teilungen zu entnehmen. 10.2.07 und 10.2.09 festgelegten wendbarkeitsnachweisen. Das
Angaben zu Versuchen sollen DIBt hat bisher bereits mehrere
Palettenregale dabei, sofern möglich, für die allgemeine bauaufsichtliche Zulas-
Zulassungsversuche berücksich- sungen für die Verbindung von
Bisher gibt es nur für Palettenre- tigt werden. PV-Modulen mit Metallunterkon-
gale eine normative Regelung für struktionen erteilt.
den Tragsicherheits- und Ge- Solaranlagen
brauchtauglichkeitsnachweis. Weitere Hinweise zum The-
Dieser ist in DIN EN 15512 ge- Solaranlagen bestehen i. d. R. ma „Solaranlagen“ sind den DIBt
regelt. Eine vergleichbare Rege- aus Solarmodulen (Solarkollek- Mitteilungen unter www.dibt.de
lung für andere Regaltypen fehlt toren oder PV-Modulen), der zu- zu entnehmen.
derzeit. Nach ausführlicher Dis- gehörigen Unterkonstruktion und
kussion in der Fachkommission entsprechenden mechanischen Absturzsicherungen nach
Bautechnik wurde beschlossen, Verbindungselementen zur Ver- EN 795
DIN EN 15512 nicht in die Liste bindung der Solarmodule mit der
der Technischen Baubestimmun- Unterkonstruktion. Bei PV-Mo- Bei Absturzsicherungen nach
gen aufzunehmen, da das gesam- dulen kommen auch vermehrt EN 795 handelt es sich um spe-
te Nachweiskonzept der Norm geklebte Verbindungen zur An- zielle Befestigungselemente, die
auf einer versuchsgestützten Be- wendung. Die Anwendung von auf Dächern montiert werden,
messung basiert. Die zugehöri- Solarmodulen erfolgt entweder um den Absturz von Personen
gen Versuche sind im Anhang A im Dach- oder Fassadenbereich, zu verhindern, die mit an diesen
der Norm beschrieben. Der An- als Überkopfverglasung oder in Befestigungselementen einge-
hang A von DIN EN 15512 soll eigenständigen und gebäudeun- hakten Sicherungsseilen gesi-
jedoch künftig als Grundlage der abhängigen Solaranlagen. chert sind. Bei den Befesti-
Erteilung von allgemeinen bau- gungselementen handelt es sich
aufsichtlichen Zulassungen für Der Nachweis der Standsi- um nicht geregelte Bauprodukte,
Palettenregale dienen. In den all- cherheit von Solarkollektoren und deren Tragfähigkeit für statische
gemeinen bauaufsichtlichen Zu- PV-Modulen erfolgt bisher je nach und stoßartige Beanspruchung
lassungen für Palettenregale soll Art der vorgesehenen Anwendung i. d. R. durch Versuche ermittelt
dann hinsichtlich der Bemessung entweder nicht oder nach den wird.
auf DIN EN 15512 verwiesen technischen Regeln des Glasbaus
werden. Das bedeutet dann unter oder auf der Grundlage von bau- Für die Verwendung von
anderem auch, dass künftig für aufsichtlichen Verwendbarkeits- Absturzsicherungen nach EN 795
den Tragsicherheits- und Ge- nachweisen. ist eine allgemeine bauaufsichtli-
brauchstauglichkeitsnachweis che Zulassung erforderlich, es sei
von Palettenregalen die in DIN Zur Klarstellung der bau- denn, die Absturzsicherungen kön-
EN 15512 festgelegten Teilsi- aufsichtlichen Einstufung von So- nen nach den geltenden Techni-
cherheitsbeiwerte γf und γM zu larkollektoren und PV-Modulen schen Baubestimmungen rechne-
verwenden sind. werden diese im Zusammenhang risch nachgewiesen werden. Zur
mit den EG-Richtlinien 97/23/EG Klarstellung dieses Sachverhaltes
Aus Sicht des DIBt sollte und 2006/95/EG in die Bauregelli- erfolgt die Aufnahme von EN 795
die hier und in der im Abschnitt ste B Teil 2 aufgenommen. Die er- im Zusammenhang mit der Richt-
2.1 genannten Veröffentlichung im forderlichen Verwendbarkeits- linie 89/686/EWG (PSA-Richtli-
Heft 4/2011 der DIBt Mitteilungen nachweise werden dort in Abhän- nie) in die Bauregelliste B Teil 2.
dargestellte Vorgehensweise auch gigkeit von der Art und Größe der Dort wird dann eine allgemeine
für Zustimmungen im Einzelfall Solarkollektoren und PV-Module bauaufsichtliche Zulassung als zu-
für Palettenregale übernommen sowie der vorgesehenen Anwen- sätzlich zur CE-Kennzeichnung
werden. dung festgelegt. erforderlicher Verwendbarkeits-
nachweis festgelegt.
Andere Regale mit dauerhaf- Der Nachweis der Standsi-
ter ortsfester Nutzung cherheit der Verbindung von So- Die zugehörigen Zulas-
larkollektoren und PV-Modulen sungsversuche werden in Anleh-
Die erforderlichen Zulassungs- mit der Unterkonstruktion, die im nung an EN 795 durchgeführt. Ab-
versuche und deren Auswertung Regelfall aus Metall besteht, er- weichend von EN 795 wird jedoch
21
NACHRICHTEN
die zugehörige Unterkonstruktion nach den entsprechenden Euro- heitsnachweis durch einen Prüfin-
mitgeprüft. codes erfolgen. genieur/Prüfsachverständigen für
Standsicherheit zu bestätigen.
CE-Kennzeichnung nach Die Frage, ob diese Trag-
EN 1090-1 mit Angabe von fähigkeitsmerkmale dann Des Weiteren wurde nach
Tragfähigkeitswerten nochmals durch einen Prüfinge- entsprechender Diskussion in der
nieur bzw. Prüfsachverständigen Fachkommission Bautechnik im
Für die CE-Kennzeichnung und für Standsicherheit zu überprüfen Teil II der Liste der Technischen
das Konformitätsnachweisver- sind, wurde in der Fachkommissi- Baubestimmungen unter der lfd. Nr.
fahren von serienmäßig und on Bautechnik diskutiert. 5.62 und der zugehörigen Anlage
nicht serienmäßig hergestellten 5/32 auch noch folgende Regelung
tragenden Bauteilen und Bausät- Die Diskussion hat ergeben, im Zusammenhang mit der Aufnah-
zen aus Stahl und Aluminium, dass im Rahmen der Aufnahme me von EN 1090-1 getroffen:
die als Bauprodukte in den Wa- von EN 1090-1 in den Teil II der
renverkehr gebracht werden, gilt Liste der Technischen Baubestim- Für die Verwendung von
die harmonisierte europäische mungen dort unter der lfd. Nr. Bauteilen oder Bausätzen aus
Produktnorm EN 1090-1, in 5.62 und der zugehörigen Anlage nichtrostenden Stählen sowie für
Deutschland umgesetzt durch 5/32 folgende Regelung aufge- die Verwendung von Bauteilen und
DIN EN 1090-1. Im Rahmen der nommen wurde: Bausätzen, deren Tragfähigkeits-
CE-Kennzeichnung können bzw. merkmale auf der Grundlage von
müssen verschiedene Leistungs- Werden Tragfähigkeitsmerk- Versuchen ermittelt werden, ist ei-
merkmale deklariert werden. Un- male von Bauteilen oder Bausätzen ne allgemeine bauaufsichtliche
ter anderem können auch Trag- in Form von Tragfähigkeitswerten Zulassung oder eine Zustimmung
fähigkeitsmerkmale deklariert oder kompletten statischen Berech- im Einzelfall erforderlich.
werden. Dies kann bei komple- nungen im Rahmen der CE-Kenn-
xeren Bauteilen oder Bausätzen zeichnung deklariert, so ist bei Dr.-Ing. Karsten Kathage,
z. B. durch den Verweis auf eine prüf- und bescheinigungspflichti- Vizepräsident des Deutschen
zugehörige statische Berechnung gen Bauvorhaben der Tragsicher- Instituts für Bautechnik
Neue Ausgabe der BÜV-Empfehlungen für

die Bauüberwachung von Windenergieanlagen
Der Arbeitskreis Windener- Eine ganzheitliche Überwachung Die Empfehlungen des
gieanlagen des Bauüberwachungs- von Baugrund, Gründung und Bauüberwachungsvereins für die
vereins (BÜV) hat, vor dem Hin- Turmkonstruktion, bezogen auf die Bauüberwachung von Wind-
tergrund der sich ändernden Nor- Übereinstimmung mit den geprüf- energieanlagen haben auch Beach-
menlandschaft, mit der Novellie- ten Ausführungsunterlagen, wie sie tung in der Richtlinie für Wind-
rung und Anpassung seiner Emp- von den Bauordnungen der deut- energieanlagen (Einwirkungen
fehlungen für die Bauüberwachung schen Länder vorgeschrieben wird, und Standsicherheitsnachweise für
von Windenergieanlagen begon- werde aber, so schreibt der BÜV, Turm und Gründung, Stand: Ent-
nen, die er seit 2004 herausgibt. immer noch sehr oft unterlassen. wurf Januar 2012) des Deutschen
Hintergrund war damals und ist Instituts für Bautechnik (DIBt) ge-
heute noch die Tendenz, immer Die aktualisierten Empfeh- funden, und sie werden, davon
mehr Windenergieanlagen zu er- lungen können voraussichtlich im zeigt sich der Bauüberwachungs-
richten, häufig versehen mit einer Juni 2012 veröffentlicht werden. verein in einem Schreiben über-
bundesweit geltenden Typenprü- Sie haben die Form einer Check- zeugt, „Planungssicherheit für
fung für die Turmkonstruktion. liste, in der zwischen bautechni- Bauherren, Planer und ausführen-
Deren Ausführung wird aber nach schen Unterlagen und Prüfgegen- de Firmen im Sinne einer vorbeu-
den Feststellungen des BÜV mei- ständen unterschieden wird, die genden Gefahrenabwehr und eines
stens nicht kontrolliert, bestenfalls bei einer Bauüberwachung stich- nachhaltigen Verbraucherschutzes
die Ausführung der Fundamente. probenhaft zu kontrollieren sind. schaffen“.
22
WASSERBAU
Nachweise für
Wasserbauwerke – Wohin
geht der Weg?
Einige grundlegende Vorgehensweise 1 Einführung
für den Entwurf und die
Bemessung massiver Wasserbauwerke
Wasserbauwerke wie z.B. Schleusen, Wehre,
Mit der DIN 19702 (Massive Wasserbauwerke – Kraftwerke, Düker, Durchlässe, Siele, aber auch
Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Dauer- Staumauern, sind langlebige Infrastrukturgüter, die
haftigkeit) wurde 2010 eine erste Norm im Bereich eine hohe Sicherheit und Verfügbarkeit aufweisen
des Normenausschusses Wasserwesen (NAW) müssen. Sie sind gekennzeichnet durch:
nach dem neuen Sicherheitskonzept der Euroco-
des gestaltet. Einige grundlegende Regelungen ■ hohe Wasserdruckbelastungen bei gleichzeitig ho-
und Vorgehensweisen für Entwurf und Bemes- hen Potentialdifferenzen,
sung von massiven Wasserbauwerken werden im ■ Anforderungen an eine Wasserundurchlässigkeit
Beitrag dargestellt und erläutert. Sukzessive wer- bis hin zu Wasserdichtigkeiten,
den weitere Normen des NAW, die verschiedenste ■ hohe Erwartungen an die Nutzungsdauer, rechne-
Bauwerke im Wasserbau behandeln, auf das neue risch nach heutigen Vorstellungen 100 Jahre, man-
Normenkonzept umgestellt werden. Hierbei wird che bestehende Bauwerke erreichen deutlich mehr,
auch noch der Übergang von den zuletzt noch in ■ in der Regel massige Betonbauteile mit großen
Bezug genommenen neuen nationalen Normen, Abmessungen,
DIN-Normen ab 2001 bis 2010, zu den neuen Eu- ■ bei Schleusen zyklischen Belastungen unter hoher
rocodes, DIN ENs ab 2009, die ab Mitte 2012 suk- einstufiger Beanspruchung, sie erfahren jeweils
zessive ihre Einführung erfahren werden, beinhal- immer die „volle“ Wechsellast,
tet sein. Die bei der Beschäftigung mit Wasserbau- ■ einer Wechselwirkung zwischen Bauwerk und Bo-
werken zum Teil noch offenen Fragestellungen so- den, Boden als Aufstandsfläche bzw. seitlicher
wie noch zu optimierende Sachverhalte werden Anschüttung,
„als Weg“ dargestellt und andiskutiert. ■ hohen Dauerhaftigkeitsanforderungen gegenüber
Frost-Tauwechsel, mechanischen Beanspruchun-
gen durch z. B. Geschiebe (Hydroabrasion),
Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Claus Kunz Schiffsreibung, etc.
ist stellv. Leiter der Bundesan- ■ Temperaturwechseln,
stalt für Wasserbau (BAW) in ■ (Riss-) Wasserdrücken,
Karlsruhe und leitet deren Ab-
teilung Bautechnik: er studierte und führen zu spezifischen, wasserbaulichen Anfor-
an der Universität Karlsruhe derungen, die sich in allgemeinen DIN-Normen nicht
(TH), absolvierte sein Referen- oder nur bedingt integrieren lassen.
dariat beim Bundesministerium
für Verkehr in Bonn, war dann Im Normenausschuss Wasserwesen (NAW)
beim Wasserstraßen-Neubau- des DIN sind einige wasserbauspezifische Normen
amt in Datteln und ist bis heute vorhanden, die unlängst überarbeitet worden sind, in
bei der BAW in Karlsruhe tätig: er ist Obmann ver- Überarbeitung sind oder in der nächsten Zeit zur
schiedener Normungsgremien (DIN 19702 – Stand- Überarbeitung anstehen.
sicherheit massiver Wasserbauwerke; DIN 1055-9 –
Außergewöhnliche Einwirkungen, ZTV-W LB 215 – Wasserbauspezifische Normen im NAW, die
Beton im Wasserbau; PIANC WG140 – partial safety den Anwendungsbereich von Bauwerken analog zum
concept for hydraulic structures; DIN-NAW-FB-02 – konstruktiven Ingenieurbau betreffen, wurden bzw.
Leiter des Fachbereichs Wasserbau im NAW) werden in Übereinstimmung mit den neuen Regeln
23
WASSERBAU
der Eurocodes erstellt. Dies beinhaltet die Bemes- 2 Nachweise nach DIN 19702
sung und Ausführung von Tragwerken nach dem
Teilsicherheitskonzept als dem bauartübergreifenden
Sicherheitskonzept, den Nachweis in Grenzzuständen
der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit sowie 2.1 Anwendung und Gliederung
der Anwendung von Teilsicherheits- und Kombinati-
onsregeln, was in der Praxis dazu führt, dass auf die DIN 19702 [5]), Massivbauwerke im Wasser-
Normen des konstruktiven Ingenieurbaus aufgebaut bau – Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Dau-
wird. erhaftigkeit, stellt die erste wasserbauspezifische Norm
nach dem neuen Teilsicherheitskonzept dar. Wie der
Damit einhergehen die konsistente Übernahme Titel der Norm bereits ausdrückt, werden aus wasser-
der für den Ingenieurbau bzw. Brückenbau geltenden bauspezifischer Sicht die drei Säulen der konstruktiven
Begrifflichkeiten, Nachweisformate und Methoden. Nachweise adressiert, die zu Sicherheit bzw. Zuverläs-
Ergänzt werden daher in den wasserbauspezifischen sigkeit führen. Normen des konstruktiven Ingenieur-
Normen wasserbauspezifische Regelungen. baus, insbesondere DIN 1055-100 [2], Grundlagen der
Tragwerksplanung, DIN 1054 [9], Baugrund – Stand-
Die derzeitige Regelwerkssituation für Wasser- sicherheitsnachweise und die Reihe DIN 1045 [3] ein-
bauwerke, die aus Betonbauteilen und Stahlwasser- schl. DIN EN 206-1, Beton- und Stahlbetonbau, wer-
bau bestehen, lässt sich vereinfachend für die Bemes- den in Bezug genommen. DIN 19702 [5] ist daher kei-
ne „unabhängige“ Norm, sondern sie regelt Besonder-
heiten auf der Grundlage anderer Normen.
DIN 19702 [5] gilt für alle massiven Wasser-

bauwerke aus Beton, Stahlbeton und prinzipiell auch
Mauerwerk, im Binnenland wie auch im Küstengebiet;
also z.B. für Wehranlagen, Schleusen, Wasserkraftwer-
ke, Schöpfwerke, Entnahmebauwerke, Sohlenbauwer-
ke, Durchleitungsbauwerke, massive Bauteile von Ka-
nalbrücken und massive Hochwasserschutzbauwerke.
Bauwerke des Offshore-Bereichs sowie Baugruben-
umschließungen werden damit nicht behandelt; für
Bauwerke nach DIN 19700-11 und –12 [10], wie z.B.
Staumauern, gelten nur Teilaspekte der DIN 19702
[5]. Die Gliederung geht aus Abb. 2 hervor.
Abb. 1: Derzeitige Regelwerkssituation für Wasserbauwer-
ke (d.h. bis vor. 30.06.2012) Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
sung und Ausführung der Haupttragelemente gemäß 2 Normative Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abb. 1 aufzeigen. Auf die jeweiligen Grundnormen 3 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
der Einwirkungen, Reihe DIN 1055 [1], [2], der bau- 4 Berechnungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1 Baugrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
artspezifischen Normen der Reihe DIN 1045 [3] und 4.2 Einwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
der Reihe DIN 18800 [4], folgen wasserbauspezifi- 5 Nachweis der Tragfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
sche Spezialnormen, wie DIN 19702 (2010-06), [5], 5.1 Allgemeines zu den Nachweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Bemessungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
und DIN 19704 (1998-10), [6]. Für die Interaktion 5.3 Grundsätze der Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
mit dem Boden werden für grundbauspezifische 5.4 Nachweise für bestehende Wasserbauwerke . . . . . . . . . . . .
Nachweise die Normen der Geotechnik angewendet. 6 Nachweis der Gebrauchstauglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bei einigen Bauherrn, wie z.B. der Wasser- und 6.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Begrenzung der Rissbreiten von Stahlbeton . . . . . . . . . . . . .
Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), werden 6.3 Begrenzung der Verformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
darüber hinaus Zusätzliche Technische Vertragsbe- 7 Dauerhaftigkeit von Betonbauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
dingungen im Wasserbau, ZTV-W, angewendet. Für 7.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Expositionsklassen und Mindestanforderungen . . . . . . . . . .
die Ausgabe 2004 der ZTV-W LB 215, [7], die man- 7.3 Beton und Bewehrung
gels damaliger Überarbeitung der früheren DIN 7.4 Betontemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19702 von 1992 hinsichtlich des Teilsicherheitskon- 7.5 Anforderungen an Festbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.6 Arbeitsfugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
zeptes bereits das neue Normenkonzept aufgriff, wur-
8 Bauausführung, Bauüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
den durch die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) 9 Inbetriebnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
zuvor exemplarisch Vergleichsrechnungen durchge- 10 Bauwerksüberwachung und -unterhaltung . . . . . . . . . . . . . .
führt und in einem Mitteilungsblatt veröffentlicht,
[8]. Abb. 2: Gliederung der DIN 19702 (2010-06), [5]
24
WASSERBAU
2.2 Einwirkungen derliche und außergewöhnliche Einwirkungen als

charakteristische Werte festzulegen. Die maßgeben-
Einwirkungen in DIN 19702 [5] behandeln Ei- den Wasserstände für ein massives Wasserbauwerk
genlasten, Wasserdruck, Erddruck, Auflasten, Ver- einer Staustufe sind für ständige bzw. veränderliche
kehrslasten, Wellenlasten, Schnee- und Eislasten, Einwirkungen in der Regel neben dem Stauziel der
Windlasten, Temperatur, Bergbauliche Einwirkun- Wasserstand aus einem „normalen“ Abfluss gemäß
gen, Erdbebeneinwirkungen, Außergewöhnliche Ein- BHQ1 und einem außergewöhnlichen BHQ2 , jeweils
wirkungen und Kolkbildung. nach DIN 19700-13 [10]. Je nach Bedeutung der
Staustufe entspricht BHQ1 einem Hochwasser mit ei-
Eigenlasten, Schnee- und Windlasten sind ner jährlichen Überschreitungswahrscheinlichkeit
nach der Normenreihe DIN 1055 [1] zu berücksichti- von bis zu 10–2 und BHQ2 einem außergewöhnlichen
gen. Die charakteristischen Einwirkungen der auf das Hochwasser mit einer jährlichen Überschreitungs-
Bauwerk wirkenden Erddrücke sind nach DIN 4085 wahrscheinlichkeit von bis zu 10–3. Die maßgeben-
[11] in Verbindung mit DIN 1054 [9] zu ermitteln, den Wasserstände für ein massives Wasserbauwerk
wobei zur Bestimmung der Erddrücke im grundwas- an einem freifließenden Gewässer sind in der Regel
serdurchströmten Untergrund die Auftriebs- und für ständige bzw. veränderliche Einwirkung aus ei-
Strömungskräfte aus den charakteristischen Werten nem Hochwasser-Abfluss mit einem Wiederkehr-
der Grundwasserstände zu ermitteln sind. Verkehrsla- intervall von T = 100 a (jährliche Überschreitungs-
sten, Wellenlasten, Eislasten und außergewöhnliche wahrscheinlichkeit 10–2) und für die außergewöhnli-
Einwirkungen sind mit wasserbauspezifischem Hin- che Einwirkung mit einem Wiederkehrintervall von
tergrund erwähnt. Wasserbauspezifisch ist auch die T = 1000 a (jährliche Überschreitungswahrschein-
Berücksichtigung von Kolkbildungen mit daraus sich lichkeit 10–3) zu bestimmen.
ändernden Einwirkungsgrößen.
Im Grundwasserbereich sind neben dem
2.2.1 Wasserdruck Grundwasserdruck ebenso die Wirkung von Grund-
wasserströmungen zu berücksichtigen, welche bei
Besonderes Augenmerk gilt der Leiteinwir- komplexen geohydraulischen und geometrischen
kung Wasserdruck, dessen Kräfte prinzipiell verän- Verhältnissen detaillierter ausgeführt werden müssen.
derliche Einwirkungen darstellen und dessen charak- Die Verminderung eines Wasserdrucks durch Dräns
teristische Werte nach DIN 1055-100 [1] mit einem ist nur zulässig, wenn die Drän-Wirkung regelmäßig
Quantilwert, zur rechnerisch planmäßigen Nutzungs- kontrollierbar und der Drän instandsetzungsfähig ist.
dauer von 100 Jahren passt das 99%-Quantil, zu be-
stimmen sind. Dies gilt auch für den Grundwasser- Massive Bauwerke im Wasserbau erfahren als
druck. Bei Vorliegen einer begrenzenden geometri- Besonderheit einen Wasserdruck im Inneren von
schen Randbedingung, z.B. eine Wehrüberfallkante Bauteilen, Spaltwasserdruck in offenen Fugen, Riss-
oder einer Schleusenplaniehöhe, aber auch bei bau- wasserdruck in möglichen Rissen sowie Porenwas-
zeitlicher Grundwasser-Absenkung, darf der Wasser- serdruck im Bauwerkskörper (Druckzone) (Abb. 3).
druck als Einwirkung mit dem Teilsicherheitsbeiwert Dieser wirkt in klaffenden Fugen unbewehrter Bau-
für ständige Einwirkungen angesetzt werden. Was- teile und Zugzonen von Stahlbeton und führt zu einer
serdrücke, die auf beiden Seiten eines Bauwerks bzw. Vergrößerung von klaffender Fuge bzw. Zugzone.
Bauteils wirken und die physikalisch bzw. statisch di-
rekt voneinander abhängen, also z.B. Wasserdrücke
beidseitig einer unterströmten (Tauch-)Wand, werden
mit dem gleichen Teilsicherheitsbeiwert und damit
auch gleichermaßen günstig oder ungünstig berück-
sichtigt.
Die Zusammenstellung der jeweiligen Wasser-

stände bei einem Bauwerk/Bauteil erfordert bei beid-
seitiger Wasserbeaufschlagung die Festlegung eines
Spektrums einander zugehöriger Wasserstände in Ab-
hängigkeit von der Art und Nutzung des Bauwerks
(z.B. bei einer Schleuse Oberwasserstand OW, Unter-
wasserstand UW und Grundwasserstände GWi).
Bei Kanalhaltungen, Kanälen und stehenden

Gewässern sind entsprechend der Nutzung die maß- Abb.3: Systemskizze für Wasserdruck im Inneren von Bau-
gebenden Wasserstände jeweils für ständige, verän- teilen, aus DIN 19702 [5]
25
WASSERBAU
2.2.2 Temperatur
Temperatureinwirkungen berücksichtigen Ein-

wirkungen beim Abbinden des Betons, dem frühen
Zwang, sowie lastunabhängige Beanspruchungen
während der Nutzung, dem so genannten späten
Zwang. Die Berücksichtigung des frühen Zwangs er-
folgt über das Merkblatt „Rissbreitenbeschränkung
für frühen Zwang in massiven Wasserbauwerken“ der
Bundesanstalt für Wasserbau, BAW-MFZ [12]. Für
saisonale Temperatureinwirkungen werden Anhalts-
werte gegeben, ausgehend von einer mittleren Auf-
stelltemperatur des Bauteils von 10 °C sind saisonale
Temperaturänderungen ∆T als linear veränderlicher
Temperaturanteil wie folgt anzusetzen:
Abb. 5: Temperaturmessungen an der Schleuse Hohenwar-
■ erdseitige Oberflächen dürfen mit einer Tempera- the, nach Fleischer, H. [13]
tur von +10 °C angenommen werden;
■ luftseitige Oberflächen von massiven Bauteilen er- stischem Verformungsverhalten, ist die Einwirkung
fahren einen Temperaturunterschied ∆T = ± 25 K; Temperatur als veränderliche Einwirkung in der Re-
■ wasserseitige Oberflächen von massiven Bauteilen gel nur bei Gebrauchstauglichkeitsnachweisen zu
erfahren einen Temperaturunterschied ∆T = ± 15 K. berücksichtigen.
Dies bedeutet, dass z.B. bei einem Schleusen- 2.3 Tragfähigkeitsnachweise

Querschnitt die Oberflächen im Bereich des Freibords
im Sommer mit T = +35 °C und im Winter mit T = Für Nachweise der Tragfähigkeit sind Einwir-
–15°C anzusetzen sind, im Bereich zwischen Oberwas- kungen, Auswirkungen bzw. Beanspruchungen aus
ser (OW) und Unterwasser (UW) sowie in nahezu stän- charakteristischen Erd- und Grundwasserdrücken je-
dig wasserbenetzten Bereichen im Sommer mit T = weils für die Schnittkraftbestimmung für Bauteil-
+25 °C und im Winter mit T = –5°C anzusetzen sind. Nachweise mit den in den massivbaulichen und für
Objektspezifische Ermittlungen dürfen zu anderen An- geotechnische Nachweise mit den in den geotechni-
sätzen führen (Abb. 4). In-situ-Messungen an einer schen Normen festgelegten Teilsicherheitsbeiwerten
neueren Schleusenanlage bildeten hierfür den Erfah- zu multiplizieren.
rungshintergrund (Abb. 5). Die Regelungen in DIN
19702 [5] stimmten mit den aus über mehrere Jahre ge- Wegen der Unterschiede zum geotechnischen
messenen Temperaturgradienten im „August“ sehr gut Sicherheitskonzept sind an der Schnittstelle von
und mit denen im „Januar“ gut überein und erfüllen die Tragwerk und Boden/Baugrund die Beanspruchun-
auf einer gewissen „sicheren“ Seite liegenden Regeln. gen jeweils als charakteristische Werte anzugeben.
Für geotechnische Nachweise sind dann die Bean-
Bei nachgewiesener Duktilität des Tragwerks spruchungen nach DIN 1054 [9] festzulegen (z. B.
oder seiner Tragwerksteile, d. h. ausreichendem ela- Einstufung des Grundwassers als ständige Einwir-
kung).
Die Einwirkungskombinationen sind unter-

schiedlichen Bemessungssituationen nach DIN
1055-100 [2] zuzuordnen, die für den Nachweis der
Tragfähigkeit nach ständiger, vorübergehender oder
außergewöhnlicher Bemessungssituation sowie ggf.
nach einer Bemessungssituation infolge von Erdbe-
ben unterschieden werden. Erläuterungen mit den im
Wasserbau typischen Einwirkungen werden beispiel-
haft angegeben. In der vorübergehenden Bemes-
sungssituation finden sich Einwirkungskombinatio-
nen von Bau- oder Revisionszuständen, aber auch
durch Kolkbildung veränderte Einwirkungen, sofern
die Kolkbildung regelmäßig überwacht und beseitigt
Abb. 4: Schleusenquerschnitt mit anzusetzenden Tempera- werden kann. In der außergewöhnlichen Bemes-
turen nach DIN 19702 [5] sungssituation finden sich neben den klassischen Ka-
26
WASSERBAU
Kombinationsregeln Unabhängige Unabhängige Unabhängige Außergewöhnliche Bemessungssituationen im

ständige veränderliche veränderliche Einwirkungen Allgemeinen zu 1,0 gesetzt
Einwirkungen Einwirkungen Einwirkungen Beispiele für
vorherrschend andere Bemessungs- werden. Davon abwei-
situationen chend dürfen kleinere
Schleuse auf
Kombinationsbeiwerte ver-
Ständige OW/UW und wendet werden, wenn sie
Bemessungssituationen Σ γGP,i * Gk,i γQP,1* Qk,1 Σ γQP,i * ψ0,i * Qk,1} seitlichen nachprüfbar ermittelt wor-
Ed,P = E { Verkehrslasten und
saisonalen Temp., den sind.
Pollerzug, ...
Bau- und
Beanspruchungen
Vorübergehende Revisionszustände aus dem inneren Wasser-
Bemessungssituationen Σ γGP,i * Gk,i γQT,1 * Qk,1 Σ γQT,i * ψ0,i * Qk,1}
Ed,T = E {
druck (Abb. 3) sind bei der
Bemessung zu den Bean-
Schleuse/Wehr bei spruchungen aus den äuße-
Außergewöhnliche extremen
Bemessungssituationen Σ γGA,i * Gk,i ψ1,1 * Qk,1 Σ ψ2,i * Qk,1} Αd} Wasserständen, ren Lasten zu addieren. Für
Ed,A = E { Bauwerke unter einfach bewehrte Stahlbe-
Schiffsanprall,
für Erdbeben ton-Rechteck-Querschnitte
modifiziert unter Biegung wird in DIN
Eigengewicht, Verkehrslasten, wie in Spalte links Anpralllast,
19702 [5] eine Formel an-
Beispiele für (Wasserdruck), Wasserdruck, nebenstehend extreme gegeben, die zu einer aus
Einwirkungen Erddruck, Eisdruck, Wind, Wasserstände
langzeitige kurzzeitige Temp., gesunkenes Schiff,
dem inneren Wasserdruck
Temperatur Revisionslast Erdbeben herrührenden, zusätzlichen
Bewehrungsmenge führt.
Tabelle 1: Bemessungssituationen mit wasserbauspezifischen Beispielen
Für unbewehrte Bau-
tastrophen-Einwirkungen auch die Auswirkungen teile aus Beton wird der Nachweis über den Vergleich
durch den Ausfall von baulichen Sicherungselemen- der Druckspannungen unter Bemessungseinwirkungen
ten, wie z.B. Dichtungen, Dräns oder Sickerwegver- zu dem Bemessungswert der einaxialen Festigkeit des
längerungen (vgl. Tab. 1). Betons geführt. Für Rechteckquerschnitte werden For-
meln zur direkten Ermittlung der Bemessungs-Schnitt-
Geotechnische Nachweise sind nach DIN 1054 größen unter Berücksichtigung des inneren Wasser-
[9], bautechnische Nachweise prinzipiell nach DIN drucks angegeben.
1045-1 [3] zu führen. Jedoch werden für die Nach-
weise im Grenzzustand der Tragfähigkeit zur Bemes- Am Beispiel eines Schleusenbauwerks an ei-
sung von Massivbauteilen die Einwirkungen mit Teil- nem staugeregelten Fluss sind die Einwirkungen aus
sicherheitsbeiwerten nach Tab. 2 beaufschlagt. Die Wasser mit den zugehörigen Teilsicherheiten für die
Teilsicherheitsbeiwerte unterscheiden sich je nach ständige Bemessungssituation (BS-P) entsprechend
Bemessungssituation und nach Wirkung (günstig/ Abb. 6 anzusetzen. Zu der Schleuse auf Unterwasser
ungünstig). korrespondiert ein oberer Grundwasserstand, be-
Kombinationsbeiwerte ψi,i zur Berücksichti-

gung der Wahrscheinlichkeit von gleichzeitig auftre-
tenden veränderlichen Einwirkungen dürfen in allen
Bemessungssituation
Ständig Vorüber- Außer-
gehend gewöhnlich
bzw. Erdbeben
Ständige Einwirkung
ungünstig 1,35 1,2 1,0
günstig 1,0 1,0 1,0
Veränderliche Einwirkung
ungüstig 1,5 1,3 1,0
Wasserdruck, günstig 0,8 0,9 1,0
Sonstige, günstig 0 0 0
Abb. 6: Ansatz von Wasserdrücken, beispielhaft für eine
Außergewöhnliche Einwirkung
Schleuse an einem staugeregelten Fluss; a) Schleuse auf
ungünstig – – 1,0
Unterwasser, b) Schleuse auf Oberwasser, c) Schleuse
Tabelle 2: Teilsicherheitsbeiwerte für die Einwirkungen auf Unterwasser mit nicht genau zu definierendem Grund-
auf Tragwerke im Grenzzustand der Tragfähigkeit wasserstand
27
WASSERBAU
stimmt als charakteristischer Wert über das 99%- Wertes veränderlicher Einwirkungen bei einer ge-
Quantil, der mit dem Teilsicherheitsbeiwert γF = 1,5 planten Nutzungsdauer von TN = 100 Jahren ist
für die ungünstige Wirkung angesetzt wird (Abb. 6a).
Zur Schleuse auf Oberwasser korrespondiert ein un- hw99 = µW * (1 + 3,136678 * vW ) = Fk
terer Grundwasserstand, ebenfalls als charakteristi-
scher Wert über das 99%-Quantil einer Niedrigwas- Der Bemessungswert errechnet sich mit
serverteilung, der mit dem Teilsicherheitsbeiwert γF =
0,8 für die günstige Wirkung angesetzt wird (Abb. hwd = µW – σW (0,4501 + 0,7797
6b). Lässt sich im Fall der Schleuse auf Unterwasser (ln (-ln Φ(αE • erf β)))) = Fd
der Grundwasserstand nicht oder nicht zuverlässig
bestimmen, so könnte der Grundwasserstand auf wobei αE der Wichtungsfaktor der Einwirkung und
Höhe der Schleusenplanie mit dem Teilsicherheits- erf β der erforderliche Zuverlässigkeitsindex sind.
beiwert γF = 1,35 für die ungünstige Wirkung ange- Die Unsicherheit der Einwirkung folgt dann aus
setzt werden, wobei das Kriterium der geometrischen
Begrenzung genutzt würde. γf(h) = (Fd / Fk).
2.3.1 Diskussion der „Leiteinwirkung“ Wasser Aus einer Auswertung der hydrologischen
Kennzahlen verschiedener deutscher Flußsysteme
Für Wasserbauwerke stellt Wasser die Leitein- folgte ein statistisch mittleres γf(h)mittel = 1,12 bei ei-
wirkung dar. Deshalb ist es für die Bemessung eines nem Größtwert γf(h)max = 1,17. Die Beanspruchung
zuverlässigen Wasserbauwerks unerlässlich, eine von Wasserbauwerken aus der Einwirkung Wasser re-
sachgerechte Einstufung vorzunehmen, die in bau- sultiert häufig aus einer Momentenbelastung, worin
artspezifischen Normen erstmals in DIN 19702 [5] er- der veränderliche Wasserstand in der dritten Potenz
folgte. DIN 19702 [5] bestätigt dabei DIN 1055-100 eingeht. Wird für die Modellunsicherheit der
[2] in der Einstufung von Wasser als prinzipiell verän- Einwirkung mit γEd = 1,1 angenommen, so bestimmt
derliche Einwirkung, womit auch im Sicherheitskon- sich über γf(h)mittel = 1,12 ein Teilsicherheitsbeiwert
zept entsprechende Teilsicherheitsbeiwerte verbunden
sind. Die Teilsicherheiten sollen dabei nicht die Unsi- γF = γf * γEd = (1,12)³ * 1,1 = 1,55
cherheiten des spezifischen Gewichts von Wasser ab-
decken, das im Unterschied zu anderen Lasteinwir- weshalb der Wert 1,50 gerechtfertigt erscheint. Eine
kungen ziemlich genau zu bestimmen ist. Vielmehr rekursive Betrachtung, welche Wasserstandsände-
sollen Unsicherheiten in der Hydrologie des Wassers, rung - bezogen auf den charakteristischen Wert – mit
ggf. in Einzelfällen auch in den Betriebszuständen ge- dem Teilsicherheitsbeiwert γF = 1,50 für eine Mo-
steuerter Anlagen, abgedeckt werden. Zur Verdeutli- mentenbeanspruchung abgedeckt sind, führt zu
chung diene die Betrachtung der Teilsicherheit für
Wasser. Der Teilsicherheitsbeiwert für eine Einwir- γf = γF / γEd = 1,50 / 1,1 = 1,36 und
kung bestimmt sich nach DIN 1055-100 [2] über:
1,36 (-1/3) – 1,0 = 0,11
γF = γf * γEd
und damit – eigentlich nur – zu 11 %.
Mit γF als dem Teilsicherheitsbeiwert für
Einwirkung, γf als der Unsicherheit des Einwirkungs- 2.3.2 Ermüdungsfestigkeit
wertes sowie γEd als der Modellunsicherheit für Ein-
wirkung und Beanspruchung. Das zutreffendste stati- Schleusen erfahren bei den jeweiligen Last-
stische Modell für Wasserstände von freifließendem wechseln zwischen Ober- und Unterwasser jeweils
Wasser ist die GUMBEL-Verteilung als Extremwert- die volle Wechsellast, so dass Stahlbetonschleusen
verteilung vom Typ I, vgl. z.B. Fischer, L. [14]. Ein insbesondere hinsichtlich Material-Ermüdung nach-
Quantilwert p, und damit der charakteristische Wert, zuweisen sind. Ein Schadensfall in 2004 an der
lässt sich über Schleuse Bamberg, Main-Donau-Kanal, verdeutlich-
te die Problematik und Notwendigkeit. Zur Bauzeit
hwp = µW * (1 - 0,7797 * vW (0,57722 Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit
+ (ln ( - ln p)))) den seinerzeit bekannten Stahlbeton-Vorschriften
sparsam bemessen und zudem nicht auf Ermüdungs-
bestimmen mit hw als dem Wasserstand, µw dem Mit- festigkeit ausgelegt, entstanden Risse im Beton der
telwert des Wasserstands, σw der Standardabwei- Wand zwischen Kammer und Dränagegang, die Was-
chung, vw der Varianz des Wasserstands sowie p dem ser- und Luftzutritt zur Bewehrung ermöglichten. In-
Quantilwert. Entsprechend den Festlegungen in DIN folge Wechsellast und Korrosion entstand eine Span-
19702 [5] zur Bestimmung des charakteristischen nungsrisskorrosion, so dass die in der Wand verlegte
28
WASSERBAU
von wK = 0,25 mm zu dimensionieren. Die Bean-

spruchungen aus frühem Zwang (abfließende Hy-
dratationswärme) für massige Bauteile sind angemes-
sen zu ermitteln, wozu – abweichend von DIN 1045-
1 [3] – auf die DAfStb-Richtlinie „Massige Bauteile
aus Beton“ [15] und BAW-MFZ [12] verwiesen wird.
2.5 Dauerhaftigkeit
Die Dauerhaftigkeit von massiven Wasserbau-

werken wird durch einige wenige konstruktive Rege-
lungen, vielmehr aber durch Expositions-, Rezeptur-
und Einbau-Anforderungen bestimmt. Konstruktiv
von Bedeutung sind die Festlegung einer Mindestfe-
stigkeitsklasse mit C20/25, einem maximal zulässi-
Abb. 7: Schwingungsinduzierte Spannungsrisskorrosion gen Wasser-Bindemittelwert von 0,65 und einer Be-
an der Schleuse Bamberg, Quelle: BAW tondeckung von cnom = 60 mm als Nennmaß, jeweils
in DIN 19702 [5]. Wesentlich für die Dauerhaftigkeit
vertikale Hauptbewehrung sukzessive durchriss. ist die Festlegung der Expositionsklassen, wozu die
Risszunahme in der Kammerwand sowie deutliche ZTV-W LB 215 [7], in Tab. 2 beispielhaft Hinweise
Wasserzutritte im Dränagegang waren offensichtliche geben.
Anzeichen (Abb. 7).
Am Beispiel einer Süßwasserschleuse sind für
Für Nachweise gegen Ermüdung wird in DIN verschieden exponierte Bauteilbereiche die zugehöri-
19702 [5] die nicht vorwiegend ruhende Belastung gen Expositionen festzulegen (vgl. Abb. 8), für die
mit der Anzahl der Lastzyklen während der Nut- dann immer noch verschiedene Betonzusammenset-
zungsdauer mit n > 2 × 104 definiert. Die Span- zungen möglich sind. Am Beispiel des Kammer-
nungsänderungen sind unter der Einwirkung regel- wandbereichs zwischen UW und OW aus dem Bei-
mäßig auftretender Betriebslasten zu ermitteln. Der spiel von Abb. 8 sind in Tab. 3 die Möglichkeiten
Nachweis gegen Ermüdung wird nach DIN 1045-1 aufgezeigt, wobei der Beton mit Luftporenbildner op-
[3] mit den Einwirkungskombinationen der regel- timal erscheint.
mäßig eintretenden Betriebswasserstände in der Re-
gel unter Vernachlässigung der veränderlichen Ein-
wirkungen geführt. Schleusen erfahren während ihrer
Nutzungsdauer zwischen ca. n = 300.000 und
500.000 Lastspiele, so dass die zulässigen Span-
nungsschwingbreiten damit zwischen ca. 190 und
170 N/mm² liegen.
2.4 Gebrauchstauglichkeitsnachweise
Für die Mindestbewehrung von scheiben- und

plattenartigen Bauteilen wird in DIN 19702 [5], ab-
weichend von DIN 1045-1 [3], eine Robustheitsbe-
wehrung („konstruktive Mindestbewehrung“) gere-
gelt, die sich bei Anforderungen an eine Wasserun-
durchlässigkeit von derjenigen unterscheidet, wenn Abb. 8: Zuordnung von Expositionsklassen für eine
keine Anforderungen an die Wasserundurchlässigkeit Schleuse im Süßwasserbereich, Quelle: BAW
bestehen. Diese konstruktive Mindestbewehrung kann
bis zu 0,1 % der Betonquerschnittsfläche betragen. Expositionsklassen XC4 XM1 XF3
max w/z bzw. (w/z)eq 0,60 0,55 0,55 0,50
Ein wesentlicher Gebrauchstauglichkeitsnach- min Druckfestigkeitsklasse C 25/30 C 30/37e) C 25/30 C 35/45
weis für massive Wasserbauwerke stellt der Rissbrei- min z (kg/m3) 280 300 300 320
ten-Nachweis dar. Bei massigen Bauteilen (Dicke > min zf (kg/m3) 270 270 270 270
0,8 m) oder Bauteilen mit der Anforderung der Was- min LP-Gehalt (Vol-%) – – 4,0 –
e) Bei LP-Beton eine Festigkeitsklasse niedriger.
serundurchlässigkeit ist neben betontechnologischen
Maßnahmen die rissbreitenbegrenzende Bewehrung Tabelle 3: Betonzusammensetzungen für den Kammer-
für einen Rechenwert (90 % Fraktile) der Rissbreite wandbeton der Schleuse aus Abb. 8
29
WASSERBAU
Darüber hinaus sind zahlreiche Dauerhaftig- gewährleistet ist. DIN 19700, Teile 10 – 15, Stauanla-
keitsanforderungen aufbauend auf DIN-EN 206- gen [10], ist im Teil 13, Staustufen, überarbeitungs-
1/DIN 1045-2 [3] und DIN 1045-3 [3] in ZTV-W LB bedürftig und wird prioritär angegangen werden.
215 [7], insbesondere den Teilen 2 und 3, aufgeführt. Auch Teil 11, Talsperren, verfolgt in der derzeitigen
Normfassung noch nicht das neue Sicherheitskonzept
und soll mittelfristig angepasst werden. Eine DWA-
Vorbereitungsgruppe aus Ingenieurbüros, Talsperren-
3 Wohin geht der Weg? verwaltungen und BAW ist derzeit zugange, sich für
bestehende Talsperren das neue Sicherheitskonzept
zu erschließen. DIN 19661, Teile 1 und 2, Wasser-
Der Weg für „Wasserbauwerke“ in der Zukunft bauwerke und Sohlenbauwerke, [18], bedarf eben-
unter dem Aspekt der konstruktiven Bearbeitung ist falls mittelfristig einer Anpassung an neue technische
gekennzeichnet durch: Gegebenheiten.
■ die Überarbeitung „alter“ Wasserbau-Normen und 3.2 Überarbeitung der ZTV-W, LB 215
Übernahme des Teilsicherheitskonzeptes nach den
Eurocodes, Durch die beabsichtigte Einführung der Euro-
■ die Überarbeitung der geltenden ZTV-W LB 215 codes im Verkehrswasserbau zum 01.07.2012 sowie
von 2004 [7], infolge technischer Weiterentwicklungen ist eine
■ die Konkretisierung von Einwirkungen und die Überarbeitung der Zusätzlichen Technischen Ver-
Konkretisierung von Nachweisen im Vergleich zu tragsbedingungen Wasserbau, Leistungsbereich 215,
allgemeinen Hochbauten und Industriebauten, (kurz: ZTV-W LB 215), derzeitige Ausgabe 2004,
■ die Positionierung des Teilsicherheitskonzeptes, [7], notwendig geworden. Die ZTV-W LB 215 sind
■ die Entwicklung eines Sicherheitskonzepts für be- für die Herstellung von massiven Wasserbauwerken
stehende Wasserbauwerke, aus Beton wie Schleusen, Wehre, Sperrwerke, Düker,
■ Zuverlässigkeitsbetrachtungen für Wasserbauwer- Durchlässe Hafenbauten und Uferwände, also im
ke, die eine Verifizierung bzw. Kalibrierung des Wesentlichen für Bauwerke des Verkehrswasserbaus,
Sicherheitskonzeptes bedeuten. gedacht. Vergleichbare andere Wasserbauwerke kön-
nen sinngemäß behandelt werden. Die ZTV-W LB
3.1 Überarbeitung wasserbaulicher Normen im 215 regeln über Normen und sonstige Bestimmungen
NAW hinausgehende wasserbauspezifische Anforderungen
an Herstellung, Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit
Zur Überarbeitung stehen im Normenaus- und Dauerhaftigkeit von Wasserbauwerken. Die
schuss Wasserbau (NAW), Fachbereich 02, nachfol- ZTV-W LB 215 nimmt dann insbesondere die die
gende wasserbauliche Normen an. DIN 19712, Hoch- DIN 1045 [3] ersetzenden DIN ENs einschließlich
wasserschutzanlagen an Fließgewässern, [16], hat deren Nationale Anhänge, Anwendungsnormen im
derzeit die Entwurfsphase abgeschlossen und wird Betonbau sowie DIN 19702 [5] in Bezug. Der zustän-
für den Weißdruck behandelt. In der Norm wurde das dige Arbeitskreis 15 für „Standardleistungsbeschrei-
neue Sicherheitskonzept nach DIN 1055-100 [2] auf- bungen für Beton und Stahlbeton im Wasserbau“, der
gegriffen. Der Anwendungsbereich, der früher nur sich aus Fachleuten der Wasser- und Schifffahrtsver-
Flussdeiche umfasste, wurde deutlich erweitert und waltung und der Bundesanstalt für Wasserbau zusam-
berücksichtigt nunmehr auch Hochwasserschutzwän- mensetzt, hat im Januar 2012 den Gelbdruck der neu-
de und mobile Hochwasserschutzsysteme. DIN en ZTV-W LB 215 vorgelegt.
19704, Teile 1 – 3, Stahlwasserbau, [6], befindet sich
in der Überarbeitung und soll im Frühjahr 2012 als 3.3 Konkretisierung von Einwirkungen und
Entwurf vorgelegt werden. Auch hier wurden neben Nachweisen
anstehenden technischen Neuerungen die Begrifflich-
keiten gemäß dem aktuellen Sicherheitskonzept an- Aus der Bearbeitung mit der DIN 19702 [5] re-
gepasst. DIN 19703, Schleusen für Binnenschif- sultieren einige noch zu optimierende Regelungstat-
fahrtsstraßen – Grundsätze für Abmessungen und bestände für Entwurf und Nachweis von massiven
Ausrüstungen, [17], wird von einem „wiederbeleb- Wasserbauwerken. Dies bezieht sich im Bereich der
ten“ DIN-Ausschuss überarbeitet, wobei auf Überle- Einwirkungen auf die Festlegung von Verkehrslasten,
gungen einer Vorbereitungsgruppe zurückgegriffen wie z.B. Verkehre auf Plattformen im Betriebszu-
werden kann. Mit dem Entwurf könnte noch Ende stand, Verkehre in Bau- und Revisionszuständen, auf
2012 gerechnet werden. DIN 19702 [5], wird in 2012 die Festlegung von Eislasten für die unterschiedli-
eine A1-Änderung hinsichtlich der Bezugsnormen chen Einwirkungsmöglichkeiten sowie auf Erdbeben-
erfahren, damit die Kompatibilität zu den Eurocodes, lasten. Im Bereich der Nachweise besteht weiterhin
die in 2012 als DIN ENs eingeführt werden sollen, Klärungsbedarf für den Querkraft-Nachweis von
30
WASSERBAU
scheibenartigen Bauteilen und ein Restbedarf für Teilsicherheitsbeiwert γ für Einwirkungen „F“ (ungünstig/günstig)
nichtlineare Verfahren. STR BS-P BS-T BS-A
Ständig D 1,35/1,0 1,2/1,0 1,0/1,0
Für den letzteren Bezug wurde von der Bun- B 1,35/1,0 1,0/1,0
desanstalt für Wasserbau eine Konzeption für den sta- F 1,35/1,1
tischen Nachweis der Systemtraglast der Schleusen NL 1,35 (1,2) /0,9 1,0/1,0
am Main-Donau-Kanal auf der Basis nichtlinearer CN 1,2/1,0 –
Stoffgesetze (Nichtlinearer System-Traglastnach- Veränderlich D 1,5/0 (0,8) 1,3/0 (0,9) 1,0/0 (1,0)
weis), kurz als NiTra bezeichnet, zusammen mit Uni- B 1,5/0 1,0/0
versitäten entwickelt und angewendet [19]. Die Kon- F 1,5/0 1,0/0
zeption ist eine Ergänzung und Konkretisierung zur NL 1,5/0 1,0/1,0
DIN 1045-1 [3], Abschnitt 8.5.1, und hat zum Ziel, CN 1,4 – 1,5/0 –
durch eine realitätsnahe statische Modellierung das Tabelle 5: Teilsicherheitsbeiwert γ für Einwirkungen „F“
Sicherheitsniveau von bestehenden Schleusen genau- in der Nachweis-Situation STR (= Tragwerks-Nachweis)
er zu erfassen.
Teilsicherheitsbeiwert γ für Widerstandswert „R“ für Beton
3.4 Positionierung des Teilsicherheitskonzeptes STR BS-P BS-T BS-A
für Wasserbauwerke Beton D 1,5 1,3

B 1,5 1,5
In der Arbeitsgruppe 140 von PIANC (= Per- F 1,5 1,2
manent International Association of Navigation NL 1,5 1,2
Congresses), „Semi probabilistic design concept for CN 1,38 –
hydraulic inland structures“ werden derzeit unter Be- Bew.stahl D 1,15 1,0
teiligung von Fachvertretern aus Belgien (B), China B 1,15 1,15
(CN), Deutschland (D), Frankreich (F), Großbritan- F 1,15 1,0
nien (GB), Niederlande (NL), Japan (JAP) und den NL 1,15 1,0
Vereinigten Staaten von Amerika (USA) die jeweils CN 1,1 – 1,2 –
nationalen Handhabungen des Teilsicherheitskon- Tabelle 6: Teilsicherheitsbeiwert γ für Widerstand „R“

zeptes ausgetauscht und diskutiert. Ziel ist eine ge- für Beton
gebenenfalls vereinheitlichte internationale Handha-
bung bei Wasserbauwerken. Entsprechend der durch Ein erster Vergleich lässt die Schlussfolgerung
die Vertreter der einzelnen Länder eingebrachten zu, dass die Teilsicherheitsbeiwerte verschiedener
Kenntnisse bildeten sich drei größere „Bauwerks- Länder im konstruktiven Wasserbau ziemlich nahe
Cluster“ mit massiven Wasserbauwerken, Stahlwas- beieinander liegen, wobei die europäischen Länder
serbau und Kaimauern/Ufereinfassungen, die jeweils eine besondere „Nähe“ zeigen, was durch die Euro-
eine einheitliche Bemessungsphilosophie erwarten codes nicht anders zu erwarten ist. Beim Tragfähig-
lassen. keits-Nachweis „STR“ unterscheidet nur Deutsch-
land zwischen der ständigen (BS-P) und der vorüber-
Am Beispiel massiver Wasserbauwerke wer- gehenden Bemessungssituation (BS-T).
den in den Tab. 4 bis 6 der derzeitige Stand von Teil-
sicherheitsbeiwerten für die beiden Nachweis-Situa- Teilsicherheitsbeiwerte sind jedoch nur ein Be-
tionen „UPL (= Auftrieb)“ und „STR (Tragwerks- reich des Sicherheitskonzeptes bzw. der Sicherheit
Nachweis)“ sowie für den Widerstand „Beton“ darge- bzw. Zuverlässigkeit eines (Wasser-)Bauwerks. Ana-
stellt. Derzeit liegen noch nicht für alle teilnehmen- lysiert werden in der PIANC Arbeitsgruppe 140
den Länder vergleichbare Angaben vor. Tragfähigkeits- und Gebrauchstauglichkeitsnachwei-
se, Dauerhaftigkeitsanforderungen und Robustheits-
Teilsicherheitsbeiwert γ für Einwirkungen „F“ (ungünstig/günstig) regeln. Es soll darüber hinaus Verständnis für die je-
UPL BS-P BS-T BS-A weiligen nationalen Vorgehensweisen (z.B. bei der
Ständig D 1,05/0,95 1,0/0,95 Sicherheitsphilosophie, bei der Nutzung, …) ent-
B 1,1/0,9 1,0/1,0 wickelt werden. Vereinfachte Vergleichsbeispiele und
F 1,0/0,9 ? Ergebnisbewertungen runden die Analyse ab.
NL 1,0/0,9 1,0/1,0
Veränderlich D 1,5/0 1,0/1,0 3.5 Sicherheitskonzept für (bestehende)
B 1,5/0 1,0/1,0 Wasserbauwerke
F 1,5/0 ?
NL 1,5/0 1,0/1,0
Die Altersstruktur von z.B. Schleusen und
Tabelle 4: Teilsicherheitsbeiwert γ für Einwirkungen „F“ Wehren der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung,
in der Nachweis-Situation UPL (= Auftrieb) stellvertretend für andere Wasserbauwerke, zeigt,
31
WASSERBAU
neuen Konzept der Eurocodes zum Teil rechnerisch

nicht mehr als standsicher bzw. tragfähig nachweis-
bar, was zum einen am neuen Sicherheitskonzept und
zum anderen an den Nachweisformaten liegt. Unter
Nutzung der theoretischen Möglichkeiten des „neu-
en“ Konzepts, also der Formulierung der Zuverlässig-
keits-Ziele, der Aktualisierung von Einwirkungen
und Widerständen, von Beobachtungen, etc., sowie
der Analyse bestehender Wasserbauwerke (Konstruk-
tionsdaten, Nutzungsdauer, Versagen/Nicht-Versa-
gen, Defizite, etc.) soll in einer Forschungskooperati-
on der Bundesanstalt für Wasserbau, Abteilung Bau-
technik, mit der TU Kaiserslautern, Lehrstuhl
Massivbau und Baukonstruktionen, ein Sicherheits-
konzept für bestehende Wasserbauwerke entwickelt
Abb. 9: Altersstruktur von Schleusen der Wasser- und werden. Das Zuverlässigkeitskonzept des Eurocodes
Schifffahrtsverwaltung soll dabei als „Modell“ angesehen werden, wobei un-
ter Kenntnis des Zustands möglichst vieler bestehen-
dass rund 35 % derartiger Bauwerke älter als 80 Jahre der Wasserbauwerke die Güte dieses Modells für
sind (Abb. 9). Wasserbauwerke verbessert und an deren Wirklich-
keit plausibel angepasst werden soll. Es werden darü-
Bestehende Wasserbauwerke sind, wie auch ber hinaus Verifizierungen des Zuverlässigkeitskon-
vergleichbare andere „alte“ Bauwerke, nach dem zeptes auch für neue Wasserbauwerke erwartet.
4 Literatur
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le 1 – 9, Beuth-Verlag, Berlin. Verlag, Berlin.
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Teil 100: Grundlagen der Tragwerksplanung, Sicherheits- drucks, Beuth-Verlag, Berlin.
konzept und Bemessungsregeln, Berlin, Beuth-Verlag.
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lag, Berlin. [15] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, DAfStb-Richtlinie –
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Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit, [16] E-DIN 19712 (2011-02), Hochwasserschutzanlagen an
Beuth-Verlag, Berlin. Fließgewässern, Beuth-Verlag, Berlin.
[6] DIN 19704, Stahlwasserbauten, Teile 1 – 3, Beuth-Verlag, [17] DIN 19703 (1995-11), Schleusen der Binnenschifffahrts-
Berlin. straßen – Grundsätze für Abmessungen und Ausrüstungen,
[7] Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen Wasserbau für Beuth-Verlag, Berlin.
Beton und Stahlbeton im Wasserbau, Leistungsbereich 215, [18] DIN 19661, Teil 1: Wasserbauwerke (1998-07), Teil 2: Soh-
Beton und Stahlbeton, ZTV-W LB 215 (2004), BMVBS, lenbauwerke (2000-09), Beuth-Verlag, Berlin.
Bonn
[19] Fleischer, H.; Lutz, M.; Ehmann, R.: Aufstellung und An-
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nach neuer Norm, Mitteilungen Nr. 89, Mai 2006, Karlsruhe. mittlung der Systemtraglast an Stahlbetonschleusen. In: Be-
[9] DIN 1054 (2005-04), Baugrund – Sicherheitsnachweise im ton- und Stahlbetonbau 104 (2009), Heft 3.
Erd- und Grundbau, Beuth-Verlag Berlin.
32
VERKEHRSWASSERBAU
Prüfung und Genehmigung

durch die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung
Freiberuflich tätige private Dritte 1 Zuständigkeit BMVBS/WSV
können im Rahmen der Auftrags-
erledigung hinzugezogen werden
Zunächst möchte ich einen Überblick über die
Die Wasserschifffahrtsverwaltung des Bundes Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr,
(WSV) ist für die Planung, den Bau, den Betrieb Bau und Stadtentwicklung und der Wasserschiff-
und die Unterhaltung eines 7.350 Kilometer lan- fahrtsverwaltung mit ihren derzeit sieben Direktionen
gen Netzes von Binnenwasserstraßen und eines und 46 Ämtern sowie den Oberbehörden, und zwar
23.000 Quadratkilometer großen Netzes von See- der Bundesanstalt für Wasserbau und der Bundesan-
wasserstraßen und für 1.700 Verkehrswasserbau- stalt für Gewässerkunde geben, die sich auf Planung,
werke und Brücken über Wasserstraßen verant- Bau, Betrieb und Unterhaltung von 7.350 Kilometer
wortlich. Ihr stehen dafür sieben Direktionen mit Binnenwasserstraßen und rd. 23.000 Quadratkilome-
46 Ämtern und als Oberbehörden die Bundesan- ter Seewasserstraßen erstreckt.
stalten für Wasserbau und für Gewässerkunde
zur Verfügung. Weil die WSV die gewaltigen Auf- Von den Binnenwasserstraßen entfallen rund
gaben, die bei der Erfüllung ihres Auftrages anfal- 6.600 Kilometer auf Binnenschifffahrtsstraßen und
len, nicht alleine bewältigen kann, werden, insbe- etwa 750 Kilometer auf Seeschifffahrtsstraßen. Das
sondere für die Prüf- und Genehmigungsverfah- Anlagevermögen beträgt rund 40 Milliarden Euro für
ren der WSV immer häufiger externe Experten ungefähr 1.700 Verkehrswasserbauwerke und Brü-
hinzugezogen, vor allem Prüfingenieure und Prüf- cken über Wasserstraßen.
sachverständige sowie Planungsbüros. Die aber
müssen über bestimmte Qualifikationen und Zu den herausragenden klassischen Verkehrs-
Kenntnisse verfügen. wasserbauwerken zählen insbesondere 350 Schleu-
sen, 300 Wehre, acht Sperrwerke und vier Schiffshe-
bewerke.
2 Bauaufsicht und
Bauordnung
Ministerialrat Dipl. Ing. Wolfgang Dörries Der Bund ist gemäß Artikel 89 des Grundge-
studierte Bauingenieurwesen setzes Eigentümer der Bundeswasserstraßen, die
und Verkehrsplanung an der durch eigene Behörden verwaltet werden.
TH Darmstadt und trat 1978
als Referent für Brücken- und Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
Ingenieurbau in das damalige (WSV) des Bundes ist gemäß Paragraf 48 des Bun-
Bundesministerium für Verkehr deswasserstraßengesetzes (WStrG) dafür verantwort-
ein; dort übte er verschiedene lich, dass die bundeseigenen wasserbaulichen Anla-
leitende Tätigkeiten aus, seit gen allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung
2005 ist er der Leiter des Refe- genügen, d.h. sie sind so zu errichten und instand zu
rats Bautechnik, Vergabewesen halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung
und Liegenschaften des Bundesministeriums für Ver- nicht gefährdet werden. Behördlicher Genehmigun-
kehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) gen und Abnahmen bedarf es nicht.
33
VERKEHRSWASSERBAU
Durch Bereitstellung entsprechender Personal- 2. Durchführung von Maßnahmen nach Paragraf 54

und Haushaltsmittel ist die Wasser- und Schifffahrts- BHO;
verwaltung in die Lage zu versetzen, die gesetzlichen Entwurf – Ausführungsunterlage (Entwurf AU)
Regelungen umzusetzen. Dies betrifft unter anderem
die Definition und Einhaltung der für die Bundeswas- Zudem wurde 2008 mit der Änderung des Pa-
serstraßen maßgebenden technischen Baubestimmun- ragrafen 13 (5) die Möglichkeit eröffnet, dass Ent-
gen. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung handelt wurfsteile von Maßnahmen durch Prüfingenieure ge-
hier eigenverantwortlich im Sinne des Paragrafen 48 prüft werden können.
WStrG. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung (BMVBS) trägt dabei die Or- Hierauf wird noch eingegangen.
ganisationsverantwortung.
Die Eigenverantwortung begründet die Orga-

nisation des Bauordnungswesens mit einem drei-
3 Prüf- und Genehmigungs-
stufigen Aufbau der Bauaufsichtsbehörden gemäß vorgänge
Paragraf 57 der Musterbauordnung der Länder
(MBO).
Zur Regelung der Prüf- und Genehmigungs-
2.1 Dreistufige Bauaufsicht vorgänge in der WSV wurden insbesondere folgende
Verwaltungsvorschriften erlassen:
Zur dreistufigen Bauaufsicht gehören zunächst
die Wasser- und Schifffahrtsämter (WSA) sowie die ■ Aufstellen und Prüfen von Entwürfen (VV-WSV
Wasserstraßen-Neubauämter (WNA), die Objektver- 2107),
antwortung für Bau und Instandhaltung tragen, sie
sind die untere Bauaufsichtsbehörde. ■ Bauüberwachung (VV-WSV 2110),
Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) ■ Bauwerksinspektion (VV-WSV 2101).

stellt mit ihrer Prüf- und Genehmigungsfunktion die
höhere Bauaufsicht dar. Die Prüfverpflichtung der 3. 1 Aufstellen und Prüfen von Entwürfen
übergeordneten Ebene ist nicht delegierbar. (VV-WSV 2107)
Das BMVBS als oberste Bauaufsichtsbehörde Bei der Aufstellung, Prüfung und Genehmi-
ist maßgeblich zuständig für die Einführung und Ein- gung von Entwürfen nach VV-WSV 2107 gilt der
haltung der bautechnischen Grundsätze, das heißt, es Grundsatz der Zweistufigkeit. Die Zuständigkeiten
trägt die bauaufsichtliche Organisationsverantwor- von Unterbehörde (WSA/WNA), Mittelbehörde
tung. Diese wird umgesetzt über Verwaltungsvor- (WSD) und BMVBS sind in Paragraf 4 geregelt.
schriften und Erlasse.
Die Prüfverpflichtung der übergeordneten Ebe-
2. 2 Entwurfsaufstellung (VV-WSV 2107) ne ist dabei nicht delegierbar.
Mit der Verwaltungsvorschrift Entwurfsauf- Mit dem Erlass vom 14. April 2008 sollte über
stellung (VV-WSV 2107), die in Paragraf 1 den Gel- die Möglichkeit der verstärkten Einbindung von Prüf-
tungsbereich für das Aufstellen, Prüfen und Geneh- ingenieuren der personellen Situation in den Mittel-
migen von Entwürfen für bauliche Maßnahmen im und Unterbehörden der WSV Rechnung getragen
Bereich der WSV regelt, wird die nach Paragraf 48 werden. Auch bei Einschaltung von freiberuflich
WaStrG auferlegte bauaufsichtliche Verantwortung Tätigen als Bearbeiter bleibt die zuständige Unter-
wahrgenommen. behörde verantwortlicher Entwurfsaufsteller. Jedoch
können private Dritte, die nach Landesrecht zur bau-
Die Entwürfe dienen gemäß Paragraf 2 dem aufsichtlichen Prüfung zugelassen sind (Prüfinge-
Zweck, die geplante Maßnahme in technischer, finan- nieure) bereits im Rahmen der Auftragserledigung
zieller und rechtlicher Hinsicht darzustellen und zwar hinzugezogen werden (Paragraf 13). Die Prüfaufga-
zur: ben der übergeordneten Ebene werden durch diese
Prüfung nicht verändert.
1. Begründung, Erläuterung und Darstellung von
Maßnahmen für eine Veranschlagung im Haus- Zur Qualitätssicherung bei der Aufstellung von
haltsplan nach Paragraf 24 Bundeshaushaltsord- Entwürfen sowie zur Erleichterung von Vergabever-
nung (BHO); fahren wurde die Fachliste Prüfingenieure erstellt
Entwurf – Haushaltsunterlage (Entwurf HU) und mit Erlass vom 10. Juni 2010 eingeführt.
34
VERKEHRSWASSERBAU
Die Bundesvereinigung der Prüfingenieure für 3.2.3 Die plakativen Aussagen („Schlamperei am
Bautechnik (BVPI) war maßgeblich bei der Erstel- Bau wegen mangelhafter Bauüberwachung“) des
lung der Fachliste Prüfingenieure beteiligt. Der Dank Verbandes Beratender Ingenieure (VBI) vom 8. März
an die BVPI gilt insbesondere deren Präsidenten, Dr. 2010 aus Anlass des Unglücks auf der Kölner U-
Ing. Hans-Peter Andrä, sowie Dr.-Ing. Karl Morgen Bahn-Baustelle und dessen Forderungen nach Qua-
und Dipl. Ing. Manfred Tiedemann für die Grund- litätssicherung der Bauüberwachung durch qualifi-
satzdiskussionen, aber auch für das konstruktive Mit- zierte externe Ingenieure, falls die öffentliche Hand
wirken an dem Mustervertrag Prüfen von Entwurfs- nicht über eigenes Personal verfüge, und die Einrich-
unterlagen, an den Technischen Vertragsbedingungen tung einer unabhängigen Bauüberwachung auf allen
für die statische und konstruktive Prüfung von Inge- Baustellen, sind jedoch kritisch zu hinterfragen.
nieurbauwerken und an den Entwurfsunterlagen für
bauliche Maßnahmen im Bereich der Wasser- und Hierauf wurden die von der WSV gesammel-
Schifffahrtsverwaltung des Bundes (TVB-Prüf-W). ten Erfahrungen bei der Beteiligung von Dritten für
Teilaufgaben der örtlichen Bauüberwachung (BÜ)
Bei der weiteren Diskussion nach Einführung sowie die Bauoberleitung erfasst. Die Auswertung
der Fachliste Prüfingenieure wurde zudem den kon- des Berichts lässt jedoch die Schlussfolgerung zu,
struktiven Stellungnahmen der BVPI gefolgt und in dass die Übertragung nicht generell sinnvoll oder gar
Ziffer 9 des Vergabehandbuchs des BMVBS für frei- nicht möglich ist.
berufliche Dienstleistungen (VHF) im Bereich der
WSV geregelt, dass die Prüfung von Entwurfsunter- Bedingt durch die oftmals fehlenden Kenntnis-
lagen für bauliche Maßnahmen sowie die statische se Dritter bezüglich des Verkehrswasserbaus und der
und konstruktive Prüfung von Ingenieurbauwerken damit verbundenen fachspezifischen Besonderheiten
im Rahmen der Ausführungsplanung normalerweise bei der Bauabwicklung liegt der fallbezogene Betreu-
an ein und denselben Prüfingenieur zu vergeben sind. ungsaufwand gegenüber Dritten, denen die örtliche
BÜ beziehungsweise die Bauoberleitung übertragen
Die bauaufsichtliche Verantwortung verbleibt wurden, in der Regel zwischen 50 und 70 Prozent.
jedoch bei der WSV.
Ein derartiger Betreuungsaufwand ist für die
3.2 Bauüberwachung (VV-WSV 2110) Verwaltung unwirtschaftlich.
3.2.1 Die WSV trägt in allen Phasen der Baudurch- Insbesondere im Rahmen der auf Dritte über-
führung, das heißt bei Voruntersuchung, Planung, tragenen Aufgaben der Terminverfolgung, der Koor-
Ausschreibung, Vergabe, Bauüberwachung, Betrieb dination einzelner Gewerke, der Werkstattabnahme
und Unterhaltung, ihre bauaufsichtliche Verantwor- von Schweiß- und Korrosionsschutzarbeiten, der Ab-
tung gemäß Paragraf 48 WaStrG, sie obliegt gemäß rechnung und Nachtragsprüfung, der Führung des
VV-WSV 2110 dem Amtsleiter (Baupolizei) der Un- Bautagebuchs und der Dokumentationen und Nach-
terbehörde. weise sowie der SiGeKo ist eine sehr hohe Fehler-
häufigkeit im Arbeitsergebnis festzustellen, die unter
3.2.2 Die Arbeitsgruppe Schwachstellenanalyse der anderem zu standsicherheitsgefährdenden Mängeln
WSV hat bereits im Jahr 2006 empfohlen, freiberuf- zum Beispiel bei Gründung und Schweißarbeiten ge-
lich Tätige heranzuziehen, wenn die WSV bei der Er- führt hat und von der WSV als Bauherr nicht hinge-
füllung ihrer Aufgaben nicht über die notwendige nommen werden darf.
personelle Kapazität verfügt. Die Einschaltkriterien
für Architekten und Ingenieure wurden dementspre- Als besonders kritisch wird daher insbesondere
chend per Erlass vom 15. November 2006 geändert. die Vergabe der Bauüberwachung an Dritte in standsi-
cherheitsrelevanten Bereichen gesehen. Grundsätzlich
Seitdem konnten umfangreiche Teilaufgaben soll daher die Vergabe der Bauüberwachung an Dritte
der örtlichen Bauüberwachung (BÜ) und der nur für Teilleistungen und die Vergabe der Bauober-
Bauoberleitung nach der Vergabeordnung für freibe- leitung nur in Ausnahmefällen vorgesehen werden.
rufliche Leistungen (VOF) an Dritte vergeben wer-
den. Die WSV-weite Abfrage der Erfahrung mit der
Einschaltung Dritter bei der Bauüberwachung hat
Ausgenommen hiervon sind jedoch hoheitliche aber auch einige Verbesserungspotenziale seitens des
Tätigkeiten wie zum Beispiel die bauaufsichtliche BMVBS aufgezeigt:
Abnahme und fiskalische Tätigkeiten, die die Verant-
wortlichkeit des Bauherrn nach BHO berühren, wie 1. Prüfung eines Merkblattes für die WSV analog
zum Beispiel die bauvertragliche Abnahme eines dem Merkblatt für die Bauüberwachung von Inge-
Bauwerkes. nieurbauten (M-BÜ-ING) des Straßenbaus.
35
VERKEHRSWASSERBAU
2. Erarbeitung eines Merkblattes „Kontrollarbeiten den durch die nach VV-WSV 2101 ordnungsgemäß
an Stahlwasserbauteilen zur Vermeidung von Feh- durchgeführten und dokumentierten Bauwerksprüfun-
lern bei der Überwachung von Stahlwasserbauar- gen, -überwachungen und -besichtigungen erfüllt.
beiten“ sowie technischer Vertragsbedingungen
für Prüfingenieure (TVB-Prüf). Die Bauwerksinspektion liefert mit den über
WSV-Prüf standardisiert erfassten Daten und Schadens-
3. Überarbeitung beziehungsweise Ergänzung der klassifizierungen an Verkehrswasserbauwerken (außer
VV-WSV 2110 (Bauüberwachung) und VV-WSV Ingenieurbauwerken im Zuge von Straßen, für welche
2108 (Vergabehandbuch für freiberufliche Lei- die DIN 1076 gilt) eine wichtige Grundlage für ein wirt-
stungen der Bundesverwaltung für Verkehr, Bau- schaftliches Erhaltungsmanagement-System (EMS).
und Stadtentwicklung – VHF BVBS) mit Blick
auf festgestellte Regelungslücken wie zum Bei- Dies ist angesichts der hohen Altersstruktur
spiel bei Verantwortungs- und Haftungsverhältnis und der steigenden Kosten für Unterhaltung, Instand-
zwischen Baubevollmächtigtem und Dritten, tech- setzung und Erneuerung unverzichtbar. Nur eine re-
nischen Vertragsbedingungen für die Bauüberwa- gelmäßige und qualifizierte Prüfung und Überwa-
chung und die Bauoberleitung von Ingenieurbau- chung unserer Verkehrswasserbauwerke gibt einen
werken (TVB-BÜ) und schließlich Überblick über den Zustand des Bauwerks und ver-
setzt den Objektverantwortlichen in die Lage, recht-
4. Verbesserung bei der Abwicklung von Vergaben zeitig die notwendigen Maßnahmen einzuleiten.
im Bereich der örtlichen Bauüberwachung durch
Einrichtung zentraler Vergabestellen. Die Beteiligung Dritter an der Bauwerksin-
spektion ist gemäß VV-WSV 2101 grundsätzlich
3.3 Bauwerksinspektion (VV-WSV 2101) möglich. Die Bauwerksinspektion gehört zu den
Kernaufgaben der Verwaltung. Der Erhalt der Fach-
Auch bei der Bauwerksinspektion nach VV- kompetenz ist unverzichtbar. Bei aller Notwendig-
WSV 2101, die die Bauwerksprüfung, -überwachung keit, die Vergabequote deutlich zu erhöhen, sollte die
und -besichtigung beinhaltet, liegt die alleinige Ver- Vergabe von Teilaufgaben an klassischen Verkehrs-
waltungs- und Fachkompetenz für Anlagen an Bun- wasserbauwerken wie Schleusen und Wehren an
deswasserstraßen beim BMVBS beziehungsweise bei Dritte daher nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei
der WSV nach Paragraf 48 des Bundeswasserstraßen- zeitlich begrenzter Schifffahrtssperre an Schleusen
gesetzes. oder bei Personalkapazitätsengpässen erfolgen. Zu-
dem ist zu beachten, dass der Bund nach Paragraf 836
Die VV-WSV 2101 regelt zur Umsetzung die- BGB grundsätzlich für Schäden Dritter haftet, die auf
ses Paragrafen unter anderem Inhalte, Fristen und die mangelhafter Bauwerksinspektion und Unterhaltung
notwendige Dokumentation der Bauwerksinspektio- seiner Anlagen beruhen.
nen sowie insbesondere die Verantwortlichkeiten, das
heißt, die mit der Bauwerksinspektion Beauftragten An die Entlastung der WSV nach Paragraf 831
werden schriftlich durch den Amtsleiter bestellt. BGB durch Einschaltung eines externen Prüfinge-
nieurs als eines Verrichtungsgehilfen sind mit dessen
Eine ordnungsgemäße Bauwerksinspektion sorgfältiger Auswahl und Überwachung bei der Bau-
dient dazu, die Anlagen in betriebsbereitem Zustand werksinspektion hohe Anforderungen gestellt.
zu erhalten und Personen- und Sachschäden infolge
mangelhaften Bauzustandes zu vermeiden. Eine nicht Die Vergabe von Standard-Ingenieurbauwer-
ordnungsgemäß durchgeführte oder dokumentierte ken wie Spundwänden, Kaimauern, Funkmasten usw.
Bauwerksinspektion kann Schadenersatzansprüche nach der VOF, in der Regel unterhalb des Schwellen-
auslösen und zur strafrechtlichen Verfolgung der Ver- wertes mit Preisanfrage bei drei Ingenieurbüros, wird
antwortlichen führen. Die Verantwortlichen, das sind hingegen erfolgreich genutzt und entlastet die vor-
insbesondere die Amtsleiterinnen und Amtsleiter und handenen Personalkapazitäten der WSV für ihre klas-
die von diesen Beauftragten, gegebenenfalls auch die sischen Aufgaben.
fachaufsichtlich zuständigen Beschäftigten auf WSD-
Ebene, müssen im Schadenfall nachweisen, dass sie
alle Maßnahmen getroffen haben, die aus technischer
Sicht geboten und geeignet sind, die von der Anlage
4 Vergabe von Prüfingenieur-
ausgehende Gefahr zu erkennen und ihre Realisierung leistungen
zu verhindern. An die Befolgung dieser Aufsichts-
pflicht und an die Substanziierungs- und Beweis-
pflicht des Haftpflichtigen stellt die Rechtsprechung Zunächst ist die maßgebliche Vergabeart für
sehr hohe Anforderungen. Diese Anforderungen wer- Prüfingenieurleistungen festzustellen:
36
VERKEHRSWASSERBAU
■ Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen vergabe keine Anwendung finde, wenn Prüfingenieure
Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb angeboten ausschließlich als Beliehene nach der Bauprüfungsver-
werden und deren Lösung nicht vorab eindeutig ordnung (BauPrüfVO) tätig seien.
und erschöpfend beschrieben werden kann, fallen
unter die Verdingungsordnung für freiberufliche Diese Auffassung wurde seitens des BMVBS
Leistungen (VOF). für den Bereich der WSV geprüft. Die Vergabepraxis
der DB AG ist demnach nicht auf die WSV übertrag-
■ Zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehört gemäß bar, da die DB AG als Sektorenauftraggeber nicht der
Paragraf 18 Absatz 1 Nummer 1 des Einkommen- VOF unterliegt und bei der Sektorenverordnung der
steuergesetzes (EStG) auch die selbstständige Be- EG-Schwellenwert mit 387.000 Euro höher liegt. Zu-
rufstätigkeit von Ingenieuren. dem ist gemäß Paragraf 6 (1) der Sektoren-Verord-
nung (SektVo) das Verhandlungsverfahren als
■ Aus der Formulierung vorab folgt, dass für die Be- gleichrangig zum Nichtoffenen und Offenen Verfah-
urteilung, ob eine eindeutig und erschöpfend be- ren anzusehen.
schreibbare Leistung vorliegt, auf eine voraus-
schauende Perspektive abzustellen ist. Darüber Die freihändige Vergabe durch Beleihung einer
hinaus ist nach dem Wortlaut auf die Beschreib- privaten natürlichen oder juristischen Person mit öf-
barkeit der Lösung der Aufgabe abzustellen, nicht fentlicher Gewalt ist nicht möglich, da dies im Para-
auf die Beschreibbarkeit der Aufgabe selbst. grafen 48 WStrG nicht expressis verbis ausgeführt
ist. Dafür wäre aus hiesiger Sicht eine entsprechende
■ Durch die Änderung der VV-WSV 2107 Aufstel- Gesetzesänderung erforderlich.
len und Prüfen von Entwürfen können Entwurfs-
teile, die für die WSV durch Dritte erstellt werden, 4.2 Vergabe unterhalb des EG-Schwellenwertes
von Prüfingenieuren gegebenenfalls in Verbin-
dung mit staatlich anerkannten Sachverständigen Die VOF schreibt unterhalb des EG-Schwel-
aus dem Bereich des Erd- und Grundbaus geprüft lenwertes kein formelles Vergabeverfahren vor.
werden.
Um eine wirtschaftliche Verwendung der Mit-
Diese Leistungen werden von freiberuflich tel sicherzustellen, ist das BMVBS als öffentlicher
Tätigen erbracht und können vorab nicht eindeutig Auftraggeber jedoch an Paragraf 30 des Gesetzes
und erschöpfend beschrieben werden. über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes
(HGrG) gebunden, wonach dem Abschluss von Ver-
Prüfingenieurleistungen sind daher nach den trägen über Leistungen eine öffentliche Ausschrei-
Regelungen der VOF zu vergeben. bung vorausgehen muss, sofern nicht besondere Um-
stände eine Ausnahme rechtfertigen.
4.1 Vergabe oberhalb des EG-Schwellenwertes
von 125.000 Euro Daher wurde in dem vom BMVBS herausge-
gebenen Vergabehandbuch für freiberufliche Leistun-
Die Vergabe von freiberuflichen Dienstleistun- gen (VHF BVBS) geregelt, dass Vergaben unterhalb
gen durch öffentliche Auftraggeber oberhalb des EG- der Schwellenwerte in Anlehnung an die VOF erfol-
Schwellenwertes von 125.000 Euro ist gemäß Para- gen, ohne dass dadurch zusätzliche in einem Nach-
graf 3 der VOF, Anhang IA, im Verhandlungsverfah- prüfverfahren überprüfbare Rechte Dritter begründet
ren nach vorherigem EG-Teilnahmewettbewerb werden.
zwingend vorgeschrieben.
Hierzu ist eine Leistungsanfrage bei mindestens
Ministerialdirektor a. D. Rechtsanwalt Michael drei Bewerbern durchzuführen. Ein öffentlicher Teil-
Halstenberg hat bei der Arbeitstagung 2010 der Bun- nahmewettbewerb ist jedoch erforderlich, wenn die
desvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik in Vergabestelle nicht über eine Marktübersicht verfügt.
Landau darauf hingewiesen, dass Prüfingenieurleistun-
gen auch oberhalb des Schwellenwertes unter be- 4.3 Vergabe nach Fachliste Prüfingenieure
stimmten Voraussetzungen, zum Beispiel gemäß Arti- unterhalb des EG-Schwellenwertes
kel 10 Absatz 2 des Bayerischen Straßenwegegesetzes
(BayStrWG) beziehungsweise bei der Deutschen Bahn Das BMVBS hat ferner zum 15. April 2010 für
AG, von EG-weiten Ausschreibungen ausgenommen die Vergabe von Prüfingenieurleistungen unterhalb
sein könnten. Er vertrat die Auffassung, dass die des EG-Schwellenwertes ein gesondertes Verfahren
Durchführung eines VOF-Verfahrens nicht erforder- für den Geschäftsbereich der WSV verbindlich einge-
lich sei und damit das Gesetz gegen Wettbewerbsbe- führt. Dabei handelt es sich um eine bundesweite
schränkungen (GWB) bei einer öffentlichen Auftrags- Fachliste Prüfingenieure der Fachrichtungen Metall-
37
VERKEHRSWASSERBAU
bau, Massivbau und Holzbau und der staatlich aner- Umfang der Anwendung: Der Umfang der An-
kannten Sachverständigen der Fachrichtung Erd- und wendung der Fachliste Prüfingenieure ist möglicher-
Grundbau, die das Prüfaufgabengebiet für Verkehrs- weise bedingt durch den relativ kurzen Zeitraum eher
wasserbauten an Bundeswasserstraßen umfasst. begrenzt. Dies könnte aber auch darin begründet sein,
dass bekannte und bisher beauftragte Prüfingenieure
Die Fachliste gibt den Dienststellen eine Über- und staatlich anerkannte Sachverständige noch nicht
sicht über die Prüfingenieure beziehungsweise die in der Fachliste enthalten oder für bestimmte Fach-
staatlich anerkannten Sachverständigen für die jewei- richtungen wie Erd- und Grundbau nur wenige und
ligen Leistungsbereiche. Mit dieser Fachliste, die bei zum Teil weit entfernte Büros aufgeführt sind. Zu-
Vergabeverfahren unterhalb des EU-Schwellenwertes dem ist die Tendenz erkennbar, dass die Vergabe nach
im Geschäftsbereich der WSV anzuwenden ist, ist ei- der Fachliste Prüfingenieure eher für Standard-Inge-
ne Marktübersicht gegeben, so dass auf einen Teil- nieurbauwerke wie Straßenbrücken, Funkmaste und
nahmewettbewerb verzichtet werden kann und in der Düker erfolgte.
Regel an mindestens drei in der Fachliste geführte
Prüfingenieure Leistungsanfragen zu richten sind. Erleichterungen: Nach den Berichten der
WSD’n wird als Erleichterung beim Einsatz der
Dabei verzichtet die Vergabestelle auf Aus- Fachliste Prüfingenieure insbesondere der Verzicht
künfte/Nachweise/Erklärungen gemäß Paragraf 4 (2) auf einen Teilnahmewettbewerb wegen vorhande-
der VOF (wirtschaftliche Verknüpfung oder Zusam- ner Marktübersicht und die Möglichkeit eines Ver-
menarbeit mit anderen Unternehmen), Paragraf 4 (6) handlungsverfahrens mit nur einem Bewerber ge-
(rechtskräftige Verurteilung), Paragraf 5 (4) (finanzi- nannt.
elle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) und ins-
besondere Paragraf 5 (5) (fachliche Eignung), was Problem bei der Nutzung: Das Auffinden der
zur Entlastung insbesondere der Bieter im Angebots- Fachliste im WSV-Intranet erscheint komplizierter
fall führt. als wenn sie im Internet gefunden werden könnte.
Ein Verhandlungsverfahren mit nur einem Be- Es wird ferner beanstandet, dass Teile der Ent-
werber kommt in Betracht, wenn wurfsprüfung wie Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
an eine offenkundig noch wenig geeignete Berufs-
■ Leistungen nach Grundhonorar (G 1 bis G 7), die gruppe mit vergeben werden sollen. Prüfingenieure
in der Tabelle über das Honorar für die Prüfungen werden wegen der speziellen statisch-konstruktiven
von Entwurfsunterlagen, die in der Richtlinie des Ausrichtung zum Teil noch als nur bedingt geeignet
BMVBS zur Ermittlung der Honorare für die stati- angesehen, wenn es um die Alternativen und Wirt-
sche und konstruktive Prüfung von Bauwerken für schaftlichkeitsbetrachtungen von klassischen Ver-
Verkehrsanlagen (RVP-WSV) enthalten sind (die- kehrswasserbauwerken geht. Hier bedarf es sicherlich
se Honorartabelle ist in Abstimmung mit der noch eines gewissen Vertrauensbeweises der Prüfin-
BVPI aus der RVP-WSV extrahiert und dem ge- genieure gegenüber der WSV für die Kompetenz
ringeren Umfang und der Prüfungstiefe von Ent- auch in diesen Bereichen.
wurfsunterlagen im Vergleich mit Ausführungs-
plänen angepasst worden), Zudem müssen derzeit für bestimmte Prüfauf-
gaben noch mehrere Abfragen mit verschiedenen
■ keine wesentlichen zusätzlichen Leistungen (B 1 Kombinationen durchgeführt werden.
bis B 5) (nur im Wettbewerb zu vergeben) erfor-
derlich werden und Verbesserungsvorschläge: Schließlich wurden
von den WSD’n zahlreiche Verbesserungsvorschläge
■ keine oder unwesentliche Nebenkosten anfallen. für Details des Verfahrens und des Mustervertrages
gemacht. Ich schlage vor, dass der BMVBS mit Ver-
4.4 Erfahrungen mit der Fachliste Prüfinge- tretern der BVPI – wie bereits bei der Erstellung der
nieure Fachliste Prüfingenieure – nun auch den grundsätzli-
chen Ergänzungs- und Änderungsbedarf erörtert. Für
Ein Jahr nach der Einführung der Fachliste die Mitwirkung der BVPI danke ich schon vorab im
Prüfingenieure, in der bereits rund 200 Büros geli- Namen des BMVBS.
stet sind, hat das BMVBS die Wasser- und Schiff-
fahrtsdirektionen nach ihren Erfahrungen befragt. Es ist zu erwarten, dass die Fachliste Prüfinge-
Danach ergaben sich erste Erkenntnisse, die noch nieure durch Kompetenzerweiterung der Prüfinge-
im Detail auszuwerten und im Hinblick auf Verbes- nieure und verbesserte Akzeptanz seitens der WSV
serungsmaßnahmen mit der BVPI abzustimmen zu einer breiteren Anwendung kommen und damit
sind. für beide Partner im Wasserstraßenbau – die WSV
38
VERKEHRSWASSERBAU
und die Prüfingenieure – den gewünschten Erfolg ■ die Aufbauorganisation daran anzupassen sowie
bringen wird.
■ eine Personalbedarfsbemessung der gesamten
WSV mit ihren 13.000 Mitarbeitern in sieben Di-
rektionen und 46 Ämtern durchzuführen.
5 WSV-Reform mit
Auswirkung auf Aufgaben- ■ Zudem sind Vergabeverfahren nach wirtschaftli-
chen Gesichtspunkten auszubauen (das heißt, ver-
und Organisationsstruktur stärkt für Dienstleistungen Dritter zu nutzen).
Der Verkehrsausschuss des Deutschen Bun-

Das BMVBS hat auf der Grundlage des Koali- destages hat auf seiner Sitzung am 6. Juli 2011 die
tionsvertrages der laufenden Legislaturperiode und Notwendigkeit einer Neuausrichtung der WSV be-
des Beschlusses des Haushaltsausschusses vom 27. stätigt, da es gilt,
Oktober 2010 dem Deutschen Bundestag zwei Be-
richte (am 24. Januar 2011 und am 28. April 2011) ■ die Investitionen (nachrichtlich: gemäß Finanzpla-
über die Modernisierung der Wasser- und Schiff- nung sind bis 2015 für den Ersatz und den Ausbau
fahrtsverwaltung vorgelegt. Diese wurden vom Haus- nur 550 Millionen Euro pro Jahr verfügbar) sinn-
haltsausschuss des Deutschen Bundestages (BT-HH) voll zu konzentrieren,
am 25. Mai 2011 grundsätzlich gebilligt mit der Maß-
gabe an den BMVBS, ■ die Effizienz der Verwaltung zu steigern und
■ eine Aufgabenkritik durchzuführen, ■ die Fachkompetenz langfristig zu sichern.
■ die Geschäftsprozesse zu optimieren, Der Verkehrsausschuss hat zudem gefordert,
Abb. 1: Priorisierung der Binnenwasser- und Seeschifffahrtsstraßen
39
VERKEHRSWASSERBAU
Abb. 2: Ausbau Seewasser- und Seeschifffahrtsstraßen
■ die Netzkategorisierung der Bundeswasserstraßen orisierung der anstehenden Ausbaumaßnahmen zu-

um eine eingehende Begründung zu ergänzen, sätzlich zum Kriterium der Wirtschaftlichkeit auch
ein verkehrsmengenabhängiges Netzkriterium einzu-
■ die Kriterien für die Priorisierung von Investi- beziehen. Der BMVBS wird aufgrund des Beschlus-
tionsprojekten darzustellen und ses des Verkehrsausschusses weitere Kriterien für die
Netzkategorisierung überprüfen und die Kategorien
■ die Anzahl der vorgeschlagenen Kategorien zu insgesamt straffen.
verringern.
Entsprechend den Vorgaben des Haushaltsaus-
Hieraus ergeben sich für die weiteren Schritte schusses hat das BMVBS mit der umfassenden Orga-
der WSV-Reform folgende Maßgaben: nisationsuntersuchung begonnen das heißt, der Auf-
gabenkatalog der WSV wird aktualisiert, die Verga-
■ Der Haushalts- und der Verkehrsausschuss des beanteile auf der Grundlage von Wirtschaftlichkeits-
Deutschen Bundestages hat durch seine Beschlüs- untersuchungen werden festgelegt und die Geschäft-
se vom 25. Mai und 6. Juli 2011 die Notwendig- sprozesse sowie die Aufbauorganisation auf der
keit einer Priorisierung des Wasserstraßennetzes Grundlage der neuen Netzstruktur optimiert. Im An-
und der Konzentration der Ressourcen auf Wasser- schluss daran wird eine Personalbedarfsermittlung
straßen mit hoher verkehrlicher Bedeutung durchgeführt. Alle Untersuchungen sind ausdrücklich
grundsätzlich anerkannt (Abb. 1 und Abb. 2). ergebnisoffen, das heißt, es gibt keine Vorgaben für
Vergaben und Personalbedarf.
Die Karten zur Priorisierung der Binnenwas-
serstraßen und Seeschifffahrtsstraßen auf Grundlage Die notwendigen Investitionsmaßnahmen zum
der Prognosen des Gütertransports für das Jahr 2015 Erhalt und zum Ausbau der Wasserstraßeninfrastruk-
sind als vorläufiges Ergebnis zu betrachten. Die Netz- tur werden zurzeit priorisiert. Notwendige Ersatzin-
katekorisierung dient insbesondere dazu, bei der Pri- vestitionen, die dem Erhalt der Infrastruktur dienen,
40
VERKEHRSWASSERBAU
haben dabei unbedingten Vorrang vor Ausbaumaß- gen sowie ihrer anschließenden Umsetzung sind
nahmen. folgende Elemente unverzichtbar, die zum Teil
bereits vor der politischen Diskussion im Deut-
Ferner werden das bestehende Gebührensy- schen Bundestag angestoßen wurden:
stem mit Ziel einer besseren Finanzierung der Infra-
struktur überarbeitet, alternative Betriebsmodelle ge- ■ Bündelung von Aufgaben (zum Beispiel Verga-
prüft und Eckpunkte für ein Wasserstraßenausbauge- ben, Bauwerksinspektion ...),
setz formuliert. Insgesamt bieten das Konzept des
BMVBS und die Beschlüsse des Haushalts- und des ■ Standardisierung von Bauwerken und Ge-
Verkehrsausschusses eine geeignete Grundlage für schäftsprozessen,
den Erhalt und die Verbesserungen der Wasser-
straßeninfrastruktur und die weitere Modernisierung ■ Vergaben von Dienstleistungen.
der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.
2. Daher Dank an die BVPI für die Unterstützung
Um dem Fachkräftemangel auf dem Arbeits- bei der Suche nach Lösungen für eine vereinfachte
markt zu begegnen, wird die bereits begonnene Qua- Integration in diesem Prozess (Fachliste als
lifizierungsoffensive in der WSV fortgesetzt und auf Marktübersicht/ Standardverträge).
weitere Aufgabenfelder erstreckt. Ziel der Offensive
ist die Qualifizierung der eigenen Beschäftigten für 3. Hoffnung auf weitere Unterstützung der WSV
höherwertige Aufgaben. durch Prüfingenieure und Planungsbüros mit Aus-
bau des speziellen Fachwissens über Verkehrs-
wasserbauwerke einschließlich Nachwuchsförde-
rung, wobei die Fachkompetenz der WSV erhal-
6 Fazit ten bleiben muss, auch wenn zum Beispiel mit ei-
ner Änderung des Paragrafen 48 des Bundeswas-
serstraßengesetzes eine bessere Möglichkeit der
1. Unabhängig vom Ergebnis der Diskussion über ei- Übertragung der bauaufsichtlichen Verantwortung
ne WSV-Reform im politischen Raum, mit den gegeben wäre.
Verbänden und mit den Arbeitnehmervertretun-
41
KRAFTWERKSBAU
Höchstleistungen in
Planung, Fertigung
und Koordination
Besondere Ingenieuraufgaben bedür- 1 Einführung
fen besonderer Ingenieurleistungen –
und steter Kontrolle Unabhängiger
Der europäische Kraftwerkspark kann heute
Kraftwerksbauten sind Ingenieuraufgaben par ex- als überaltert angesehen werden. Über 60 Prozent
cellence – geprägt von theoretischem und prakti- der mit Braun- oder Steinkohle befeuerten Anlagen
schem Wissen und jeder Menge Erfahrung. In den sind älter als 27 Jahre. Verschärft wird die Situation
letzten Jahren aber hat sich viel geändert, denn durch den Ausstieg Deutschlands aus der Kernener-
der Wirtschaftseinbruch am Anfang des neuen gie. Prognosen der letzten Jahre gehen davon aus,
Jahrtausends hat sich sehr auf die Planungsqua- dass in den nächsten 20 Jahren ein Kapazitätsbedarf
lität ausgewirkt, wie einer der größten Kraft- von nahezu 50 Prozent der derzeit innerhalb der EU-
werksbauer in Europa, das RWE (Essen), festge- 25-Gemeinschaft installierten Leistungen benötigt
stellt hat. Die frühere stückweise Einarbeitung der wird (Abb. 1).
jüngeren Ingenieure und ihre Heranführung an
die Kenntnisse der älteren, erfahrenen Kollegen, Erzeugungskapazität gesamt: 530 GW
findet heute nicht mehr statt. Ingenieurleistungen
werden gesplittet und an verschiedene Ingenieur- GW
büros unterschiedlichster Größe und Wirkungs- 201 GW
200
bereiche vergeben, hauptsächlich auf der Basis des
günstigsten Angebotspreises. Referenzen und das
Erfordernis eines übergreifenden Koordinations- 150 131 GW 138 GW
managements werden ignoriert. Das Ergebnis sind
neben erheblichen terminlichen Problemen be- 100
trächtliche Mängel in der Qualität der technischen 60 GW 70 % 70 % 50 %
Unterlagen bis hin zu Fehlkonstruktionen, die 50
älter als
27 Jahre
älter als
22 Jahre
älter als
22 Jahre
zum Versagen der Tragkonstruktion führen könn- 60 %
älter als
ten. Beim RWE hat man festgestellt, wie der fol- 27 Jahre
0
gende Beitrag zeigt, dass früher selbstverständlich Braunkohle Steinkohle Kernenergie Gas/Öl
vorausgesetzte Verhaltensweisen heute nicht mehr
als solche angenommen werden können. Abb. 1: Überalterter Kraftwerkspark in Europa
Der Welt-Energieverbrauch steigt darüberhin-

Dipl.-Ing. Wolfgang König aus rapide an. Kohle und Gas werden auch global in
studierte an der FH Dortmund den kommenden Jahrzehnten weiterhin Träger der
Stahlbau und ist seit 27 Jahren Energieversorgung sein. Mittels Kohle wurden 2010
beim RWE für die Projektab- rund 45 Prozent des Stroms in Deutschland bereitge-
wicklung und Auftragsführung stellt. Rund 20 Prozent wurden durch Kernkraftwerke
von Großkraftwerks-Neubau- gedeckt. Durch die Nutzung der Kernenergie wurden
maßnahmen zuständig, zuerst in Deutschland jährlich rund 40 Mio. Tonnen CO2-
für den Bau fossil befeuerter Emissionen vermieden. Der Stillegungsbeschluss be-
Kraftwerke, seit Januar 2010 in deutet somit eine Herausforderung an das Vertei-
der RWE Technology GmbH lungsnetzmanagement, den beschleunigten Ausbau
Head of Coal/Lignite Projects der regenerativen Energien sowie die Nutzung und
und seit Oktober 2011 in der RWE Technology Ertüchtigung fossil befeuerter Kraftwerksanlagen
GmbH (Essen) als „Teamleader Civil Support“ (Abb. 2).
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KRAFTWERKSBAU
Weltstromerzeugung Steigender Weltenergieverbrauch

styp zwischen 10 und 20 Prozent der Gesamtinvestiti-
in Mrd. MWh erfordert verstärkten Einsatz fossiler onssumme. Der Realisierungszeitraum ist abhängig
Enegieträger

62,4 vom Kraftwerkstyp und der Größe der Anlage und
17 Kohle Innovative fossile Kraftwerkstechnik
bewegt sich zwischen drei Jahren für GuD-Anlagen
für Versorgungsicherheit, Klimavor- und 7 bis 8 Jahren für kohlegefeuerte Kraftwerke.
+245 %
sorge und Ressourcenschonung
12 Erdgas
Erdöl RWE bewältigt derzeit das größte Kraftwerks-
■ Ersatz von Altanlagen durch
12 Kernenergie modernste Kraftwerkstechnik erneuerungsprogramm seit Jahrzehnten. Hierzu zählt
18,1 ■ Weiterentwicklung intelliegenter
7 technologischer Lösungen unter anderem:
Quelle: IEA
20 Regenerative
3
3
3 RWE nimmt die Herausforderung 1. Eine Braunkohle-Doppelblockanlage BoA 2/3 am
2005 2050 auf allen Gebieten an. Kraftwerksstandort Niederaußem (2 × 1100 MW)
Abb. 2: Fossile Energieträger bleiben die Basis des Kraft- 2. Eine Steinkohle-Doppelblockanlage am Kraft-
werksbaus werksstandort Hamm (2 × 800 MW)
3. Eine Steinkohle-Doppelblockanlage am neu er-
schlossenen Standort Eemshaven in den Nieder-
2 Die Ziele der Energiepolitik landen (2 × 800 MW)
Moderne fossil befeuerte Kraftwerke erreichen

Die Energiepolitik verfolgt drei Ziele: heute Wirkungsgrade zwischen 43 Prozent bei
Braunkohlekraftwerken und annähernd 46 Prozent
■ Bekämpfung des Klimawandels, bei Steinkohlekraftwerken und liegen damit wesent-
■ Steigerung der Versorgungssicherheit, lich über dem weltweiten Durchschnitt von rund 31
■ Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit. Prozent für kohlebefeuerte Anlagen.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Die längste Das neue BoA-Kraftwerk wird bei gleicher
Reise ist zur Hälfte absolviert, wenn man den Fuß Strommenge pro Jahr bis zu 6 Mill. Tonnen CO2 we-
über die Schwelle seines Hauses setzt“. Wir haben niger ausstoßen als Altanlagen.
uns auf den Weg gemacht und wissen, dass erhebli-
che Anstrengungen vor uns liegen.
Um CO2-Emission zu reduzieren, benötigen

3 Bauliche Herausforderungen
wir effiziente Kraftwerke. Neben dem verstärkten
Ausbau der regenerativen Energie werden bezüglich
der fossil befeuerten Kraftwerke drei Innovationsho- Nachfolgende bauliche Herausforderungen
rizonte verfolgt: waren bei vorgenannten Anlagen zu bewältigen:
1. Sukzessive Erneuerung des veralteten Kohlekraft- – Realisierung eines Kesselhauses von ca. 170 m
werkparks durch Neuanlagen in „state-of-the-art“- Höhe bei einer Grundfläche von 100 × 100 m
Technologie (> 600 °C-Kraftwerk). (Montage von insgesamt 120.000 Tonnen Stahl-
2. Weiterentwicklung der derzeit einsetzbaren Tech- konstruktion) (Abb. 3),
nologie für die Kraftwerke von morgen, hierzu – Bau eines in den Untergrund eingelassenen Bun-
zählen: Vortrocknung der Braunkohle (WTA-An- kers zur Aufnahme des Kohletagebedarfs von ca.
lage) oder Kessel mit erhöhter Temperaturbestän-
digkeit (700 °C-Kraftwerk)
3. Für die Kraftwerksgeneration von übermorgen
wird angestrebt, das vorhandene CO2 vor- oder
nach der Verbrennung abzuspalten und in Lager-
stätten zu verbringen.
Investitionen in Neubauprojekte werden aber

nur dann getätigt, wenn über die Lebensdauer der be-
trachteten Anlage eine ausreichende Verzinsung der
Investition erwartet werden kann.
Der Anteil der Baukosten an einer Neuanlage

liegt abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und Abb. 3: Bestandteile, Dimensionen und Massen eines
der benötigten Infrastruktur sowie dem Kraftwerk- Braunkohlekessels
43
KRAFTWERKSBAU
Abb. 4: Schlitzbunker des Kraftwerks Neurath (Gesamtbauzeit 2 Jahre)
310 m Länge, 35 m Tiefe und 35 m Breite (70.000

m³ Stahlbeton) (Abb. 4),
– Bau von vier Treppentürmen mit ca. 173 m Höhe
bei einer Grundfläche von 14 × 15 m (20.000 m³
Beton mit 9.000 t Bewehrung) (Abb. 5),
Querschnitt: 47 x 50 m
Bewehrungsgrad: 200 kg/m3
Höhe: 173 m
Querschnitt: 14 x 15 m
Abb.6: Bewehrung des Treppenturmfundaments des Kraft-
Beton je Turm: 1.000 m3 werks Neurath
= 230 EFH
Bewehrung: 2.200 t je Turm
Gleitleistung: 2,0 – 3,0 m/Tag
Kesselgerüst: ca. 9.000 t
Kesselhaus: ca. 17.000 t
Begehflächen: ca. 45.000 m2
Abb. 5: Treppentürme des Kraftwerks Neurath
– Einzelfundamente zur Aufnahme von Treppen-

turm- und Kesselgerüst-Stütze mit 7,50 m Stärke
und 47 × 50 m Querschnitt (Bewehrungsgrad: Abmessungen:
Seitenwand links/rechts b/t/h = 53/13/70 m
200 kg/m³; 21 Lagen D = 28 mm alle 15 cm) Stirnwand b/t/h = 37/11/70 m
(Abb. 6),
– Vorfertigung des oberen Teils des Kesselhauses auf Abb. 7: Hängender Teil und Treppentürme des Kraftwerks
der Bodenplatte und mit Fassade und Aggregaten Neurath
versehen per Litzenhubsystem wandweises Heben
in die Endposition (hängende Stahlkonstruktion – Kühltürme mit bis zu 200 m Höhe, 150 m Grund-
mit bis zu 53 m Breite, 70 m Höhe und 13 m Tiefe; fläche bei nur 20 cm Wandstärke aus rauchgasresi-
1.800 t Hubgewicht) (Abb. 7), stentem Sonderbeton (Abb. 8),
44
KRAFTWERKSBAU
Säurefester Spezialbeton
∅ 70 m oben, ∅ 120 m unten
36 Stützen je 12 m / 48 t
20 cm Schalendicke
10.500 m3 Beton
1.500 t Bewehrungsstahl
Abb. 8: Der Kühlturm des Kraftwerks Neurath ist 170 Meter hoch
– Reingaskanäle aus GFK zur Ableitung der Rauch- Ein Problem derartiger Großprojekte ist, dass
gase mit 10 m Durchmesser und 70 m Länge. aufgrund der notwendigen Länge zur Realisierung
Pfahlgründung der Gesamtanlage im Wattenmeer und dem Anspruch auf „best practice“ in der Anla-
am Standort Eemshaven. (Abb. 9), gentechnik eine baubegleitende Planung unumgäng-
lich ist.
Jedes Kraftwerk ist hierdurch ein Unikat. In

der Bautechnik ergeben sich Veränderungen aus den
örtlichen Gegebenheiten, lokal unterschiedlichen
Einwirkungsgrößen und der Varianz der Anlagen-
komponenten. In der Anlagentechnik resultieren die
Veränderungen aus Weiterentwicklung der Kompo-
nenten zur Erhöhung des Wirkungsgrades, deren
wirtschaftliche Herstellung, aus länderspezifischen
Vorgaben und abgeforderten Randbedingungen der
Genehmigungsbehörden, aus der Vergabesituation
durch die Beauftragung des wirtschaftlichsten Bau-
teil-Lieferanten und damit verbundener Anordnungs-,
Maß- und Gewichtsunterschieden.
Abb. 9: Kraftwerk Neurath: Transport der Reingasleitung
zum Kühlturm Beim Kraftwerksprojekt BoA 2/3 in Neurath
wurden ca. 350.000 m³ Beton und 50.000 t bautech-
– Kühlwasserentnahmebauwerk mit Anbindung an nischer Stahlbau verarbeitet. Über 100 bauliche An-
das Hafenbecken (Abb. 10). lagen müssen für ein Kraftwerksprojekt geplant und
Abb. 10: Entnahmebauwerk des Steinkohledoppelblocks Eemshaven
45
KRAFTWERKSBAU
dimensioniert werden. Allein für den Massivbau wurden in Teilaufga-

den ca. 3.000 Pläne erstellt, die darüber hinaus mehr- ben gesplittet und
fach zu revidieren waren. an Ingenieurbü-
ros unterschied-
lichster Größe
und Wirkungsbe-
4 Planerische Realisierung reiche, haupt-
sächlich auf Ba-
sis des günstig-
Zur planerischen Realisierung sind verschie- sten Angebots-
denste Ingenieurbüros und Lieferanten deutschland- preises, verge-
und teilweise auch weltweit tätig. Das Bindeglied al- ben. Referenzen
ler dieser Unterlagen stellt der „Staatlich anerkannte und das Erforder-
Sachverständige für die Prüfung der Standsicherheit“ nis eines über-
dar. Der Prüfingenieur wird von Seiten des Bauherrn greifenden Koor-
nicht als Hemmschuh, sondern als äußerst wichtige dinationsmana-
Instanz für die Realisierung des Projektes angesehen. gements wurden
Ohne die Kompetenz des/der Prüfbüros, die Kennt- ignoriert. Das Er-
nisse über die Zusammenhänge bei der Planung und gebnis sind ne-
Abwicklung des Kraftwerksbaus sowie seiner Unter- ben stark ge- Abb. 12: Rechnerische Ausgestal-
stützung bei der Lösungsfindung in bisweilen wachsenen ter- tung einer Anschlussbildung – sehr
schwierigsten Situationen, wäre manches Projekt ge- minlichen Pro- diskussionswürdig
scheitert. Bei einem vertrauensvollen Zusammenspiel blemen erhebli-
zwischen Prüfingenieur und Bauherr ist gewährlei- che Mängel in der Qualität der technischen Unterla-
stet, dass die Tragkonstruktion den baurechtlichen gen bis hin zu Fehlkonstruktionen, die zum Versagen
Anforderungen entspricht und terminkritische der Tragkonstruktion führen könnten. Es musste fest-
Schwierigkeiten ohne inakzeptable Abstriche an das gestellt werden, dass angenommene Selbstverständ-
Tragvermögen der Konstruktion schnellstmöglich nisse nicht mehr als solche vorausgesetzt werden
gelöst werden (Abb. 11). können und sogar „verloren gegangenes Ingenieur-
wissen“ als Begründung herangezogen wurde (Abb.
Bedauerlicherweise ergab es sich, dass durch 12).
den Wirtschaftseinbruch zum Anfang des neuen Jahr-
tausends viele Unternehmen vom Markt verschwan- Ursachen sind neben mangelnder technischer
den oder umstrukturierten. Die Auswirkungen zeigen Kompetenz, Fehler in Struktur und Koordinierung
sich bis heute auch in der Planungsqualität. Das vor- der Tragwerksplanung!
mals übliche Heranführen der jüngeren an die Kennt-
nisse der alten, erfahrenen Ingenieure und Konstruk- Bedauerlicherweise ist häufig auch das ökono-
teure fand nicht mehr statt. Ingenieurleistungen wur- mische Selbstverständnis bezüglich Ehrlichkeit, Ver-
tragstreue, Vertrauen, Selbstdisziplin,
Firmenverbundenheit nicht mehr Ba-
sis der Handlungen.
5 Auflistung von
Anforderungen
Aufgrund der bei unseren letz-

ten Bauprojekten aufgetretenen
Schwierigkeiten, einer Ursachenfor-
schung bei und mit den Lieferanten
und Gesprächskreisen mit Verbänden
werden detailliertere Vorgaben bzw.
das frühzeitige Hinterfragen und Fi-
xieren der beabsichtigten Vorgehens-
weise der technischen Bearbeitung für
Abb. 11: Handikaps im Abwicklungsprozess – 1 notwendig erachtet. Nachfolgend fin-
46
KRAFTWERKSBAU
Planungsprozess
– Übergabe benötigter Lastangaben
Etablierte Büros, die eng unter erfahrener Führung und den
– Festlegung Lastabtrag
notwendigen Kenntnis-Know-How alt – jung / erfahren – neu – Einreichung der Fundamentlastangaben
gewährleisten, wurden nicht im ausreichenden Maße eingesetzt – Einreichung statischer Berechnungen
bzw. waren nicht am Markt verfügbar!!! – Einreichung von Planunterlagen
Schnittstellen – Bereichs-/baugruppenweise Design-Freeze Ter-
Planung – Statik – Übersichtszeichnungen – Werkstattplänen mine
nicht genügend Bedeutung beigemessen – Beginn/Fertigstellung baugruppenweise Werk-
â Abwicklungsstörungen stattzeichnungen
â Terminprobleme – Beginn/Fertigstellung baugruppenweise Ferti-
â unkalkulierbare Kostenentwicklung
gung
und vor allem
â Standsicherheit gefährdet!!!
– Beginn/Fertigstellung baugruppenweise Mon-
tage
Abb. 13: Handikaps im Abwicklungsprozess – 2
■ Es sind Schnittstellen explizit vom Auftragnehmer
Planung zu koordinieren, zu überwachen, zu überprüfen
u Unzureichender Vergabe-/Planungsvorlauf und die beiderseitige Übereinstimmung durch
u Falsche / nicht aktuelle Einwirkungen Freigabevermerke zu dokumentieren. Hierzu sind
u Umfangreiche Änderungen im Zuge des Planungs- und ausreichende Planungs-/Statusgespräche mit dem
Baufortschritts Auftragnehmer, Auftraggeber, Prüfingenieur und
u Zu viele Untervergaben von Teilleistungen
u Fehlende Kongruenz Statik – Übersichten – Werkstattpläne
ggf. Subunternehmern zu führen.
u Qualität der statischen Berechnung und Plangestaltung
■ Unterschiedliche Baugruppen / Bereiche können
Ausführug bei verschiedenen Büros beauftragt werden. Die
u Materialmängel
Unterteilung ist auf maximal 5 Büros zu beschrän-
u Fertigungsmängel
u Transport-/Lagerschäden
ken.
u Montagemängel
■ Die statische Dimensionierung, Übersichtserstel-
Abb. 14: Handikaps im Abwicklungsprozess – 3 lung und Anschlussstatik (Primär- und Sekun-
däranschlüsse) sind jeweils von einem Büro aus-
det sich eine Auflistung von Anforderungen, die bei- zuführen (baugruppen- / bereichsweise aus einer
spielhaft für eine zielführende Projektabwicklung der Hand).
Kesselgroßkomponente (Anlage nebst Stahlbau des
Kesselgerüstes und Kesselhauses) als Vertragsbe- ■ Die Erstellung der Werkstatt- und Detailzeichnun-
standteil vorgesehen ist (Abb. 13 und Abb. 14): gen ist in den Verantwortungsbereich des Trag-
werksplaners oder des Fertigers zu legen.
Projektmanagement:
■ Vom Ersteller der Hauptstatik ist die Anschluss-
■ Es ist ein schlüssiges und verbindliches Gesamt- ausbildung zu prüfen und freizugeben, sofern die-
konzept auszuarbeiten, wie sämtliche Prozesse der se anderweitig ausgearbeitet wird.
bautechnischen Projektabwicklung (der Planungs-
, Lieferungs- und Montagephase/-abwicklung) or- ■ Es ist wöchentlich eine aktualisierte Übersicht zu
ganisiert, koordiniert, kontrolliert und erbracht erstellen, aus der hervorgeht
werden sollen. Hierbei ist auf einen ausreichenden – welche Pläne angefertigt wurden,
(realistischen) Planungszeitraum zu achten. – welche Pläne noch erstellt werden,
– welcher Planindex gilt,
■ Es ist eine zentrale Dokumentenverwaltung sowie – was mit welchem Planindex gefertigt wurde und
eine EDV-basierte Bauteilverfolgung (Sicherstel- – welche Bauteile zwischenzeitlich verbaut wur-
lung, dass der Abwicklungsstand jederzeit von al- den
len Beteiligten eindeutig abrufbar ist) aufzubauen.
■ Es ist sicherzustellen, dass die Projektbeteiligten
■ Es sind mit Hilfe eines Projektsteuerungstools für Zugriffsmöglichkeiten auf den zentralen Daten-
nachfolgende Meilensteine jederzeit Soll-Ist-Aus- pool (FTP-Server) haben.
sagen zu gewährleisten:
– Übergabe benötigter Planungsvorgaben ■ Es ist ein detailliertes QS-Programm für die Be-
– Typical Details reiche Planung / technische Bearbeitung, Ferti-
– Abgabe Montagekonzept(e) gung und Montage auszuarbeiten (Abb. 15 und
– Abgabe AOP/Objekt-Pläne vorab/final Abb. 16).
47
KRAFTWERKSBAU
lierungsgrad muss es ermöglichen, den wöchentli-

Planung
u Zwangsvorgaben Vergabe- / Planungsvorlauf (= Kapitalfluss
chen Soll-Realisierungsstand zu kennen.
vorziehen)
u Erhöhtes Anforderungsprofil für Untervergabe ■ Es ist ein Katalog der zu verwendenden An-
(Ingenieurpartnerschaft; langjährige/bewährte Zusammenarbeit; schlussarten festzulegen, der die Konstruktions-
Reverenzen) prinzipien der gebräuchlichsten Anschlüsse bein-
u Nutzung globaler Einwirkungen haltet (Ziel: vereinheitlichte Machart unabhängig
u Lastreserven vorsehen
vom eingesetzten Büro; zugeschnitten auf die Be-
u „Gutmütige” Konstruktion ausbilden
u Planung und Ausführung entkoppeln
lange der Fertigung und Montage).
u Untervergaben von Teilleistungen rigoros beschränken
u Externe / bauherrenseitige Qualitätssicherung ■ Es ist eine „gutmütige Bauwerkskonstruktion“
Planungsschnittstellen auszubilden, d.h.
u Vorgaben zum Aufbau von statischen Berechnungen und zum – Lastfälle reduzieren,
Layout von Plänen (Musterbeispiel) – Flächen- /Streckenlasten anstelle von Einzella-
u Bauherrenseitige Qualitätsüberwachung der Vorgaben
sten (vereinfachtes Lastkonzept),
â Spezifiktionen sollen unterstützen
â Spezifikationen dienen nicht einer gedankenlosen Umset-
– Lastreserven vorsehen, insbesondere in den An-
zung schlüssen,
– besondere Sorgfalt bei der Gelenkspezifikation
Abb. 15: Ist das der richtige Lösungsweg? in den EDV-Systemen,
– möglichst regelmäßige Anordnung der Verbän-
■ Schnittstellen de sowie Vermeidung von Steifigkeitssprüngen
Planung – Statik – Übersichtszeichnungen – Werkstattpläne – nur geringe Systemversätze,
mehr Bedeutung beimessen – Bühnen ebenenweise in überschaubare Teilbe-
■ Prüfingenieur als wertvolle Instanz zur Sicherung der
reiche untergliedern, um Auswirkungen von
benötigten Qualität sowie als Unterstützung bei der Lö-
sungssuche verschiedenartigster Planungsprobleme früh-
Veränderungen zu begrenzen,
zeitig und strukturiert einbinden – Profile so weit wie möglich an den Knoten-
■ Qualitätsüberwachung der Planung, des Grundmaterials, der punkt heranführen,
Fertigung, der Baustelleneingangskontrolle sowie der Montage – Steifen bei „größeren“ Einzellasten und bei
Erwartetes Ergebnis: Ausmittigkeiten,
â Abwicklung störungsfreier – gedrungene und symmetrische Anschlussge-
â Abwicklung termingerechter staltung mit geringen Systemversätzen,
â Abwicklung im gesetzten Kostenrahmen – Anschluss aller ankommenden Elemente je-
Standsichere und technisch durchdachte Ausgestaltung weils für sich,
innerhalb des gesetzlichen Kosten-, Zeit- und Qualitäts-
– duktile Anschlüsse,
rahmens erreichen
– freie Knotenblechbereiche mit Aussteifungen
Abb. 16: Das ist der Lösungsweg: Der Prüfingenieur muss versehen,
frühzeitig und strukturiert einbezogen werden – Gelenkwirkung der Knotenbleche betrachten
(bei Kastenträgern grundsätzlich untersuchen),
Technische Bearbeitung: – symmetrisches Schraubenbild,
– möglichst geringe Schraubenanzahl,
■ Es ist festzulegen, zu welchen Zeitpunkten welche – möglichst geringer Abstand zwischen den
Unterlagen und für welche Bauabschnitte zur sta- Schrauben.
tischen Kontrolle der baulichen Anlage beim Prüf-
ingenieur eingereicht werden. ■ Es ist ein Prozedere zum Umgang mit Änderun-
gen festzulegen.
■ Es ist sicherzustellen, dass es die Qualität der Un-
terlagen ermöglicht, diese ohne umfangreiche ■ Es sind die Lastansätze den im Zuge des Pla-
Einarbeitung zu prüfen, zu ergänzen oder umzu- nungs-/Realisierungsfortschritts konkretisierten
setzen. Einwirkungen gegenüberzustellen. Aus den End-
dokumentationsunterlagen müssen die realen Ein-
■ Der Tragwerksplaner ist bei Werkstattzeichnun- wirkungen zu entnehmen sein.
gen in den Prüfprozess zu involvieren. Er hat
durch seine Freigabe zu bestätigen, dass die Aus- ■ Es ist auf leichte und eindeutige Lesbarkeit der
bildung den zugrundegelegten Anforderungen der technischen Unterlagen hinzuwirken, u.a.
statischen Dimensionierung entspricht. – Master-Layout bindend vorgeben,
– Zeichnungskopf mit Änderungstabelle, Freiga-
■ Es ist ein detailliertes Montagekonzept für die ge- befeldern sowie Lageplan,
samte bauliche Anlage auszuarbeiten. Der Detail- – übergreifende Struktur der Plannummern,
48
KRAFTWERKSBAU
– für anschließende Gewerke erforderlichen An- Planindex und Auffindbarkeit der Bauteile auf den
gaben aufnehmen, Lagerflächen zu erarbeiten und zu nutzen.
– maßstäbliche Darstellung,
– eindeutige Strich- und Schriftstärken unter Be- ■ Der Fertiger ist in die Ausarbeitung des Montage-
achtung evtl. Veränderungen in Folge Konver- konzeptes einzubeziehen und die Konstruktionen
tierung der Unterlagen, dementsprechend auszubilden.
– Schrifttyp und Schriftgröße vereinheitlichen
und Anzahl begrenzen, Montage:
– kein Ineinanderschachteln von Bauteilen,
– Schnitte ohne Höhenversatz zum Bauteil anord- ■ Es sind die Montageaktivitäten durch Mitglieder
nen, des Planungsteams (Statiker, Konstrukteur) zur
– zur Montageerleichterung in Werkstattzeich- Klärung von Fertigungs- und Planungsfehlern so-
nungen Lage des Bauteils im Gesamtsystem wie Dokumentation von Baustellenänderungen zu
kenntlich zu machen, betreuen.
– vollständige Maßlinien und -ketten, um
nachträgliche Berechnungen für den Ferti- Vorgenannte Anforderungen lassen sich auch
gungsprozess zu vermeiden, sinngemäß für die Abwicklung von baulichen Anla-
– Konvertierprogramme für CAD-Planunterlagen gen in Massivbauweise anwenden. Zu erkennen ist,
auf möglichst nahe Wiedergabe des Originals dass bei Großkraftwerksprojekten der Prüfingenieur
anpassen. frühzeitig und kontinuierlich planungsbegleitend
einzubinden ist, um eine Realisierung innerhalb des
Fertigung: gesetzten Zeitrahmens in bestmöglicher Qualität zu
erzielen. Wir beabsichtigen, bei zukünftigen Projek-
■ Es ist auf den QS-Unterlagen zu bestätigen, dass ten auf vorgenannte Anforderungen verstärktes Au-
die Bauteile entsprechend den technischen Unter- genmerk zu richten und hoffen, damit den aufgetre-
lagen gefertigt wurden sowie anzugeben, welcher tenen Schwierigkeiten ausreichend entgegenzutre-
Planstand (Index) zugrundelag. ten. Das angestrebte Ziel aller Projektbeteiligten
muss es wieder werden, dass Qualität, Termin und
■ Es ist ein durchgängiges Konzept zur Kennzeich- Kosten zum Wohle aller Beteiligten im Einklang
nung von Bauteilen einschließlich Angabe des sind.
49
NORMEN
Bestandsaufnahme und
Ziele der pränormativen
Arbeit der Ingenieure
Mit welchen Erfolgsaussichten 1 Einleitung
und Zielen arbeiten die Ingenieure
künftig an ihren Normen mit?
In Deutschland wird sich die Tragwerkspla-
Normen müssen als widerspruchsfreie Regelun- nung ab 1. Juli 2012 nach den Eurocodes 0 bis 9 mit
gen für die Alltagsarbeit tauglich und verständ- jeweils den nationalen Anhängen richten. Das Ziel, in
lich sein. Die Normenreihe EC 0 bis 9 wird wegen Europa länderübergreifende Bemessungs- und Kon-
ihres Umfangs und ihrer Regelungstiefe von den struktionsregeln für die wichtigsten Bauarten bereit-
Ingenieuren in Deutschland als anwenderfeindlich zustellen und die nationalen Regeln zu ersetzen, ist
eingestuft. Gleichzeitig wurde erkannt, dass die damit erreicht. Die Ingenieurpraxis zeigt sich jedoch
Ingenieurpraxis in den vergangenen Jahren ihre zumindest in Deutschland unzufrieden und erfährt
Mitwirkung an der Normenarbeit nahezu einge- zunehmend durch europäische Nachbarstaaten Unter-
stellt hatte. Auch fehlt ein gemeinsames Konzept stützung für ihre vorgetragene Kritik. Das Normenpa-
oder ein übergeordnetes Ziel, um die nationalen ket mit insgesamt 58 Teilen und 5219 Seiten, ohne
Interessen bei der Normungsarbeit in Europa zu nationale Anhänge mitzuzählen, hat schon vom Um-
vertreten. Um diese Mängel abzustellen haben fang her einen voluminösen Höhepunkt erreicht
Verbände und Kammern der Ingenieure und der (Abb. 1).
Bauindustrie 2011 die PraxisRegelnBau (PRB)
gegründet. In sechs Arbeitsgruppen wollen sie Die Forderungen nach Vereinfachungen in der
dort Vorschläge zur Vereinfachung erarbeiten. Normung sind vielstimmig und werden durch folgen-
Die Grundfinanzierung dieser Arbeit leisten die in de Kernaussagen zusammengefasst:
der PRB vertretenen Organisationen, unterstützt
durch Zuwendungen des Bundesministeriums für ■ Reduzierung des Regelungsumfanges,
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) ■ Vereinfachung der Bemessungsvorschriften,
und des Deutschen Instituts für Bautechnik (Ber- ■ eindeutige und widerspruchsfreie (rechtssichere)
lin). Regelungen,
■ klare durchgängige Strukturen für alles Bemes-
sungsnormen.
Dr.-Ing. Volker Cornelius
studierte Bauingenieurwesen Die Verbände der Prüfingenieure BVPI und
an der TH Darmstadt, arbeitete der Beratenden Ingenieure VBI haben das Thema ge-
bis 1977 im Ingenieurbüro
Beck-Gravert-Schneider, pro-
movierte an der TH Darmstadt
und wechselte dann als Stipen-
diat der Alexander-von-Hum-
boldt-Stiftung an die University
of Boulder in Colorado (USA);
1982 gründete er zusammen mit
Dr.-Ing. Winfried Schwarz und Dr.-Ing. Peter Zeitler
in Darmstadt die CSZ Ingenieurconsult GmbH, für
die er heute als Geschäftsführer und Gesellschafter
tätig ist; Cornelius ist seit 2003 Präsident des Ver-
bandes Beratender Ingenieure VBI und seit 2011 Abb. 1: 10 Eurocodes: 58 Teile mit 5.219 Seiten plus na-
auch im Vorstand der PraxisRegelnBau e.V. tätig tionale Anhänge
50
NORMEN
meinsam aufgegriffen und in einem ersten Schritt Wirft man einen Blick auf die Arbeitsweise und
versucht, Grundlagen zu schaffen, um die Praxis in- Struktur der bestehenden Normungsorganisationen
tensiver an der Normungsarbeit zu beteiligen. Dabei (www. DIN.de; www. CEN.en) wird schnell klar, dass
sollten die Ergebnisse des gemeinsam initiierten For- eine Praxisinitiative nur dann Erfolg hat, wenn es ge-
schungsvorhabens [1] Unterstützung leisten. Nach lingt, eine gemeinsame nationale Position abzustim-
wenigen Gesprächen mit Vertretern der Bauindustrie men und die erarbeiteten Vorschläge als Entwurf über
war schnell klar, dass diese Arbeit nur gemeinsam zu das DIN in die europäische Normung einzubringen.
bewältigen sei. Auch die Vertreter der Bauaufsicht,
das DIN und DIBt waren von der Notwendigkeit
überzeugt, die zukünftige Normung praxisgerechter
zu gestalten und sagten der Initiative ihre Unterstüt-
3 Neue Ansätze der deutschen
zung zu. Ingenieurpraxis
Die Initiative praxisgerechte Regelwerke im

2 Nationale und europäische Bauwesen (PRB) wurde im Januar 2011 von den
Normung Spitzenverbänden der Deutschen Bauwirtschaft ge-
gründet (Abb. 3).
In Deutschland ist die nationale Normung pri- Der Zweck der PRB wird erreicht durch pra-
vatwirtschaftlich im DIN organisiert. Aufgrund eines xisnahe pränormative Arbeiten im Vorfeld der Erstel-
Vertrages mit der Bundesrepublik Deutschland ist das lung von Normen und anderen Regelwerken, um
DIN als die nationale Normungsorganisation in den hierdurch die Praxistauglichkeit der Regelwerke im
europäischen und internationalen Normungsgremien, Bauwesen in Deutschland und Europa zu verbessern.
z. B. CEN (Comité Européen de Normalisation) und
ISO (International Organisation for Standardisation) Hierbei sollten folgende Punkte besondere
anerkannt. Berücksichtigung finden:
Im Gegenzug sorgt das DIN dafür, dass alle ge- ■ Koordination der inhaltlichen Normungsarbeit
sellschaftlichen Interessen (interessierte Kreise) in durch den Lenkungsausschuss,
der Normung Berücksichtigung finden. Die Nor- ■ Netzwerkbildung mit anderen europäischen Gre-
mungs- und Arbeitsinhalte sind jedoch eine Selbst- mien und Verbänden,
verwaltungsaufgabe der deutschen Wirtschaft! ■ Öffentlichkeitsarbeit - Lobby für die Ingenieurpra-
xis,
Nach Angabe des DIN sind heute 85 bis 90 ■ Verwaltung und Kontrolle zweckgebundener Zu-
Prozent aller Normungsvorhaben europäischen bzw. wendungsmittel,
internationalen Ursprungs. So auch die Eurocodes, ■ Einbringen der Ergebnisse der Projektgruppen
die aufgrund eines Antrages der europäischen Kom- (PG) in nationale und internationale Gremien,
mission (Mandatierte Normen) in den Spiegelaus- ■ Unterstützung der deutschen Delegierten beim
schüssen des DIN bearbeitet wurden (Abb. 2). Die CEN durch Übernahme von CEN Sekretariaten
Entscheidung über die aktive Mitarbeit auf europäi- und Besetzung von Positionen (Chairmen) in wor-
scher Ebene wird somit im Normenausschuss des king groups.
DIN gefällt. Die fachliche Betreuung erfolgt im Spie-
gelausschuss, wo auch die deutsche Meinung zu ei- Die schlanke Organisation der PRB (Abb. 4)
nem Normungsthema ermittelt wird. Der Spiegelaus- soll es ermöglichen, schnelle Entscheidungen zu tref-
schuss entsendet Delegierte in die Technischen Ko- fen und interne Kosten für Verwaltungsaufgaben zu
mitees des CEN. minimieren. Nahezu alle finanziellen Zuwendungen
können so direkt in die Projektarbeit fließen.
Die inhaltliche Arbeit wird in den Projektgrup-

pen geleistet. Ein kleines Kernteam aus Ingenieuren
der Baupraxis erarbeitet Konzepte und Zeitpläne, in
denen der Rahmen für die zu erbringenden Leistun-
gen definiert wird. Inhalte und Finanzierung dieses
Leistungspaketes wird durch den Lenkungsausschuss
verabschiedet. Es enthält in der Regel auch einen Fi-
nanzierungsanteil, der über Zuwendungen Dritter
Abb. 2: Nationale und europäische Normung (BMVBV, DIBt) gedeckt werden sollte.
51
NORMEN
Abb. 3: Gründung der Initiative „PraxisRegelnBau“ (v. l. n. r.): Dr. Ronald Rast (Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks-
und Wohnungsbau, DGfM), Dr. Kirsten Laackmann (Deutsche Gesellschaft für Geotechnik, DGGT), Friedhelm Heuser
(Hauptverband der Deutschen Bauindustrie), Dr. Hans-Peter Andrä (Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautech-
nik), Michael Heide (Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, ZDB), Prof. Manfred Nußbaumer (Deutscher Beton- und
Bautechnik-Verein), Dr. Jens Karstedt (Bundesingenieurkammer), Dr. Udo Wiens (Deutscher Ausschuss für Stahlbeton), Sa-
bine von Berchem (Verband Beratender Ingenieure), Manfred Tiedemann (Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bau-
technik), Prof. Karl G. Schütz (Bundesingenieurkammer), Dr. Lars Meyer (Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein); es
fehlen: Dr. Volker Cornelius (Verband Beratender Ingenieure VBI), Dr. Volkmar Bergmann (Deutscher Stahlbau-Verband)
Das Kernteam wird in der Regel auch externe gerorganisationen sowie die Vorsitzenden der Ar-
Experten hinzuziehen und Studien bzw. Vergleichs- beitsgruppen vertreten. Es ist besonders wichtig im
rechnungen auf Antrag an Ingenieurunternehmen Hinblick auf den späteren Erfolg der Arbeit, dass in
vergeben. diesem Lenkungsgremium auch Vertreter aus dem
Bauministerium und der Bauaufsicht der Länder ihre
Im Ergebnis entstehen so die Arbeitspapiere, Erfahrung mit einbringen.
die als Grundlage für spätere Normvorlagen dienen.
Die Arbeitsergebnisse werden ausschließlich
Die Koordination und Abstimmung aller Er- über den Lenkungsausschuss in die entsprechenden
gebnisse der Arbeitsgruppen findet im Lenkungsaus- Normungsausschüsse des DIN und CEN weitergelei-
schuss statt. Dort sind maximal 10 Experten der Trä- tet (Abb. 5). Durch eine weitgehende personelle Kon-
Abb. 4: Organigramm der PraxisRegelnBau e. V.
52
NORMEN
Abb. 5: Arbeitsweise der Projektgruppen
tinuität der Experten in der PRB und den Arbeitsaus- 2. Praxisgerechte und nachvollziehbare Nach-
schüssen des DIN sowie den technischen Gremien weiskonzepte
des CEN soll die erfolgreiche Umsetzung der Ar- Die modernen Nachweisformate wurden mit ei-
beitsergebnisse unterstützt werden (Abb. 6). nem Anspruch auf Exaktheit formuliert, welche
sich in der gebauten Realität nicht wiederfindet.
Dies betrifft sowohl die Einwirkungen als auch
die Widerstände. Rechenprozesse, die sich einer
einfachen Handrechnung entziehen, sollen durch
grafische und/oder tabellarische Auswertung ein-
fach anwendbar gemacht werden.
3. Vielzahl an Einwirkungskombinationen redu-
zieren
Unübersichtlichkeit und Zeitaufwand entstehen
derzeit insbesondere durch die Vielzahl der Ein-
wirkungskombinationen. Für Standardfälle sollen
die maßgebenden Einwirkungskombinationen auf
ein Mindestmaß reduziert werden, die ggf. auch
einer globalen Sicherheitsbetrachtung zugänglich
sind.
Abb. 6: Neue Ansätze der Ingenieurpraxis 4. Optimierungsparameter reduzieren
Parameter, mit denen die Bemessung durch eine
Die inhaltliche Arbeit soll sich für alle Projekt- „genaue“ Anpassung an individuelle Randbedin-
gruppen an zehn Grundsätzen orientieren, die in der gungen optimiert wird, sind auf ein Mindestmaß
PRB einvernehmlich als „Gebote“ verabschiedet zu reduzieren.
wurden. 5. Einheitliche Gliederung in allen Normen des
konstruktiven Ingenieurbaus
1. Grundregeln der Mechanik Dadurch, dass sich unabhängig von der Bau-
Bemessungsregeln müssen aus Modellen der weise die wesentlichen Regelungen immer in
Lastabtragung nach den Grundregeln der Mecha- den gleichen Kapiteln der Norm finden, z. B.
nik entwickelt werden. Wo sich empirische Ansät- Werkstoffe in Kapitel X, Nachweise in Kapitel Y
ze nicht vermeiden lassen, sind diese als solche zu etc., soll das Arbeiten mit der Norm erleichtert
kennzeichnen. werden.
53
NORMEN
6. Durchgängigkeit der Regelungen über Bau- Auch ist das semiprobabilistische Konzept fle-
stoffgrenzen hinweg xibel und zukunftsfähig, da es erlaubt neue Baustoffe
Nachweise im Baugrund müssen mit denselben bzw. Werkstoffe beliebig zu kombinieren.
Lastkombinationen und mit denselben Sicher-
heitselementen geführt werden, wie die Nach- Allerdings müssen die Anzahl der Sicherheits-
weise in der Baukonstruktion. beiwerte reduziert und die Kombinationsregeln ver-
7. Vereinheitlichung der erforderlichen Heißbe- einfacht werden. Dies ist für übliche Bauwerke ohne
messung Einschränkung der Sicherheit und Wirtschaftlichkeit
Vereinfachende Regelungen, mit denen eine aus- durchaus möglich, wie anhand verschiedener Bei-
reichende Feuerwiderstandsdauer durch geome- spiele [1] und [2] bereits aufgezeigt wurde.
trische Randbedingungen, Schlankheit und Aus-
nutzungsgrad nachgewiesen werden kann, sind ■ Die Anzahl der Sicherheitsbeiwerte ist wesentlich
anzustreben. zu reduzieren durch die Einführung eines gewich-
8. Verbesserung der handwerklichen Qualität teten, mittleren Beiwerts. Für den üblichen
und der Sprache der Normen Hochbau kann γF = 1,4 gesetzt werden.
Die Vielzahl von Corigenda und Neuauflagen von ■ Die Übergabe von Auswirkungen ist zu vereinfa-
Normen infolge handwerklicher Fehler muss rechen, z. B. Lastübergabe an den Baugrund
duziert werden. Zudem muss die Sprache so exakt
sein, dass Auslegungen eher die Ausnahme sind.
9. Reduzierung der NDP soweit möglich
Nationale festlegbare Parameter (NDP) sind zu für die Grenzzustände STR/GEO.
vermeiden. Kompromisse sind – auch deutscher-
seits – einzugehen. Durch die Einführung eines universellen Kom-
10. Eurocodes repräsentieren den Stand der binationsbeiwertes ψuni = 0,7 sind nahezu alle Ein-
Technik, nicht der Wissenschaft wirkungsarten nach DIN EN 1990 (2010) gebührend
Normen müssen Ausdruck des allgemein aner- zu berücksichtigen. Damit können die Kombinations-
kannten Standes der Technik sein, der zielsicher regeln wesentlich vereinfacht werden.
und wirtschaftlich erreichbar ist. Der von Einzel-
nen vertretende Stand der Wissenschaft ist als ■ Beim Nachweis der Tragfähigkeit in der Bemes-
Maßstab für Standardlösungen ungeeignet und sungssituation „ständig“ und „vorübergehend“ er-
sollte daher in Normen grundsätzlich nicht wie- gibt sich bei üblichen Bauaufgaben
dergegeben sein.
In der deutschen Position zur Umsetzung des

Mandats M/466, welches als Grundlage für die Fort-
führung und Überarbeitung der Eurocodes in den
nächsten Jahren dient (second generation of Euroco-
des), konnten diese Gebote mit Unterstützung des
DIBt eingebracht werden. Ein erster Erfolg für die ■ Für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit für
Arbeit der PRB. Gleichzeitig müssen wir allerdings „seltene“ und „häufige“ Lastkombinationen
zur Kenntnis nehmen, dass die Arbeit des TC 250 an
der zweiten Generation der Eurocodes bereits Ende
2010 wieder aufgenommen wurde und bezüglich der
inhaltlichen Bearbeitung bereits bis 2015 abgeschlos-
sen sein soll. Es ist also höchste Eile geboten, unse-
ren nationalen Beitrag zu leisten und diesen in die ■ Und für quasi ständige Lastkombinationen
Arbeitsausschüsse des DIN und CEN einzubringen.
Weiterhin wurde nach intensiver Diskussion in

der PRB entschieden, das mittlerweile bekannte und
international weit verbreitete semiprobabilistische Si-
cherheitskonzept grundsätzlich beizubehalten. Die = 1 für Lagerräume bzw. 0 bei geringer
wirtschaftlichen Vorteile sowohl auf der Seite der Auslastung
Einwirkungen als auch auf Seite der Widerstände,
Teilwiderstandsbeiwerte unter Berücksichtigung der Es ist die vordringlichste Aufgabe der Projekt-
jeweiligen Streuung festlegen zu können, waren über- gruppe 1, die Möglichkeit solcher vereinfachender
zeugend, – nicht zuletzt für die Berechnung bestehen- Ansätze zu analysieren, zu ergänzen und durch Ver-
der Baukonstruktionen. gleichsrechnungen zu bestätigen.
54
NORMEN
Neben dieser Bearbeitung der Grundlagen der (Abb. 7). Alle Projekte werden für einen Zeitraum
Tragwerksplanung umfasst die Arbeit der PG 1 die von 2 Jahren bewilligt und nach Prüfung und Zustim-
Überarbeitung und Weiterentwicklung der Einwir- mung durch den Lenkungsausschuss ggf. verlängert.
kungen nach EC 1. Die PG 1 hat im Dezember 2011
unter Leitung von Dr.-Ing. Frank Breinlinger die Ar-
beit aufgenommen. Die Finanzierung wird im We-
sentlichen durch die Verbände VBI/BVPI gesichert
4 Schlussfolgerungen
und durch die Mitarbeit der von diesen Verbänden
dafür in Vollzeit angestellten Ingenieure.
Die in der deutschen Baupraxis tätigen Ingeni-
Die Arbeiten der PG 2 unter Leitung von Dr.- eure haben sich über Ihre Verbände organisiert, um
Ing. Frank Fingerloos konnten aufgrund der rechtzei- die neue Generation der EUROCODES praxistauglich
tig zur Verfügung stehenden Finanzierung durch den zu gestalten. Mit der PraxisRegelnBau e. V. wurde die
Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein (DBV) Möglichkeit geschaffen, die Anforderungen und Er-
sehr früh aufgenommen werden. fahrung der Baupraxis in die Normungsarbeit einzu-
bringen. Dies bedeutete zweifellos eine Verstärkung
Der Auftrag zur Überarbeitung des EC 2 wur- und Bereicherung der nationalen Normung und deren
de in drei Arbeitspakete geteilt: Position in Europa. Die PRB ist durch die Privatwirt-
schaft finanziert und bedarf erheblicher finanzieller
■ AP 1: Grundlegende Arbeiten zur Verbesserung Unterstützung durch den Bund. Daher wird für jede
und Vereinfachung des EC 2 Arbeitsgruppe ein entsprechender Zuwendungsantrag
■ AP 2: Analyse der Nationalen Anhänge anderer an das Bundesinstitut für Bau, Stadt und Raumfor-
europäischer Länder und Ermittlung von Ansätzen schung und/oder Deutsche Institut für Bautechnik ge-
zur Vereinheitlichung stellt. Die Arbeiten sind in erheblichem Maße von der
■ AP 3: Beispiel und Vergleichsrechungen, Feldstu- Zusage dieser finanziellen Mittel abhängig.
dien sowie Erprobung der Praxistauglichkeit an-
hand von Projekten Sowohl die Prüfingenieure als auch die Bera-
tenden Ingenieure (dort die Mitgliedsunternehmen
Dabei sind einzelne Arbeitspakete teilweise der Fachgruppe Konstruktiver Ingenieurbau) haben
parallel zu bearbeiten. Sie umfassen und berücksich- zusätzliche Beiträge entrichtet und qualifizierte
tigen die Präsentation und Abstimmung der Ergeb- Bauingenieure bereit gestellt, um die pränormative
nisse sowohl im NABau als auch im TC 250/SC 2 Arbeit zu unterstützen.
Abb. 7: Projektplan der PG 2
55
NORMEN
Es ist jedoch weiterhin Überzeugungsarbeit zu Es zeigt sich schon jetzt, dass der eingeschla-
leisten, um kritische Kollegen von der Notwendigkeit gene Weg Erfolg versprechend ist. Die Verantwor-
und von dem Mehrwert dieser Arbeit zu überzeugen. tung, auch die finanzielle, muss jedoch auf noch brei-
tere Schultern gestellt werden.
Nach einer Studie des Institution of Structural
Engineers (Abb. 8) sind für ein Ingenieurbüro ca. Wie in vielen anderen Fällen sollte nicht weiter
18.175,00 Euro/Mann zu investieren, um die Umstel- nach Patentrezepten gesucht werden. Jetzt ist die Zeit
lung auf die neue Normengeneration zu vollziehen. zum Handeln! Unterstützen Sie eine funktionierende
Neben den Rechts- und Sicherheitsaspekten, die PRB durch qualifizierte Ingenieurleistungen und fi-
durch eine praxistauglichere Normung unterstützt nanzielle Beiträge!
werden, sind daher auch erhebliche Einsparungen in
unseren Büros verbunden.
Erwerbskosten EC’s einschl. Anhänge: 3.200,00

5 Literatur
Preis für Leitfäden und Kommentare: 1.200,00
Preis für Softwareaktualisierung: 23.500,00 [1] Viktor Sigrist, Martin Ziegler: Abschlussbericht für das For-
Teilnahme an Seminaren, 3 Tage: 29.400,00 schungsvorhaben: Entwicklung eines Leitfadens zur Erstel-
lung anwendungsfreundlicher und praxistauglicher Bemes-
Einarbeitung in EC’s im Büro; 12 Tage/Mann 84.500,00 sungsnormen.
Verlust an Produktivität; 10% im ersten Jahr: 149.000,00 Zu beziehen über VBI/BVPI, www.vbi.de/www. bvpi.de
18.175,00/Mann 290.800,00 [2] Frank Fingerloos: Eurocode, Bespiele für Vereinfachungen.
Zu beziehen über DBV, www.betonverein.de
Abb. 8: Schätzkosten für Umstellung auf ECs für ein
16-Mann-Büro nach [3] (Stand 2004, 1 engl. P = 1,17 €) [3] The Institution of Structural Engineers, London, UK
www.istructe.org
56
PRÜFPRAXIS
Prüfung der Statik und

der Bauausführung aus
Sicht der ARGEBAU
Welche fachlichen und menschlichen 1 Einführung
Qualitäten müssen Prüfingenieure
und Prüfsachverständige erfüllen?
Die präventive Prüfung der Standsicherheit ist
Nachdem einige deutsche Länder in den 1990er- eine der klassischen Aufgaben der Gefahrenabwehr
Jahren im Bauordnungsrecht neue Modelle aus- im Zusammenhang mit baulichen Anlagen. Zuständi-
zuprobieren begonnen hatten, ist das landesbau- ge Behörden sind die Bauaufsichtsbehörden, früher
ordnungsrechtliche System der Bundesrepublik war dies die Baupolizei. Mit Zunahme des techni-
Deutschland noch uneinheitlicher, als es vor dieser schen Fortschritts Anfang des 20. Jahrhunderts und
Zeit schon war. Heute bleibt es den Ländern über- damit einhergehender Fortentwicklung neuer Bauar-
lassen, ob sie sich für die hoheitliche Prüfung ten, wie dem Eisenbeton, neuer Bauprodukte und
durch die Bauaufsichtsbehörde, durch ein neuer Nachweismethoden konnte der dafür notwendi-
Prüfamt oder durch einen Prüfingenieur, oder ob ge Sachverstand nicht mehr in jeder Behörde vorge-
sie sich für eine Prüfung durch einen privatrecht- halten werden, und es wurde die Institution des Prüf-
lich tätigen Prüfsachverständigen entscheiden. ingenieurs geschaffen. Auch damals schon konnte
Wie dem auch sei: Immer wieder steht bei diesem aber für ganz Deutschland keine einheitliche Lösung
Thema die Frage im Raum, auf welchen Rechts- gefunden werden.
grundlagen die Tätigkeit der Prüfingenieure und
Prüfsachverständigen ruht, welche fachlichen und Die in den 1950er-Jahren eingeführte Beauf-
menschlichen Anforderungen sie erfüllen müssen tragung von Prüfingenieuren für Baustatik mit der
und welche Aufgaben und Pflichten sie haben. Prüfung von bautechnischen Nachweisen hat sich
Diese Zusammenschau wird im folgenden Beitrag über viele Jahre bewährt. Auch die neuen Länder ha-
aus der Sicht der ARGEBAU geboten. ben diese Regelung übernommen.
In den 1990er-Jahren begannen jedoch einige

Länder, neue Modelle im Bauordnungsrecht auszu-
probieren. Auch bei der bautechnischen Prüfung wur-
de im Zuge von Privatisierungsbestrebungen die Ver-
antwortung auf private Dritte delegiert. Die ganz un-
terschiedlichen Regelungen in den Bauordnungen der
Länder führten zu einer Zersplitterung im Bauord-
Baudirektorin Dipl.-Ing. Ute Kühne nungsrecht. Diese zu überwinden und der Musterbau-
studierte 1974 bis 1978 Eisen- ordnung (MBO) [1] wieder eine Leitbildfunktion zu
bahnbau an der Verkehrshoch- geben, wurde mit der MBO 2002 ein Rahmen ge-
schule „Friedrich List“ in schaffen, der bewährte Elemente enthielt, aber auch
Dresden; nach 13-jähriger Pro- Weiterentwicklungen Rechnung trug.
jektierungstätigkeit für den
Brückenbau bei der Deutschen Es wurde die Möglichkeit eröffnet, sich aus der
Reichsbahn wechselte sie 1991 hoheitlichen Prüfung bautechnischer Nachweise
zur obersten Bauaufsichts- zurückzuziehen. Es bleibt den Ländern überlassen,
behörde Mecklenburg-Vorpom- ob sie sich für eine hoheitliche Prüfung (bauaufsicht-
mern und wurde 1992 Referats- lich geprüft durch die Bauaufsichtsbehörde, durch ein
leiter für Bautechnik; sie ist stellvertretende Vorsit- Prüfamt oder durch einen Prüfingenieur) oder für ei-
zende der Fachkommission Bautechnik der ARGE- ne Prüfung durch einen privatrechtlich tätigen Prüf-
BAU sachverständigen entscheiden.
57
PRÜFPRAXIS
Soweit nachfolgend von bautechnischer Prü- Bei

fung die Rede ist, bedeutet dies bauaufsichtlich ge-
prüft oder durch einen Prüfsachverständigen beschei- a) Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3,
nigt. Beide Systeme werden als gleichwertig angese- b) Behältern, Brücken, Stützmauern, Tribünen,
hen. Dies soll durch gleiche Anforderungen an die c) sonstigen baulichen Anlagen mit einer Höhe von
Qualifikation von Prüfingenieuren und Prüfsachver- mehr als zehn Metern, die keine Gebäude sind,
ständigen sowie durch die notwendige Unabhängig-
keit auch der Prüfsachverständigen über die Regelun- muss der Standsicherheitsnachweis bauaufsichtlich
gen in der Prüfingenieure- und Prüfsachverständigen- geprüft oder durch einen Prüfsachverständigen be-
verordnung der Länder sichergestellt werden. scheinigt sein, wenn dies nach Maßgabe eines in der
Rechtsverordnung nach § 85 Absatz 3 MBO geregel-
ten Kriterienkatalogs erforderlich ist; das gilt nicht
für Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2.
2 Rechtsgrundlagen für
die Prüfung der § 85 Absatz 2 MBO enthält die Verordnungser-
mächtigung zum Erlass von Vorschriften über die
Standsicherheitsnachweise Prüfingenieure und Prüfämter, denen bauaufsichtliche
Prüfaufgaben einschließlich der Bauüberwachung und
der Bauzustandsbesichtigung übertragen werden, so-
Da die Länder von dem ihnen in der MBO wie über Prüfsachverständige, die im Auftrag des
eröffneten Rahmen unterschiedlich Gebrauch ge- Bauherren oder des sonstigen nach Bauordnungsrecht
macht haben, unterscheiden sich ihre Regelungen. Verantwortlichen die Einhaltung bauordnungsrechtli-
Deshalb werden nachfolgend nicht das Landesrecht, cher Anforderungen prüfen und bescheinigen; umge-
sondern die MBO und die entsprechenden Muster- setzt in der Muster-Verordnung über die Prüfingenieu-
vorschriften in Bezug genommen. Sie sind zwar re und Prüfsachverständigen (M-PPVO) [2].
Grundlage der in den Ländern verabschiedeten
Rechtsvorschriften, entfalten jedoch selbst keine Derzeit befindet sich die Muster-Prüfingenieu-
rechtliche Wirkung. re- und Prüfsachverständigenverordnung der ARGE-
BAU in Überarbeitung, in der die Anerkennungsvor-
Mit der Novellierung der MBO ist eine diffe- aussetzungen und das Prüfungsverfahren einheitlich
renzierte Behandlung der bautechnischen Nachwei- und rechtsverbindlich festgeschrieben werden.
se erfolgt, da das Erfordernis einer Prüfung und
Überwachung bautechnischer Anforderungen nicht Im Zusammenhang mit der Umsetzung der
von der Art des (Baugenehmigungs-)Verfahrens, Dienstleistungsrichtlinie (DLR) [3] und der Frage der
sondern vom Schwierigkeitsgrad und Gefährdungs- Ausübung öffentlicher Gewalt war die Diskussion
potenzial abhängt. Das Erfordernis, eine bautechni- über den Status der Prüfingenieure und Prüfsachver-
sche Prüfung an der Schwierigkeit des Bauvorha- ständigen erneut entbrannt. Prüfingenieure als beliehe-
bens festzumachen, war auch eine Forderung der ne Unternehmer nehmen hoheitliche Aufgaben wahr.
Prüfingenieure.
Wenn diese Prüf- und Überwachungstätigkeit
In § 66 MBO sind die unterschiedlichen An- im Auftrag der Bauaufsichtsbehörde sich auch noch
forderungen an die bautechnischen Nachweise gere- im Sinne der DLR als öffentliche Gewalt rechtferti-
gelt. Die Anforderungen gelten nicht für verfahrens- gen würde, ließe sich das für die Prüfsachverständi-
freie Bauvorhaben und nur bedingt für die Beseiti- gen nicht rechtfertigen. Eine Gleichbehandlung war
gung von Anlagen. Bei der Regelung wurde auch opportun.
verstärkt der Eigenverantwortung der am Bau Betei-
ligten Rechnung getragen. Differenziert wird zwi-
schen Bauvorhaben, bei denen die Qualifikation des
Entwurfsverfassers genügt, besondere Qualifikatio-
3 Anforderungen an den
nen vom Aufsteller gefordert werden (qualifizierter Prüfingenieur und
Tragwerks- bzw. Brandschutzplaner), und solchen,
bei denen eine bautechnische Prüfung und Überwa-
Prüfsachverständigen
chung (Vier-Augen-Prinzip) erforderlich ist. Welche
Vorhaben geprüft werden müssen, ergibt sich aus
§ 66 Absatz 3 MBO. Für Gebäude der Gebäudeklas- An Prüfingenieure und Prüfsachverständige für
se 4 und 5 ist grundsätzlich eine Prüfung erforder- Standsicherheit sind wegen ihrer Prüfaufgaben im
lich. Einige wenige Länder sehen dies auch für Son- Bereich der Gefahrenabwehr hohe fachliche und per-
derbauten vor. sönliche Anforderungen zu stellen.
58
PRÜFPRAXIS
Die §§ 4 und 10 der M-PPVO stellen Anforde- Auch wenn diese Regelung in die nach Artikel
rungen an: 12 Grundgesetz garantierte Berufsfreiheit eingreift,
■ die Persönlichkeit, ist der Eingriff gerechtfertigt. Dem Gesetzesvorbehalt
■ die Beherrschung der deutschen Sprache, ist mit der Ermächtigung in der Bauordnung Genüge
■ die Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit, getan. Die PPVO ist auch verfassungsgemäß; das
■ die Fachliche Eignung Verhältnismäßigkeitsprinzip wurde eingehalten. Es
– Studium Bauingenieurwesen, erfordert, dass für die Erreichung eines bestimmten
– mindestens zwei Jahre eigenverantwortlicher, Ziels – hier die Sicherheit von Bauten, der am Bau
unabhängiger Tragwerksplaner oder hauptbe- Beteiligten, der Gebäudenutzer sowie der Allgemein-
ruflicher Hochschullehrer, heit – die Mittel geeignet, erforderlich und angemes-
– Berufserfahrung (zehn Jahre Aufstellen von sen sein müssen. Dies wurde hier bejaht. Auch wurde
Standsicherheitsnachweisen, technische Bau- dem Gesetz- und Verordnungsgeber bezüglich der
leitung oder vergleichbare Tätigkeiten), Altersgrenze ein Beurteilungs- und Prognosespiel-
– bauordnungsrechtliche Kenntnisse, raum eingeräumt.
– überdurchschnittliche Fähigkeiten als Ingenieur,
– Fachkenntnisse und Erfahrung. Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass dieser
Rechtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht und
Eigenverantwortlich tätig ist: dem Europäischen Gerichtshof fortgesetzt wird.
■ wer seine berufliche Tätigkeit als einziger Inhaber

eines Büros selbstständig auf eigene Rechnung
und Verantwortung ausübt,
4 Pflichten und Aufgaben
■ wer der Prüfingenieure
– sich mit anderen Prüfingenieuren/Prüfsachver-
ständigen, Ingenieuren oder Architekten zu-
und Prüfsachverständigen
sammengeschlossen hat,
– innerhalb dieses Zusammenschlusses Vorstand,
Geschäftsführer oder persönlich haftender Ge- Die Pflichten und Aufgaben der Prüfingenieu-
sellschafter mit einer rechtlich gesicherten lei- re/Prüfsachverständigen ergeben sich aus den §§ 5
tenden Stellung ist und und 13 M-PPVO. Sie müssen die ihnen übertragene
– kraft Satzung, Statut oder Gesellschaftsvertrag Aufgabe unparteiisch, gewissenhaft und gemäß den
dieses Zusammenschlusses seine Aufgaben als bauordnungsrechtlichen Vorschriften erledigen. Letz-
Prüfingenieur und Prüfsachverständiger selbst- teres bedeutet, dass sie über deren aktuellen Stand in-
ständig auf eigene Rechnung und Verantwor- formiert sind und bei ihrer Tätigkeit berücksichtigen.
tung und frei von Weisungen ausüben kann Dazu gehören insbesondere auch die von der obersten
oder Bauaufsichtsbehörde bekannt gemachten Techni-
■ wer als Hochschullehrer im Rahmen einer Neben- schen Baubestimmungen.
tätigkeit in selbstständiger Beratung tätig ist.
Die Prüfung muss am Geschäftssitz des Prüfin-
Prüfingenieur/Prüfsachverständiger ist nur, genieurs/Prüfsachverständigen erfolgen. Mit dieser
wer das 68. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Mit Regelung soll Klarheit geschaffen werden, wenn ein
Erreichen dieser Altersgrenze erlischt die Anerken- Prüfingenieur/Prüfsachverständiger sich mit anderen
nung als Prüfingenieur/Prüfsachverständiger. Danach Prüfingenieuren/Prüfsachverständigen, Ingenieuren
dürfen durch diese keine bautechnischen Prüfungen oder Architekten zusammenschließt.
mehr vorgenommen werden. Aufträge von nicht zu
Ende geführten Bauvorhaben sind zurückzugeben Bei der Prüfung darf er sich der Hilfe von am
oder in Abstimmung mit dem Auftraggeber einem Geschäftssitz angestellten Mitarbeitern bedienen, al-
anerkannten Prüfingenieur/Prüfsachverständigen zu lerdings nur insoweit er deren Tätigkeit voll überwa-
übertragen. chen kann. Auch wenn diese Mitarbeiter für diese
Aufgabe befähigt und zuverlässig sein müssen, trägt
Die Klage eines Prüfingenieurs gegen die Ab- der Prüfingenieur/Prüfsachverständige die alleinige
lehnung seines Antrages, ihm seine Anerkennung Verantwortung für deren diesbezügliche Tätigkeit.
über das 68. Lebensjahr zu verlängern, hatte nach der
Entscheidung des Bayrischen Verwaltungsgerichts Eine Haftpflichtversicherung mit einer Haf-
München vom 26.07.2011 keinen Erfolg. Die Be- tungssumme von mindestens je 500.000 Euro für Per-
grenzung der Altersgrenze verstößt weder gegen sonen- sowie für Sach- und Vermögensschäden je
höherrangiges nationales Recht noch ist die Regelung Schadensfall, die mindestens zweimal im Versiche-
mit dem Recht der EU unvereinbar. rungsjahr zur Verfügung stehen muss, ist erforder-
59
PRÜFPRAXIS
lich. Deren Verlust oder Aufgabe führt zum Erlö- ■ der Feuerwiderstand tragender Bauteile,
schen der Anerkennung. ■ ob ungeregelte Bauprodukte und Bauarten die er-
forderliche allgemeine bauaufsichtliche Zulas-
Prüfingenieure/Prüfsachverständige werden in sung, das allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis
einer oder mehreren Fachrichtungen anerkannt. Wird oder eine Zustimmung im Einzelfall haben.
ein Prüfingenieur/Prüfsachverständiger mit der Prü-
fung eines Bauvorhabens betraut, bei dem Teile der Voraussetzung für die Bautechnische Prüfung
baulichen Anlage mit überdurchschnittlichem oder der Standsicherheitsnachweise ist die Vorlage prüf-
sehr hohem Schwierigkeitsgrad zu einer Fachrich- fähiger Standsicherheitsnachweise. Unvollständigen
tung gehört, für die er nicht anerkannt ist, hat er unter Bauvorlagen, wie sie oftmals beklagt werden, ist mit
seiner Federführung weitere Prüfingenieure oder Verweis auf die Verordnung über Bauvorlagen und
Prüfsachverständige der anderen Fachrichtung heran- bauaufsichtliche Anzeigen (Musterbauvorlagenver-
zuziehen. Auch bei fehlender Sachkunde für beson- ordnung – MBauVorlV [4]) zu begegnen. Dazu
dere Gründungen, bei Zweifeln an den Annahmen gehören:
oder den bodenmechanischen Kenngrößen sind ent-
sprechende Prüfsachverständige für Erd- und Grund- ■ Darstellung des gesamten statischen Systems,
bau zu beteiligen. ■ erforderliche Konstruktionszeichnungen und Posi-
tionspläne (Bewehrungspläne, ggf. Werkstatt-
Die Errichtung einer Zweitniederlassung als zeichnungen),
Prüfingenieur oder Prüfsachverständiger in der Bun- ■ Berechnungen unter Beachtung der geltenden
desrepublik Deutschland bedarf der Genehmigung Technischen Baubestimmungen,
durch die Anerkennungsbehörde. Diese in § 5 Absatz ■ Beschreibungen, Erläuterungen,
2a gefundene Regelung im Zusammenhang mit der ■ Nachweis der Feuerwiderstandsdauer der tragen-
Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ist der Kom- den Bauteile,
promiss zur Tolerierung einer Zweitniederlassung, ■ Aussagen zur Tragfähigkeit des Baugrundes.
die in den Gremien der ARGEBAU umstritten war.
Aussagen zur Tragfähigkeit des Baugrundes
Insbesondere sind im Rahmen der Genehmi- müssen immer vorliegen und sind schon für die Pla-
gung einer Zweitniederlassung zu prüfen: die Eigen- nungsphase erforderlich. Bei untergeordneten Bau-
verantwortlichkeit der Tätigkeit in der Zweitnieder- vorhaben muss dies kein umfängliches Baugrundgut-
lassung, Angaben zu den Mitarbeitern, die bei der achten sein.
Prüftätigkeit mitwirken sollen sowie zur Sicherstel-
lung der Überwachung der ordnungsgemäßen Bau-
ausführung. Versagungsgründe können dabei sein:
die Zahl der bei der Prüftätigkeit mitwirkenden Mit-
5 Liste der Technischen
arbeiter, die Entfernung zwischen den Niederlassun- Baubestimmungen (LTB)
gen oder aus anderen Gründen, wenn Bedenken ge-
gen die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung beste-
und Bauregellisten
hen, denn der Prüfingenieur/Prüfsachverständige
trägt die alleinige Verantwortung, muss die Prüftätig-
keit seiner Mitarbeiter auch in der Zweitniederlas- 5.1 Bauprodukte und ihre Verwendung
sung voll überwachen und zur Dokumentation alle
Prüfberichte/Bescheinigungen unterschreiben. Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung stellt das Bauordnungsrecht auch An-
Der Auftrag der Prüfingenieure/Prüfsachver- forderungen an die zu verwendenden Bauprodukte
ständigen ist die Prüfung der Vollständigkeit und und Bauarten. Während erforderliche Regelungen zu
Richtigkeit der Standsicherheitsnachweise. Nur die den Bauprodukten und ihren Eigenschaften über die
Feststellung, die bauliche Anlage sei standsicher, Bauregellisten (Bauregellisten A, B und Liste C) er-
reicht nicht. Es sind insbesondere zu prüfen: folgen, wird ihre Verwendung über die Technischen
Baubestimmungen geregelt.
■ die zutreffenden Annahmen,
■ die Erfassung und Ableitung aller Kräfte bis in Nach § 3 Absatz 3 MBO sind die von der
den Baugrund, Obersten Bauaufsichtsbehörde durch öffentliche Be-
■ die Aussteifung, kanntmachung als Technische Baubestimmungen
■ die Anschlüsse, Knotenpunkte etc. mit den ent- eingeführten technischen Regeln zu beachten. Diese
sprechenden Detailzeichnungen, technischen Regeln werden in eine Musterliste der
■ der Nachweis der Gründung, Technischen Baubestimmungen (M-LTB), beschlos-
■ der Nachweis von Bauzuständen, sen von der Fachkommission Bautechnik der ARGE-
60
PRÜFPRAXIS
BAU, aufgenommen. Sie ist die Grundlage der Liste LTB Teil I
der Technischen Baubestimmungen nach Landes-
2 Technische Regeln zur Bemessung und zur
recht. Die M-LTB wird auf den Internetseiten der Ausführung
ARGEBAU (www.bauministerkonferenz.de oder 2.1 Grundbau
www.is-argebau.de) und des Deutschen Instituts für
Bautechnik (DIBt) (www.dibt.de) veröffentlicht. Da- 2.1.1 DIN1054
Anlage 2.1/7E,
Baugrund; Sicherheitsnachweise
im Erd- und Grundbau
Januar 2005 *)
mit können sich die am Bau Beteiligten, Behörden 2.1/8 und 2.1/9
/A1 –, Änderung A1 Juli 2009 *)
und Prüfer der Bauvorlagen auf die demnächst anste-
henden Änderungen einstellen. Die M-LTB ist nicht Anlage 2.1/7 E
rechtsverbindlich, bedeutet jedoch, dass gegen die Für die Verwendung von Bauprodukten nach harmonisierten
hier aufgenommenen technischen Regeln ggf. mit Normen im Erd- und Grundbau ist Folgendes zu beachten:
den ergänzenden Regelungen keine bauaufsichtlichen Geotextilien und geotextilverwandte Produkte nach
Vorbehalte bestehen. EN 13251:2000-121):
Die Verwendungen, bei denen die Geotextilien oder geotextil-
Die Harmonisierung von Bauproduktregelun- verwandten Produkte für die Standsicherheit der damit be-
wehrten baulichen Anlagen erforderlich sind, sind nicht gere-
gen in Europa nach der Bauproduktenrichtlinie hat
die Bauregellisten als auch die Liste der Technischen Abb. 2: Beispiel der Verwendungsregelung für Geotextili-
Baubestimmungen stark verändert. en nach EN 13251: 2000-12 in der Liste der Technischen
Baubestimmungen (LTB)
Unzureichend harmonisierte Produktspezifika-
tionen (harmonisierte Normen (hEN), europäische LTB Teil II
technische Zulassungen (ETA)) mussten hinsichtlich 5 Anwendungsregelungen für Bauprodukte nach
bestimmter Produkteigenschaften in der Bauregelliste harmonisierten Normen (September 2010)
B nachgeregelt werden. Insbesondere betrifft dies Re- Lfd. Nr. Bezeichnung des Harmonisierte Norm Anwendungs-
gelungen zu Anforderungen an Hygiene, Gesundheit Bauprodukts regelung
und Umweltschutz und an den Brandschutz. 1 2 3 4
5.5. Vorhangfassaden EN 13830:2003 Anlage 5/5

Dazu können z.B. folgende Festlegungen in in Deutschland umgesetzt
der Bauregelliste B Teil 1 getroffen werden: DIN EN 13830:2003-11
Anlage 5/5
■ welche Klassen und Leistungsstufen Bauprodukte 1 Für den Tragsicherheistnachweis der Unterkonstruktion,
nach hEN oder ETA in Deutschland erfüllen müs- der Fassadenelemente und der mechanischen Verbindungen
sen, von Fassaden sind die in den lfd. Nm. 2.4.1, 2.4.4, 2.4.7, 2.4.8,
2.4.11, 2.5.1, 2.5.3, 2.6.6 und 2.6.7 von Teil 1 der Muster-Liste
■ welche nationalen „Restregelungen“ notwendig der Technischen Baubestimmungen genannten relevanten
sind, wenn bestimmte Produkteigenschaften nicht technischen Regeln zu beachten.
geregelt sind; dies führt zusätzlich zur „CE“- zu Sofern der Tragsicherheitsnachweis der Unterkonstruktion, der
einer „Ü“-Kennzeichnung, Fassadenelemente und der mechanischen Verbindungen von
Vorhangfassaden nicht nach den zuvor genannten techni-
■ Verweis auf bauaufsichtliche Verwendungsvor- schen Regeln geführt werden kann, ist er durch eine allgemei-
schriften (LTB) über Anlage 01 (Abb. 1). ne bauaufsichtliche Zulassung zu erbringen.
2 Bei der Ermittlung des Rechenwertes des bewerteten
BRL B Teil I (Ausgabe 2011/1) Schalldämm-Maßes gemäß DIN 4109 aus dem nach EN 13830
angegebenen Nennwert ist ein Vorhaltemaß von –2 dB zu
1.3.3.1 vorgefertigte Fachwerkträger EN14250-2004 Anlage 01
mit Nagelplatten in Deutschland Zusätzlich gilt: berücksichtigen.
umgesetzt durch Anlage 1/3.2
DIN EN 14250:2005-02 und 1/3.7 Abb. 3: Verwendungsregelung für Geotextilien (siehe Abb.
Anlage 1/3.7: 2) am Beispiel von Vorhangfassaden nach EN 13830:2003
Holzbauteile mit geklebten tragenden Verbindungen dürfen nur
verwendet werden, wenn diese Verbindungen mit Klebstoffen
hergestellt worden sind, die als Klebstoff des Typs I nach DIN
Mit den Regelungen in der LTB Teil I, II bezie-
EN 301:2006-09, Tabelle 1, klassifiziert sind. Dies gilt nicht für hungsweise III wird die Verwendung von Bauproduk-
die Verbindung der Komponenten in Holzwerkstoffen mit Aus- ten und Bausätzen ggf. auch unter Einschränkungen
nahme von Brettsperrholz.
ermöglicht. Im Teil I erhalten bestehende Planungs-
Anlage 1/3.2:
In Fällen, in denen die Produkte nicht mit Holz- oder Feuer-
und Bemessungsnormen vorübergehend eine E-Anla-
schutzmitteln behandelt sind, ist dies zusätzlich zur CE-Kenn- ge, bis die harmonisierten Bauproduktnormen dort
zeichnung ausdrücklich anzugeben. unmittelbar in Bezug genommen werden. Abb. 2
Die Festlegungen zur Festigkeit und Steifigkeit entsprechend
Abschnitt 5.1 der Norm sind im Rahmen einer allgemeinen bau-
zeigt das Beispiel der Verwendungsregelung für Geo-
aufsichtlichen Zulassung zu treffen. Bei Produkten, die mit Holz- textilien nach EN 13251: 2000-12. Teil II enthält An-
oder Feuerschutzmitteln behandelt sind, ist im Rahmen der Zu- wendungsregelungen für Bauprodukte und Bausätze
lassung auch die Gesundheitsverträglichkeit zu beurteilen.
nach europäischen technischen Zulassungen und har-
Abb. 1: Festlegungen in der Bauregelliste B Teil 1 monisierten Normen nach der Bauproduktenrichtlinie
61
PRÜFPRAXIS
soweit es im Teil I oder anderen allgemein anerkann- 2011 beschlossen und die Notifizierung der geänder-
ten Regeln der Technik keine Verwendungsregelun- ten M-LTB eingeleitet. Stichtag für die Umsetzung
gen gibt. Abb. 3 zeigt dies am Beispiel von Vorhang- soll der 1. Juli 2012 sein.
fassaden nach EN 13830:2003. Im Teil III sind An-
wendungsregelungen für Bauprodukte und Bausätze, Sowohl das gesamte europäische als auch das
die in den Geltungsbereich von Verordnungen nach nationale Normenwerk (z.T. enthalten in der M-LTB)
§ 17 Absatz 4 und § 21 Absatz 2 MBO fallen (zur stehen derzeit stark in der Kritik. Deshalb sind die
Zeit nur die Verordnung zur Feststellung der wasser- Bemühungen zur Vereinfachung der Normen sehr zu
rechtlichen Eignung von Bauprodukten und Bauarten begrüßen. Es darf aber nicht übersehen werden, dass
durch Nachweise nach der Musterbauordnung (Was- die Flut der Normen und ihr Umfang auch dem tech-
BauPVO)), aufgeführt. Das sind z.B. Kleinkläranla- nischen Fortschritt geschuldet sind. Durch ausgefeilte
gen nach EN 12566-1. Berechnungsmethoden, präzise und detailierte Bau-
teilanforderungen wurden Bauarten optimiert und
5.2 Die Einführung von Eurocodes als Kosten eingespart. Neue Bauarten konnten aufgrund
Technische Baubestimmung von Erfahrungen aus der Zulassungspflicht entlassen
werden, bedurften dann aber einer technischen Regel.
Die Bauaufsicht hat sich frühzeitig mit der Auch Bemühungen behördlicherseits zur Deregulie-
Umstellung der nationalen Planungs- und Bemes- rung wurden durch privatrechtliche Normung ersetzt
sungsnormen auf das europäische Regelwerk der Eu- und überreglementiert. Deshalb ist es richtig, dass die
rocodes (Normenreihe DIN EN 1990 bis 1999) be- Anwender der Normen stärker in den Normungspro-
fasst. Probleme bei der Umstellung sollen damit zess eingebunden werden.
möglichst gering gehalten werden. Der Normungs-
prozess wurde fachlich durch Vertreter der Bauauf-
sicht als auch finanziell begleitet. Für die Eurocodes
mit ihren nationalen Anhängen hat das Deutsche In-
6 Bauüberwachung
stitut für Bautechnik mit Mitteln der Länder 75 For-
schungsvorhaben mit Forschungsmitteln von insge-
samt mehr als 2,3 Mio. Euro gefördert. Auch galt es, Die Bauüberwachung ist ein wesentlicher Teil
die bauaufsichtliche Einführung vorzubereiten. Dazu der bautechnischen Prüfung.
war uns die Meinung aller am Bau Beteiligten wich-
tig. In Auswertung der Stellungnahmen und dem ab- Nach § 81MBO überwacht die Bauaufsichts-
sehbaren Vorliegen der Eurocodes mit den entspre- behörde bzw. der von ihr beauftragte Prüfingenieur
chenden Nationalen Anhängen hat die ARGEBAU oder der Prüfsachverständige nach näherer Maßgabe
die Kammern und Verbände über ihr weiteres Vorge- der M-PPVO die Bauausführung hinsichtlich des von
hen zur bauaufsichtlichen Einführung der Eurocodes ihnen geprüften oder bescheinigten Standsicherheits-
mit Schreiben vom 25. 08 2010 informiert. Voraus- nachweises. Das bedeutet, dass die Prüfung der
setzungen für die bauaufsichtliche Einführung sind: Standsicherheitsnachweise und die Bauüberwachung
in einer Hand liegen müssen. Eine Vertretung durch
■ das Eurocodegesamtpaket oder vernünftig ab- andere Prüfingenieure/Prüfsachverständige kann nur
grenz- und anwendbare und möglichst in sich ge- in Ausnahmefällen zulässig sein. Dies ergibt sich
schlossene Teilpakete liegen vor, auch aus § 13 Absatz 1a M-PPVO, wonach Prüfinge-
■ die dazugehörigen Vergleichsrechnungen und die nieure/Prüfsachverständige nur Prüfaufträge anneh-
Anwendungserprobung sind abgeschlossen, men dürfen, wenn sie unter Berücksichtigung des
■ die entsprechenden Eurocodeteile und insbeson- Umfangs ihrer Prüftätigkeit und der Zeit, die sie
dere die dazugehörigen Nationalen Anhänge wur- benötigen, um auf der Baustelle anwesend zu sein,
den von bauaufsichtlicher Seite durchgesehen und die Überwachung der ordnungsgemäßen Bauaus-
■ das Notifizierungsverfahren nach der Informati- führung sicherstellen können, sowie aus § 13 Absatz
onsrichtlinie 98/34/EG wurde absolviert. 4 M-PPVO.
Für das in diesem Schreiben avisierte Paket, Die Bauüberwachung kann sich auf Stichpro-
bestehend aus Eurocode 0 „Grundlagen“, Eurocode 1 ben beschränken. Nach pflichtgemäßem Ermessen
„Einwirkungen“, Eurocode 2 „Betonbau“, Eurocode sind insbesondere die für Standsicherheit wesentli-
3 „Stahlbau“, Eurocode 4 „Verbundbau“, Eurocode 5 chen Bauteile und Bauzustände in Augenschein zu
„Holzbau“, Eurocode 7 „Grundbau“ und Eurocode 9 nehmen. Deren Auswahl kann nicht dem ausführen-
„Aluminiumbau“ wurde die bauaufsichtliche Ein- den Unternehmen überlassen bleiben, sondern ist vom
führung und die Streichung der korrespondierenden Prüfingenieur bzw. Prüfsachverständigen festzulegen.
nationalen Normen aus der M-LTB von der Fach- Umfang und Häufigkeit richten sich nach Komplexität
kommission Bautechnik in ihrer Dezembersitzung und Schwierigkeitsgrad des Bauvorhabens. Auch die
62
PRÜFPRAXIS
fachliche Qualifikation und Zuverlässigkeit des Un- Umbau bestehender baulicher Anlagen anzuwenden
ternehmens können dabei eine Rolle spielen. sind, nicht pauschal beantwortet werden, sondern
hängt vom Einzelfall ab. Die Hinweise enthalten aber
Im Rahmen der Bauüberwachung können Pro- allgemeingültige Grundsätze und Beispiele.
ben von Bauprodukten, soweit erforderlich, auch aus
fertigen Bauteilen zu Prüfzwecken entnommen wer- Aufgrund von Beanstandungen bei der Prüf-
den. Insbesondere kann dies angezeigt sein, wenn ung sowie Schadensfällen bei Nagelplattenkonstruk-
Bauteile fertiggestellt wurden, ohne dass dem Prüfin- tionen war es erforderlich zu dieser Konstruktionsart
genieur/Prüfsachverständigen Gelegenheit zur Ein- Hinweise bekannt zu machen. Zu beachten ist insbe-
sichtnahme, z.B. der Bewehrung, gegeben wurde sondere:
oder Baustoffe ohne Nachweise ihrer Qualität einge-
baut wurden. ■ dass es keine „zimmermannsmäßigen Konstruk-
tionen“ sind, sondern solche, die konsequent inge-
Dem Prüfingenieur/Prüfsachverständigen ist nieurmäßig geplant und ausgeführt werden müs-
auch jederzeit Einblick in die Genehmigungen, Zu- sen (bautechnische Unterlagen nach DIN
lassungen, Prüfzeugnisse, Übereinstimmungszertifi- 1052:2008-12, Abschnitt 4),
kate, Zeugnisse und Aufzeichnungen über die Prüf- ■ Anforderungen an die Robustheit (vgl. DIN 1055-
ungen von Bauprodukten, in die Bautagebücher und 100:2001-03, Abschnitt 4.1),
andere vorgeschriebene Aufzeichnungen zu ge- ■ räumliches Tragverhalten,
währen. Dazu gehören auch Eignungsnachweise oder ■ die Doppelfunktion der Dachpfetten bzw. Dach-
Herstellerqualifikationen der ausführenden Firmen, latten als Pfette und als Bestandteil der Dachaus-
wenn eine besondere Sachkunde und Erfahrung vor- steifung,
geschrieben sind. ■ dass Dachlatten als Bestandteil des räumlichen
Aussteifungssystems eines statischen Nachweises
unter Beachtung der Anschlüsse und Stöße bedür-
fen, das Erfordernis von Hinweisen für die Aus-
7 Hinweise der Fach- führenden,
kommission Bautechnik ■ die Knickaussteifung von schlanken gedrückten
Bauteilen in Bereichen außerhalb der Dachebene
z.B. bei Zwischengurten zweigeteilter Fachwerke.
Die Fachkommission Bautechnik hat sich in
den letzten Jahren mehrfach mit grundlegenden Pro- Die Hinweise sind nachzulesen auf der Inter-
blemen befasst, die bei der Planung und Ausführung netseite der Bauministerkonferenz (www.baumini-
von Tragwerken aufgetreten sind, und, soweit dies sterkonferenz.de oder www.is-argebau.de).
angezeigt war, entsprechende Informationen veröf-
fentlicht. Ein Beispiel sind die Hinweise und Beispie- u Die Liste der Technischen Baubestimmungen
le zum Vorgehen beim Nachweis der Standsicherheit (LTB) stehen auf der Website der Bundesvereinigung
beim Bauen im Bestand. Die Hinweise gelten nur für der Prüfingenieure für Bautechnik zum Download be-
die Anwendung bautechnischer Regelungen, die für reit, und zwar unter:
die Standsicherheit baulicher Anlagen von Bedeu-
tung sind. Dabei kann die Frage, welche Einwir- u www.dibt.de / Aktuelles / Technische Baubestim-
kungsnormen und welche Bemessungsnormen beim mungen
8 Literatur/Quellen
[1] Musterbauordnung – MBO – Fassung November 2002, zu- [3] Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG vom 12.
letzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt)
Oktober 2008
[4] Muster einer Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsicht-
[2] Muster-Verordnung über die Prüfingenieure und Prüfsachver- liche Anzeigen (Musterbauvorlagenverordnung) – MBauVorlV –
ständigen nach § 85 Abs. 2 MBO (M-PPVO) – Fassung Septem- Fassung Februar 2007
ber 2008, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission
Bauaufsicht vom April 2009
63
BRANDSCHUTZ
Freud und Leid des Prüfens:

Erfahrungen bei der Prüfung
von Brandschutzkonzepten
Ein Prüfingenieur für Brandschutz 1 Einführung
berichtet über seine Erfahrungen
aus neun Jahren Prüftätigkeit
In der Ausgabe Nr. 34 dieser Zeitschrift (April
Seit mehr als 15 Jahren gibt es in Deutschland ho- 2009, Seite 62 ff.) wurde erstmals der „Prüfingenieur
heitlich tätige Prüfingenieure für Brandschutz. Da für Brandschutz“ in einem Beitrag von Dr.-Ing. Peter
es in den einzelnen Bundesländern gleichzeitig je- Wagner vorgestellt. Die in diesem Beitrag dargeleg-
doch auch noch privat beauftragte Prüfsachver- ten Sachverhalte – Status, Anerkennung und Prü-
ständige oder staatlich anerkannte Sachverständi- fungsverfahren – gelten auch weiterhin; im vorlie-
ge für den Brandschutz gibt, erhebt sich bauord- genden Beitrag wird darauf Bezug genommen.
nungsrechtlich die Frage, ob es im Sinne des
Schutzes der Bürger nicht besser wäre, wenn in Der Verfasser ist seit neun Jahren als Prüfinge-
allen Bundesländern alle prüfenden und überwa- nieur für Brandschutz in Thüringen und in anderen
chenden Tätigkeiten für die unabhängige Durch- Bundesländern tätig, in denen die gegenseitige Aner-
setzung und Sicherstellung eines präventiven kennung geregelt ist. Daneben arbeitet er auch als
Brandschutzes nach dem Vier-Augen-Prinzip ge- „Anerkannter Prüfer für den Brandschutz“ für das Ei-
schähe und gesetzlich gleichlautend geregelt senbahn-Bundesamt, diese Tätigkeit ist inhaltlich der
wären. Der Diskussion dieser immer wieder erho- des Prüfingenieurs nach M-PPVO ähnlich, sie fügt
benen berufspolitischen Forderung soll der fol- sich jedoch verwaltungsrechtlich in die nach dem
gende Beitrag dienen, der die Inhalte der hoheitli- Allgemeinen Eisenbahngesetz gebildeten Strukturen
chen mit denen der privat beauftragten Prüfun- der Eisenbahnen ein, die zuständige Behörde ist hier
gen vergleicht und die Defizite benennt, die in der das Eisenbahn-Bundesamt (EBA).
Praxis bei der Aufstellung und Realisierung von
Brandschutzkonzepten häufig anzutreffen sind. Der „Prüfingenieur für Brandschutz“ stellt in
der Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bau-
technik noch eine Minderheit dar, neben den circa
575 Prüfingenieuren für Standsicherheit gibt es bis-
her lediglich 39 Prüfingenieure für Brandschutz in
Deutschland.
Dipl.-Ing. Erhard Arnold
studierte Maschinen- und
Gerätebau und absolvierte eine
Feuerwehrausbildung; 1988 bis
2 Aktuelle Situation
1991 war Sicherheitsingenieur
am Deutschen Nationaltheater
in Weimar und seit 1991 ist er Die Historie kennt den Prüfingenieur für
Inhaber eines Ingenieurbüros Standsicherheit seit ca. 80 Jahren, dies geht auf den
für Arbeitssicherheit und Erlass vom 03.12.1926 über die „Prüfingenieure für
Brandschutz, seit 2002 auch Baustatik“ des Preußischen Ministers für Volkswohl-
des Sachverständigenbüros für fahrt zurück. Deren Tätigkeit beinhaltete und bein-
Brandschutz in Weimar; er ist zudem Prüfingenieur haltet die Prüfung der erforderlichen Standsicherheit
für baulichen Brandschutz, öffentlich bestellter und von tragenden, aussteifenden Bauteilen, aber auch
vereidigter Sachverständiger für Brandschutz sowie von raumabschließenden Bauteilen wie Brandwän-
Prüfer für den Brandschutz beim Eisenbahn-Bundes- den und Decken im Brandfall (konstruktiver Brand-
amt schutz).
64
BRANDSCHUTZ
Die Prüfung aller anderen brandschutztechni- ■ Staatlich anerkannter Sachverständiger für die
schen Sachverhalte, wie z.B. die Gewährleistung der Prüfung des Brandschutzes
Rettungswege, blieb de jure traditionell eine Aufgabe
der Bauaufsichtsbehörde, wurde de facto aber häufig verborgenen Aufgaben und Befugnisse für die Prü-
von den Feuerwehren ausgeübt. fung von Brandschutznachweisen sind dabei in den
Bundesländern unterschiedlich. Die wichtigsten wer-
Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem er- den hier kurz zusammengefasst.
probten Verfahren für die Prüfung der Standsicherheit
existiert der Prüfingenieur für Brandschutz seit etwa a) Prüfingenieur für Brandschutz
15 Jahren. Die Prüfung der bautechnischen Nachwei-
se nach MBO § 66, hier der Brandschutznachweise, Beauftragung – öffentlich
wird nicht mehr ausschließlich durch die Behörden
vorgenommen, sondern in einer Reihe von Bundes- Status – beliehener Unternehmer,
ländern zunehmend auch durch die Prüfingenieure ist hoheitlich tätig
für Brandschutz.
Befugnis – Abweichungen zulassen*
Die Prüfung des Brandschutzes ist dabei nach – Erleichterungen bestätigen*
wie vor eine bauaufsichtliche Aufgabe, sie kann aber – Zusätzliche Forderungen erheben
von der Behörde mit einem öffentlich-rechtlichen * nur Berlin, nicht Berlin
Auftrag an eine geeignete natürliche Person vergeben
werden, es erfolgt eine „Beleihung“. Aufgabe Prüfen von
– Brandschutznachweisen für Ge-
Der Prüfingenieur für Brandschutz ist beliehe- bäudeklasse 5, Sonderbauten und
ne Person Garagen
– Abweichungen bei Gebäudeklasse
■ er erfüllt hoheitliche Aufgaben, 1-4
■ er unterliegt der Fachaufsicht durch die Oberste
Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes, Zusatz – in Thüringen ist der Prüfingenieur
■ er wird in der Regel durch die untere Bauauf- dem nachweisberechtigen Fach-
sichtsbehörde beauftragt (länderspezifisch), planer bei der Gebäudeklasse 4
■ er ist auch bei privater Beauftragung durch den gleichgestellt
Bauherrn hoheitlich tätig (länderspezifisch),
■ unterliegt der Amtshaftung nach Art. 34 GG i.V. b) Prüfsachverständige für Brandschutz
mit § 839 BGB.
Beauftragung – privat
Diese Konstellation ist leider im Bundesgebiet
nicht einheitlich. Die Grafik zeigt den aktuellen Stand. Status – keine hoheitliche Tätigkeit
Die unter den Begriffen Befugnis – kann keine Abweichungen zulas-

sen
■ Prüfingenieur für Brandschutz
■ Prüfsachverständiger für Brandschutz Aufgabe – Bescheinigung von BSN Gebäu-
deklasse 5, Sonderbauten und Ga-
ragen
Zusatz – kann als Ersteller von Brand-

schutznachweisen für Gebäude
aller Gebäudeklassen ohne Bau-
vorlageberechtigung tätig sein
c) Sachverständige für die Prüfung des Brand-

schutzes
Beauftragung – privat
Status – keine hoheitliche Tätigkeit
Befugnis – kann keine Abweichungen zulassen
65
BRANDSCHUTZ
– muss Forderungen der Brand- Baugenehmigungsverfahrens. Der Ablauf der Prü-

schutzdienststelle übernehmen fung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Aufgabe – Prüfen ob Bauvorlagen den Anfor- ■ Auftrag durch untere Bauaufsichtsbehörde oder
derungen an den Brandschutz ent- Auftrag durch Bauherrn,
sprechen ■ Übergabe zu prüfender Unterlagen (nach M-Bau-
VorlV § 11),
Zusatz – Ersteller von Brandschutznach- ■ Beteiligung Brandschutzdienststelle,
weisen für Gebäude, die nicht ■ Erstellung des Prüfberichts
Sonderbauten sind
Der Brandschutznachweis/das Brandschutz-
konzept muss dabei mit den anderen Bauvorlagen
übereinstimmen, die Herstellung dieser Übereinstim-
2 Die Prüfung des mung ist jedoch nicht die Aufgabe des Prüfingenieurs
Brandschutzes für Brandschutz, sondern die des Entwurfsverfassers.
Das Ergebnis der Prüfung ist eine Bestätigung

2.1 Allgemeines der Übereinstimmung der Bauvorlagen mit dem Bau-
recht, d.h. die Bestätigung dafür, dass das Schutzziel
Das Ziel der Prüfung des Brandschutzes ist die für den Brandschutz nach diesen Unterlagen erreicht
Sicherstellung des Vier-Augen-Prinzips für die Über- wird.
einstimmung der vorgelegten Bauvorlagen mit den
bauordnungsrechtlichen Schutzzielen. Diese sind in Die Aufgabe des Prüfingenieurs für Brand-
§ 14 MBO definiert: schutz ist dabei Prüfen des Brandschutznachwei-
ses/Brandschutzkonzepts auf Vollständigkeit und
Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu er- „Richtigkeit“. Er muss im Regelfall die zuständige
richten, zu ändern und instand zu halten, dass der Brandschutzdienststelle beteiligen und deren Stel-
Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von lungnahme zu den Belangen des abwehrenden
Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt Brandschutzes würdigen.
wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen
und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich Nach Erteilen der Baugenehmigung durch die
sind. untere Bauaufsichtsbehörde, die entweder den vom
Prüfingenieur verfassten Prüfbericht aufnimmt oder
Aus dieser Definition wird ersichtlich, dass der diesen zum Bestandteil der Genehmigung macht,
Brandschutz deutlich mehr umfasst, als die Gewähr- gehört die Überwachung der Bauausführung mit ei-
leistung der Standsicherheit im Brandfall. Dies wird nem abschließenden Bericht – er heißt in den Bun-
auch erkennbar, wenn man die Personenschäden desländern überwiegend „Bescheinigung“ –, in dem
durch Brand analysiert. Hier lassen sich nur sehr sel- die Übereinstimmung der Bauausführung mit den ge-
tene Ereignisse finden, bei denen das Versagen von prüften Bauvorlagen und den ggf. in der Baugeneh-
Bauteilen ursächlich für einen Personenschaden war; migung enthaltenen Auflagen zum Brandschutz fest-
dagegen sind Verletzungen durch Brandrauch, durch gestellt wird.
Temperatureinwirkungen oder durch Verletzungen
bei Rettungsarbeiten sowohl bei Nutzern baulicher Es gehört nicht zu den Aufgaben des Prüfinge-
Anlagen als auch bei den Einsatzkräften sehr viel nieurs für Brandschutz, die vorgelegten Unterlagen
häufiger. auf „Wirtschaftlichkeit“ zu prüfen, noch Kollisionen
mit anderen Vorschriften oder Schutzzielen zu bewer-
Der Prüfingenieur für Brandschutz muss dem- ten, wie etwa denkmalrechtliche Belange. Insbeson-
nach feststellen, ob die nach den vorgelegten Unterla- dere bei der Wirtschaftlichkeit ist es zuweilen
gen errichtete bauliche Anlage diesem Schutzziel schmerzhaft, wenn der Prüfingenieur über Lösungen
entsprechen kann. Prüfungsgegenstand sind dabei die befinden muss, mit denen das Schutzziel erreicht
Brandschutznachweise für Gebäude der Gebäude- wird, diese jedoch nicht die optimale Lösung darstel-
klassen 4 und 5 und die Brandschutzkonzepte für len.
Sonderbauten und Garagen, die größer als 100 Qua-
dratmeter sind. 2.2 Prüfen auf Vollständigkeit
Für die genannten baulichen Anlagen besteht Bei der Prüfung auf Vollständigkeit des Brand-
nach § 66 MBO die Pflicht zur Vorlage eines Brand- schutznachweises müssen vom Prüfingenieur für den
schutznachweises/Brandschutzkonzepts im Zuge des Brandschutz folgende Punkte erfasst werden:
66
BRANDSCHUTZ
1. das Brandverhalten der geplanten Baustoffe (Bau- häufigsten Defizite bei der „Vollständigkeit“ der
stoffklasse) und die Feuerwiderstandsfähigkeit der Brandschutznachweise und -konzepte hier aufgetre-
geplanten Bauteile (Feuerwiderstandsklasse) ent- ten sind:
sprechend den Benennungen nach MBO oder ent-
sprechend den Klassifizierungen nach den Anla- ■ fehlende Angaben über die Feuerwiderstandsdau-
gen zur Bauregelliste A Teil 1, er von Bauteilen:
2. die Bauteile, Einrichtungen und Vorkehrungen, an – es wird nur eine allgemeine Bauteilbeschrei-
die Anforderungen hinsichtlich des Brandschutzes bung vorgenommen („Massivwand, Stahltrag-
gestellt werden, wie Brandwände und Decken, werk, bestehende Holzbalkendecke“),
Trennwände, Unterdecken, Installationsschächte – keine exakte Benennung des vorliegenden Feu-
und -kanäle, Lüftungsanlagen, Feuerschutzab- erwiderstands oder auch über das Fehlen eines
schlüsse und Rauchschutztüren, Öffnungen zur Nachweises,
Rauchableitung, einschließlich der Rettungsfen-
ster, ■ fehlende Angaben zu den brandschutztechnisch
3. die Nutzungseinheiten, die Brand- und Rauchab- relevanten Abständen:
schnitte, – es fehlt ein Lageplan,
4. die aus Gründen des Brandschutzes erforderlichen – im Lageplan fehlen die Grundstücksgrenzen;
Abstände innerhalb und außerhalb des Gebäudes,
5. der erste und zweite Rettungsweg nach MBO, ins- ■ bei Grenzbebauungen, Unterschreiten der Minde-
besondere notwendige Treppenräume, Ausgänge, stabstände oder Überbauung von Grundstücks-
notwendige Flure, mit Rettungsgeräten der Feuer- grenzen fehlen Angaben über die Eigentumsver-
wehr erreichbare Stellen einschließlich der Fen- hältnisse (z.B. Vereinigung) oder die öffentlich-
ster, die als Rettungswege dienen, unter Angabe rechtliche Sicherung,
der lichten Maße und Brüstungshöhen,
6. die Flächen für die Feuerwehr, Zu- und Durchgän- ■ fehlende Angaben über die Flächen für die Feuer-
ge, Zu- und Durchfahrten, Bewegungsflächen und wehr:
die Aufstellflächen für Hubrettungsfahrzeuge, – Feuerwehrflächen werden gar nicht angege-
7. die Löschwasserversorgung. ben, sind im Lageplan nicht verzeichnet,
– Bewegungsfläche und Aufstellfläche werden
Bei der Prüfung von Sonderbauten nach § 2 (4) in mindestens 75 Prozent der Fälle verwechselt
MBO zusätzlich: – zuweilen selbst von den beteiligten Brand-
schutzdienststellen,
1. brandschutzrelevante Einzelheiten der Nutzung,
insbesondere auch die Anzahl und Art der die ■ fehlende Angaben über die Löschwasserversor-
bauliche Anlage nutzenden Personen sowie Ex- gung: es erfolgt nur die Angabe über den erforder-
plosions- oder erhöhte Brandgefahren, Brandla- lichen Löschwasservolumenstrom und keine Aus-
sten, Gefahrstoffe und Risikoanalysen, sage über die Verfügbarkeit am Standort des ge-
2. Rettungswegbreiten und -längen, Einzelheiten der planten BV,
Rettungswegführung und -ausbildung einschließ-
lich Sicherheitsbeleuchtung und -kennzeichnung, ■ fehlende Angaben über die Bauteile der Haustech-
3. technische Anlagen und Einrichtungen zum nik:
Brandschutz, wie Branderkennung, Brandmel- – Lüftungsanlagen werden nicht beschrieben,
dung, Alarmierung, Brandbekämpfung, Raucha- – Leitungsanlagen werden nicht beschrieben,
bleitung, Rauchfreihaltung, – ob Systemböden vorliegen, bleibt unklar.
4. die Sicherheitsstromversorgung,
5. die Bemessung der Löschwasserversorgung, Ein- 2.3 Prüfen auf Richtigkeit
richtungen zur Löschwasserentnahme sowie die
Löschwasserrückhaltung, Während der Prüfung auf „Richtigkeit“ der
6. betriebliche und organisatorische Maßnahmen zur vorgelegten Unterlagen muss das Gesamtkonzept des
Brandverhütung, Brandbekämpfung und Rettung Brandschutzes für das konkrete Bauvorhaben – es
von Menschen und Tieren wie Feuerwehrplan, liegt immer eine Einzelfallprüfung vor – mit dem
Brandschutzordnung, Werkfeuerwehr, Bestellung Schutzziel des Brandschutzes abgeglichen werden.
von Brandschutzbeauftragten und Selbsthilfekräf- Dieses Gesamtkonzept besteht aus den Komponenten
ten
■ Baulicher Brandschutz
Aus den Erfahrungen der letzten neun Jahre ■ Anlagentechnischer Brandschutz
kann durch den Verfasser abgeleitet werden (ohne ■ Abwehrender Brandschutz
dass dies statistisch abgesichert ist), dass die ■ Organisatorischer Brandschutz
67
BRANDSCHUTZ
Ein häufiger, meist gravierender Mangel in den bestände auf; nach den Erfahrungen des Verfassers
Bauvorlagen zum Brandschutz war und ist das Fehlen nehmen diese im Bereich des Brandschutzes einen
einer „planerischen Absicht“. Das bedeutet, in den deutlich größeren Raum ein als bei der Prüfung der
Bauvorlagen werden die Angaben aus der geltenden Standsicherheit.
Landesbauordnung, den mitgeltenden Sonderbauvor-
schriften und Technischen Regeln umfangreich zi- Ein deutlich mit Zuwachs gekennzeichnetes
tiert, eine Darstellung der geplanten Umsetzung am Gebiet ist der Brandschutznachweis unter Zuhilfe-
konkreten Bauwerk fehlt jedoch. nahme der Ingenieurmethoden des Brandschutzes;
dabei werden brandschutztechnisch relevante Zusam-
Daneben sieht sich der Brandschutzprüfer häu- menhänge mathematisch abgebildet und daraus An-
fig der Situation gegenüber, dass grundsätzliche Feh- forderungen an Bauteile oder Anlagen abgeleitet. Ex-
ler bei der bauordnungsrechtlichen Einstufung von emplarisch seien genannt die Brandsimulationsrech-
Gebäuden vorliegen: nungen (Zonen- oder Feldmodelle) zur Ermittlung
der Brandrauchausbreitung und Brandrauchtempera-
■ Gebäude werden der falschen Gebäudeklasse zu- tur oder die Personenstromanalysen zur Ermittlung
geordnet, von Entfluchtungszeiten. Hier besteht die anspruchs-
■ Gebäude werden keiner Gebäudeklasse zugeord- volle Aufgabe des Prüfens darin, die Plausibilität des
net, da sie Sonderbauten sind. gewählten Ansatzes und die Eignung des gewählten
Modells für das betrachtete Problem zu bewerten,
Dritter gewichtiger Aspekt ist die Verfahrens- ggf. Nachbesserungen zu verlangen oder auch eine
durchführung, grundsätzliche Fehler dabei sind: Nachrechnung vorzunehmen. Dieses Teilgebiet wird
durch die verbindliche Einführung der Eurocodes
■ sehr große Unsicherheit beim Sonderbau nach deutlich an Bedeutung gewinnen.
§ 51 MBO:
– es werden Abweichungen nach § 67 MBO be-
antragt, wo Erleichterungen zutreffend sind,
– Anwendung von Sonderbauvorschriften, ob-
3 Zusammenfassung
wohl das Gebäude nicht in deren Geltungsbe- und Ausblick
reich liegt,
– Einordnung eines Gebäudes als Sonderbau, ob-
wohl kein Sachverhalt nach § 2(4) MBO zu- Die Tätigkeit des Prüfingenieurs für Brand-
trifft, schutz ist eine anspruchsvolle und abwechslungsrei-
che Tätigkeit; bei der Taxierung der Begriffe aus der
■ es werden Abweichungen nach § 67 MBO für Überschrift überwiegt nach den Erfahrungen des Ver-
Sachverhalte nach § 3 (3) MBO beantragt (Ab- fassers deutlich die „Freude“.
weichungen von ETB),
Für die Gruppe der Prüfingenieure für Brand-
■ der Unterschied zwischen Abweichungen/Erleich- schutz hält die Zukunft zweifelsohne einige Heraus-
terungen (von bauordnungsrechtlichen Vorschrif- forderungen bereit:
ten) und Zustimmungen im Einzelfall (bei Abwei-
chungen von oder dem Fehlen einer Zulassung für 1 Interessenvertretung in den Landesverbänden und
nicht geregelte Bauprodukte) ist nicht klar, im Bundesverband
Eine Stärkung der Präsenz in den Landesverbän-
■ Beantragung von Abweichungen, die nicht die den und im Bundesverband der VPI ist erforder-
materiellen Anforderungen der BauO betreffen, lich. Als Bespiel sei der Landesverband Thürin-
z.B. Änderung der Gebäudeklasse. gen genannt, hier sind 18 Prüfingenieure für
Standsicherheit und 4 Prüfingenieure für Brand-
Einen besonderen Aufwand bei der Prüfung schutz vereint, der Vorstand wird gebildet aus dem
von Brandschutznachweisen und -konzepten, sowohl Vorsitzenden und je einem Stellvertreter für
quantitativ als auch qualitativ, erfordert die Behand- Standsicherheit und Brandschutz
lung von Abweichungstatbeständen. Die MBO sieht
die Zulassung von Abweichungen grundsätzlich vor, 2 Fachlicher Austausch
der Bauherr hat darauf einen Rechtsanspruch. Er Bislang erfolgt dieser über ein jährliches unge-
muss jedoch mit den Bauvorlagen den Beweis er- zwungenes Arbeitstreffen der „mitteldeutschen
bringen, dass die von ihm gewählte bauliche Prüfingenieure für Brandschutz“, inzwischen neh-
und/oder technische Lösung das Schutzziel des men auch Prüfingenieure aus dem Saarland, aus
Brandschutzes auch erfüllt. Insbesondere bei Be- Berlin und Brandenburg sowie aus Mecklenburg-
standsgebäuden treten zahlreiche Abweichungstat- Vorpommern daran teil. Eine Weiterentwicklung
68
BRANDSCHUTZ
in eine geordnete Struktur evtl. im Rahmen der 4 Außenwirkung

BVPI ist wünschenswert. In der täglichen Arbeit der Prüfingenieure für
Brandschutz werden die Defizite bei der Erstel-
3 Überarbeitung der Vergütungsregeln lung der Bauvorlagen hinsichtlich des Brand-
Die Gebührentafel der M-PPVO bildet den erfor- schutzes mehr als deutlich. Hier sollten die Prüfin-
derlichen Aufwand der Prüfingenieure für Brand- genieure offensiv an der Wissensvermittlung be-
schutz bei ihrer Aufgabenerfüllung nicht korrekt ab, teiligt sein und bei den Anbietern von Fortbildun-
insbesondere bei kleinen und mittleren Bauvorhaben gen auf diesem Gebiet vortragen oder beispiels-
ergibt sich nach der gültigen Gebührentafel eine weise über die Ingenieur- und Architektenkam-
nichtauskömmliche Prüfgebühr. Für die oben be- mern den Entwurfsverfassern und Aufstellern von
schriebene Prüfung von ingenieurtechnischen Nach- Brandschutznachweisen eine Qualifikation ange-
weisen oder die Nachrechnung von Simulationen deihen lassen.
fehlt ein Gebührentatbestand.
69
IMPRESSUM
Herausgeber:
Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik e.V.
Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä, Kurfürstenstr. 129, 10785 Berlin
E-Mail: [email protected], Internet: www.bvpi.de
ISSN 1430-9084
Redaktion:
Klaus Werwath, Lahrring 36, 53639 Königswinter
Tel.: 0 22 23/9123 15, Fax: 0 22 23/9 09 80 01
E-Mail: [email protected]
Technische Korrespondenten:
Baden-Württemberg
Dr.-Ing. Frank Breinlinger, Tuttlingen
Bayern:
Dr.-Ing. Markus Staller, Gräfelfing
Berlin:
Dipl.-Ing. J.-Eberhard Grunenberg, Berlin
Brandenburg:
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Bremen:
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Hamburg:
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Niedersachsen:
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Nordrhein-Westfalen:
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Rheinland-Pfalz:
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Saarland:
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Sachsen:
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Sachsen-Anhalt:
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Schleswig-Holstein:
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Thüringen:
Dipl.-Ing. Volkmar Frank, Zella-Mehlis
BVPI/DPÜ/BÜV/vpi-EBA:
Dipl.-Ing. Manfred Tiedemann
Druck:
Vogel Druck und Medienservice, Leibnizstraße 5, 97204 Höchberg
DTP:
Satz-Studio Heimerl
Scherenbergstraße 12 . 97082 Würzburg
Die meisten der in diesem Heft veröffentlichten Fachartikel

sind überarbeitete Fassungen der Vorträge, die bei den Arbeitstagungen
der Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik gehalten worden sind.
Der Inhalt der veröffentlichten Artikel stellt die Erkenntnisse und Meinungen
der Autoren und nicht die des Herausgebers dar.
„Der Prüfingenieur“ erscheint mit zwei Ausgaben pro Jahr.

Bestellungen sind an den Herausgeber zu richten.
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Zeitschrift der Bundesvereinigung

Die Initiative PraxisRegelnBau meldet

Wie bekannt, gliedert sich

■ PG 1 Grundlagen und Einwir-

Dank der finanziellen Un-

Die PG 1 besteht aus fünf

*Siehe unter anderem: VBI-Nachrichten 1/2,

entschlacken und fehlerfrei zu ge-

Abgesehen von Lagerräu-

Grundsätzlich gilt für alle

Da die Einbindung der

sonell verstärkt werden und damit

Die beiden an der PiN betei-

Abb. 3: PRB-Grundsätze der Normungsarbeit

Abb. 4: PRB-Leitplanken P www.betonverein.de

Jörg Erdmann hat der Landesvereinigung NRW seinen Stempel aufgedrückt

Alexander Pirlet neuer Vorsitzender

Fünf Themenblöcke und ein Festvortrag über Schlagfertigkeit

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Ende Juni in Baden-Baden

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Bericht aus dem Deutschen

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DIN 19702 [5] gilt für alle massiven Wasser-

2.2 Einwirkungen derliche und außergewöhnliche Einwirkungen als

Die Zusammenstellung der jeweiligen Wasser-

Bei Kanalhaltungen, Kanälen und stehenden

Temperatureinwirkungen berücksichtigen Ein-

Dies bedeutet, dass z.B. bei einem Schleusen- 2.3 Tragfähigkeitsnachweise

Die Einwirkungskombinationen sind unter-

Kombinationsregeln Unabhängige Unabhängige Unabhängige Außergewöhnliche Bemessungssituationen im

Kombinationsbeiwerte ψi,i zur Berücksichti-

von wK = 0,25 mm zu dimensionieren. Die Bean-

Die Dauerhaftigkeit von massiven Wasserbau-

Für die Mindestbewehrung von scheiben- und

3.4 Positionierung des Teilsicherheitskonzeptes STR BS-P BS-T BS-A

für Wasserbauwerke Beton D 1,5 1,3

In der Arbeitsgruppe 140 von PIANC (= Per- F 1,5 1,2

manent International Association of Navigation NL 1,5 1,2

Congresses), „Semi probabilistic design concept for CN 1,38 –

teiligung von Fachvertretern aus Belgien (B), China B 1,15 1,15

(CN), Deutschland (D), Frankreich (F), Großbritan- F 1,15 1,0

Vereinigten Staaten von Amerika (USA) die jeweils CN 1,1 – 1,2 –