Skript K2 - Mauerwerksbau
Skript K2 - Mauerwerksbau
Ziel bei der Erarbeitung dieser Norm war es, eine kurze, übersichtliche und anwenderfreundliche Norm
für unbewehrtes Mauerwerk zu entwickeln, die den Rechenaufwand gegenüber der DIN EN 1996-1-
1/NA wesentlich verkürzt. Die Entwicklung erfolgte auf der Basis der alten und allseits akzeptierten
Norm DIN 1053-1. Dabei galt prinzipiell, dass die jeweiligen Berechnungsverfahren sich durch entspre-
chende Vereinfachungen aus den genaueren Berechnungsverfahren der DIN EN 1996-1-1 ergeben. Un-
ter Beibehaltung des Teilsicherheitskonzeptes mit dem Nachweisformat Ed ≤ Rd wurden die Gleichungen
für die Bemessungen nach DIN EN 1996-3/NA so aufgestellt, dass die Ergebnisse gegenüber dem genau-
eren Verfahren auf der sicheren Seite liegen.
Für die Anwendung der vereinfachten Methode gelten folgende Annahmen und Randbedingungen:
Tab 2.1: Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Nachweisverfahrens (Tab. NA.2)
Voraussetzungen
Wanddicke Lichte Aufliegende Decke
Wandhöhe Stützweite Nutzlast a)
Bauteil
t [mm] h [m] lf [m] qk [kN/m²]
Tragende ≥ 115 und < 240 ≤ 2,75
Innenwände ≤ 6,0 ≤ 5,0
≥ 240 --
Tragende ≥ 115 b) und < 150 b)
Außenwände ≤ 3,0
≥ 150 c) und < 175 c)
und ≤ 2,75 ≤ 6,0
zweischalige ≥ 175 und < 240
Haustrennwände ≤ 5,0
≥ 240 ≤ 12·t
a)
Einschließlich Zuschlag für nicht tragende innere Trennwände
b) Als einschalige Außenwand nur ein eingeschossigen Garagen und vergleichbaren Bau-
werken, die nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen vorgesehen sind.
Als Tragschale zweischaliger Außenwände und bei zweischaligen Haustrennwänden bis
maximal zwei Vollgeschosse zuzüglich ausgebautes Dachgeschoss; aussteifende Quer-
wände im Abstand ≤ 4,50 m bzw. Randabstand von einer Öffnung ≤ 2,0 m.
c)
Bei charakt. Mauerwerksdruckfestigkeiten fk < 1,8 N/mm² gilt zusätzlich Fußnote b.
Beispiel 2.1: Überprüfung auf Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens nach DIN EN 1996-3/NA
Bedingungen:
Ergebnis: Die Voraussetzungen für das vereinfachte Nachweisverfahren (Tab. NA.2) sind erfüllt.
Für Kelleraußenwände sind darüber hinaus weitere Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfach-
ten Verfahrens zu berücksichtigen (Bild 2.1). Ursache dafür ist der horizontal wirkende Erddruck, der zu-
sätzlich für eine Biegebeanspruchung quer zur Wandebene (Plattenbiegung) sorgt.
Die anzusetzenden Lasten (ständige Lasten: Eigengewicht und Ausbaulasten; veränderliche Lasten: Nutz-
lasten, Verkehrslasten, Schneelasten, Trennwandzuschlag) sind der DIN EN 1991: „Einwirkungen auf
Tragwerke“ (EC 1) zu entnehmen. Bei der Ermittlung der aus den Decken auf Wände (und Unterzüge)
weiterzuleitenden Lasten ist es in der Praxis meist ausreichend, diese in Form von Lasteinzugsflächen
zusammen zu stellen. Nimmt man an, dass die Durchlaufwirkung einer mehrfeldrigen Platte wie eine
Randeinspannung wirkt, so lässt sich bei zwei sich schneidenden Lagerlinien die Lastfläche folgenderma-
ßen auf die betreffenden Lagerlinien aufteilen (vgl. Bild 2.2):
Bei rechteckigen Deckenfeldern kann man auf zusammengestellte Grafiken aus den einschlägigen Bau-
tabellenbüchern zurückgreifen (vgl. Bild 2.3). Mit den hier angegebenen Formeln lassen sich die Lastein-
zugsflächen für zweiachsig gespannte Deckenfelder schnell ermitteln.
Gesucht: Lastbild auf Wand zwischen C/2 und C/4 (getrennt nach g‘ und q‘ [kN/m])
Deckensystem:
Hinweis: Bitte fügen Sie alle weiteren Maße in die nachfolgende Grafik ein!!
Berechnung der Streckenlast auf Wand in Achse C: (Flächenlast · Breite der Lasteinzugsfläche)
Für die Lastweiterleitung darf das Lastbild durch eine äquivalente Gleichstreckenlast ersetzt wer-
den. Für die Bemessung der direkt darunterliegenden Wand sind die Extremalwerte des Lastbildes
(durchgezogene rote Linie) maßgebend.
Das in Beispiel 2.2 gezeigte Verfahren ist lediglich für den Regelfall der zweiachsig gespannten Decken-
platten sinnvoll. Bei durchlaufenden, jedoch einachsig gespannten Decken (Deckenstreifen) ist die
Durchlaufwirkung bei der Lastermittlung auf die Wände (= Auflagerkräfte aus Decken) gemäß Bild 2.4 zu
berücksichtigen. Bei parallel zur Deckenspannrichtung verlaufenden Wänden sind Lasten aus einem pa-
rallelen Deckenstreifen mit angemessener Breite zu berücksichtigen.
Der Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZT) erfolgt durch den Vergleich der unter Berücksich-
tigung aller möglichen Lastkombinationen ungünstigsten Bemessungswerte der einwirkenden Normal-
kraft NEd und der aufnehmbaren Normalkraft NRd:
NEd ≤ NRd = Φ ⋅ A ⋅ fd
Dabei ist:
fd der Bemessungswert der Druckfestigkeit des Mauerwerks mit fd = ζ · fk/γM (vgl. Kap. 1.3)
A wirksame Querschnittsfläche, ggf. unter Berücksichtigung von Schlitzen und Aussparungen
Φ = min {Φ1, Φ2}; Traglastfaktor für Einflüsse aus Biegung, Knicken und Endauflagerverdrehung
Der Traglastfaktor Φ1 berücksichtigt die Lastexzentrizität an Wandkopf und Wandfuß, und zwar
Der Traglastfaktor Φ2 berücksichtigt die Knickgefahr in Wandhöhenmitte (Bild 2.5) und wird berechnet
mit 2
a hef
Φ = 0 ,85 ⋅ − 0 , 0011 ⋅
2
hef = Knicklänge der Wand
t t
hef = ρ n ⋅ h
Dabei ist:
h die lichte Geschosshöhe
ρn ein Abminderungsfaktor mit n = 2, 3 oder 4 in hef
Abhängigkeit der Randeinspannung oder der
Halterung der Wand (vgl. Kap. 1.4)
Bei dreiseitig gehaltenen Wänden (n = 3) wird die Knicklänge mit dem Abminderungsfaktor ρ3 mit nach-
folgender Formel bestimmt:
1
hef = ρ3 ⋅ h = 2
⋅ ρ 2 ⋅ h ≥ 0 ,3 ⋅ h
ρ ⋅h
1 + α3 ⋅ 2
3 ⋅ b'
Bei vierseitig gehaltenen Wänden (n = 4) wird die Knicklänge mit dem Faktor ρ4 berechnet
1
• für α4 · h/b ≤ 1,0 mit hef = ρ 4 ⋅ h = 2
⋅ ρ2 ⋅ h
ρ ⋅h
1 + α4 ⋅ 2
b
• für α4 · h/b > 1,0 mit hef = ρ 4 ⋅ h = α 4 ⋅ b 2
b und b‘ sind Maße für den Abstand der aussteifenden (haltenden) Wände gemäß Bild 1.9 und 1.10.
Charakteristische Einwirkungen:
Die Voraussetzungen für das vereinfachte Nachweisverfahren (Tab. NA.2) sind erfüllt.
Φ1 = 1,6 – lf/6 = 1,6 – 5,3/6 = 0,717 ≤ 1,0 (bei Endauflagern von Außenwänden):
nRd = Φ1 · fd · t · 1000 = 0,717 · 3,17 · 150 · 1000 = 340934 N/m = 340,9 kN/m ≥ 47,7 kN/m
Die Nachweise sind alle erfüllt. Die aussteifenden Querwände am vorderen und hinteren Ende der
Außenwand müssen eine Länge von mindestens 0,2·h = 0,49 m und eine Dicke von 1/3·t = 50 mm,
mindestens jedoch 115 mm aufweisen (vgl. Bild 1.9, Kap. 1).
Die Besonderheit bei (angeschütteten) Kelleraußenwänden ist durch den horizontal wirkenden Erddruck
gegeben. Zusätzlich zur Normalkraftbeanspruchung ist eine Biegebeanspruchung zu berücksichtigen.
Wenn die besonderen Bedingungen gemäß Bild 2.1 eingehalten sind, so ist eine Bemessung einer Keller-
außenwand auch nach dem vereinfachten Verfahren möglich.
Der Nachweis der vertikalen Tragfähigkeit am Kopf und am Fuß der Kellerwand unterscheidet sich nicht
von den in Kap. 2.3 aufgeführten Arbeitsschritten. Lediglich der Nachweis der vertikalen Tragfähigkeit in
Wandhöhenmitte nRd = Φ2 · fd · t wird ersetzt durch folgende Nachweisformeln:
ρ e ⋅ h ⋅ he2 fd ⋅ t
nEd ,min ≥ nEd ,max ≤
β ⋅t 3
Dabei ist:
h die lichte Kellergeschosshöhe
ρe die Wichte der Anschüttung
(es wird aktiver Erddruck vorausgesetzt!)
he die Höhe der Anschüttung
fd der Bemessungswert der Druckfestigkeit
des Mauerwerks
t die Wanddicke und
β = 20 für bc ≥ 2 · h bc ist der Abstand zwischen aus-
= 60 – 20 · bc/h für h < bc < 2 · h steifenden Querwänden oder
= 40 für bc < h anderen aussteifenden Elementen
= 20 bei Elementmauerwerk mit planmäßigen Überbindemaß 0,2·hu ≤ l0l < 0,4·hu
nEd,i Bemessungswert der kleinsten (i = min) bzw. größten (i = max) vertikalen Belastung der Wand
in halber Höhe der Aufschüttung (bezogen auf laufende Meter Wandlänge, z.B. kN/m).
Hinweis: Bei breiten Terrassenfenstern ist nEd,min kleiner als vermutet!
Charakteristische Einwirkungen:
Gesucht: Bemessung der Kelleraußenwand (Nachweis der vertikalen Tragfähigkeit) mit Überprüfung,
ob vereinfachtes Verfahren zulässig ist.
Voraussetzungen für das vereinf. Nachweisverfahrens gemäß EC 6-3, 4.5 sind erfüllt.
Bemessungswerte der Einwirkungen: (spez. Gewicht der Kellerwand: γMW = 20,0 kN/m³)