ERLÄUTERUNG 03 2013 31032014final

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ERLÄUTERUNG 03/2013

Die Beurteilung von Schubwänden in Wiener Gründerzeithäusern


Nichtlineares Verfahren (push-over) gemäß EN 1998-1

Wien, am 31.03.2014
Ersetzt die Erläuterungen E03 vom 01.12.2013

Herausgeber: Fachgruppe Bauwesen der LK W/Nö/Bgld


Seiten 1 bis 31

Änderungen:
Textkorrekturen und Austausch Diagramme auf Seite 17 und 21

Verfasser: Peter Bauer;

Anhang A: Sa-Sd-Bedarfsdiagramm für Schubwände, Peter Bauer


Anhang B: Beispielrechnungen Musterhaus, Alexander Krakora

Coautoren: Erich Kern

Anmerkungen und Anregungen in der vorläufigen Auflagefrist von:


DI Arno Seltenhammer, Dr. Branko Rusnov, DI Raoul Majdalani

Anmerkung
Erläuterungen geben, mangels anderer Normenwerke und kompakter Literatur, einen Hinweis auf Verfahren die dem
jeweiligen, zusammengefassten Stand der Technik entsprechen. Sie ersetzen eigene Überlegungen und die Prüfung des
Anwenders, ob sie für seinen Anwendungsfall geeignet sind, nicht.

1
Inhaltsverzeichnis

1.0 Die Kapazitätsmethode gemäß EN 1998-1 Pkt. 4.3.3.4.2 und Anhang B .....................................3
1.1 Allgemeines ..............................................................................................................................3
1.2 Primär und sekundär seismische Wände ...................................................................................3
1.3 Einwirkung und Widerstand ......................................................................................................4
1.4 Grundlegendes Verhalten einer Mauerwerkscheibe ..................................................................5
1.5 Plastisches Tragvermögen der Wand.........................................................................................6
1.6 Antwortspektrum versus Verschiebungsspektrum (Push-Over) .................................................7
1.7 Anwendung des Push-Over Verfahrens auf Mauerwerkscheiben............................................. 11
2.0 Beispiel ................................................................................................................................... 16
3.0 Hinweise und Rechenhilfen ..................................................................................................... 23
4.0 Literatur .................................................................................................................................. 31

Anhang A: Sa-Sd Bedarfsdiagramm für Schubwände aus Mauerwerk


Anhang B: Beispielrechnungen Musterhaus

2
1.0 Die Kapazitätsmethode gemäß EN 1998-1 Pkt. 4.3.3.4.2 und Anhang B

1.1 Allgemeines

In den allgemeinen Vorbemerkungen des Punktes 4.3.3.4.2.1 der EN 1998-1 wird darauf
hingewiesen, dass das Verfahren, dessen Grundlagen in [8] und [15] sehr Anschaulich aufbereitet
sind, sowohl für neue, als auch für bestehende Hochbauten als Nachweis für die Aufnahme der
Einwirkung Erdbeben geeignet ist.

Sein wesentlicher Vorteil liegt darin, dass das plastische Tragvermögen eines Bauteils bzw. Bauwerks
direkt in den Nachweis integriert werden kann. Er wird auf der Ebene der Verschiebungen geführt.

Ziel der vorliegenden Erläuterungen ist es, die Anwendung dieser Nachweismethode für die Wiener
Gründerzeithäuser zu untersuchen, erzielbare Widerstände zu belegen und kritische Punkte, die noch
erforscht werden müssen, aufzuzeigen. Weiters wird die Methode für Gebäude, deren Widerstand
vereinfacht als Summe einfacher Kragarme aufgefasst werden kann, aufbereitet und in Beispielen
demonstriert. Durch diese Annahme werden Nachweisprobleme, die z.B. bei Ansatz von
Rahmenwirkungen von Mauerwerkswänden1 entstehen, vermieden. Es ist aber einfach, bei
bekannter Kraft-Verschiebungslinie auch komplexere Bauteile in das Nachweiskonzept zu
integrieren.

Die angeführten Nachweisschritte sind einfach programmierbar und haben den Vorteil, dass sie auch
ohne die üblichen Voraussetzungen, wie schub- und biegesteife Decken durch die erst
Rahmenwirkungen von Mauerwerksscheiben möglich werden, der meisten erhältlichen EDV-
Programme auskommen. Sie können dadurch für einen ingenieurmäßigen Ansatz, in dem
Gebäudeteile auf der sicheren Seite abgeschätzt werden müssen ohne „unwirtschaftlich“ zu werden,
oder der die Auswirkungen von zu treffenden Maßnahmen zu beurteilen hat, anschaulich verwendet
werden.

Durch diese Nachweismethode wird belegbar, dass die Wiener Gründerzeithäuser, bei gutem
Zustand, ein hohes Zuverlässigkeitsniveau im Lastfall Erdbeben aufweisen, das nahezu an das, nach
derzeitigen Normen erforderliche, heranreicht.

1.2 Primär und sekundär seismische Wände

Das angeführte Verfahren gilt jedenfalls für primär seismische Wände gemäß EN 1998-1/Punkt 4.2.2
unter der Einhaltung der Tabelle 9.2 für Mauerwerksbauten. Im Regelfall sind daher im Wiener
Gründerzeithaus Mauerwerksscheiben mit Wanddicken ab 30 cm als primär seismische Schubwände

1
Hier werden nur EUROCODE-Konforme Methoden behandelt. Ansätze von Rahmenwirkungen sind dzt. Gegenstand von
Forschungen. Wesentliche Rahmenwirkungen dürften nur bei gesicherten Längsverschließungen vorhanden sein.
3
(wegen 30*15= 450 cm < hGeschoß) zu betrachten. Für 15 cm starke Wände sind im Regelfall die
Hinweise im Punkt 1.4 zu beachten 2.

1.3 Einwirkung und Widerstand

Die Zielverschiebungen dürfen in allen Fällen in zwei unabhängige Richtungen bestimmt werden, die
nicht überlagert werden müssen. Allerdings sind gemäß EN 1998-1/4.3.3.4.2.1 (2) und (3)
Torsionseinwirkungen zu berücksichtigen, wenn die Regelmäßigkeitskriterien nicht erfüllt werden.

Bei Anwendung der Push-over-Methode ist zu beachten, das durch Torsionseinwirkungen


(Massenschwerpunkt <> Steifigkeitsschwerpunkt) im Allgemeinen größere Zielverschiebungen
notwendig werden, als bei torsionsfreier Beanspruchung.

Abbildung 1.3 –Torsionswirkung und Bedarfsverschiebung

Abbildung 1.3 verdeutlicht die Problemstellung. Zur praktischen Ermittlung des Torsionseinflusses auf
die Bedarfsverschiebungen werden die ermittelten, möglichen (Kopf)verschiebungen der
Mauerwerksscheiben in (im Allgemeinen nichtlineare) Federn3 umgerechnet (Bild B). Nun wird das
Modell im Massenschwerpunkt unabhängig in X und Y-Richtung durch eine Einheitskraft
beansprucht. Die jeweilige Verschiebung des Massenmittelpunktes selbst, ist ein Maß für den
torsionsfreien Anteil der Zielverschiebung in X und Y-Richtung. Entsprechend der Auflagerkräfte der
Federn kann damit auch die Massenverteilung des Gebäudes auf die Wandscheiben vorgenommen
werden. Jene Anteile der Verschiebungen, die größer sind als die Massenmittelpunkts-
verschiebungen entsprechen dem erhöhten Verschiebungsbedarf der jeweiligen Scheibe zufolge
Torsion.

2
Siehe auch ÖNORM B 1998-1/Tabelle 5, Anmerkung a
3
Siehe auch SIA D0237
4
Bild C zeigt den Verschiebungsbedarf dy bei symmetrischer (torsionsfreier) Beanspruchung, Bild D
den Verschiebungsbedarf dy einer Querscheibe bei Torsion des Gebäudes, resultierend aus einer
Einwirkung in X-Richtung. Durch den nichtlinearen Charakter der Widerstände (Mauerwerkswände)
erfolgt der Nachweis der Bedarfsverschiebungen zufolge Torsion im Allgemeinen iterativ.

ANMERKUNG: Bei Häusern mit nicht-schubsteifen Decken tritt Torsion im Allgemeinen nicht auf.

1.4 Grundlegendes Verhalten einer Mauerwerkscheibe

Horizontales Tragverhalten in Längsrichtung für primäre seismische Elemente

Beschreibungen zur Ermittlung des Tragverhaltes einer Einzelwandscheibe unter horizontalen


Einwirkungen finden sich zahlreichen Veröffentlichungen (z.B. [5], [9], [10] aber auch [6]).

Die horizontale, elastische Grenzlast Vf einer Mauerwerksscheibe wird durch Umkippen oder Gleiten
begrenzt. Dies drücken auch die Formeln C.1 und C.2 in EN 1998-3 aus, die durch vergleichende
Untersuchungen in [5] im Wesentlichen bestätigt werden. In [5] werden weiters Hinweise zur
Mitwirkung von Pfeileranteilen der anschließenden Querwände gegeben.

Der erforderliche Widerstand in Bestandsgebäuden darf nach ÖNORM B 1998-3 im Grenzzustand der
wesentlichen Schädigung ermittelt werden. Für eine ausführliche Diskussion siehe die Erläuterungen
02/2013 [18].

Abbildung 1.4 –Umkippen und Gleiten einer Mauerwerksscheibe

5
Nachdem Vf erreicht ist, ist die Fähigkeit der Wand Energie aufzunehmen, noch nicht erschöpft. Die
Mauer kann bis zu einer (plastischen) Grenzverschiebung du (in EN 1998-1/Anhang B auch dn
genannt) von ca. 4 Promille ihrer Höhe4 weiter beansprucht werden.

Horizontales Tragverhalten in Querrichtung –Querwandbeschleunigung

Zu Nachweisen für Schubwandschlankheiten, die größer sind, als sie EN 1998-1 in Tabelle 9.2
vorsieht, siehe [7], erläutert auch in [5] und [6], weiters Kommentar in Punkt 1.2. Grundsätzliche
Aussagen zu „typischen Wiener Gründerzeitzwischenwänden“ siehe auch Erläuterungen 01/2013
[19].

1.5 Plastisches Tragvermögen der Wand

Aus dem unter Punkt 1.4 beschriebenen Mechanismus wird folgendes Abgeleitet:

Die Kraft-Verformungskurve einer Mauerwerksschubwand fängt mit der Steigung k0


(Anfangssteifigkeit) an, geht dann langsam in die Steifigkeit des gerissenen Mauerwerks über (k eff ~
k0/2) und hat ihren (theoretisch) maximalen „elastischen Wert“ 5 Fy6 im Grenzzustand, der in EN
1998-3/ Anhang C beschrieben ist.

Abbildung 1.5 –Typische Kraft-Verformungskurve einer Wandscheibe und lineare Approximation

4
siehe aber auch die Einschränkung in C.4.2.1 (2) der EN 1998-3 und den Vorschlag in [5] –Pkt. 6.3.2 der die mögliche
plastische Endverschiebung von der Auslastung der Wandscheibe selbst abhängig macht.
5
Anmerkung: „elastischer Wert“ meint hier den maximalen Wert Fy der unter keff = Fy/dy erreicht wird. Die dabei erreichte
Verschiebung dy ist eigentlich schon plastisch.
6
Fy ist mit Vf in EN 1998-3/ Anhang C gleichzusetzen
6
Zu beachten ist, dass für die Ermittlung der Arbeitslinie die Verteilung der horizontal einwirkenden
Kräfte (Fb – base shear) gemäß dem gewählten MODE vorgenommen wird, diese variiert werden und
über den dabei erhaltenen Kopfverschiebungen aufgetragen werden. Damit liegen dann im Regelfall
zwei Diagramme (MODE 1 und MODE 2) analog der Abbildung 1.5 vor.

ANMERKUNG: Die *-Werte des Eurocodebildes beziehen sich auf die Antwort des äquivalenten Einmassenschwingers,
wobei der MODE (Gleichmäßig bzw. Dreieckverteilung) gemäß EN 1998-1/ Punkt 4.3.3.4.2.2 vorgegeben wird.

Der maximale Verschiebungsweg du wird gemäß EN 1998-3/Anhang C im Grenzzustand der


Schädigung üblicherweise bei 4 Promille7 der Wandhöhe erreicht, wobei zu kontrollieren ist, dass die
Verschiebung in keinem Stockwerk höher ist.

Der Energieinhalt Em (= Fläche unter der Kraft-Verformungskurve) ersetzt hier die kraftorientierte
Betrachtung der quasistatischen Methode. Näherungen (z.B. linear-elastisch, ideal-plastische Kraft-
Verformungskurven) sind unter der Festlegung Em = const. anzusetzen.

1.6 Antwortspektrum versus Verschiebungsspektrum (Push-Over)

In EN 1998-1 wird das elastische Antwortspektrum für das Gebäude (reduziert auf einen
Einmassenschwinger) angegeben. Man kann es auch als Bedarfsantwort lesen. Wenn die Möglichkeit
des Gebäudes zur Aufnahme horizontaler Beschleunigungen grösser ist, als der
„Beschleunigungsbedarf“ am Standort, ist der Nachweis mittels der Antwortspektrenmethode
gelungen.

Abbildung 1.6a –Antwortspektrum Typ I in Abhängigkeit des Bodens, normiert auf ag= 1.0 m/sec2
für 5% Dämpfung; aus [3]

7
Siehe aber auch Einschränkungen in DIN EN 1998-1/NA bzw. Bachmann [9] bei hoher Normalkraftauslastung der Wand
(größer als 15% fk)
7
Die Möglichkeiten eines Gebäudes auch im plastischen Bereich Energie aufzunehmen, kann damit oft
nicht ausreichend berücksichtigt werden. Sie wird im Antwortspektrenverfahren gewöhnlich
pauschal mit dem Faktor q berücksichtigt.

Hier bietet die Betrachtung über die erforderlichen Verschiebungen eine bessere Möglichkeit. Eine
sehr gute Einführung wird in [15] gegeben.

Im Wesentlichen werden die Gleichungen des Einmassenschwingers (EMS, SDOF) nach der
Verschiebung ausgewertet.

Die Bewegungsgleichung des Einmassenschwingers ist gegeben mit:

+ + = ( )

mit ( ) = ( ) bei Weganregung und c und k als Dämpfungs- bzw. Federkonstante

Abbildung 1.6b –Einmassenschwinger

Der homogene Teil (freie Schwingung) ist mit dem Ansatz

( )= cos( )+ ( ), mit 0= 2 f0 und f0= 1/T0

zu lösen.

Damit ist dann die Geschwindigkeit gegeben mit

x.(t)= 0 x(t)

und die Beschleunigung mit

x..(t)= 0
2
x(t).

8
Analog ergibt sich, bei bekannter (elastischer) Bedarfsbeschleunigung Sae, die (elastische)
Bedarfsverschiebung Sde mit

1
= =
4

Abbildung 1.6c –Zusammenhang Sae, Sde und T für Typ I - Spektren mit agr* 1 = 0.8 und =5%

Nun kann man sich überlegen, wie im unteren Diagramm der Abbildung 1.6c aus dem elastischen
Zusammenhang der Bedarfsbeschleunigung am Standort und der dabei auftretenden Verschiebung
die Duktilität des Gebäudes (also das plastische Arbeitsvermögen, Push-Over) eingeführt werden
kann. Im Allgemeinen geschieht dies dadurch, dass die elastischen Bedarfsantworten auf plastische
Antworten erweitert werden.

9
Fajfar [15] zitiert aus Vidic und gibt an:

Sa= Sae/R und Sd= /R Sde

wobei Sa und Sd die plastischen Spektren, = du/dy der Duktilitätsfaktor und R der plastische
Reduktionsfaktor ist. Für R sind in der Literatur verschiedene Ansätze zu finden. In der (auch vom
Eurocode verwendeten) N2-Methode ist:

=( 1) +1 für T < Tc

R = für T>= Tc

Tc markiert den Beginn des abfallenden Bereiches des Antwortspektrums und stellt den Übergang
zwischen dem Bereich des konstanten Beschleunigungsbedarfs zum geschwindigkeitsäquivalenten
Gebäudeverhalten dar.

EN 1998-1 gibt im Anhang B direkte Zusammenhänge zwischen der (Bedarfs)Verschiebung det (= Sd),
der Schwingzeit des Gebäudes T und dem Duktilitätsfaktor qu (der R analog ist) an. Zu beachten
ist, dass dort alle Antworten auf den (dem gewählten MODE äquivalenten) Einmassenschwinger T*
bezogen sind.

Ein typisches Bedarfsdiagramm sieht so aus (siehe auch [15]):

Abbildung 1.6d –Elastischer Verschiebungsbedarf, plastischer Verschiebungsbedarf und


eingearbeitete Antwort des Gebäudes für = 2.5 und Fy*/m* = 0.8 m/sec2

8
Ru* wird durch Bestimmung von * = du*/dy* gewonnen; du* = dn*, qu durch qu= Sae/Sap
10
1.7 Anwendung des nichtlinearen Verfahrens (push-over) auf
Mauerwerkscheiben

Vorwerte -Materialparameter

Zunächst werden die Materialparameter auf Mittelwerte umgerechnet. Für Gründerzeitmauerwerk


ist zu beachten, dass der E-Modul für Gründerzeitmauerwerk üblicherweise mit E0~ 300 f k9 zur
Ermittlung von k0 (ungerissene Anfangstangente der Arbeitslinie) angesetzt wird. Sonst werden die
Festigkeitswerte um die entsprechenden Konfidenzbeiwerte und Teilsicherheiten (siehe auch Kapitel
1.4) reduziert. Im gerissenen Zustand wird vereinfacht oft E2 ~ ½ E0 angenommen. Diese Annahme ist
auch Eurocodekonform.

Horizontale Einwirkung gemäß EN 1998-1 und Widerstand gemäß EN 1998-3/ Anhang C

Weiters wird die horizontale Tragfähigkeit gemäß EN 1998-3/ Anhang C ermittelt. H 0, der
Schwerpunkt des Lastangriff der Horizontalkraft Vf ist aus der Massenverteilung und dem
entsprechenden MODE gemäß EN 1998-1/ Punkt 4.3.3.4.2.2 (siehe auch Abbildung 1.7) zu ermitteln.

Die allgemeine Form der Verteilung der Basisscherkraft Fb auf die Geschosse ist gegeben mit:

Wobei für i im MODE 1 die Höhe der Geschosse Hi und für MODE 2 i = 1 einzusetzen sind.

Abbildung 1.7a –Einwirkung auf die Wandscheibe –Verteilung von Fb im MODE 1 und 2 (Fi –MODE 1
für hi = mi = const.)

9
Siehe auch: DI Dr. Anton PECH, Gutachten, Forschungsprogramm zur Verifizierung der konstruktiven Kennwerte von altem
Vollziegelmauerwerk nach EC6 [17]
11
Kapazitätskurve der Mauerwerksscheibe

Die elastische Verschiebung dy,0 in der Höhe H0 lässt sich aus der bekannten Kragarmformel unter
Berücksichtigung der Schubgleitung errechnen:

6
, = +
3 5

mit I= t D3/12, E2~ 0.5 E, G2~ 0.4 E2 und A= t D

Die Steifigkeit k der Mauerwerksscheibe lässt sich daraus Bestimmen zu:

k = Vf/dy,0

Die elastische Kopfverschiebung dy der Mauerwerksscheibe ist dann durch geeignetes Umrechnen
ermittelbar. Aus dieser Kopfverschiebung wird dann

keff = Vf/dy

als „beste“ Anfangstangente der bilinearen Arbeitslinie der Mauerwerksscheibe errechnet.

Da auch die maximal möglichen plastischen Kopfverschiebungen du aus EN 1998-3/ Anhang C


entnommen werden können, ist damit die gesamte Verschiebungskapazität der Wandscheibe
bekannt.

Abbildung 1.7b –typische (vereinfachte) Verschiebungskapazität einer Mauerwerksscheibe

Sie ist für die Versagensarten Biegung und Schub unter der (Pseudo)Kraftverteilung der zwei
anzusetzenden MODES, bzw. der Gesamtersatzkraft Vf in H0 zu ermitteln. Die jeweils kleineste
Beanspruchbarkeit ist maßgebend.

ANMERKUNG: Im Regelfall liegt H0 im MODE 1 bei H0 ~ 0.75..0.80 Htot und im MODE 2 bei H0 ~ 0.55..0.65 Htot

12
Ermittlung der Bedarfsverschiebung, äquivalenter SDOF

Zunächst wird der (real vorliegende) Mehrmassenschwinger (MDOF-System) mit Hilfe des
Transformationsbeiwertes in einen äquivalenten Einmassenschwinger (EMS, SDOF) transformiert.

EN 1998-1/Anhang B gibt hierzu an:

und

Weiters gilt für Kräfte F* und Verschiebungen d* des SDOF-Systems:

= ; =

2
Daraus ergibt sich der Energieinhalt des SDOF-Systems mit Em* = Em/ und die (grenz)elastische
Verschiebung dy* mit:

=2

ANMERKUNG: Bei linear elastischen, ideal plastischen Kraft-Weg Diagramm ist (siehe auch Abbildung 1.5):

= + und keff = keff*

Damit kann die Eigenschwingzeit des idealisierten Einmassenschwingers ermittelt werden durch:

2
= =2 ; = ; =

Die elastische Zielverschiebung des transformierten (SDOF-) Tragwerks ergibt sich damit zu:

= = ( ) ; =

Die (plastische) Bedarfsverschiebung dt* kann mit den (zu den in Kapitel 1.6 angegebenen
Grundlagen kompatiblen) Verfahren in EN 1998-1/Anhang B.5 a) und b) bestimmt werden.

13
Rückführung SDOF in MDOF und Vergleich mit der Zielverschiebung gemäß EN 1998-1/Punkt
4.3.3.4.2.3(1)

Nachdem dt* bestimmt ist, muss nun diese plastische Bedarfsverschiebung aus dem SDOF-Raum
zurück in das „reale“ MDOF-Modell rücktransformiert werden. Dies geschieht durch Umkehrung der
Beziehung:

d* = d/

Diese plastische Bedarfsverschiebung ist gemäß EN 1998-1/4.3.3.4.2.3(1) um den Faktor k = 1.5 zu


erhöhen und mit der erreichbaren Kopfverformung zu vergleichen.

Das Nachweisformat ist also:

1.5 dt* < du

Der Nachweis ist erfüllt, wenn die erforderliche Zielverschiebung dt, erhöht auf die Erfordernis
gemäß EN 1998-1/ Pkt. 4.3.3.4.2.3(1) von 1.5*dt, kleiner ist, als die an der Wandscheibe ermittelte
(plastische) Grenzverschiebung du.

14
Addition des Tragverhaltens aller Wandscheiben, die zum Tragverhalten in die betrachtete
Richtung beitragen.

Wenn die Kopfverschiebungen gesichert gekoppelt sind (z.B. über eine Verbunddecke) kann die
Tragwirkung der Einzelscheiben solange addiert werden, bis das plastische Tragvermögen der ersten
Wand erschöpft ist. Eine sehr anschauliche Darstellung hierzu findet sich in Bachmann [9].

Damit kann dann der Widerstand des Gesamtgebäudes gemäß EN 1998-1/Anhang B nachgewiesen
werden. Für die Torsionsanteile ist der (ideell einzuführende) größere Verschiebungsbedarf der
Wände, die vom Drehpunkt weit entfernt stehen zu berücksichtigen. Ein Hinweis auf deren mögliche
Bestimmung findet sich unter Punkt 1.3.

Abbildung 1.7c – Beispiel für die Addition der Kapazitäten der Einzelwände als Basis für einen
Gesamtkapazitätsnachweis nach EN 1998-1/Anhang B

15
2.0 Beispiel

a) Ermittlung der Höhen und (Gesamt)Massen.

ANMERKUNG: Hier wird das Musterhaus aus [4] verwendet.

b) Ermittlung der Ersatzhöhen für die Wandscheiben

Unter der Annahme, dass die Massen mit hinreichender Genauigkeit gleichförmig verteilt sind, ergibt
sich für die (Summe der) Schubwände:

16
ANMERKUNGEN

- kE als Summe der Steifigkeiten der Schubwände in die betrachtete Richtung (Hier: Querwände)
Zusammensetzung von gekoppelten Schubwänden siehe auch Bachmann [9]. Der eingesetzte Wert von kE = 60 000 kN/m ist
geschätzt

-In diesem Beispiel wird für die Wandscheibe j H0j = H0 = const. angenommen. Genau muss im ungekoppelten Zustand
(ohne schubsteife Decke im Dachraum) H0j für jede Wandscheibe getrennt ermittelt werden (aus Fji und hi)

-Fb(j) wird aus dem MODE 1 abgeschätzt oder „genau“ ermittelt.

c) Ermittlung der Vorwerte der betrachteten Wandscheibe (ohne Berücksichtigung der kreuzenden
Mauerwerksscheiben –Mittelwand und Aussenwandpfeiler)

17
d) Ermittlung der plastischen Grenzkraft Fy = Vf der Verschiebung dy und der (plastischen)
Endverschiebung du

ANMERKUNG: Vf hängt hier auch von H0, also dem betrachteten MODE (hier gewählt MODE 1) ab

18
e) Bestimmung des maßgeblichen Versagensmechanismus und Bestimmung des Antwortspektrums

ANMERKUNG: agR,Zielverschiebung wird durch probieren ermittelt, solange bis du,ist = du,soll. In diesem Beispiel wird für eine
„typische“ Wiener Zwischenwand ein Erfüllungsfaktor ist von ist = 0.64 erhalten. Bei Berücksichtigung der angrenzenden
Querwände (Außenwandpfeiler und Mittelmauer) und im Giebel.- und Stiegenhauswandbereich werden in der Regel -
Faktoren von > 1.0 erhalten!

19
f) Transformation des MDOF-Systems in ein SDOF-System

ANMERKUNG: In diesem Beispiel wird vereinfacht angenommen, dass auf eine Querwand ca. 1/12 der Gesamtmasse des
Gebäudes wirken

20
g) Nachweis der Zielverschiebungen

ANMERKUNG: Die Untersuchung muss im Weiteren auch im MODE 2 durchgeführt werden. Er ist in diesem Fall nicht
maßgebend.

21
h) Bei Nichterfüllung, Prüfung ob dn*<> dt* (d.h die eigentliche plastische Kapazität wird im SDOF-
Raum nicht ausgenutzt) und optionales Verfahren nach EN 1998-1/B.5

ANMERKUNG: Die Anwendung des optionalen Schrittes macht nur bei Arbeitslinien, die Ursprünglich nicht ideal-elastisch
ideal-plastisch sind, Sinn.

i) Ermittlung des (theoretischen) Verhaltensbeiwertes q gemäß EN 1998-1/4.3.3.4.2.1(d)

22
3.0 Hinweise und Rechenhilfen

Gesamtintegrität des Gebäudes

Wenn die schubaufnehmenden Mauerwerksscheiben nicht gesichert gekoppelt sind, ist eine
wesentliche Gefahr, der Verlust der Gesamtintegrität des Gebäudes. Durch unterschiedlich lange,
bzw. gut oder schlecht mit den Querwänden vermauerte Wandscheiben werden im Anregungsfall
unterschiedliche Antworten (Schwingformen) entstehen. Bei ungekoppelten Tragwerksscheiben ist
dann vor allem der Verlust der Deckenauflager durch die Differenzen der Horizontalverformungen
durch geeignete Verschließung zu vermeiden. Es lässt sich zeigen, dass schon die Kopplung der
Scheiben alleine über das oberste Geschoß (z.B. Verbunddecke) hier die Differenzverformungen in
allen Geschossen wesentlich positiv beeinflusst (siehe auch Abbildung 3.0b).

Stabilität dünner Wände

In EN 1998-3/ Anhang C werden keine Hinweise zur Sicherung der Druckstrebe gegen Ausknicken
gegeben. Die Druckstrebe ist vor allem bei Nichteinhaltung der Bestimmungen gemäß EN 1998-
1/Tabelle 9.2 getrennt Nachzuweisen. Hierzu können die Formeln in EN 1996-1 -1/ Anhang D, E und
G verwendet werden. Sehr schlanke Schubwände, wie sie für die 15er-Zwischenwände im Wiener
Gründerzeithaus typisch sind, sind dadurch jedoch kaum nachweisbar. Hier sind noch Versuche
erforderlich. Erwartungswerte sind aus Erläuterung 01/2013 ableitbar.

23
Voraussetzungen für die Rechenhilfen

Durch realitätsnahe Einschränkung der möglichen Einwirkungs- und Widerstandsparameter lassen


sich einfache Diagramme angeben, die eine rasche Beurteilung von Schubwänden ermöglichen.

Die Voraussetzungen zur Anwendung der nachfolgenden Diagramme sind:

-Das Versagen der Mauerwerksscheibe muss Schub (gemäß Nachweis EN 1998-3/C.4.3.1)


sein.

ANMERKUNG: Das wird im Allgemeinen jedenfalls für ungestörte Mauerwerksscheiben Htot/D< 4 gegeben sein

-Der Nachweis wird im Grenzzustand der wesentlichen Schädigung geführt

-Die Gesamtintegrität des Gebäudes ist sicherzustellen (siehe auch E01/2013)

-Die Aufnahme der Querwandbeschleunigung für Schubwände mit hi/t > 15 ist gesondert
nachzuweisen.

-Die Schubwände selbst und etwaige Kompensationen können durch eine linear-elastische
ideal plastische Arbeitslinie repräsentiert werden.

Aus der maximalen Verschiebungskapazität, die unter den oben getroffenen Voraussetzungen, 4
Promille der Schubwandhöhe beträgt, lassen sich für übliche Gebäudehöhen (Htot~ 17.0 m… 19.0 m)
die Endverschiebungen unabhängig (!) von dem dabei zu erreichenden Schubwiderstand angeben.

Abbildung 3.0a zeigt den Zusammenhang im Sa(cceleration) – Sd(isplacement) Diagramm für


eingetragene Zielverschiebungen in Abhängigkeit der Gebäudehöhe, ~1.30 (MODE 1) und ~1.00
(MODE 2) und der Anforderung für die Zielverschiebung k = 1.5 gemäß EN 1998-1/ Pkt. 4.3.3.4.2.3(1).

24
Abbildung 3.0a – Zielverschiebungen in Abhängigkeit von der Gebäudehöhe, = 1.30/1.00, k = 1.5
für Bedarfsspektren Typ I, Boden Typ B und agr= 0.8 1

Für eine Schubwandhöhe von 19.0 m errechnet sich Beispielsweise der zugehörige, max. mögliche
plastische Endverschiebungswert dn* mit dn*= 0.004*1900*1/1.3*1/1.5 = 3.90 cm

Damit liegt man jedenfalls im Bereich von transformierten Einmassenschwingern mit T*> Tc und
damit auch im sehr einfach anzuwendenden Bereich der Rücktransformation mit dt* = det* (vertikale
Schnittlinie mit der Sa-Sd Bedarfskurve), in der die tatsächlich erreichbare Duktilität qu keine
Einwirkung auf die Transformation selbst hat.

Gesamtgebäude –Anforderungen an schubsteife Decken

Untersuchungen von Schubwänden im üblichen Bereich von Längen 4.0 m ..5.5 m und
Gebäudehöhen von 17.0 m .. 19.0 m ohne bzw. mit Berücksichtigung der Flanschanteile durch
Außenwandpfeiler bzw. Mittelmauern zeigen erwartbare Eigenschwingzeiten (für
Werkstoffparameter im gerissenen Bereich) von T ~ 2 sec (ohne Flanschanteil) und T ~ 1 sec (mit
Flanschanteil). Die gewöhnlich längste Wand, die Giebelwand wird im Bereich T~ 0.5 sec liegen.

25
Die Gesamtintegrität des Gebäudes bleibt gesichert nur Gewahrt, wenn für die Schwingzeiten der
Einzelschubwände Ti näherungsweise Ti ~ T ~ const. gilt. Da die Steifigkeit der Wandscheibe über keff,i
vorliegt, kann dies nur über die Anteilige, aufzunehmende im MODE wirkende Masse mi* erreicht
werden, gemäß

,
=2 =2 ; = ; ~ .; =

Aus diesem Ansatz lassen sich, über die erforderliche Verteilung der aufzunehmenden Massen m* -
von ihrer tatsächlichen Lage im Gebäude zu den Schubwänden hin, die zur Verteilung notwendigen
Schubkräfte in den Decken ermitteln. Die Gesamtbeschleunigung ist dem Sa-Sd-Diagramm zu
entnehmen, die Verteilung über die Gebäudehöhe erfolgt gemäß dem betrachteten MODE.

Abbildung 3.0b – Eigenfrequenzen von ungekoppelten und gekoppelten Mauerwerkswänden (mit


und ohne Berücksichtigung eines Querwandanteil)

Für die Zukunft könnten hieraus auch Studien über die notwendige horizontale Lastverteilwirkung
der Wiener Gründerzeitdecken bzw. der Gebäudestruktur selbst, bzw. für ein plausibles Lastniveau,
bei dem die Gesamtintegrität (noch) gewahrt bleibt, abgeleitet werden. Die sehr positive
Auswirkung einer schubsteifen Decke, wenigsten im obersten Geschoss, wird jedenfalls auch durch
diesen Ansatz bestätigt.

26
Ermittlung der Ersatzsteifigkeiten für Kompensationsmaßnahmen

In der Darstellungsweise von Bild 3.0a erkennt man, dass durch die Schnittpunkte der möglichen
Zielverschiebungen mit dem Sa-Sd Diagramm maximale Schwingzeiten für die Erfüllung des
Nachweises verbunden sind.

In Bild 3.0c (siehe auch Anhang A) sind diese maximalen Schwingzeiten, in Abhängigkeit der CC-Klasse
für eine Grundbeschleunigung von agr=0.8 m/sec2 und Boden Typ B im Antwortspektrum Typ I
aufgetragen. Weiters sind die Sa-Sd Bedarfslinien für 80%, 60% und 25% von a gr= 0.8 m/sec2
eingetragen. Die T*max -Werte lassen sich durch Herausmessen bestimmen, bzw. sind sie für soll = 1.0
angeschrieben.

Abbildung 3.0c – Maximale Schwingzeiten T* für Htot 17.0 m .. 19.0 m, = 1.30/1.00, k = 1.5 für
Bedarfsspektren Typ I, Boden Typ B und agr= 0.8 1

Die Transformation einer ideal-elastischen, ideal-plastischen Arbeitslinie vom MDOF in den SDOF
(vom Em in den Em* ) Raum ist mit keff*= Fy*/dy* = keff = Fy/dy wegen Fy*= Fy/ und dy*=
dy/ gegeben (siehe auch Abbildung 3.0d), wobei Fy die plastische Grenzlast und dy der (plastische)
Eintrittspunkt ist.

Die Geraden durch den Ursprung in Abbildung 3.0c repräsentieren die Eigenschwingzeiten T*, und
damit auch den Anstieg der elastischen Arbeitslinie keff*.

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Abbildung 3.0d - linear-elastische ideal-plastische Arbeitslinie im F/d - und F*/d* -Raum

Daraus leitet sich im Weiteren ab:

*2 = Fy*/m* 1/dy* und wegen 2


= *2

*2 = 2
= Fy/dy 1/m*

Durch Auswertung von Abbildung 3.0c ergibt sich Beispielhaft für einen vollen CC2-Nachweis des
Bestandes ein T*soll,max ~ 1.28 sec für ein 19.0 m hohes Gebäude.

Wegen

1 1
=2 =2 =

ergibt das direkt die Forderung von

(Fy/dy)min = (2 1/1.28)2 m* ~ 24 m*

Im (meistens Maßgebenden) MODE 1 wird m*~ 0.65..0.75 M (M..Masse die auf die Schubwand im
Lastfall Erdbeben einwirkt) und damit die Mindeststeifigkeit der Schubwand (F y/dy)min = 18 M (wobei
M in kg und Fy/dy in N/m einzusetzen ist).

Aus dem Diagramm lässt sich auch ablesen, dass für Gründerzeithäuser deren Gesamtintegrität
gewahrt bleibt, eine aufnehmbare Bodenbeschleunigung von agr~ 0.6 * 0.8 m/sec2 jedenfalls
erwarten lassen!

Weiters lässt sich über die Schnittlinie der jeweiligen erwartbaren Eigenschwingzeiten der
Schubwände mit dem Bedarfsspektrum die Höhe des elastischen Widerstandes abschätzen. Dies
kann für Prognosen von zukünftigen Schubwandversuchen von Bedeutung sein. Wenn das
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Seebensteinbeben eine Einwirkung von ca. agr <0.5.. 0.6 * 0.8 m/sec2 gebracht hat und die
Mauerwerksscheibe keine sichtbaren Risse aufwies bzw. aufweist, muss sie auf diese Einwirkung im
Wesentlichen im elastischen Bereich reagiert haben. Daraus lassen sich aber elastische
Mindestgrenzwerte Folgern (siehe auch Abbildung 3.0e), die Versuchstechnisch zu verifizieren
wären:

Abbildung 3.0e – Elastische Bedarfsbeschleunigungen für Bebenspektrum Typ I, Boden Typ B und
agr= 0.8 * 0.6 m/sec2

Für (flanschlose) Querwände (T* ~ 2 sec) ergibt sich sofort: Fy,min = 0.36 m* ~0.36*1.34*127000 =
61 kN für das Musterhaus (Vgl. mit Vf ~ 56 kN aus der Beispielrechnung).

Für Querwände mit Flanschanteil errechnet sich analog Fy,min ~ 122 kN und für die Giebelwand Fy,min ~
490 kN (unter der Annahme, dass eine Giebelwand min. 1/6 der Gebäudemasse aufnehmen muss)

In wie weit die Mauerwerksscheiben durch die Querwände verstärkt (versteift) werden ist sehr
wahrscheinlich von der Qualität der Verzahnung abhängig. Hier sind zur wirtschaftlichen Beurteilung
Versuche notwendig. Motivation hierfür sollte sein, dass aus dem Diagramm 3.0c ablesbar ist, dass
wenn eine solche Verzahnung und damit eine Eigenschwingzeit von T ~ 1 sec vorliegt, der
Erdbebenwiderstand nahe beim Bemessungsbeben gemäß EN 1998-1 liegen könnte.

29
Ermittlung der elastischen Mindestlastniveaus

Abschließend soll noch der Hinweis gegeben werden, dass der Nachweis über die Zielverschiebungen
alleine keine Schadensbegrenzung gemäß EN 1998-1 beinhaltet. Hierzu wäre nachzuweisen, dass die
der Einwirkung agr,Sch zugeordnete Bedarfsbeschleunigung direkt (bei Kenntnis von m* und ) über
Abbildung 3.0c zu einer (elastisch) aufzunehmenden Basisscherkraft Fb,Sch führt.

Nicht eindeutig ist hier die Normenlage. EN 1998-1 führt zur Schadensbegrenzung das Beben, dass
alle 10 Jahre um 10% überschritten wird an (siehe EN 1998-1/2.1), während EN 1998-3 das Beben
hier mit 20% Überschreitungswahrscheinlichkeit in 50 Jahren definiert.

Dies führt zu (Auswertung gemäß EN 1998-1/2.1 -Anmerkung):

1,Sch,EN 1998-1 ~ (50/10)-1/3 = 0.588 und

1,Sch,EN 1998-3 ~ (20/10)-1/3 = 0.794

Warum in Bestandsgebäuden die Schadensbegrenzung größer sein soll als in Neubauten, erschließt
sich nicht unmittelbar.

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4.0 Literatur

[1] ÖNORM B 1998-3: 2013 05 01, Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben, Beurteilung und
Ertüchtigung von Gebäuden

[2] Leitfaden für Wien zur OIB-Richtlinie 1 vom 07.01.2013

[3] EN 1998-1: 2011 06 05, Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben, Grundlagen,
Erdbebeneinwirkungen und Regeln für Hochbauten

[4] Arch+Ing, Erdbebenbeanspruchung eines Gründerzeithauses mit Dachgeschoßausbau „Leicht“,


Ausgabe Juli 2008, E03-18072008

[5] Dokumentation D 0237 der SIA, Beurteilung von Mauerwerksgebäuden bezüglich Erdbeben,
Zürich 2010

[6] ..und wenn die ganze Erde bebt..; Peter Bauer, Erich Kern, Peter Resch; Wien im April 2010

[7] Seismic design of reinforced concrete and masonry buildings; T. Pauley, M.J.N. Priestley; Wiley &
Sons 1992

[8] Seismische Mikrozonierung des Stadtgebietes von Wien, G. Duma, ZAMG, Endbericht 1988

[9] Zur Erdbebensicherung von Mauerwerksbauten, Hugo Bachmann, Kerstin Lang, ETH Zürich 2002

[10] EN 1998-3: 2005 12 01, Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben, Beurteilung und
Ertüchtigung von Gebäuden

[11] Mauerwerksscheiben unter Normalkraft und Schub, H.R. Ganz, ETH Zürich 1985

[12] Modellierung unbewehrter Mauerwerkswände auf Basis der mehrflächigen Plastizität, M.


Mistler, RWTH Aachen

[13] Computational Strategies for Masonry Structures, P.B. Laurenco, Delft 1996

[14] ONR 24009: 2013 05 01, Bewertung der Tragfähigkeit bestehender Hochbauten

[15] A Nonlinear Analysis Method for Performance Based Seismic Design; Peter Fajfar; Earthquake
Spectra Vol 16, August 2000

[16] Baudynamik VO, SS2011, TU-Wien

[17] DI Dr. Anton PECH, Gutachten, Forschungsprogramm zur Verifizierung der konstruktiven
Kennwerte von altem Vollziegelmauerwerk nach EC6, Juli 2010

[18] Erläuterung 02/2013; FG-Bauwesen ARCHING Wien/Nö/Bgld

[19] Erläuterung 01/2013; FG-Bauwesen ARCHING Wien/Nö/Bgld

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