K2 Baustoffe
K2 Baustoffe
K2 Baustoffe
2 Baustoffe
2.1 Anforderungen
Die Nutzung des Bauwerks ist entscheidend für die Planung und Baustoffauswahl. Der Planer muss des-
halb die Anforderungen kennen oder erfragen. Nur dann kann er seiner Aufgabe gerecht werden und
den Bauherrn bzw. Architekten beraten.
Bei der Nutzung des Gebäudes sind die Einwirkungen infolge Lasten und Umwelt bestimmend für die
Materialwahl. Hier einige Beispiele:
• Hörsaal mit vertikaler Verkehrslast von 3,5 KN/m²: C25/30 bis C35/45
• Parkhaus (offen) Verkehrslast von 3,5 KN/m²: C25/30 aber mit zusätzlichen Anforderungen
aufgrund von Umwelteinflüssen
• Gewerbebau, befahrbare Hofdecke, Gabelstabler,
nicht vorwiegend ruhende Belastung, Dauer-
schwingfestigkeit: Stabstahl statt Matten
• Bauteil vollständig im Wasser: Beton unproblematisch
• Bauteil wasserundurchlässig: Betonzusammensetzung entspr. abstimmen
• Frost- und Tausalzbeständigkeit: Betonzusammensetzung entspr. abstimmen
Die Schäden im Bauwerk treten kaum durch fehlerhafte Statik auf. Der überwiegende Teil beruht auf
Planungsfehlern in Konstruktion und Ausschreibung. Hinzu kommen Ausführungsfehler. Zur Sicherung
der Qualität im Stahlbetonbau ist es erforderlich die möglichen Fehlerquellen auszuschalten. Dieses soll-
te über ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) erreicht werden.
Hinweisen möchte ich hier auf die ISO 9000ff. Die früher bekannte Güteüberwachung wurde durch Ein-
führung neuer Landesbauordnungen verändert. So sind geregelte Produkte in der Bauregelliste A Teil 1
aufgeführt. Nicht geregelte Bauprodukte weichen von den in der Bauregelliste A Teil 1 bekannt gemach-
ten technischen Regeln wesentlich ab oder es gibt keine technischen Baubestimmungen oder allgemein
anerkannten Regeln der Technik. Solche Produkte dürfen nur mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen
Zulassung, einem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis oder der Zustimmung im Einzelfall einge-
setzt werden.
Die DIN EN 206 regelt die Güteüberwachung im Betonbau. Sie unterscheidet zwischen Eigenüberwa-
chung und Gütenachweis. Im nationalen Anwendungsdokument (NAD) wird unterschieden zwischen
der Herstellung von Beton mit den Festigkeitsklassen ≥ C 30/37 (Fall 1) und der für niedrigere Betonfes-
tigkeitsklassen (Fall 2). Weitere Einzelheiten sind der Vorlesung Baustoffkunde vorbehalten.
2.2 Beton
Der Beton wird in Abhängigkeit von seiner Druckfestigkeit eingeteilt. Den Festigkeitsklassen wird für
Normal- und Schwerbeton ein „C“ als Abkürzung für „concrete“, der englischen Übersetzung für Beton,
vorangestellt. Anschließend folgen zwei Zahlen getrennt durch einen Schrägstrich. Die erste Zahl steht
für die Zylinderdruckfestigkeit fck,cyl, bestimmt an einem Zylinder mit d = 150 mm und h = 300 mm, und
die hintere Zahl ist die Würfelfestigkeit fck,cube, bestimmt an einem Würfel mit der Kantenlänge von 150
mm jeweils im Alter von 28 Tagen. So ist ein C20/25 ein Normalbeton (Zeichen C) mit der charakteristi-
schen Zylinderdruckfestigkeit von fck,cyl = 20 N/mm² und der Würfelfestigkeit von fck,cube = 25 N/mm². Die
Umrechnung zwischen Zylinderdruckfestigkeit und Würfelfestigkeit erfolgt in der Form:
Als charakteristischer Wert fck gilt die Zylinderdruckfestigkeit fck,cyl. Die Bezeichnung der Festigkeitsklas-
sen erfolgt – für die Normalbetone C12/15 bis C90/105 – nach DIN EN 1992-1-1, Tabelle 3.1; für die
Leichtbetone LC12/13 bis LC80/88 nach der dortigen Tabelle 11.3.1. Im nationalen Anhang wird ein wei-
tere Beton C100/115 definiert. Für Hochleistungsbeton der Festigkeitsklasse C 90/105 und C 100/115 ist
eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich.
Die Zugfestigkeit fct bezieht sich auf die erreichbare Höchstspannung unter einachsiger zentrischer Zug-
beanspruchung. Der Mittelwert ergibt sich zu
Die elastischen Verformungen des Betons hängen in hohem Maße von seiner Zusammensetzung ab.
Hierbei ist vor allem die Gesteinskörnung von entscheidender Bedeutung. Ist das Tragwerk empfindlich
gegenüber Verformungen, so ist der Elastizitätsmodul aus zylindrischen Proben zu bestimmen. Die Norm
stellt lediglich Richtwerte zur Verfügung. Die wirkliche Grösse des E-Moduls ist u.a. abhängig von der Be-
lastungsgeschwindigkeit, dem Betonalter, dem Kriecheinfluss und der Betonrezeptur. Der Streubereich
kann bis zu ± 40% betragen. Die Richtwerte für die Elastizitätsmoduli Ecm werden wie folgt ermittelt:
Die Querdehnzahl ν für elastische Dehnungen darf im Allgemeinen zu 0,2 angesetzt werden. Bei Rissbil-
dung im Beton wird sie näherungsweise zu Null angenommen. Die Wärmeausdehnungskoeffizient εT be-
trägt für Normalbeton 1,0 * 10 -5 K -1.
Für die Bemessung ist der Bemessungswert fcd zugrunde zu legen. Er ergibt sich aus der Beziehung
wobei γc der Teilsicherheitsbeiwert für Beton mit 1,50 ist (vgl. Kap. 1.5.3) und αcc der Abminderungsfak-
tor zur Berücksichtigung von Langzeitwirkungen auf die Betondruckfestigkeit und von ungünstigen Aus-
wirkungen durch die Art der Beanspruchung. Der Beiwert αcc ist in Deutschland gemäß DIN EN 1992-1-
1/NA für Normalbeton mit 0,85 anzunehmen.
wobei γc der Teilsicherheitsbeiwert für Beton mit 1,50 ist (vgl. Kap. 1.5.3) und αct der Abminderungsfak-
tor zur Berücksichtigung von Langzeitwirkungen auf die Betonzugestigkeit und von ungünstigen Auswir-
kungen durch die Art der Beanspruchung. Der Beiwert αct ist in Deutschland gemäß DIN EN 1992-1-
1/NA für Normalbeton ebenfalls mit 0,85 anzunehmen.
Im Gebrauchsbereich (bis ca. 0,4 fc) kann das Spannungs-Dehnungsverhalten des Betons nach dem
Hookeschen Gesetz beschrieben werden. Der Elastizitätsmodul kann als konstant angesehen werden.
Die Schnittgrößenberechnung erfolgt üblicherweise mit dem linear-elastischen Verfahren mit den Stei-
figkeiten des Zustands I (Beton im ungerissenen Zustand), die sich aus der Multiplikation der Quer-
schnittswerte (z.B. der Querschnittsfläche A oder das Trägheitsmoment I des reinen, ungerissenen Quer-
schnitts) mit dem in der Norm angegebenen Elastizätsmoduli Ecm ergeben. Alternativ lässt die Norm
auch nichtlineare Verfahren zur Schnittgrößen- und Verformungsberechnung zu, um dem tatsächlichen
Materialverhalten des Betons gerecht zu werden (Rissbildung, nichtlineares Spannungs-Dehnungsver-
halten des Betons im Druckbereich). Die hierfür maßgebende Spannungs-Dehnungslinie wird im Bild 2.1
dargestellt. Sie wird durch die bis zur Bruchdehnung εc1u bei Erreichen der Festigkeitsgrenze gültige Glei-
chung
k ⋅η − η 2
σ c = f cm ⋅
1 + (k − 2 ) ⋅ η
beschrieben mit
Für die Querschnittsbemessung ist die Spannungs-Dehnungslinie nach Bild 2.2 zugrunde zu legen. Sie
basiert auf dem Bemessungswert fcd (vgl. S. 2.2) und wird durch die folgenden Gleichungen beschrieben:
ε c
n
σ c = − f cd ⋅ 1 − 1 −
ε c 2 für 0 ≥ εc ≥ εc2
σ c = − f cd für εc2 ≥ εc ≥ εcu2
Dabei ist:
n der Exponent gemäß DIN EN 1992-1-1, Tabelle 3.1 (vgl. auch Tab. 2.1)
εc2 der Dehnung bei Erreichen der Maximalfestigkeit gemäß DIN EN 1992-1-1, Tabelle 3.1
εc2u der Bruchdehnung gemäß DIN EN 1992-1-1, Tabelle 3. 1 (vgl. auch Tab. 2.1)
Für die Betongüteklassen bis C50/60 sind in der Norm n = 2,0 und εc2 = - 2,0 %0 vorgesehen. Werden
diese in die obige Gleichung eingesetzt, ergibt sich eine Vereinfachung für die Anwendung des Parabel-
Rechteckdiagramms:
Die DIN EN 1992-1-1 lässt auch andere Vereinfachungen für die Spannungs-Dehnungslinie zu, sofern sie
im Hinblick auf die Verteilung der Druckspannungen gleichwertig sind. Im Bild 2.3 ist die bilineare Span-
nungs-Dehnungslinie dargestellt. Die Werte εc3 und εcu3 sind der Norm (hier Tabelle 3.1) zu entnehmen.
Bis Betongüteklasse C50/60 ist εc3 = - 1,35 %0 und εcu3 = - 3,5 %0.
Wenn die Dehnungsnulllinie im Querschnitt liegt, darf auch der rechteckige Spannungsblock angesetzt
werden. Die Dehnung ist dann mit εcu3 zu begrenzen. Der Bemessungswert fcd ist für den konstanten Ver-
lauf um η abzumindern:
Die Höhe x der Druckspannung ist für den rechteckigen Spannungsblock zu reduzieren auf
Sofern die Querschnittsbreite zum gedrückten Rand hin abnimmt, sollte der Wert η . fcd um 10% abge-
mindert werden. Der Spannungsblock wird in Bild 2.4 dargestellt.
2.3 Betonstahl
Für Betonstahl zur Bewehrung von Beton gilt nach DIN EN 1992-1-1 die DIN EN 10080 bzw. die DIN 488
(Bauregelliste). Als Betonstabstahl wird ein stabförmiger Betonstahl mit einem Durchmesser von 6 bis
28 mm bezeichnet, der als Einzelstabbewehrung verwendet wird. In früheren Normen wurden noch die
Betonstahlsorten BSt 420 S (III S) und BSt 500 S (IV S) angegeben. Mittlerweile wird nur noch B 500 ver-
wendet. Es wird ausschließlich von schweißgeeigneten, gerippten Betonstählen mit der charakteristi-
schen Streckgrenze von fyk = 500 N/mm² gesprochen.
Der Betonstabstahl hat eine optische Kennung über die Querrippenform. In den Bildern 2.5 bis 2.8 sind
die Unterschiede aufgezeigt. Bei Umbauten oder Nachrechnung älterer Bauwerke ist auf die Stahlgüte
zu achten, da es auch noch andere Festigkeitsklassen wie z.B. den BSt 220 gab.
In Tabelle 2.2 sind die neun verschiedenen Durchmesser für gerippten Betonstabstahl mit ihren Quer-
schnitten und Gewichten angegeben.
Bild 2.5: Nicht verwundener Betonstahl BSt 420 S mit und ohne Längsrippen
Bild 2.6: Nicht verwundener Betonstahl BSt 500 S mit und ohne Längsrippen
Als Betonstahlmatte wird ebenfalls nur die Stahlsorte B 500 verwendet. Betonstahlmatten sind eine
werksmäßig vorgefertigte Bewehrung aus sich kreuzenden kalt verformten, gerippten Stäben, die an
den Kreuzungspunkten durch Punktschweißung scherfest verbunden sind. Die Schweißung beeinflusst
die Dauerschwingfestigkeit negativ. Es kommen Stabdurchmesser von 6 bis 10 mm zum Einsatz.
Im Bild 2.10 sind die verschiedenen Arten der Randausbildung von sogenannten Randsparmatten darge-
stellt. Die Randstäbe weisen ca. 50% des Mattennennquerschnittes auf. Durch den Überlappungsstoß in
Querrichtung wird der fehlende Querschnitt ergänzt, so dass dann die vollständige Bewehrung an jeder
Stelle vorhanden ist.
Die Festigkeitseigenschaften werden durch die Streckgrenze fyk und die Zugfestigkeit ftk charakterisiert,
die sich aus der Last bei Erreichen der Streckgrenze bzw. der Höchstlast geteilt durch den Nennquer-
schnitt ergeben. Da der Betonstahl B 500 ein kaltverformter Stahl ist und keine ausgeprägte Streckgren-
ze besitzt, wird anstelle der Streckgrenze die Dehngrenze f0,2k zugrunde gelegt.
Die Bewehrung muss angemessene Duktilität aufweisen. Diese wird durch das Verhältnis der Zugfestig-
keit zur Streckgrenze, also fyk/ftk und der Dehnung bei Höchstlast εuk definiert. Für die Betonstähle sind
die Duktilitätsmerkmale in der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung geregelt. Es wird hierbei unter-
schieden zwischen normaler Duktilität (A) und hoher Duktilität. Die Betonstahlbezeichnung erhält zur
Kennzeichnung der Duktilität ein A oder B angehängt, z.B. B 500 A; vgl. Tab. 2.4.
Wie schon beim Beton wird auch beim Betonstahl eine wirklichkeitsnahe Spannungs-Dehnungslinie für
die Ermittlung der Schnittgrößen beim nichtlinearen Verfahren zur Verfügung gestellt (Bild 2.12). Verein-
facht darf ein bilinearer idealisierter Verlauf angenommen werden. Dabei wird für den Wert fy der Wert
fyR angesetzt, der sich wie folgt ergibt:
Begrenzt wird die Dehnung εs durch die Stahldehnung εsu unter Höchstlast. Die entsprechenden Zahlen-
werte sind der Tabelle 2.4 zu entnehmen.
Für die Querschnittsbemessung ist die idealisierte Spannungs-Dehnungslinie nach Bild 2.13 zugrunde zu
legen. Die Bemessung wird auf der Grundlage der Nettoquerschnittswerte und des Nenndurchmessers
durchgeführt. Die Stahldehnung wird unabhängig von der Duktilität auf den Wert εsu = 25 0/00 begrenzt.
Der charakteristische Wert für die Zugfestigkeit des Betonstahls ftk,cal ist mit 525 N/mm² anzusetzen.
Legende:
1 idealisierter Verlauf
2 Verlauf für die Bemessung
3 Vereinfachte Annahme für die Bemessung
Soweit in den DIN 488 oder den allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassungen keine abweichenden Rege-
lungen getroffen sind, kann die Wärmedehnzahl zu εs = 10 · 10 –6 K-1und der Elastizitätsmodul zu Es =
200 000 N/mm² oder 20000 kN/cm² angenommen werden:
Der Verbundwerkstoff Stahlbeton funktioniert nur dann, wenn zwischen Beton und der Bewehrung eine
schubfeste Verbindung besteht und somit Kräfte übertragen werden können. Bei glatten Stäben erfolgt
eine Kraftübertragung über Haftung und Reibung. Bei den heute gebräuchlichen gerippten Stäben er-
folgt sie aber hauptsächlich durch den Formbeiwert infolge der Verzahnung der Rippen im Beton. Durch
den Verbund ist gewährleistet, dass die Bewehrung – über die Länge „verschmiert“ betrachtet – die
gleiche Dehnung aufweist wie der unbewehrte Beton.
Im Zustand I (d.h. der Beton ist nicht gerissen und trägt auf Zug mit; die Dehnungen im Beton liegen un-
terhalb der Rissdehnung) verhalten sich beide Baustoffe etwa elastisch. Die Spannungen σs und σc kön-
nen wie folgt ermittelt werden:
Gleichgewicht : F = Fs + Fc = σs · As + σc · Ac,n
Verformung: εs = εc („Grundgesetz“ des Stahlbetons)
σs = εs · Es und σc = εc · Ecm
Für den Zustand I folgt daraus: σsI = Es / Ecm · σcI = n · σcI
Ai = Ac,n + n · As = Ac + (n-1) · As
Bei Laststeigerung steigt die Betonspannung bis zur Zugfestigkeit des Betons an. An einer schwachen
Stelle im Betongefüge kommt es zum Riss; der Stahlbetonstab befindet sich im Zustand II.
Bild 2.15: Spannungen zwischen Beton und Betonstahl bei Laststeigerung im Zustand II
geht auf den Stahlstab über, dadurch steigt die Stahlspannung im Riss auf
σsII = F / As
an. Der Verbund bewirkt, dass sich die Spannungen am Riss nicht sprunghaft verändern. Im Bereich ei-
ner von der Verbundgüte abhängigen Eintragungslänge le, in der die Verbundspannungen τ1 wirken, fin-
det ein kontinuierlicher Übergang statt. Erst in der Entfernung von der Eintragungslänge
le = Zc,Riss / (τ1 · u)
kommt es zum nächsten Riss, da hier die zum Reißen erforderliche Zugkraft Zc,Riss wieder erreicht wird.
Im Bereich der Eintragungslängen weicht die Stahldehnung von der Betondehnung ab. Bei unterschiedli-
chen Dehnungen zwischen Beton und Betonstahl stützen sich die Rippen über schräge Druckstreben auf
den Beton ab. Die schrägen Druckstreben breiten sich im Beton aus, wobei es zu tangentialen und radia-
len Zugspannungen kommen kann (vgl. Bild 2.16).
Die Verbundwirkung zwischen Betonstahl und Bewehrung kann durch drei Mechanismen beschrieben
werden:
Bild 2.16: Tragmodell des Verbundes bei geripptem Bewehrungsstahl unter zentrischem Zug
Die Änderung der Kraft im Stahlstab bezogen auf die zugehörige Staboberfläche π · ds · ∆x wird als die
Verbundspannung fb bezeichnet. Man tut so, als ob die Verbundkräfte über Schubspannungen τ1 an der
Stahloberfläche übertragen werden. fb stellt also in Wirklichkeit eine Maßzahl dar. Für Nachweise wird
mit einer gleichmäßigen Verteilung der Verbundspannungen τ1m über die Eintragungslänge le gerechnet.
Die DIN EN 1992-1-1, Kap. 8.4.2 gibt hierfür Bemessungswerte der Verbundspannung an. Die Eintra-
gungslänge wird später für Nachweise im Grenzzustand der Tragfähigkeit durch das Grundmaß der Ver-
ankerungslänge lbd „ersetzt“. Hierzu wird in einem späteren Kapitel näher eingegangen (Verankerung
der Bewehrung, Bewehrungsstöße, Bewehrungsrichtlinie).
Stellt man für den oben abgebildeten Stahlbetonstab in einem Zugversuch ein Lastverformungsdia-
gramm (vgl. Bild 2.17) auf, so kann man feststellen, dass dieser bei einer Last oberhalb der Risslast im-
mer noch geringere Verformungen aufweist als der Bewehrungsstab alleine, obwohl der Stahl am Riss
die volle Zugkraft übernommen hat. Dieser Effekt beruht auf der Mitwirkung des Betons (auf Zug) zwi-
schen den Rissen. Bei Laststeigerung von Z über die Risslast hinaus, entwickelt sich neben dem ersten
Riss weitere Risse nur außerhalb der für Zc,Riss nötigen Einleitungslänge lb bilden. Andererseits kann Zc,Riss
nicht mehr eingeleitet werden, wenn der Rissabstand a < 2 · lb ist. Es gilt:
le < a < 2 · le
Der Bewehrungsstab bleibt zwischen den Rissen in dem umgebenden Beton eingebettet, wodurch eine
höhere Dehnsteifigkeit erhalten bleibt.
εc,Riss
im Mittel
Zu = fy · As im Rissquerschnitt
Mitwirkung des
Zc,Riss = fct · Ac Betons auf Zug
εsu
Zs,Riss
εcu
ZS
Stahl allein
Zc
±Z ±Z
Bild 2.17: Lastverformungslinie des Stahlbetonstabes bei Mitwirkung des Betons zwischen den Rissen
Die DIN EN 1992-1-1 stellt in Kap. 4 Anforderungen an die Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von Stahl-
betontragwerken. Hier wird zunächst eine Zuordnung des Bauteils aufgrund von Umwelteinflüssen vor-
gegeben. Die Umweltbedingungen sind durch physikalische oder chemische Einflüsse gekennzeichnet
und führen zu der Einordnung des Bauteils in eine sogenannte Expositionsklasse (Tab. 2.6).
Jeder Expositionsklasse sind Mindestbetonfestigkeitsklassen zugeordnet. Bei mehr als einer möglichen
Expositionsklasse ist die größere Klasse maßgebend. Zusätzlich zu beachten sind die Anforderungen der
DIN EN 206-1 und der DIN 1045-2 an die Zusammensetzung und die Eigenschaften des Betons. Die nach-
folgenden Tabellen geben eine kurze Zusammenstellung wesentlicher Eigenschaften.
Ein wesentlicher Aspekt der Dauerhaftigkeit ist der Nachweis einer angemessenen Betondeckung, um
die Bewehrung ausreichend gegen derartige Einflüsse zu schützen. Als Betondeckung bezeichnet man
den minimalen Abstand zwischen einer Bewehrungsoberfläche zur nächstgelegenen Betonoberfläche
(einschließlich vorhandener Bügel, Haken oder Oberflächenbewehrung). Die Betondeckung soll folgende
Aufgaben erfüllen:
Die hohe Alkalität des Betons wird durch CO2 im oberflächennahen Bereich abgebaut. Es kommt zur
Karbonatisierung, das heißt Umwandlung von Ca(OH)2 zu CaCO3. Die Karbonatisierungsgeschwindigkeit
ist unter anderen abhängig vom Wasser-Zement-Faktor und vom Zementgehalt. Deshalb sind für be-
stimmte Bauteile auch Mindestanforderungen an die Betongüte gestellt. Die Betondeckung muss aus-
reichend dick und dicht sein, um Wasser- und Sauerstoffzufuhr zum Betonstahl zu verhindern. Die Norm
gibt unter Kap. 4.4.1 in Abhängigkeit von der Expositionsklasse und dem Stabdurchmesser verschiedene
Maße für die Ermittlung der Betondeckung an.
Der Bemessung ist der größte Wert der Betondeckung cmin, der sich aus den Verbund- bzw. Dauerhaftig-
keitsanforderungen ergibt, zugrunde zu legen:
Das so ermittelte Mindestmaß cmin darf an keiner Stelle unterschritten werden. Da sich nahezu immer
kleinere unvermeidliche Fehler beim Biegen der Bewehrung (Toleranzen) und Verformungen der Be-
wehrungsstäbe zwischen den Unterstützungspunkten einstellen, wird ein Nennmaß der Betondeckung
cnom definiert, die sich aus der Addition des Mindestmaßes und des Vorhaltemaßes ∆cdev ergibt:
Tabelle 2.11: Mindestmaße cmin,dur sowie ∆cdur,γ aus Anforderungsbedingungen der Dauerhaftigkeit
Hinweise zu den Verminderungsanteilen ∆cdur,st und ∆cdur,add sind den allgemeinen bauaufsichtlichen Zu-
lassungen zu entnehmen (z.B. kann bei einer rissüberbrückenden Beschichtung die Betondeckung mit
∆cdur,add um 10 mm vermindert werden). Im Normalfall jedoch bleiben diese Anteile unberücksichtigt;
d.h. es gilt bis auf Weiteres: ∆cdur,st = 0 und ∆cdur,add = 0.
Als „abschließende“ Größe im Zusammenhang mit der Betondeckung wird das Verlegemaß cv ermittelt.
Es ist das auf ein Vielfaches von 5 mm aufgerundete Nennmaß des Bewehrungselementes, das am dich-
testen an der nächstliegenden Betonoberfläche liegt und durch Abstandshalter in seiner Position fixiert
wird. Es gilt:
cnom ,bü
cv ≥ dsl (Längsstab)
cnom ,l − d s ,bü ddbü (Bügel)
sbü(Bügel)
cv
cnom,bü cnom,l
cv
Bild 2.18: Verlegemaß und Nennmaße (Verlegemaß)
Auf den Konstruktionszeichnungen ist neben dem Vorhaltemaß ∆cdev das für die Abstandshalter maßge-
bende Verlegemaß cv anzugeben. Für die Bemessung und die Sicherheitsnachweise wird ebenfalls das
Verlegemaß zugrunde gelegt.
Zur Einhaltung der geforderten Betondeckung sind Abstandshalter, Unterstützungen und konstruktive
Maßnahmen zur Lagesicherung erforderlich. Sie müssen vom Material her geeignet, ausreichend stabil
und standfest sein. Der Deutsche Beton- und Bautechnik-Verein (DBV) hat in seiner Merkblattreihe Hin-
weise für diese notwendigen Sicherungen der Betondeckung gegeben.
Beim Einbau der Bewehrung ist besonders auf das richtige Anordnen der Bewehrung in der Schalung,
die Eignung, Höhe, Anzahl und Anordnung der Abstandshalter, die Anordnung von Rüttelgassen, das
Einhalten der Mindeststababstände sowie auf eine genügende Steifigkeit des Bewehrungsgeflechtes zu
achten.
Diese Forderungen lassen sich in der Praxis nur dann erfüllen, wenn die planerischen Vorleistungen
durch den Ingenieur, wie
• Querschnittsabmessungen
• Bemessung
• Vorgabe der erforderlichen Bewehrung
• Stababstände
• Biegeformen der Bewehrung
• Machbarkeit
erfolgt sind.
Der Brandschutz erfordert teilweise größere Betondeckungen. Einzelheiten regelt die DIN 4102, Teil 4.
Einige Angaben zur Darstellung der Größenordnung zeigt die folgende Tabelle. Die Angaben in der Ta-
belle zeigen, dass F 30-A im Regelfall ohne besondere Maßnahmen erreicht wird. Für F 90-A müssen in
bestimmten Fällen größere Achsabstände der Bewehrung gewählt werden. Weitere Angaben enthalten
die Tabellen 2.13 bis 2.15.
Tabelle 2.15: Zugbewehrung von 1- bis 4-seitig beanspruchten, statisch bestimmt gelagerten Stahlbe-
tonbalken aus Normalbeton
Gegeben:
Es wird ein Gebäude (Bild 2.19) mit angrenzendem Lager (Gabelstablerbetrieb) und einer Stützwand
errichtet. Alle Bauteile in Beton der Klasse C 30/37 und Bewehrung als B 500. Eine Chlorid-Belastung
durch Streusalz gibt es nicht.
Gesucht:
Für die Punkte 1 bis 5 sind die Betondeckungen zu ermitteln und die Mindestbetonfestigkeiten zu be-
stimmen.
Expositionsklasse(n) XC1
minimale Betongüte C16/20
cmin,dur + ∆cdur,γ 10 + 0 = 10 mm
cmin,l max (25; 10; 10) = 25 mm
cmin,bü max (8; 10; 10) = 10 mm
Vorhaltemaß ∆cdev 10 mm
erf cnom,bü 10 + 10 = 20 mm
erf cnom,l 25 + 10 = 35 mm (!!)
zugeh. cnom,Bü 35 – 8 = 27 mm > 20 mm
Verlegemaß cv 30 mm
Punkt 2: Stütze im Außenbereich – Außenseite beregnet mit Bewehrung dsl = 20 mm und dsBü = 6 mm