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Lehrstuhl und Prüfamt

für Grundbau, Bodenmechanik und Felsmechanik


der Technischen Universität München

Schriftenreihe

Herausgeber: N. Vogt

Heft 36

Beiträge zum
3. Geotechnik-Tag in München

Tunnel in offener Bauweise /


spezielle Baugruben
26.03.2004

München 2004
Inhaltsverzeichnis

Vorwort 1

Der Spezialtiefbau als Schlüsselgewerk bei offenen 3


Tunnelbauweisen
Dipl.-Ing. M. Holfelder, Dipl.-Ing. U. Hestermann,
Bilfinger Berger München

Tunnel in Deckelbauweise - Tiefbau oder Tunnelbau? 17


Dr.-Ing. J. Schwarz,
Walter Bau AG v. m. DYWIDAG

Systematische Sicherung einer sich stetig verändernden 33


Ortsbrust bei der Durchpressung eines Bauwerks unter
laufendem Eisenbahnverkehr
Dipl.-Ing. S. Medel,
Bilfinger Berger Mannheim

Besonderheiten bei Tunneln parallel zum Hangfuß am 43


Beispiel der Ortsumfahrung Bad Ems
Prof. Dr.-Ing. N. Vogt, TU München,
BD Dipl.-Ing. B. Winkler, LSV Rheinland-Pfalz, Koblenz

Bau der Rheinquerung A44 in Ilverich 59


Dr.-Ing. Th. Voigt,
Ed. Züblin AG, Stuttgart

Schlitzwände und Weichgelsohlen für Tunnelbauwerke 75


in Berlin und Köln
Dipl.-Geol. M. Baltruschat,
Bauer Spezialtiefbau GmbH

Tiefe Baugruben und Tunnel im Grundwasser - vorgestellt 93


an Großprojekten aus Norddeutschland
Prof. Dr.-Ing. C. Boley,
Universität der Bundeswehr München
Geotechnische Besonderheiten bei einer großen 111
Baugrube mit Randbebauung in Konstanzer Seeton
Dr.-Ing. S. Krieg, Dr.-Ing. W. Lächler,
Smoltczyk & Partner GmbH,
Dipl.-Ing. G. Siebler, Weiske & Partner, Stuttgart

Laudatio zu Ehren von Herrn Prof. Dr.-tech. Richard Jelinek 131


Prof. Dr.-Ing. M. Nußbaumer,
Vorstand der Ed. Züblin AG

Geotechnik in München - Rückblicke 137


Dipl.-Ing. P. von Soos, München

Verzeichnis der Vortragenden 163


Vorwort des Herausgebers

Am 26. März 2004 haben wir den dritten "Geotechnik-Tag in München" veranstaltet, diesmal
zum Thema "Tunnel in offener Bauweise / spezielle Baugruben". Wieder trafen sich über
400 Vertreter aus Wirtschaft, Forschung und Verwaltung, um Erfahrungen auszutauschen.
Die meisten Teilnehmer kamen aus dem süddeutschen und alpinen Raum und wir freuen
uns, mit den Münchner Geotechnik-Tagen der Fachwelt unserer Region einen regelmäßigen
Treffpunkt bieten zu können.
Die Attraktivität unserer kleinen Veranstaltung liegt vorrangig an der hohen Qualität der
Beiträge, die im vorliegenden Mitteilungsheft zusammengefasst sind. An dieser Stelle danke
ich nochmals herzlich allen Vortragenden für ihr Engagement.
In diesem Jahr war es uns eine besondere Ehre, den Geotechnik-Tag in München Herrn
Prof. Dr.-Ing. Richard Jelinek, dem 1. Inhaber unseres Lehrstuhls, zu widmen, der kurz vor
der Veranstaltung sein 90. Lebensjahr vollendete. Im letzten Block der Veranstaltung haben
wir uns mit Grußworten, einer Laudatio und einem Festvortrag seiner Person und seinen
Leistungen zugewandt und anschließend mit allen Tagungsteilnehmer auf ihn angestoßen
und alte Kontakte lebendig erhalten.
Die nachhaltige Verbesserung und Erweiterung unserer Verkehrsinfrastruktur erfordert bei
mangelndem Platz in den Stadträumen und hohen Anforderungen an den Emissionsschutz
in großem Umfang unterirdische Verkehrsbauwerke. Vielfach sind dabei oberflächennahe
Gradienten vorteilhaft, für die offene Bauweisen nahe liegend sind. Im ersten Vortrag wird
hervorgehoben, dass dazu der Spezialtiefbau das Schlüsselgewerk bildet. In intensiv
genutzten Gebieten sollen Straßenräume und vorhandene Gleisanlagen nur möglichst wenig
oder kurzzeitig in Anspruch genommen werden, so dass über Deckelbauweisen mit und
ohne Druckluft oder Bauen mit Fertigteilen zunehmend Übergänge zu bergmännischen
Bauweisen entstehen. Regelmäßig binden entsprechende Baugruben und Bauwerke in das
Grundwasser ein und erfordern Bauweisen, die es fernhalten, aber nicht beeinträchtigen
sollen. Insgesamt war das Ziel der Programmgestaltung, dass die Vorträge hinsichtlich
Bauweisen, Randbedingungen, Problemlösungen und Innovationen ein breites Spektrum
bieten. Aus diesem Grund haben wir ergänzend eine besondere Baugrube in sehr weichen
Böden, die in Konstanz technisch erfolgreich ausgeführt wurde, einbezogen.
Auch Herr Prof. Jelinek hat bei vielen in offener Bauweise hergestellten Tunnelbauvorhaben
in München Verantwortung übernommen. Viele Baumaßnahmen und Verfahren, teilweise
solche, die uns heute selbstverständlich sind, andere, die auch heute noch große Herausfor-
derungen darstellen, sind unter seiner Betreuung technisch entstanden und gereift. Nach der
Laudatio von Herrn Prof. Dr.-Ing. Nußbaumer hat Herr von Soos, der seinerzeit und bis
heute an vielen Maßnahmen beteiligt war und ist, im Festvortrag zu Ehren des Jubilars einen
entsprechenden Rückblick gegeben.

München, im Juli 2004, Norbert Vogt


Der Spezialtiefbau als Schlüsselgewerk bei
offenen Tunnelbauweisen / spezielle Baugruben

Dipl.-Ing. Martin Holfelder


Bilfinger Berger AG, München, NL Spezialtiefbau

Dipl.-Ing. Uwe Hestermann


Bilfinger Berger AG, München, Tragwerksplanung Ingenieurbau

1 Einleitung

Beispiele des Spezialtiefbaus bei verkehrlichen als auch städtebaulichen Infrastrukturmaß-


nahmen zeigen:
x Eisenbahn-Tunnel Offenbau, NBS Nürnberg-Ingolstadt - BRD
x Straßen-Tunnel Lilla Bommen, Göteborg - Schweden
x Baugrube Europa-Passage, Hamburg - BRD
x Stadtbahn Köln - BRD
Es wird jeweils ein Kurzüberblick über Spezifika und besondere Bauweisen aufgezeigt.
Alle Baumaßnahmen haben trotz unterschiedlichster Funktion und Konstruktion gemein, daß
ausgefeilte Spezialtiefbau-Technik mit dem Know-how der Tragwerksplanung zusammenge-
führt wurde, um mit optimierter Synergie den vertraglichen und örtlichen Randbedingungen
Genüge zu tun.

2 Beispiele für Schlüsselgewerke

2.1 NBS Nürnberg – Ingolstadt Los Nord, Ortsumfahrung Offenbau, ein Tunnel in
Druckluftbauweise

2.1.1 Örtliche Lage


Die NBS Nürnberg – Ingolstadt wurde in die 3 Baulose Nord, Mitte und Süd unterteilt. Die
Bilfinger Berger AG führte das Los Nord in Arge mit Max Bögl Bauunternehmung aus.
Die Baustelle Offenbau befand sich an der BAB9 zwischen den Anschlussstellen Greding
und Hilpoltstein. Sie wiederum umfasste einen Trog Nord, einen Trog Süd, sowie den Tunnel
Offenbau.
2.1.2 Wahl der Baumethode
Die entscheidende Frage, die sich einem stellte, war, warum der Tunnel in Druckluftbauwei-
se ausgeführt wurde. Die Antwort lag in der Geologie. Der Tunnel durchschnitt kiesigen Sand
sowie verwitterten und unverwitterten Opalinuston. Dabei führten alle Bodenschichten
Grundwasser. Das Opalinuston-Wasser ist artesisch gespannt (ca. 2 m über GOK). Eine
Wasserhaltung in diesem Boden war ohne Inkaufnahme größerer Setzungsdifferenzen nicht
möglich. Aus diesem Grunde musste mit der Druckluftbauweise während des Aushubes für
Kräftegleichgewicht gesorgt und das Wasser auf diese Art verdrängt werden.

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Abbildung 1: Der Tunnel Offenbau im Endzustand

Es handelt sich um ein Deckelbauwerk, eingehängt in eine überschnittene Bohrpfahlwand


Du 120, die somit über Reibung und Spitzendruck eine Teilgründung des Gesamtquerschnit-
tes übernimmt. Die Bohrpfahlwand dient dabei gleichzeitig als Außenschale des späteren
Bauwerkes.
2.1.3 Bauphasen
Der Tunnel wurde in verschiedenen Bauphasen hergestellt. Zuerst wurden die Bohrpfähle
abgeteuft. Anschließend wurde die Tunneldecke betoniert und überschüttet. Darauf hin folgte
der Aushub unter Druckluft. Der maximale Luftdruck betrug ~1,0 bar. Im weiteren Verlauf
wurde das temporäre Spritzbeton-Tunnelgewölbe hergestellt. Unter atmosphärischen Druck
wurden die Bauwerkssohle und die Wände betoniert.
2.1.4 Probebelastung
Im Vorfeld wurde zur Absicherung der Pfahlkennwerte bzw. der Pfahltragfähigkeit und zur
Pfahlwandoptimierung (Durchmesser, Länge) eine Pfahlprobebelastung durchgeführt. Dabei
wurden bei mehreren Pfählen folgende Belastungen aufgebracht:
x Druck
x Zug
x Zugschwellbelastung
x Druck/Zug Wechselbelastung
x Querkrafteintrag am Pfahlkopf zur Ermittlung der Pfahlbettung
Eine Wärmedämm-Einhausung wurde wegen den geringen Verformungswegen nötig, um
Temperatureinflüsse abzumildern.
2.1.5 Bohrtechnik/Pfahlherstellungsablauf
Es kam sowohl die Seilgreifer-Bohrmethode als auch die Drehbohr-Methode zur Herstellung
der Pfähle zum Einsatz.

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Die Pfähle mussten ab einer bestimmten variablen Tiefe mit Wasserauflast gebohrt werden,
um hydraulischen Grundbruch zu vermeiden. Die Wasserzuführung wurde wegen der
unterschiedlichen Bohrrohr-Höhen in der Höhe automatisch flexibel verstellbar konzipiert, um
eine stetige, kontinuierliche Wasserzugabe gewährleisten zu können. Nach Beendigung des
Bohrvorgangs wurde die Vermessung der Ist-Lage mit einem Pfahl-Vermessungsschlitten,
einer Eigenentwicklung der Bilfinger Berger AG, vorgenommen und dokumentiert. Für jedes
Bohrgerät wurde die Ist-Bohrabweichungen im Koordinatensystem über die Achse A und B
dargestellt. Aus dem Pfahlneigungsmess-Protokoll generiert man für jeweils 1 Pfahltribbel
das sog. Pfahlüberschneidungs-Protokoll, um evtl. Undichtigkeiten frühzeitig zu erkennen.
Nach der Vermessung musste die Bohrlochsohle mittels Bohreimer begradigt und gesäubert
werden, um eine tragfähige Pfahlaufstandsfläche zu erhalten. Vor dem Betonieren wurde
das verschmutzte Bohrwasser gegen sauberes Wasser ausgetauscht werden Dies war nötig,
weil sich das Auflastwasser im Bohrrohr beim Bohrvorgang mit Feststoffen anreicherte, was
zu ungewollten Einschlüssen im Pfahl hätte führen können.
Der Betoniervorgang erfolgte nach dem Einbau der Bewehrungskörbe im Kontraktorverfah-
ren. Zum Schutz der Pfahlkopfbewehrung gegen Zerstörung bei den Abstemmarbeiten
wurde die Bewehrung im Kopfbereich mittels vormontierten Hüllrohren vom späteren Beton
getrennt.
2.1.6 Wassermanagement
Eine große Herausforderung stellte die Wasserversorgung dar. Hätte man das gesamte
Bohrwasser für bis zu 18 Maschinen aus dem öffentlichen Wassernetz entnommen, so wäre
die Gemeinde Offenbau von starken Beeinträchtigungen in der Wasserversorgung betroffen
gewesen. Aus diesem Grunde war die Auflage, nur so wenig wie nötig Wasser aus dem Netz
zu entnehmen. Dieser große Wasserbedarf führte dazu, dass ein umfangreiches Wasserma-
nagement mit Wasserleitungen und Wasserreinigungsanlage installiert werden mußte. Die
Anlage wurde so dimensioniert, dass auch bei Ausfall der Anlage die Bohrarbeiten einen Tag
lang weiter ausgeführt werden können.
Vom Bohrgerät kommend ging das Wasser in der Wasseraufbereitungsanlage in die MAB-
Schaumburganlage. Dort wurde Sand und Kies durch ein Sieb und eine Zentrifuge separiert.
Weiter ging’s zur Konditionierung in den Harvestorebehälter und dann in den Klärfixturm, wo
mit einem Flockungsmittel die Feinstteile und das Klarwasser getrennt wurden. Der feuchte
Schlamm wurde dann noch durch Siebbandpressen geführt, so dass am Schluss erdfeuch-
tes Filtrat übrig blieb. Weil die Wasseraufbereitung auch in der kalten Jahreszeit im Betrieb
war, wurde die komplette Anlage frostsicher eingehaust.

Abbildung 2: Wasseraufbereitungsanlage (schematisch)

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2.1.7 Baustellenlogistik
Bei der großen Anzahl von Geräten - teilweise waren bis zu 18 Geräte gleichzeitig auf der
Baustelle - war ein wohlüberlegtes und ausgetüfteltes Timing für ein „just-in-time“ Betonieren
und Bewehren erforderlich, um das Projekt termingerecht fertigstellen zu können. Damit es
nicht zu Stillständen kam und ein optimaler Arbeitsablauf gewährleistet war, spielte die
Baustellenlogistik eine Schlüsselfunktion.

Abbildung 3: Baustellenlogistik

Beim Tunnel Offenbau wurden insgesamt ca. 54.000 lfm Pfahlbohrungen Du 90 und ca.
54.000 lfm Du 120 ausgeführt. Dabei wurden ca. 11.300 to Bewehrung und ca. 85.000 m³
Beton eingebaut. Die lichte Höhe und Breite des Rohbaus betrug 11 m bzw. 14,10 m.

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Abbildung 4: Luftbildaufnahme Tunnel Offenbau

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2.2 Lilla Bommen Tunnel Göteborg – Eine Baugrube in weichen Tonsedimenten

2.2.1 Örtliche Lage


Der Götaleden ist eine wichtige Straßenverbindung zwischen Innenstadt und südlichem
Hafen bzw. der Oper. Täglich bewegen sich auf diesem “Mittleren Ring“ von Göteborg
65.000 Fahrzeuge. Der Tunnel ist in 3 markante Abschnitte geteilt: einen Felstunnel mit 2
Rampenbereichen. Insgesamt ist er 3 km lang und verursacht Projektkosten von ca. 250
Mio. Euro. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2005 geplant. Der Lilla Bommen ist ein Ram-
penbereich von ca. 300 m Länge, den Bilfinger Berger AG in Arge mit 2 schwedischen
Baufirmen im Auftrag hat.
2.2.2 Geologie
Von der Geologie sind besonders 2 Formationen charakteristisch. Zum einen der Lera-
Bereich in den Rampen und zum anderen der Granit-Fels im Zentralbereich. Der Lera ist ein
nur durch sein Eigengewicht konsolidiertes Tonsediment, also nicht eiszeitlich belastet,
welches nach dem Rückzug der Gletscher die Täler der Granitfazies füllt. Er hat bis zu 80%
Wassergehalt und besitzt thixotrope Eigenschaften sowie eine flüssige breiige Konsistenz.
2.2.3 Wahl der Baumethode
Für das Baugruben-Design waren somit der Aufbruch der Sohle und die Minimierung der
horizontalen Verformung die wesentlichen Bemessungsfaktoren. Die Baugrube ist 40 m breit
und bis zu 15 m tief. Unter den erwähnten Randbedingungen hat man sich für eine 2fach
ausgesteifte Lösung mit bewehrten Ortbeton-Schlitzwänden entschieden, wobei eine
Absteifung des Kopfes als Rohrsteife oder Deckel und eine Absteifung unter der Baugruben-
sohle als unbewehrte Quer-Schlitzwandscheibe gewählt wurde. Die Schlitzwanddicke betrug
1,20 m bei einer Tiefe von ca. 23 m. Die Schlitzlänge wurde wegen der Grundbruchgefahr
um Lamelle auf 4,50 m begrenzt. Der Abstand der Quer-Schlitzwand-Scheiben von 4,50 m
diente als Sohlaussteifung und gegen Sohlaufbruch. Dadurch konnte sich ein negatives
Bodengewölbe ausbilden. Für die Sohlgründung stellte man Gründungspfähle Du 150 im
Fels her.

Abbildung 5: Querschnitt der Baugrube Lilla Bommen

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Abbildung 6: Systemlängsschnitt

2.2.4 SW-Probelamelle
Die große Frage war, ob eine Schlitzwand (SW) grundsätzlich ausführbar ist. Daher wurde
eine Probelamelle hergestellt mit gleichzeitiger Messung der Baugrundverformung im
Schlitzbereich. Die Ergebnisse eines Flügelscherversuchs zeigten keine Veränderung auf.
Durch diese Messungen sowie die Porenwasserdruckmessung, die eine Zunahme aufzeigte,
konnte die Schlitzwandbauweise als machbar angesehen werden. Da die Schlitzwand im
Endzustand auch noch eine Auftriebssicherung darstellte, war zur Ermittlung der mobilisier-
baren Verbundspannung ein Zugversuch erforderlich.
2.2.5 QM-Schlitzwandfugen
Eine Besonderheit war die baupraktische Qualitätssicherung der Fuge Längs-SW zur Quer-
SW. Bei Stellen, an denen die SW-Vermessung keinen soliden Kontakt der Längs- und
Quer-SW aufzeigte, wurde die Fuge mittels Durchbohrverfahren überbohrt, gereinigt und
verplombt. Dazu kam ein Spezial-Reinigungsanfänger mit Bohrkrone zum Einsatz, der von
Bilfinger Berger selbst gebaut wurde und patentrechtlich geschützt ist. Durch Reinigungs-
bürsten wurde der Zwischenbereich gesäubert, um somit einen optimalen Anschluss
gewährleisten zu können.

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Abbildung 7: Spezial-Reinigungsanfänger mit Bohrkrone (Selbstbau Bilfinger Berger AG)

2.3 Die Europa-Passage: Hamburgs größte und tiefste Baugrube nach dem Krieg

2.3.1 Örtliche Lage


Die Europa-Passage liegt im Bereich der alten Speicherhäuser in unmittelbarer Nähe der
Binnenalster und der U-Bahn-Station Jungfernstieg. Der Namensgeber ist das Europahaus,
das ein altes Kontorhaus war. Die Abmessungen betragen 12.000 m² Grundfläche. Dies
entspricht einer Fläche von ca. 20 Fußballfeldern. Die Passage ist 160 m lang und 20 m
hoch. Man kann somit sagen, dieses Projekt stellte eine „Operation am offenen Herzen“
Hamburgs dar.
Bauherr ist die Allianz/Hamburgische Landesbank. Das Gesamtprojektvolumen beträgt ca.
430 Mio. Euro. Die Fertigstellung soll im Jahr 2006 erfolgen.

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Abbildung 8: Europa Passage

2.3.2 Geologie
Das Grundwasser befindet sich ab 2,50 m unter Geländeoberkante (GOK). Ab GOK standen
Geschiebemergel mit Sandschichten und Geröllen an, die vom Glimmerton als Stauer in
einer Tiefe ab 27m unterlagert werden.
2.3.3 Wahl der Baumethode
Die Aushubtiefe betrug 13 bis 24 m unter Gelände, dies bedeutete bis zu 5 Untergeschosse.
Insgesamt mussten ca. 175.000 m³ Abbruchmassen oberirdisch abgebrochen werden. Die
Aushubmasse lag bei ca. 230.000 m³.
Der Ausschreibungsentwurf sah eine Schlitzwand vor, die 7fach zurückzuverankern war.
Berechnungen ergaben hierfür eine max. horizontale Verformung von 100 mm, eine max.
Setzung von 38 mm sowie eine max. Hebung von 70 mm. Der zweite Ausschreibungsent-
wurf sollte als ausgesteifte Schlitzwand ausgeführt werden. Der Vorteil lag in der geringeren

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horizontalen Verformung (30 mm) und in der geringeren max. Setzung und Hebung (14
mm/50 mm).
Bilfinger Berger AG erhielt den Auftrag mit einem Sondervorschlag. Dies war eine abgesteif-
te Schlitzwand. Die erste Stufenlage bestand aus vorgespannten Rohrsteifen als Bogen-
tragwerk, die zweite bis dritte Steifenlage aus vorgespannten Teildeckeln als späteres
Bauwerksbestandteil. Die vierte bis sechste Steifenlage wurde als schlaffe Teildeckel
ausgeführt, die auch später als Bauwerksbestandteil diente. Berechnungen des Sondervor-
schlages ergaben eine max. horizontale Verformung von 35 mm, eine max. Setzung von 20
mm sowie eine max. Hebung von 28 mm.

Abbildung 9: Sondervorschlag Bilfinger Berger AG, Schlitzwand abgesteift

Hergestellt wurden schließlich 23.000 m² Schlitzwand (d=80cm) mit Tiefen bis zu 42 m (i.M.
37 m). Zum Einsatz kamen 2 Schlitzwandgeräte. Während des Herstellungsprozesses
wurden Bewehrungskörbe mit beachtlichen Ausmaßen verarbeitet: Korblängen bis 38 m mit
einem Gewicht von bis zu 15 to. Insgesamt wurden 2.500 to Bewehrung eingebaut. Als
Fugenkonstruktion wurde eine Flach-Fugenkonstruktion ausgeführt. Zur Aufnahme der
Lasten aus den Teildeckeln und endgültigen Abtragung von Auftriebskräften runden 105
Stück Bohrpfähle D=120 cm mit Bohrtiefen bis zu 45 m, Druck bis 6000 kN, Zug bis 3500 kN
und 260 Stück Gewi-Pfähle mit Bohrtiefen bis 50 m – Zug bis 1000 kN das Auftriebskonzept
ab. Die Schlitzwand erfüllte somit 2 Funktionen: zum einen diente sie als Verbau und zum
anderen als Gründung und Auftriebssicherung im Endzustand. Die Herstellung der Primär-
stützen zur Auftriebssicherung erfolgte im Drehbohrverfahren, suspensions-gestützt.

12
Abbildung 10: Blick aufs Baufeld

2.3.4 Baubetriebliche Randbedingung


Eine besonders starke Rolle spielte die Verkehrssituation beim Bauablauf. Zufahrt und
Abfahrt erfolgte unter engsten Verhältnissen im Einbahnstraßenbetrieb. Dabei mussten alle
Gebäude zugänglich bleiben. Transporte über 7,5 to durften nur nachts in der Zeit von 21 – 6
Uhr durchgeführt werden. Somit kam es bis zu 200 LKW Bewegungen pro Nacht für den
Baugrubenaushub.
2.3.5 Emissions-/Immissionssituation
Der große gleichzeitige Geräteeinsatz (2 Schlitzwandgeräte, 2 Drehbohrgeräte, 3 Service-
bagger, 4 Hydraulikbagger, sowie 2 Bohrgeräte für die Gewi-Pfähle) verdeutlicht das Thema
Lärm.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Gesetzesauflagen trotz Anwendung modernster
Gerätschaften nach dem Stand der Technik nicht einhaltbar sind. Ein Ford Fiesta im Leerlauf
hat bereits 61 dB(A) und die Grenze qua Gesetz liegt bei 65 dB(A). Man kann sich gut
vorstellen, dass die Spezialtiefbau-Maschinengeräusche und die bohrspezifischen Spitzen-
geräusche die Gesetzeswerte übertreffen. Hier wünschen sich die Spezialtiefbauer vom
Bauherrn, dass dieses Problem nicht nur mit der Bemerkung „ist im LV als Nebenleistung
einzurechnen“ abgetan wird. Die Lärmschutzmaßnahmen sind vielmehr im Vorfeld qualifiziert
zu planen und dann wie jede herkömmliche Leistung auch explizit auszuschreiben und über
einschlägige Positionen zu vergüten. Alle am Bau Beteiligten sparen sich dann leidige
Diskussionen mit sich belästigt fühlenden Anliegern.

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2.4 In Ausblick auf die Zukunft – die Realisierung der Nord-Süd-Stadtbahn in Köln

Mit der Nord-Süd Stadtbahn in Köln wird zur Zeit eines der größten Infrastrukturprojekte der
letzten Jahre realisiert. Bis zum Jahr 2010 werden auf einer Länge von ca. 3,8 km zwei
eingleisige Tunnelröhren, 8 Bahnhofsbauwerke, verschiedene Rahmen- und Rampenbau-
werke, sowie unzählige Hilfsbauwerke errichtet. Die Rohbaukosten belaufen sich schät-
zungsweise auf 600 Mio. Euro. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird das Los Süd von der
Arbeitsgemeinschaft Nord-Süd Stadtbahn Köln unter Federführung der Bilfinger Berger AG
errichtet.

Abbildung 11: Übersicht Nord-Süd Stadtbahn Köln

Die Herstellung der Ingenieurbauwerke erfolgt in der den Kölner Raum charakterisierenden
Geologie und Grundwasserverhältnissen. Eine besondere Bedeutung erhält diese Baumaß-
nahme durch die sehr restriktiven Rahmenbedingungen. Die Lage der einzelnen Baustellen
in der Kölner Innenstadt und die Auswirkungen auf die bereits angespannte Verkehrssituati-
on einerseits sowie die strengen Auflagen für die Belastungen der Anwohner andererseits
kennzeichnen die Vorgaben der Planung.

Abbildung 13: Lage eines späteren Bahnhofes in der Innenstadt

14
Vor diesem Hintergrund besitzt die Planung und Ausführung der Spezialtiefbaumaßnahmen
einen besonderen Einfluss auf den Erfolg der Baumaßnahme. Am Beispiel eines unterirdi-
schen Bahnhofsbauwerkes sind die typischen Problemstellungen bei der Herstellung eines
innerstädtischen Bauwerkes exemplarisch dargestellt.

Abbildung 14: Herstellungszyklen eines unterirdischen Bahnhofsbauwerkes

Die herausragende Bedeutung des Spezialtiefbaus lässt sich ebenfalls an der Anzahl der
einzusetzenden Bauweisen und der zu erwarteten Baustoffmengen darstellen:
Schlitzwandfläche: ca. 100.000 m²
Hochdruckinjektionskörper: ca. 50.000 m³
Baugrundvereisung: ca. 20.000 m³
Unterwasserbeton: ca. 10.000 m³
Für die Nord-Süd Stadtbahn in Köln stellt der Spezialtiefbau das Schlüsselgewerk für die
erfolgreiche Realisierung der gesamten Baumaßnahme dar. Nur durch das enge Zusam-
menspiel der planenden und ausführenden Einheiten kann dieser Erfolg gewährleistet
werden.

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16
Tunnel in Deckelbauweise – Tiefbau oder Tunnelbau?

Dr.-Ing. Jürgen Schwarz, Dipl.-Ing. Norbert Swoboda


WALTER BAU-AG vereinigt mit DYWIDAG
Zentrale Technik – Technisches Büro

1 Einführung
Beide Disziplinen, „Tiefbau“ und „Tunnelbau“, haben lange aber sehr unterschiedliche
Traditionen. Sehr vereinfacht kann man beiden Disziplinen bestimmte „Etikette“ zuordnen:
Mit dem Tiefbau verbindet man die exakte Wissenschaft, gegründet von Coulomb im 18.
Jahrhundert. Der Tiefbauer berechnet die Lasten oder Einwirkungen aus dem Boden und
setzt dem das Bauwerk als Widerstand entgegen.
Der Tunnelbauer hat aus dem Bergbau eine jahrhundert alte Tradition. Vorauserkundung im
großen Teufen war unmöglich und ist heute noch schwierig. „Vor der Hacke ist es duster“
sagt der Tunnelbauer. Es wird heute mehr denn je beobachtet, die Berechnung steht nicht im
Vordergrund. Das Gebirge ist nicht nur Einwirkung, es ist durch seine Mittragwirkung auch
Teil des Bauwerks, also Widerstand.
In Tunnelbauwerken, die in Deckelbauweise hergestellt werden, treffen sich Tiefbau und
Tunnelbau.

2 S-Bahn Tunnel Unterföhring

2.1 Vorstellung der Baumaßnahme

Das Bauvorhaben „S-Bahn Tunnel Unterföhring“ stellt in seiner Gesamtheit den Lü-
ckenschluß des zweigleisigen Streckenausbaus der S-Bahn zwischen dem Ostbahnhof und
dem Flughafen München dar. Ähnlich wie in der Nachbargemeinde Ismaning, wird die
Strecke im Bereich der Gemeinde Unterföhring in einem Tunnel geführt.
Die Gesamtmaßnahme umfasst die Erstellung des 1426 m langen Tunnels in Deckelbauwei-
se sowie die nördlich und südlich anschließenden Rampenbauwerke in offener Bauweise.
Die Wände bestehen beim Tunnelbauwerk aus überschnittenen Bohrpfahlwänden mit einem
Durchmesser von 90 cm. Der Tunneldeckel erreicht bei einer maximalen Spannweite von ca.
19,60 m eine Dicke von 1,30 m. Im Rampenbereich werden aufgelöste Bohrpfahlwände mit
Vorsatzschale und Kopfbalken ausgeführt. Neben 4 Dükerbauwerken und 2 Notausstiegsbe-
reichen ist auf gesamter Tunnellänge eine Grundwasserwanne in Ortbeton-Massivbauweise
herzustellen, die wasserundurchlässig auszubilden ist.
Um den uneingeschränkten S-Bahnbetrieb während der gesamten Bauzeit aufrecht erhalten
zu können, wurde auf einer Länge von ca. 2100 m ein eingleisiges Umfahrgleis errichtet. Die
zum Teil sehr beengten räumlichen Verhältnisse zu den Anliegern erforderten einen großen
Aufwand beim Verbau, sowie die Planung und Ausführung von 2 Behelfsbahnsteigen (2
Verkehrsphasen) und einer Fußgängerhilfsbrücke. Darüber hinaus wurden im Zuge des
Umfahrgleises 4 Gleishilfsbrücken erforderlich, u.a. um die unterquerende Zufahrt der
Baufahrzeuge in den später zu erstellenden Tunnel zu ermöglichen.

17
Bild 1: Herstellung der ersten Tunneldeckel, Juli 2003

Die Überführung sämtlicher Versorgungsleitungen im Bereich der Baumaßnahme erfolgt


konzentriert an 2 Punkten durch Spartenbrücken mit Spannweiten von bis zu 38 m.
Die ausführende ARGE besteht aus 3 Partnern: Der technisch federführenden WALTER
BAU-AG vereinigt mit DYWIDAG, der kaufmännisch federführenden Bauer Spezialtiefbau
GmbH sowie der DBG Deutsche Bahn Gleisbau GmbH. Mit der Tragwerksplanung und der
Planungsleitung wurde das Technische Büro der Zentralen Technik (ZT TB) der WALTER
BAU-AG beauftragt.

2.2 Optimiertes Statisches System als Sondervorschlag

Im Rahmen eines beauftragten Sondervorschlages wurde das statische System des


Ausschreibungsentwurfes optimiert. Dabei wird der Tunneldeckel in die Bohrpfahlwand
eingespannt. Die Unterschiede der beiden Systeme sind auf den Bildern 2a und 2b darge-
stellt.

Bild 2a: Ausschreibungsentwurf, Deckel Bild 2b: Sondervorschlag, Deckel einge-


gelenkig gelagert spannt

18
Als wesentliche Vorteile des Sondervorschlages sind folgende Punkte zu nennen:
x Reduzierung der erforderlichen Pfahlbewehrung im maßgebenden Bauzustand
x Reduzierung der erforderlichen Bewehrung im Tunneldeckel insbesondere im Endzu-
stand (beides Effekte, die aus der veränderten Völligkeit der Momentenverläufe resul-
tieren, wie sie für monolithische Bauweise typisch ist).
x Vereinfachung bei der Schalung, da die gemäß bauseitigem Entwurf vorgesehenen
Anvoutungen am Auflagerrand des Tunneldeckels entfallen konnten.
x Vereinfachung bei Abdichtung und Schutzbeton aufgrund des Entfalls der Arbeitsfuge
zwischen Kopfbalken und Deckel.

2.3 Modifizierte Deckelbauweise

Im Gegensatz zur konventionellen Deckelbauweise werden die Tunneldeckel beim Tunnel


Unterföhring von einem Voraushubniveau aus, welches ca. 2 m unter dem Bohrpfahlplanum
liegt, mit Deckentischen geschalt und betoniert. Die Rüststützen sind an den Fußpunkten mit
Hartholzbohlen verschraubt, und können mittels Bagger in Tunnellängsrichtung auf im
Sandbett verlegten Spundwandbohlen einfach verschoben werden. Ein kompletter Ab- und
Aufbau von Schalung und Rüstung beim Verziehen von einem Block zum nächsten kann
somit entfallen, lediglich die Anpassung an Aufweitungen des Tunnelquerschnitts erfolgt
blockweise.

Bild 3a: Modifizierte Deckelbauweise, Spundwandbohlen auf Sandbett

Die genannte Vorgehensweise hat gegenüber der konventionellen Deckelbauweise noch


weitere Vorteile:
x Der Kopfbalken auf den überschnittenen Bohrpfahlwänden wird gemeinsam mit dem
Tunneldeckel in einem Arbeitsgang hergestellt. Die Arbeitsfuge zwischen Kopfbalken
und Deckel entfällt.
x Die Herstellung einer Sauberkeitsschicht bzw. das Verlegen von Betoplan-Platten auf
dem Erdplanum ist nicht erforderlich, der Aushub unter dem Deckel ist wesentlich
einfacher.
x Da der Deckel konventionell geschalt wird, liegt eine glatte und saubere Untersicht
mit hoher Oberflächenqualität vor. Die Gefahr von Schäden und Abplatzungen an

19
der Unterseite des Tunneldeckels während der nachfolgenden Bauarbeiten wird auf-
grund des bereits geleisteten Voraushubs minimiert.

Bild 3b: Modifizierte Deckelbauweise, Aufbau Rüstung und Schalung

2.4 Bauablauf

Betonieren Bewehren Schalung Voraushub Bohrpfahl-


des des und wände
Tunnel- Tunnel- Rüstung
deckels deckels Deckel

Bild 4a: Bauablauf Herstellung Rahmenbauwerk: Linienbaustelle Teil 1

Betonieren Bewehren Betonieren Bewehren Sauberkeits- Restaus-


der Wände der Wände der der schicht hub
Sohlplatte Sohlplatte

Bild 4b: Bauablauf Herstellung Innenschale: Linienbaustelle Teil 2

20
Der Bauablauf beim Tunnel Unterföhring entspricht im wesentlichen dem einer Linienbaustel-
le, wie auch im bergmännischen Tunnelbau üblich. Die Reihenfolge der zeitlich versetzten
Herstellung der einzelnen Bauteile ist auf den Bildern 4a und 4b dargestellt.

2.5 Wartungsfreier Düker

Im folgenden wird eine weitere Besonderheit beim Tunnel Unterföhring vorgestellt. Es


handelt sich um einen ausgeführten Sondervorschlag für eine alternative Dükerausbildung
deren Funktionsweise im wesentlichen dadurch gekennzeichnet ist, dass es sich um eine
natürliche Unterströmung des Bauwerks handelt.
Zunächst stellt sich die Frage, warum Düker bei diesem Bauvorhaben überhaupt erforderlich
sind. Aus Gründen der Wasserdichtigkeit der Baugrube binden innerhalb eines ca. 700 m
langen Tunnelbereichs alle Pfähle ins Tertiär ein, so dass ein dichter Trog entsteht. Für die
Grundwasserüberleitung in Bau- und Endzustand sind in diesem Streckenabschnitt insge-
samt 4 Düker vorgesehen.
Beim ausgeschriebenen Entwurf war auf der vom Grundwasser angeströmten Seite ein
Dükerbauwerk in Form eines kreisförmigen Revisionsschachtes vorgesehen, bestehend aus
insgesamt 15 Bohrpfählen . An dieses Schachtbauwerk sollten sowohl an der zuströmenden
Seite als auch unter der Tunnelsohle fächerartig angeordnete, horizontal verlegte Drainage-
rohre angeschlossen werden. Der entscheidende Unterschied zum ausgeführten Sondervor-
schlag liegt darin, dass der wartungsfreie Düker ohne ein Schacht- oder Revisionsbauwerk
auskommt und im wesentlichen Bodenbestandteile für die Unterströmung des Tunnels nutzt.
Zum Ablauf der Herstellung:
Noch vor der Herstellung der Bohrpfahlwand werden sogenannte Kiesfilterpatronen DN 1800
mit Großbohrgerät in definierter Lage und Höhe abgeteuft. Diese Patronen sind Drahtkörbe,
die mit Kies gefüllt sind. Sie fungieren als Durchlassfenster und sind zwischen den bewehr-
ten Bohrpfählen platziert. Hier ist die geschlossene Pfahlwand, die ansonsten komplett ins
Tertiär einbindet, lokal unterbrochen.
Als nächstes folgt die Herstellung der westlichen und östlichen Bohrpfahlwand sowie die
Herstellung des Tunneldeckels. Vertikale Filterkiesbohrungen, die sich mit den Kiesfilterpat-
ronen überschneiden bzw. diese tangieren, erleichtern das Zuströmen des Grundwassers an
der Ostseite und das Abströmen an der Westseite. Die Tiefendrainage fasst das Wasser
auch aus den Bereichen zwischen den einzelnen Dükern und führt es zu den Vertikalfilter-
brunnen.
Zwischen den Patronen wird unter der Tunnelsohle ein Bodenaustausch mit Kies vorge-
nommen, um eine verlässliche Durchströmung des Grundwassers zu gewährleisten.
Zusätzlich werden noch horizontale Drainagerohre angeordnet.
Zuletzt wird die Auftriebssohle betoniert. Sie schließt den frei unterströmten Bereich gemein-
sam mit den stirnseitig angeordneten Querschottwänden ab und ermöglicht eine trockene
Baugrube, auf der die Grundwasserwanne bzw. die Innenschale hergestellt werden kann.
Für das von der Walter Bau-AG entwickelte Konzept des wartungsfreien Dükers mit Kiesfil-
terpatronen besteht Gebrauchsmusterschutz von Seiten des deutschen Patent- und Marken-
amtes.

21
Vertikalfilterbohrungen Vertikalfilterbohrungen

Tiefendrainage

Auftriebssohle

Drainagerohr
Kiesfilterpatronen
Bodenaustausch

Bild 5a: Wartungsfreier Düker, Querschnitt

Vertikalfilterbohrungen

Kiesfilterpatronen

Drainagerohre

Quer-
Bodenaustausch schott-
wände

Vertikalfilter-
bohrungen

Bild 5b: Wartungsfreier Düker, Grundriß

22
3 Tunnel AUDI Ingolstadt

3.1 Geotechnischer Längsschnitt AUDI-Tunnel

Die Geologie des Tunnel AUDI zeigt ein heterogenes Bild. Drei Strukturen sind erkennbar
(Bild 6).
x Oben quartäre, grundwasserführende Schichten, bereichsweise tertiäre Sande
x Mittig eine stauende tertiäre Schicht
x Unterlagernd Karstgebirge mit gespanntem Grundwasser, gespannt bis über die
Geländeoberfläche hinaus

Bild 6: Geotechnischer Längsschnitt AUDI-Tunnel

3.2 AUDI-Tunnel Amtsentwurf

Im Amtsentwurf war ein klassischer Tiefbau zur Herstellung des Tunnelbauwerkes ausge-
schrieben (Bild 7).
x Die wasserdichte Baugrubenwand wird aus überschnittenen Bohrpfählen hergestellt.
x Anschließend erfolgt der Aushub unter Wasser. Dabei muss die Wasserauflast dem
Karstwasserdruck das Gleichgewicht halten. Das geht nur, wenn die Bohrpfähle über
das bestehende Gelände reichen. Das Gelände muss vorher aufgehöht werden.
x Die Abdichtung der Sohle erfolgt mit einer Unterwasserbetonsohle. Diese muss we-
gen der des hohen Karstwasserdruckes rückverankert werden.
x Zusätzlich ist die Baugrubenwand mit temporären Ankern abzustützen.
Die Lösung ist wegen des Unterwasseraushubs und der notwendigen Taucherarbeiten sehr
aufwendig. Sie erfüllt auch nicht die grundlegenden Forderungen der Wasserwirtschaft,
keinesfalls in den Karsthorizont einzugreifen.

23
Bild 7: AUDI-Tunnel Amtsentwurf

3.3 Sondervorschlag Deckelbauweise mit Druckluft

Alle diese Nachteile vermeidet der ausgeführte Sondervorschlag als Deckelbauweise unter
Druckluft (Bild 8). Der Bauablauf im Querschnitt dargestellt ist wie folgt.

GW außen

PL

GW innen

Tertiäre To-
ne/Schluffe
Pk
Karst / Tithon

Bild 8: Querschnitt Sondervorschlag mit Druckluft

24
Oberhalb des späteren Tunnels, nur im qt – Aquifer, genügt eine weniger aufwendige
temporäre Baugrube. In den Stauer aus tertiären Tonen bindet eine Dichtspundwand ein
(Bild 9).
Leitwand
Leerschlitz

Auffüllung/Quartär

Dichtspundwand
Tertiäre Tone/Schluffe

Schlitzwand
Tertiäre Sande

Bild 9: Phase 1 der Deckelbauweise unter Druckluft

Die Schlitzwand wird im Bereich des späteren Tunnels und als Teil des endgültigen Tunnels
verwendet. Die Schlitzwand wird nur so hoch betoniert, wie sie auch im Endzustand ge-
braucht wird. Darüber wird ein Leerschlitz ausgeführt. Die Herstellung der Schlitzwand kann
weitgehend in der geböschten Baugrube erfolgen.
Innerhalb des Dichten Troges aus Dichtspundwand und dichtem Boden erfolgt der Aushub
für die Deckelherstellung (Bild 10).

Auffüllung/Quartär

Tertiäre To-
ne/Schluffe

Bild 10: Phase 2 der Deckelbauweise unter Druckluft: Deckelherstellung

25
Die Tunneldecke ist die einzige Aussteifung. Anker sind nicht erforderlich.
Anschließend kann im Quartär verfüllt werden. Die Hydrologie im qt – Aquifer ist sehr schnell
wieder hergestellt. Es ist keine Grundwasserumleitung über längere Zeit erforderlich.

3.4 Tunnelvortrieb unter Druckluft

Der weitere Aushub erfolgt unter dem Deckel unter Druckluft als Tunnelvortrieb. Die Dicht-
wirkung des Stauers wird daher genutzt, eine zusätzliche Auflast stellt der Luftdruck dar.
Er wirkt direkt auf den dichten Ton („Membranmodell“), und hat neben der aktiven Stützung
gegen den Karstwasserdruck noch eine zweite Wirkung: Er stützt die Baugrubenwände (Bild
8, Bild 11).

Bild 11: Phase 4 der Deckelbauweise unter Druckluft Aushub unter dem Deckel (mit Druck-
luft)

Der Aushub unter dem Deckel ist eine Linienbaustelle, ein Tunnelbau.
Die Arbeitsorte in der Übersicht sind, von vorne nach hinten, von rechts nach links (Bild 12):
Der Ausbruch erfolgt mit dem Tunnelbagger, zunächst in einer „Kalotte“, bis 2 m über dem
Endaushub.
Von der Berme aus werden Entspannungsbohrungen abgeteuft. Diese Entspannungsboh-
rungen bedürfen einer zusätzlichen Erläuterung.
Die Geologie hat sich in der Realität wesentlich komplizierter dargestellt als nach Vorunter-
suchungen zu erwarten war. Die tertiären Tone wirken zwar – wie angenommen – als
Stauer, als Trennschicht zum Karstgrundwasser. Aber innerhalb dieser Tone sind Sandlagen
eingeschaltet, die zum oberen – zum qt-Aquifer – gehören.

26
Bild 12: Linienbaustelle vorderer Teil

Die Sandlinsen mit gespanntem Grundwasser lassen sich mit der Druckluft allein nicht
beherrschen. Die Druckluft als Wasserhaltung funktioniert nur mit der strömenden Luft, die
das Wasser mitziehen kann. In abgeschlossenen Linsen strömt aber keine Luft, auch bei
ausreichendem Gegendruck würden die Sande zum Ausfließen neigen (Bild 13).

Bild 13 a: Gespanntes Grundwasser in Sandschichten - Querschnitt

27
Bild 13 b: Gespanntes Grundwasser in Sandschichten – Längsschnitt ohne Bohrungen

Die Lösung sind die Entspannungsbohrungen, die von der Voraushubberme aus gebohrt
werden (Bild 14, Bild 15).
x Die Vorentspannung mindert den notwendigen Luftdruck.
x Die Bohrungen verbinden die Sandlinsen und ermöglichen einen Luftstrom

Bild 14: gespanntes Grundwasser in Sandschichten – Längsschnitt mit Bohrungen

Der erdstatische Nachweis, der sich aus den Entspannungsbohrungen ergibt, kann aus den
klassischen Theorien des Tiefbaus abgeleitet werden (Bild 16).
Der Wasserdruck außen, für den qt – Aquifer kann man direkt bis zum Stauer antragen.
Der Luftdruck innen wirkt nicht als Last auf die Tunnelsohle, sondern als Druck von innen auf
den Schlitzwandfuß. Der Wasserdruck auf der Höhe der Tunnelsohle steht im Gleichgewicht
mit dem Luftdruck. Am Schlitzwandfuß ist er um die Einbindetiefe „t“ der Schlitzwand erhöht.
Der innere Wasserdruck am Schlitzwandfuß ist damit bestimmt. Und, eingelagerte relativ
durchlässige Sande vorausgesetzt, muss der Wasserdruck am Schlitzwandfuß innen und
außen gleich sein.

28
Als Verbindung zwischen den beiden bekannten Wasserdruckordinaten außen wird der
Wasserdruckausgleich bis zur Baugrubensohle unterstellt. Das ist auf der sicheren Seite
gegenüber der Annahme eines Wasserdruckausgleichs von UK Quartär bis UK Schlitzwand.

Bild 15: Entspannungsbohrungen

Bild 16: Nachweis RQ A1 komplett mit Geologie und Erdrücken außen und innen

29
Das Erddruckbild ergibt sich aus diesem Wasserdruckmodell. In der Schicht des starken
Wasserdruckabbaus wird die Durchströmung berücksichtigt, d. h. die Wichte des Bodens
erhöht sich um den Strömungsdruck. Den Bereich unter der Baugrubensohle dafür anzuset-
zen ist auf der sicheren Seite, da hier der Erdwiderstand vermindert wird.
Die Linienbaustelle des Vortriebes setzt sich fort mit den Stationen (Bild 17):
x Übergabe zum Förderband
x Restaushub der Berme
x Einbau Unterbeton
x Bewehren und Betonieren der Sohle
x Schalen, Bewehren und Betonieren der Wände
x Übergabe auf Gleisschutterung

Bild 17 a: Linienbaustelle: Herstellung der Innenschale

Bild 17 b: Linienbaustelle: Druckschleuse und Portal

30
Der gesamte Tunnel, bis auf den Innenausbau, wird unter Druckluft hergestellt. Mit dem
Betonieren der Wände ist der statisch wirksame Tunnelrahmen hergestellt.
Am Anfang des Tunnels, am Ende der Linienbaustelle „Druckluftvortrieb“, befindet sich die
Druckschleuse, bestehend aus Materialschleuse und Personenschleuse.
Naturgemäß muss im Bereich der Druckschleuse der Tunnel vorab ohne Druckluft herge-
stellt werden. Dies war an der gegebenen Stelle möglich, da das gespannte Grundwasser
einen ausreichenden Abstand zur Tunnelsohle hat.
Die stützende Wirkung der Druckluft zeigt deutlich der Sprung der Schlitzwandtiefe zum
atmosphärischen Bereich: Die Einbindetiefe beträgt 7 m statt 2,50 m im Druckluftbereich.

4 Zusammenfassung
Nur zwei von vielen Varianten der Deckelbauweise haben wir Ihnen vorgestellt.
In beiden Projekten sind Elemente des klassischen Tiefbaus enthalten, wie die Coulombsche
Erddruckberechnung und die Herstellung der Baugrube.
Beide Projekte haben ebenso Elemente des Tunnelbaus, wie die Linienbaustelle und die
Nutzung der Bodeneigenschaften als Teil der Bauweise.
Tunnel in Deckelbauweise erfordern die Tradition und das Wissen des Tiefbaus, sie erfor-
dern ebenso die Tradition und das Wissen des Tunnelbaus.
Tunnel in Deckelbauweise sind Tiefbau und Tunnelbau.

Bild 18: Tunnelportal Tunnel AUDI

31
32
Systematische Sicherung einer sich stetig ändernden Böschung bei
ständigem Rückbau unter laufendem Zugverkehr

Dipl. Ing. (FH) Stefan Medel


Bilfinger Berger AG

Verlängerung der bestehenden U-Bahn Station „Ostbahnhof“ – Frankfurt am


Main
Die Bilfinger Berger AG, Niederlassung Ingenieurbau Süd, wurde im Frühjahr 2001 von der
Stadt Frankfurt am Main mit der Verlängerung der bestehenden U-Bahn Station „Ostbahn-
hof“ beauftragt. Bei diesem Bauvorhaben handelte es sich um ein Kreuzungsbauwerk der
Frankfurter U-Bahn (Stadtbahn) und der Deutschen Bahn AG (Bild 1).

Bild 1 Übersichtsplan der Stationsverlängerung, Blöcke 9a bis 11a

Entgegen dem von der Stadt Frankfurt vorgesehenen Entwurf eines Bauwerks in konventio-
neller Deckelbauweise wurde dem Sondervorschlag „Bauwerksdurchpressung“ der Vorzug
gegeben. Dieser sah vor einen Großteil der Verlängerung unter den in Betrieb befindlichen
Gleisen der Eisenbahn (DB AG) durchzupressen und an die bestehende U-Bahn Station
(Block 8) anzuschließen. Besonderheit hierbei war die Dimension des Durchpresskörpers.
Mit einer Breite von 18 Metern und einer Höhe 15 Metern, sowie einer Länge von jeweils
rund 30 m pro Block wurde hier ein Bauwerk in der Größe eines fünfstöckigen Wohnhauses
auf eine Strecke von über 56 m Strecke unter dem „rollenden Rad“ durchgepresst.
Die bestehende U-Bahn Station „Ostbahnhof“ endete über mehrere Jahre hinweg in einem
Kopfbahnhof direkt an einem Bahndamm im Osten der Stadt Frankfurt. Auf dem Bahndamm
verliefen neun in Betrieb befindliche Gleise der DB AG, darunter auch zwei stark frequentier-
te ICE-Gleise.

1 Abmessungen / Geologie
Die seit Mitte der neunziger Jahre bestehende U-Bahn Station wurde um ca. 70 m verlän-
gert. Realisiert wurde dies durch einen rechteckigen Stahlbetonrahmen, der in etwa 2/3 der
Gesamthöhe nochmals durch eine Zwischendecke unterteilt ist
(

33
Bild 2).

Bild 2 Längsschnitt durch das Verschubbauwerk

Bild 3 Durchpressung der U-Bahn Station Ostbahnhof

34
Geographisch liegt die Station Ostbahnhof etwa 500 Meter vom Main in nord-östlicher
Richtung entfernt. Das Grundwasser stand ca. 4 m unter der Geländeoberkante bzw. dem
Straßenniveau an.
Gemäß der Skizze (Bild 4) gliederte sich der Aufbau des Baugrundes wie folgt:
Im Bahndammbereich (0 bis +6 m) ältere und neuere Auffüllungen, überwiegend bestehend
aus Sand und Schuttresten. Unterhalb der Auffüllung befand sich eine etwa 2 m starke
Schicht aus bindigem dunkelbraunem Hochflut-Lehm. Darunter befanden sich die sogenann-
ten Mainsande/Mainkiese, Diese meist stark sandigen Kiese traten in einer Mächtigkeit von
bis zu 6 Metern auf und stellten aus der Sicht der Böschungssicherung auch das größte
Problem dar. Im Gründungsbereich befand sich der sehr feste, hellgraue Cyrenen-Mergel.
Der Ton, welcher dem Tertiär zugeordnet wurde, ging im Sohlbereich in festen Kalkstein
über.

Bild 4 Geologischer Schnitt durch Bahndamm und Startbaugrube

2 Sicherung der Vortriebsböschung


Von großer Bedeutung bei der Durchpressung der U-Bahn Verlängerung Ostbahnhof war die
Wahl des geeigneten Schneidenwinkels. Aus dieser Festlegung heraus resultierte die Größe
und somit das Gewicht der Stahlbeton-Schneide. Wäre der übliche Schneidenwinkel von 45-
50° gewählt worden, hätte dies bei einer Bauwerkshöhe von 15 m auch eine Länge der
Schneide von ca. 15 m bedeutet. Aufgrund der vorhandenen Bebauung konnte die Startbau-
grube jedoch nur rund 30 m lang hergestellt werden. Somit wäre durch die sehr „lange“
Schneide eine starke Kopflastigkeit entstanden, da für die Herstellung des Rahmens
ebenfalls nur ca. 15 m Länge verblieben wären. Die Kopflastigkeit musste vermieden werden
um ein Eingraben des Bauwerks beim Verschub zu minimieren. Der Vorteil bei einem
flachen Schneidenwinkel wäre jedoch gewesen, dass die Sicherung der Böschung durch den
flacheren Winkel entfällt oder zumindest nur noch von geringer Bedeutung ist.

35
Nach Abwägung der Risiken wurde der Schneidenwinkel auf 60° festgelegt. Hierdurch
musste jedoch eine Sicherung für die Vortriebsböschung konzipiert werden, die einen
abschnittsweisen Rückbau bei ständiger Einhaltung der erforderlichen Standsicherheit
ermöglichte. Die Lasten aus dem Bahnbetrieb wurden von der Böschung durch die eingerüt-
telten Rammträger abgekoppelt.

2.1 Prinzip der Elementplattenlösung


Entsprechend den Forderungen aus dem Bauverfahren nach ständiger Rückbaubarkeit der
Böschung bei gleichzeitiger Einhaltung der Standsicherheit, wurden mehrere Verfahren
diskutiert. Zur Wahl standen eine Injektion des Boden mit Zementsuspension oder Weichgel,
eine Bodenvereisung oder eine Sicherung mittels Ankern bzw. Dübeln. Die Möglichkeiten
durch Injektion oder Vereisung wurden jedoch verworfen, da nur ein Teil der Böden für diese
Verfahren geeignet gewesen wäre. Letztlich fiel die Entscheidung für eine Sicherung der
Böschung mit Stahlelementplatten (Bild 5) die mit Ankern auf die Böschungsoberfläche
gespannt werden.

Bild 5 Rechenmodell für die umsetzbaren Ankerplatten

Da aus dem bestehenden Bauwerk (Block 8) noch stirnseitig eine Verbauwand vorhanden
war (Bild 6) konnte mittels entsprechend langen Ankern und einer Rückverhängung das
Prinzip des Fangedamms angewendet werden. Die vorhandene Verbauwand bestand aus
senkrecht eingestellten HEB 600 Trägern mit Spritzbeton- bzw. Holzausfachung musste nur
bedingt ertüchtigt werden.

36
Bild 6 Alte Verbauwand zur Aufnahme der Anker

Um die Platten während der Rückbauphase der Böschung mit dem Bagger heben zu
können, wurden die Abmessungen auf 1,80 m x 2,80 m, bei einem Gewicht von rund 1,7 to,
begrenzt. Eine hohe Biegesteifigkeit wurde durch aufgeschweißte Rechteckrohre auf der
Rückseite der Stahlplatten erreicht. Die 60° Neigung der Böschung wurde mittels einer
Ankerplatte auf das Element übertragen (Bild 7).

Bild 7 Detail des Rechenmodells für die umsetzbaren Ankerplatten

Die Statik für die Böschung ergab eine Anzahl von 18 Stahlelementplatten, die mit Ankerkräf-
ten von je 600 kN vorgespannt werden. Die Platten wurden in 3 Reihen je 6 Platten aufge-
teilt, wobei zwischen den Elementen ein Abstand von rund einem halben Meter verblieb. Um
ein gutes Ausbrechen des Bodens beim Verschub an den Schneiden zu ermöglichen, wurde
ein Abstand der ersten Platte von 1,5 m von der Innenkante festgelegt.
Als Anker wurden DYWIDAG Gewinde-Stäbe 36E (Ø36 mm, hochfester Stahl, Bruchlast
1300 kN, Einzellänge 18 m) mit Verbindungsmuffen eingebaut. Die Vorspannung wurde mit
einem Handspannaggregat zum Setzen und Lösen der Platten aufgebracht.
Zum Rückbau der Böschung wurde die Standsicherheit so berechnet, dass stets zwei
Platten gleichzeitig entfernt werden konnten. Dies bedeutete, dass sich in dem freigelegten
Bereich ein Gewölbe ausbilden muss und die Kräfte aus der Böschung sich in die benach-
barten Platten umlagern.

37
Bild 8 Eingebaute umsetzbare Ankerplatte

2.2 Herstellung der 60 m langen Horizontalbohrungen und Anker

Die definierte Anordnung der Stahlelementplatten, sowie die 72 Rammträger im Boden und
der bestehende Verbau in der Zielbaugrube erforderten eine äußerst exakte Herstellung der
Anker über eine Strecke von 60 Metern. Lage- und Höheabweichungen von maximal 20-30
cm waren gefordert, damit die Plattenabstände und somit das Gewölbe nicht zu groß
werden. Mit einem herkömmlichen Ankerbohrgerät wäre diese Maßhaltigkeit auf diese
Strecke nicht zu erzielen gewesen. Deshalb wurden die Bohrungen mittels gesteuerter
Horizontalbohrtechnik hergestellt.

Hierfür wurde bei der Herstellung der Startbaugrube jeweils eine Bohrebene geschaffen, von
der aus die Bohrungen hergestellt wurden (Bild 9). Die Pilotbohrung Ø 4-5 cm wurde mittels
Sensorik und mitgeführtem Kabel (Wireline-Verfahren) geortet und gesteuert. Der entste-
hende Bohrkanal wurde durch eine Bentonit-Suspension gestützt. Der Zielschacht wurde
gleichmäßig mit der Startbaugrube abgeteuft und somit konnte nach dem Durchdringen des
Verbaus durch die Pilotbohrung der Aufweitkopf (Back reamer) und das PE-Leerrohr
aufgesetzt werden. Problematisch war hierbei jedoch der geringe Abstand der Verbauwand
von 1,5 m zum Bestandsbauwerk. Sowohl der rund 15 m tiefe Erdaushub, der Stahlbau für
die Rückverhängung der Anker, der Einbau der Drucksteifen für die bestehenden Pfähle und
zuletzt das rund 60 m lange PE-Rohr mussten in diesem schmalen Spalt eingebaut werden.
Beim Zurückziehen des Bohrgestänges wurde die Bohrung aufgeweitet und die Verrohrung
eingebracht. Die 18 m langen Einzelstäbe der Anker wurden mittels Traverse und Kran von
der Seite der Startbaugrube aus eingeschoben. Die erforderliche Länge von rund 60 m
wurde mittels Verbindungsmuffen hergestellt.

38
Bild 9 Horizontalbohrung für Anker

Zum Nachweis der Umlagerung der Lasten bei der Wegnahme von zwei Platten wurde eine
Probeböschung hergestellt, bei der der Rückbau simuliert wurde. Die Ankerkräfte wurden
über Kraftmessdosen beobachtet.

39
Bild 10 Böschung mit Ankerplatten

2.3 Herstellung der Vortriebsböschung

Die Startböschung wurde aufgrund Ihrer relativ langen Standzeit (Herstellung des ersten
Vorpressblocks) zwischen und neben den Platten zusätzlich mit Spritzbeton gegen Oberflä-
chenerosion gesichert. Im Vortrieb konnte wegen der geringen Standzeit kein Spritzbeton
eingebaut werden. Hier musste sich eine Gewölbewirkung einstellen. Die Böschung wurde
stets um zwei Meter zurückgebaut und anschließend das Bauwerk um den gleichen Betrag
noch vorne gepresst.

Bild 11 Querschnitt durch die Vortriebsböschung

Für den Rückbau der Böschung wurde die folgende Abbaureihenfolge festgelegt und
ausgeführt (Bild 11):

40
- Rückbau der ungesicherten Böschungskrone (die obersten 3 m der Böschung waren
unter 45° abgeflacht) um zwei Meter
- Entspannen und Abheben der äußersten linken Platte in der obersten Plattenreihe
- Enstpannen und Abheben der rechts daneben liegenden Platte
- Aushub im Bereich der ersten Platte um ein Abschlagmaß von rund 2 Meter
- Setzen und Vorspannen der ersten Platte mit 600 kN Ankerlast
- Enstpannen und Abheben der dritten Platte von links in der obersten Reihe
- Aushub im Bereich der zweiten Platte um ein Abschlagmaß von 2 Meter
- Setzen und Vorspannen der zweiten Platte mit 600 kN
- Vorgang wiederholte sich, bis alle Platten der obersten Reihe um 2 Meter zurückgebaut
waren
- Anschließend wurde die zweite und danach die dritte Plattenreihe zeilenweise zurückge-
baut (Bild 12)
- Im Übergangsbereich zwischen den sandigen Kiesen und dem Mergel wurde eine
zusätzliche
- Plattenreihe an die dritte Reihe als Oberflächenschutz angehängt.

Bild 12 Umsetzen der Ankerplatten

Das Abheben der Stahlelementplatte und die Profilierung der Böschung wurde mittels
Kettenbagger vorgenommen. Hierfür wurde in der oberen Ebene ein 15 to und im unteren
Bereich ein 25 to Bagger eingesetzt. Zum sicheren Arbeiten in einer Absturzhöhe von rund
10 m wurde eine fahrbare Gelenkarbeitsbühne eingesetzt. Von hier aus wurden die PE-

41
Rohre und der Ankerstahl gekürzt, die Handspannpresse auf- und abgesetzt sowie die
Rammträger abgebaut.

2.4 Durchführung der Durchpressung

Zu Beginn eines jeden Verschubtaktes wurde die Böschung zurückgebaut (Bild 13). Hierbei
wurden die rückverankerten Stahlelementplatten nacheinander entspannt, von der Böschung
abgehoben und der anstehende Boden um ca. 2 m zurückgebaut. Danach wurden die
Platten wieder aufgesetzt und angespannt. Dieser Vorgang wiederholte sich zeilenweise, bis
sämtliche Platten zurückversetzt waren. Im Anschluss an den Plattenrückbau wurde der
Bereich vor der Bodenplatte des ersten Verschubblockes (9b) ausgehoben. Nach Herstel-
lung des Planums bzw. kurz vor dem Verschub wurden die Bereiche unmittelbar neben der
Schneide (auf der Innenseite des Bauwerks) freigebaggert. Allerdings nur soweit, dass sich
beim Verschub an dieser Stelle ein „Grundbruch“ einstellen konnte und die seitliche Bö-
schung dennoch gestützt wurde.

Bild 2197
Bild 13 Rückbau der Böschungssicherung im Unteren Bereich des Rahmens

Nach erfolgtem Verschub (4 einzelne Vorschubetappen á 50 cm) wurde die Böschung nach
gleichem Schema erneut zurückgebaut.
Durch die hohe Disziplin beim Rückbau der Böschung und die ständige maßliche Kontrolle
konnte der Rahmen nach 56 m Verschubweg mit nur 2 cm Abweichung in die Endlage
gebracht werden.
Die Konstruktion der Böschungssicherung erwies sich zwar als aufwendig, aber dennoch als
praktikables Mittel zur Handhabung schwieriger Böschungsgeometrien und unterschiedlicher
Bodenschichtungen.

42
Besonderheiten bei Tunneln parallel zum Hangfuß am Beispiel der
Ortsumfahrung Bad Ems

Prof. Dr.-Ing. Norbert Vogt


Zentrum Geotechnik, Technische Universität München und
Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart

BD Dipl.-Ing. B. Winkler
Landes-Straßen-Verwaltung Rheinland-Pfalz, Koblenz

1 Einführung
Die Bundesstraße 260 verläuft zwischen Lahnstein und Nassau im engen Lahntal und
belastet mit etwa 10000 Kfz pro Tag die darin liegenden Ortschaften mit Staus, Lärm und
Abgasen. Dies betrifft vor allem auch die Kurstadt Bad Ems, deren Lebensgrundlage
Fremdenverkehr und Kurbetrieb durch die Verkehrssituation mit bis zu 85 % Durchgangsver-
kehr gefährdet ist. Daher wird eine Umgehungsstraße gebaut, deren erste Planungen in den
Anfang der sechziger Jahre zurückreichen. Aus vielen Varianten kam die einer Trasse im
Tal, am südlichen Talrand, zwischen einer dort bestehenden Eisenbahnlinie und dem
Hangfuß des bis 250 m über die Lahn reichenden Malbergs zur Ausführung (Bild 1). Der
vorliegende Beitrag beschäftigt sich dabei mit einem im Verlauf der Umgehung zwischen
2001 und 2004 hergestellten Hangtunnel, der mehrere geotechnische Besonderheiten
aufweist, für die Lösungen aufgezeigt werden, die auch über die konkrete Situation hinaus
relevant sind.

Bild 1: Lage der neuen B 260 am Hangfuß des Malberg

43
2 topografische Situation, Baugrund und Grundwasser
Die gewählte neue Trasse der B 260 südlich einer bestehenden Bahnstrecke bedingt auf
etwa 1,5 km Länge ihre Verlegung in einen Tunnel, der überwiegend im Hangfuß des
Malbergs liegt. Er wurde in offener Bauweise hergestellt. Wahrscheinlich wurden bei der
Planung einer offenen Bauweise Kostenvorteile zugeordnet. Nach Kenntnis aller technischen
Randbedingungen wäre eine bergmännische Alternative, die wesentlich tiefer im Hang liegt,
sicher wirtschaftlich attraktiv gewesen, war dann aber planrechtlich nicht mehr erreichbar.
Der bewaldete Hang steigt etwa unter 45° an. Er ist durch Eintiefung der Lahn in das Devon
entstanden und zeigt den in den Bildern 2 und 3 dargestellten Baugrundaufbau, wie er mit
Bohrungen im Hangbereich erkundet wurde.
- Den tiefen Untergrund bilden mäßig harte, feinsandige Tonschiefer des Devon (Ober-
Ems), seine Schichten sind hier häufig unter 45° bis senkrecht verstellt. Sie streichen quer
zur Trasse. In manchen Trassenbereichen reicht das Devon bis zur Geländeoberfläche, in
anderen ist es von mächtigen Deckschichten überlagert. Die Erosionsoberfläche des
Devon ist im Hang meist steil geneigt. Mit wirtschaftlich vertretbarem Erkundungsumfang
ist sie nur grob zu bestimmen.
- Von der Lahn wurden Lahnkiese und Lahnsande abgelagert. Sie enthalten nur geringe
Schluffanteile. Die Bestandteile reichen von Feinsand bis Kopfgröße; an der Basis sind
auch größere Blöcke abgelagert. Die Lagerungsdichte ist mitteldicht und dicht.
- In Altarmen und Überflutungsbereichen wurden auch bindige Lahnablagerungen,
feinsandige, tonige Schluffe weicher Konsistenz, teils mit humosen Anteilen bis 8 m unter
dem Gründungsniveau des Tunnels abgelagert; in derartigen Bereichen wurden Tiefgrün-
dungen und Baugrundverbesserungen mit Rüttelstopfsäulen ausgeführt.
- Die Taleinschnitte im Devon wurden im Hang zum Teil von Hangschutt überdeckt:
kiesigen bis kopfgroßen, scherbigen, harten Bruchstücken des Devon (Tonschiefer) in
feinsandiger und schluffiger Matrix, weit gestuft, mitteldicht und dicht gelagert (GU, GT).
- Vor etwa 11 000 Jahren wurde bei einem Ausbruch eines Eifel-Vulkans Bimssand als
Asche-Regen im Hang abgelagert und später wieder von Hangschutt überlagert. Es han-
delt sich um poröses Gesteinsglas in Grobsand- bis Feinkiesgröße. Im bodenmechani-
schen Labor wurden folgende Parameter bestimmt: Korndichte: 2,20 ” Js ” 2,50 g/cm3
(6 Versuche); lockerste Lagerung: 0,81 ” Jmin ” 1,07 g/cm3; dichteste Lagerung: 1,13 ”
Jmax ” 1,27 g/cm3; typischer natürlicher Wassergehalt: wn = 7 %; Reibungswinkel bei D =
0,4: M' = 44° und bei D = 0,5: M' = 51°; keine Kohäsion; unterproportional ansteigende
Scherfestigkeit bei hohen Spannungen; Ansatz: M' = 35° ; c' = 0.

44
Bild 2: Geologischer Querschnitt bei km 2+800

Bild 3: Geologischer Längsschnitt entlang der Tunnelrückseite

Die Grundwassersituation ist folgendermaßen ausgebildet:


- Das Talgrundwasser ist mit der Lahn gekoppelt; die höchsten Hochwasser reichen bis zur
Geländeoberfläche im Tal. Die Lahnkiese sind nach DIN 18130 als "durchlässig", der
Hangschutt im Talbereich als "schwach durchlässig" einzustufen. Da der Hangschutt
deutlich geringer durchlässig ist als der Lahnkies, wurden wasserundurchlässige Verbau-
wände bis in den Hangschutt geführt und eine Restunterströmung in Kauf genommen.
- Die auf dem Malberg abregnenden Niederschläge speisen einen Kluftgrundwasserkörper
im Festgestein. Vorfluter ist die Lahn. Das Wasser tritt über den Hangschutt zu Tal. Bei
Bohrungen im Hang wurde in sehr verschiedenen Tiefen Wasser angetroffen.

45
- Aus großen Tiefen steigt in Bad Ems Thermalwasser auf. Die Quellen von Bad Ems
(Quellenturm) lassen es punktuell zu Tage treten, dies ist an besondere Klüfte gebunden.
Die Wassertemperatur beträgt bis zu 80° C, das Wasser ist kohlensäurehaltig und stark
aggressiv. Dies hat Auswirkungen auf die Herstellung von Ankern, für die bei Antreffen
von Thermalwasser zuvor eine Gebirgsvergütung erforderlich war. Außerdem musste das
Tunnelbauwerk vor korrosiven Angriffen geschützt werden und erhielt dazu eine 3 mm
starke Abdichtung mit PE-Bahnen.

3 Planung der Baugrube; Sicherung und Stützung des Hanges


Für die Baugrube (Bild 4) wurde typischer Weise auf der Seite der Bahn eine Spundwand
hergestellt, die das Wasser aus den Lahnkiesen absperrt. Sie wurde dazu in das Devon oder
in den Hangschutt eingebunden. Ein Gleis der Bahn konnte gesperrt werden. Da im Hang-
schutt und in den Lahnkiesen Blöcke abgelagert sind, wurden mit Hilfe eines Drehbohrgerä-
tes Bohrlöcher hergestellt, mit Kies verfüllt und in diese die Spundbohlen eingerüttelt. Die
Grundwasserabsperrung war nur in begrenzter Länge und nur temporär zulässig. Daher
wurden Bauabschnitte gebildet und die Spundwände nach Fertigstellung eines Abschnittes
wieder gezogen. Die einzelnen Baugruben erforderten als teildichte Baugruben eine
intensive Wasserhaltung.

Bild 4: Geometrie der Baugrube

46
Bild 5: Steilböschung im Fels

Auf der Hangseite wurde eine gesicherte Steilböschung vorgesehen. Sie erhielt aus Gründen
der Arbeitssicherheit Bermen und wurde im Mittel unter 65° geneigt. Dort, wo die Steilbö-
schung in Felsbereichen anzulegen war (Bild 5), wurde das Material in der Regel mit dem
Meißel gelöst. Teilweise kamen auch Felsfräsen zum Einsatz, die sich hinsichtlich eines
schonenden Abtrags und einer einfachen Wiederverwendbarkeit des gelösten Materials
positiv auszeichneten. Je nach der Orientierung des Trennflächensystems wurden Kluftkör-
per entweder systematisch oder gezielt einzeln durch Felsnägel gesichert. Bei kleinklüftiger
Zerlegung des Devon wurde die Oberfläche mit einer bewehrten Spritzbetonschale verse-
hen, in gering verwitterten Bereichen kamen - auch für im Endzustand frei stehende Felsbö-
schungen - Steinschlagnetze zur Ausführung.

In einem großen zentralen Bereich lag die zu sichernde Steilböschung jedoch nicht in
Festgesteinen, sondern im Hangschutt. Dabei konnte aufgrund der im Hang abgeteuften
Bohrungen nicht exakt angegeben werden, in welcher Tiefe der Übergang vom Hangschutt
in den Fels liegt. Auch deutlich oberhalb des Einschnittbereiches trat das Festgestein des
Devon nicht zu Tage, wobei offen blieb, wie mächtig die Hangschuttauflage ist. Die Höhe des
Hangschuttbereiches liegt damit bei mindestens 30 m, könnte aber auch 250 m betragen.
Die Hangneigung beträgt im unteren Bereich des Malbergs etwa 45°.

47
Für Berechnungen der Standsicherheit - die hier noch mit dem Globalsicherheitskonzept
durchgeführt wurden - und die Festlegung von Maßnahmen ist die Scherfestigkeit des
Materials von Ausschlag gebender Bedeutung. Reicht der unter 45° geneigte Hangschutt
wirklich bis in große Höhe über dem Talgrund, dann muss der Reibungswinkel des Materials
mindestens 45° betragen - in diesem Fall spielt eine eventuell vorhandene geringe Kohäsion
bei der Berechnung keine Rolle. Falls der Hangschutt aber 30 m oder 40 m oberhalb des
Talfußes endet, könnte die in der natürlichen Situation bestehende Standsicherheit von
mindestens K = 1 auch mit einem Reibungswinkel < 45° bei gleichzeitig wirksamer Kohäsion
nachgerechnet werden. Für das Vorhandensein einer Kohäsion spricht die bindige Matrix
zwischen dem abgelagerten Steinmaterial und die hohe Lagerungsdichte des Hangschutts,
die sich durch hohe Schlagzahlen bei Sondierungen mit der schweren Rammsonde zeigte.
Im Labor kann die Scherfestigkeit des Hangschutts aufgrund seiner z.T. grobstückigen
Struktur, seiner Heterogenität und seiner kaum reproduzierbaren Lagerungsdichte nicht mit
ausreichender Signifikanz bestimmt werden. Zur Bestimmung der Scherparameter des
Hangschutts verbleibt als Lösung, eine Rückrechnung des offensichtlich standsicheren
Hanges, der keine Hinweise auf lokale Rutschungen aufweist, durchzuführen. Dabei stellt
sich die Frage, ob als Eingangsgröße einer solchen Rückrechnung eine Standsicherheit von
nur gerade K = 1 oder eine höhere Sicherheit einzusetzen ist. Zur Festlegung von Maßnah-
men zur Sicherung des Hanges ist zudem festzulegen, ob die Bauzustände mit einer
Sicherheit von K = 1,3 nachzuweisen sind, oder ob man sich auch mit einer geringeren
Sicherheit zufrieden geben kann, zumal auch für den vorhandenen natürlichen Hang
niemand einen Standsicherheitsnachweis verlangt. Außerdem muss man klären, in welchem
Umfang der natürliche Hang oberhalb des Bereiches, in den bautechnisch eingeschnitten
wird, in Standsicherheitsuntersuchungen und Sicherungsmaßnahmen einbezogen wird.

Bild 6: zur Standsicherheit im Ausgangszustand

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Der Leser erkennt, dass hier zwingend und objektiv eindeutige Festlegungen der Scherfes-
tigkeit nicht möglich sind. Sich bei allen genannten Punkten auf die sichere Seite zu legen,
würde zu äußerst aufwändigen bautechnischen Sicherungsmaßnahmen führen und verbietet
sich aus volkswirtschaftlicher Vernunft. Die Festlegungen mussten schließlich pragmatisch
und nach Diskussion verschiedenster Szenarien im Einvernehmen mit Planer, Prüfer,
Bauherrn und Bauaufsicht sowie unter Berücksichtigung einer möglichen fairen Einbindung
in einen Bauvertrag mit einer zum Zeitpunkt der Planung noch nicht bekannten Baufirma
getroffen werden. So wurde festgelegt:
- Ansatz der Scherfestigkeit M' = 35° ; c' = 5 kPa. Mit diesen Scherparametern ergab sich
für den maßgebenden Hangbereich im natürlichen Zustand eine Geländebruchsicherheit
von K = 1,2 (Bild 6).
- Festlegung von Sicherungsmaßnahmen derart, dass mit diesen Scherparametern für die
herzustellende Einschnittsböschung im Bauzustand eine globale Sicherheit von K t 1,3
nachgewiesen werden kann (Geländebruchsicherheit).
- Für die Sicherungsmaßnahmen in Form von Spritzbetonschale und vorgespannten
temporären Ankern werden Nachweise sowohl im Hinblick auf die Geländebruchsicherheit
als auch gemäß den Vorgaben für eine Stützwand geführt.
- Für Bruchmechanismen, die höher reichen als die 2,5-fache Höhe des durch die Bau-
maßnahme bedingten Einschnitts, müssen keine Standsicherheitsnachweise geführt
werden bzw. es werden keine bautechnischen Maßnahmen mit dem Ziel durchgeführt, die
Standsicherheit für derartige Mechanismen zu erhöhen. Hintergrund dieser Festlegung ist
die Überlegung, dass der Hang deutlich oberhalb des Einschnitts nicht sicherer werden
muss als zuvor in seinem natürlichen Zustand, auch wenn für diesen eine Sicherheit nach
den Regeln der Technik mit den genannten Scherparametern nicht nachweisbar ist. Eine
Störung am Hangfuß (Wegnahme von Stützkräften), die durch Stützmaßnahmen in Form
von Ankern (Einleiten von Stützkräften, die größer sind als die weggenommenen) mehr
als kompensiert wird, kann sich weit oberhalb der Störung im Hinblick auf ein zu erhalte-
nes Kräftegleichgewicht nicht mehr negativ auswirken.
- Anwendung der Beobachtungsmethode, also Berechnung eines erwarteten Verformungs-
verhaltens, Messung des tatsächlichen Verformungsverhaltens und Festlegung von er-
gänzenden Maßnahmen für den Fall unerwarteter Verformungen.

Bild 7: Lösung: verankerte Spritzbetonschale

49
Bild 8: Stabverpresspfähle zur Sicherung des Bimssandes

Mit diesen Prämissen wurde als Lösung eine Spritzbetonschale zur Böschungssicherung
entworfen (Bild 7), die mit Hilfe von vorgespannten Ankern und Ankerkopfplatten-Fertigteilen
den verbliebenen Hang hinter und oberhalb des zusätzlichen Einschnitts in den Hang stützt.
Für den Entwurf ohne wesentliche Bedeutung ist dabei, ob die Anker bis in das Devon
reichen oder im Hangschutt enden. Die Ankerlängen wurden derart ermittelt, dass auch bei
vollständiger Lage der Verpresskörper im Hangschutt alle Nachweise erfüllt werden.

Bei der Ausführung der verankerten Spritzbetonschale musste der im Hang bestehende und
vor Beginn der Baumaßnahme erkannte und beschriebene Bimssand angeschnitten werden.
Dabei rieselte er beim Abgraben unterhalb eines bestehenden Abschnitts der Spritzbeton-
schale bei geringsten Erschütterungen aus. Um ihn zu halten, wurden zwei Lösungen
diskutiert: Einrütteln von Kanaldielen oder Herstellen von Stabverpresspfählen in dichtem
Abstand, von denen die letztgenannte zur Ausführung kam (Bild 8).

50
Bild 9: fertig gestellte verankerte Spritzbetonschale für den Hanganschnitt

4 Beobachtungsmaßnahme beim Hanganschnitt


Der Einschnitt in den Hang wurde mit einem aufwändigen Messprogramm begleitet. Ziel war,
die erwarteten Verformungen zu überprüfen, die zuvor mit Hilfe von Finite-Element-
Berechnungen, bei denen der Aushub simuliert und die stützende Wirkung der vorgespann-
ten Anker berücksichtigt wurden, ermittelt worden waren. Im Fall unerwartet großer Verfor-
mungen wäre es erforderlich geworden, Zusatzmaßnahmen einzuleiten. Querschnitte wie
der in Bild 10 dargestellte wurden im maßgebenden Hangbereich im Abstand von 50 m
angeordnet. Die entsprechend den Berechnungen zu erwartende horizontale Verformung im
Hangbereich betrug etwa 2 cm. Die gemessenen Verschiebungen gaben keinen Anlass, die
Standsicherheit des gesicherten Hanges während der Aushubarbeiten anzuzweifeln und
verstärkte Sicherungsmaßnahmen einzuleiten (Bilder 11 und 12).

51
Bild 10: Messquerschnitt bei km 2+796

Bild 11: bei km 2+796 mit Inclinometer gemessene Hangverschiebungen und Vergleich mit
FE-Berechnung

52
Bild 12: gemessene Verformungen bei km 2+796

5 Abtrag der Horizontalkräfte im Endzustand


Nach Fertigstellung des Bauwerks wird der bauzeitliche Einschnitt in den Hang wieder
verfüllt. Die Anker der Hangsicherung sind nicht als Daueranker konstruiert, vielmehr muss
der aufgefüllte neue Hangfuß auf Dauer die Standsicherheit des wiederhergestellten
Gesamthanges sicherstellen. Dazu müssen Horizontalkräfte durch das Bauwerk im Hangfuß
hindurchgeleitet werden. Sie können auch als einseitige Erddruckkräfte auf das Tunnelbau-
werk angesehen werden. Die Abtragung derartiger Horizontalkräfte in der Bauwerkssohle
wird jedoch dadurch erschwert, dass der Tunnel mit PE-Bahnen abgedichtet wurde, um ihn
vor thermalen Mineralwässern zu schützen.

Bild 13: Bauwerk mit Schubnocken bei Horizontalverschiebung

53
Da in der Grenzfläche zwischen einer PE-Bahn (nachfolgend: "Folie") und dem darunter
angeordneten Schutzbeton nur sehr eingeschränkt Horizontalkräfte übertragen werden
können, wurden Schubnocken angeordnet, die eine Verzahnung mit dem Untergrund
sicherstellen können. Dabei stellen sich folgende Fragen:

- Wie tief müssen derartige Schubnocken in den Untergrund unter dem Bauwerk eingreifen,
damit sie wirksam werden?
- Wie werden derartige Nocken angeordnet, damit sie optimal wirksam und gut ausführbar
sind? Dabei war gleichzeitig zu beachten, dass in den Fugen zwischen benachbarten
Bauwerksblöcken ein Dichtungsband angeordnet wird, dessen Verlegung und
Verschweißbarkeit nicht eingeschränkt werden durfte.

Schubnocken unter einem Bauwerk führen dazu, dass bei einer Horizontalverschiebung des
Bauwerks eine Scherfuge im Boden erzwungen wird (Bild 13). Nur in einem Bereich berg-
seits der „hintersten“ Nocke verbleibt ein Bereich der Scherfuge im unmittelbaren Folienbe-
reich. Daraus folgt die Zweckmäßigkeit einer möglichst weit bergseits angeordneten Nocke.
Außerdem könnte man aufgrund dieser vereinfachten Überlegung folgern, dass die Einbin-
detiefe von Nocken ohne Bedeutung ist. Diese Überlegung ist jedoch zu revidieren, da der
Boden zwischen den Nocken nicht monolithisch ist. Er wird komprimiert und kann in gewis-
sem Umfang auch zur Tiefe verdrückt werden (Bild 14), was mit einer ausreichend großen
Nockentiefe sicher verhindert werden kann.

Bild 14: Boden zwischen den Nocken wird komprimiert und kann zur Tiefe verdrängt werden

Bleibt man bei Überlegungen mit Starrkörpermechanismen, müssen neben einer durch
Nocken erzwungenen horizontalen Scherfuge im Boden auch weitere Bewegungsrichtungen
untersucht werden, die mit einer Anhebung des Bauwerks verknüpft sind (siehe Bild 15).

54
Bild 15a: steile Aufschiebung; Richtung durch Nocken vorgegeben

Bild 15b: flache Aufschiebung mit Scherfuge im Boden

Bei den dargestellten Aufschiebungsvorgängen kommt es jeweils zu Kraftumlagerungen


dergestalt, dass alle Bauwerkslasten über die Nockenbereiche in den Untergrund abgetra-
gen werden müssen. Hier ist dann zu prüfen, ob es in den dabei entstehenden lokal hoch
beanspruchten Bodenbereichen zu Plastifizierungen und Verdrückungen kommt (Bild 16).

55
Bild 16: Spannungsumlagerungen - schematisch - bei Aufschiebungen, wie sie in Bild 15
dargestellt sind

Die vorgestellten ersten Überlegungen zeigen, dass mit Hilfe einfacher Abschätzungen nur
grobe Angaben über die Tiefe, Konstruktion und Anordnung von Schubnocken ableitbar sind.
Mit Hilfe von numerischen Untersuchungen, bei denen außer den Gleichgewichts- auch die
Verträglichkeitsbedingungen Beachtung finden, lassen sich genauere Aussagen gewinnen.
So haben wir Finite-Element-Berechnungen durchgeführt (Bild 17), wobei für eine typische
Belastungssituation des Tunnelrahmens Untersuchungen mit Sporntiefen von 0,3 m, 0,5 m
und 0,6 m durchgeführt wurden.

Bild 17: FE-Untersuchung der Sporne

56
Sie zeigten, dass die charakteristischen Bauwerkslasten bei einer Sporntiefe von 0,3 m
aufgenommen werden können und auch eine Steigerung der H-Lasten auf das 1,5-fache
(Anforderung an die globale Sicherheit gegen Gleiten) mit endlichen Verformungen möglich
war. Eine weitere Laststeigerung führte zu einem walzenförmigen Verdrängungsvorgang des
Bodens um die flachen Sporne herum. Bei Vergrößerung der Sporntiefe auf 0,5 m konnten
die zugehörigen Verformungen deutlich verringert werden. Der zusätzliche Steifigkeitsgewinn
bei Vergrößerung der Einbindetiefe auf 0,6 m war vergleichsweise klein. Zur Ausführung
gelangten zwei 0,5 m tiefe Sporne mit der in Bild 18 erkennbaren Anordnung. Sie laufen in
Längsrichtung des Bauwerks durch. Im Bereich der Blockfugen folgen die Fugenbänder der
Voutung (Bild 19).

Bild 18: Herstellung der Schubnocken (Unterbau)

57
Bild 19: Dichtungsbahn und Fugenband im Bereich der Schubnocken

6 Literatur

WINKLER, B., KREMER, B. (2002): B 260 Umgehungsstraße Fachbach - Bad Ems; Broschüre des
Landesbetriebs Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz; Eigenverlag Straßen- und Verkehrsamt
Koblenz

RUMPELT, T, LEY, G. (2002): Geologische Verhältnisse und geotechnische Aufgaben für die
Umgehungsstraße Fachbach - Bad Ems; Broschüre des Landesbetriebs Straßen und Verkehr
Rheinland-Pfalz; Eigenverlag Straßen- und Verkehrsamt Koblenz

VOGT, N. (2003): Studienunterlagen zu Grundbau und Bodenmechanik. Zentrum Geotechnik, TU


München, www.gb.tum.de

58
Bau der Rheinq
uerung A44 bei Ilverich

Dr.-Ing. Thomas Voigt


Ed. Züblin AG, Zentrale Technik (TBT), Stuttgart

Die ersten Überlegungen für eine den Rhein überquerende Ost-West-Verbindung im Norden
von Düsseldorf reichen bis in die Anfänge des letzten Jahrhunderts zurück. Um die im Zuge
der wachsenden Mobilität zunehmenden Verkehrsströme im Raum Düsseldorf und insbe-
sondere den durch die innerstädtische Lage der bestehenden Brücken verursachten
täglichen Verkehrkollaps zu verringern, wurde der Lückenschluss der A 44 als Verbindung
zwischen der linksrheinischen Autobahn A 57 und der rechtsrheinischen A 3 Ende des 20.
Jahrhunderts bei prognostizierten 70.000 Kfz/24h unausweichlich.

1 Auftragserteilung

Nach umfangreichen Vorplanungen und Genehmigungsverfahren erhielt die ARGE A44 am


16. Juni 1998 den Auftrag zur Ausführung dieses wichtigen Autobahnteilstückes der A44
zwischen dem Autobahnkreuz Strümp mit der A57 auf der linksrheinischen Seite und dem
Knoten Anschlussstelle Messe Düsseldorf auf der rechtsrheinischen Seite. Bauherr der im
Rahmen eines der sogenannten Konzessionsmodelle durch die ARGE A44 privat vorfinan-
zierten Baumaßnahme war die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Landesbe-
trieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen.
Die insgesamt ca. 5,9 km lange Trasse beinhaltet als wesentliche Ingenieurbauwerke das
1.040 m lange Trog- und Tunnelbauwerk Strümp, das 1.520 m lange Trog- und Tunnelbau-
werk Rheinschlinge und die Flughafenbrücke mit einer freien Spannweite von 287,5 m mit
den 558 m bzw. 441 m langen Vorlandbrücken. Um der prognostizierten Verkehrsbelastung
gerecht zu werden, besteht die komplette Trasse aus einem sechsspurigen Autobahnquer-
schnitt mit drei Fahrstreifen und einem Standstreifen je Richtung bei einem sich daraus
ergebenden Bauwerksaußenmaß von fast 37 m.
Innerhalb der Arbeitsgemeinschaft A44 wurden die kompletten Spezialtiefbauarbeiten,
bestehend aus Verbau- und Wasserhaltungsarbeiten, konsortional abgetrennt und zur
alleinigen Verantwortung an die Ed. Züblin AG weitervergeben. Innerhalb der Züblin-Gruppe
(NL Duisburg und Züblin Spezialtiefbau GmbH) übernahm die Züblin Spezialtiefbau GmbH
die technische Federführung. Planung und Betreuung der Verbau- und Wasserhaltungsar-
beiten führten das Technische Büro der Niederlassung Düsseldorf und das Technische Büro
Tiefbau (TBT) der Zentralen Technik in Stuttgart aus.

2 Naturschutz

Sowohl die Planung als auch die Realisierung der Baumaßnahme stand unter dem maßge-
benden Einfluss des Naturschutzes. Zu nennen sind hier insbesondere die Erhaltung des
Landschaftsbildes in dem bereits sehr zersiedelten Ballungsraum als Naherholungsgebiet,
der Schutz des bestehenden Naturschutzgebietes Ilvericher Altrheinschlinge als Feuchtbio-
top und der Landschaftschutzgebiete Lanker Bruch und Lanker Busch sowie die bestehen-
den Wasserwerke Lank-Latum zur Gewinnung von Trinkwasser.
Zahlreiche Varianten bis hin zu einem vollständigen unterirdischen Tunnelvortrieb der
sechsspurigen Autobahn wurden im Vorfeld kontrovers diskutiert. Als Mittelweg zwischen
dem als sehr teuer bewerteten vollständigen unterirdischen Vortrieb der gesamten Trasse
auch unter dem Rhein und einer sehr preiswerten oberirdischen Trassenführung in Verbin-
dung mit einer Rheinbrücke wurde letztendlich nur der Tunnel Rheinschlinge aus Gründen

59
Die Flughafenbrücke im Bau

Lageplan der Baumaßnahme

Längsschnitt mit wesentlichen Baugrundschichtungen

60
des Naturschutzes gebaut. Der Tunnel Strümp dient vornehmlich zur Einfädelung und
Unterfahrung der Bundesstraße B 222 an der Anschlussstelle Meerbusch-Strümp.
Um den Grundwasserzufluss zum nahegelegenen Wasserwerk Lank-Latum zu gewährleis-
ten, gründet der fast vollständig in das wenig wasserdurchlässige Tertiär einbindende Tunnel
Rheinschlinge auf einer mindestens 35 cm dicken Filterkiesschicht. Auch in den seitlichen
Arbeitsräumen sowie auf der Decke wurde durchlässiges Kiesmaterial eingebaut, sodass
eine allseitige Umläufigkeit des Tunnels für das Grundwasser vorhanden ist.
Mit den Vorlandbrücken, deren Pfeiler in einem Abstand von 63 m auseinander stehen,
werden sowohl die Anforderungen des Hochwasserschutzes als auch der Ökologie erfüllt.
Weiterhin wurden im Rahmen der Baumaßnahmen begleitend kleinere Tunnel angeordnet ,
die als Tierdurchlässe dienen, um das „Hindernis“ Straße zu kreuzen.

3 Bodenverhältnisse

Der Baugrund entspricht in seinem geologischen Aufbau mit einigen Besonderheiten im


Wesentlichen der üblichen Schichtenfolge der rheinischen Niederterrasse zufolge aus
bindigen Deckschichten, quartären Kiesen und Sanden sowie unterlagernden tertiären
Feinsanden. Die bindigen Deckschichten (Auelehme) bestehen aus Schluffen, die sandig,
zum Teil tonig und in Teilbereichen mit deutlichen organischen Einlagerungen ausgebildet
waren. Sie stehen mit wechselnden Konsistenzen und Mächtigkeiten bis zu 6 m an. Auf-
grund der Kornzusammensetzungen sind sie sehr wasserempfindlich und kritisch bezüglich
der Befahrbarkeit.
Der unterlagernde quartäre nichtbindige mitteldicht bis dicht gelagerte Kiessand bestand aus
Wechselfolgen von sandigen, steinigen Kiesen und Kiessanden mit schwach bis stark
schluffigen Einlagerungen in Mächtigkeiten bis zu 10 m. Durch die Einlagerung von reinen
Feinsandlinsen oder feinkornlosen Kieszonen, hervorgerufen durch die lagenweise Sedimen-
tation der Geschiebemassen des Rheines, bestanden hinsichtlich der Wasserdurchlässigkeit
z. T. deutliche örtliche Unterschiede.

Fossile Zwischenlagen in Form von Muscheln und Schneckengehäusen im Feinsand

61
Die quartären Kiessande sind wiederum unterlagert von schwach bis stark schluffigen
sedimentierten marinen Feinsanden aus der Tertiärzeit, die z. T. mehrere hundert Meter
Mächtigkeit aufweisen. Die dicht bis sehr dicht gelagerten Feinsande sind eng gestuft und
weisen, wie sich während der Bauausführung herausstellte, fossile Bestandteile und
Bänderungen mit Schichtmächtigkeiten bis zu 1 m auf, die die Grundwasserströmungen und
die Arbeiten der Wasserhaltung insbesondere im Tunnel Rheinschlinge erheblich beeinfluss-
ten. Eindrucksvoll konnte im tieferen Teil des Tunnels Rheinschlinge innerhalb des Tertiärs
während der Aushubsarbeiten die frühere Meerlage durch fossile Funde (Muschellagen) in
Tiefen von 11 m bis 14 m unter der Geländeoberkante festgestellt und nachgewiesen
werden.

Der Grundwasserspiegel wird maßgeblich durch den Rheinwasserstand beeinflusst und


stand zwischen etwa 1 m und 3 m unter GOK an. Bei Hochwasser des Rheins und ge-
schlossenen Deichtoren kann das Gelände vollständig überflutet werden, wie dies im Herbst
1998 / Frühjahr 1999 während der Bauarbeiten stattfand.

4 Logistik

Aus Rücksicht auf die Bewohner der umliegenden Orte waren die öffentlichen Straßen und
Wege für den Lieferverkehr weitgehend tabu. Daher musste zu Beginn der Arbeiten eine
insgesamt fast 11 km lange Baustraße in hochwassersicherer Höhe erstellt und anschlie-
ßend wieder beseitigt werden. Über diese Baustraße rollte während der Bauarbeiten im
Schnitt alle sechs Minuten ein Lkw.
Der Bereich des Tunnels Rheinschlinge stellte an die Logistik besondere Anforderungen.
Zwei nördlich und südlich der Trasse zu errichtende etwa 6 m breite Baustraßen mussten
gleichzeitig den Baustellenverkehr für die Transporte von Materialien, Personen und
Erdaushub aufnehmen, die Durchfahrt zur Versorgung der linksrheinischen Vorlandbrücken
und des Strompfeilers sicherstellen und schließlich als Arbeitsebene für die Spezialtiefbau-
arbeiten, Spundwandeinbringen und -ziehen und teilweise für die Bohrarbeiten der Wasser-
haltung zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund wurden Betonanlieferung und -einbau zum
großen Teil durch den bereits hergestellten Teil des Tunnels abgewickelt.

Herstellung Tunnelbauwerk Rheinschlinge

62
5 Verbauarbeiten

5.1 Tunnelbauwerke

Aus der Annahme, dass die Tunnelbauwerke schräg zur Grundwasserströmung ausgerichtet
sind und somit eine bauzeitliche Veränderung auf den Grundwasserspiegel und damit auf die
Funktionsfähigkeit des Wasserwerkes Lank-Latum bewirken könnten, entstand im Zuge der
Planfeststellung die Forderung, das linienhafte Bauwerk in jeweils max. 240 m langen
Baudocks abschnittweise nacheinander zu erstellen.
Um trotzdem einen kontinuierlichen Arbeitsablauf der Gewerke Verbau, Aushub und Rohbau
gewährleisten zu können, erarbeitete Züblin einen Sondervorschlag, der die 240 m langen
Baugruben der beiden Tunnel durch zusätzliche Querschotte in jeweils drei ca. 80 m lange
Bereiche teilte. Auf diese Weise war es möglich, in einer Art rollierendem System, die letzten
80 m der Gesamtbaugrube zu verfüllen und den Verbau zurückzubauen, während in den
restlichen verbleibenden 160 m die Arbeiten fortgeführt werden konnten. In Arbeitsrichtung
wurden anschließend die nächsten 80 m Verbau eingebracht. Aushub, Wasserhaltung und
Verankerungsarbeiten konnten so aufeinander abgestimmt werden, dass der Rohbau in den
offenen, ausgehobenen Bereichen kontinuierlich ohne planmäßige Bauunterbrechungen
betrieben werden konnte. Dieser Sondervorschlag war Teil der Beauftragung und beinhaltete
einen Bauzeitvorteil für den Bauherren von sechs Monaten. Beide Tunnel wurden in offener
Bauweise hergestellt und erreichten im Mittel eine Aushubtiefe von 12,6 m bis max. 15 m
unter Gelände.

63
Um den Grundwasserstrom nicht dauerhaft zu unterbrechen, sollte der Verbau nach
Abschluss der Rohbau- und Verfüllarbeiten entfernbar sein. Ausgeführt wurde deshalb eine
Spundwand. Die Wiederverwendbarkeit der Spundbohlen bedeutete bei dem rollierenden
Ein- und Ausbausystem eine der Bauaufgabe gerecht werdende wirtschaftliche Verbaulö-
sung. Die Spundwandchargen je Teildock konnten bis zu maximal sechsmal eingerüttelt,
gezogen und wieder eingesetzt werden.

Einer der während der Aushubarbeiten freigelegten Findlinge, die die Spundwandeinbrin-
gung erschwert haben

Ansicht der Spundwand im Tunnel Rheinschlinge bereits mit eingebrachter Drainageschicht


und Markierung der Sohlnocke

64
Um die enormen Reibungswiederstände bei Spundwandtiefen bis zu 22,2 m vor allem in den
dicht bis sehr dicht gelagerten Feindsanden überwinden zu können, wurde eine Spülhilfe im
Niederdruckverfahren eingesetzt. Im tieferen Teil des Tunnels Rheinschlinge wurden zur
Erreichung einer hohen Spülwirkung am Spundwandfuß vier Spülröhrchen mit einem
Durchmesser von ¾“ angeschweißt. Um keine Wasserumläufigkeiten am Spundwandfuß zu
erhalten, musste die Spülung 0,5 m bis 1,0 m vor Erreichen der Endtiefe abgestellt werden.
Die restliche Einbringtiefe musste daher ohne weitere Einbringhilfe eingerüttelt werden, was
sich aufgrund der sehr dichten Lagerung der tertiären Feinsande bereichsweise sehr
aufwändig gestaltete.
Zur Hindernisbeseitigung wurde ein speziell ausgebildeter Rüttelträger konzipiert. Es
handelte sich hierbei um einen Stahlträger HEB 700 mit einer Länge von 20 m, der am Fuß
mit Stahlblechen und Auftragsschweißungen verstärkt wurde. Mit Hilfe dieses Trägers
konnten kleinere Hindernisse durchörtert oder verdrängt werden. Bei größeren Blockeinlage-
rungen mussten gesonderte Maßnahmen zur Beseitigung eingesetzt werden. Als wirkungs-
vollste Methode erwies sich die Sprengung. Hierbei werden bei einem Hindernis mit einem
Ankerbohrgerät ein bis zwei Kleinkernbohrungen je Doppelbohle in das Hindernis abgeteuft.
In die mit Kunststoffrohren ausgebauten Bohrungen werden sodann Sprengmittel eingebaut
und zur Detonation gebracht.
Zur Erzielung einer möglichst wasserdichten Baugrubenumschließung wurden die Spund-
wandschlösser mit einem grundwasser- und umweltverträglichen Bitumenverguss versehen.
Die Fädelschlösser wurden nach jedem Einsatz mechanisch und mit Druckluft gereinigt und
neu mit Bitumen vergossen. Insgesamt wurden rund 115.000 m² Spundwände für den
Verbau eingebracht. Hierzu waren etwa 18.000 t Stahlspundbohlen zu bewegen.
Die Rückverankerung der einzelnen Baugruben erfolgte mit bis zu drei Lagen Injektionsan-
kern mit Einzellängen zwischen 10 m und 19 m und Gebrauchslasten bis zu 880 kN im
Quartär und bis zu 770 kN im Tertiär. Insgesamt wurden ca. 78.000 lfdm Injektionsanker
hergestellt. Die Ankerherstellung barg in den beiden unteren Ankerlagen eine besondere
technische Herausforderung, da die Anker gegen max. 12 m drückendes Wasser teilweise
im tertiären Feinsand hergestellt und anschließend mit einem wasserdruckhaltenden
Ankerkopf versehen werden mussten.

5.2 Querschotte
OK Spundwand

Soll-OK Spundwand
Schnitt 1-1 29.60
Spundbohlen
M = 1:25 LARSSEN 601
29.20
29.10 BW
35o

28.73 GOK (bauzeitlich)

)
0S
50 Temporäre Abspannung,
St nach 50% Verfüllung ausbauen
(B m
mm 0
ø 25 = 1,8
i e
G ew
1.00
nach Angabe Tragwerks-
nach Angabe Tragwerks- 20 50 30 planer Bauwerk (D&W)
4,60 m

planer Bauwerk (D&W) 25 25


Bentonit-Zement hier anschweißen
Mischung (nur Windhalterung)
50

AF AF 25.74
202

20
Querschott

1.57

5.50

Rückbaubares Querschott auf der Tunneldecke mit Windhalterung

65
Querschott in der Bodenplatte zwischen zwei Teilbaugruben

Die für jedes Teilbaudock vorgesehene wasserdichte Abschottung erfolgte mit sogenannten
Querschotts. Die mit Eckschlössern an den Tunnellängsverbauten angeschlossenen
Spundbohlen dienten seitlich als Wandanschluss und unten als Anschluss an die Bodenplat-
te und wurden direkt in die Ortbetonkonstruktion integriert und einbetoniert.
Auf der Decke des Tunnels waren ebenfalls wasserdichte Abschottungen erforderlich. So
wurde, wieder mit Spundwänden, eine Konstruktion geschaffen, die sich am Fuß gegen
einen Ortbetonkeil abstützte und am Kopf mit einer GEWI-Abspannkonstruktion temporär
gehalten wurde. Nach Wiederverfüllung der Tunneldecke konnte die GEWI-Konstruktion
gelöst und die zwischen 2,5 m und 5 m langen Spundbohlen wieder gezogen werden. Auf
diese Weise war ein mehrfacher Einsatz der Querschottteile auf der Tunneldecke möglich.

5.3 Tunnelbetriebsgebäude

Für das am tiefsten Punkt des Tunnels Strümp liegende Sonderbauwerk, das Betriebs- und
Pumpengebäude, waren aus statischen gründen Spundbohlen mit 29 m Gesamtlänge
einzubringen. Ist das Einbringen von Spundbohlen dieser Länge an sich schon problema-
tisch genug, so kam hier erschwerend hinzu, dass die Arbeiten unter einer in Betrieb
befindlichen 110 kV und 220 V-Hochspannungshauptversorgungsleitung auszuführen waren.
Die freie Höhe zwischen der Freileitung und der Geländeoberkante betrug gerade einmal 9
m bis 12 m. Zur Erleichterung konnte beim Betreiber der Leitung eine zeitlich allerdings sehr
begrenzte tageweise Abschaltung der unteren Leistungsstränge erreicht werden.
Unter Einhaltung der Sicherheitsabstände unter den spannungsführenden oberen Leitungen
wurden die Spundbohlen in Teillängen zwischen 9 m und 11 m im Pilgerschrittverfahren
eingebracht, durch angeschweißte und mit seitlichen Stabilisierungsblechen versehene
Aufsatzstücke verlängert und mit verlängerten Spülrohren versehen eingerüttelt.

66
Baugrube des Betriebsgebäudes Tunnel Strümp unter der Hochspannungsleitung

6 Wasserhaltung

Der Schutz des Grundwasserhaushaltes spielte bei Planung und Ausführung eine wichtige
Rolle. Deshalb wurden die sehr wasserdurchlässigen quartären Kiessandschichten mit einer
in die weniger durchlässigen tertiären Feinsande reichenden weitgehend wasserdichten
Spundwand abgeschottet, so dass ein überwiegend wasserdichter Trog entstand. Für den
Bauzustand wurde eine Restwasserhaltung installiert. Sie hatte die Aufgabe, das Wasser
aus systembedingten Restdurchlässigkeiten der Verbauwände, das Niederschlagswasser
und das durch die Baugrubensohle zusickernde Restwasser zu fassen und abzuleiten.

Aufgrund der beschriebenen, sich teilweise erst während der Bauausführung herauskristalli-
sierenden Bodeneigenschaften, besonders im tertiären Bereich des Tunnels Rheinschlinge,
waren die Wasserhaltungseinrichtungen anzupassen und neu zu bemessen. Dazu wurden
umfangreiche dreidimensionale Grundwassermodelle auf Basis der Finiten-Elemente
Methode erstellt. Zur Kalibrierung wurden jeweils die Ergebnisse der vorausgegangenen
Baudocks als neue Eingangswerte benutzt, so dass für die Berechnungen die tatsächlichen
Baugrund- und Strömungsverhältnisse möglichst genau abgebildet werden konnten.

67
Wiederversickerung des gelenzten Restwassers aus den Baugruben im Sickerbecken
Rheinschlinge

Die installierte Restwasserhaltung bestand im Wesentlichen aus Schwerkraftbrunnen,


Vakuumtiefbrunnen und einem System örtlich angepasster Drainagegräben, Pumpensümp-
fen und Vakuumlanzen. Die Schwerkraftbrunnen hatten das in den Kiesen und Sanden
befindliche Grundwasser zu fassen und abzupumpen, was im Tunnel Strümp, der vollständig
in den quartären Schichten liegt, ausreichte. Im Tunnel Rheinschlinge, der häufig tief in die
Feinsande eintaucht, waren die unterlagernden Feinsande aufwändig mit tiefen Vakuumtief-
brunnen zu entwässern.

Darstellung der Druckunterschiede bei isotropen und anisotropen Bodenverhältnissen

68
Durch die Vakuumbeaufschlagung wurde das Wasser in dem gering durchlässigen Feinsand
zu den Brunnen gesaugt und so die nutzbare Brunnenreichweite deutlich vergrößert. Zur
flächigen Fassung des durch die Baugrubensohle einsickernden Grundwassers mussten die
Vakuumtiefbrunnen im Tunnel Rheinschlinge in vier Reihen jedoch immer noch in einem
Raster von nur ca. 150 m²/Brunnen installiert werden. Die mittlere Pumpleistung eines der
insgesamt 210 Vakuumtiefbrunnen betrug zwischen 3 m³/h und 4 m³/h.
Die mittleren beiden Reihen der Brunnen im Tunnel Rheinschlinge wurden, um Brunnentöpfe
zu vermeiden, nach dem Vollaushub rückgebaut und durch eine 35 cm starke Kiesfilter-
schicht ersetzt, in die Drainagerohre DN 100 im Abstand von 5 m eingelegt wurden. Über
diese Drainageschicht erfolgte bauzeitlich die Fassung und Ableitung des zusickernden
tertiären Restwassers; im Endzustand ist sie Teil des Grundwasserdükersystems um den
Tunnel herum.
Das gepumpte Restwasser wurde in neben der Trasse angelegten Versickerungsbecken
wieder in den Grundwasserhaushalt zurückgeführt. Bei geringer Versickerungsleistung, z. B.
bei hohen Grundwasserständen oder Revisionsarbeiten an den Sickerbecken wurde das
Wasser über eine Vorflutleitung in den Rhein eingeleitet. Insgesamt wurden ca. 8,9 Millionen
Kubikmeter Wasser gefördert, von denen der überwiegende Teil wiederversickert werden
konnte.

7 Bauwerke

Die Tunnelbauwerke waren durchgängig aus Beton der Festigkeitsklasse B35, die Brücken-
bauteile aus B25 (WU-Beton für die Sohlen der Fundamente), B35 (Pfeilerfundamente), B45
(Pfeiler und Überbauten) und B85 (Druckstreben) herzustellen.

Westliche Einfahrtsrampe Trogbauwerk Tunnel Rheinschlinge

Neben der jeweiligen Druckfestigkeit waren weitere Anforderungen hinsichtlich Dichtigkeit


(Prinzip Weiße Wanne für die Tunnelbauwerke), niedriger Wärmeentwicklung beim Erhärten,
hoher Widerstand gegen chemische Angriffe und im Fall der Brückenüberbauten eine
möglichst hohe Frühfestigkeit zu erfüllen. Für den Beton der Überbauten war es nötig,
Eignungsversuche in einer Klimakammer bei +10°C und +30°C durchzuführen, um den

69
Einfluss der entsprechenden Boden- und Lufttemperaturen auf die Betoneigenschaften zu
erfassen. Unabhängig von der Temperatur musste der Beton bis zu zehn Stunden ohne
Schaden verformbar bleiben, um sich der Bewegung der Schalung durch die Frischbetonbe-
lastung anzupassen.
Die Bemessung erfolgte unter der Vorgabe einer maximalen Rissweite von w k,cal = 0,25 mm
bei der Mittelwand und für die durch drückendes Wasser beanspruchte Außenschale w k,cal =
0,15 mm auf Grundlage des Heftes 400 (89) des DAfSt. Die Begrenzung der Rissweite auf
0,15 mm war in fast allen Bereichen maßgebend für die Festlegung der Bewehrung. Zur
Anordnung der Mindestbewehrung für Zwangsbeanspruchungen gab es seitens der Prüfin-
genieure je Bauteil eine generelle Festlegung hinsichtlich Stabdurchmesser und -abstand.
Für den statisch-konstruktiven Brandschutz wurden zum Schutz vor thermischer Abspren-
gung unter Brandbeanspruchung verzinkte Listenmatten eingelegt.

Tunnel Strümp unter der Bundesstraße B 222 mit seitlicher Einfahrtsrampe

Die Herstellung der Tunnelblöcke erfolgte in Sohle-Wand-Decken-Bauweise mit innenliegen-


den Arbeitsfugenbändern im Wochentakt. Der Abstand der Dehnfugen und damit der
Blocklänge betrug in den Rampenbereichen 7,5 m, in den Regelblöcken der Tunnel 10,0 m.
Auf der eingebrachten Sauberkeitsschicht wurden ausschreibungsgemäß zwei Lagen PE-
Folie ausgelegt um die Zwangsbeanspruchung infolge von Reibung zu verringern. Alle
Sohlen erhielten quer zur Tunnelachse liegende Vouten, um sie mit dem Untergrund zu
verzahnen.

Die Herstellung der im Mittel 1,2 m dicken Bodenplatten erfolgte bereichsweise im Pilger-
schrittverfahren. Mit einem Nachlauf von zwei Blocklängen gegenüber den Sohlen folgte die
kontinuierliche Herstellung der Wände mit einer Regeldicke von 1,0 m. Maßgebend für den
Arbeitstakt war der Zeitaufwand zur Herstellung der Deckenplatten. Sie besitzen in der
Oberfläche ein leichtes Dachprofil, eine mittlere Dicke von 1,2 m und sind an der Unterseite
zu den Wänden leicht angevoutet. Die Deckenplatten wurden auf Schalwagen mit planmäßig
drei Feldern Nachlauf zu den Wänden hergestellt. Ihre Gesamtlänge betrug somit rund 70 m
(7 Felder). Dieser Bereich wurde durch zwei Turmdrehkräne, die auf der bereits fertiggestell-

70
ten Tunnelsohle auf Gleisen montiert waren, bedient. Das Betonieren erfolgte mit Hilfe von
Betonpumpen von einer bereits erstellten Tunnelsohle aus.
Mit den im Vorfeld festgelegten Betonzusammensetzungen wurden aus rund 800.000 t Kies,
140.000 t Zement und 40 Mio. Litern Wasser etwa 400.000 m³ Beton hergestellt. Um den
erforderlichen Aufwand für die Qualitätsüberwachung mit den insgesamt fast 20.000
hergestellten Prüfkörpern beherrschen zu können, stand ein eigens auf dem Baustellenge-
lände angesiedeltes Prüflabor zur Verfügung.
Die bezogenen Bewehrungsgehalte lagen bei den Rampenblöcken der Tunnel zwischen 100
kg Stahl/m³ am Troganfang und 50 kg/m³ im Bereich der bis zu 4 m dicken Schwergewichts-
bodenplatten am Trogende am Übergang zu den geschlossenen Tunnelblöcken. Der
Bewehrungsgehalt der geschlossenen Tunnelblöcke schwankte je nach Stützweite und
Belastung zwischen 90 kg/m³ und 130 kg/m³.

8 Brücke mit Strompfeilern

Blick auf einer der Y-förmigen Pylone und die flach geneigten Spannseile, im Hintergrund die
Radwegspindel

Die Brücke über den Rhein ist als Schrägseil-Brücke konzipiert und besteht aus drei
Abschnitten: den beiden Vorlandbrücken aus Spannbeton mit einer Länge von 441 m bzw.
558 m und der 287,5 m langen eigentlichen Strombrücke aus Stahl.

8.1 Strombrücke

Ein besonderes Kennzeichen der Brücke sind die Y-förmigen Pylone. Die unmittelbare Nähe
zum Düsseldorfer Flughafen begrenzte die Höhe der Pylone auf 81 m über NN bzw. 35 m
über Fahrbahnoberkante. Dies verursacht bei einer Schrägseilbrücke flachere Seilneigun-
gen. Aus statischen Gründen durfte die Neigung der Spannseile eine Neigung von ca. 1:2,9
nicht unterschreiten, so dass ein üblicher einzelner Pylon, der nur einfach niedriger ausfällt,
nicht ausführbar gewesen wäre. Durch die gespreizte Form des Y konnte die Seilneigung mit
minimal 1:2,7 wieder steil genug ausgeführt werden.

71
Zu den wesentlichen Merkmalen der Brücke gehören auch die beiden Strompfeiler. Sie
tragen den Hauptteil der Brücke, die Stromöffnung. Bei einer sichtbaren Höhe von 20 m über
Wasser wurden die Pfeilerflächen aus optischen Gründen mit einem unterschiedlichen
Anzug von 50:1 in Brückenlängsrichtung bzw. 15:1 in Brückequerrichtung versehen. Folglich
passt jeder einzelne Stein der Granitverblendung nur an eine bestimmte Stelle. Vergleichbar
mit einem dreidimensionalen Puzzle, wobei hier (zum Glück!) jeder einzelne Stein numme-
riert und die Lage somit klar definiert war, wurden die bis zu 600 kg schweren Granitsteine
mit Kranhilfe versetzt und der Innenraum sukzessive mit Beton verfüllt.
Parallel zur Herstellung der beiden Strompfeiler wurden gleichzeitig beide Vorlandbrücken
von den Widerlagern aus beginnend gebaut. In jeder der ca. 63 m auseinanderstehenden
Stützenachsen ist ein Pfeilerpaar aus Sichtbeton mit einem Durchmesser von 3,5 m und
einer Höhe zwischen 8 m und 16,7 m angeordnet. Der tragfähige Baugrund steht hier in 4 m
bis 6 m unter Gelände an. Die Pfeiler wurden daher im Schutz von etwa 8 m x 20 m großen
und bis zu 8 m tiefen Spundwandkästen flach gegründet. Teilweise wurden die Spundwand-
baugruben mit Unterwasserbeton hergestellt, um den Zeitraum für die Wasserhaltung und
die potentielle Möglichkeit einer Deichunterströmung in den durchlässigen Kiesen zu
verringern.

Luftbild der Rechtsrheinischen Strompfeilerfangedammes mit der Hilfsbrücke für die


Andienung

72
Ansicht des linksrheinischen Strompfeilers

Die beiden Strompfeiler an der rechtsrheinischen Uferseite bzw. im Rhein entstanden im


Schutze eines Fangedammes aus Stahlspundbohlen mit Kiessandverfüllung. Die Spund-
wände wurden weitgehend wasserseitig von Pontons aus eingebracht; die sich gegenüber-
liegenden Verbauwände im Zuge der Kiessandauffüllung mit GEWI-Stäben gegenseitig
rückverspannt. Die fertigen Fangedämme dienten als Arbeitsebene zur Herstellung einer bis
zu 29 m tiefen überschnittenen Bohrpfahlwand Ø 900 mm und als Anprallschutz gegen einen
möglichen Schiffstoß. Im Schutze der in sich geschlossenen überschnittenen Pfahlwand
wurden die Baugruben für die flach gegründeten Fundamente der Strompfeiler erstellt. Die
Pfahlwand verbleibt ab der Oberkante der eingebrachten Fundamentplatte als Kolkschutz für
die Strompfeilergründung im Boden; der obere Teil wurde abgebrochen.
Der Überbau der Vorlandbrücken besteht aus einem dreizelligen Hohlkasten mit einer 38 m
breiten aufliegenden Fahrbahnplatte. Die feldweise Herstellung zwischen den 63 m entfernt
stehenden Vorlandbrückenpfeilern erfolgte konventionell auf einem Lehrgerüst, das temporär
auf Bohrpfählen tief gegründet werden musste. Der für die Gesamtbaumaßnahme terminli-
che kritische Umbau des Lehrgerüstes für eine Grundfläche von etwa 2.400 m² von Feld zu
Feld erfolgte in einem Zeitraum von nur etwa zwei Wochen.
Betoniert wurde der Überbau der Vorlandbrücken in den Abschnitten Trog, bestehend aus
der Bodenplatte und den aufgehenden Wänden und anschließend aus der eigentlichen
Fahrbahnplatte. Die seitlich auf beiden Seiten ca. 11 m auskragende Fahrbahnplatte wird
durch 500 filigrane Druckstreben zum Trog hin abgestützt. Ausgeschrieben waren hier 0,35
m breite und 1,2 m hohe Druckstreben, dank eines Sondervorschlages aber im Fertigteilwerk
Gladbeck in hochfestem Beton der Güte B 75 hergestellte 0,4 m x 0,4 m große Druckstreben
ausgeführt.
Die Bauzeit für ein komplettes Feld betrug etwa sechs Wochen, wobei sie sich bei den
letzten beiden Felder aufgrund der komplizierteren Geometrie an den Strompfeilern mit dem
Übergang zum Stahlbrückenquerschnitt nahezu verdoppelte. In diesen beiden Feldern sind
die Seilkammern eingebaut, in denen die Schrägseile die hohen Zugkräfte über definierte
Einbauteile in den Betonquerschnitt einleiten müssen. Die Geometrie der Kammern ist so
konzipiert, dass die Seile relativ leicht nachzuspannen und auszuwechseln sind.

73
Die biegesteife Koppelstelle zwischen dem Spannbetonüberbau der Vorlandbrücken und
dem Stahlbauüberbau der eigentlichen Rheinbrücke befindet sich in Form der sogenannten
Auflagerquerträger auf den Strompfeilern. Das 450 t schwere Übergangsstück konnte wegen
des erforderlichen Tiefganges erst nach einer temporären Ausbaggerung der Rheinsohle vor
den Fangedämmen der Strompfeilerbaugruben mit einem großen Schwimmkran aufgelegt
werden. Die Koppelung mit dem Spannbetonüberbau der Vorlandbrücken erfolgte durch eine
Kombination aus Verbunddübeln, schlaffer Bewehrung und Spannstahl. Um trotz des
hierdurch verursachten hohen Bewehrungsgrades ein einwandfreies Betonieren zu gewähr-
leisten, wurde ein spezieller Beton mit einem Größtkorn von 8 mm und einem Ausbreitmaß
von 45 cm eingesetzt.
Nach dem Auflegen der Auflagerquerträger auf die Strompfeiler und der anschließenden
Montage der Pylone konnte mit dem Einbau der einzelnen „Stahlschüsse“ der Strombrücke
begonnen werden. Der nur etwa 35 m hohe Pylon, gemessen von der Fahrbahn-Oberkante,
wurde in Einzelteilen zur Baustelle transportiert, vor Ort zusammengeschweißt und dann mit
einem 800 t-Autokran in nur drei Tagen fertig aufgestellt.
Die bis zu 24 m langen und ca. 150 t schweren Stahlschüsse der eigentlichen Strombrücke
wurden sukzessive mit Hilfe eines Schwimmkranes im freien Vorbau eingehängt. Das
Einfädeln der bis zu 9 t schweren Seile in die dafür vorgesehenen Kammern erfolgte mit Hilfe
von Autokränen.
Die komplette 1289 m lange Rheinbrücke ist fugenlos ausgebildet. An den Widerlagern und
zu den Spindeln ergeben sich daher Verschiebungen bis zu ca. 91 cm, die durch Fahrbahn-
übergangskonstruktionen aufgenommen werden. Der Rad- und Gehweg der Brücke wird
über die linksrheinisch angeordneten Spindeln und beiderseitigen Rampen in optisch sehr
ansprechender Form auf die Rheindeiche geführt.
Die pünktliche Fertigstellung der Trasse wurde am 31. Mai 2002 mit einem großen Volksfest
auf der Brücke und in den Tunnels gefeiert.

Die fertiggestellte Brücke am Tag der Eröffnung

74
Die Herstellung von Schlitzwänden und Weichgelsohlen für die
Erstellung von Tunnelbauwerken in Berlin und Köln
Michael Baltruschat
BAUER Spezialtiefbau (BST – PB – FA – PIN /SDW)

1 Zusammenfassung
Im Zentrum von Berlin gibt es seit den 90-er Jahren große Spezialtiefbaumaßnahmen, bei
denen die Deutsche Bahn AG als Bauherr vertreten ist. Absolutes Highlight dieser Maßnah-
men ist der Kreuzungsbahnhof, der den Nord-Süd- mit dem Ost-West-Bahnverkehr in der
deutschen Hauptstadt verbindet. Der Bahnhof wird einen ober- und einen unterirdischen Teil
haben und neben den Fernbahngleisen auch S-Bahn- und U-Bahn-Gleise beinhalten. Der
berühmt-berüchtigte Berliner Baugrund, die unterschiedlich großen Baugruben, große
Aushubtiefen und die Koordination der Arbeit an den Baugruben in verschiedenen Baupha-
sen erfordern große ingenieurtechnische Leistungen.
In Köln wird seit der Jahrtausendwende an der Anbindung des ausgebauten Flughafens an
das Streckennetz der Deutschen Bahn gearbeitet. Einen wichtigen Abschnitt bildet das Los
3, welches in unmittelbarer Nähe zum Flughafen liegt. Als große logistische Aufgabe ist der
Abschnitt zu betrachten, welcher in der Herrmann-Löns-Straße liegt. Parallel zu den Spezial-
tiefbauarbeiten mussten hier der Straßen- und der Anliegerverkehr aufrecht erhalten werden.
Berichtet wird von der Herstellung der Schlitzwände und der Weichgelsohlen für die Herstel-
lung von Tunnelbauwerken.

2 Standorte
Im Zentrum von Berlin – in unmittelbarer Nähe des Reichstagsgebäudes, des Bundeskanz-
leramtes und der neu errichteten Abgeordnetengebäude – entsteht der große Bahnhof (s.
Abb. 2). Wir befinden uns an der Bezirksgrenze von Mitte zum Wedding. Im Süden wird das
Areal von der Spree, im Norden von der Stromstraße begrenzt. Im Westen grenzen die
Gebäude der Lehrter Straße, im Osten die der Heidestraße an den Bau der Zukunft an (s.
Abb.1 ).

Abb. 1: Übersicht Abb. 2: Luftbild aus dem Jahr 1999

75
Bahnhof
Flughafenanbindung Köln/Bonn Köln/Bonn
Flughafentunnel Flughafen
Los 3

Schloß-Röttgen-Tunnel

Haltepunkt
Frankfurter
Straße

Bahnhof
Porz-Wahn

ABS/NBS Köln-Rhein/Main

Baulos 1 Baulos 2 Baulos 3 Baulos 4

Abb. 3 und 4 : Lage des Los 3 und Luftbild des Flughafens mit Tunnelverlauf

In Kölner Ortsteil Porz, unmittelbar am Flughafen Köln/Bon, befindet sich das Projekt,
welches auch „Flughafenschleife“ genannt wird. Das berühmte Gestüt Röttgen grenzt an
das Areal.

76
3 Baumaßnahme
Am Standort des alten Lehrter Bahnhofes, der wie alle historischen Bahnhöfe in Berlin als
Kopfbahnhof konzipiert war (s. Abb. 5) und des bis zum Jahre 2002 in Betrieb befindlichen
S-Bahnhofes entsteht der rund 130 Meter breite und bis zu 1000 Meter lange Bahnhof. Zum
ersten Mal in der Berliner Geschichte werden hier die regionalen und überregionalen
Verkehrsflüsse aus allen vier Himmelsrichtungen zusammengefasst. Der Nord-Süd-Verkehr
wird in einem unterirdischen Bahnhof, der West-Ost-Verkehr durch einen aufgeständerten
Bahnhof aufgenommen (s. Abb. 6 und 7). Parallel werden Bauwerke für die S-Bahn, die U-
Bahn (U 5) und den Straßenverkehr (B-96-Tunnel) erstellt. Das moderne Glasdach soll von
zwei Bürohochhäusern flankiert werden. Zu diesem Zwecke existiert im Moment eine Lücke
zwischen den beiden Glasdächern.

Abb.5: Der alte Lehrter Bahnhof mit dem Hauptportal (um 1900)

Abb. 6: Modell des zukünftigen Bahnhofes

77
Die Firma BAUER Spezialtiefbau war an der Herstellung der Baugruben N, M1, M2/M3, D2,
C/D1 und B beteiligt. Zur Ausführung kamen Schlitzwände, Spundwände, Anker, UW-
Betonsohlen, HDI-Sohlen, Weichgelsohlen, Auftriebsanker usw.
Im Stadtteil Porz, im Westen von Köln, plant die Deutsche Bahn eine Anbindung ihres
Streckennetzes an den Flughafen der Medienmetropole. Die Schleife, welche den Flughafen
an die Neubaustrecke Rhein-Main anbindet ist, in vier Losabschnitte aufgeteilt. Den größten
Anteil an Spezialtiefbauarbeiten beinhaltete das Los 3, welches wiederum in die Abschnitte
3.1, 3.2 und 3.3 gegliedert ist. In den Abschnitten 3.1 und 3.2 kamen die Verbausysteme

Abb. 7: Systemskizze des Komplexes

Träger-Bohl-Wand und Mixed-In-Place zur Ausführung; auf eine künstliche horizontale


Sperrschicht konnte in diesen Losen größtenteils - aufgrund der geringen Aushubtiefen und
entsprechender Grundwasserstände - verzichtet werden. Im Abschnitt 3.3 kamen verankerte
Schlitzwände und eine auftriebssichere Weichgelsohle zur Ausführung. Die Querung der
existierenden BAB 59 wurde mittels Spundwände und Stabilisierungsinjektionen ermöglicht.
Das gesamte Los 3.3 wurde in Deckelbauweise hergestellt. Nach dem Aushub bis UK-
Deckel und der Herstellung des Tunneldeckels wurde von einer Seite mit dem Aushub unter
dem Deckel begonnen. Sukzessive wurde unter dem Deckel die 2. Ankerlage eingebracht
und der Tunnel fertig gestellt.

4 Herstellung von Schlitzwänden und Weichgelsohlen


Die Herstellung einer Schlitzwand geschieht in folgenden Arbeitsschritten:
- Herstellung der Leitwand
- Aushub, in der Regel unter einer Bentonitsuspension
- Reinigung des ausgehobenen Schlitzes
- ggf. Einbau des Fugensystems (hier BAUER-Flachfuge oder Fertigteilfuge)
- Einbau der Bewehrung
- Betonieren
- ggf. Abspitzarbeiten

Die Baustelleneinrichtung besteht aus einer Mischanlage für die Aufbereitung einer Bentonit-
suspension; Silos, Förderschnecken, Mischern und Vorratsbehältern für Frischsuspension
sowie für Arbeits- und Betoniersuspension. Ferner ist eine Regenerierung für die Separie-
rung des Aushubes (Sand, Kies usw.) von der Bentonitsuspension auf der Baustelle zu
betreiben. Die Dosierung des Bentonites wird so gewählt, dass mit einer Dichte von 1,04 –
1,06 begonnen wird.
Die Aushubarbeiten wurden bei den beschriebenen Baustellen mit BAUER-Hydraulikgreifern
vorgenommen, die an LIEBHERR-HS-855- und HS-873-Geräten hingen.

78
Diese Kombination gewährleistet eine hohe Produktivität und die On-Line-Betrachtung des
Schlitzes während der Herstellung durch den Gerätefahrer.
Die Herstellung einer Injektionssohle erfolgt – schematisch – in folgenden Arbeitsschritten
(Abb. 9)
- Abteufen des Bohrgestänges auf die statisch erforderliche Tiefe
- Ziehen des Bohrgestänges und Auffüllen des Bohrloches mit einer stützenden Suspensi-
on
- Einbau der Verpresslanze mit Ventil in das suspensionsgestützte Bohrloch
- Injektion des Baugrundes mit Weichgel/Feinstzement

Abb. 8: Herstellschritte bei einer Schlitzwand mit der Fräse

Die Baustelleneinrichtung für die ersten drei Arbeitsschritte besteht aus einer Mischanlage,
die das im Vorratssilo bevorratete Bentonit und Zement wiegt, mit Wasser anrührt und die
entstandene Suspension temporär bevorratet. Dosiert werden i.d.R. 220 kg Feststoff pro
Kubikmeter Suspension. Als Bohrgeräte stehen uns für die Injektionssohle eine Vielzahl von
Geräten zur Verfügung; die Auswahl erfolgt in Abhängigkeit von der Bohrtiefe und dem
Baugrund. Im vorliegenden Fall wurde mit einem Hitachi KH 180, der mit einem VRZ- 700-
Rüttler ausgerüstet war, gearbeitet. Von der Mischanlage wird die angerührte Suspension
zum Bohrgerät gepumpt und über den Hohlraum im Innern des Gestänges zur Spitze
gepumpt. In das Bohrloch werden von uns i.d.R. 3/8-Zoll-PVC-Lanzen mit festgeschraubtem
1-Zoll-Ventilkörper eingestellt.

79
Abb. 9: Herstellschritte bei der Herstellung einer Injektionssohle

Die Baustelleneinrichtung für die Injektion von Weichgel besteht aus Vorratssilos für die
Grundkomponenten Wasserglas und Reaktiv, einem Wasserbehälter und dem Injektionscon-
tainer. Die Zusammensetzung der Weichgellösung lautet:
- 80 Vol. % Wasser
- 18 Vol. % Wasserglas, chem. Natronwasserglas; x * Na2O + y * SiO2
- 2 Vol. % Reaktiv/Härter, chem. Natriumaluminatlauge; (Na2Al2O4)n* (NaOH3) 0,5n * H2O
Das Wasserglas und das Reaktiv werden in Edelstahlsilos bevorratet. Der Injektionscontai-
ner ist in einen Steuer- und einen Maschinenraum aufgeteilt. Im Maschinenraum befinden
sich die Pumpen und die Mischer zur Dosierung, Vermengung und zum Pumpen des
Weichgels. Im Steuerraum werden die Injektionsdaten (Menge, Druck usw.) an einem
computergestützten Arbeitsplatz eingegeben und die Ist-Daten registriert und protokolliert.

80
Für die in Berlin beauftragte Unterdeckelung der Weichgelsohle mit Feinstzement war
zusätzlich eine Mischanlage für Suspensionen aufgebaut. Der angemischte Feinstzement
wurde ebenfalls mit dem Injektionscontainer verpresst.
Der große Vorteil der Injektionscontainer ist, dass die Geräusche außerhalb des Containers
sehr gering sind und deshalb die Injektion auch in Wohngebieten in Tag– und Nachtschicht
erfolgen kann.

Abb. 10: Blick in den Maschinenraum eines Injektionscontainers

Abb. 11: Blick in den Steuerraum eines Injektionscontainers

5 Qualitätssicherung
Die Qualitätssicherung ist, wie bei allen Spezialtiefbautechniken, die wichtigste Aufgabe für
die ausführende Firma. Bei der Herstellung der Schlitzwände und Injektionssohlen wird u.a.
auf folgende Aspekte sehr großen Wert gelegt:

Schlitzwand
- Leitwandbau durch Vermessung
- Suspension; rheologische und physikalische Messungen
- Suspensionsspiegel durch optische Beobachtung
- Vertikalität und Schlitztiefe durch eingebaute Inklinometer
- Bewehrung durch Abnahme mit Prüfer
- Betonage; Eingangskontrolle, Soll-Ist-Vergleich

81
Injektionssohle
Arbeitsschritte Bohren bzw. Rütteln
- Eingangskontrolle und Prozesskontrolle der Materialien
- Einmessen des Injektionsrasters mittels Capsy-System
- Vertikalität der Bohrungen mittels Inklinometer
- Solltiefe der Bohrungen mittels vorgegebener Lanzenlänge und Horizontallaser
Injektion
- Injektionsmenge mittels elektronischer Durchflussmesser
- Injektionsdruck mittels elektronischer Druckmesser
- Gelierzeit mittels Rückstellproben
Die bei der Herstellung gemessenen Daten werden täglich gesammelt, aufbereitet, protokol-
liert und an den Bauüberwacher weitergeleitet. Somit ist eine zeitnahe Kontrolle durch Dritte
gewährleistet.

6 Baugrube B
Die Baugrube B stellt den Lückenschluss zwischen den bereits hergestellten Baugruben und
Bauwerken im Süden und im Norden dar. Bevor der alte Klinkerbau des S-Bahnhofes
abgerissen werden konnte, waren die Fern- und S-Bahngleise auf die neuen Gleise umzule-
gen. Seit Sommer 2002 rollen die Züge durch den neuen Bahnhof - unter den Glasdächern -
hindurch. Die Baugrube B besteht aus dem ca. 120 Meter breiten Baufeld Ost und dem ca.
55 Meter breiten Baufeld West; s. Abb. 12, 13 und 14.

M1,
N

A
A Baugrube B
1.1
C/D1

Abb. 12 und 13: Die Baugrube B am Ort des ehemaligen S-Bahnhofes; Baugrube B als
Lückenschluss zwischen den Baugruben im Norden und Süden

Der Unterschied zwischen den Baufeldern B-Ost und B-West besteht vor allem in der
unterschiedlichen Aushubtiefe. B-Ost wird tiefer ausgehoben, da hier später die unterirdi-
schen Bahnsteige errichtet werden. Im B-West-Baufeld verläuft der B-96-Tunnel, der südlich
des Potsdamer Platzes (am Landwehrkanal) beginnt und an der Heidestraße endet.

82
7 Baugrund
Das Gelände des Bauvorhabens liegt im Berliner Urstromtal. Dieses stellte in der Weichsel-
kaltzeit einen der Hauptabflusswege für die Schmelzwässer dar. Unter der bis zu 5 Meter
mächtigen anthropogenen Aufschüttung der letzten 100 Jahre treten rund 50 Meter mächtige
pleistozäne Ablagerungen auf. Bei diesen handelt es sich um mitteldicht bis dicht gelagerte
Tal- und Schmelzwassersande, partiell sind Lagen von Kiesen vorhanden. In größeren
Tiefen befinden sich die Geschiebemergellagen der Grundmoränen. Auf diesen Mergellagen
können im Berliner Baugrund Gerölle und Findlinge auftreten. Das Grundwasser steht nur
wenige Meter unter dem Gelände an.

Abb. 14: Repräsentativer Baugrundaufschluss

83
8 B-Ost
Die in zwei Baufelder geteilte Baugrube umfasst ein ca. 120 x 100 Meter und ein ca. 80 x 55
Meter großes Baufeld. Die Baugrube wird im Norden durch die Baugrube A, im Süden durch
die Baugrube C/D1 und im Osten vom Humboldthafen begrenzt.

Fernbahn

B-Ost B-West

Abb. 15: Schematischer Schnitt (Ost-West) durch die Baugrube B

9 Die Besonderheiten
an dem B-West und B-Ost-Baufeld waren
- die Aufgabe, neue und alte Verbauwände zu kombinieren, da bestehende Wände z.T. von
anderen Firmen hergestellt wurden
- die Vielzahl von künstlichen und natürlichen Hindernissen in der Schlitzwandtrasse
- die Vielzahl Hindernisse (Verpresskörpern und Litzen von Ankern, die aus den benach-
barten Baugruben in das Baufeld reichen und nicht zurückgebaut werden konnten) im
Bereich der Weichgelsohle (Abb. 17)
- die unterschiedlichen Aushubtiefen, die zur Folge hatten, dass die Schlitzwände und die
Injektionssohle in unterschiedlichen Tiefen – inkl. Versatzsprüngen – herzustellen war
- die „Trennwand“ zum Baufeld B-Ost – eine Schlitzwand – die am Fuß ertüchtigt werden
musste, um prognostizierten Bewegungen am Fuß der Wand vorzubeugen
- die Mantelverpressung an der Schlitzwand B-Ost-Ost, welche abschnittsweise herzustel-
len war
- die Temperaturen im Winter 2002/2003; Tiefstwerte von -15°C
Einige der Aspekte werden im Folgenden beleuchtet.

9.1 Temperaturen
Die Verschiebung der Baumaßnahme in die Winterperiode führte dazu, dass bei Temperatu-
ren von bis zu -15° Celsius gearbeitet wurde. Hierzu wurden die Mischanlagen (Vorratsbe-
hälter, Rührwerksbehälter, Wasserbehälter usw.) eingehaust und beheizt. Ferner wurden
Schieber, Schlauchleitungen usw. ummantelt und teilweise mit Heizdraht umwickelt.

9.2 Schlitztiefen
Die Schlitzwand war partiell bis in eine Tiefe von 50 Meter herzustellen. Zur genauen
Messung der Vertikalität diente das On-Line-Vermessungssystem, welches dem Gerätefah-
rer in jedem Moment die Qualität seiner Arbeit darstellt. Zur Herstellung hochwertiger Fugen
in diesem Bereich setzten wir Fertigteile ein. Diese werden im Werk hergestellt und beim
Einbau vor Ort auf die entsprechende Länge verbunden.

84
9.3 Hindernisse in Schlitzwandtrasse
Die quartäre Prägung des Berliner Baugrundes hat zur Folge, dass in bestimmten Tiefen mit
Findlingen zu rechnen ist. Diese Findlinge haben Mitte der 90-er dazu geführt, dass Seilgrei-
fer im Berliner Baugrund verloren wurden. Die Vorgeschichte des Areals ließ ferner auf alte
Gründungsreste, Mauerwerk und auf Litzen-Anker schließen, welche aus den Nachbarbau
gruben in die Schlitzwandtrasse reichten. Die Anker der Nachbarbaugruben waren von der
Konkurrenz als wiederausbaubare Anker verkauft worden. Die Ausbaurate betrug lediglich
10-15%. Die ideale Lösung für diese Aufgabe stellt der Hydraulikgreifer dar, welcher über
einen hervorragenden Mechanismus zum Trennen von Litzen verfügt und dessen hydrauli-
scher Kreislauf einem Verklemmen entgegenwirkt.

Abb. 16: Anker im Baufeld B-West

Abb. 17: Künstliche Hindernisse im Schlitzwandaushub


Abb. 18: Bildschirme im Fahrerhaus des Greifers

85
9.4 Hindernisse in der Baugrube B-West bei der Injektionssohlenherstellung
Die Vielzahl von Litzenankern und Verpresskörpern im Baufeld B-West führte dazu, dass
einige Bohrungen abgebrochen werden mussten. Zur Wahrung der Qualität wurden an
versetzten Stellen zwei Ersatzbohrungen abgeteuft.

9.5 Variable Unterkante der Injektionssohle


Die unterschiedlichen Aushubtiefen der Baugrube hatten unterschiedliche statische Tiefen
für die Injektionssohle zu Folge. Zur Herstellung des Höhensprunges (vier Meter) wurde ein
Streifen über das Baufeld gelegt. Bei den dazugehörigen Punkten wurden vier statt zwei
Injektionslanzen in die jeweiligen Bohrungen eingestellt. Über die drei oberen Ventile wurde
eine drei Meter dicke Weichgelsohle mit Unterdeckelung hergestellt.

10 Schnitt A – A
Im Schnitt ist erkennbar, dass die Unterkanten der Injektionssohle und des Injektionskörpers
an der „Trennwand“ zum Baufeld B-Ost in unterschiedlichen Tiefen liegen. Der flachste
Bereich liegt bei 14,00 mNN, der tiefste bei 6,00 mNN. Das Arbeitsplanum lag bei 32,00
mNN. Somit ergaben sich Bohrtiefen von 18 bis 26 Meter.

A A

B-West B-Ost
Planum 32,00 mNN

Spundwand,
neu Sand Schlitzwand,
neu

„Geröllschicht“, Kies, sandig

Weichgelsohle mit FZ- Unterdeckelung

10,00 mNN

Sand 6,00 mNN


(nicht maßstäblich)

Abb. 19: Schnitt A-A (Ost-West)

86
B B

Planum 32,00 mNN

Schlitzwand, Sand
vorhanden

Schlitzwand,
vorhanden
„Geröllschicht“, Kies, sandig
Weichgelsohle mit FZ-Unterdeckelung

10,00 mNN

Sand

(nicht maßstäblich)

Abb. 20: Schnitt B–B (Nord-Süd)

11 Schnitt B – B
Im Schnitt B-B wird deutlich, dass sowohl die nördliche als auch die südliche Verbauwand
Bestandteile ehemaliger Baugruben sind und die Anker der Baugruben A und C-West mit
den Verpresskörpern und Stahl-Litzen ober- und unterhalb der Injektionssohle liegen.

12 Injektionsrasterplan

Abb. 21 : Injektionsrasterplan

87
Für die rund 4.300 m² große Grundfläche wählten wir das Raster, welches bei der Baugrube
C/D1 angewendet wurde. Dort stellte BAUER im Jahre 1996 die Weichgelsohle her. Aus
einem Abstand von 1,60 Meter zwischen den einzelnen Bohr-/Injektionspunkten und unter
Berücksichtigung von Zusatzpunkten an den Verbauwänden ergaben sich 2.178 Punkte. Die
Zusatzpunkte am Übergang zwischen Sohle und Wand werden dann hergestellt, wenn der
Abstand zwischen dem Randpunkt und der Verbauwand einen kritischen Wert überschreitet.
Jeder Punkt hat im Rasterplan einen bestimmten Nummerncode (z.B. 110 – 78) und ist somit
eindeutig festgeschrieben. In die Bohrlöcher des normalen Bereiches, d.h. gleich Unterkante
der Injektionssohle, wurden zwei miteinander verbundene PVC-Lanzen mit Fußventil
eingestellt. Der Versatz zwischen den oberen – für die Weichgelinjektion – und dem unteren
Ventil – für die Feinstzementinjektion – betrug 70 cm.

13 Höhensprünge
Im Übergangsbereich zwischen der Injektionssohle mit UK 14,00 mNN und 10,00 mNN
legten wir fest , dass der Höhensprung von vier Metern über eine Breite von 11 Metern
herzustellen ist. In jedes Bohrloch stellten wir ein Bündel aus vier miteinander verbundenen
PVC-Lanzen ein, wobei das untere Ventil für Feinstzement und die oberen drei für die
Weichgelinjektion vorgesehen waren.

GOK

Bohrlöcher

WG

FZ

(Schema)

Abb. 22 : Schema des Einbaues von PVC-Lanzen im normalen Bereich und im Bereich des
Höhensprunges

14 Ergebnis
Das Ergebnis bei der Baugrube B ist positiv. Betrachten wir drei Aspekte, so ist Folgendes
festzustellen:
- Restwassermenge:
Soll: max. 1,5 ltr/sec./1.000m² wasserbenetzte Fläche
Ist: 0,8 ltr/sec./1.000m² wasserbenetzte Fläche
- Bauzeit – z.B. für die Weichgelsohle:
- Soll: Oktober 2002 – Februar 2003
- Ist: November 2002 – Januar 2003

88
- Wasserchemie
- ph-Wert des Baugrubenwassers: max. pH 8,5

15 Köln Los 3.3


Eine Besonderheit in Köln war die schmale langgezogene Geometrie der Baugrube.
Während der gesamten Bauzeit musste der Durchgangs- und Anlieferverkehr aufrecht
erhalten bleiben. Diese Vorgabe wurde mittels entsprechender Bauabläufe erfüllt. Unter
anderem wurden die Verbauwände erst auf einer Seite hergestellt. Sukzessive wurden
anschließend Kragbrücken montiert, auf denen der Verkehr während der Herstellung der
Weichgelsohle reibungslos laufen konnte. Zur Vermeidung von Verunreinigungen der
Straßen wurde der Schlitzaushub direkt in Mulden verladen und zur zwei Kilometer entfern-
ten Rüttelsieb- und Regenerierungsanlage gefahren. Aufgrund der Kragbrücken wurden die
äußeren Reihen der Weichgelsohle mit geneigten Bohrungen hergestellt.

16 Ergebnis
Die Ergebnisse bezüglich der Restwassermenge und Bauzeit waren positiv. Hinsichtlich der
Wasserchemie wurde eine Probebaugrube hergestellt und das Grundwasser im Abstrom
beprobt.

17 Vorteile für den Kunden


Im Bereich der Verbausysteme und der Dichtsohlen – hier: künstliche horizontale Sperr-
schichten – im Spezialtiefbau kommen verschiedene Systeme in Betracht. Zu nennen sind
z.B. Spundwände, MIP-Wände und Bohrpfahlwände für den wasserdichten Verbau, sowie
UW-Betonsohlen und Hochdruckinjektionssohlen als horizontale Elemente. Wir können bei
Schlitzwänden und Weichgelsohlen Folgendes feststellen:

17.1 Schlitzwände

- Hohe Qualität durch Vermessung der Vertikalität, durch wenige wenige Fugen ist die
Restwassermenge sehr gering
- Ausführungsgenauigkeit hat einen hohen Standard durch lückenlose Messungen der
Suspension und des Betons sowie der On-Line Überwachung
- Geringe Verformungen
- Enger Abstand zu Gebäuden ist realisierbar
- In schwierigem Baugrund einsetzbar
- Große Tiefen sind realisierbar

17.2 Weichgelsohlen

- Preis: In Kombination mit den sinnvollsten Verbausystem (MIP-Wand, Spundwand,


Schlitz- und Dichtwände) entstehen dem Kunden geringe Kosten.
- Zeit: Die hohen Produktivitäten beim Bohren/Rütteln und die mögliche Tag- und Nacht-
schicht bei der Injektion führen zu äußerst kurzen Ausführungszeiten.
- Hindernisse im Baugrund können berücksichtigt werden; durch entsprechende Maßnah-
men minimiert sich das Risiko.
- Qualität: Das umfassende System sorgt dafür, dass Weichgelsohlen als die technisch
sicherste Variante der horizontalen Dichtelemente gelten.

89
Abb. 23 : Blick in die Baugrube B-West (Sommer 2003)

Abb. 24: Hydraulikgreifer vor dem Glasdach des neuen Bahnhofes

90
Abb. 25 : Blick in die Baugrube B-Ost – Nassbaggerarbeiten (Sommer 2003)

Abb. 26: Blick aus dem Personenkorb eines Rütteltraggerätes; im Bild oben die alte S-
Bahnstrecke (Sommer 1997)

91
92
Tiefe Baugruben und Tunnel im Grundwasser – vorgestellt an
Großprojekten aus Norddeutschland

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley


Dipl.-Ing. Florian Unold
Institut für Bodenmechanik und Grundbau, Universität der Bundeswehr München

Zusammenfassung
Anhand der Projekte Straßentunnel Bremen Hemelingen, Tunnel TESLA Ellerhoop, Herren-
tunnel Lübeck sowie Staatsoper Hamburg werden besondere Herausforderungen bei der
Beherrschung von oberflächennahem Grundwasser aufgezeigt. Effektivere Verfahren zur
Erfassung der Grundwassersituation werden dabei ebenso vorgestellt wie Ansätze zur
zutreffenderen Beschreibung der Boden-Bauwerk-Wechselwirkung unter Berücksichtigung
des Einflusses des Grundwassers.

1 Einleitung
Anhand verschiedener Großprojekte im Norddeutschen Raum werden Herausforderungen
an den Grundbauingenieur aufgezeigt, die sich bei der Planung und Ausführung dieser tiefen
Eingriffe in das Grundwasser ergeben. Hierbei spielen zum einen die außerordentlich hohen
Belastungen infolge Wasserdruck eine Rolle, zum anderen muss die Wechselwirkung des
Grundwassers mit dem Bauwerk und Baugrund zutreffend erfasst werden. Des Weiteren
kommt es insbesondere in tidebeeinflussten Bereichen zu zeitabhängigen Wasserstandsän-
derungen, so dass statische Berechnungen zeitvariant durchgeführt werden müssen. Zur
Beherrschung der Wasserlasten im Baugruben- und Tunnelbau müssen unter anderem auch
außerordentlich anspruchsvolle geotechnische Konstruktionen realisiert werden, die häufig
über den vorliegenden Erfahrungsschatz hinaus reichen.
Aus diesen vielfältigen Aufgaben resultieren auch Herausforderungen an die geotechnische
Forschung, die mit Fokus auf die baupraktische Umsetzung theoretisch und experimentell
am Institut für Bodenmechanik und Grundbau der Universität der Bundeswehr München
vorangetrieben wird.

2 Straßentunnel Bremen Hemelingen

2.1 Allgemeines

Zur Verbesserung der infrastrukturellen Voraussetzungen des Gewerbe- und Industriegebie-


tes im Bremer Südosten sowie zur verkehrstechnischen Entlastung der Wohngebiete und
Kernbereiche der Bremer Ortsteile Hemelingen und Sebaldsbrück wurde der Tunnel
Hemelingen als Direktverbindung zwischen Bundesautobahn A1 und dem Gewerbe- und
Industriegebiet realisiert. Der Tunnel wurde in Schlitzwand-Deckel-Bauweise mit Druckluft-
stützung hergestellt. Infolge des sehr geringen Abstandes zwischen der Baumaßnahme und
der bestehenden setzungsempfindlichen Nachbarbebauung von teilweise lediglich rd. 0,5 m
mussten an Bauausführung und Bauüberwachung besonders hohe Anforderungen gestellt
werden.

93
2.2 Untergrundverhältnisse

Die Untergrundverhältnisse sind durch den Einfluss der Weser geprägt. Unterhalb gering
mächtiger Auffüllungsschichten befinden sich feinkörnige Dünensande, die von Auesedimen-
ten unterlagert werden. Diese Deckschichten besitzen nur geringe Tragfähigkeiten. Im
Tiefenbereich zwischen Sohle und Unterkante der Verbundwand der Baumaßnahme stehen
die sogenannte Wesersande an, ein Gemenge aus überwiegend mittlerer und grober
Körnung mit Einlagerungen an Steinen bis hin zu Blöcken. Unterhalb der Wesersande folgen
die sogenannten Lauenburger Schichten, die sich aus Wechsellagerungen von sandigen und
tonigen Schluffen bzw. schluffigen Sanden zusammensetzen (Bild 1).
Der Hauptgrundwasserleiter wird durch die Wesersande gebildet, die eine vergleichsweise
hohe Wasserdurchlässigkeit aufweisen. Der Grundwasserstand befindet sich bei Normalab-
flüssen der Weser bei ca. 3,0 bis 3,5 m unter Gelände.

Rampen- Rampen-
strecke Tunnelstrecke strecke m NN
+20,0

NN + 4,80 m NN + 4,30 m +10,0


A A
A

Deckel
+ 0,0
Tunnelsohle Gewi-
UK Schlitzwand Pfähle - 10,0

- 20,0
0 100 200 m

Auffüllung,
Wesersande Lauenburger
Dünensande, Schichten
Auesedimente
Bild 1: Untergrundverhältnisse im Bereich der Tunnelstrecke

2.3 Bauwerk und Bauweise

Die Gesamtlänge des Tunnelbauwerks einschließlich Rampen beträgt ca. 920 m, davon
entfallen ca. 560 m auf den geschlossenen Tunnelabschnitt und jeweils ca. 180 m auf die
beiden Rampentröge. Die lichte Weite liegt im Bereich des Tunnelbauwerks bei ca. 15,7 m
und weitet sich im Endbereich der Tröge auf 21,5 m auf. Die Überdeckung beträgt ca. 0,5 bis
2,5 m.
Die Trogbauwerke sowie die östliche Eisenbahnüberführung wurden in offener Wand-Sohle-
Bauweise mit wasserdruckhaltenden Baugrubenwänden und rückverankerten Unterwasser-
betonsohlen hergestellt. Der Bau der Tunnelstrecke erfolgte in Wand-Deckel-Bauweise unter
Druckluft.

94
Die Arbeitskammer für den Druckluftvortrieb wurde seitlich durch die Schlitzwände der
Verbauwand umschlossen. Den oberen Abschluss der Arbeitskammer bildete die Tunnelde-
cke, die vorlaufend zwischen den Neubauwänden hergestellt wurde. Zur Aufnahme der aus
der Druckluft nach oben gerichteten Beanspruchung wird die vorab hergestellte Tunneldecke
über Knaggen an die Schlitzwand angeschlossen. Die Tunneldecke wirkt gleichzeitig als
horizontale Aussteifung der Verbauwände.
Um eine spätere, vom Bauherrn gewünschte Trennung des Baubehelfs vom endgültigen
Bauwerk zu erzielen, wurden vertikale Fugen zwischen Schlitzwand und Tunneldeckel
angeordnet. Infolge des Luftdrucks p bildet sich eine Grenzfläche zwischen Luft und Wasser
im Korngerüst des Bodens aus. Der Wasserspiegel steigt infolge des Abbaus der Druckluft
im Korngerüst mit wachsendem Abstand von der Ortsbrust wieder an (Bild 2). Die Prognose
über den Verlauf und die Form der Grenzfläche muss dabei als Mehrphasenströmung
Boden-Grundwasser-Luft, unter Berücksichtigung der Teilsättigung des Bodens modelliert
werden. Zu diesem Themenkomplex liegen umfangreiche Forschungen am Institut für
Bodenmechanik und Grundbau der Universität der Bundeswehr München vor, die in Zukunft
in verschiedenen Bereichen weitergeführt werden (Boley & Zou, 2004).

Wechselwirkung
Boden –
Grundwasser –
Luftdruck p
Luft
Querschnitt
• zeitabhängig
• Mehrphasenströmung
• Teilsättigung

Luftdruck p
Längsschnitt

Bild 2: Offene Bauweise unter Druckluft

95
Bild 3: Verlauf der 920 m langen Tunneltrasse durch den Stadtteil Bremen Hemelingen

Bild 3 zeigt den S-förmigen Verlauf der Tunneltrasse während der Bauausführung. Zu
erkennen sind die beiden Bahnstrecken Bremen – Hannover sowie Bremen – Osnabrück.
Der Bahnbetrieb musste während der Bauzeit völlig unbeeinflusst bleiben, was im vorliegen-
den Fall auch gelungen ist. Zu erkennen ist auch die zum Teil mehr als 100 Jahre alte
unmittelbar benachbarte Bebauung, die zusätzliche Herausforderungen an die auftretenden
Verformungen während der Bauzeit nach sich zog. Aufgrund der Sensibilität der benachbar-
ten Bebauung und der Infrastruktureinrichtungen wurde ein geotechnisches Messnetzwerk
installiert, das es erlaubte, sämtliche Verformungsgrößen online zu erfassen und simultan an
mehrere am Bau Beteiligte zu übermitteln. Im vorliegenden Bild sind die Schlitzwandarbeiten
bereits abgeschlossen und der Deckel ist auf dem bestehenden Sandauflager betoniert.

2.4 Konzept, Einrichtung und Betrieb des geotechnischen Messnetzwerkes

Zum Schutz der bestehenden Bebauung und der Vegetation sowie zur Vermeidung der
Verschleppung von Verunreinigungen im Grundwasser im Zuge der Beeinflussung des
Grundwasserhaushalts während der Baumaßnahme war es zur Überwachung und Doku-
mentation erforderlich, Grundwassermessstellen zu installieren. Die Grundwasserstands-
messungen erfolgten dabei sowohl online (10 Messstellen) als auch per autonomer Datener-
fassung über Datenlogger (21 Messstellen).
Zur Sicherung des teilweise sehr setzungsempfindlichen Bauwerksbestandes sowie zur
Kontrolle möglicher Auswirkungen auf die in Betrieb befindlichen, unmittelbar angrenzenden
Industriebetriebe waren an den vorhandenen Gebäuden Verschiebungsmessungen durchzu-
führen. Diese Messungen erfolgten an 8 Gebäuden mit insgesamt 98 Kontrollpunkten. Es
kam dabei ein vollautomatisches, autonomes Messsystem zum Einsatz, bei dem mit Hilfe

96
von 3 Totalstationen (Präzisionstachymetern vom Typ Leica TCA 2003) die dreidimensiona-
len Verschiebungen der Präzisionsprismen auf den Kontrollpunkten erfasst wurden (Bild 4).

Beobachtungsmethode:
Online-Messungen der
Schlitzwand- und
Gebäudeverformungen

Bild 4: Totalstation zur Online-Messung der Schlitzwand- und Gebäudeverformungen

Über den Einsatz von Online-Messverfahren im Tunnelbau wird bei Knoll et al. (1999)
berichtet.
Im Rahmen der Bauüberwachung wurden in der Verbauwand Neigungs- und Verschie-
bungsmessungen mit Hilfe von Inklinometern und TRIVEC-Sonden durchgeführt. Die hierbei
gewonnenen Informationen dienten unter anderem der Kalibrierung der Berechnungsan-
nahmen für die Mantelreibung.

97
Zu lösende Aufgaben:
- Prognose der Verformungen
- Prognose der Geländehebungen
- Prognose des Druckluftverbrauches

4 Bewegung der
Schlitzwand
2 nach außen!

0
Uh [cm]
-2

-4
-60 -48 -36 -24 -12 0
Stand des Vortriebes [m]

Bild 5: Bewegung der Schlitzwände während des Druckluftvortriebes: Interaktion Tragwerk –


Boden – Luft – Grundwasser

Am Kopf der Schlitzwand wurden darüber hinaus ebenfalls Messprismen angebracht, so


dass die Schlitzwandverformungen baubegleitend erfasst werden konnten. In Bild 5 sind die
horizontalen Verformungen von zwei gegenüberliegenden Schlitzwandkopfpunkten als
Funktion des Standes des Vortriebes dargestellt. Es ist zu erkennen, dass sich die Schlitz-
wand während des herannahenden Vortriebes nach außen, d. h. gegen das Erdreich
bewegt. Diese Beobachtung ist zunächst nicht selbstverständlich, da Wasser- und Erddruck
von außen auf die Schlitzwand einwirken. Von innen wirkt jedoch der Luftdruck, der so groß
eingestellt wird, dass er das Grundwasser vollständig aus dem ausgebrochenen Hohlraum
verdrängt. Dies führte im vorliegenden Fall dazu, dass die Resultierende des Luftdrucks
größer ist als die der von außen einwirkenden Kräfte, so dass sich Schlitzwandverformungen
nach außen einstellen. Diese erreichten im vorliegenden Fall, wie in Bild 5 zu sehen, eine
Größenordnung von rd. 4 cm. Der Maximalwert stellte sich in etwa ein als die Ortsbrust an
den jeweiligen Schlitzwandpunkten vorbeifuhr. Danach bewegte sich die Schlitzwand wieder
nach innen und kehrte in ihre Ausgangslage zurück.
Die nach außen gerichteten Schlitzwandverformungen bedingten bei der im vorliegenden
Fall gewählten Bauweise mit vertikaler Fugenzwischendecke und Schlitzwand eine besonde-
re Dichtungskonstruktion, die insbesondere in der Lage sein muss, den während der Bauzeit
auftretenden Luftdruck aufzunehmen und eine entsprechende Dichtwirkung zu leisten. Dies
machte besondere Planungsleistungen im Vorfeld erforderlich, um unplanmäßige Druckluft-
verluste infolge mangelnder Dichtungskonstruktionen zu vermeiden.
Auf der planerischen Seite bestand die Aufgabe insbesondere darin, die auftretenden
Verformungen in Abhängigkeit vom Bauzustand möglichst zutreffend zu prognostizieren.

98
Dies galt im vorliegenden Fall auch im Hinblick auf die unmittelbar benachbarte verfor-
mungsempfindliche Bebauung. Im Hinblick auf im Baufeld verlaufende Leitungen kam der
Prognose der Geländehebungen während des Druckluftvortriebes besondere Bedeutung zu.
Im Rahmen der Arbeitsvorbereitung musste der Druckluftverbrauch möglichst zutreffend
abgeschätzt werden. Dies erfolgt in der Regel aufgrund vorliegender Erfahrungswerten und
wurde ergänzt durch Berechnungen auf der Grundlage der Mehrphasenströmung von Luft
und Wasser im Boden.

2.5 Zusammenfassung Projekt Straßentunnel Bremen-Hemelingen

Durch das beschriebene geotechnische Messnetzwerk konnte eine erhebliche Beschleuni-


gung des Informationsflusses sowie eine Vereinfachung der baubegleitenden Überwachung
erreicht werden. Durch die zentrale Datenerfassung konnte die Anzahl der für die Fremd-
überwachung erforderlichen Mitarbeiter deutlich verringert werden. Die laufende Überwa-
chung der Verschiebung der Verbauwände ermöglichte darüber hinaus die Massenoptimie-
rung einzelner Bauteile und war im Hinblick auf die kontinuierliche Dokumentierung des
Bauablaufes von großem Nutzen.

3 Tunnel TESLA

3.1 Allgemeines

Bei dem TESLA Projekt des Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) handelt es sich um
die Realisierung eines supraleitenden Linearbeschleunigers für Tera-Elektronenvolt-Energie
(TESLA = TeV Energy Superconducting Linear Accelerator). Der TESLA-Komplex besteht
aus einem 33 km langen Haupttunnel, 4 Tunnelschlaufen zu je etwa 1 km, 28 Schächten,
Gebäuden und Hallen sowie einem ca. 8 km langen Fächertunnel. Der Haupttunnel beginnt
auf dem DESY-Gelände in Hamburg-Bahrenfeld und verläuft in Richtung Nordwest durch
den Kreis Pinneberg bis zur Gemeinde Westerhron (Bild 6).

Elmshorn A7

Westerhorn Linear-
Beschleuniger
TESLA

Ellerhoop-Forschungsgelände
33 k
m

DESY Hamburg
Pinneberg
Bild 6: Geplanter Standort des Linear-Beschleunigers TESLAAuf halber Strecke des
Tunnels, auf dem Ellerhoop-Forschungsgelände, sieht die Planung die Errichtung der Hallen

99
und Betriebsgebäude für die Kollision von Protonen und Elektronen vor. Die Hallen haben im
Grundriss Abmessungen von rd. 60 m x 160 m (Bild 7).

Bild 7: LINAC-Experimentierhalle

Te
2 mm
ilc ,
he
ns
tr
d0
a hl

De m
te 36
kt
or
ac
hs
e

Bild 8: Geometrische Vorgabe der Physiker an die Bauingenieure

In den Hallen befinden sich Detektoren zur Aufnahme der Elektronen bzw. Protonen. Die
Detektoren wirken quasi als Zielscheibe, während die aus dem Tunnel eintreffenden
Teilchen als Geschoss wirken. Anzustreben ist, dass die Teilchenachse bzw. Geschossach-
se in Deckung mit der Detektorachse, also der Zielachse verläuft (Bild 8). Daraus ergibt sich

100
die Forderung, dass sich die beiden Bauwerke Tunnel und Halle synchron verformen
müssen. Die numerisch ermittelten Hebungen bewegen sich in der Größenordnung von rd.
1 mm.

3.2 Vertikalverschiebungen infolge Grundwasserspiegelschwankungen

Im vorliegenden Fall treten Grundwasserschwankungen entlang des Tunnels von rd. 2 m


auf. Dies führt zu einer Veränderung der wirksamen Spannungen im Boden und daraus
resultierend zu Verschiebungen von Halle und Tunnel. Der Tunnel hebt sich und es findet
darüber hinaus eine Entovalisierung des Tunnelquerschnitts statt (Bild 9).

2,0 m

First

Sohle

Hebung des
Baugrundes
„Entovalisierung“ des V‘vert
Tunnelquerschnitts

Bild 9: Tunnelverformungen infolge zeitlichen Schwankungen des Grundwasserspiegels

Die Halle hebt sich ebenfalls. Zusätzlich tritt eine weitere Biegung der Sohlplatte sowie
zusätzliche Pfahldehnungen infolge Auftrieb auf (Bild 10).

101
GW-Anstieg

Hebungen der Halle infolge


Zusätzliche
Anstieg des Grundwassers Biegung

Hebung
Zusätzliche
Pfahldehnungen
infolge
Zusatzauftrieb
Auftriebspfähle

Bild 10: Hebungen der Halle infolge Anstieg des Grundwassers

Die Bilanzierung der Verformungen zeigt, dass sich Tunnel und Hallen unterschiedlich
voneinander verformen und es verbleibt eine Referenzverformung von rd. 3 mm. Diese für
geotechnische Problemstellungen vergleichsweise kleine Verformung wurde allerdings im
vorliegenden Fall für zu groß befunden, so dass theoretische Überlegungen zur möglichen
Egalisierung dieser Verformungen angestellt werden sollten (Bild 11).

Pfahlstauchung
Tunnel nach Ballastierung
Halle (Pfähle)
Hallen (= Detektor) achse
nach GW-Anstieg
2,8 mm

4,9 mm
Tunnel (= Strahl) achse
nach GW-Anstieg

1,3 mm First

0,8 mm Sohle

Bild 11: Summe der Verschiebungen infolge Grundwasseranstieg

102
3.3 Verminderung der Setzungsunterschiede

Zur Verminderung der Setzungsunterschiede ist die Realisierung einer Dichtwanne mit
regelbarem Grundwasserspiegel denkbar, in der die Halle hergestellt wird. In Abhängigkeit
des Grundwasserspiegels werden künstlich durch eine Befüll- und Absenkanlage Hebungen
und Senkungen erzeugt, um die entsprechenden Tunnelverformungen auszugleichen (Bild
12).

GW1
GW2

Befüll- und Ab-


senkanlage für
GW2-Regelung
im Trog
Auftriebspfähle

Bild 12: Dichtwanne mit regelbarem Grundwasserspiegel

Darüber hinaus ist die Ausführung einer Wabensohle denkbar, die Hohlkammern zur
Aufnahme von Wasser enthält. Je nach Zustand können so künstlich Verformungen induziert
werden.
Ballast-
Kammern für
Wasserfüllung
von
Wabengröße max. 2, 50 m
ca. 5 m × 5 m

Wand-
Scheiben

Deckplatte D = 1,50 m
H = 2,50 m
Grundplatte D = 1,50 m

Bild 13: Wabensohle

103
3.4 Zusammenfassung Projekt Tunnel TESLA

Die genannten konstruktiven Lösungen stellen sich als äußerst aufwendig dar und sind de
facto nicht praktikabel. Es muss deswegen auch an dieser Stelle festgestellt werden, dass
die konstruktive Beherrschung von Verformungen im Millimeterbereich in der Geotechnik nur
mit hohem Aufwand und begrenzter Zuverlässigkeit möglich ist. Eine derartige Aufgabe mit
so hohen Anforderungen an die Präzision der baulichen Anlagen kann nur durch die
interdisziplinäre Zusammenarbeit von Bauingenieuren, Maschinenbauern und Physikern
gelöst werden. Im vorliegenden Fall kommt in Frage, die entsprechenden Strahlenachsen
regulierbar zu gestalten, was z. B. mit Hilfe von Mikromotoren geschehen kann. Das Problem
wird quasi im vorliegenden Fall interdisziplinär zwischen Bauingenieuren und Maschinen-
bauern gelöst.

4 Herrentunnel Lübeck

4.1 Allgemeines

Zwischen der Zufahrt zur Autobahn A 226 und der Lübecker Innenstadt befindet sich ein
verkehrstechnisches Nadelöhr in Form der bereits baufälligen Herrenbrücke. Statt der
Erneuerung der Klappbrücke entsteht ein ca. 1040 m langer Straßentunnel, der die Bundes-
straße Lübeck-Travemünde nordöstlich von Lübeck unter der Trave hindurchführt.

4.2 Bauwerk und Bauweise

Der Herrentunnel besteht aus zwei parallelen Röhren mit einem Außendurchmesser von
11,30 m (Bild 14). Auf einer Länge von ca. 780 m wird der Tunnel im Schildvortrieb (Hydro-
schild) hergestellt. Zum Einsatz kam die Schildvortriebmaschine, mit der zuvor der Weser-
tunnel aufgefahren wurde. Der Rest der Strecke wird in offener Bauweise erstellt. Das
Gesamtbauwerk aus Mautstation, den beiden Rampen und dem eigentlichen Tunnelstück
besitzt eine Gesamtlänge von ca. 2000 m.
Bis zur Fertigstellung der Bauarbeiten werden voraussichtlich folgende Mengen an Baustof-
fen zu verarbeiten sein:
x Beton: 44.000 m³ Ortbeton + 24.000 m³ Fertigbetonteile
x Baustahl: 6.600 Tonnen
x Boden, ausbauen: 870.000 m³
x Boden, einbauen: 180.000 m³
x Wasserleitungen: 11.800 m

4.3 Bauausführung

Während der Bauarbeiten ist ein bis zu 20 m tiefer Eingriff in das Grundwasser erforderlich.
Der Baugrubenverbau erfolgte in Schlitzwandbauweise. Zur Abtragung des Wasserdrucks
wurden unter den horizontalen Unterwasserbetonsohlen Kiesfilterdränagen angeordnet.
Zur temporären Verkehrsführung wurde ein Fangedamm errichtet, der als Verkehrstrasse
(SLW 60/30) so dimensioniert werden musste, dass der fließende Verkehr der Herrenbrücke
aufgenommen werden konnte. Der Fangedamm wurde als Trägerbohlenwand mit 3-facher
Verankerung ausgeführt und direkt neben der Trogbaugrube errichtet (Bild 15). Der Bau-
grund besteht oberflächennah aus Sand, darunter steht Geschiebemergel an, der von Sand-
und Schlufflagen durchzogen ist. Im Geschiebemergel treten Findlinge von einer Größe von
bis zu 1 m auf. Da ein maximaler Tidenhub von bis zu 20 m zu berücksichtigen war, mussten
besondere Anforderungen an das Verformungsverhalten der Baugrubenumschließung
gestellt werden.

104
Tunnelröhren

Trave

Bild 14: Unterquerung der Trave durch 2 Röhren

Bild 15: Baugrube und Fangedamm

105
Die Gesamtstandsicherheit wurde nach DIN 1054 neu (GZ 1C) sowie die Gebrauchstaug-
lichkeit nach DIN 1054 neu (GZ 2) nachgewiesen. Die Verformungen wurden mit Hilfe von
Inklinometermessungen überwacht. Es wurden Ankerkraftmessungen und Abhebeversuche
durchgeführt. In Verbindung, mit den geometrischen Messungen, d. h. den tatsächlichen
Verschiebungen konnte so eine Kalibrierung der Abhebeversuche auf der Grundlage der
Messergebnisse erfolgen. Bild 16 zeigt den maßgebenden Bruchmechanismus in einer FE-
Berechnung als Resultat einer M-c-Reduktion.

Bild 16: Fangedamm und Baugrube Trog West, maßgebender Bruchmechanismus

5 Projekt Staatsoper Hamburg

5.1 Allgemeines

Bis Ende 2004 soll der Neubau des Betriebsgebäudes der Staatsoper Hamburg errichtet
werden. Es beinhaltet die hinsichtlich Größe und Ausstattung an einen modernen Spielbe-
trieb angepassten Hinter- und Seitenbühnen, die Probesäle für Orchester und Ballett sowie
Lager-, Magazin- und Werkstattflächen.
Wegen der teilweise unmittelbar angrenzenden, über 100 Jahre alten Bebauung mussten die
Verbauwandverformungen klein gehalten werden. Der möglichst präzisen Prognose der
Verbauwandverformungen kam daher besondere Bedeutung zu.

5.2 Untergrundverhältnisse

Unterhalb der Auffüllungen steht eine 6 – 8 m mächtige Schicht aus Geschiebemergel an.
Darunter folgen Fein- und Mittelsande.

106
Der freie Grundwasserstand befindet sich knapp oberhalb des Geschiebemergels. Das
Grundwasser unterhalb des Geschiebemergels ist gespannt. Zur Gewährleistung der
Auftriebsicherheit der Baugrube wurde eine Entspannungswasserhaltung betrieben.

5.3 Bauwerk und Bauweise

Das neue Betriebsgebäude grenzt unmittelbar an die bestehende Hauptbühne und besitzt
bis zu 10 Obergeschosse bei einer Nutzfläche von ca. 8.500 m³. Das Betriebsgebäude wird
von einer Mantelbebauung umhüllt, die den räumlichen Abschluss des Opernkomplexes
darstellt.
Die Baugrube hat eine Fläche von 70 m u 50 m mit einer maximalen Tiefe von 13 m. Sie ist
mit einer überschnittenen, ein- bis zweifach verankerten Bohrpfahlwand umschlossen. Die
Bohrpfahlwand befindet sich nahezu vollständig im Geschiebemergel.

Bild 17: Baugrube Staatsoper Hamburg

5.4 Baugrubenstatik

Aufgrund der teilweise sehr dichten, stark setzungsempfindlichen bestehenden Bebauung


musste die Dimensionierung der Baugrube des neuen Betriebsgebäudes inkl. der Abschät-
zung der zu erwartenden Verformungen möglichst zutreffend erfolgen. In der Vergangenheit
hat sich jedoch gezeigt, dass gerade bei tiefen Baugruben mit hohem Grundwasserstand
herkömmliche Verfahren zur Dimensionierung des Baugrubenverbaus mitunter zu einer
Überschätzung des Tragverhaltens führen können (Schwinn & Pantaenius, 1999; Weißen-
bach & Gollub, 1995). Der Grund hierfür liegt darin, dass ein Bewegungsmechanismus des
Verbausystems im Einspannungsbereich unterstellt wird, der sich so aufgrund der Scherfes-

107
tigkeitsverhältnisse von Boden und Wand in der Realität nicht bzw. nur bedingt einstellt.
Daneben kommt es zu Verschiebungen des rechnerischen Fußpunktes, die unberücksichtigt
bleiben.
Der Ansatz einer elastischen Bettung im Einbindebereich ist ein erster Schritt zur Berück-
sichtigung der Interaktion zwischen Wand und Boden. Dabei muss der angesetzte Bet-
tungsmodul die Wegabhängigkeit der Horizontalspannung im Erdwiderstandsbereich
zutreffend abbilden (Bild 18). Zu hoch abgeschätzte Bettungsmoduli können zu einer
Unterschätzung der Ankerkräfte und Feldmomente auf die Wand führen (Boley et al., 2002).

Bettungsansatz:
kS = ?

Bild 18: Schnitt A-A durch die Baugrube

Für die Dimensionierung der Baugrube der Staatsoper wurde der Baugrubenverbau in einer
Vorlaufrechnung nach der Methode der Finiten Elemente abgebildet. Aus den ermittelten
horizontalen Normalspannungen Vh und den Verformungen uh konnte so der Bettungsmodul
ksh berechnet werden. Weitere Einflussfaktoren wie Bodenart (Scherfestigkeit und Steifemo-
dul) und Grundwasserstand wurden im Rahmen einer Parameterstudie berücksichtigt.
Für verschiedene Böden konnten so unter Berücksichtigung von Grundwasserstand,
Ankerlänge und Einbindetiefe der Bohrpfahlwand sowohl der Bettungsmodul längs der
Einbindestrecke als auch das Moment auf die Wand ermittelt werden. Die mit Hilfe der FE-
Berechnung ermittelten Bettungsmoduli für eine 10 m tiefe Baugrube bei einer Einbindetiefe
der Bohrpfahlwand von 6 m lagen dabei zwischen 3 und 11 MN/m³.

Es zeigte sich außerdem, dass die Höhe des Grundwasserstandes wesentlichen Einfluss auf
die Größe des Bettungsmoduls hat, da, wie bereits in Weißenbach & Gollub (1995) berichtet,
bei hohem Grundwasserstand in der Regel nur eine geringe Einspannwirkung im Baugrund
erzielt werden kann, so dass sich bei höheren Grundwasserständen geringere Bettungsmo-

108
duli ergeben. Bei Vergleichrechnungen mit und ohne Grundwasser ergaben sich Unterschie-
de im Bettungsmodul um den Faktor 2.
Das Bettungsmodul verminderte sich ebenfalls mit zunehmender Tiefe der Baugrube. Ein
höherer Reibungswinkel des Bodens führt dagegen zu größeren Bettungsmoduli. Bei
nichtbindigen Böden steigt der Bettungsmodul im oberen Bereich der Einbindestrecke
zunächst linear an und fällt dann bis zum Fußpunkt überlinear ab. Bei kohäsiven Böden
können unmittelbar unterhalb der Baugrubensohle bereits Horizontalverschiebungen
aufgenommen werden. In vielen Fällen ist hier der Ansatz eines konstanten Bettungsmoduls
über die Tiefe zutreffend.
Welche Auswirkungen es für die praktische Anwendung haben kann, wenn der Bettungsmo-
dul zu hoch abgeschätzt wird, zeigt Bild 19. Hier wurde das auf die Wand wirkende Moment
einmal für den aus der FE-Berechnung abgeleiteten Bettungsmodul ksh = 10 MN/m³ sowie
wie für einen Wert von ksh = 20 MN/m³ ermittelt. Es ist zu erkennen, dass die Verdopplung
des Bettungsmoduls zu einer Reduzierung der rechnerischen Beanspruchung der Ankerkraft
A auf rund 60 % nach sich zieht. Der Maximalwert des Feldmomentes in der Wand sinkt auf
65 %. Die Fehleinschätzung bei der Wahl des Bettungsmoduls könnte also in diesem Fall
durch Ausschöpfung der Sicherheitsreserven zum Verlust der Standsicherheit des Baugru-
benverbausystems führen.

6 ,0

2 ,0
Höhe
über NN [m] -2 ,0

-6 ,0

-10 ,0
-2 00 0 200 4 00 600

Biegemoment [kNm/m]

— ksh = 10 MN/m³ M = 100 % A = 100 %


— ksh = 20 MN/m³ M = 65 % A = 60 %

Bild 19: Abhängigkeit des Biegemoments und der Ankerkraft vom Bettungsmodul

109
5.5 Zusammenfassung Projekt Staatsoper Hamburg

Herkömmliche, konventionelle Berechnungsansätze zur Bestimmung der Feldmomente auf


die Baugrubenwand und der erforderlichen Ankerkräfte liefern insbesondere bei tiefen
Baugruben mit hohen Grundwasserständen aus heutiger Sicht nicht mehr zufriedenstellende
Ergebnisse, da die wirklichen Wandbewegungen nicht berücksichtigt werden und damit
falsche Lasteinwirkungen in die Berechung einfließen.
Der Ansatz einer elastischen Bettung im Einbindebereich kann dabei als erster Schritt
angesehen werden, durch den die Interaktion zwischen Wand und Boden berücksichtigt
werden kann. Die Abschätzung des Bettungsmoduls muss dabei jedoch möglichst zutreffend
erfolgen, um zu vermeiden, dass durch fehlerhafte Berechnungsannahmen zu geringe
Feldmomente und erforderliche Ankerkräfte ermittelt werden.
Der Vorteil des Bettungsmodulverfahrens liegt insbesondere auch in der Möglichkeit, die
Systemrandbedingungen wie z. B. Höhe der Ankerlage auf einfache Weise systematische
variieren und somit optimieren zu können. Numerische Berechnungen dagegen erfordern
hierfür in der Regel die Neugenerierung des kompletten Netzes und somit einen erheblich
Zeitaufwand.
Es besteht weiterer Forschungsbedarf, um die Interaktion zwischen Bauwerk und Boden
zutreffend beschreiben zu können. Die mittlerweile neu erschienen Empfehlungen EB 102
und EB 103 des Arbeitskreises Baugruben der DGGT sind eine wesentliche Hilfe für die
Baupraxis bei der Anwendung des Bettungsmodulverfahrens bzw. der Methode der Finiten
Elemente bei Baugruben (Weißenbach, 2003).

6 Literaturverzeichnis:
Boley, C. & Grabe, J. & Morgen, K., 2002
Baugrube Staatsoper Hamburg – Erfassung der Boden-Bauwerk-Wechselwirkung, Vorträge der
Baugrundtagung 2002, Mainz, S. 257 – 264
Boley, C., Zou, Y, 2004
Die Hysteresewirkung der Saugspannung in teilgesättigten Böden und ihr Einfluss auf die Standsi-
cherheit geotechnischer Bauwerke, Bauingenieur 09/04 (zur Veröffentlichung angenommen)
Knoll, P & Kowalle, G. & Kramer, J., 1999
Moderne Verfahren der Beweissicherungsmessungen, dargestellt am Beispiel der Bauwerkssicherung
bei der Tunnelverlegung der B 31 im Innenstadtbereich von Freiburg/Breisgau, VDI-Berichte, Nr.
1436, S. 269 - 287
Schwinn, K. H. & Pantaenius, F., 1999
Kritische Anmerkungen zur Bemessung tiefer Baugruben, VDI-Berichte, Nr. 1436, S. 125 – 145
Weißenbach, A. & Gollub, P., 1995
Neue Erkenntnisse über mehrfach verankerte Ortbetonwände bei Baugruben in Sandböden bei
tiefliegender Injektionssohle, hohem Wasserüberdruck und großer Bauwerkslast, Bautechnik 72, S.
780 – 799
Weißenbach A., 2003
Empfehlungen des Arbeitskreises "Baugruben" der DGGT zur Anwendung des Bettungsmodulverfah-
rens und der Finite-Elemente-Methode, Bautechnik, 2003, Band 80, Heft 2, S. 75-80
Zou, Y., 2003
Ein physikalisches Modell der pF-Kurve für teilgesättigte grobkörnige Böden, Bautechnik 80, S. 913 -
921
Zou, Y., 2004
Ein erweitertes physikalisches Modell der pF-Kurve für teilgesättigte grobkörnige Böden, Bautechnik,
Bautechnik 81, S. 371 – 378

110
Geotechnische Besonderheiten bei einer großen Baugrube mit
Randbebauung in Konstanzer Seeton

Dr.-Ing. Stefan Krieg, Dr.-Ing. Walter Lächler


S&P x Smoltczyk & Partner GmbH, Untere Waldplätze 14, 70569 Stuttgart

Dipl.-Ing. Gebhard Siebler


Weiske + Partner GmbH, Johannestraße 75, 70176 Stuttgart

1 Zusammenfassung
Für den Bau des Shoppingcenters Seeuferhaus wurde zu Beginn des Jahres 2002 mit der
Herstellung einer bis zu 9,9 m tiefen Baugrube begonnen, die sich über 180 m, mit Breiten
von 50 m bis 100 m ausdehnt. Im Nahbereich des Bodensees besteht der Baugrund aus
sandigen Deckschichten, die in 6 m bis 9 m Tiefe von meist breiigen Seetonen unterlagert
werden. Das Grundwasser steht 3 m unter Gelände an. Angrenzende Bebauung und
Bahngleise liegen nur zwischen 12 m und 25 m entfernt. Die Baugrundverhältnisse waren
besonders kritisch zu bewerten, da in Konstanz bei Baugruben unter ähnlichen Verhältnissen
schon mehrfach Schäden aufgetreten sind. Erschwerend kam hinzu, dass die für den Seeton
aus Flügelsondierungen gewonnenen cu-Werte deutlich geringer waren, als dies aufgrund
früherer Untersuchungen zu erwarten war.
Für die Gründung des bis zu 5-stöckigen Gebäudes wurden zuerst 50 m lange, unverrohrte
Bohrpfähle, ‡ 1,5 m, im Seeton hergestellt, die zusammen mit der Bodenplatte den verfor-
mungsarmen Lastabtrag des Bauwerks sicherstellen.
Wegen der geringen Stabilität des Baugrunds und dem bis 40 m hinter den Baugrubenrand
reichenden Verformungsmechanismus musste der Aushub in Teilflächen von 12 m x 17 m
bis 17 m x 24 m erfolgen. Hierzu wurde die Baugrube vorab mit Spundwänden in 3 Längs-
streifen unterteilt. Um auch die Wandverformungen zu minimieren, wurde die Spundwand
am Kopf mit Steifen und am Fuß durch eine unbewehrte, 0,8 m dicke Unterbetonsohle
gestützt, die in kleinen Abschnitten, dem Aushub unmittelbar folgend, eingebaut wurde. Da
trotz Ansatz räumlicher Tragwirkung, haltender Steifenkräfte und Bauteilwiderständen nur
gerade ausreichende Sicherheiten nachgewiesen werden konnten, wurden im Sinne der
Beobachtungsmethode ein umfangreiches Messprogramm installiert und die Teilflächen in
den 3 Längsstreifen gegeneinander versetzt hergestellt. Erst wenn in einer Teilfläche die
endgültige Bodenplatte zugfest an die Bauwerkspfähle angeschlossen war, durfte die
angrenzende Fläche ausgehoben werden. Die Bodenplatte wurde hierfür auf „Fließdruck“
von unten bemessen. Vor dem am nächsten gelegenen Gebäude wurde zur Verformungs-
begrenzung die Unterbetonsohle zusätzlich mit 40 m langen GEWI-Pfählen zusätzlich
rückverankert. Ein Vergleich zeigt, dass die mittlerweile eingeführten Empfehlungen des
Arbeitskreises der DGGT zu „Baugruben in weichen Böden“ (EB 90 – EB 101) hier bereits
beispielhaft und erfolgreich umgesetzt wurden.

2 Einführung
Nach langer Nutzungs- und Investorensuche sollte zum Jahreswechsel 2001/2002 mit der
Herstellung der Baugrube und der Pfähle für das Seeuferhaus in Konstanz, einem Shop-
pingcenter mit Kinos, Büros, Wohnen und Parken begonnen werden. Der jetzt in „LAGO
Shopping Center“ umbenannte, 5-stöckige Gebäudekomplex mit 2 Untergeschossen
erstreckt sich auf einem seenahen Grundstück im äußersten Süden von Konstanz, an der
Grenze zur Schweiz, in Nordsüdrichtung auf einer Länge von 180 m, wobei die Breite von
50 m im Süden auf 100 m im Norden zunimmt (Bild 1). Das Gelände ist im Osten nur durch
die Hafenstraße und die 15 m vom Gebäude beginnenden Gleisanlagen vom Hafen bzw.
vom Bodensee getrennt. Im Norden verläuft die stark befahrene Bodanstraße und parallel

111
zur „schrägen“ Westseite verläuft die Häuserzeile der Wiesenstraße im Abstand von 12 m
bis 25 m.
Die Baugrube lässt sich bezüglich der Tiefe entsprechend der Nutzung mit 2 bzw. 1 UG in
zwei Abschnitte unterteilen: Den bis UK-Unterbetonsohle 9,1 m bzw. im Bereich von
Pfahlkopfbalken 9,9 m tiefen Teil im Osten, der entsprechend der Baugrubenschmalseite im
Süden rund 50 m breit ist, und den im Westen fast dreieckigen Teil entlang der Häuserzeile
mit Tiefen zwischen 5,8 m und 8,0 m.
Die Untergrundverhältnisse sind hier typisch für die Altstadt von Konstanz: Unter 6 m bis
9 m mächtigen schluffigen Fein- und Mittelsandschichten stehen Seetone von rund 20 m bis
40 m Mächtigkeit an, deren Konsistenz zumindest auf den für die Baugrubenstandsicherheit
maßgebenden oberen 25 m vorwiegend breiig ist. Damit wird deutlich, dass die Herstellung
der über 13.000 m² großen und bis zu über 9 m tiefen Baugrube innerhalb der Randbebau-
ung eine geotechnische und konstruktive Herausforderung darstellt.

Bild 1: Baugrube mit Spundwänden, Pfählen und Aushubtiefen

Zu Beginn der 90 Jahre wurden in Konstanz am nahe gelegenen Postamt [9] und am
Fischmarkt [8] und später z.B. auch in Starnberg [12] und Rosenheim [15] nach zunächst
meist unangenehmen Erfahrungen schwierige Bauvorhaben in derartigen Seetonen erfolg-
reich umgesetzt und z.T. auch wissenschaftlich bewertet [16][10]. Daraus wurden grundle-
gende Erfahrungen für das Bauen in derartigem Baugrund abgeleitet, die auch in die

112
unlängst veröffentlichten Ergänzungen der EAB - „Baugruben in weichen Böden“ (EB 90 –
EB 101) [5] eingeflossen sind.
Entsprechend den o.g. Bauvorhaben können die bei der Planung der Spezialtiefbauarbeiten
zu berücksichtigenden Erfahrungen mit folgenden Schlagworten kurz zusammengefasst
werden:
- Der Seeton ist ein breiiger, sensitiver, extrem störungsempfindlicher und kriechfähiger,
feingeschichter Baugrund, in dem z.B. zyklische Belastungen auch noch in Entfernungen
von über 40 m zur Porenwasserüberdruckbildung (Verflüssigung) und anschließenden
(Konsolidations-)Setzungen führen können.
- Wegen eines Stagnationsgradienten ist der Seeton nicht auskonsolidiert und es sind
daher zur Schichtmitte hin permanente Porenwasserüberdrücke bzw. niedrige Konsisten-
zen vorhanden.
- Für die Herstellung von Bohrpfählen erfordert dies insbesondere ein erschütterungsarmes
und volumentreues Arbeiten und die Vermeidung von Unterdrücken beim Ziehen des
Fördergerätes.
- Für die Konstruktion und Herstellung der Baugruben ist zu beachten, dass die Ausbildung
eines Fußauflagers im Seeton praktisch nicht möglich ist, dass in der Nähe der Randbe-
bauung die Verbauwand verformungsarm auszubilden ist und daher die untere Stützung
am Besten vorab oder spätestens unmittelbar nach dem Aushub vorhanden sein muss.
- Um unvermeidbare Setzungen in der Umgebung möglichst gering zu halten, sind
Sohlhebungen zu minimieren und ein Umfließen der Baugrubenwand [2][16][17] sicher
auszuschließen.
Diese Umstände waren bei der Planung des Bauvorhabens zu beachten und wurden im
Zuge der Ausführung überprüft, wobei vereinzelt interessante und weniger erwartete
Feststellungen gemacht wurden.

3 Der Baugrund und seine Scherfestigkeit


Der Baugrund kann im Bereich des Baufeldes (GOK { 398,3 mNN) in folgende Schichten
unterschieden werden (Bild 5). Zuoberst liegen etwa 3,0 m bis 4,5 m dicke, anthropogene
sandige Geländeauffüllungen, die nahezu auf dem gesamten Baufeld für eine Altlastensanie-
rung und archäologische Untersuchungen vorab etwa 3 m bis auf das Voraushubniveau
(395,2 mNN) abgetragen wurden. Darunter folgen als gewachsener Untergrund zunächst
eine Deckschicht aus wechselnd schluffigen Fein- und Mittelsanden, die ab Tiefen von ca.
6 m bis 9 m unter der Geländeoberfläche von vorwiegend breiigen Seetonen unterlagert
werden. Ab Tiefen von ca. 20 m im Norden, bis 35 m im Süden gehen diese Seetone in
einem sogenannten Übergangsbereich in weiche bis steife Konsistenz über und enthalten
verstärkt Sand- und Kiesanteile. Den tieferen Untergrund bilden die halbfesten und festen,
mit Kieslagen durchzogenen Schluffe der Grundmoräne, die im Nordwesten in Tiefen ab ca.
28 m bis 32 m angetroffen wurde und nach Südwesten auf bis zu 50 m abfällt.
Der Grundwasserspiegel liegt rund 3 m unter Gelände. In den Kiesen der Grundmoräne ist ein
zweiter, gespannter Grundwasseraquifer vorhanden, dessen Druckspiegel etwa 1 m unter
Gelände reicht.
Die für das Bauvorhaben bestimmenden Seetone (Beckentone) sind nacheiszeitliche tonige
Schluffe und schluffige Tone, die auch Feinsandanteile bis zu 30 % aufweisen können.
Aufgrund der wechselnden Sedimentationsbedingungen weisen sie eine Feinschichtung mit
z.T. ausgeprägten Feinsandbändern auf. Da die Seetone höchstens unter Eigengewicht
auskonsolidiert sind (normalkonsolidiert) , aber wegen des meist vorhandenen Stagnations-
gradienten [16][13] noch Porenwasserüberdrücke vorhanden sein können (unterkonsolidiert),
weisen sie in weiten Bereichen, wie auch hier in Tiefen von bis zu 30 m, nur eine vorwiegend
breiige Konsistenz auf.

113
Wassergehalt w [%] Flie grenze wL [-] Konsistenz Ic [-] Koh sion cu [kN/m ]
10 20 30 40 20 30 40 50 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 10 20 30 40 50 60 70
6 6 6 6

8 8 8 8
TL TM
10 10 10 10
cu (t) = 18,0 + 0,36 (t -6)
12 12 12 12 cu = 0,26 V'1
Tiefe t unter GOK [m]

14 14 14 14

16 16 16 16

Ten
18

den
18 18 18

z
20 20 20 20

22 22 22 Ansatz
22 April 2001

24 24 24 24

26 26 26 26
cu (t) = 30,0 + 2,86 (t -17)
28 28 28 28 Fl gelsondierungen

30 30 30 30 April 2001 (Planungsgrundlage)


Jan. 2002 (Ausf hrungsgrundlage)
32 32 32 32

Bild 2: Tiefenabhängige Entwicklung im Seeton von Wassergehalt w, Fließgrenze wL, Kon-


sistenz Ic und Kohäsion cu des undränierten Bodens

Aus den vom Bauherrn zur Ausschreibung beigelegten Gutachten [4][6][7] konnten für den
im Baufeld anstehenden Seeton aus 19 Kernbohrungen folgende Kennwerte abgeleitet
werden (Bild 2). Die natürlichen Wassergehalte liegen zwischen 35 % und 15 % und nehmen
tendenziell von im Mittel 30 % auf im Mittel 25 % in 20 m Tiefe ab. Die Fließgrenze streut im
oberen Bereich um wL = 40 %, was nach DIN 18196 einen mittelplastischen Ton (TM)
anzeigt. Ab einer Tiefe von etwa 14 m ist der Seeton mit fallender Fließgrenze infolge
steigender Schluff- und Feinsandanteile leichtplastisch (TL) oder nur noch ein Sand-Ton-
Gemisch (ST). Die Konsistenz ist mit 0 < Ic < 0,5 vorwiegend breiig, dabei ist bis etwa 15 m
eine Abnahme und danach wieder einer leichte Zunahme mit der Tiefe festzustellen. Soweit
entsprach hier der Seeton den vorliegenden Erfahrungen [8][15][16].
Für die Scherfestigkeit des undränierten Bodens, die Kohäsion cu, lagen der Ausschreibung
nur wenige streuende Werte von Flügelsondierungen aus einer ergänzenden Bohrkampagne
[4] im April 2001 vor (Bild 2). Nach eingehender Bewertung der Ergebnisse, die zunächst
eine unzureichend schonende Versuchsdurchführung vermuten ließen, wurde eine Vertei-
lung angenommen (Bild 2), die noch weit unterhalb von fundierten und eigentlich zu erwar-
tenden Werten aus der Nachbarschaft [16] lagen. Unter diesem Gesichtspunkt bzw. unter
der Erwartung des Nachweises höherer Rechenwerte wurden im Januar 2002 über das
Baufeld verteilt zusätzliche und umfangreiche Flügelsondierungen ausgeführt. Dabei wurde
eine hochwertige Flügelsonde verwendet, bei welcher der Flügelwiderstand direkt oberhalb
des Flügels elektrisch erfasst und der Flügel so schonend wie möglich eingedrückt wird.
Die gemessenen (Peak-)Werte waren aber wiederum gering (Bild 2), wobei dann in Ab-
stimmung mit dem Prüfer folgende Verteilung der Scherfestigkeit festgelegt wurde: Bis 17 m
Tiefe cu(t) = 18,0 + 0,36 (t - 6), darunter wurde ein deutlicher Festigkeitszuwachs von
21 kN/m² auf 30 kN/m² festgestellt, ab dem cu(t) = 30,0 + 2,36 (t - 17) gilt. Damit waren
ausgerechnet in der für den Nachweis der Baugrubenstablität wichtigen Zone zwischen
13 m und 17 m jetzt für die Ausführung noch kleinere als die ohnehin schon sehr geringeren
Rechenwerte bei der Planung zu beachten.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage diskutiert, ob die gemessenen cu-Werte
nicht unrealistisch niedrig sind, zumal auch abgesicherte Erfahrungen aus der unmittelbaren
Nachbarschaft vorlagen [16], nach denen die Kohäsion mit dem effektiven Überlage-
rungsdruck um cu 0,26 ˜ V 1' zunimmt. Selbst unter der Berücksichtigung eines Stagnations-
gradienten von i0 = 0,15 konnten die niedrigen Werte bei Weitem nicht erklärt werden.

114
Zunächst wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass insbesondere die stark stö-
rungsempfindlichen TL- und ST-Bereiche des Seetons beim Drehen des Flügels kollabieren
bzw. sich unter der Bildung von Porenwasserüberdrücken entfestigen.
Wahrscheinlicher ist aber der mittlerweile bekannte Umstand [11], dass wie vor dem
Fußauflager einer Baugrubenwand [16] die horizontale Hauptbelastungsrichtung bei der
Flügelsondierung zu einer Extensionsbeanspruchung führt, gegenüber welcher der Seeton
einen deutlich geringeren Scherwiderstand aufbringt als bei vertikaler Kompression. Nach
[11] kann davon ausgegangen werden, dass bei einer für Seetone typischen Plastizität
IP | 20 % cu–Werte, die aus Flügelsondierungen ermittelt werden, nur etwa halb so groß
sind, wie cu–Werte, welche aus triaxialen Kompressionsversuchen bestimmt und für die
Berechnung des aktiven Erddrucks herangezogen werden. Beachtet man die in Bild 2 nach
[16] anzunehmende Verteilung von cu 0,26 ˜ V 1' wird dieser Umstand bis in eine Tiefe von
17 m bestätigt. Die hier diskutierte Möglichkeit, die cu–Werte aus Flügelsondierungen für
geostatische Berechnungen um einen entsprechenden Korrekturfaktor zu erhöhen, erfordert
allerdings die sorgfältige Berücksichtigung aller Randbedingungen. Es ist jedoch sehr
hilfreich, diesen Effekt zu kennen, und damit auch die Risiken bei der Festlegung von
Rechenwerten besser abschätzen zu können.
Im konkreten Fall hier wurde die Reserve in den Rechenwerten insofern genutzt, indem bei
den schon offensichtlich geringen Werten, auf eine zusätzliche geschwindigkeitsabhängige
Abminderung der Kohäsion nach Bjerrum [3] [5] verzichtet wurde. Dabei wurde auch
gewürdigt, dass der Seeton als TL oder ST weniger viskos einzustufen ist und die kritischen
Bauzustände nur kurzzeitig waren.

4 Überlegungen und Konzept zur Baugrubenherstellung


Die Ausführungsplanung sah vor, zunächst vom vorhandenen Voraushubniveau (-3,1 m) die
die Baugrube umschließenden Spundwände einzubringen und die rund 130 Bohrpfähle,
‡ 1,5 m, bis in die Grundmoräne herzustellen. Im Bereich der tiefen rechteckigen Baugrube
war dann ein weiterer Voraushub um etwa 1 m auf -4,3 m vorgesehen.
Im Übrigen war eine Flachgründung auf dem Seeton verworfen worden, da sowohl in der
Bauphase als auch im Endzustand stark unterschiedliche Belastungen innerhalb des Kom-
plexes auftreten, die zu unverträglichen Setzungsunterschieden geführt hätten.
Erste FE-Untersuchungen bestätigten den bekannten Umstand, dass selbst bei deutlich hö-
heren cu-Werten als hier versuchstechnisch nachgewiesen, eine derartig tiefe und großflä-
chige Baugrube infolge eines großräumigen Verformungsmechanismus Hebungen in der
Baugrubensohle und Setzungen in der Umgebung von mehreren Zentimetern bis 40 m über
den Baugrubenrand hinaus erzeugen würde (Bild 3). Hinzu kam noch der Umstand, dass ein
senkrechter Einschnitt mit Höhen von 7 m bzw. 9 m eine Geländebruchsicherheit deutlich
unter 1,0 aufweist.
An einen Vollaushub ohne spezielle Zusatzmaßnahmen, wie z.B. eine rückverankerte
Düsenstrahlsohle, eine tiefe Bodenverbesserung mit hydraulischen Bindemitteln oder einem
Aushub in Teilflächen war daher nicht zu denken. Dabei war zu berücksichtigen, dass auch
bei einem Aushub in Teilflächen die Grube für den weiteren Baufortschritt gegen Gelände-
bruch zu sicheren bzw. die Sohlen rückzuverankern waren.

115
Bild 3: Konturplot mit Verformungen nur infolge des Aushubs des tiefen Baugrubenteils an
der Hafenstraße

Für die Ausbildung der Baugrubenwände war gleichzeitig zu beachten, dass diese an den
beiden Langseiten wegen den Bahngleisen und der Randbebauung möglichst verformungs-
arm gestützt werden. Hierfür kamen entweder eine Verankerung oder eine Ab- oder Ausstei-
fung infrage.
Eine Verankerung im Seeton ist bei den hier auftretenden Kräften nicht möglich. Auch eine
Verankerung in den Deckschichten kam nicht infrage, da diese bis unter das Bahngelände
und die Häuser an der Westseite hätte geführt werden müssen und auf dem breiigen,
kriechfähigen Seeton ein Abgleiten des durch die Anker aktivierten, nur 6 m bis 9 m dicken
Schichtpaketes zu befürchten gewesen wäre. Somit war klar, dass die Baugrubenwände
oben und unten abzusteifen waren. So wurden für die obere Stützung Stahlsteifen gewählt,
die bei etwa –4 m, also 1 m unterhalb des Voraushubniveaus angeordnet wurden. Die untere
Stützung sollte über die Bodenplatte erfolgen.
Bei der unteren Aussteifung war gleichzeitig die Sicherung gegen Geländebruch und
Umfließen [2][16][17] zu berücksichtigen. Aufgrund der Pfahlgründung bot es sich an, zur
Sicherung des Aushubzustands die sowieso erforderliche t 0,8 m dicke Bodenplatte des
Gebäudes (weiße Wanne) zugfest an die vorab hergestellten Bohrpfähle anzubinden. Aus
diesen Gründen wurde angestrebt, auf eine Sohle nach dem Düsentrahlverfahren oder auf
eine Baugrundverbesserung zu verzichten, zumal im schwierig zu beherrschenden Seeton
dafür umfangreiche Kubaturen erforderlich gewesen wären.
Da für die haltende Bodenplatte aber zuerst ohne eine solche Sohlsicherung ausgehoben
werden muss, wurde aus Stabilitätsgründen ein Aushub in 3 Streifen in Teilbaugruben
erforderlich. In Orientierung an das Raster der Pfähle (Bilder 1 und 4), an die nach Fertigstel-
lung einer Teilbaugrube die Bodenplatte zugfest angeschlossen sein musste, wurde ein
Aushub in Teilflächen von etwa 12 m x 17 m bis 24 m x 17 m gewählt. Weitere Überlegun-
gen zur Stabilität wie auch zur Gebrauchstauglichkeit zeigten, dass trotz Berücksichtigung
der räumlichen Wirkung auch kurzfristig der vollflächige Aushub einer Teilbaugrube mit dem
nachfolgenden Einbau der Bodenplatte nicht möglich war. Damit das Fußauflager zu jedem
Zeitpunkt ausreichend verformungsarm gestützt war, musste eine Teilbaugrube sukzessive,
d.h. durch Abgraben einer rückschreitenden Böschung bei gleichzeitigem Einbau der
Fußaussteifung hergestellt werden (Bilder 5 und 7). Daher wurde unterhalb der Bodenplatte
eine 0,7 m dicke Unterbetonsohle aus unbewehrtem Beton B25 angeordnet, die in Streifen,
der rückschreitenden Böschung unmittelbar folgend, jeweils in Tagesleistung eingebracht
wurde.

116
Bild 4: Tiefer Baugrubenteil, Abfolge der Herstellung der Teilbaugruben

Da mit der oben beschriebenen Herstellung der unteren Aussteifung in Teilabschnitten


immer nur in Ost-West-Richtung abgestützt werden konnte und so eine Fußaussteifung in
Richtung der Nord-Südachse fehlte, konnte vor senkrechten Baugrubenwänden im Süden
und Norden höchstens bis zur vorletzten Teilfläche ausgehoben werden. Ansonsten wären
die Wände ohne Stützung in die Baugrube hineingewandert. Nach der Prüfung verschiede-
ner Ausführungsvarianten zur Herstellung einer zweiachsigen Stützung, z.B. mit wieder zu
verfüllenden Gräben oder einzelnen, sich kreuzenden Unterbetonstreifen, kam man zu dem
Schluss, dass eine ausreichend verformungsarme Aussteifung in diesen Bereichen nur mit
einer vorab eingebrachten DS-Sohle oder einer Bodenverbesserung erreicht werden konnte.
Da man sich diesen Aufwand ersparen wollte, wurde nach Prüfung der Platzverhältnisse
entschieden, im Süden und Norden jeweils eine flache Böschung (Neigung |1:3) anzulegen.

Bild 5: Ost-West-Schnitt mit Ausführung des tiefen Baugrubenteils; Randbaugrube mit


Unterbetonstreifen gerade in Herstellung

117
5 Nachweise
Nachdem das Baugrubenkonzept im Prinzip feststand, wurden zunächst in einem Ost-West-
Schnitt (Bild 3) mit ebenen FE-Berechnungen die möglichen Auswirkungen (Verformungen)
der tiefen Baugrube auf die Umgebung und die zu erwartenden Kräfte abgeschätzt. Zum
einen wurde damit die Durchführbarkeit gezeigt und zum anderen wurde man für die
großräumigen Auswirkungen der Baugrube sensibilisiert. Im Zuge der Berechnungen wurde
der Bauablauf optimiert und eine verformungsarme Variante gefunden. Für genauere
Untersuchungen sind ebene FE-Berechnungen im vorliegenden Fall nicht geeignet.
Für die Berechnungen wurde die Herstellung der tiefen Baugrube in 14 Berechnungsschritte
unterteilt. Wegen der Kurzzeitigkeit der untersuchten Bauzustände wurde das Hardening-
Soil-Modell [18] verwendet, bei dem viskose Verformungen keine Rolle spielen. Zur Berück-
sichtigung der räumlichen Wirkungen wurde wegen der geringen Scherfestigkeit mit Teilmo-
bilsierungsfaktoren gearbeitet, wie sie z.B. auch bei Tunnelberechnungen eingesetzt werden.
So besteht beim verwendeten Programm die Möglichkeit, die statische Wirkung einer
Aushubentlastung in mehreren Schritten teilweise zu aktivieren. Der Zeitpunkt des Einbaus
einer Steife kann in beliebigen Rechenschritten festgelegt werden, d.h. auch schon zu einem
Zeitpunkt, wenn die Aushubentlastung eigentlich nur teilweise stattgefunden hat. Hierzu
können Knotenkräfte festgehalten werden, wodurch die seitliche Stützwirkung simuliert wird.
Die Wahl von Teilmobilisierungsfaktoren ist stark von Erfahrungen und der persönlichen
Einschätzung abhängig und damit in gewissem Sinne auch willkürlich.
Die zweite entscheidende Größe für die ermittelten Verformungen ist bei ausreichender
Stabilität, also wenn an keiner Stelle im Baugrund die Grenzbedingung erreicht wird, der
Sekantenmodul der hyperbolischen Scherfestigkeitsmobilisierung, im Modell als E50 be-
zeichnet. Für den Sekantenmodul E50 bei triaxialer Kompression kann nach [1] für weiche
Tone bei einer Spannung von 100 kN/m² ein relativ hoher charakteristischer Wert von
20 MN/m² angenommen werden. Aus Versuchskurven in [16] wurden für eindimensional
konsolidierte Seetonproben ebenfalls hohe Werte um E50 = 25 MN/m² ermittelt. Aber auch
nach [16] ist der Seeton nach isotroper Konsolidation mit etwa E50 = 7 MN/m² bereits
wesentlich duktiler. Für triaxiale Extension lagen die Werte sogar nur zwischen 1,5 MN/m²
und 3 MN/m². Aufgrund der breiten Streuung der Werte und der unterschiedlichen Bean-
spruchungsarten in situ wurde in die Berechnung E50 = 5,0 MN/m² eingeführt, wobei dieser
Wert im Nachhinein betrachtet zu konservativ war.
Im maßgebenden Berechnungsschnitt der Ostseite, mit hochliegender Hafenstraße und
Gleisanlagen, waren nach den derart durchgeführten Berechnungen infolge der Herstellung
der tiefen Baugrube Setzungen an der Geländeoberfläche bis über 40 m außerhalb des
Baugrubenrands zu erwarten (Bild 3), wobei der Maximalwert der flachen Setzungsmulde mit
3,5 cm in 25 m Entfernung lag. Die Baugrubenwand würde sich an der Hafenstraße bis zu
4,5 cm in die Baugrube schieben. Als Grund für die relativ große Wandverschiebung wurde
das mit -3,1 m niedrigere Gelände (schwächeres Widerlager) im Westen im Bereich des
dreieckigen Baugrubenteils erkannt. Da der Seeton wegen der Kurzzeitigkeit der Bauzustän-
de undräniert gerechnet wurde, handelt es sich bei den ermittelten Werten vorwiegend um
Verformungen zur Mobilisierung der Scherfestigkeit.
Für die konventionelle statische Bemessung der Spundwände wurde der aktive Erddruck
angenommen, da bei dem gewählten Bauverfahren auch bei sehr sorgfältiger Ausführung
zumindest leichte Wandverschiebungen Richtung Baugrube nicht auszuschließen waren.
Für die höchstens 2 Wochen andauernden Bauzustände mit Unterbetonsohle wurden der
Seeton undräniert angenommen und die Erddrücke in totalen Spannungen errechnet. Die
Deckschichten wurden grundsätzlich mit effektiven Spannungen und Wasserdruck betrach-
tet. Die Berechnung der fertigen Baugrube, die mit eingebrachter Bodenplatte mehrere
Monate offen stehen würde, wurde mit effektiven Spannungen durchgeführt und Wasser-
bzw. Strömungsdrücke angesetzt.
Aus diesen Berechnungen ergaben sich Spundwandtiefen von –12,2 m an der Hafenstraße
bis –8,8 m im Westen, bei Einbindelängen von nur etwa 3 m.

118
Obwohl sich je nach Dicke der Deckschichten bei Wasserdruckdifferenzen um 6 m rechne-
risch Gradienten um i = 1 ergeben, war die Gefahr eines hydraulischen Grundbruchs hier
nicht gegeben. Zum einen wirkt aufgrund der Aushubentlastung im Seeton unter der Sohle
temporär ein Unterdruck (s.u.), so dass sich der kritische Strömungsdruck erst nach einiger
Zeit einstellen kann. Zum anderen steht die Sohle weniger als 1 Tag offen und wird dann
durch die mit Dränöffnungen versehene Unterbetonsohle und nach etwa 2 Wochen zusätz-
lich durch die Bodenplatte gesichert.
Im Folgenden wird nun auf die maßgeblichen Nachweise gegen Böschungsbruch und
Umfließen eingegangen. Hierfür wurden in den Standsicherheitsberechnungen sowohl
räumliche Zustände für den Teilaushub der Baugrube als auch ebene Zustände für den
Vollaushub der Baugrube mit eingebauter und an den Pfählen rückverhängter Bodenplatte
untersucht. Beim Nachweis der Geländebruchsicherheit nach DIN 4084 wurden dabei
folgende zusätzlich haltende Kräfte berücksichtigt:
- Ansatz der Stützkräfte aus der oberen Steifenlage und der unbewehrten Betonsohle,
entsprechend dem Ergebnis der Erddruckberechnungen, die auch der Bemessung der
Spundwand und Steifen zugrunde lag.
- Scherwiderstand des unbewehrten Unterbetons in der Schnittfläche mit dem Gleitkreis,
wobei generell darauf zu achten war, dass die angesetzten Schnittkräfte auch außerhalb
des Gleitkreises vom Unterbeton abgetragen werden können.
- Bei räumlich begrenzten Zuständen wurden seitlich haltende Scherkräfte des Bodens aus
Kohäsion und Reibung angesetzt, wobei hier vereinfacht ebene, senkrechte Randflächen
angenommen wurden. Zusätzlich wurde in einem ergänzenden Nachweis gezeigt, dass
die seitlich angesetzten Stützkräfte in den benachbarten Bereichen in einem Streifen von
5 m Breite aufgenommen werden können. Dies waren auf der einen Seite die fortlaufende
Aushubböschung bis auf Höhe des Voraushubniveaus bei –4,3 m und auf der anderen
Seite die Unterbetonsohle mit der darüber liegenden, nur wenige Tage alten Bodenplatte.
- Als Sicherheitspolster für den Ansatz räumlicher Wirkung über die große Spannweite
wurde die haltende Dübelwirkung der massiven Bohrpfähle [14] vernachlässigt.

Der Nachweis gegen Sohlaufbruch bzw. Umfließen der Baugrubenwand wurde mit Starrkör-
perbruchmechanismen geführt. Der vereinfachte Nachweis des Umfließens, wie er z.B. im
Grundbautaschenbuch oder der EAB [5] angegeben ist, wurde hier nicht geführt, da dieser
nur für homogenen Baugrund vorgesehen ist und dabei eine Reihe von günstigen, haltenden
Widerständen nicht berücksichtigt werden.
Für den maßgeblichen Berechnungsschnitt an der Hafenstraße im Osten, werden die
Nachweise für den Bauzustand exemplarisch näher erläutert (Bild 6): Hier ist der östliche
Streifen der Teilbaugruben bis zu 14 m breit und die Geländesprunghöhe beträgt im Regel-
bereich 9,1 m. Über den in Nord-Südrichtung 16,5 m entfernten Pfahlreihen sinkt die Sohle
auf 3 m für eine Aufvoutung in der Bodenplatte auf -9,9 m ab. Daher wurde in der Berech-
nung eine gemittelte Tiefe von 9,3 m berücksichtigt. Die Oberkante der 0,7 m dicken, der
Vertiefung folgenden Unterbetonsohle war dann bei -8,6 m anzunehmen.
Bei den Geländebruchberechnungen wurden seitliche Scherkräfte auf das 20 m breite
Bodenelement angesetzt und entsprechend dem Ergebnis der Erddruckberechnungen
sowohl die obere Steifenkraft mit 70 kN/m als auch die Stützkraft aus der Betonsohle mit
600 kN/m berücksichtigt. Der aufnehmbare Scherwiderstand der Betonsohle beträgt 100
kN/m (Bild 6). Unter diesen Randbedingungen ergibt sich nach DIN 4084 eine Gelände-
bruchsicherheit K = 1,28, die nur knapp unterhalb des geforderten Wertes von 1,3 liegt
(Lastfall 2). Unter dem Ansatz von Teilsicherheitsbeiwerten nach DIN 1054-2000 mit
JM’ = 1,15 und Jcu = 1,3 war der Nachweis gerade erfüllt.
Die Gleitkreise wurden zur Tiefe hin durch den Scherfestigkeitssprung in 17 m Tiefe be-
grenzt. Allerdings zeigten die Geländebruchberechnungen, dass es nicht den einen Gleit-
kreis mit einer hervorstechend niedrigen Sicherheit gibt, sondern auch Kreise, die 1 m bis

119
2 m höher und mehrere Meter horizontal verschoben sind, wiesen ähnlich geringe Sicherhei-
ten auf. Dies deutet auf die Großräumigkeit des Verformungsmechanismus hin.

Bild 6: Nachweise gegen Umfließen und gegen Geländebruch

Im Einflussbereich der Randbebauung der Wiesenstraße im Westen, wo die Baugrubensohle


höher, meist etwa um -7 m lag, wurde zur Beschränkung der Verformungen in den entspre-
chenden Geländebruchnachweisen für den Seeton ein erhöhter Teilsicherheitsbeiwert
Jcu = 1,5 berücksichtigt [5].
Im Rahmen der räumlichen Nachweise musste auch gezeigt werden, dass die beim räumli-
chen Nachweis seitlich angesetzten Stützkräfte in den angrenzenden Bereichen aufgenom-
men werden können. Dabei wurde in den Berechnungen davon ausgegangen, dass sich der
Bruchkörper jeweils auf eine Einflussbreite von 5 m abstützt. Die entsprechenden Gelände-
bruchnachweise ergaben, dass eine ausreichende Sicherheit nur erreicht wird, wenn die
Unterbetonsohle in der Lage ist, Horizontalkräfte von 800 kN/m aufzunehmen, die damit um
200 kN/m über den zur Aufnahme des Erddrucks notwendigen Kräfte lagen.
Die Sicherheit gegen Sohlaufbruch bzw. Umfließen wurde für den Zustand Betonsohle bis
-8,6 m ermittelt (Bild 6). Dabei blieben zur vereinfachten Berechnung sowohl der Scherwi-
derstand der Betonsohle als auch die räumliche Wirkung zunächst unberücksichtigt. Die
kleinste Sicherheit ergab sich mit K = 1,38 für den dargestellten Mechanismus, wobei dieser
möglichst die ganze Baugrubenbreite einnimmt.
Wie die dem Versagensmechanismus ähnlichen Geländebruchberechnungen zeigen, erhöht
sich die Sicherheit durch die räumliche Tragwirkung des Baugrunds um etwa 'K = 0,3 und
durch den Scherwiderstand der Sohle um etwa 'K = 0,2. Somit war für den zeitlich und
räumlich begrenzten Bauzustand mit K | 1,9 von einer höheren Sicherheit gegen Umfließen
als für das Versagen durch Geländebruch auszugehen.
Weiterhin war noch der Bauzustand für den Vollaushub der Baugrube mit eingebauter und
an den Pfählen rückverhängter Bodenplatte nachzuweisen. Da in diesem Fall keine räumli-
che Wirkung vorhanden war, konnten rückhaltende Kräfte allein durch den auf die Boden-
platte einwirkenden Sohldruck aufgebracht werden, den wir Fließdruck genannt haben. Für
den Großteil der Bereiche, in denen die Häuser mehr als 20 m von der tiefen Baugrube
entfernt stehen, wurden unter Ansatz der Steifenkräfte, der Stützkraft aus Betonsohle und
Bodenplatte und des Scherwiderstands der Betonsohle zur Einhaltung der erforderlichen
Geländebruchsicherheit ein Fließdruck von 60 kN/m² ermittelt. Berücksichtigt man das
Eigengewicht der Bodenplatte und der darunter liegenden Kiesfilterschicht, so muss von den
Pfählen im Endzustand ein Fließdruck von etwa 40 kN/m² aufgenommen werden.
Im südwestlichen Teil der tiefen Baugrube, wo die Bebauung nur 12 m vom Baugrubenrand
entfernt liegt, waren im Endzustand auch wegen der höheren Teilsicherheit Jcu = 1,5 [5] von
den Pfählen ein Fließdruck von etwa 65 kN/m² aufzunehmen.

120
Auf die beschriebene Art und Weise wurden auch sämtliche Rand- und Aushubböschungen
nachgewiesen.
Eine Kalibrierung der Bodenkennwerte entsprechend der Beobachtungsmethode (s.u.)
konnte nicht erfolgen, da der einzige genau nachrechenbare ebene Bauzustand, ein
großflächiger Vollaushub von mehreren Metern, nicht stattfand.

6 Messprogramm und Havariekonzept


Wegen der in diesem Baugrund zu erwartenden Verformungen, den teilweise unkonventio-
nellen räumlichen Berechnungsansätzen und den gleichzeitig geringen nachweisbaren
Standsicherheiten, wurde mit dem geotechnischen Prüfer eine baubegleitende Überwachung
entsprechend DIN 1054-2003 nach der Beobachtungsmethode vereinbart. Dazu wurde
einerseits ein umfangreiches Messprogramm und ein Havariekonzept entwickelt.
Im Rahmen des Messprogramms waren folgende Messeinrichtungen zur Überwachung der
Verformungen und Kräfte vorgesehen: rund 100 Punkte zur Setzungs- und Lagemessung,
17 Porenwasserdruckgeber, 9 Inklinometer, 3 Extensiometer und Stangenpegel und
Messungen der Steifenkraft. Darin enthalten sind 3 Porenwasserdruckgeber und 4 Set-
zungsmesspunkte für die Überwachung der Pfahlprobebelastungen.
Darüber hinaus waren bereits im Rahmen der Beweissicherung rund 90 Setzungsmessbol-
zen an den umliegenden Gebäuden installiert.
Die höherwertigen Messeinrichtungen wurden in insgesamt 8, über die Baugrube verteilten
Messquerschnitten (MQS) zusammengefasst (Bild 11). Ein Messquerschnitt sah bis 30 m
außerhalb der Baugrube insgesamt 5 Punkte zur Messung von Setzungen und Horizontal-
verschiebungen vor. Zusätzlich wurden in den Messquerschnitten die Lage der Spundwand-
köpfe registriert und 3 m hinter den Spundwänden ein Inklinometer mit einer Länge von etwa
25 m eingebaut.
Die meist ebenfalls etwa 3 m hinter den Spundwänden in Tiefenlagen von 13 m und 17 m,
also unterhalb des Spundwandfußes, angeordneten beiden Porenwasserdruckgeber, waren
in Ergänzung zu den Inklinometern als Schnellindikatoren für Störungen und Bewegungen im
Baugrund vorgesehen. Die kontinuierlichen Messungen der Steifenkräfte sollten uns
insbesondere Aufschlüsse über schnelle Kräfteänderungen bzw. sich ankündigende
Bewegungen des Systems liefern, wurden aber nach kurzer Zeit bereits wieder eingestellt.
Zur Erfassung der Hebungen in der Baugrubensohle waren vorab eingebaute Stangenpegel
und 25 m unter die Sohle reichende Extensiometer vorgesehen. Auf der Unterbetonsohle wie
auch der nachfolgenden Bodenplatte wurden Messbolzen installiert.
Außerhalb der Messquerschnitte waren jeweils in Feldmitte auf den Spundwandköpfen und
teilweise außerhalb im Gelände zusätzliche Setzungs- bzw. Lagemesspunkten vorgesehen.
Der Einbau der Messinstrumente erfolgte sukzessive, dem Fortschritt der Teilbaugruben
voraneilend. Entsprechend den bei den Aushubarbeiten gemachten Erfahrungen konnte das
Messprogramm so noch modifiziert werden.
Der Schwerpunkt der Messungen lag mit den ersten 3 Messquerschnitten auf der Überwa-
chung der ersten Teilbaugruben, den sogenannten Probebaugruben, um die Durchführbar-
keit der Baumaßnahme im Grundsatz nachzuweisen. Um ein redundantes Messsystem zu
erhalten, wurden im Bereich der ersten Teilbaugrube dazu 2 Messquerschnitte angelegt.
Der 4. Messquerschnitt diente bei weiterem Baufortschritt zur Überprüfung der zu Beginn
gemachten Messungen und zur eventuellen Bestätigung des Erfolgs von Änderungen im
Arbeitsablauf, die bei der Herstellung der Probebaugruben festgelegt werden sollten. Der
5. Messquerschnitt sollte der größeren Breite der Teilbaugruben im südlichen Randbereich
und der 6. der im Westen naheliegenden Randbebauung mit der nur dort eingebrachten
Sohlverankerung (Bild 11) Rechnung tragen.

121
Im Rahmen der Beobachtungsmethode und des damit verbundenen Havariekonzeptes
wurden Warn- und Grenzwerte für die verschiedenen Messwerte festgelegt.
Bei Überschreiten der Warnwerte waren die Fachplaner und Prüfer umgehend zu benach-
richtigen, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Neben Absolutwerten wurden als Warn-
und Grenzwerte auch die Geschwindigkeiten und die Zunahme der Geschwindigkeiten der
Verformungen definiert.
Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte wurde ein Havariekonzept entwickelt. Es
sah vor, dass offene Teilbaugruben innerhalb von 8 Stunden mindestens 2,5 m mit Erdaus-
hub verfüllt werden sollten. Die LKW-Spielzeiten wurden hierfür nachgewiesen und immer
eine ausreichende Menge sandigen Aushubmaterials auf der Baustelle vorgehalten.

7 Technische Umsetzung der Baugrubenherstellung


Zuerst wurden sämtliche Spundwände eingepresst. Dies beinhaltete sowohl die Aufteilung
der tiefen Baugrube in 3 Streifen, als auch zu böschende Bereiche, so dass der horizontale
Grundwasserzufluss in den sandigen Deckschichten vollständig abgesperrt wurde. Die
Spundwände verblieben im Baugrund, da beim Ziehen aufgrund der Adhäsion des Seetons
ein mehrere Zentimeter breiter Spalt zu befürchten gewesen wäre, der zu Verformungen
geführt hätte.
Die Baugrube wurde aufgeteilt in den tiefen Teil im Osten (-9,1 bis –9,9 m), dessen Teilbau-
gruben zuerst hergestellt wurden (Bild 4) und den etwas höheren dreieckigen Teil (-5,8 m bis
-8,0 m) der dann nachfolgend ebenfalls in Teilbaugruben hergestellt wurde. Im Folgenden
wird exemplarisch die Herstellung des tiefen Teils erläutert.

Bild 7: Schnitt durch den mittleren Baugrubenstreifen des tiefen Teils am Nordende. Start-
baugrube mit den Feldern 1 und 2 lt. Bild 4. Bodenplatte über Pfählen in Feld 1 ist bereits
hergestellt.

Da die Verformungen des Baugrubenverbaus maßgeblich von der Einhaltung des planmäßi-
gen Bauablaufs abhängen würden, wurde vom Tragwerksplaner in den Ausführungsplänen
die Herstellung einer Teilbaugrube exemplarisch in 19 einzelnen Phasen, quasi wie in einem
Zeichentrickfilm, dargestellt. Dadurch waren alle notwendigen Arbeitsprozesse, wie z.B. der
Einbau und das Umsetzen von Steifen und der Zeitpunkt des weiteren Aushubs, exakt
definiert.
Die ersten Teilbaugruben, mit welchen als Probebaugruben auch die Durchführbarkeit des
Verfahrens gezeigt werden sollte, wurden im Norden angelegt (Bild 4), wo empfindliche
Bauwerke am weitesten entfernt sind. Es wurde mit der mittleren, mit 24 m am breitesten
Grube und danach mit der westlichen, 13 m breiten Grube begonnen, da hier aufgrund des
Voraushubs von –4,3 m bzw. -3,1 m die Geländesprunghöhen vergleichsweise niedrig
waren. Die tiefste und am schwierigsten nachweisbare Baugrube an der Hafenstraße, die
zugleich auch schon die Gleise tangieren würde, sollte erst begonnen werden, wenn die
angrenzenden beiden Felder sicher geschlossen und erste Erfahrungen gewonnen waren.

122
Vorab wurde im mittleren Streifen von Norden her eine rund 27 m lange und 9 m hohe
Startböschung angelegt (Bild 7). Die dazugehörige gegenüberliegende, fortlaufende
temporäre Aushubböschung konnte unter Ausnutzung der Kapillarkohäsion mit etwa 40°
angelegt werden. Dabei sei vorweg genommen, dass trotz des 6 m über der Sohle liegenden
Gw-Spiegels kaum Grundwasser aus den sandigen Böschungen zutrat und die Standfestig-
keit sogar über mehrere Tage ausreichend war, so dass auf eine voreilende und in den
schluffigen Feinsanden aufwendige Gw-Absenkung verzichtet werden konnte.

Bild 8: links: Tiefer Teil nach Herstellung der ersten Teilbaugruben bis Bauphase 9; rechts:
mittlere Startbaugrube (Bild 7) mit Steifen über der Böschung und gerade bewehrter Voute
im Pfahlbereich

Zur Verbesserung des Widerlagers am Fuß der Startböschung wurden ab -7 m knapp


oberhalb der Böschungsoberfläche zwei Steifen eingebaut (Bild 7). Ebenso wurde eine
temporäre Hilfssteife jeweils am Fuß der Aushubböschung angeordnet. Auf der Sohle
angekommen, wurde in 1,6 m breiten Abschnitten ausgehoben. Der entsprechend breite
Streifen wurde etwa 1 m oberhalb der Sohle mit einer weiteren Hilfssteife abgestützt und in
Ortbetonbauweise (nur mittlerer Streifen) der unbewehrte, 0,7 m hohe Unterbeton B25
eingebaut. Jeweils am nächsten Tag wurde dann der Aushub streifenweise fortgesetzt. Die
über jedem Unterbetonstreifen angeordneten Hilfssteifen verblieben 3 Tage, bis eine
ausreichende Anfangsfestigkeit des Unterbetons erreicht war, und wurden dann umgesetzt.
Die Aussteifung am Kopf erfolgte in der Regel durch über die Teilbaugruben durchlaufende
Kopfsteifen, Abstand 3 m. Um im breiten mittleren Streifen den Aushub möglichst wenig
durch die Kopfsteifen zu behindern, wurden diese zunächst durch eine nur in der Mitte
mögliche Rückverhängung der seitlichen Spundwände an den äußeren Spundwänden mit
Gewi-Stählen gehalten. So war die mittlere Grube während des Aushubs von oben frei
zugänglich und auf jeder Seite durch eine Fangedammkonstruktion begrenzt. Nachfolgend
wurden dann wieder Steifen eingebaut, damit auch die beiden äußeren Streifen ausgehoben
und die Steifenkräfte bis zum gegenüberliegenden Erdwiderlager durchgeleitet werden
konnten. Nachdem der Unterbeton vollständig bis über die 16,5 m auseinander liegenden
Pfahlreihen fertiggestellt war, konnte mit der Bewehrung der Bodenplatte begonnen werden.
Da die Teilbodenplatten zum Anschluss etwas über die Pfähle hinausragen mussten, waren
die Startbaugruben in jedem der 3 Aushubstreifen etwas länger als in den übrigen Feldern
und wurden daher je in 2 Abschnitten mit eigenem Messquerschnitt aufgeteilt.
Drei Tage nachdem die Bodenplatte betoniert war, wurde für den 13 m breiten Streifen im
Westen die Startböschung mit der nachfolgenden Teilbaugrube angelegt. Wegen der
geringeren Breite konnte hier, wie auch im 10 m bis 14 m breiten Streifen an der Hafenstra-
ße, mit Fertigteilen zur Herstellung der Unterbetonsohle gearbeitet werden. Die jeweils 0,4 m

123
breiten, leicht bewehrten und auf der Baustelle gefertigten Betonbalken wurden mit 0,4 m
Abstand eingebracht und kraftschlüssig verkeilt. Anschließend wurde der Zwischenraum mit
Ortbeton verfüllt. Auf diese Art und Weise konnte der Baufortschritt im Vergleich zur mittleren
Grube merklich beschleunigt werden.
Um im westlichen Grubenstreifen, wie auch später in der östlichen Grube entlang der
Hafenstraße die Kopfauslenkung möglichst zu begrenzen, wurden die Steifen schon vor dem
Aushub kraftschlüssig eingebaut und wieder mit einem Arbeitsplanum überschüttet. So fuhr
der Bagger über den Steifen und es war in jedem Moment des Aushubs der Spundwandkopf
gestützt.
Nach Einbringen des Unterbetons im westlichen Feld wurde zum Anschluss der Bodenplatte
an das mittlere Feld die dazwischen liegende Spundwand gekappt. Auf diese Art und Weise
wurden in Südrichtung zunächst je 2 Felder im mittleren und westlichen Streifen hergestellt.
Mit Beginn des dritten Feldes konnte auch mit der Randbaugrube an der Hafenstraße
begonnen werden. Diese musste zu Beginn 2 Felder nachlaufen, da wegen der Nachweise
zur räumlichen Standsicherheit nur so die seitlichen Stützkräfte und die erhöhten Horizontal-
kräfte in der Unterbetonsohle abgetragen werden konnten. Der Herstellungsablauf der
Randbaugrube an der Hafenstraße war im Prinzip mit Unterbetonfertigteilsteifen und vorab
eingebrachten Kopfsteifen gleich dem westlichen Grubenstreifen. Allerdings waren hier
wegen des 3,1 m höheren Geländesprungs höhere Kräfte und Verformungen zu beherr-
schen.
Bei regulärem Baubetrieb konnte so ein Fortschritt von 2 m bis 3 m am Tag, erzielt werden.
Dass es sich hier um eine Linienbaustelle handelte war eindruckvoll zu erkennen (Bild 10),
als nach etwa einem Jahr im dann 3–stöckigen Nordende bereits Richtfest gefeiert wurde,
während die letzte Teilbaugrube im Süden gerade begann.
Im südwestlichen Teil der tiefen Baugrube, wo die Bebauung nur 12 m vom Baugrubenrand
entfernt liegt, war im Endzustand von den Pfählen ein Fließdruck von etwa 65 kN/m²
aufzunehmen. Um hier für die zunächst nur durch den Unterbeton gesicherten Teilbaugru-
ben eine ausreichende Sicherheit zu erreichen und insbesondere die Hebungen der Sohle
bzw. die Setzungen außerhalb der Baugrube während dieser Phase auf ein Minimum zu
begrenzen, wurde die Unterbetonsohle rückverankert (Bild 11). Hierzu wurden die letzten 3
Felder mit rund 90 Gewi-Pfählen nach DIN 4128, die mit Längen von etwa 50 m ihre
Zugkräfte bis in die Moräne ableiteten (Zugkraft pro Pfahl = 527 kN), über verankerte
Fertigteil-Unterbetonsteifen temporär gesichert. Diese waren gegenüber einer rückveranker-
ten Sohle im Düsenstrahlverfahren oder einer tiefen Bodenverbesserung die wirtschaftlichste
Variante.
Nach Fertigstellung des EG Fußbodens im tiefen Teil, konnte im westlichen, dreieckigen und
etwas höheren Teil (1 UG, -5,8 m bis –8 m) mit dem Aushub in Teilbaugruben begonnen
werden (Bild 9). Ein großer Vorteil war hier, dass mit den 2 Untergeschossen im Osten nun
ein fast unverschiebliches Widerlager zur Absteifung vorhanden war.
Zunächst wurden nun von Norden her in einem Streifen neben dem fertigen tiefen Teil
sukzessive Teilflächen mit allseitigen Böschungen ausgehoben und die Bodenplatte dort
fertiggestellt. Zur Herstellung des kritischen, verbleibenden 17,5 m breiten Streifens entlang
der westlichen Baugrubenwand wurde der Spundwandkopf vor Beginn des Aushubs mit
Schrägsteifen auf die fertige Bodenplatte abgestützt. Hierzu mussten vorab schräge Gräben
in das noch auszuhebende Erdreich geschnitten werden. Unter dieser steifen Kopfstützung
wurde dann wieder abschnittsweise die Unterbetonsohle mit Fertigteilen eingebracht. Die
Verformungen waren hier deutlich geringer als entlang der Hafenstraße im Osten.

124
Bild 9: Herstellung höherer Teil mit Schrägabsteifung auf Bodenplatte

Bild 10: links: Verkeilen einer Unterbeton-Fertigteil-Steife; rechts: „Linienbaustelle“ mit


Herstellung der Baugrube im Süden (vorne) bei Beginn des 1. OG’s im Norden

8 Messergebnisse und ihre Interpretation


Die während den Probebeaugruben durch intensive Messungen gemachten Erfahrungen
bestätigten sich auch während der weiteren Herstellung des tiefen Teils. Demnach traten
aufgrund der Aushubentlastung Hebungen der Unterbetonsohle von bis zu 3 cm und an den
innerhalb der Baugrube liegenden Spundwänden von bis zu 2 cm auf. Dabei trat der Großteil
der Hebungen in der Regel kurzfristig ein. Auf der fertigen, an die Pfähle angeschlossenen
Bodenplatte wurden in den ersten Wochen Hebungen von unter 1 cm gemessen.
Das Augenmerk lag auf dem Verformungsverhalten der Böschung an der Hafenstraße, da
zum einen dort die Gleise nur 15 m entfernt waren und zum anderen Aufschlüsse zum
Vorgehen an der gegenüberliegenden Randbebauung im Westen gewonnen werden sollte.
Dabei musste festgestellt werden, dass die Horizontalverschiebungen am Spundwandkopf,

125
trotz der durchlaufenden Steifen am Schluss meist zwischen 5 cm und 10 cm betrugen. Der
Spundwandfuß schob sich auf Höhe der Ortbetonsohle zwischen 2 cm und 4 cm in die
Baugrube. Mit diesen Wandverschiebungen gingen in der 3 m höher und 4 m entfernt
liegenden Böschungskante der Hafenstraße Absenkungen und Horizontalverschiebungen
von 7 cm bis 15 cm einher (Bild 11). Auf der etwa 10 m von der Spundwand entfernten
Westseite der Hafenstraße wurden in der Regel noch Absenkungen und Horizontalverschie-
bungen von 5 cm bis 10 cm gemessen. Folgende Ursachen waren hierfür maßgeblich:
- Durch die baupraktisch günstige Rückverhängung der mittleren Baugrube wurden die
äußeren Spundwände der Fangedammkonstruktion am Kopf bereits in die Baugrube
gezogen. Diese Kopfverschiebungen wurden noch erheblich durch einen 1,5 m tiefen
Graben vor dem Spundwandwandkopf zur Herstellung einer Gurtung verstärkt.
- Die Böschung an der Hafenstraße ist 3 m höher als auf der gegenüberliegenden Seite
der westlichen Teilbaugrube, wo bereits der Voraushub stattfand (Bild 5). Daher geben
bei Öffnung der Baugrube an der Hafenstraße die durchlaufenden Kopfsteifen zunächst
um mehrere Zentimeter nach, bis auf der niedrigen Westseite ein ausreichendes Erdwi-
derlager mobilisiert wird.
- Weiterhin war bei der rund 50 m langen Aussteifung je nach Arbeitsgenauigkeit an den
Stoßpunkten ein zentimetergroßer Schlupf und eine elastische Stauchung von mehreren
Millimetern zu berücksichtigen.
- Das um wenige Zentimeter nachgebende Fußauflager ist trotz des Einsatzes von
verkeilten Fertigteilen auf die schrittweise Herstellung der unteren Aussteifung zurückzu-
führen. Auch der Wechsel von Holz- auf steifere Stahlkeile brachte nur eine untergeordne-
te Verbesserung (Bild 10). Es war dagegen eindeutig festzustellen, wie sich, der Aushub-
sohle um bis zu 10 m voranlaufend, die Spundwand im Bereich der Aushubböschung in
die Baugrube schob. Auch bei durchgehendem Einsatz von Hilfssteifen über der Aushub-
böschung ließ sich die Fußauslenkung nur auf 2 cm begrenzen.
Die markanten Verformungen an der Hafenstraße beschränkten sich auf einen etwa 10 m
breiten Streifen neben dem Baugrubenrand. Sie liegen daher ungefähr im Bereich eines
Erdkeils, wie er sich bei unzureichender Stützung hinter einer 9 m bis 10 m hohen Baugru-
benwand ausbildet. Dagegen wurden im anschließenden Gleisbereich bis 20 m Entfernung
nur Absenkungen bis 2 cm und bei 30 m noch 1 cm gemessen (Bild 11).
Die baugrubennahen Verformungen resultieren also aus Ursachen, die nahezu unabhängig
von der Problematik weicher Böden sind, zumal die sandigen Deckschichten in 6 m bis 9 m
Tiefe reichen. Durch eine strengere Verfolgung des planmäßigen, aufwendigen Bauablaufs
hätten diese merklich reduziert werden können. Aber da die Verformungen auf die Hafen-
straße beschränkt und in dieser tolerierbar waren, wurde vorsätzlich auf einige Hilfsmaß-
nahmen verzichtet und so der Bauablauf beschleunigt.
Da im Südwesten, im Bereich der nahen Randbebauung, wo auch die rückverankerte
Fertigteilsohle zur Ausführung kam, die Kopfverschiebungen jedoch möglichst zu minimieren
waren, wurde nach den Erfahrungen an der Hafenstraße die Reihenfolge der Teilbaugruben
umgestellt. So wurde im Süden nach Herstellung des mittleren Teils zuerst an der Hafen-
straße ausgehoben und dann die Teilbaugrube im Westen vor der Bebauung. Deswegen
waren die durchgehenden Steifen durch den Erddruck von der Hafenstraße her quasi
vorgespannt und es bedurfte dann unter Einhaltung des planmäßigen Bauablaufs nur
geringer Verschiebungen zur Aufnahme des in etwa gleichgroßen Erddrucks von der
westlichen Randböschung. Hätte man nach der mittleren zuerst die westliche Teilbaugrube
ausgehoben, dann hätte sich diese mit großen Horizontalverschiebungen auf dem 3 m
niedrigeren Erdwiderlager der noch nicht ausgehobenen Teilbaugrube entlang der Hafen-
straße abstützen müssen. Weitere Verschiebungen wären dann noch nach dem Aushub zur
Aktivierung des Erddrucks an der Hafenstraße hinzugekommen.

126
Bild 11: Geländeabsenkungen infolge der Baugrubenherstellung und Anordnung der
Messquerschnitte

Auf diese Art und Weise im Südwesten und mit der Schrägabsteifung auf die Bodenplatte
entlang der übrigen Westseite konnten die Kopfverschiebungen im Bereich der Bebauung
auf 1 cm bis 4 cm beschränkt werden. Die Setzungen des 12 m entfernten Hauses betrugen
bis zu 3 cm (Bild 11), bei einer sehr geringen Neigung der Setzungsmulde um 1/1000. Die
etwa 20 m entfernten Häuser haben Setzungen von 0,5 cm bis 1 cm erfahren. Merkliche
Setzungen von über 3 mm wurden im Rahmen der Beweissicherung noch an 50 m entfern-
ten Häusern festgestellt.
Die Porenwasserdruckgeber, welche 3 m hinter den Spundwänden bei -13 m und -17 m
angeordnet waren (Bild 12), zeigten vor dem Aushub in etwa den hydrostatischen Wasser-
druck oder wenig darüber liegende Werte an, was durch einen Stagnationsgradienten erklärt
werden könnte [16]. Die geringen oder nicht vorhandenen Porenwasserüberdrücke sind ein
weiterer Grund dafür, dass der Seeton hier wahrscheinlich höhere cu-Werte aufweist, als mit
den Flügelsondierungen ermittelt wurde.
Infolge der Aushubentlastung 'V 1c vor der Spundwand um rund 60 kN/m² wurden im Seeton
bei -13 m lediglich eine Abnahme des Porenwasserdrucks von im Mittel 7 kN/m² und bei
-17 m von 13 kN/m² gemessen. Die unterschiedlichen Werte sind wohl auf die Lastausbrei-
tung zurückzuführen. Nach etwa 2 Wochen bis etwas über einem Monat waren die Unterdrü-
cke weitgehend ausgeglichen und der temporäre Festigkeitszuwachs damit wieder einge-
büßt. Ob auch direkt unterhalb der Baugrube, wo der Porenwasserunterdruck aufgrund der
Entlastung wesentlich höher sein dürfte, der Ausgleich infolge der Fein(sand)schichtung
ebenso schnell abläuft, kann nicht genau gesagt werden. Es ist aber zu vermuten, dass, wie
auch Ödometerversuche zeigen [13], der Schwellvorgang aufgrund der signifikanten Größe
der Entlastung länger andauern dürfte.

127
150
Porenwasserdruck [kN/m ]
Beginn
GW = -3 m
Aushub
140
PWDA -17 m
130

120

110 PWDA -13 m

100

90
0 20 40 60 80 100
Tage

Bild 12: Exemplarischer Porenwasserdruckverlauf infolge des Aushubs und Anordnung der
Porenwasserdruckgeber (PWG)

9 Schlussfolgerungen
Das Seeuferhaus ist die erste große Baumaßnahme in Konstanz, die in dem schwierigen
Baugrund ohne nennenswerte Komplikationen und Schäden realisiert werden konnte. Dies
zeigt, dass tiefe und große Baugruben in weichen Böden mit dem Prinzip von Teilbaugruben
beherrschbar und wirtschaftlich realisierbar sind. Dabei liefern die Empfehlungen der EAB [5]
wertvolle Hilfe und sind unbedingt zu beachten. Der Bauablauf sollte vorab präzise festgelegt
und beschrieben werden. Die Ausführung ist im Sinne der Beobachtungsmethode zu
überwachen und gegebenenfalls zu modifizieren.
Mit dem hier angewendeten schrittweisen Einbau der Unterbetonsohle lassen sich Verfor-
mungen im Nahbereich auf etwa 2 cm begrenzen. Bei unmittelbar angrenzender Bebauung
können daher Zusatzmaßnahmen, wie z.B. eine sofortige Rückverankerung oder eine vorab
hergestellte Sohle, zweckmäßig sein.
Die beim Seeuferhaus gewonnenen Erfahrungen, wie z.B. zur Porenwasserdruckentwicklung
beim Aushub, zeigen weiteres Optimierungs- und Anwendungspotential für Baugruben in
weichen Böden auf.

10 Danksagung
Wir danken der Niederlassung der Wayss & Freytag AG, Stuttgart, Herrn D. Vogel, für die
vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der praktischen Umsetzung der komplexen technischen
Randbedingungen sowie dem Baurechtsamt der Stadt Konstanz, Herrn R. Hagelstange, für
die konstruktive Begleitung der Arbeiten. Maßgeblichen Beitrag am Gelingen hatten auch
Herr W. Erben, Weiske + Partner und Frau Dr. C. Vogt, Smoltczyk & Partner. Den Prüfern
danken wir für die kollegiale Zusammenarbeit, die damit wesentlich zum Erfolg der an-
spruchsvollen Maßnahme beigetragen haben.

128
11 Literatur
[1] Berre, L., Bjerrum, L.: Shear strength of normally consolidated clays; Proc. 8th International
Conference of Soil mechanics and Foundation Engineering, Moscow, Vol. 1, S 39-49, 1973
[2] Bjerrum, L., Eide O.: Stability of strutted excavations in clay, Geotechnique, Vol 6, S. 34-47, 1956
[3] Bjerrum, L.: Problems of soil mechanichs and construction on soft clays and structurally unstable
soils (collapsible, expansive or others). Proc. 8th International Conference of Soil mechanics and
Foundation Engineering, Moscow, Vol. 3, S 111-115, 1973
[4] BV Seeuferhaus Konstanz: Zusammenfassendes Geotechnisches Gutachten, 2000, und
Ergänzende Unterlagen zum Untergrund auf der Grundlage von 4 zusätzlichen Bohrungen, April
2001, BBI Geo- und Umwelttechnik Hamburg
[5] Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“ der DGGT zu Baugruben in weichen Böden, EB
90 – EB 101 (Entwurf), Bautechnik 79, Heft 9, S. 569-588, 2002
[6] Geotechnisches Gutachten für den Bau des Seeuferhauses in Konstanz, 1. Bericht, 16.05.97,
Wibel, Leinenkugel + Partner, Kirchzarten
[7] Geotechnisches Gutachten für den Bau des Seeuferhauses in Konstanz, 2. Bericht, 14.08.97,
Wibel, Leinenkugel + Partner, Kirchzarten
[8] Goldscheider, M. und Gudehus G.: Bau einer Tiefgarage im Konstanzer Seeton - Baugrubensi-
cherung und Bodenmechanische Anforderungen, Vorträge der Baugrundtagung 1988 in Hamburg,
DGEG, S. 385-406
[9] Gudehus, G., Meißner, H., Orth, W. und Schwarz, W.: Geotechnische Probleme bei der Gründung
des Postamtes in Konstanz, Geotechnik, Heft 3, S. 105-122, 1987
[10] Gudehus, G., Jagau, H. und Neidhard, Th.: Verhalten von bindigen Böden bei Wechsellasten –
zum Schutz historischer Bauwerke vor Verkehr und Baubetrieb, Vorträge der Baugrundtagung
1990 in Karlsruhe, DGEG, S. 231-246
[11] Hettler, A., Leibnitz, S., Biehl, F.: Zur Kurzzeitstandsicherheit bei Baugrubenkonstruktionen in
weichen Böden, Bautechnik 79, Heft 9, S. 603-611, 2002
[12] Katzenbach, R., Floss, R. und Schwarz, W.: Neues Baukonzept zur verformungsarmen Herstel-
lung tiefer Baugruben in weichem Seeton, Vorträge der Baugrundtagung 1992 in Dresden, DGEG,
S. 13-31
[13] Krieg, S.: Viskoses Bodenverhalten von Mudden, Seeton und Klei. Heft 150, Veröffentlichung des
Institutes für Bodenmechanik und Felsmechanik der Universität Fridericiana in Karlsruhe, 2000.
[14] Moormann, Chr.: Zur Tragwirkung und Beanspruchung von Gründungspfählen beim Baugruben-
aushub, Pfahlsymposium 2003, Mitteilungen des Institutes für Grundbau und Bodenmechanik,
Technische Universität Braunschweig, Heft 71, S. 351-378
[15] Ostermayer, H. und Gollup, P.: Baugrube Karstadt in Rosenheim – Vorträge der Baugrundtagung
1996 in Berlin, DGEG, S. 341-360
[16] Scherzinger, T.: Materialverhalten von Seetonen – Ergebnisse von Laboruntersuchungen und Ihre
Bedeutung für das Bauen im weichen Baugrund,Heft 122, Veröffentlichung des Institutes für Bo-
denmechanik und Felsmechanik der Universität Fridericiana in Karlsruhe, 1991
[17] Therzaghi, K. und Peck, R.B.: Soil Mechanics in Engeneering Practice, John Wiley & Sons, New
York, 1961
[18] Vermeer, P.A., Meier, C.-P.: Standsicherheit und Verformungen bei tiefen Baugruben in bindigen
Böden, Vorträge Baugrundtagung 1995 in Stuttgart, DGEG, S. 132-148

129
130
Laudatio zu Ehren von
Herrn Prof. Dr.-tech. Richard Jelinek

von Prof. Dr.-Ing. Manfred Nußbaumer,


Vorstandsvorsitzender der Ed. Züblin AG, Stuttgart und
Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V.

Sehr geehrter Herr Prof. Dr.-tech. Richard Jelinek,


sehr verehrte Frau Jelinek,
sehr verehrte Familie Jelinek,
sehr geehrter Herr Dekan Prof. Rummel,
sehr geehrte Herren Professoren der TU München,
sehr geehrte Damen und Herren,

als ehemaliger Student der TH/TU München und als Vorsitzender der DGGT begrüße ich Sie
herzlich. Es ist für mich eine besondere Ehre als ehemaliger Student von Herrn Prof. Jelinek,
die Laudatio auf unseren Jubilar, Herrn Prof. Jelinek, halten zu dürfen.

Ich studierte von 1966 – 1970 an Ihrer Hochschule und vertiefte in den Fachrichtungen
Grundbau und Bodenmechanik sowie Massivbau.

Mich freut ganz besonders, dass nicht nur die Lehrer aus meinen Vertiefungsrichtungen,
Herr Prof. Jelinek und H. Prof. Kupfer, sondern u.a. auch die Herren Professoren Knittel,
Springenschmid und Eisenmann heute bei dieser Feier anwesend sind. Verehrte Lehrer,
seien Sie herzlich gegrüßt. Ich habe alles, was ich bei Ihnen lernte, in meinem Berufsleben
immer wieder gut gebrauchen und einsetzen können.

Sehr geehrter Herr Prof. Jelinek, sicherlich wären Ihre früheren Mitarbeiter, die Sie zum Teil
über Jahrzehnte begleiteten, besser geeignet gewesen als ich, diese Laudatio auf Sie zu
halten, der nur zwei Jahre als Student Ihren Vorlesungen in Bodenmechanik 1 + 2 und
Grundbau 1 + 2 interessiert folgte. Für mich ist deshalb diese Aufgabe eine besondere Her-
ausforderung und Ehre.

Sie, Herr Prof. Jelinek, waren für uns Studenten ein Professor, vor dem wir großen Respekt
hatten. Nicht weil Sie autoritär aufgetreten wären, sondern weil Sie Ihr Fachgebiet in den
Vorlesungen souverän vertraten und weil jedem von uns bei Ihrem Auftreten Ihre starke Per-
sönlichkeit bewusst wurde. Ich habe in Erinnerung, dass Sie jede der Vorlesungen selbst
hielten, sich nicht vertreten ließen und keine der Vorlesungen ausfiel.

Ihr Vorlesungsstoff war umfangreich und theoretisch anspruchsvoll. Ich denke dabei an die
Kontinuumsmechanik im Halbraum, die Sie ohne FEM beherrschten, an partielle Differential-
Gleichungen für Konsolidationsvorgänge und - sicherlich auch ein Steckenpferd von Ihnen -
die konformen Abbildungen zur Simulierung von Grundwasserströmungen.

Neben diesen schwierigen Theorien, basierend auf komplizierten mathematischen Grundla-


gen, führten Sie die Studenten im Fachgebiet Grundbau in die praktischen Ingenieur-
Anwendungen ein. Jeder von uns erkannte sofort, dass Sie ein Vollblut-Ingenieur sind, der
die Theorie zur Lösung praktischer Probleme benutzt, und nicht als deren Selbstzweck.

131
Ihre Vita zeigt, dass Sie nie Durchschnitt sein wollten, sondern immer an der Spitze von
Entwicklungen standen.
- Sie sind am 12. März 1914 in Wien geboren, besuchten dort die Bundesoberrealschule
und bestanden mit 18 Jahren Ihr Abitur mit Auszeichnung.
- An der TH-Wien studierten Sie Bauingenieurwesen und bestanden nach 1938 die zweite
Staatsprüfung ebenfalls mit Auszeichnung. Bereits während Ihrer Ausbildung waren Sie
als Praktikant, Bauleiter und Statiker bei Firmen tätig. In den beiden letzten Semestern als
Hilfsassistent und nach Ihrem Examen als Assistent bei Prof. Karl von Terzaghi, der als
einer der Begründer der modernen Bodenmechanik gilt. Ihr Assistentenkollege war der
spätere, sehr bekannte Prof. Hvorslev.

Sie beschäftigten sich bei Prof. Karl von Terzaghi u.a. auch mit Standsicherheitsuntersu-
chungen in der Folge einer Dammrutschung, die während des Baus beim „Chingford Damm“
nördlich von London auftrat.
- 1939 gingen Sie zur Technischen Hochschule Karlsruhe an den Lehrstuhl Wasserbau II,
wurden dort Betriebsleiter am Institut für Bodenmechanik und Grundbau und Baugrund-
forschung. Ihre Aufgabe war, das neu gegründete Institut zu organisieren und auszustat-
ten. Im gleichen Jahr wurden Sie zur Wehrmacht eingezogen und waren Bauleiter bei
Flugplatzanlagen.
- 1943 promovierten Sie zum Dr.-tech. bei dem damals führenden Bodenmechaniker auf
unserem Kontinent, Herrn Prof. Fröhlich in Wien mit dem Thema: „Grenzzustände des
Gleichgewichts und Gleitlinienfelder in einer kohärenten mit innerer Reibung ausgestatte-
ten schweren Masse, die den Raum einer unbegrenzten Böschung ausfüllt.“
- 1944 wurden Sie aus der Wehrmacht mit Dienstverpflichtung an das Erdbauinstitut der
Technischen Hochschule München entlassen. Dieses Institut wurde wegen der umfang-
reichen Kriegsschäden an der Technischen Hochschule München nach Argelsried bei
München ausgelagert. Der Betriebsleiter damals war Herr Leussink, er war der spätere
Institutsleiter für Grundbau, Bodenmechanik und Felsenmechanik an der Uni Karlsruhe.
- 1945 - Auflösung auch diesen Instituts wegen Kriegsschäden, Erlangung einer Lizenz zur
Gründung eines Ing.-Büros.
- 1948 - Betriebsleiter am Erdbauinstitut und Lehrbeauftragter für Bodenmechanik an der
Technischen Hochschule München.
- 1949 - Lehrauftrag über Grundbau bei Prof. Hetzel und Umbenennung des Instituts von
„Erdbauinstitut“ in „Institut für Grundbau und Bodenmechanik“.
- 1954 - Berufung im Alter von 40 Jahren als Ordinarius an den gegründeten Lehrstuhl für
Grundbau und Bodenmechanik an der TH München und als Direktor des Instituts mit ei-
nem Personalstand von 6 Mitarbeitern für Lehre und den Institutsbetrieb
- 1954 - Überarbeitung und Übersetzung des Buches „Theoretical Soil Mechanics“ von Hr.
Prof. Karl von Terzaghi ins Deutsche.
- 1964 - Als erster in der Bundesrepublik Deutschland nehmen Sie das Fachgebiet Felsme-
chanik mit der Vorlesung „Felsmechanik“ von Dr. Leopold Müller in München auf.
- 1969 - Umzug aus dem Stammgebäude an der TU München in den ersten Bauabschnitt
des Institut-Neubaus in Pasing. Dort findet auch das inzwischen auf 40 Mitarbeiter ge-
wachsene Institut zunächst ausreichend Platz. Die Labors, die vorher zum Teil im Keller
des Seitenflügels der TUM-Gebäude untergebracht waren, waren großzügig und modern
ausgestattet.

132
- 1974 - Erweiterung des zweiten Bauabschnittes mit der Versuchshalle. Damit war an der
TUM eines der modernsten und großzügigst ausgestatteten Institute für Grundbau und
Bodenmechanik geschaffen.
- 1975 - Umbenennung des Instituts für Grundbau und Bodenmechanik auf ministeriellen
Beschluss in „Prüfamt“ und 1982 in „Prüfamt für Grundbau, Bodenmechanik und Felsme-
chanik“.
- 1979 emeritierten Sie und blieben bis 1980 noch kommissarischer Institutsleiter. Sie ü-
bergaben an Ihren Nachfolger, Herrn Prof. Floss, ein modernes Institut mit 60 Mitarbei-
tern, das damals wohl größte Institut dieser Art in der BRD.

Neben der Forschung und Lehre sowie dem kontinuierlichen Aufbau des Instituts waren Sie,
Herr Prof. Jelinek, aktiv
- im VDI als Obmann im AK Bauingenieurwesen
- in deutschen und österreichischen Normenausschüssen mit besonderen Verdiensten in
den Ausschüssen wie
x Einheitliche Bezeichnung im Grundbau und Bodenmechanik“ und in
x „Berechnungsverfahren“

Sie pflegten internationale Kontakte zu Größen des Grundbaues und der Bodenmechanik
wie zu Prof. Terzaghi, Fröhlich, Veder, Kezdi, De Beer, Winterkorn, Leussink, Schiel,
Kollbrunner, Haefeli und Schaad.

Sie betreuten rund 20 Dissertationen. Sie verfassten viele Veröffentlichungen und betreuten
viele Diplomarbeiten, u.a. auch meine.

Von Bauherren als auch von Ing.-Büros und Bauunternehmen waren Sie ein gefragter Bera-
ter. Im Laufe Ihrer beruflichen Tätigkeit haben Sie bei mehr als 9.000 Projekten mitgewirkt.
Ihr fachlicher Rat war immer sehr praxisbezogen und auf die Umsetzung ausgerichtet. Durch
Ihre universellen Fähigkeiten in Verbindung mit Theorie und Praxis haben Sie Ihre früheren
Mitarbeiter in gleicher Weise geprägt. Ich darf einige davon nennen, wie Herren Prof. Jess-
berger, von Soos, Koreck, Dr. Ostermayer.

Herr Koreck berichtete mir, dass Sie eine Art „sechsten Sinn“ besitzen. Oft haben Sie bei
Projekten z.B. eine weitere Erkundungsbohrung oder zusätzliche Untersuchungen empfoh-
len. Ihre Mitarbeiter haben sich - nach den mit Ihnen gemachten Erfahrungen - solchen Emp-
fehlungen kaum widersetzt, denn fast immer kam eine wesentliche Besonderheit zu Tage.

Sie haben ein Gefühl für Machbares, Ihre Vorschläge und Empfehlungen waren geprägt von
der Eignung auf ihre Umsetzbarkeit. Ihre Lösungen waren immer wirtschaftlich ausgerichtet.

Ihre Forschungsschwerpunkte waren:


- Tragfähigkeit von Verkehrsflächen, so waren Sie auch langjährig der Leiter der ARGE
„Bemessung von Befestigungsstärken von Verkehrsflächen“ in der FG für das Straßen-
wesen.
- Baugrundverbesserungen mittels unterschiedlichster Verfahren, wie Injektionen, Verdich-
tung, Gefrieren
- Verformungsverhalten von Mischböden und von bindigen Böden (Kriechen), Anisotropie
von Böden
- Spannungsausbreitung bei geschichteten anisotropen Böden
- Verhalten von Tonsuspensionen

133
- Kasten- und Zellenfangedämme
- Pfähle, Schlitzwände
- Erdanker, Tragverhalten und Kriechverhalten (Großversuche).
Ausgangspunkt für die Forschungsarbeiten waren in der Regel aktuelle Problemstellungen
aus der Praxis.

Ich erinnere mich noch, als ich 1962 als 22 Jahre alter Fachhochschul-Ingenieur bei der Fa.
Bauer in Schrobenhausen Baugrubenverankerung mit den gerade wenige Jahre vorher ent-
wickelten Verpressankern zu rechnen hatte. Damals gab es dafür keine Normen und Richtli-
nien. Zu Grunde gelegt wurde für die Ankerlängenbestimmung eine Veröffentlichung von
Krantz.

Da man unsicher war, ob die Gleitfläche zwischen Krafteintragungsstrecke und Wandfuß


(Querkraftnullpunkt) geradlinig oder gekrümmt anzunehmen sei, wurde diese Frage Herrn
Prof. Jelinek gestellt. In einem Gutachten hat Herr Prof. Jelinek dieses Thema theoretisch
behandelt und als Gleitfläche mit dem geringsten Widerstand die logarithmische Spirale he-
rausgefunden. Die Abweichung bei geradliniger Gleitfläche betrug bis zu 5 %. Deshalb run-
dete ich bei der Ankerlängenbestimmung zukünftig immer etwas auf, um für die Stabilität des
Erdkörpers über der tiefen Gleitfuge einen Sicherheitskoeffizienten von größer 1,5 zu erhal-
ten.

Die Beratungstätigkeit von Ihnen, Herr Prof. Jelinek und Ihrem Team, war vielfältig. Sie er-
streckte sich von Gründungen jeglicher Art, Baugrubenausbildungen, von Flughafenanlagen
bis hin zu Kraftwerks- und Dammbauten, U- und S-Bahntunnel und vieles andere mehr.

Die Projekte waren nicht auf Deutschland begrenzt, sie lagen in Frankreich, Griechenland,
Iran, Saudi-Arabien, Jordanien, Algerien, Libyen, Mauretanien, Togo, Kongo und Korea.

Besonders möchte ich jedoch die Verwendung von Dauerankern beim Bau des Olympiasta-
dions in München zur Verankerung der Seile aus den Dachkonstruktionen hervorheben.
Nachdem Verpressanker als solche gerade 10 Jahre vorher entwickelt worden waren und
Daueranker erst in wenigen Fällen ausgeführt wurden, gehörte eine Menge Mut zur Ent-
scheidung, das Olympiadach mit Dauerankern im Untergrund zu verankern. Diesen Mut hat-
ten Sie! Schon kurz vorher hatten Sie die Zugkräfte aus dem Hangar in München-Riem mit
Dauerankern im Untergrund eingeleitet.

Wie Sie alle wissen, halten die Anker des Olympiastadions auch heute noch, obwohl es vor
30 Jahren noch keine Norm für die Erstellung dieser Anker gab.

Ein Wunsch von Ihnen hat sich leider in Ihrem Sinne nicht umsetzen lassen: eine aktive Mit-
wirkung bei der Sanierung des schiefen Turms von Pisa. Ihre Lösung zur Sanierung des
schiefen Turms von Pisa, die im Jahre 1993, ohne dass dabei Ihr Name genannt wurde, als
erster Schritt zur Sanierung Anwendung fand, hat Sie mit Recht verletzt. Sie haben sehr
frühzeitig, d.h. bereits 1960 der Stadtverwaltung von Pisa Ihre Idee vorgetragen, um der Zu-
nahme der Schiefstellung des schiefen Turms von Pisa Einhalt zu gebieten. Ihre Idee war,
ein großes Zusatzgewicht in Form von vielen Bleiplatten auf der Fundamentseite mit der ge-
ringsten Setzung aufzubringen. Nach Ihren Ermittlungen sollten dafür eine Gesamtlast von
50-70 MN verwendet werden.

134
Diese Lösung wurde dann auch von der Kommission zur Rettung des schiefen Turms unter
Leitung von Prof. Jamiolkowski 1993 angewandt. Zunächst erhielt das Fundament des schie-
fen Turms einen Stahlbetonring zur Stabilisierung. Dieses Fundament wurde dann auf der
„hohen“ Seite mit insgesamt 6 MN Bleigewichten belastet. Im Januar 1994 verringerte sich
dadurch die Turmneigung um 35‘‘. Durch die Zusatzbelastung einschließlich der Mehrbelas-
tung durch den Betonring um das Fundament von rund 7 MN (4,8 % des Turmgewichts) ent-
stand eine Zusatzsetzung am belasteten Fundamentrand von 4 mm.

Wie Sie sicher wissen, kam zum weiteren Aufrichten des Turms eine weitere Lösung zur
Anwendung. So wurde unter dem hochliegenden Fundamentrand Boden durch gezielte
Schrägbohrungen aus dem Untergrund entzogen und damit der Turm wieder geringfügig
aufgerichtet. Obwohl viele Baugrundfachleute diese Lösung für riskant ansahen, hat sie of-
fensichtlich ganz gut funktioniert.

Nun habe ich aus dem arbeitsreichen Leben von Herr Prof. Jelinek sehr viel berichtet.

Wir als Studenten haben Sie, Herr Prof. Jelinek, immer als einen „Grand-Seigneur“ unter
unseren Professoren angesehen. Über Ihre sonstigen Neigungen und Hobbies wussten wir
nichts.

Von Ihren langjährigen Mitarbeitern wurde mir berichtet, dass Sie in Ihrer Jugend Saxophon
spielten und Jazz liebten. Auch waren Sie ein Motorradfahrer. Bei einer Besprechung am
„Stausee Roßhaupten“ im Winter schnallten Sie plötzlich Ihre Schlittschuhe an und kurvten
auf dem See herum.

Sie waren zu Ihren Mitarbeitern ein vorbildlicher Chef, der den Mitarbeitern viel Freiraum und
Selbständigkeit ließ, der Vielseitigkeit, Fleiß, Aktivität und Zielstrebigkeit vorlebte. Der genia-
le Züge in Bezug auf Ingenieurlösungen besaß.

Ihre Leidenschaft für Nord-Italien ist ebenfalls bekannt. So sollen Sie fast jedes bedeutende
Etrusker-Grab dort kennen. Sie lieben nicht nur die italienische Sprache, auch das Essen
und den Wein, auch die frühere Architektur, z.B. Palladio.

Sie sind Liebhaber der Klassischen Musik. Ihre Leidenschaft waren immer schicke Autos, die
Sie früher selbst reparierten. Auch in Ihrem Haus sind Sie derjenige, der die Dinge selbst in
die Hand nimmt, wenn Probleme auftreten.

Sehr geehrter, verehrter Herr Prof. Jelinek, ich darf Ihnen stellvertretend für Ihre vielen Stu-
denten, die Sie ausbildeten, für Ihre Leistung, die Sie an uns vollbrachten, danken. Wir ha-
ben Sie in besonderem Maße respektiert.

Im Namen der DGGT danke ich Ihnen als Gründungsmitglied unserer Gesellschaft für Ihre
Mitwirkung. Ich habe eine Initiative gestartet, um Sie in unseren Kreis der DGGT wieder zu-
rück zu gewinnen. Der Vorstand der DGGT hat einstimmig zugestimmt, Sie zum Ehrenmit-
glied zu ernennen. In der Mitgliederversammlung der nächsten Baugrundtagung in Leipzig
im September wird darüber endgültig entschieden. Ich bin von einem einstimmigen Votum
überzeugt.

Ich wünsche Ihnen alles Gute zu Ihrem Geburtstag, den Sie vor zwei Wochen im Kreise Ihrer
großen Familie feiern konnten. Ich wünsche Ihnen und Ihrer lieben Frau weiterhin alles Gute
und noch viele glückliche Jahre.

135
136
Geotechnik in München – Rückblicke

Dipl.-Ing. P. von Soos


München

Geehrte Festversammlung, sehr verehrte gnädige Frau Jelinek, sehr geehrter lieber Herr
Professor Jelinek,
es ist mir eine große Ehre an diesem Tag hier ein Schlaglicht auf Zeiten werfen zu dürfen,
die ich als Ihr Schüler und - über dreißig Jahre lang auch als Ihr Mitarbeiter - in angenehms-
ter Erinnerung behalten habe und nicht missen möchte. Sie hatten uns, Ihre ehemaligen
Schüler und Mitarbeiter, in ein faszinierendes, sehr anspruchsvolles Fachgebiet eingeführt
und zu dessen Weiterentwicklung angeleitet und ermuntert.
Sie selbst hatten Ihre wissenschaftliche Tätigkeit stets als Antwort auf Fragestellungen der
Baupraxis angesehen und da diese Fragestellungen sehr vielfältig waren, mit Ihren Mitarbei-
tern ein sehr weitgefächertes Arbeitsgebiet betreut. Dieses werden meine nachfolgenden
Beispiele nur lückenhaft wiedergeben können und zwar aus verschiedenen Gründen:
- einmal, weil die Zeit für einen umfassenden Bericht bei weitem nicht reichen würde
- auch, weil der Berichterstatter nicht auf allen erwähnenswerten Teilgebieten so kompetent
ist, dass er diese anschaulich vertreten könnte
- schließlich, weil manche der vergilbten Unterlagen des Archivs nach Jahrzehnten ohne
große Mühe nicht mehr aufzubereiten sind.

So bitte ich auch meine ehemaligen Kollegen um Nachsicht, wenn Ihre besonderen Interes-
sensgebiete und fachlichen Leistungen gar nicht oder nicht gebührend in Erscheinung treten.
Aber genug der Einleitung.

1 Rückblick auf die Grundlagen


Der Rückblick hat bei der Person unseres Jubilars anzuknüpfen, dessen frühe wissenschaft-
lichen Arbeiten die großen Traditionen der Bodenmechanik fortführten und vertieften.

M. Charles-Augustin COULOMB Richard JELINEK

1773 1943

Grenzzustände des Gleichgewichts


ESSAI und Gleitlinienfelder in einer
kohärenten, mit innerer Reibung
Sur une application des régles de ausgestatteten, schweren Masse,
Maximis & Minimis à quelques die den Raum unterhalb einer
Problèmes de Statique, relatifs à unbegrenzten Böschung ausfüllt
l‘Archtecture

1947
Die Spannungsverteilung im
Coulomb‘schen Halbraum

Bild 1: Gegenüberstellung des Titelblatts von Coulomb 1773 und der Themen von Jelinek
1943 und 1947

137
Bekanntlich wird der französische Ingenieur Charles-Auguste de Coulomb mit seiner
Erddrucklehre (1773) als Ahnvater der Bodenmechanik angesehen. Im Sinne der Plastizi-
tätstheorie wurde sein Thema 1857 durch William John Macquorn Rankine fortgeführt.
In deren Spuren ist unser Jubilar gestartet mit einer Dissertation, die sich mit den Grenzzu-
ständen des Gleichgewichts und den Gleitlinienfeldern in einer kohärenten, mit innerer
Reibung ausgestatteten, schweren Masse befasst, die den Raum unterhalb einer unbegrenz-
ten Böschung ausfüllt [1]. Eine Kurzfassung wurde 1947 publiziert (siehe Bild 1)[2]. Die
Arbeit ist nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern auch in ihrer Durchführung bemerkenswert.
In einer versteckten Schublade des Institutsarchivs habe ich Kopien einiger Anlagen zur
Dissertation entdeckt, deren Anblick einen ästhetischen Genuss bietet – vielleicht mehr als
manche Werke in dem von hier nicht weit entfernt stehendem Haus der Modernen Kunst. Es
sind in diesen im Grenzzustand auftretende Gleitflächen konstruiert und in Schnitten durch
den Halbraum auftretende Spannungen dargestellt (siehe Bild 2)

Bild 2: Gleitflächen- und Spannungsdarstellungen aus der Dissertation Jelinek 1943

Zur Beschreibung der Spannungsverteilung, die im Baugrund bei Belastung seiner Oberflä-
che auftritt, stützt sich die Bodenmechanik – wie dies jeder Student des Bauingenieurwesens
erfährt - auf die Arbeit von Joseph Valentin Boussinesq aus dem Jahr 1885, die für einen
elastisch-isotropen Halbraum gültig ist. Sie kommt mit zwei Elastizitätskonstanten (E, m) aus.
Unser Jubilar hat 1948 gezeigt, dass zur Beschreibung der Druckausbreitung in einem, die
Gegebenheiten der Natur besser beschreibenden, „querisotropen Halbraum“ fünf Konstanten
(E1, E2, m0 , m1, G1) erforderlich sind und hat eine geschlossene Lösung für den Fall angege-
ben, dass m0 = m1 = ’ beträgt und G1 ein diskreter, von E2/E1 abhängiger Wert ist. [3] Die für
praktische Anwendungen interessante Verteilung der lotrechten Spannungen Vz weicht
danach von der Verteilung nach Boussinesq um so stärker ab, je größer das Verhältnis E2/E1
ist. Sie ist steiler, um die Lastachse stärker konzentriert als bei E2 = E1. Gleiches bewirkt
nach einer weiteren Arbeit unseres Jubilars von 1951 die Begrenzung der Schichtmächtigkeit
durch eine starre Unterlage, wogegen mit zunehmender Gründungstiefe die lastbedingten
Zusatzspannungen im Halbraum insgesamt abnehmen. [4]

138
Ein Rückblick in die Vergangenheit wäre unvollständig, würde nicht an die Arbeitsbedingun-
gen von vor 50 – 60 Jahren erinnert werden.
Die technischen Hilfsmittel waren außerordentlich bescheiden. Kopiergeräte gab es noch
keine: So musste unser Jubilar seine Fachliteratur in Bibliotheken per Hand abschreiben.
Erst später kamen Fotokopien (in der Regel als negative Papierkopien) auf. Zur Auswertung
von Formeln standen 5 bis 7-stellige Logarithmentafeln und Kurbelrechenmaschinen zur
Verfügung. Als Handwerkszeug dienten dem Ingenieur Logarithmenstab, Zirkel, Lineal und
Kurvenlineal.
Das Leben vollzog sich damals nüchterner und konzentrierter: Es gab noch kein Fernsehen
und auch kein sonstiges, Zeit stehlendes technisches Spielzeug. Dafür wurden die Postkäs-
ten täglich noch öfters geleert.

2 Rückblick auf einige ausgewählte Themen


Im Folgenden möchte der Berichterstatter nun auf ausgewählte fachliche Herausforderungen
eingehen, mit denen Professor Jelinek persönlich und in Zusammenwirken mit seinen
Mitarbeitern in den Jahrzehnten zwischen 1950 und 1980 konfrontiert wurde und zu bemer-
kenswerten Ergebnissen gelangte.

2.1 Die Zellenfangedämme am Kraftwerk Jochenstein


Als Erstes sollen die Zellenfangedämme erwähnt werden, die beim Bau des Kraftwerks
Jochenstein 1954/1955 die Baugruben in der Donau unterhalb des Zusammenflusses von
Inn und Donau abzugrenzen hatten. Es waren Kreiszellen und „Kleeblattzellen“, die auf dem
Felsuntergrund stehend Wasserspiegeldifferenzen von 18 bis 20 m standhalten mussten.

Bild 3: Übersicht Kraftwerk Jochenstein 1954/1955

139
Zunächst als Berater des Bauherrn, dann als bestellter Sachverständiger für Grundbau und
Bodenmechanik hatte unser Jubilar die Standsicherheit der Fangedämme nachzuweisen,
wobei es bald zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den üblichen Nachweisverfahren
nach der Scheibentheorie kam.

Bild 4: Formeln Scheibentheorie

Nach dieser wurden Schubspannungsvergleiche in lotrechten Schnitten vorgenommen.


Sollen diese Schnitte Gleitflächen der Kiesfüllung darstellen, müssten dazu auch konjugierte
Gleitflächen existieren, die aber so nicht möglich sind. Durch Analyse des Spannungszu-
standes an den Fußpunkten des Fangedamms mit Mohrschen Spannungskreisen (Bild 5)
hat Professor Jelinek schließlich mit nachstehenden Überlegungen einen zutreffenden
Versagensmechanismus für die Füllung des Fangedamms erarbeitet: [5], [6]
Am belasteten Fuß (Punkt B) sind Gleitflächen dadurch bestimmt, dass die in der Wandebe-
ne wirkende Spannung eine waagrecht wirkende Hauptspannung ı1 ist. An der Luftseite
(Punkt A) ist an der Wand Reibung möglich, eine der Gleitflächen wird daher in ihrer
Richtung von der Wand nicht weit abweichen. Die letztgenannte Gleitfläche schneidet sich
mit einer der in Punkt A möglichen Gleitflächen im Pol der Strahlen eines Prandtlschen
Gleitlinienfeldes. Dessen zu den Strahlen konjugierte Gleitflächen sind logarithmische
Spiralen, die die Strahlen unter einem Winkel 90° – ij´ schneiden. Der Fangedamm wird im
Grenzzustand durch Reibungskräfte gestützt, die längs der durch die Fußpunkte A und B
gehenden gekrümmten Gleitfläche (logarithmischen Spirale) wirken, zu dieser unter dem
Winkel ij´ geneigt sind und somit durch den Pol der Strahlen weisen. Ihre Resultierende, die
durch den Schnittpunkt der Wirkungslinien von Eigenlast des Fangedamms G und Wasser-
druck PW gehen muss, bildet mit G und der aufnehmbaren Horizontalkraft H ein geschlosse-
nes Krafteck. Hmin = fs PW wird durch Probieren gefunden.

140
Bild 5: Mohrsche Spannungskreise für Fußpunkte des Fangedammes

Im Vergleich zum Scheibenverfahren ergab die neue Theorie geringere erforderliche Breiten,
aber höhere Horizontalkräfte für die Verankerung von Fangedämmen. Dieses Ergebnis steht
in guter Übereinstimmung mit der Erfahrung, dass herkömmlich bemessene Fangedämme
im Versagensfall nicht umkippen, sondern durch Überbeanspruchung der Anker oder
Schlösser aufreißen.
Das Zutreffen dieser Theorie wurde später [6] durch Versuche in einem erdstatischen Modell
- einem kleinen Erddruck-Kasten - bestätigt (siehe Bild 6).

141
Bild 6: Fangedamm - Versuch im Versuchskasten

2.2 Erddruck-Probleme

Der gleiche Modellkasten wurde auch zum Studium des Versagens von verankerten
Wänden herangezogen. Auch hier hat sich zwischen Verankerung und Wandfuß eine etwa
logarithmisch gekrümmte Gleitfläche eingestellt. Das zugehörige Gleitlinienfeld führt im
unteren Bereich der Wand zu höheren Erddrücken und damit auch zu höheren Ankerkräften,
als sie nach Kranz mit dem aktivem Erddruckansatz erhalten werden. Auch der von Kranz
als Verhältnis einer „möglichen“ zu der vorhandenen Ankerkraft definierte Sicherheitsfaktor
verankerter Konstruktionen erwies sich bei weiteren Untersuchungen als fragwürdig, in dem
gezeigt wurde, dass auf die Sicherheit nicht die Ankerkraft, sondern ausschließlich die
äußeren Kräfte von Einfluss sind. Als sinnvolle Sicherheitsdefinition wurde der Vergleich des
vorhandenen Reibungswinkels mit dem für die Sicherheit erforderlichen Reibungswinkel
nach der Fellenius-Regel vorgeschlagen. [6] Leider sind diese Erkenntnisse auch in der
neuen DIN 1054 nicht berücksichtigt worden.

Bild 7: Versuch an verankerter Wand im Modellkasten

142
Der zweimal erwähnte Modellkasten wurde bereits 1956 für Erddruckversuche gebaut, in
denen für die Rhein-Main-Donau AG die Frage untersucht werden sollte, ob die Gewichts-
mauern in den Schleuseneinfahrten durch eine besonders raue Gestaltung der Wandrücksei-
te nicht wirtschaftlicher ausgeführt werden könnten. Die Vorstellung war, der Wandrückseite
durch Kanthölzer eine Sägeform zu verleihen und damit den vollen Reibungswinkel des
Bodens als Wandreibungswinkel zu sichern. In Bild 8 sind die beim Kippen der Wand
beobachteten Bewegungsvektoren zu erkennen: Sie wurden sichtbar gemacht durch
reflektierende Plättchen, die beim Einbau des Sandes an der Glasplatte des Modells
angeordnet und beim Kippen der Wand durch wiederholtes Belichten des gleichen Bildes
festgehalten wurden. Die Modellwand konnte um einen Fußpunkt an der Erdseite oder um
einen an der Luftseite gekippt werden. Nur im letztgenannten Fall wurde die Wandrauhigkeit
im Versuch sofort voll wirksam. [7] Da auf Betonfundamenten stehende Mauern nur um ihre
luftseitige Kante kippen können, war die Idee des Auftraggebers richtig: er durfte die
Verzahnung der Wandrückseite wirtschaftlich nutzen.

Bild 8: Erddruckversuch mit Bewegungsvektoren

2.3 Der Erdanker und seine Anwendungen

Mitte der 50-er Jahre wurde auch der „Erdanker“ entwickelt. Er entstand gewissermaßen als
ein „aus der Not geborenes Kind". Beim Bau des Hauses für den Bayerischen Rundfunk
sollten 1958 die Schlitzwände der Baugrubenumschließung an Brunnenschächte als
Totmänner rückverankert werden. Die von der Baugrube aus geführten Bohrungen verfehl-
ten aber die Totmänner, und Dr.-Ing. Bauer von der Firma Bauer, Schrobenhausen, der
diese Arbeiten ausführte, hat dann gefragt, ob die Stähle, die zur Rückverankerung verwen-
det werden sollten, anstelle in den Totmännern nicht durch Zementmörtel mit dem Kiesbo-
den verbunden werden könnten. Es ging darum, ob so etwas zulässig sei und auch das
Einverständnis der Baubehörde finden könnte. Und Prof. Jelinek wurde gefragt, und er hat
dieses Vorgehen als sehr erfolgversprechend bejaht. Es wurden Zugversuche ausgeführt
und die „Anker“ haben tatsächlich gehalten. Dies war der Beginn der Entwicklung des
Erdankers. Und nachdem Prof. Jelinek als Pate gewissermaßen dahinter stand, ist auch ein
großer Teil der weiteren Entwicklungsarbeiten an seinem Institut gelaufen. [9]

143
Bild 9: Erste Anwendungen von Dauerankern in München

Bild 9 zeigt die ersten Anwendungen von Dauerankern, von Erdankern also, die nicht nur für
die Zeit des Bestehens einer Baugrube, sondern als bleibende Teile einer Baukonstruktion
erstellt wurden. Links ist die Rückverankerung des Lufthansa-Hangars am Flughafen Riem
von 1963 dargestellt [10], für die eigentlich sog. MV-Pfähle verwendet werden sollten. Das
sind Profilträger, die mit einem Schuh versehen in den Boden gerammt werden, wobei der
Spalt zwischen Träger und Boden mit Verpreßmörtel verfüllt wird. Nur die Hochterrassen-
schotter im Osten von München waren so dicht, dass es nicht möglich war, diese Pfähle
einzurammen. So kam praktisch als Verlegenheitslösung die Idee, hier könnten auch diese
Erdanker eingesetzt werden. Sie wurden mit einem für heutige Vorstellungen sehr primitiven
Korrosionsschutz, einer kräftigen Bitumenauflage, versehen. Tatsächlich haben sie bis zum
Lebensende des Hangars gehalten. Der Hangar wurde nach Fertigstellung des Flughafens
München II abgebrochen. Leider wurden die Anker hierbei zur Prüfung ihres Zustands nicht
ausgegraben.
Die zweite Darstellung gibt die Vorspannung eines Schornsteinfundaments im Münchener
Norden wieder. [11] Es war im Innern einer engen Bebauung anzuordnen, wo für ein
normgerechtes Fundament, dessen Gründungssohle auch bei Wind vollflächig gedrückt
bleiben muss, kein Platz war. Das Fundament musste gegen den Boden vorgespannt
werden, wozu sich Daueranker bestens eignen.
Die dritte Skizze zeigt den Einsatz als Verankerung von auf Grundwasserauftrieb bean-
spruchte Konstruktionen, wie sie vielfach bei Straßenunterführungen, die in das Grundwas-
ser einbinden, angewandt wurden. [12] Und schließlich ist hier die Anwendung bei dem
Zeltdach der Olympischen Stätten in München dargestellt, auf die wir später noch zurück-
kommen werden.
Die ersten Forschungsarbeiten bei Ankern hatten das Studium ihres Tragverhaltens zum
Gegenstand. Um deren Ausbildung im Baugrund zu erkennen, mussten sie ausgegraben
werden, wie dies später als Notwendigkeit auch für alle Grundsatzprüfungen eingeführt
wurde. In Bild 10 ist ein in einem nicht-injizierbaren Boden hergestellter und dann ausgegra-
bener Erdanker zu sehen. Die gesamte Verpreßstrecke ist glatt, sie weist nur die Rauhigkeit
des Bodens auf.

144
Bild 10: In nicht injizierbarem Boden hergestellter Erdanker

Bild 11: In injizierbarem Boden hergestellter Erdanker

In den Rollkieslagen des Münchener Kieses konnte sich der Verpreßmörtel hingegen
ausbreiten, so dass der Verpresskörper die Form so schöner Krokodile annahm, wie es Bild
11 zeigt.
Im Rahmen eines in München-Obermenzing ausgeführten Forschungsprogramms war es
dann möglich, viele Verpreßanker mit allen möglichen Variationen nebeneinander auszufüh-
ren, z.B. mit Messung der Verteilung der Schubspannungen längs der Verpreßstrecke
unterschiedlicher Ankertypen und vielem anderen mehr [13]. Bild 12 zeigt eine Gruppe dort
ausgeführter und später ausgegrabener Anker.

145
Bild 12: Anker-Versuchsstand München-Obermenzing

Bevor ein Anker ausgegraben wird, wird er zyklischen Belastungen unterworfen. Hierbei
zeigt sich, dass mit zunehmender Last die Verschiebungen am Ankerkopf immer langsamer
abklingen. Aus dem letzten Bereich einer halblogarithmisch dargestellten Zeit-
Verschiebungslinie lässt sich ein Kriechmaß ableiten, das sich als ein Maß für die Abschät-
zung der Grenztragfähigkeit eines Ankers herausgestellt hat (Bild 13). [14] Bei Eignungsprü-
fungen muss somit nicht mehr bis zur Grenzlast belastet und der Anker überbeansprucht
werden, die Tragfähigkeit ist aufgrund des von der Bodenart abhängigen Kriechmaßes
feststellbar (Bild 14). Diese und weitere Erkenntnisse sind alle in die DIN 4125 eingegangen
und haben gewissermaßen Baugeschichte gemacht.
Zeit t (Minuten)
ks = 0,4
mm
ks = 0,
6 mm 0,6 · Ar
ks = 0,
6 mm 0,8 · Ar
ks =
1,0 · Ar
1,0 mm
1,2 · Ar
'log t
Kriechmaß k s
k
Verschiebung s (mm)

's s2 s1 s =
ks 2,
6 's
' log t t m
log 2 m
t1
Temperatureinfluss? 1,5 · Ar

Ar: rechnerische Ankerkraft

Bild 13: Ermittlung des Kriechmaßes bei Ankerprüfungen

146
Bild 14: Kriechmaße bei unterschiedlichen Bodenarten

2.4 Gründungsprobleme beim Stachus-Bauwerk

Münchens erstes in den Baugrund tief eingreifendes Großprojekt nach dem Krieg war das
Stachus-Bauwerk: Es war das erste große Bauwerk, das nach dem System der Deckelbau-
weise errichtet wurde und bei dem die Zwischendecken zur Abstützung der Umschließung
dienten (Bild 15). Wegen der großen Spannweite wurden diese auf Stützen gestellt. Die
ersten Stützen mussten auch die Decke tragen und bekamen Lasten bis zu 2000 t (20 MN).
[15]

Bild 15: Schnitt durch das Stachus-Bauwerk

147
3,10 m

Bohren im Schutze Ausheben des Bewehren des Einbau der


des Frostmantels Bodens für das Stützenfundamentes Stahlrohrstütze
Stützenfundament und Ausbetonieren
des Fundamentfußes

Bild 16: Gründung der Primärstützen des Stachus-Bauwerks

Sie wurden in im Gefrierverfahren umschlossenen Schächten 25 bis 35 m unter Gelände-


oberfläche gegründet (vgl. Bild 16). Hierbei ging es um die Frage, für welche Bodenpressun-
gen die Stützenfundamente bemessen werden dürfen? Im Münchener Tertiär wurde zu
dieser Zeit mit Bodenpressungen zwischen 4 und 5 kp/cm2 (400 bis 500 kN/m2) gegründet,
hier wurden aber 20 kp/cm2 (2000 kN/m2), also das 4-5fache des Üblichen benötigt. Wie
können diese gerechtfertigt werden? Da keine Möglichkeit bestand, in der Natur eine
Probebelastung auszuführen, musste auf Untersuchungen im Labor und auf die Nutzung
verfügbarer theoretischer Unterlagen (erweiterte Grundbruch- und Setzungsnachweise)
zurückgegriffen werden. Die Ergebnisse führten zur Zustimmung. Sorgen bereitete allerdings
der schwer abschätzbare Einfluss des Gefrierens auf die tertiären Mergel: Stellt dieser die
Voraussetzungen in Frage? Das Ergebnis hat die scheinbare Kühnheit gerechtfertigt: Die
Stützensetzungen blieben in der Größenordnung von 1,5 cm. Nur bei zwei Stützen, die auf
einer sandig-schluffigen Zwischenschicht standen, wurden etwa 2,5 cm gemessen.

Quartär

Tertiär
Entlastungs-

gedachtes
Standrohr
Brunnen

Mergel

Sandlinsen

Bild 17: Entspannung der tertiären Sande zur Auftriebssicherung

148
Der Aushub für das Stachus-Bauwerk hat tief in das Grundwasser eingebunden und die
Frage nach der Auftriebssicherheit aufgeworfen. Diese wurde mit Entspannungsbrunnen als
Überlaufbrunnen sichergestellt und auf Anraten von Prof. Jelinek wurden diese als Dauer-
maßnahme beibehalten (Bild 17). In den südlichen Teilen des Grundrisses waren die
Tertiärsande zu mächtig, die Schlitzwände konnten sie dort nicht durchfahren. Hier müssen
die Entspannungsbrunnen bepumpt werden. Als Alternative für die „dränierte Sohle“ wäre
zur Auftriebssicherheit eine 4 m dicke Betonsohle mit entsprechend längeren Umschlie-
ßungswänden erforderlich gewesen.

2.5 Baugrubenwände bei U- und S-Bahn

Ein paar Jahre später ist eine noch tiefere Baugrube für die U-Bahn am Bahnhof Haupt-
bahnhof ausgeführt worden. Dort wurden die Zentralstützen auf ein Streifenfundament
aufgesetzt, das in einem bergmännisch vorgetriebenen Stollen betoniert wurde. Auch diese
Baugrube war mit Schlitzwänden umgeben. Die Schlitzwände und der Stollen wurden zur
gleichen Zeit ausgeführt und eines schönen Tages schlug die Stützsuspension aus einer 13
m entfernten Schlitzwand in den Stollenvortrieb ein. Die Tücken unserer gleichkörnigen
Münchner Tertiärsande hatten sich wieder einmal manifestiert.
Am Bahnhof Hauptbahnhof waren die Schlitzwände über 35 m tief und der Aushub selbst
reichte bis fast 30 m Tiefe. Die Schlitzwände werden beim Baugrubenaushub durch Erd- und
Wasserdruck belastet und erleiden Vorverformungen bis unter die jeweilige Aushubsohle.
Diese Vorverformungen waren Thema weiterer Untersuchungen. Inklinometer standen uns
damals keine zur Verfügung, so haben wir eine selbstgestrickte Methode entwickelt, die
Verformungen von Schlitz- und Pfahlwänden zu untersuchen. Wir verwendeten einen
altehrwürdigen Theodoliten als Lichtlot, der auf den Kreuztisch einer Werkzeugmaschine
montiert, von einer auf den Kopf der Wand fixierten Meßplattform aus das Anvisieren einer
von unten beleuchteten, durchscheinenden Zielscheibe ermöglichte. Diese war auf einen
Schlitten montiert, der in einem in die Wand einbetonierten Rohr abschnittsweise abgesenkt
und durch Verschieben des Theodoliten angezielt wurde. Die Differenzen der Verschiebun-
gen zwischen Null- und Folgemessungen lieferten beispielsweise die in Bild 18 an einer
Baustelle der S-Bahn bei unterschiedlichen Aushubszuständen 1970 gemessenen Verschie-
bungen.

149
Bild 18: An einer Schlitzwandumschließung gemessene Verschiebungen

Solche Verschiebungen sollten auch vorausberechnet werden können. Dazu muss für die
Zwischenbauzustände die Bettung bekannt sein. Wir haben die Bettungsmoduln des
Münchner Baugrunds aus Messungen an einer Baugrube der S-Bahn hergeleitet, in der
Stahlträger als Aussteifungen in mehreren Ebenen verwendet wurden. Die Stahlträger
wurden mit Temperaturfühlern bestückt und am Ende der Steifen Kraftmessdosen angeord-
net. Die Länge der Steifen und der Temperatur-Dehnungskoeffizient des Stahles waren
bekannt, die Steifenkräfte wurden gemessen. So konnten Verschiebung und Kraft miteinan-
der in Verbindung gebracht und die hinter der elastisch gebetteten Wand wirksamen
Bettungsmoduln bestimmt werden. Mit diesen waren die gemessenen Verformungen
nachzuvollziehen. Die messtechnisch abgesicherten Bettungsmoduln haben auch in den
technischen Bestimmungen der Münchner U-Bahn ihren Niederschlag gefunden.
Schlitzwände eignen sich als relativ starre Baugrubenabstützungen zum Einsatz bei nahe
stehender Bebauung. Sie sperren auch das Grundwasser ab und müssen auf den vollen
Wasserdruck bemessen werden. In dem aus Tonen und Sanden bestehenden Tertiär kamen
- sofern die Bebauung nicht zu nahe war – auch Träger-Verbaue zur Anwendung. Zwischen
den Bohlen des Verbaus kann das Grundwasser aus den Sandschichten in die Baugrube
fließen, so dass ein Großteil der Wand nicht mehr vom Wasser benetzt ist. Auf welchen
Wasser- und Erddruck ist die Wand nun zu bemessen? Genügt es, einen Restwasserdruck
anzusetzen? Das Studium dieser Frage führte zu dem Ergebnis, dass durch Entspannung
übereinander liegender Sandschichten des Tertiärs auf die Wand zwar nur ein Restwasser-
druck einwirkt, die zwischen den Restwässern der Sandhorizonte entstehende Potentialdiffe-

150
renz die zwischenliegenden Tone aber durch Strömungsdruck belastet und hierdurch einen
Zusatzerddruck bewirkt, der nicht vernachlässigt werden darf (Bild 19). [16] Gegenüber dem
vollen Wasserdruckansatz wird die wasserdurchlässige Wand dennoch viel geringer
beansprucht.

Bild 19: Verringerung der Beanspruchung einer Baugrubenwand durch Entwässerung zur
Baugrube

2.6 Studien zur Anwendung des Gefrierverfahrens

Das Problem des Frostes im Baugrund war vom Straßenbau her bekannt. In den 60-er
Jahren wurde es auch in Zusammenhang mit der Errichtung von Flüssiggasspeichern
interessant. So ist bei uns ein Klimaschrank gebaut worden zum Studium des Verhaltens von
Böden unter Frost, der nicht wie bei der Straße oberflächennah wirksam ist, sondern unter
Belastung stattfindet. Die Frage war: Bewirkt die Auflast eine Verringerung der negativen
Auswirkungen des Bodenfrostes. Bild 20 zeigt Eislinsen, die sich in einem nicht belasteten
Schluffboden bei Frost an der Nullisotherme bilden.

Bild 20: Eislinsenbildung in Schluff an der Nullisotherme

151
Zeit - Hebungsdiagramm

Hebung (mm)
unbelastet
25

20 Legende:
Feinsand schluffig,
15 allseitig belastet
10
2,0 kp/cm2
5
4,0 kp/cm2

22.2. 1.3. 5.3. 8.3. Zeit t (d)

Bild 21: Frosthebungen und Frosthebungsgeschwindigkeiten bei einem Spannungsniveau


von 0, 2,0 und 4,0 kp/cm2

Sie üben einen hohen Druck aus. Bild 21 gibt die zeitliche Entwicklung von Frosthebungen
und Frosthebungsgeschwindigkeiten eines schluffigen Sandes und eines sandigen Schluffes
ohne Last und unter einem Spannungsniveau von 2,0 bzw. 4,0 kp/cm2 (200 bzw. 400 kN/m2)
an. Beim Schluff waren durch 2 kp/cm2 die Hebungen nicht zu begrenzen. 4 kp/cm2 waren
schon wirksam. Gleiche Aussagen hat auch die Messung von Hebungsdrücken erbracht.
Dies war der Grund, weshalb die Anwendung des Gefrierverfahrens bei der Unterfahrung
des Rathauses durch die U-Bahn damals nicht befürwortet werden konnte. Heute liegen
international mehr Informationen über den Spannungseinfluss vor und auch die Technik der
Gefriergründungen hat sich vervollkommnet (intermittierendes Gefrieren), so dass das
gleiche Verfahren, das damals abgelehnt wurde, heute zur Erweiterung des Rathaustunnels
verantwortet werden kann und gerade praktiziert wird.

2.7 Pfeilergründungen in Kriechhängen

Eine besondere Herausforderung hat sich beim Bau der Brenner Autobahn ergeben. Da
mussten an Steilhängen Hangbrücken gebaut werden. Diese Steilhänge waren Kriechhänge
und stellten die Gründung der Pfeiler in Frage, denn durch die hohen Momente, die der
Kriechhang auf den Pfeiler ausübt, würde dieser mit der Zeit talabwärts gekippt werden. Da
hatte unser Jubilar eine geniale Idee: man stelle den Pfeiler in einen Schacht, der in Spritz-
betonbauweise vorweg abgeteuft wurde und lasse einen ausreichenden Zwischenraum
zwischen dem Kriechhang und dem Pfeiler, so dass eine Berührung zwischen Hang und
Pfeiler auf viele Jahrzehnte sicher vermieden bleibt. [18] Die Bauweise ist als „Knopfloch-
lösung“ in die Baugeschichte eingegangen. Bild 22 zeigt den Bauzustand, Bild 23 einen
Schnitt durch den Hang, dem auch die Gründung im Hangschutt unter einem Winkel von ij/2
zum Hangfuß zu entnehmen ist, in einer Tiefe, in der das Kriechprofil der Hangbewegung
gegen Null konvergiert.

152
Bild 22: Gründung eines Hangpfeilers Bild 23: Querschnitt des Hanges mit Pfeiler der
nach der „Knopflochlösung“ Hangbrücke

2.8 Gründungsprobleme beim Zeltdach für Olympia 1972

2.8.1 Seilverankerungen
Die letzte große Herausforderung, über die berichtet werden soll, sind Gründungsprobleme
in Zusammenhang mit dem Stadion für die Olympischen Spiele 1972. Hier hatte Prof. Frei
Otto aus Stuttgart das Zeltdach entworfen (Bild 24) und nach der statischen Bearbeitung von
Leonhard und Andrä waren ungeheuerliche Zugkräfte notwendig, um dieses zu verankern
und in einer stabilen Form zu halten. Im Grundriss nach Bild 24 sind zu unterscheiden
- die Verankerungen des Hauptseils mit fast 5000 t (50 MN) Zug, die unter 7° zur Horizon-
talen geneigt angreifen als Gewichts-Blockverankerungen,
- die radial angeordneten Zugverankerungen mit Zugkräften um 900 t als Verankerungen
mit Schlitzwandelementen und
- die Verankerungen für dazwischen liegende, steiler geneigte kleinere Zugkräfte (400 bis
500 t) durch Erdankerblöcke. [19]

153
Bild 24: Ansicht des Zeltdaches am Stadion (Bauzustand)

Halle
Schwimm-
halle
Stadion

Blockverankerung
Schlitzwandverankerung
Erdankerblock

Bild 25: Anordnung der Verankerungen des Zeltdaches für die Olympischen Sportstätten
München

Bei den Blockverankerungen lautete die Frage: Wie ist das Zugseil an den Block anzuhän-
gen: Eher vorne, oder in Nähe der Rückseite? Ein Lastangriff vorne würde die Stirnseite
anheben und hier eine den Erdwiderstand abmindernde Wandreibung erzeugen. Ein
rückverlagerter Lastangriff hingegen drückt die Stirnseite nach unten und die hierbei bewirkte
Wandreibung erhöht den möglichen Erdwiderstand besonders wirksam (Bild 26). Auch dies
berücksichtigend wurden Blöcke mit 30 m Länge, 14 m Höhe, 13 m Breite erforderlich. (Bild
27)

154
Bild 26: Verankerungsblock des Hauptseils: Einfluss der Kinematik auf den Erdwiderstand

Bild 27: Abmessungen der Blockverankerungen des Zeltdaches

Bei den Schlitzwandelementen (Bild 28) war die Frage: Wie wirkt sich ein an der Schlitz-
wandoberfläche verbleibender Filterkuchen aus auf die übertragbare Wandreibung? Zugver-
suche sollten dies beantworten. Bild 29 zeigt deren Ergebnisse. Bei Lamelle B haben hohe
Lasten nur kleine Hebungen bewirkt, dagegen wurde Lamelle A bereits bei viel niedrigeren
Lasten um mehrere dm aus dem Boden gehoben. Den Unterschied bewirkten Bedingungen
beim Herstellungsvorgang: Während Lamelle B sofort nach dem Aushub des Schlitzes
vollendet wurde, konnte Lamelle A wegen einer Betriebsstörung erst 48 Std. später betoniert
werden. Offensichtlich hat sich der im Schlitz inzwischen entstandene Filterkuchen so
negativ auf die Kraftaufnahme ausgewirkt. Beim Versuch, die Lamellen gegeneinander zu
Kippen (Bild 30), war dieser Einfluss geringer. Als Ergebnis musste empfohlen werden,
Schlitzwandelemente zur Aufnahme von Zugkräften nur dann zu nutzen, wenn diese zur
Horizontalen flacher als 60° geneigt sind.

155
Bild 28: Schlitzwandelemente zur Aufnahme von Zugkräften

Bild 29: Ergebnisse von Zugversuchen an Bild 30: Kippversuch an Schlitzwandelementen


Schlitzwandelementen

156
Bild 31: Erdankerblock

Bild 32: Zugkraftaufnahme durch einen Erdankerblock

Bild 31 zeigt den Kopf eines Erdankerblocks, Bild 32 die statischen Annahmen für den
Nachweis der aufnehmbaren Zugkräfte. Die Einzelanker des Ankerbündels mussten einzeln
geprüft werden. Dazu wurde ein Ankertyp entwickelt, bei dem sichergestellt war, dass sich
die Zugkraft bei der Prüfung auf keinen Fall gegen die im Loch oberhalb der Krafteinleitungs-
strecke verbliebene Zementsuspension abstützt. Die Trennung wurde durch eine Gummibla-
se erreicht, die vor Erhärten der Suspension aufgeblasen, während der Prüfung drucklos mit
Wasser und danach bleibend mit Mörtel gefüllt wurde. (Bild 33) Dieser Ankertyp ging in die
Annalen als „Olympiaanker“ ein.

157
Abtrennen der Verpreßstrecke mit einer Gummiblase

Bild 33: „Olympiaanker“

Bild 34: Blick in die Baustelle des Olympiastadions

158
2.8.2 Stützung der Platten der Erdtribünen
Bild 34 zeigt einen Blick in die Baustelle des Stadions. Es ist die mehrgeschossige Stahlbe-
tonkonstruktion der Tribünen zu erkennen. Dort wo die Tribünen niedriger werden, wurden
sie aber nicht auf Stützen gegründet, sondern unmittelbar auf einen geschütteten Erddamm
betoniert. Unterhalb der Tribünen verläuft der sogenannte Reportergraben, in dem die
Reporter während der Wettkämpfe filmen und fotografieren und so immer herumlaufen
mussten. Mit Rücksicht auf diese Nutzung durften keine Abstützungen quer zum Reporter-
graben gebaut werden: Die Reporter würden mit dem Kopf in diese hineinlaufen und das
wäre lebensgefährlich. Damit kam ein unerwartetes Problem auf: Wie sollen die Platten auf
der Böschung festgehalten werden? [20]

Bild 35: Tribünenplatte auf der Dammböschung

Die Böschung ist zwar flacher als der Reibungswinkel zwischen Platte und Böschung, doch
entsteht durch die Schwerkraft zwischen beiden eine Reibungsvorspannung. Werden die
Platten nun von der Sonne bestrahlt, so dehnen sie sich aus und wegen der Reibungsvor-
spannung wird der Dehnweg bergab größer sein als bergauf. Wenn sie sich dann wieder
zusammenziehen, ziehen sie sich von oben nach unten stärker zusammen als von unten
nach oben. Sie vollführen also eine Bewegung, wie eine kriechende Raupe. Sollen sie nun
starr gestützt werden, dann wird sich diese Raupenbewegung dahin auswirken, dass sich die
Reibungsspannungen immer mehr gegen die Stützkraft richten und aufspeichern. Den
Vorgang haben wir im Labor durch zyklische Scherversuche nachgeahmt, bei denen von
einer Vorspannung ausgehend mit konstantem Weg hin- und her geschert wurde. Das
Ergebnis war die Empfehlung, die Platten nicht unten und nicht oben zu stützen, sondern in
ihrer Mitte, und zwar durch Spundwände, die in den Damm senkrecht zur Plattenebene
eingerammt wurden. Unter einem spitzen Winkel zum Lot auf die Platten gesetzt, würde die
abtreibende Lastkomponente den Kopf der Spundwände aus der Böschung heben und zum
Bruch der Platten führen. Die Platten der Erdtribünen und der Reportergraben haben
zwischendurch mehr als 30 Jahre schadlos überstanden.

3 Ausklang
Abschließend sei noch ein Bild aus einem anderen Wirkungsbereich unseres Jubilars
gezeigt. In den vielen Jahrzehnten seiner universitären Tätigkeit war er vor allem Hochschul-
lehrer, und dies für eine Generation von Studenten. Die Auseinandersetzung mit praktischen
Herausforderungen, auf die meine Ausführungen nur ein unzureichendes Schlaglicht werfen
konnten, flossen in seine viel beachteten Vorlesungen ein.

159
Fachliche Berührungspunkte mit seinen Studenten haben auch die Exkursionen geboten, die
immer wieder zu bedeutenden Objekten im benachbarten Ausland führten. Bild 36 hält eine
solche Situation bei einer Exkursion in die Tiroler Berge fest. Damals wurde hier ein hoher
Felsschüttdamm für eine Talsperre bei Kühtai, am Rande der Stubaier Alpen, im sogenann-
ten Finstertal, gebaut. Hier steht die Exkursionsgruppe an der Besucherplattform der
Baustelle. Ich brauche nicht auf die Persönlichkeit hinzuweisen, die etwa in Bildmitte inmitten
seiner Studenten zu den erläuternden Plantafeln hinaufblickt, die Längs- und Querschnitte
der noch in Bau befindlichen Anlage aufzeigen. Interesse und Wissbegierde sind den
Gesichtern anzusehen. Unter den in diesem Raum Anwesenden werden sich manche als
damalige Studenten oder Mitarbeiter unseres Jubilars wiedererkennen.
Mit diesem Bild möchte ich meine Ausführungen auch beenden und Herrn Professor Jelinek
wünschen, dass er sich noch lange der Zuneigung seiner Schüler erfreuen möge und es ihm
vergönnt sei, seinen Blick - wie hier auf diesem Bild – weiterhin froh in die Zukunft zu richten.

Bild 36: Exkursion in die Tiroler Berge

160
Literatur:

[1] Jelinek, Richard: Grenzzustände des Gleichgewichts und Gleitlinienfelder in einer kohären-
ten, mit innerer Reibung ausgestatteten schweren Masse, die den Raum unterhalb einer
unbegrenzten Böschung ausfüllt. Diss. T.H. Wien, 1943
[2] Jelinek, Richard: Die Spannungsverteilung im Coulombschen Halbraum. Bauwiss., H.4, S.
84-88, Wien, 1947
[3] Jelinek, Richard: Die Kraftausbreitung im Halbraum für querisotrope Böden. Abhandlungen
über Bodenmechanik und Grundbau. Bielefeld, Erich Schmidt-Verl. 1948
[4] Jelinek, Richard: Der Einfluss von Gründungstiefe und begrenzter Schichtmächtigkeit auf die
Druckausbreitung im Halbraum. Die Bautechnik 28. 1951, S.125-130.
[5] Jelinek, Richard: Über die Standsicherheit von Fangedämmen. Vorträge der Baugrundtagung
1960 in Frankfurt, S. 43-58
[6] Jelinek, Richard: Diskussionsbeitrag zur Themengruppe „Earth Pressure on Structures and
Tunnels“ in Proceedings 5th International Conference on Soil Mechanics and Foundation
Engineering, Paris 1961, Vol.3, pp.330-332
[7] Jelinek, Richard und Ostermayer, Helmut: Zur Berechnung von Fangedämmen und veranker-
ten Stützwänden. Die Bautechnik 44, 1967, S.167-171 und 203-207
[8] Institut für Grundbau und Bodenmechanik, T.H. München: Bericht über Erddruckversuche für
Rhein-Mein Donau AG von 1957
[9] Jelinek, Richard und Ostermayer, Helmut: Verankerungen von Baugrubenumschließungen
Vorträge der Baugrundtagung 1966 in München S. 271-310
[10] Jelinek, Richard: Gutachten zur Verankerung der Flugzeugwartungshalle Riem 1963
[11] Jelinek, Richard: Gutachten zur Gründung eines Schornsteines
[12] Jelinek, Richard: Gutachten Unterfahrung der DB an der Bergsonstraße, München 1971
[13] Jelinek, Richard und Scheele, Frierdrich: Das Kriechverhalten von Verpressankern. For-
schungsbericht BMV 1978
[14] Ostermayer, Helmut: Erdanker – Tragverhalten und konstruktive Durchbildung. Vorträge der
Baugrundtagung 1970 in Düsseldorf, S.5-36.
[15] Jelinek, Richard und von Soos, Paul: Einige Besonderheiten des Münchener Baugrunds und
ihr Einfluss auf das Bauwerk: in Festschrift zur Vollendung der unterirdischen Ladenstadt
und der Tiefgarage im Münchner Stachusbauwerk. November 1970 S. 59 bis 63.
[16] Jelinek, Richard und von Soos, Paul: Einfluss der Wasserhaltung auf die Lastannahmen
beim bau der U-Bahn-Linie 8/1. in U-Bahn für München – U-Bahn-Linie 8/1 – eine Doku-
mentation – Bruckmann, München, 1980 S.191-201.
[17] Jelinek, Richard, Jessberger, Hans-Ludwig und Lackinger, Bernhard: Frostwirkungen im
Straßenbau. Donau-Europäische Konferenz „Bodenmechanik im Straßenbau“ - Generalbe-
richte und Diskussionsbeiträge. Wien, 1968 S.106-138
[18] Jelinek, Richard: Gutachten zur Gründung der „Lueg-Brücke“ (4724)
[19] von Soos, Paul: Anchors for carrying heavy tensile loads into the soil. Proceedings 5th Euro-
pean Conference on Soil Mechanics and Foundation Enginering 1972 Madrid, Vol. 1, pp.
555-564.
[20] von Soos, Paul: Die Stützung von Betonplatten auf geneigtem Untergrund. Festschrift zum
65. Geburtstag von o.Prof.Dr.Ing. Richard Jelinek, Lehrstuhl für Grundbau und Bodenme-
chanik, TU München, 1979 S.407-421

161
162
Verzeichnis der Vortragenden

Dipl.-Geol. M. Baltruschat Bauer Spezialtiefbau GmbH Wittelsbacher Str. 5


86529 Schrobenhausen

Prof. Dr.- Ing. C. Boley Universität der Bundeswehr Werner-Heisenberg-Weg 39


Institut für Bodenmechanik + 85577 Neubiberg
Grundbau

Dipl.-Ing. M. Holfelder Bilfinger Berger AG Kistlerhofstraße 144


NL Spezialtiefbau Süd 81379 München

Dr.-Ing. S. Krieg Smoltczyk & Partner GmbH Untere Waldplätze 14


70569 Stuttgart

Dipl.-Ing. S. Medel Arbeitsgemeinschaft Katzen- Beim Eckfeld 1


bergtunnel 79588 Efringen - Kirchen

Prof. Dr.-Ing. M. Nußbaumer Ed. Züblin AG Postfach 801146


70511 Stuttgart

Dr.-Ing. J. Schwarz Walter Bau AG v. m. Dywidagstraße 1


DYWIDAG 85609 Aschheim

Dipl.-Ing. P. von Soos Reußweg 30


81247 München

Prof. Dr.-Ing. N. Vogt Technische Universität München Baumbachstr. 7


Zentrum Geotechnik 81245 München

Dr.-Ing. Th. Voigt Ed. Züblin AG Postfach 801146


Hauptverwaltung Abt. TBT 70511 Stuttgart

163
Lehrstuhl und Prüfamt
für Grundbau, Bodenmechanik und Felsmechanik
der Technischen Universität München

Schriftenreihe

Heft 1 Scheele, F. Tragfähigkeit von Verpreßankern in nichtbindigem 1982


Boden vergriffen
Heft 2 Beiträge zur Anwendung der Stochastik und 1983
Zuverlässigkeitstheorie in der Bodenmechanik vergriffen
Heft 3 Kempfert, H.-G., In-situ Versuche zur Ermittlung der 1984
Schwarz, P. Unterbausteifigkeit an zwei Pfeilern der vergriffen
Sinntalbrücke Schaippach
Heft 4 Schubert, A. Ein Beitrag zum Spannungs-Verformungs- 1985
verhalten silikatgel-injizierter Sande vergriffen
Heft 5 Gruber, N., Beiträge zum Tragverhalten axial zyklisch 1985
Koreck, H.-W., belasteter Pfähle
Schwarz, P.
Heft 6 Forschungsbeiträge zum mechanischen 1986
Verhalten von Geotextilien vergriffen
Heft 7 Alber, D., Beschreibung der räumlichen Streuungen von 1986
Reitmeier, W. Bodenkennwerten mit Hilfe der Zeitreihenanalyse vergriffen
Heft 8 Alber, D. Ein stochastisches Bodenmodell für 1986
geotechnische Aufgaben
Heft 9 Maini, K. S. Testing of bentonite suspensions 1987
Heft 10 Beiträge zur Felsmechanik 1987
Heft 11 Kröber, W. Untersuchung der dynamischen Vorgänge bei der 1988
Vibrationsverdichtung von Böden vergriffen
Heft 12 Baumann, H.-J. Bruchvorgänge infolge der Isareintiefung südlich 1988
Münchens und die kritischen Höhen der Talhänge
Heft 13 Reitmeier, W. Quantifizierung von Setzungsdifferenzen mit Hilfe 1989
einer stochastischen Betrachtungsweise
Heft 14 Vega Mayer, S. Ein Beitrag zur Vorhersage von Verformungen 1989
und Spannungen des Baugrundes und des
Ausbaues bei Hohlraumbauten
Heft 15 Bauer, A. Beitrag zur Analyse des Tragverhaltens von 1989
einfach bewehrten Zweischichtensystemen
Heft 16 Kudla, W. Beitrag zur statistischen Qualitätskontrolle im 1990
Erdbau
Heft 17 Floss, R., Vergleichsuntersuchungen über die Wirkung von 1990
Reuther, A. vibrierend und oszillierend arbeitender
Verdichtungswalze
Heft 18 Trunk, U. Probabilistische Standsicherheitsanalyse für 1993
tetraedrische Felskeile
Heft 19 Gold, G. Untersuchungen zur Wirksamkeit einer 1993
Bewehrung im Zweischichtensystem
Heft 20 Hönisch, K. Zur Strategie der Gestaltung großer 1994
Krafthauskavernen vergriffen
Heft 21 Beiträge aus der Geotechnik (Festschrift 1995
anläßlich des 60. Geburtstages von Univ.-Prof.
Dr.-Ing. R. Floss)
Heft 22 Berner, U. Ein Verfahren zur Bestimmung der 1995
Durchlässigkeit mit Infiltrationsversuchen
Heft 23 Huber, H. Untersuchungen zur Materialdämpfung in der 1996
Bodendynamik
Heft 24 Schulze, A. Beitrag zum zeit- und temperaturabhängigen 1996
Materialverhalten von Asphaltbeton für
Kerndichtungen in Schüttdämmen unter
besonderer Berücksichtigung des ebenen
Verzerrungszustandes
Heft 25 Ascherl, R. Risikobetrachtungen zur Planung von 1997
Maßnahmen zum Grundwasserschutz im
Einflußbereich von Straßen
Heft 26 Bauer, A. Der Einfluß der Verbundwirkung zwischen Boden 1997
und Geotextil auf das Verformungsverhalten von
bewehrten Steilböschungen
Heft 27 Nimmesgern, M. Untersuchungen über das Spannungs- 1998
Verformungs-Verhalten von mehrlagigen
Kunststoffbewehrungen in Sand
Heft 28 Fillibeck, J. Beitrag zum Verhalten mehrschichtiger 1999
Dichtungssysteme mit Kunststoffdichtungsbahnen
unter Scherbeanspruchung
Heft 29 Floss, R. Geotechnik 2000
Forschung und Entwicklung über zwei Jahrzehnte
– 1980 bis 2000
Heft 30 Heyer, D. Die Durchlässigkeit mineralischer Dichtungsstoffe 2001
unter besonderer Berücksichtigung des
Sättigungsvorganges
Heft 31 Bauer, J. Ein Teilsicherheitsmodell für die Bemessung 2002
einer verankerten Baugrubenwand im
Bruchgrenzzustand
Heft 32 Beiträge zum 1. Geotechnik-Tag in München, 2002
Unterfangungen
Heft 33 Schwarz, P. Beitrag zum Tragverhalten von Verpresspfählen 2002
mit kleinem Durchmesser unter axialer zyklischer
Belastung
Heft 34 Hartmann, K. Untersuchung zur Prognose von 2002
Anforderungswerten an die
Beschleunigungsmesswerte der FDVK-Methode
Heft 35 Beiträge zum 2. Geotechnik-Tag in München, 2003
Bauen im Grundwasser
Heft 36 Beiträge zum 3. Geotechnik-Tag in München, 2004
Tunnel in offener Bauweise / spezielle Baugruben

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