Strassentemperierung Wunsiedler Strasse
Strassentemperierung Wunsiedler Strasse
Strassentemperierung Wunsiedler Strasse
Wunsiedler Straße
Stadt Marktredwitz
Diese Studie wurde erstellt von:
Uwe Täuber
Markus Ruckdeschel
Alexander Burkel
ENERGIEAGENTURnordbayern GmbH
Kressenstein 19
D-95326 Kulmbach
Fon. 0 92 21 / 82 39 - 0
Fax. 0 92 21 / 82 39 – 29
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Straßentemperierung:
Wunsiedler Straße Marktredwitz
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung................................................................................................................... 5
5. Auslegung ............................................................................................................. 17
6. Kosten .................................................................................................................. 20
6.1 Investitionen....................................................................................................... 21
8. Zusammenfassung ................................................................................................. 29
9. Abbildungsverzeichnis ............................................................................................ 32
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1. Einleitung
Dabei können alternative Energieformen auch in Bereichen eingesetzt werden, die auf den
ersten Blick nicht unbedingt naheliegend sind, zum Beispiel bei der Steigerung der
Verkehrssicherheit. Der Einsatz von Räumfahrzeugen sowie Streusalz und Rollsplitt erfordert
besonders in den schneereichen Regionen Deutschlands jährlich einen hohen Aufwand an
Energie und finanziellen Mitteln. Marktredwitz im Fichtelgebirge ist bedingt durch die
geographische Lage besonders betroffen. Im Rahmen dieser Studie soll eine technische und
wirtschaftliche Lösung untersucht werden, ein Teilstück der Wunsiedler Straße so zu
temperieren, dass es auch bei Frost und Wintereinbruch durchgängig sicher befahrbar bleibt.
Zusätzlich soll der Straße im Sommer Wärme entzogen werden, um den Fahrbahnverschleiß
durch hohe Temperaturen zu minimieren.
Zunächst mag es vielleicht widersinnig klingen, eine Straße zu heizen. Bei näherer
Betrachtung aber dient es der Sicherheit und störungsfreien Verkehrsabläufen, besonders bei
steilen und eisgefährdeten Strecken. Dazu finden sich neben den bereits angesprochenen
verminderten Schneeräumungsaufwand noch andere Synergieeffekte, wie beispielsweise
eine längere Lebensdauer der Straße. Eine Realisierung dieses Ziels über den Einsatz fossiler
Energieträger oder eine Stromflächenheizung wäre im Rahmen der Energiewende natürlich
eher kontraproduktiv.
Erdwärme als ständig verfügbare Energiequelle ist im Gegensatz dazu jedoch CO2 neutral. So
findet sich bereits ab einer Tiefe von ca. zehn Metern unter der Erdoberfläche eine über das
gesamte Jahr konstante Temperatur von etwa zehn Grad1. Darüber hinaus verfügt
Marktredwitz über geeignete geologische Verhältnisse, die eine Speicherung der im Sommer
anfallenden Wärme im Erdreich begünstigen. So kann der Belag im Sommer gekühlt werden,
und die dabei anfallende Wärme später im Winter zur Temperierung eingesetzt werden. Das
Konzept ist grundsätzlich nicht neu, es gibt in der Schweiz, Japan, den USA und den
Niederlanden2 bereits erprobte Fahrbahnheizungen.
1 Linda Caroline Meier: Geothermie die alternative Energiequelle aus der Tiefe. http://www.geoberlin.de/downs/Geothermie.pdf
Abrufdatum: 18.11.11
2 Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie vom 16.06.05 Abrufbar unter:
http://www.geoversi.nrw.de/ Abrufdatum 18.11.11
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möglichen Umsetzung. Hierbei wird es immer zur Abweichung einzelner Parameter kommen,
die dementsprechend auch Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Projektes haben
können.
Vorab wurden einige Auslegungen von der Firma REHAU übernommen, da sich das
hauseigene geothermische System zur Brückenheizung bereits in der Praxis bewähren
konnte.
1. Ausgangslage Marktredwitz
Für die Temperierung soll ein Teilstück der Wunsiedler Straße hergenommen werden. Die
Wunsiedler Straße verläuft von der Fichtelgebirgsstraße direkt in das Zentrum der Stadt
Marktredwitz.
In Absprache mit der Stadt wurde ein Straßenabschnitt von 500m Länge näher betrachtet.
Dabei stellte sich heraus, dass vor allem im blau markierten Bereich (Bild 1) eine
Temperierung der Wunsiedler Straße sinnvoll ist.
Dieser Streckenabschnitt hat ein besonders hohes Gefälle (Diagramm 1). Zudem finden sich
innerhalb dieser Teilstrecke von ca. 135m Länge zwei T-Kreuzungen, die in das angrenzende
Wohngebiet führen. Bei einer mittleren Straßenbreite von ca. 5 m ergibt sich somit eine
Fläche von 675 m², bei der eine Temperierung sinnvoll wäre.
Das Gebiet südlich der Straße unterliegt landwirtschaftlicher Nutzung. Ob die an die Straße
angrenzenden Gebiete für Anlagenteile der Straßentemperierung, etwa für eine
Pumpenstation, oder für unterirdische Wärmespeicher zur Verfügung stehen, muss einzeln
geprüft werden.
Marktredwitz besitzt einen festen Untergrund, welcher die Kosten für Bohrarbeiten verteuert.
Dem gegenüber steht die gute spezifische Erdwärmesondenentzugsleistung mit geschätzten
60-70 W/m. Durch die gute Wärmeleitung des Bodens wird im Umkehrschluss auch die
Einbringung von Wärme, also die Wärmespeicherung, begünstigt.
Die Straße verhält sich im weitesten Sinne wie ein lang gezogener Solarkollektor. Die
Wunsiedler Straße verläuft in West-Ost-Richtung. So hat sie generell gute Voraussetzungen,
um einen möglichst hohen Strahlungsertrag zu ernten. Zusätzlich muss man die Steigung der
Straße in West-Richtung betrachten. Die Straße hat eine Steigung von ca. 11%, was einem
Anstellwinkel von 6,4° entspricht. Dieses Gefälle begünstigt die solaren Strahlungsgewinne in
den Morgenstunden und am Vormittag – die Sonne steht im Osten. Sie verschlechtert jedoch
die Bedingungen am Abend – dann steht die Sonne im Westen. Während der gesamten
Mittagsstunden, wenn die Sonne hauptsächlich im Süden steht, kann der Belag trotz der
West-Ost Neigung einiges an Solarenergie ernten. Eine Verschattung aus Südrichtung in
Form von hohen Gebäuden ist nicht gegeben und verbessert somit die Ausgangslage. Jedoch
wurde die Wunsiedler Straße als Allee angelegt. Der Baumbestand (vgl. Bild 1) am
Straßenrand in Südrichtung verschattet den Belag stark. Aus rein energetischer Sicht wäre
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eine Fällung des Baumbestands in diesem Abschnitt natürlich zu empfehlen. Allerdings
sprechen ökologische Aspekte dagegen.
2.3 Wetterbedingungen
Aufgrund der geographischen Lage der Stadt Marktredwitz kommt es hier im Winter zu
erheblichen Niederschlägen in Form von Schnee. Zwischen November und März bewegen
sich die Monatsmitteltemperaturen um den Gefrierpunkt.
Art Einheit Jan Feb März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Temperatur °C/Monat -2,9 -1,9 1,5 5,6 10,6 13,8 15,4 14,9 11,7 7,3 1,9 -1,5
Niederschlag l/mm²/Mon. 55,5 45,4 49,5 57,2 71,7 77,4 74,0 79,7 53,4 53,5 57,2 67,6
Sonnenstunden h/Monat 44,8 72,4 112,3 149,2 195,0 198,1 207,7 195,5 156,3 120,7 51,7 38,1
Tabelle 1: Klima DWD (im Mittel 1961-1990)
Mit insgesamt 1540 Sonnenstunden im Jahr liegt Marktredwitz genau im deutschen Mittel.
Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten wiederholen sich Winterszenen, wie in Bild 2 zu
sehen, nahezu jährlich.
Zudem muss man einberechnen, dass die Klimadaten aus Tabelle 1 während der Jahre 1961-
1990 aufgenommen wurden. Die vergangen Jahre zeigen jedoch eine auffällige Häufung an
Wetterextremen, die auch auf den Klimawandel zurückzuführen sind. Obwohl man davon
ausgeht, dass sich im Jahresdurchschnitt bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine Zunahme
der Temperaturen von ca. 3,2°C einstellen wird, wird die Anzahl der Schneetage nahezu
konstant bleiben.5 Auch zukünftig werden wir mit sehr heißen Sommern und lang
anhaltenden Kälteperioden wie beispielsweise im Winter 2010/2011 rechnen müssen.
I. Energiequelle
Die Energiequelle gibt ihre Energie in Form von Wärme an den Wärmetauscher im
Straßenbelag weiter. Als Wärmetauscher werden Rohre unterhalb der Asphaltdeckschicht
verlegt. Sensoren messen in regelmäßigen Abständen die örtlichen Gegebenheiten,
beispielsweise um Blitzeis schon im Voraus zu vermeiden. Hierbei ist es notwendig, einen
Straßenbelag schon bei niedrigen positiven Temperaturen zu heizen. Um die Wärme des
Wassers im Rohrsystem unter dem Asphalt an den Belag weiterzuleiten, vergehen ca. 1-2
Stunden.7
Eine Autobahnbrücke mit temperiertem Belag in der Schweiz wird beispielsweise ab einer
Belagstemperatur von ≤ +3°C beheizt.8 Da Brücken als freistehende Bauwerke schneller
auskühlen als Straßen, könnte in der Praxis diese Temperaturschwelle für den Heizbeginn
6 Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie. 16.06.05 S.19 Abrufbar unter:
http://www.geoversi.nrw.de/ abgerufen am 18.11.11
7 Vgl. Burkhard Strassmann: Die geheizte Brücke. Zeit Online 08.03.2007 abrufbar unter http://www.zeit.de/2007/11/T-Bruecke
8 Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie. 16.06.05 S.71 Abrufbar unter:
http://www.geoversi.nrw.de/ abgerufen am 23.11.11
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noch etwas gesenkt werden. Um die Belagstemperierung noch präziser steuern zu können,
ist gezieltes Arbeiten mit meteorologischen Prognosemodellen und aktuellen Klimadaten
unausweichlich. In jedem Fall ist es sinnvoll, eine sogenannte Schalthysterese, also eine
Verzögerung, von ca. 1°C in die Regelung mit einzubeziehen, um unnötig viele
Schaltvorgänge bei Temperaturen im Bereich der Temperaturschwelle zu vermeiden.
Wie viel Wärme dem Belag im Winter tatsächlich zugeführt werden muss, ist von mehreren
Faktoren abhängig, aber vor allem bedingt durch die grundsätzliche Auslegung auf
Eisfreihaltung mit oder ohne Schneeschmelze.
Die nötige Wärme zur Temperierung der Straße soll in dieser Betrachtung mit Hilfe der
Geothermie bereit gestellt werden. Unter Umständen müssen hierbei noch Wärmepumpen
eingesetzt werden, die das Temperaturniveau der aus dem Erdreich entnommenen Wärme
erhöhen. Die wesentlichen technischen Unterschiede im Bereich der Wärmebereitstellung
und Speicherung werden im folgenden Kapitel näher beschrieben.
Die Bodentemperatur nimmt im Mittel um 1°C je 30m zu. Der geothermische Wärmefluss
liegt in Bayern bei rund 0,065 W/m².10 Es leuchtet ein, dass es sich bei geothermischer
Wärmenutzung in erster Linie um eine Nutzung bereits gespeicherter Wärmemengen
handelt. Die Nutzung oberflächennaher Erdwärme (bis 400m Bohrtiefe) ist also nur dann
regenerativ, wenn dem Erdboden im Jahresmittel nicht mehr Energie entnommen wird, als
durch die natürlichen Energietransportvorgänge während der sommerlichen
Regenerationszeit wieder zufließen kann. Mittels aktiver Regeneration kann man diese
Transportvorgänge noch unterstützen. Hierbei wird die im Sommer überschüssige Wärme in
den Boden eingebracht. Bei korrekter Auslegung kann eine Auskühlung des Bodens
vermieden werden.
Eine Straßentemperierung mit Wärmepumpenunterstützung hat den Vorteil, dass sich die
Anzahl der Sondenbohrungen bzw. die Kollektorfläche reduziert, was sich auch in der
Investitionssumme widerspiegelt. Das System wird dadurch zusätzlich kompakter, darüber
hinaus verringert sich der Planungsaufwand. Allerdings müssen immer der Stromverbrauch
für die Wärmepumpe im Betrieb sowie deren Anschaffungspreis und erhöhte
Wartungskosten mit in die Betrachtung einfließen.
Bild 3 verdeutlicht die Funktionsweise einer Wärmepumpe, wie sie im Winterbetrieb zur
Straßenbeheizung arbeiten würde. Sie sitzt zwischen zwei hydraulischen Kreisläufen. Der
Kollektorkreis wird im Falle der Straßentemperierung mit der geothermischen Wärmequelle
verbunden. Die daran angeschlossene Wärmepumpe entzieht dem Kollektorkreis Wärme und
erhöht unter Einsatz elektrischer Energie diese Temperatur, bevor sie letztlich an den
Heizkreis weitergegeben wird. Der Heizkreis ist mit dem Rohrkollektor unterhalb des
Straßenbelags verbunden.
Im Sommerbetrieb muss die Wärmepumpe nicht arbeiten. Die beiden Kreisläufe müssen
mittels Wärmetauscher verbunden werden. Überschüssige Straßenwärme sollte in die
Bohrlöcher geführt werden, um der Sondenauskühlung entgegenzuwirken. Man spricht
hierbei von aktiver Regeneration. So kann gleichzeitig der Wirkungsgrad der Wärmepumpe
gesteigert und damit der Strombedarf im Winter verringert werden.
Wärmepumpen lassen sich prinzipiell auch mit Flächenkollektoren sehr gut kombinieren.
Flächenkollektoren werden nach VDI 4640 in ca. 1,2-1,5m Tiefe verlegt. Die
Bodentemperatur in dieser Tiefe unterliegt sehr stark den regionalen Schwankungen. So liegt
die Temperatur in 1,5m Tiefe im März bei ca. 2°C, während sie im September 15°C erreicht.
Die Regeneration der zur Straßenheizung entzogenen Energie erfolgt hauptsächlich durch
Sonneneinstrahlung und Regenwasser. Der schlechtere Wirkungsgrad einer Wärmepumpe in
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Kombination mit Flächenkollektoren im Vergleich zu Erdwärmesonden ist auf eben diese
großen jahreszeitlichen Schwankungen zurückzuführen.
Hierdurch ergeben sich zwei weitere Probleme beim Einsatz von Erdwärmekollektoren: Zum
Einen eine uneffektivere Kühlung der Belagsoberfläche im Sommer, zum Anderen keine
Möglichkeit zur Speicherung dieser anfallenden Wärme im Untergrund.
11 Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie. 16.06.05 Abrufbar unter:
http://www.geoversi.nrw.de/ abgerufen am 18.11.11
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4.2 Geothermie mit Wärmespeicher
Soll die Straßenheizung ganz ohne Wärmepumpe betrieben werden, ist ein groß
dimensionierter Erdwärmespeicher die einzig sinnvolle Lösung. Prinzipiell würden sich auch
Kesselspeicher oder Niedrigtemperatur-Latentwärmespeicher eignen. In der Praxis bewährt
haben sich jedoch Erdwärmesondenspeicher. Tiefe und Anzahl der Erdbohrungen müssen in
der Planung getrennt berechnet werden. Diese Parameter hängen ebenfalls maßgeblich vom
erwünschten Ziel – Schneeschmelze oder Eisglättevorbeugung ab.
Als Beispiel lässt sich das Schweizer Projekt SERSO zur Eisvermeidung des Belags einer
Brücke der A8 im Berner Oberland nennen. Die nötige Wärme zur Beheizung der
Belagsfläche von 1300m² wird über einen Ringwärmespeicher-Verbund aus mehreren
Erdwärmesonden mit einer Länge von je 65m bereitgestellt. Dafür wurden 91 Sonden in das
Felsgestein getrieben. So kommt ein Speichervolumen von 55.000m³ zu Stande. Zum
Vergleich: Die größten im Hausgebrauch verwendeten Warmwasserspeicher, wie sie
vereinzelt bei Solarhäusern zum Einsatz kommen, besitzen ein Volumen von ca. 30m³. Auch
wenn diese Wärmespeicher in der Lage sind, ein vielfach höheres Temperaturniveau zu
halten, ist der Einsatz von Kesselspeichern nicht wirtschaftlich darstellbar.
Die Erfahrungen in der Schweiz haben gezeigt, dass sich die Wassertemperatur in den im
Fels eingebrachten Erdwärmesonden nach Ende des Sommers auf ca. 20°C erhöht hat.12 Mit
diesen gespeicherten Wärmemengen kann dort den ganzen Winter der Straßenbelag eisfrei
gehalten werden, wofür eine Vorlauftemperatur im Bereich von 6 – 10°C genügt.
12 Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie. 16.06.05 S70 Abrufbar unter:
http://www.geoversi.nrw.de/ abgerufen am 18.11.11
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Abbildung 5: Prinzipschema SERSO Brückenenteisung Schweiz
Eine Weitere Möglichkeit, Wärme unter der Erdoberfläche zu gewinnen, ist die Nutzung
vorhandener Grundwasserleiter. Diese Methode ist generell sehr attraktiv, da sie zum einen
weniger kostenintensiv ist und zum anderen die ganzjährige Wassertemperatur von in der
Regel ca. 10-12°C effektiv genutzt werden kann. Der Grundwasserleiter bzw. das
Wasservorkommen wird dabei direkt mit zwei Brunnen angebohrt und von dort zum
Wärmeübertragungssystem der Straßentemperierung bzw. zu einer zwischengeschalteten
Wärmepumpe gefördert.
Neben den Komponenten zur Erdwärmegewinnung ist in jedem Fall eine intelligente und den
Gegebenheiten angepasste Mess-, Steuer- und Regelungstechnik notwendig. Eine
Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) muss Wetteränderungen über verschiedene
Parameter wie Temperatur, Luftdruck, Windgeschwindigkeit erkennen und den Heiz- bzw.
Kühlkreis dementsprechend schalten.13 Beim Einsatz von Wärmepumpen muss bei sinkenden
13 Dipl.-Ing K.-U. Mackert: Kanalbrücke Berkenthin mit temperierter Fahrbahn (Bundesanstalt für Straßenwesen) 27.09.11
S. 13 Abrufbar unter http://www.bast.de
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Temperaturen frühzeitig vor Erreichen der Schwelltemperatur von bspw. 3°C sichergestellt
werden, dass genügend Wärme zur Verfügung steht. Für die Datenermittlung sind
verschiedene Messsysteme notwendig. Bild 6 zeigt die Klimamessstation, wie sie bei der
Belagstemperierung der Kanalbrücke in Berkenthin in Schleswig-Holstein zum Einsatz
kommt. Dies ist das bisher erste und einzige Projekt dieser Art auf deutschem Boden. Es
befindet sich gerade in der Erprobungsphase und wird im Winter 2011/2012 zum ersten Mal
im Heizbetrieb arbeiten.
14 Dipl.-Ing K.-U. Mackert: Kanalbrücke Berkenthin mit temperierter Fahrbahn (Bundesanstalt für Straßenwesen) 27.09.11
S. 14 Abrufbar unter http://www.bast.de
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Abbildung 7: Strahlungspyranometer
Wärmepumpe
Bei einem Betrieb mit Wärmepumpe muss die Kühlung im Sommer erst ab
einer kritischen Belagstemperatur von ca 50°C betrieben werden. Diese
Wärme sollte dann ins Erdreich geführt werden, um dort zur Regeneration der
Tiefenbohrung beizutragen. So wird ein unnötiger Pumpenbetrieb vermieden.
Erdwärmespeicher
Hier sollte ein Kühlbetrieb bereits wesentlich früher erfolgen. Primäres Ziel ist
hierbei die effektive Speicherung von Wärme im Erdwärmespeicher. Letztlich
kann man die Kühlung der Fahrbahnoberfläche und die damit verbundenen
Vorteile als Nebeneffekt der Speicherung betrachten.
Beim SERSO Modell wird der Solekreislauf dann aktiviert, wenn die mittlere
Belagstemperatur um 3K gegenüber der mittleren Temperatur im Felsspeicher
ansteigt. So wird die Speichertemperatur im Sommer schrittweise angehoben,
Wärmeverlusten durch „falsche“ Kühlung wird vorgebeugt.
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4.5 Fazit der technischen Betrachtung
In jedem Fall ist die Regelung eines solchen Systems als aufwendig zu betrachten. Es
müssen eine Reihe von Parametern überwacht und davon abhängig gehandelt werden.
Mangelnde Praxiserfahrung erschwert eine korrekte Planung der Anlage sowie deren
Regelung.
Die Lebensdauer der Komponenten ist relativ unkritisch, sie liegt bei Erdwärmesonden bei
fachgerechter Ausführung bei ca. 100 Jahren.15 Auch Wärmepumpen werden heute mit einer
Laufleistung von 40.000 Betriebsstunden angegeben.16 Beim Straßenaufbau geht die Studie
SERSO+ von einer Lebensdauerverlängerung von 15-18 Jahren aus. Der Belag der SERSO
Autobahn-Brückentemperierung in der Schweiz musste nach unseren Recherchen seit 1994
bis heute nicht erneuert werden.
5. Auslegung
5.1 Straßenbelag
Der Straßenaufbau muss auf die besonderen Anforderungen der Temperierung ausgelegt
werden. Untersuchungen zum thermodynamischen Verhalten des Straßenaufbaus haben
gezeigt, dass die Verlegung des Rohrsystems unterhalb des Belages zu hohen Verlusten
führt.17 Das Rohrsystem zur Wärmeübertragung wird deshalb in einer Zwischenschicht
bestehend aus Gussasphalt eingebracht. Aufgrund der Verarbeitung im flüssigen Zustand
wird so das ganze Rohr optimal umschlossen. Eine nachfolgende Verdichtung durch eine
Straßenwalze ist nicht notwendig. Die darüberliegende Deckschicht wird als normaler
Abbildung 8: Straßenaufbau
Der Verlegeabstand der Rohre sollte 10cm betragen. Bei verschiedenen Versuchen hat ein
größerer Abstand der Rohre zueinander nicht den gewünschten Erfolg bringen können. Bei
Abständen zwischen 15-20cm ist die Temperaturspreizung auf der Fahrbahnoberfläche so
hoch, dass sich unter Umständen zeitweise vereiste Streifen bilden könnten.19
Ein Verlegeabstand von 10cm hat eine Rohrlänge pro Quadratmeter von rund 10m zu Folge.
Somit ergibt sich für das betrachtete 135m lange Teilstück eine benötigte Rohrlänge von
etwa 6750m.
18 Dipl.-Ing. M. Eilers: Glättevermeidung durch die Nutzung von Geothermie (Bundesanstalt für Straßenwesen) 22.10.2008
S.4 Abrufbar unter http://www.bast.de abgerufen am 13.12.11
19 Dipl.-Ing. M. Eilers: Glättevermeidung durch die Nutzung von Geothermie (Bundesanstalt für Straßenwesen) 22.10.2008
S.3 Abrufbar unter http://www.bast.de
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Erste Erkenntnisse beim Bau der Straßentemperierung in Berkenthin ergaben zudem: „Die
Anordnung des Registers sollte grundsätzlich in Fahrbahnlängsrichtung erfolgen, da eine
Scheiteldruckbelastung der Rohre durch das rollende Rad günstiger ist als Einwirkungen quer
zur Rohrachse. Außerdem ist durch die Aufteilung der Hauptkreise auf die Fahrstreifen im
Schadensfall eine Behelfsverkehrsführung möglich. Die Deckschicht kann wahlweise in Guss-
oder Walzasphalt ausgeführt werden. Gussasphalt besitzt die größte Wärmeleitfähigkeit aller
bituminösen Bauweisen und erfordert keine mechanische Verdichtung.“20 Jedoch sind die
Kosten für einen Quadratmeter Gussasphalt mit über 30€ wesentlich höher als für
Walzasphalt (ca. 10€/m²).21
Der Wärmebedarf für eine Straßentemperierung kann nur grob abgeschätzt werden. Er
hängt neben der Außentemperatur von weiteren Faktoren wie Windgeschwindigkeit oder
Niederschlag ab. Je höher zum Beispiel im Winter die Windgeschwindigkeit, desto höher sind
auch die konvektiven Verluste. Weiterhin wird je nach Schneefall eine gewisse Energie zum
Schmelzen des Schnees benötigt. Für eine komplette Schneefreihaltung der Freifläche sind in
Deutschland etwa 250-300 W/m² anzusetzen. Systeme zur reinen Eisfreihaltung kommen mit
etwa der Hälfte bis einem Drittel des Wärmestroms aus.22 Welche Zielsetzung man beim
Marktredwitzer Projekt zugrunde legt, ist letztlich vor allem eine ökonomische Frage. Für die
folgenden Berechnungen wurden 300 W/m² angenommen.
Legt man besonderen Wert auf ein sehr flexibles Heizsystem, das auch auf große
Temperaturabfälle in kurzer Zeit reagieren kann, ist der Einsatz von Wärmepumpen zum
Bereitstellen hoher Vorlauftemperaturen erforderlich. Andernfalls muss der Heizbeginn
wegen der Trägheit des Systems noch frühzeitiger und vorausschauender geplant werden.
Um der Straße die nötige Wärme mittels Geothermie bereitzustellen, müssen Wärmepumpe
und Erdwärmequellen richtig ausgelegt werden. In einer korrekten Auslegung spielen vor
allem die örtlichen Gegebenheiten, also die Beschaffenheit des Untergrundes, eine Rolle.
20 Dipl.-Ing K.-U. Mackert: Kanalbrücke Berkenthin mit temperierter Fahrbahn (Bundesanstalt für Straßenwesen)27.09.11
S. 15 Abrufbar unter http://www.bast.de
21 Telefonische Auskunft der Fa. Heitkamp & Hülscher GmbH & Co. KG - www.asphaltrechner.de
22 Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie. 16.06.05 S102
Abrufbar unter: http://www.geoversi.nrw.de/
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Um eine Wärmestromdichte von ca. 300 W/m² bereitzustellen, ist eine Wärmepumpe mit
einer thermischen Leistung von 125 kWth notwendig. Aufgrund der niedrigeren Betriebszeiten
(ca 300h) als beispielsweise bei der Beheizung von Wohngebäuden und den daraus
resultierenden erhöhten Sonden-Entzugsleistungen, kann mit einer Arbeitszahl von 4,3
gerechnet werden. Dies bedeutet, dass aus einer Kilowattstunde elektrischer Energie mit
Hilfe der Erdwärme 4,3 Kilowattstunden thermische Energie gewonnen werden. Daraus
ergibt sich eine nötige Gesamtentzugsleistung von 96kW, die dem Erdreich entnommen
werden müsste.
Bei einer Entzugsleistung von 50 Watt pro Meter Bohrtiefe ergibt sich eine benötigte
Gesamtlänge von 1920m. Mit der gewöhnlich üblichen Sondenlänge bis maximal 100m Tiefe
kommt man also auf rund 20 Bohrungen. Da die geologischen Verhältnisse vor Ort
möglichweise eine bessere Wärmeentzugsleistung bieten (geschätzt 60-70W/m), könnten in
der Praxis auch weniger als 20 Bohrungen notwendig sein. Zusätzliche kostendämpfende
Wirkung könnten Bohrungen jenseits der 100m Tiefe ergeben, weil sich dadurch die Anzahl
der Bohrungen verringert.
6. Kosten
Auf Basis des Szenarios unter Einsatz einer Wärmepumpe wurde von der Energieagentur
Nordbayern eine exemplarische Auslegung erarbeitet. Zum Vergleich wurde eine weitere
Auslegung durch die Firma REHAU AG+Co vorgenommen. Obgleich zu Auslegung und
Materialeinsatz im Vorfeld Berechnungen stattfanden, können die hier aufgeführten Kosten
lediglich eine grobe Richtung vorgeben. Sie ersetzen keine detaillierte Kostenrechnung im
Planungsfall.
Die rechnerische Auslegung und die damit verbundenen Kosten beziehen sich auf einen
100m langen Straßenabschnitt mit 5m Breite, also einer Fläche von 500m². Für ein 675m²
großes Flächenstück, was der im Kapitel I ermittelten Länge von 135m entspricht, können
die Ergebnisse entsprechend hochgerechnet werden.
Die Gesamteinbaukosten pro Quadratmeter für den nachträglichen Einbau werden mit
50,00€ veranschlagt, wobei 5,00€/m² für die Einbaukosten der Rohre bereits enthalten sind.
Der Preis bezieht sich auf das Abfräsen bestehender Asphaltsichten und das Aufbringen einer
Zwischensicht aus Gussasphalt sowie einer Deckschicht aus Walzasphalt.
Unter Einbeziehung der Ergebnisse aus Kapitel 5 kann bei 55 Euro pro Bohrmeter von einem
Nettopreis von 105.600 € für die Erdarbeiten ausgegangen werden.
Position Kosten
Wärmepumpe 125kW th / 30kW el 30.000 Euro
Gebäude für Wärmepumpe, Pumpen etc. 12.000 Euro
Anlagentechnik, Verrohrung, isolierte Transportleitung 45.500 Euro
Rohrregistersystem + Verbindung 42.000 Euro
Erschließung Wärmequelle (Bohrung etc.) 105.600 Euro
Gesamtpreis (Netto) 235.100 Euro
Gesamtpreis (Brutto) 279.769 Euro
Tabelle 3: Aufstellung Peripheriekosten EAN
Es ergibt sich ein Gesamtbruttopreis von 279.769 €, wobei die Kostenkalkulation für das
Rohrregistersystem zur Flächentemperierung auf den Angaben der Firma REHAU beruht.
Hierfür wird seitens REHAU 84€/m², also insgesamt 42.000 Euro kalkuliert.
Für Sonde und Wärmepumpe veranschlagt REHAU 390 €/m². Der seitens REHAU ermittelte
Gesamtbruttopreis von 275.000 Euro ergibt sich aus dem genannten Quadratmeterpreis für
Sonde und Wärmepumpe plus 160€/m² für alle Rohre plus Verbindungstechnik, also
550€/m².
Zu den Investitionskosten für die Steuerungs- und Regelungstechnik liegen uns leider keine
Zahlen vor. Selbst eine grobe Abschätzung ist schwierig, jedoch kann man sich bei der
Planung am Brückenenteisungsprojekt Berkenthin in Schleswig-Holstein orientieren. Hierbei
wurden für Sensorik, Schaltschrank und Fernüberwachung rund 100.000€ ausgegeben.
Allerdings dürfte hauptsächlich der Pilotcharakter des Projektes für diese hohe Summe
verantwortlich sein. So wurde hier sicher mehr Sensorik als zwingend notwendig verbaut, um
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das Verhalten der Brücke während der Temperierung weiter zu erforschen. Für eine
Mindestkonfiguration, wie sie für die Wunsiedler Straße benötigt werden würde, könnte man
in etwa von der Hälfte dieser Kosten, also von einer Investitionssumme von rund 50.000€
ausgehen. Eine Kalkulation mit MSR befindet sich im Anhang.24
Die Kostenabschätzung der Firma REHAU entspricht also in etwa den von der Energieagentur
Nordbayern ermittelten Werten, wobei das MSR nicht in dieser Betrachtung auftritt, da
seitens REHAU keine konkreten Zahlen vorlagen.
6.2 Betriebskosten
Größter Faktor für die Betriebskosten sind die Stromkosten. Für die Wärmegewinnung hat
die REHAU AG+Co in Erlangen zwei Szenarien basierend auf geothermischen
Erdwärmesonden durchgerechnet, auf die wir uns hier im Wesentlichen beziehen.
Szenario 1
Dieses Szenario geht vom Einsatz einer Wärmepumpe mit 125kW Heizleistung
und 30kW Stromaufnahme aus. Für den Heizkreis wird eine Laufzeit von 300h
(30 Tage à 10h) veranschlagt. Der benötigte Energiebedarf liegt bei 9.000kWh/a
für die Wärmepumpe und 1.645kWh/a für die Pumpentechnik (ca. 5,5 kW mittlere
Pumpenleistung).
Anmerkung: Für die Temperierung der Fahrbahn im Sommer sollten hier weitere
300h (30 Tage à 10h) reine Pumpenlaufzeit (ohne Wärmepumpe) angenommen
werden. Hierdurch erhöhen sich die Stromkosten auf insgesamt 1.966,40€/a.
24
Gespräch mit Dipl.-Ing. Klaus-Ulrich Mackert, Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein, Lübeck, vom Januar
2012
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Szenario 2
Hierbei wird der Boden als saisonaler Erdwärmespeicher verwendet, auf den
Einsatz einer Wärmepumpe wird verzichtet. Die längeren Betriebszeiten,
verursacht durch das Laden des Erdwärmespeichers im Sommer, belaufen sich
auf geschätze 900h (90 Tage a 10h). So ergibt sich eine Gesamtbetriebszeit von
1.200h. Dies entspricht einem Energiebedarf von 6.580 kWh/a
Weitere Betriebskosten ergeben sich aufgrund von Wartungskosten. Die Anlage sollte
regelmäßig, nach jeder Saison, von Fachpersonal auf Schäden überprüft werden. Die
Soleflüssigkeit muss in der Regel nicht getauscht werden, da die moderaten
Betriebstemperaturen die Flüssigkeit kaum altern oder flocken lassen – im Gegensatz zu
solarthermischen Anlagen. Dennoch sollte auch das Wärmeträgermedium regelmäßig
kontrolliert werden. Bei Einsatz von Wärmepumpen müssen diese ebenfalls in den vom
Hersteller vorgeschrieben/empfohlenen Intervallen gewartet werden. In der Regel kann
diese Überprüfung mit der jährlichen Anlagenkontrolle kombiniert werden. Hierbei sind wir
bei Variante 1 von jährlichen Wartungskosten von 1.500€ ausgegangen, bei der technisch
weniger aufwendigen Variante 2 von rund 800€ pro Jahr. Angenommen wurde ein jährlicher
Anstieg um 2 Prozent.
Während der Jahre 2000 bis 2009 hat sich der Haushaltsstrompreis von 13,9ct/kWh auf
23,2ct/kWh erhöht, daraus ergibt sich eine mittlere Preissteigerung von 7,44% pro Jahr.25
Größere Kommunen haben in der Regel gesonderte Hoch- und Niederstromtarife. Bei dieser
Rechnung wurde mit einem gemittelten Strompreis von 16,00ct/kWh für das Ausgangsjahr
2011 gerechnet. Es wird zusätzlich nur mit einer Preissteigerung von 5% gerechnet, obgleich
Für Variante 2, das System ohne Wärmepumpe, ergibt sich für einen Zeitraum von 20
Jahren also ein Betriebskostenvorteil von ca. 47.000 €.
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Höhe von 30.000€). Bei einer Finanzierung über 20 Jahre zu einem Zinssatz von 3,0% (z.B.
KfW-Kommunalkredit) ergibt sich während der Finanzierung ein Jahresgesamtkosten-
unterschied von rund 3.540€ zu Gunsten der Variante 1, über die Laufzeit von 20 Jahren
resultiert daraus ein Mehraufwand von rund 70.800€.
7. Kostendämpfende Aspekte
Der wichtigste Vorteil, den eine eisfreie Straße mit sich bringt, ist natürlich der Aspekt einer
sicheren und allzeit befahrbaren Straße. Aus volkswirtschaftlicher Sicht spielen daraus
resultierende geringere Unfallzahlen durchaus eine Rolle. Allerdings sind sie auf dem kurzen
Teilstück nicht quantifizierbar.
Gerade steile Verkehrswege wie der gewählte Abschnitt der Wunsiedler Straße müssen im
Winter vermehrt gestreut werden. Intensive Streueinsätze könnten durch eine
Straßentemperierung besonders an dem betrachteten Teilstück mit 11% Steigung
vermindert werden, oder im Falle einer Auslegung auf Schneeschmelze sogar ganz entfallen.
Die für den Winterdienst zuständige etwa 40 Mann starke Belegschaft in Marktredwitz würde
sich dadurch jedoch nicht reduzieren. Allein in Marktredwitz werden gegenwärtig etwa
200km Straße vom Winterdienst betreut.26 Eine 100-135m lange Strecke fällt hierbei nicht ins
Gewicht. Dennoch ist es wichtig, Streumaterialien wie Salz oder Split langfristig zu
reduzieren.
Letztlich müssen all diese Folgekosten zum Großteil von der Kommune selbst getragen
werden!
Vom Bauamt der Stadt Marktredwitz wurde uns mitgeteilt, dass im vergangen Winter ca. 80
Streueinsätze gefahren werden mussten. Der Salzaufwand für eine steile Straße, wie die
Wunsiedler Straße liegt bei ca. 30g/m². Da nicht die gesamte Straßenbreite gestreut wird,
sondern nur ca. 4m, verringert sich die Fläche auf 540m². Es ergibt sich daraus ein
Salzeinsatz von knapp 1,3t pro Jahr.
Durch die Steigung der Wunsiedler Straße ist vorzeitiger Streueinsatz nötig, der die
Befahrbarkeit auch bei fallenden Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts sicher stellt.
Solche Einsätze könnten durch eine intelligente Straßentemperierung vermieden werden!
Im Regelfall zahlt man für eine Tonne Salz derzeit ca. 120€. Im der vergangenen Saison
2010/2011 stieg der Salzpreis aufgrund des harten Winters und des damit verbundenen
deutschlandweiten Mangels sogar auf 250€/t an.28
27 Susanne Weichwald, Dr. Katharina Stroh: Streusalz und Splitt im differenzierten Winterdienst. By. Landesamt für Umwelt.
Februar 2010. Abrufbar unter: http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_63_streusalz_splitt_winterdienst.pdf
28 Salzpreis explodiert. Echo Online 28.12.2010 Abrufbar unter http://www.echo-online.de/region/gross-
gerau/raunheim/Raunheim-Salzpreis-explodiert;art1258,1470026
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Das direkte Einsparpotential für Salzkosten durch die Straßentemperierung beträgt im
Regelfall also lediglich ca. 150 Euro pro Jahr und ist somit wohl zu vernachlässigen.
Abbildung 9: Spurrillen
Nach Rücksprache mit dem Staatlichen Bauamt Bayreuth liegen die Kosten für die Sanierung
einer Asphaltdeckschicht bei ca. 25-30€/m². Die Minderbelastung für die Erneuerung einer
Deckschicht des betrachteten Straßenabschnitts (675m²) liegt daher bei 16.875€ bis
20.250€.
29 Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie. 16.06.05 S.88
Abrufbar unter: http://www.geoversi.nrw.de/ abgerufen am 23.11.11
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Leider darf in der Praxis jedoch nicht grundsätzlich von einer längeren Asphaltlebensdauer
ausgegangen werden. Laut Aussage der Autobahnmeisterei Spiez (CH), welche seit
Inbetriebnahme im Jahr 1994 Betreiber der Brückentemperierung SERSO ist, mussten bereits
einmal Ausbesserungsarbeiten auf Grund von Spurrillenbildung vorgenommen werden. Eine
komplette Erneuerung der Deckschicht oberhalb des Heizregisters ist bereits in Planung.30
30
Gespräch mit der Straßenmeisterei Spiez (CH) vom Jan 2012
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8. Zusammenfassung
Daher steckt in der Umsetzung eines solchen Projekts für die Stadt Marktredwitz auch die
Chance, in diesem Bereich als Vorreiter wahrgenommen zu werden.
Als mögliches Gesamtkonzept erscheint der Betrieb über eine Wärmepumpe wegen der
niedrigeren Investitionskosten zunächst als kostengünstigere Variante. Die Mehrkosten für
die Erschließung eines saisonalen Erdwärmespeichers rechnen sich aufgrund der zusätzlichen
Bohrungen voraussichtlich erst nach 26 bis 27 Jahren Betriebszeit.
Allerdings muss in diesem Zusammenhang auf eine Reihe von Unwägbarkeiten hingewiesen
werden, die im Rahmen dieser Studie nicht vollends geklärt werden können. So wurde bei
der Berechnung der Wärmeentzugsleistung der Erdwärmesonden von einem Wert von 50
Watt pro Meter ausgegangen. Sollte die Entzugsleistung aufgrund der geologischen
Gegebenheiten höher sein, würden sich bei einem saisonalen Wärmespeicher deutlich
schneller Kostenvorteile ergeben. Ebenso könnte sich eine Überschreitung der üblichen
Bohrtiefe von 100 Metern positiv auf die Wirtschaftlichkeit dieser Variante auswirken. Einen
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genauen Aufschluss hierüber kann aber erst eine Probebohrung geben, die vor einer
weiteren Planung ohnehin dringend anzuraten ist.
Ebenso wäre ein Erdwärmespeicher deutlich schneller im Vorteil, wenn das System nicht auf
eine komplette Schneeschmelze, sondern lediglich auf Eisfreihaltung ausgelegt würde.
Hierdurch könnten die Investitionskosten auch insgesamt deutlich reduziert werden, da
überschlägig nur die Hälfte der Bohrungen nötig wären.
Die Schmelzwasser-Problematik sollte in jedem Falle beachtet werden. Auch durch eine reine
Eisfreihaltung entsteht in dem betreffenden Abschnitt vor allem bei Schneefall und
Außentemperaturen um den Gefrierpunkt Schmelzwasser. Bei der Umsetzung ist
sicherzustellen, dass dieses Wasser nicht für erhöhte Eisbildung im unteren Bereich des
Hangabschnitts sorgt.
Vom reduzierten Salz- und Spliteinsatz profitiert natürlich die Umwelt. Die wirtschaftlichen
Vorteile sind im Vergleich zur Gesamtinvestition aber eher gering. Aufgezeigte Einsparungen
wie der verringerte Salzeinsatz fallen mit 150€ pro Jahr kaum ins Gewicht, auch kann der
reduzierte Winterdienst auf einem nur 100 Meter langen Teilstück nicht kostenmäßig
dargestellt werden.
Deutlich stärker finanziell niederschlagen dürfte sich die erhöhte Lebensdauer der
Deckschicht. Man geht davon aus, dass durch die Temperierung der Straße im Sommer die
Stabilität verbessert und der Sanierungsaufwand reduziert werden kann. Diese Einsparungen
zu beziffern ist allerdings schwierig, da hierüber noch zu wenig verlässliche Erkenntnisse
vorliegen. Zudem haben zum Beispiel die Erfahrungen der Brückentemperierung beim
Projekt SERSO in der Schweiz gezeigt, dass auch eine temperierte Straße bei hohen
Temperaturen und starker Belastung nicht völlig immun gegen Spurrillenbildung ist.
Wichtigstes Argument für den Einsatz einer Temperierung ist und bleibt deshalb die
Erhöhung der Verkehrssicherheit. Der betrachtete Abschnitt gilt mit seinen 11 Prozent
Steigung auch beim Winterdienst der Stadt Marktredwitz als kritisch. Mit einer Temperierung
gelänge es, diesen Abschnitt weitgehend eisfrei zu halten, was eindeutig der
Verkehrssicherheit in diesem Bereich dienen würde.
Aufgrund des Pilotcharakters ist eine enge wissenschaftliche Begleitung des Projekts
wünschenswert. Dies würde auch die Bemühungen der Stadt unterstützen, einen Lehrstuhl
für Geothermie in Marktredwitz anzusiedeln. Ebenfalls eingebunden sein sollte die
Dienststelle Marktredwitz des Landesamts für Umwelt mit ihren Experten für Geologie.
Bemerkenswert ist zudem das Interesse der Wirtschaft (nicht nur aus der Region), an
diesem möglichen Vorzeigeprojekt beteiligt zu sein.
Das Vorhaben in Berkenthin wurde mit hohem Aufwand gefördert und genoss schon in der
Planungs- und Bauphase hohes mediales Interesse. Wenn ein ähnliches Projekt in
Marktredwitz umgesetzt werden soll, dann muss auch hier der Pilotcharakter einer solchen
Temperierung hervorgehoben werden. Die im Vergleich zu einer herkömmlichen
Straßenbaumaßnahme verhältnismäßig hohen Investitionskosten könnten dann zu einem
guten Teil über entsprechende Fördermittel von Bund und Freistaat dargestellt werden.
Grundsätzlich dürfte bei den zuständigen Straßenbaubehörden, aber auch im Bayerischen
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Innen-, Wirtschafts- und Umweltministerium sowie im Bundesverkehrsministerium großes
Interesse an der Umsetzung eines solchen Pilotprojektes vorhanden sein. Eine
Kontaktaufnahme zu möglichen Fördergebern ist daher unbedingt anzuraten.
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9. Abbildungsverzeichnis
Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung NRW: GeoVerSi Studie. 16.06.05 S.72
Bild 7: Strahlungspyranometer:
Bild 8: Straßenaufbau: Erstellt auf Basis der übermittelten Daten der Fa. REHAU AG
abgerufen am 09.12.2011
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10. Tabellen und Diagramme
http://www.google.de/intl/de/earth/index.html
http://www.geodaten.bayern.de/BayernViewer2.0/index.cgi
Die Daten zu Temperatur und Sonnenstunden kommen von einer nahegelegenen Wetterstation in
ca 6,5km Luftlinie bei Wunsiedel. Quelle: Deutschwer Wetter Dienst: http://www.dwd.de/
aufgerufen am 22.11.11
Tabelle 5: Betriebskosten
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11. Anhang
Anhang 1: SCHNEESCHMELZE
VERGLEICH
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Anhang 2: Betriebskosten Schneeschmelze
27.000,00 €
26.000,00 €
25.000,00 €
Jahreskosten
24.000,00 €
23.000,00 €
22.000,00 €
21.000,00 €
20.000,00 €
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Betriebsjahr
Variante 1(WP) Variante 2 (EWS)
150.000,00 €
Minderausgaben
100.000,00 €
50.000,00 €
0,00 €
-50.000,00 €
Variante 2 (EWS) Betriebsjahr
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Anhang 3: ENTEISUNG
VERGLEICH
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Anhang 4: Betriebskosten Enteisung
Jahresausgabenvergleich
45.000,00 €
40.000,00 €
35.000,00 €
Jahreskosten
30.000,00 €
25.000,00 €
20.000,00 €
15.000,00 €
10.000,00 €
5.000,00 €
0,00 €
1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49
Jahre
Variante 1(WP) Variante 2 (EWS)
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