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Prof. Dr.-Ing.

Rudolf Baumgart Hochschule Darmstadt


Massivbau University of Applied Sciences

Gebrauchstauglichkeit

1 Nachweiskonzept für den Grenzzustand der


Gebrauchstauglichkeit (GZG)
Die Grundlage für das gesamte Sicherheitskonzept bildet der EC 0 („Grundlagen der
Tragwerksplanung“). Konkrete Werte von Einwirkungen (Belastungen) werden in den
jeweiligen Lastnormen (hier: EC 1 Teile 1 bis 7) festgelegt, wo die sog. charakteristischen
Werte (Index k) entnommen werden können.

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass das Sicherheitskonzept in seinen Grundzügen


bekannt ist.

Die Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit erfassen das Verhalten


der Bauteile unter den real auftretenden Einwirkungen während der Nutzung. Da die
Gebrauchstauglichkeit über die gesamte Lebensdauer eines Bauteils sichergestellt werden
muss, müssen die Auswirkungen von Kriechen und Schwinden des Betons bei
Spannungs- und Verformungsberechnungen berücksichtigt werden.

Folgende Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit (GZG) müssen normalerweise im


üblichen Stahlbetonbau nachgewiesen werden:

- Begrenzung von Stahl- und Betonspannungen


- Beschränkung der Rissweite
- Begrenzung der Verformungen

Für die Nachweise in den Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit werden die


Bemessungswerte von Beanspruchungen Ed den Bemessungswerten von Gebrauchs-
tauglichkeitskriterien Cd gegenübergestellt:

Ed <= Cd

Um die Einwirkungen realistisch zu erfassen, werden die Sicherheiten auf der


Einwirkungsseite auf γF = 1,0 gesetzt.

Die im EC 2 vorgegebenen Anforderungen sind Mindestanforderungen, die die


Gebrauchstauglichkeit üblicher Hochbauten sicherstellen. Im Einzelfall können darüber
hinaus gehende Anforderungen an Bauteile gestellt werden. Hinweise hierzu können oft den
Richtlinien des Deutschen Ausschusses für Stahlbetonbau (DAfStb) entnommen werden, wie
z.B. die Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie)“.

Gebrauchstauglichkeit.doc 23.03.12 Seite 1


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1.1 Nachweisgrundlagen

Während im GZT große Verformungen (Stahlfließen) und deutlich sichtbare Risse erwünscht
sind, um dem Nutzer die Gefahr eines ggf. bevorstehenden Tragwerkversagens deutlich zu
machen, müssen z. B. Verformungen und Rissbreiten während der Nutzung klein gehalten
werden. Dies wird unter anderem durch die Begrenzung der Spannungen von Stahl (kein
Fließen) und Beton (kein Plastizieren) erreicht.

Die Grundlagen für Nachweise auf Gebrauchslastniveau basieren deshalb auf den im
Folgenden genannten Annahmen:

 Das Materialverhalten von Stahl und Beton wird durch eine lineare Spannungs-
Dehnungs-Beziehung beschrieben.
 Querschnitte bleiben im verformten Zustand eben (Bernoulli-Hypothese)
 Betonzugspannungen werden vernachlässigt, wenn der Querschnitt gerissen ist.
 Für die Spannungsermittlung in biegebeanspruchten Querschnitten wird starrer
Verbund vorausgesetzt.

Die geringe Betonzugfestigkeit besitzt erheblichen Einfluss auf die Gebrauchstauglichkeit


eines Bauteils. Mit dem Aufreißen eines Bauteils (Übergang von Zustand I zu Zustand II)
verändert sich der Spannungszustand im Querschnitt grundlegend, gleichzeitig nehmen die
Verformungen erheblich zu. Man unterscheidet daher folgende Zustände für die Ermittlung
der Steifigkeiten:

Zustand I: ungerissener Querschnitt (EAI, EII, …)


Zustand II: gerissener Querschnitt (EAII, EIII, …)
Mittleres Verhalten eines gerissenen Bauteils: gerissener Querschnitt (EAmII, EImII, …)

Ein Querschnitt ist dabei im Allgemeinen als gerissen zu betrachten, wenn die maßgebende
Betonzugfestigkeit fct unter der seltenen Einwirkungskombination erreicht wird
(Spannungsnachweise: fct = fctk;0,05 Verformungsnachweise: fct = fctm). Hierbei ist zu
beachten, dass für nachfolgende Berechnungen auch dann mit einem gerissenen
Querschnitt zu rechnen ist, wenn die maßgebenden Schnittgrößen unterhalb der
Rissschnittgrößen liegen („Gedächtnis“ des Baustoffs)! Hieraus kann man erkennen, dass
das Superpositionsgesetz trotz der Annahme eines linearen Materialverhaltens nicht gilt!

cd cd

Zust. I Zust. II

sd sd

Gebrauchstauglichkeit.doc 23.03.12 Seite 2


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1.2 Bemessungssituationen

Durch die Nachweise im GZG wird im Wesentlichen das Verhalten eines Bauteils während
seiner üblichen Nutzung erfasst; außergewöhnliche Ereignisse sind i.A. nicht relevant.
Allerdings erfolgt eine feinere Differenzierung parallel zu den repräsentativen Werten der
Einwirkungen (mit Kombinationsbeiwerten i ) durch die Vereinbarung der folgenden
Bemessungssituationen:

 Seltene Situation (Auftreten irreversibler Auswirkungen, englisch rare):


 Häufige Situation (Auftreten reversibler Auswirkungen, englisch frequent):
 Quasi-ständige Situation (Langzeitauswirkungen, englisch permanent):

Eine einmalige Überschreitung eines Grenzzustandes kann zu irreversiblen Schäden führen:


Wenn z.B. die Betonstahlbewehrung im Riss die Streckgrenze nur ein einziges Mal
überschreitet, dann bleiben klaffende Risse zurück. Um dies zu verhindern ist nachzuweisen,
dass selbst unter der größten zu erwartenden Beanspruchung (seltene Situation) dieser
Fall nicht eintritt.

Wenn die Auswirkungen reversibel sind, dann kann deren mehrmaliges Auftreten während
der Nutzungsdauer durchaus akzeptiert werden. Für den rechnerischen Nachweis sind
deshalb Beanspruchungen zu Grunde zu legen, die häufiger auftreten können (häufige
Situation).

Für den Nachweis von z.B. langfristig infolge Kriechen und Schwinden zu erwartende
Verformungen ist es ausreichend, die langfristig vorliegenden quasi-ständigen
Beanspruchungen als Maßstab für den rechnerischen Nachweis festzulegen (quasi-
ständige Situation).

Gebrauchstauglichkeit.doc 23.03.12 Seite 3


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1.3 Einwirkungskombinationen

Analog zu den Einwirkungskombinationen im Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZT) folgen


die Kombinationen im GZG dem Konzept der Leiteinwirkung mit dem einzigen Unterschied,
dass die Sicherheiten γF = 1,0 sind.

Seltene Kobination

Die seltene Kombination entspricht der um die Teilsicherheitsbeiwerte reduzierten


Grundkombination des GZT für den Nachweis von ständigen/vorübergehenden
Bemessungssituationen. Sie stellt den zu erwartenden Höchstwert bzw. den im Mittel nur alle
50 Jahre auftretenden Wert der Einwirkungen dar:

 
E d ,rare  E  Gk , j  Pk  Qk ,1   0,i  Qk ,i 
 j 1 i 1 

Häufige Kombination

Häufige, d.h. innerhalb etwa 5 % der Nutzungszeit auftretende Einwirkungen werden durch
die folgende Kombination festgelegt:

 
E d , frequ  E  Gk , j  Pk  1,1  Qk ,1   2,i  Qk ,i 
 j 1 i 1 

Quasi-ständige Kombination

Die im Folgenden gezeigte quasi-ständige Einwirkungskombination erfasst Einwirkungen für


den Nachweis von Langzeitauswirkungen. Hierbei handelt es sich um den Mittelwert der
über die Nutzungsdauer auftretenden Einwirkungen.

 
E d , perm  E  Gk , j  Pk   2,i  Qk ,i 
 j 1 i 1 

G = Ständige Lasten P = Lasten aus Vorspannung Q = Veränderliche Lasten

Auf die Darstellung der Vereinfachungsmöglichkeiten für den üblichen Hochbau wird
verzichtet, da diese keinen wirklichen Vorteil bringen.

Die Festlegung, welche Einwirkungskombination für welchen Nachweis maßgebend ist, wird
in der jeweils zuständigen Norm, hier also im EC 2, festgelegt.

Gebrauchstauglichkeit.doc 23.03.12 Seite 4


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2 Beispiel Sicherheitskonzept
Für den unten dargestellten Abfangträger soll das maximale Feldmoment für verschiedene
Grenzzustände berechnet werden.

Qk,W= 22 kN (Wind)
Qk,S= 25 kN (Schnee, NN<1000m)

Qk= 150 kN (Büro)


Gk=200 kN
qk=30 kN/m (Verkaufsraum)

gk=45 kN/m

Im Folgenden sind die charakteristischen Momente in Feldmitte getrennt nach den einzelnen
Einwirkungen zusammengestellt:

Ständige Lasten:
45kN / m  6m  200kN  6m
2
M k ,G    202, kNm  300kNm  502,5kNm
8 4
Nutzlasten:
30kN / m  6m  150kN  6m
2
M k ,Q    135kNm  225kNm  360kNm
8 4
Schnee:
M k , S  25kN  6m / 4  37,5kNm
Wind:
M k ,W  22kN  6m / 4  33kNm

Grenzzustand der Tragfähigkeit (GZT)

Leiteinwirkung Nutzlasten:
M d 1  1,35  502,5kNm  1,5  360kNm  0,5  37,5kNm  0,6  33kNm   1276,2kNm
Leiteinwirkung Schnee:
M d 2  1,35  502,5kNm  1,5  37,5kNm  0,7  360kNm  0,6  33kNm   1142,3kNm
Leiteinwirkung Wind:
M d 3  1,35  502,5kNm  1,5  33kNm  0,7  360kNm  0,5  37,5kNm   1134kNm

Die maßgebende Kombination ist M d 1 . Da in diesem Beispiel die Nutzlast deutlich größer
als die Wind- und Schneelast ist, wird im Weiteren nur der Fall mit Leiteinwirkung Nutzlast
verfolgt.

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Vereinfachtes Verfahren (GZT) im Hochbau mit Leiteinwirkung Nutzlasten:

M Q ,unf  M Qk ,1  0,Q   M Qk ,i  360kNm  0,7  37,5kNm  33kNm   409,4kNm


i

M d 4  1,35  502,5kNm  1,5  409,4kNm  1292,4kNm

Zum Vergleich ohne Kombinationsbeiwerte ( 0  1 ):


M d 5  1,35  502,5kNm  1,5  360kNm  37,5kNm  33kNm   1324,1kNm

Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit

Es wird nur das allgemeine Verfahren der Kombination gezeigt, da das vereinfachte
Verfahren keine echte Vereinfachung bringt. Bei der häufigen und quasi-ständigen
Kombination ist zu beachten, dass die Kombinationsbeiwerte 1 bei der Leiteinwirkung für
Verkaufsräume 1  0,7 und für Büroräume 1  0,5 betragen.

Seltene Kombination (mit 0 ):


M rare  502,5kNm  360kNm  0,5  37,5kNm  0,6  33kNm  901kNm
Häufige Kombination (mit 1 und 2 ):
M frequ  502,5kNm  0,7  135kNm  0,5  225kNm   0  0  709,5kNm
Quasi-ständige Kombination (mit 2 ):
M perm  502,5kNm  0,6  135kNm  0,3  225kNm   0  0  651kNm

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