S76 B

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42.

Erfahrungsaustausch

über Erdarbeiten
im Straßenbau

Heft S 76
Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen

Berichte der
Bundesanstalt für Straßenwesen
Straßenbau Heft S 76
ISSN 0943-9323
ISBN 978-3-86918-237-7
42. Erfahrungsaustausch

über Erdarbeiten
im Straßenbau

Niederschrift der 42. Tagung


am 5. und 6. Mai 2010
in Nürnberg

Berichte der
Bundesanstalt für Straßenwesen
Straßenbau Heft S 76
Die Bundesanstalt für Straßenwesen

veröffentlicht ihre Arbeits- und Forschungs­


ergebnisse in der Schriftenreihe Berichte der

Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Reihe

besteht aus folgenden Unterreihen:

A -Allgemeines

B -Brücken- und Ingenieurbau

F -Fahrzeugtechnik

M-Mensch und Sicherheit

S -Straßenbau

V -Verkehrstechnik

Es wird darauf hingewiesen, dass die unter

dem Namen der Verfasser veröffentlichten

Berichte nicht in jedem Fall die Ansicht des

Herausgebers wiedergeben.

Nachdruck und photomechanische Wieder­


gabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmi­
gung der Bundesanstalt für Straßenwesen,

Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit.

Die Hefte der Schriftenreihe Berichte der

Bundesanstalt für Straßenwesen können

direkt beim Wirtschaftsverlag NW,

Verlag für neue Wissenschaft GmbH,

Bgm.-Smidt-Str. 74-76,

D-27568 Bremerhaven,

Telefon: (04 71) 9 45 44 - 0, bezogen werden.

Über die Forschungsergebnisse und ihre

Veröffentlichungen wird in Kurzform im

Informationsdienst Forschung kompakt berichtet.

Dieser Dienst wird kostenlos abgegeben;

Interessenten wenden sich bitte an die

Bundesanstalt für Straßenwesen,

Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit.

Impressum

Bericht zum Forschungsprojekt F1100.3209022


des Arbeitsprogramms der Bundesanstalt für Straßenwesen:
42. Erfahrungsaustausch des Bundes und der Länder über Erdarbeiten im Straßenbau

Projektbetreuung
Kirsten Kunz
Roderich Hillmann
Herausgeber
Bundesanstalt für Straßenwesen
Brüderstraße 53, D-51427 Bergisch Gladbach
Telefon: (0 22 04) 43 - 0
Telefax: (0 22 04) 43 - 674

Redaktion
Stabsstelle Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Druck und Verlag


Wirtschaftsverlag NW
Verlag für neue Wissenschaft GmbH
Postfach 10 11 10, D-27511 Bremerhaven
Telefon: (04 71) 9 45 44 - 0
Telefax: (04 71) 9 45 44 77
Email: [email protected]
Internet: www.nw-verlag.de

ISSN 0943-9323
ISBN 978-3-86918-237-7

Bergisch Gladbach, März 2012


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Kurzfassung – Abstract

42. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Den letzten Schwerpunkt bildeten die Bauverträge
Straßenbau mit funktionalen Anforderungen. Es wurde über den
Funktionsbauvertrag im Bundesfernstraßenbau, die
Am 42. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Vorstellung der ZTV-Funktion E anhand der BAB
Straßenbau (EAT) am 5. und 6. Mai 2010 nahmen A 6 bei Nürnberg und über die ZTV Funktion Ew be­
neben Vertretern des Bundesministeriums für Ver­ richtet.
kehr, Bau und Stadtentwicklung und der Straßen­
baubehörden der Länder auch Vertreter der Bun­ Die Fachexkursion am 6. Mai 2010 führte zunächst
desanstalt für Wasserbau, der Deutschen Bahn AG zur Verkehrs- und Betriebszentrale Nordbayern, die
und der DEGES teil. eindrucksvoll über ihre Aufgabengebiete ein­
schließlich des verkehrstelematischen, betriebs­
Der Erfahrungsaustausch dient dazu, Erfahrungen und tunneltechnischen Systems informierte. An­
mit neuen Bauweisen und der Anwendung neuer schließend wurde über weitere Details des sechs­
Regelwerke und Prüfverfahren mitzuteilen und zu streifigen Ausbaus der BAB A 6 zwischen der AS
diskutieren. Der 42. EAT hatte vier verschiedene Roth und dem AK Nürnberg-Süd informiert. Im An­
Themen-Schwerpunkte, zum einen „Regelwerke schluss erfolgten unter fachkundiger Führung die
und Normung“, es wurde die Arbeitsgruppe des Besichtigung der Erdbaumaßnahmen an der Main­
CEN und deren Aufgaben bei der europäischen Donau-Kanalbrücke und des Rückbaus des Lärm­
Normung „Erdarbeiten“ vorgestellt, über die Quali­ schutzwalls Kornburg inklusive der Erläuterungen
tätssicherung von Geokunststoffen informiert und der unvorhergesehenen Probleme bei der Aufberei­
außerdem Neuerungen in den RAP Stra 2010 und tung des alten Lärmschutzwalls.
der aktuelle Überarbeitungsstand der Richtlinien für
die Straßenentwässerung (ZTV Ew, RiStWag und
RAS-Ew) erläutert.

Die Erfahrungsberichte gewährten Einblicke über 42nd Congress for Exchange of Experience on
neue Bauverfahren und Baustoffe. Es wurde der Earthworks in Highway Construction
Vortrag vom 41. EAT über die Anwendung von The 42nd Congress for Exchange of Experience on
Glasschaumgranulat als Leichtschüttung mit 2­ Earthworks in Highway Construction (EAT) held on
jähriger Erfahrung fortgeführt. Ferner wurde über the 5 and 6 May 2010 was attended by
die Verbesserung des Verformungsverhaltens or­ representatives of the Federal Ministry of Transport,
ganischer Böden am Beispiel der Querung eines Building and Urban Affairs and road construction
Moorgebietes in Brandenburg und der Überwin­ authorities, as well as by representatives of the
dung eines Todeisloches beim Bau der A 7 im All­ Federal Waterways Engineering and Research
gäu berichtet. Ebenfalls wurden die Vorteile und Institute, the Deutsche Bahn AG and the DEGES.
erforderlichen Einschränkungen (Risiken) der Be­
obachtungsmethode bei der Sicherung stand­ The exchange of experience congress serves as a
sicherheitsgefährdeter Einschnittsböschungen er­ platform for communicating and discussing of
läutert. experiences made with new construction methods
and the application of new regulations and test
Ein weiteres Thema waren die Auswirkungen des methods. The 42nd EAT had four main different
Klimawandels auf die Straßeninfrastruktur. In ver­ topic highlights. Firstly, “Regulations and
schiedenen Szenarien wurde über den Klimawan­ Standards” dealt with the work group of the CEN,
del mit Relevanz für die Straße und über Risiken its task in the European standardisation
von Hang- und Böschungsrutschungen durch die “Earthworks” was introduced and information was
Zunahme von Extremwetterereignissen informiert. provided about the quality assurance of geo
An drei Fallbeispielen in Baden-Württemberg, plastics. In addition, changes to the RAP Stra 2010
Rheinland-Pfalz und Niedersachsen wurde über and the current revision status of the regulations
Böschungsrutschungen und deren Sanierungs­ for road drainage (ZTV Ew, RiStWag and RAS-Ew)
maßnahmen berichtet. were outlined.
4

The experience reports provided insights about


new construction methods and building materials.
The presentation from the 41st EAT about the
application of granulated foamed glass as a
lightweight aggregate with 2 years of experience
was continued. The improvement of the
deformation behaviour of organic soils on the
example of the crossing of a marsh area in
Brandenburg and the overcoming of a kettle hole
during the construction of the A7 in the Allgaeu was
also reported on. The advantages and necessary
restrictions (risks) of the observation method for the
securing of embankments with stability risk were
also explained.

Another issue was the impact of climate change on


road infrastructure. Information about climate
change relevant to roads and the risks of landslides
and slope slides as a result of extreme weather
events was provided in various scenarios. Slope
slides and remedial measures were reported on the
example of three case studies in Baden
Wuerttemberg, Rhineland-Palatinate and Lower
Saxony.

The final focus was on building contracts with


functional requirements. It was reported on the
functional construction contract for the federal
highway construction, on the introduction of the
ZTV function E with reference to the BAB A6 near
Nuremberg and on the ZTV function Ew.

The specialist excursion on 6 May 2010 first led to


the Transportation and Operations Control Centre
North Bavaria, which impressively informed about
its areas of responsibility including traffic
telematics, operational and technical tunnel
systems. Afterwards, further detailed information
was provided about the six-lane expansion of the
BAB A6 between the AS Roth and the AK
Nuremberg South. This was followed by an expert
guided tour of the earth-moving measures at the
Main-Danube canal bridge and the demolition of the
noise protection wall Kornburg. The unforeseen
problems that occurred when treating the old noise
protection wall were also explained.
5

Inhalt

Begrüßungen Auswirkungen des Klimawandels auf die


Straßeninfrastruktur
Dr. Ing. Peter Reichelt
Präsident der Bundesanstalt Szenarien Klimawandel
für Straßenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Dipl.-Ing. Dipl.-Tropentechnologe
Andreas Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Dipl.-Ing. Helmut Schütz
Präsident der Autobahndirektion Abschätzung der Risiken von Hang- und
Nordbayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Böschungsrutschungen durch die Zunahme
von Extremwetterereignissen
Dipl.-Geol. Ursula Blume . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Regelwerke und Normung
Klima und Hangkinematik am Beispiel der
Normung „Earthworks“ im CEN/TC 396
Großschollenrutschung „Wildenberger
RDir Dipl.-Ing. Roderich Hillmann . . . . . . . . . . 14
Hang“ (BAB A 81, nördlich Heilbronn)
Qualitätssicherung von Geokunststoffen Dr. rer. nat. Martin Brodbeck . . . . . . . . . . . . . 78
in den ZTV E-StB 09
Straßenbau in rutschgefährdeten Schichten
Dipl.-Geol. Ursula Blume . . . . . . . . . . . . . . . . 17
am Beispiel der B 47 – Umgehungsstraße
Neuerungen in den RAP Stra 2010 Eisenberg
BDir Dipl.-Ing. Gernot Rodehack . . . . . . . . . . 28 Dipl.-Ing. Stefan Zodet . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Aktueller Stand der Überarbeitung von Niederschlagsabhängige Böschungs­
ZTV Ew-StB 91/RiStWag/RAS-Ew schäden in Niedersachsen
Dipl.-Geol. Michael Bürger . . . . . . . . . . . . . . . 32 Dr. rer. nat. Andreas Gidde . . . . . . . . . . . . . . . 90

Erfahrung mit neuen Bauverfahren Bauverträge mit funktionalen Anforderungen


und Baustoffen
ZTV Funktion – E
Erfahrungen mit Glasschaumgranulat als BDir Dipl.-Ing. Andreas Eisgruber
Leichtschüttung nach 2 Jahren unter Verkehr MR Dipl.-Ing. Siegfried Scheuer . . . . . . . . . . . 94
an der BAB A 8 München-Salzburg
Dipl.-Geol. Dr. Michael Dietrich . . . . . . . . . . . 38 Kurzbericht zur Fachexkursion
Querung eines Moorgebietes beim Neubau Dipl.-Ing. Kirsten Kunz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
der Bundesstraße B 96 im Zuge der
Verkehrsanbindung für den Flughafen
Berlin Brandenburg International Teilnehmerliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Dipl.-Ing. Maik Schüßler . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Anwendung der Beobachtungsmethode bei
der Sicherung standsicherheitsgefährdeter
Einschnittsböschungen: Vorteil und Risiken
Dipl.-Ing. Thomas Hecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Überwindung eines Toteisloches beim
Bau der BAB A 7 im Langegger Tal
Dipl.-Geol. Jochen Daschner . . . . . . . . . . . . . 59
7

Begrüßungen

Dr.-Ing. Peter Reichelt

Dipl.-Ing. Helmut Schütz

Dr.-Ing. Peter Reichelt Meine Damen und Herren,

Präsident und Professor der Bundesanstalt für lassen Sie mich, ehe ich zu den mehr fachlichen
Straßenwesen, Bergisch Gladbach Themen komme, einige Informationen aus der
BASt geben.

Sehr geehrter Herr Schütz, Der Wissenschaftsrat hat eine Arbeitsgruppe einge­
sehr geehrte Damen und Herren, setzt, die das Bewertungsverfahren zur Bundesan­
stalt für Straßenwesen in der ersten Jahreshälfte
ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserem 42. Er­ 2009 durchgeführt hat. Die Arbeitsgruppe hat die
fahrungsaustausch des Bundes und der Länder BASt in Bergisch Gladbach am 29. und 30. April
über Erdarbeiten im Straßenbau heute und morgen 2009 besucht und auf der Grundlage dieser Besu­
hier in Nürnberg. Wir sind nach 1982 nun zum che sowie der von der Bundesanstalt vorgelegten
zweiten Mal in Nürnberg. Nach weiteren Veranstal­ Informationen einen Bewertungsbericht vorbereitet,
tungen 1963, 1972 und 1992 in Bayern – also fast der Grundlage für die Stellungnahme des Wissen­
in einem 10-jährigen Rhythmus – waren wir uns mit schaftsrates vom 13. November 2009 ist. Darin
der Obersten Baubehörde im bayerischen stellt der Wissenschaftsrat u. a. fest:
Staatsministerium des Innern einig, den diesjähri­
gen Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten in „Die BASt ist ein national und international agieren­
Nürnberg zu veranstalten. des Kompetenzzentrum auf dem Gebiet des Ver­
kehrswesens und erarbeitet für das Bundesministe­
Ich bin in Nürnberg zur Schule gegangen, auch rium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wichti­
deshalb bin ich heute gerne hierher gekommen, Sie ge, notwendige Entscheidungshilfen. Ihre Vermitt­
zu begrüßen. Mein Vater war im damaligen Auto­ lerfunktion zwischen Wissenschaft, Politik und Pra­
bahnamt als Planungsingenieur unter Leitung von xis, Bund und Ländern, EU und nationaler Ebene
Herrn Lorenz tätig, der sich um die Trassierung und ist unverzichtbar und wird von ihr insgesamt über­
die Klothoide verdient gemacht hatte. Damals in zeugend wahrgenommen.
den 50er Jahren wurde die BAB Frankfurt – Nürn­
berg geplant und gebaut, heute wird sie verbreitert. Die BASt ist, soweit es ihre Amtsaufgaben zulas­
sen, forschungsorientiert und hat in den letzten
Das ist die richtige Stelle, den Nachfolger von Herrn Jahren bereits eine Reihe struktureller Vorausset­
Lorenz zu begrüßen: Herrn Präsident Dipl.-Ing. Hel­ zungen für bessere FuE-Arbeit geschaffen. Die
mut Schütz, Präsident der Autobahndirektion Nord­ Qualität der Dienstleistungen der BASt beruht auf
bayern und als Vertreter des gastgebenden Landes ihrer eigenen FuE-Arbeit sowie auf den FuE-Ergeb­
und damit in die Organisation des Erfahrungsaus­ nissen von extramural vergebenen Forschungs­
tausches und in die Baustellenexkursion zur BAB projekten.“
A 6 eingebunden.
Es liegt in der Natur der Sache, dass ein solches
Herrn MR Dipl.-Ing. Karl-Heinz Johnen, Referatslei­ Bewertungsverfahren auch Schwachstellen und
ter StB 27 im BMVBS, muss ich entschuldigen, er Verbesserungspotenzial aufzeigen soll. Der Wis­
ist heute politisch in Bonn gefordert. Herr Sieber senschaftsrat hat der BASt empfohlen, zur weite­
aus seinem Referat „Erhaltung, Straßenbauweisen ren Stärkung ihrer Forschungs- und Entwicklungs­
und -verfahren” vertritt ihn heute und ich grüße leistungen verschiedene Maßnahmen zu ergrei­
Herrn Sieber ebenfalls sehr herzlich. fen:

Obwohl wir jetzt erst beginnen, Dank an die Länder • Gemeinsam mit ihrem wissenschaftlichen Beirat
für die Mitgestaltung des Erfahrungsaustausches soll die BASt Konzepte für ihre künftige Weiter­
durch die Benennung von Themen und die Entsen­ entwicklung im Bereich Forschung und Entwick­
dung der Vortragenden, denn diese Veranstaltung lung erarbeiten, in denen die Vorlaufforschung
lebt von der gegenseitigen Information und Diskus­ eine besondere Rolle spielen sollte, und For­
sion. schungsschwerpunkte entwickeln, die auf die
Herausforderungen der Zukunft ausgerichtet
Dank an die Organisatoren des EAT in der BASt, sind. Hierbei sollte ein ganzheitlicher Ansatz der
Herrn Zirngibl, Herrn Hillmann und seinen Mitarbei­ Verkehrswege und -infrastrukturen berücksich­
tern. tigt werden.
9

• Unter Berücksichtigung ihrer Amtsaufgaben soll­ Zur zeitraffenden und realitätsnahen Belastung von
te sich die BASt möglichst durch eine verstärkte Straßenbefestigungen beschaffen wir die lineare
Betreuung wissenschaftlichen Nachwuchses Belastungseinheit MLS 10. Die Lieferung dieses
und eine Kooperation mit Universitätsinstituten „Gerätes” erwarten wir im Herbst 2010. Nach der
in gemeinsamen FuE-Projekten künftig stärker Funktionsprüfung ist der Einsatz der Belastungs­
in die scientific communities einbinden. einheit zunächst im „Innovationsprogramm Straße”
vorgesehen. Im Rahmen dieses Programms sollen
• Auf dem Gebiet der Modellierung und Simula­ innovative Verfahren zur strukturellen Substanzbe­
tion sollte eigene Kompetenz aufgebaut werden, wertung entwickelt werden. In einer zweiten Phase
um die Zahl langwieriger und aufwändiger expe­ sollen die gefundenen Ansätze mit der neuen Be­
rimenteller Arbeiten (z. B. Crashtests) zu redu­ lastungseinheit MLS 10 in der Modellstraße der
zieren und um ihr Methodenspektrum zu erwei­ BASt validiert werden.
tern.
Und jetzt, meine Damen und Herren, muss ich die
• Die in Europa einmaligen Versuchsanlagen der Kurve bekommen und auf unsere Dauerthemen
BASt sollten verstärkt externen Wissenschaftle­ seit Jahren eingehen, „Materialeffizienz und Res­
rinnen und Wissenschaftlern zur Nutzung für sourcenschonung – Kreislaufwirtschaftsgesetz und
Forschungszwecke zur Verfügung gestellt wer­ Ersatzbaustoffverordnung“.
den.
Auf unsere Aktivitäten und Projekte um die „stoffli­
Ich kann Ihnen versichern, wir arbeiten daran, noch che Verwertung von mineralischen Abfällen” – wie
besser zu werden. es früher hieß – bin ich bereits bei unserem Erfah­
rungsaustausch 2008 in Potsdam eingegangen.
Ein Beispiel für neue Aufgaben sind unsere Aktivi­
Damals war gerade der 1. Arbeitsentwurf der Er­
täten der Arbeitsgruppe Klima. Zu den Aktivitäten
satzbaustoffverordnung vom Nov. 2007 veröffent­
der Arbeitsgruppe Klima der BASt möchte ich an
licht. Auch wenn der angekündigte 2. Arbeitsent­
dieser Stelle den detaillierten Informationen im 4.
wurf der Ersatzbaustoffverordnung noch nicht vor­
Themenblock heute Nachmittag nicht vorgreifen.
liegt, kann ich doch über zwischenzeitliche Fort­
Eine große gesellschaftliche Herausforderung der
schritte berichten. Natürlich gibt es auch noch Un­
Zukunft ist die Entwicklung von Anpassungsstrate­
tiefen, die es zu umfahren gilt.
gien an veränderte Klimabedingungen. Vermei­
dungsstrategien zur Begrenzung klimarelevanter Das BMU strebt mit der Ersatzbaustoffverordnung
Abgase werden die Auswirkungen des Klimawan­ eine abschließende Regelung von Bodenrecht,
dels nur in begrenztem Umfang abfangen können. Wasserrecht und Kreislaufwirtschaft an. Die Ände­
Deshalb besteht dringender Handlungsbedarf hin­ rung der Bundesbodenschutzverordnung, die Neu­
sichtlich der Entwicklung und Umsetzung von An­ fassung der Grundwasserverordnung und die Er­
passungsmaßnahmen. Zur Befassung mit diesem satzbaustoffverordnung müssen deshalb in unmit­
Thema ist im Frühjahr 2009 die abteilungsübergrei­ telbarem Zusammenhang gesehen werden. Die ab­
fende Arbeitsgruppe „Klima” der BASt eingerichtet schließende Regelung dieser drei Rechtsbereiche
worden. Inzwischen ist die Zusammenarbeit mit bedeutet, dass zukünftig bei der Verwendung oder
dem deutschen „Climate Service Center (CSC)” Verwertung von industriellen Nebenprodukten, RC-
organisiert und praktiziert sowie vier orientierende Baustoffen und aufbereiteten Böden mit oder ohne
Projekte in Auftrag gegeben worden. Fremdbestandteilen keine wasserrechtliche Erlaub­
nis notwendig ist, wenn die Anforderungen der Er­
Neben den bereits in der Praxis etablierten und be­ satzbaustoffverordnung eingehalten werden. Wenn
währten Bauweisen nach den RStO ist es unser das Ziel dieser Verordnung so gelingt, wäre es ein
Bestreben, die Entwicklung innovativer Straßenbe­ gewaltiger Fortschritt für mehr Materialeffizienz und
festigungen und -baustoffe z. B. im Rahmen von Ressourcenschonung.
ÖPP-Modellen und bei Bauverträgen mit funktiona­
len Anforderungen zu fördern. Ihre grundsätzliche Der erste Arbeitsentwurf der Ersatzbaustoffverord­
Eignung und Qualifikation, wie Tragfähigkeit und nung im Jahr 2007 hat kontroverse Diskussionen
Gebrauchstauglichkeit, müssen zeit- und praxisnah ausgelöst, in denen erheblicher Überarbeitungsbe­
untersucht werden, um sie innerhalb kurzer Zeit an­ darf aufgezeigt wurde. Nach dem neuen Ablei­
wenden zu können. Es gibt zwei Wege: Rechnen tungskonzept werden – ausgehend von den zuläs­
(Stichwort RDO) und zeitraffendes Prüfen. sigen Schadstoffen in einem Sickerwassertropfen
10

beim Übergang ins Grundwasser – einzuhaltende Dieses Konzept ist aufgegangen, denn die Er­
Materialwerte der jeweiligen Schadstoffe in den satzbaustoffverordnung wird zumindest 4 der 6 dort
verschiedenen Ersatzbaustoffen ermittelt. Es wird beschriebenen Bauweisen sowie die Regelungen
sozusagen rückwärts gerechnet. Die zulässigen zur Güteüberwachung aufgreifen. Derzeit arbeiten
Schadstoffgehalte in dem Sickerwassertropfen sind wir daran, dass noch die Bauweise mit wenig
nach der neuen Grundwasserverordnung die Ihnen durchlässigem Ersatzbaustoff im Damm und da­
bekannten Geringfügigkeitsschwellenwerte. rüber liegender Dränlage in der Verordnung aufge­
nommen wird.
Bei Salzen, die bekanntlich nicht durch den Boden
zurückgehalten werden, müssen die Geringfügig­ Auch die Industrieseite hat zahlreiche Gespräche
keitsschwellen nach 4 Jahren Durchströmung der mit dem BMU geführt und ihre jeweiligen Baustoffe
Ersatzbaustoffe eingehalten werden. Bei allen an­ mit den neuen Evalutionsverfahren untersucht. Auf
deren Schadstoffen darf in bestimmten Böden der damit geschaffenen Datenbasis können die
(Sand und Lehm/Schluff) in einem Zeitraum von Auswirkungen der Ersatzbaustoffverordnung auf
200 Jahren die Hälfte der aufnehmbaren Kapazität die Einsatzmöglichkeiten der Baustoffe nun sehr
der Böden an Schadstoffen ausgeschöpft werden. viel besser beurteilt werden.
Für den Rückhalt darf ein Meter der Böden ange­
setzt werden. Schlecht wäre die Verschärfung der Geringfügig­
keitsschwellen in der Grundwasserverordnung.
So weit die Betrachtung „rückwärts“. Die Schad­ Derzeit ist der Entwurf zur Ressortabstimmung ak­
stoffkonzentration in dem Sickerwassertropfen ist tuell, von dem derartiges berichtet wird. Sollte es
natürlich auch davon abhängig, wie viel Wasser tatsächlich dazu kommen, wäre die im Entwurf des
durch den Ersatzbaustoff hindurch sickert. Hier ist neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes erklärte Ver­
besonders von unserer Seite Kritik an den Modell- wertungsquote von 80 % nicht zu erreichen.
annahmen für die Straßenbauwerke geübt worden.
Daraus sind konstruktive Empfehlungen in unse­ Meine Damen und Herren, mit unseren eigenen
rem Bericht „Modellannahmen für Straßenbauwer­ Untersuchungen zur Durchsickerung von Dämmen
ke” erarbeitet worden. Beispielhaft nenne ich den und Schutzwällen sind wir nicht so zügig vorange­
Ansatz des Abflussbeiwertes. Er war nach RAS Ew kommen wie ursprünglich geplant, aber wir sind
mit 0,9 angesetzt. Dieser Wert wird für die Bemes­ jetzt in der Zielgeraden. Die letzten Ausbauarbeiten
sung der Entwässerungseinrichtungen bei Stark­ an der Lysimeteranlage in Augsburg laufen in den
regenereignissen angesetzt. Für die hier gestellte kommenden Wochen. Parallel erfolgt die Ausstat­
Frage ist aber relevant, welcher Straßenabfluss bei tung mit den Messinstrumenten, den Erfassungs­
schwachen und starken Regenereignissen ent­ geräten und der Datenfernübertragung. Mir ist zu­
steht. Anhand von Forschungsergebnissen und der gesagt worden, dass die Anlage im Sommer be­
Berechnung von Abflussbeiwerten für unterschied­ triebsbereit ist. Meine Mitarbeiter wünschen sich
liche Regenereignisse konnte nachgewiesen wer­ dann viel Regen in Augsburg, damit sie Gewissheit
den, dass über die Bundesrepublik gemittelt der An­ haben, dass die Einrichtungen wie geplant arbei­
satz eines Abflussbeiwertes von 0,7 für diese Fra­ ten.
gestellung realitätsnah ist. Dieser empfohlene Wert
und andere Empfehlungen sind in die im Auftrag Unser Ziel ist es, Boden- und Grundwasserschutz
des BMU neu durchgeführten Berechnungen ein­ mit der Verwertung von Ersatzbaustoffen in Ein­
gegangen. klang zu bringen. Darin sehen wir einen wichtigen
Beitrag zum Ressourcenschutz gerade im Straßen­
In den Gremien der FGSV ist außer den TL BuB bau mit seinem enormen Materialbestand und Ma­
E-StB (Technische Lieferbedingungen für Böden terialbedarf. Wir wollen und müssen selbst dazu
und Baustoffe im Erdbau des Straßenbaus) das beitragen, dass unverhältnismäßige Anforderungen
„Merkblatt über Bauweisen für technische Siche­ zur Kompensation mangelnder wissenschaftlicher
rungsmaßnahmen beim Einsatz von Böden und Absicherungen unterbleiben.
Baustoffen mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen im
Erdbau” kurzfristig neu erarbeitet worden. Wir Ich wünsche uns nun interessante Vorträge, gute
haben diese Arbeit besonders unterstützt, um durch Diskussionen und eine erfolgreiche Exkursion und
eigene Regelwerke über die Verwertung von Er­ schätze, dass Sie alle heute hier zusammenge­
satzbaustoffen im Straßenbau Maßstäbe zu setzen. kommen sind, das zu realisieren.
11

Dipl.-Ing. Helmut Schütz tobahn A 3 Frankfurt-Würzbur-Nürnberg mit ihren


Mittelgebirgsstrecken durch den Spessart und den
Präsident der Autobahndirektion Nordbayern Steigerwald.

Meine Damen und Herren,


Sehr geehrter Herr Professor Reichelt, sehr geehr­
ter Herr Sieber, Herr Zirngibl, Herr Hillmann, meine Bayern verfügt über vielfältigste Landschaftsräume
sehr verehrten Damen und Herren, von unterschiedlichster geologischer Entstehungs­
geschichte und Ausprägung. Während im Norden
ich freue mich ganz besonders, dass Sie Ihren 42. harte Gesteine von Grauwacke über Diabas, Granit
Erfahrungsaustausch heute hier bei uns in Nürn­ und Gneis sowie Sandstein und Jurakalk vorherr­
berg abhalten. Als ich das Programm gesehen schen, gibt es im Süden überwiegend quartäre
habe, habe ich mich sofort entschlossen, heute an Fluss- und Gletscherablagerungen mit Verlan­
der Veranstaltung teilzunehmen. Obwohl ich mich dungsbereichen und Mooren. Gerade im Bereich
als Leiter einer Behörde mit über 1.300 Mitarbeitern der oberbayerischen Seen sind Verlandungsberei­
leider überwiegend mit Personal- und Organisa­ che vorhanden, die Seetone bis in Tiefen von 80
tionsfragen und viel zu wenig mit Bautechnik zu be­ Metern aufweisen.
schäftigen habe, sind die heute auf dem Programm
stehenden Vorträge für mich als Bauingenieur so Diese große Vielfalt an Böden macht den Straßen­
interessant, dass ich mich auf den heutigen Tag bau in Bayern zur Herausforderung. Bayerische
wirklich freue. Straßenbauingenieure und Geologen verfügen
deshalb über umfangreiche Erfahrungen mit unter­
Meine Damen und Herren,
schiedlichsten Böden. Dennoch gibt es beim Bau
die bayerische Straßenbauverwaltung betreut über immer wieder Überraschungen, die neue oder be­
25.000 Kilometer Straßen und setzt im eigenen Zu­ sondere Lösungen verlangen. Deshalb begrüße ich
ständigkeitsbereich, also ohne kommunale Förder­ es sehr, Herr Professor Reichelt, dass die BASt,
projekte, jährlich rund 1,5 Milliarden Euro an Bauin­ einen derartigen Erfahrungsaustausch hier in Bay­
vestitionen um. Wir haben über 6.000 Beschäftigte, ern organisiert hat. Wir alle schätzen es sehr, dass
wobei in Bayern auch der Betriebsdienst in staat­ die Bundesanstalt für besonders schwierige Aufga­
licher Regie betrieben wird. ben quasi als bundesweites Kompetenzzentrum ein
umfassendes Know-how vorhält.
In meiner Behörde, der Autobahndirektion Nord­
bayern, der auch die Landesbaudirektion angeglie­ Der Erfahrungsaustausch befasst sich neben der
dert ist, sind über 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitar­ Umsetzung der europäischen Normen in das natio­
beiter beschäftigt. Wir sind zuständig für 1.317 Ki­ nale Regelwerk auch mit einer Reihe hoch interes­
lometer Autobahnen, die in den nordbayerischen santer aktueller Themen.
Ballungsräumen Nürnberg/Fürth/Erlangen und
Der Einsatz von Elektroofenschlacke im Straßen­
Würzburg mit bis zu 100.000 Kfz/24 h belastet sind.
bau hat gerade für die Augsburger Region, aus der
Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit – sechs­ ich stamme, große Bedeutung. Da NRW über eine
streifiger Ausbau der A 9, von Nürnberg Richtung jahrzehntelange Erfahrung in der Verwendung von
Berlin, Neubau von A 71, Schweinfurt-Suhl und Hochofenschlacke verfügt, sind wir an einem Aus­
A 73, Lichtenfels-Suhl, haben wir im Herbst 2008 tausch der Kenntnisse dazu besonders interessiert.
endgültig abgeschlossen. In derselben Woche gab Dabei muss man aber bedenken, dass Bayern mit
die Bundeskanzlerin auch den letzten 20 km langen seinen kleinräumigen Grundwasserfassungen über
Abschnitt der europäischen Ost-West-Magistrale andere Voraussetzungen verfügt als NRW mit sei­
der Autobahn A 6 von Prag über Nürnberg bis Paris nen großen Speicherseen und daher auch andere
für den Verkehr frei. Anforderungen zum Schutz des Grundwassers de­
finieren muss.
Damit sind die Neubauprojekte in Nordbayern auf
längere Sicht abgeschlossen. Unsere Hauptaufga­ Die Überbauung eiszeitlicher Landschaftselemen­
be für die künftigen Jahren liegt nun im sechsstrei­ te, wie eines Moorgebietes beim Flughafen Berlin-
figen Ausbau von Autobahnstrecken, die von den Schönefeld und eines Toteisloches an der A 7 im
50er bis in die 70er Jahre gebaut wurden und heute Allgäu, zeigen, dass die Aufgabenstellungen zwar
komplett überlastet sind. Dies ist vor allem die Au­ unterschiedlicher Natur sind, die Probleme sich je­
12

doch in gewisser Weise ähneln. Daher ist ein Aus­ nach dem Betreibermodell, wo ein äußerst scho­
tausch der jeweiligen Erfahrungen von größter Be­ nender Umgang mit dem Erdmaterial zu beobach­
deutung. ten ist. Wir stellen uns manchmal schon die Frage,
warum auf unseren anderen Baustellen nicht auch
Auch der Straßenbau wird künftig nicht umhin kön­ so gearbeitet wird.
nen, sich mit den Auswirkungen des Klimawandels
intensiver zu beschäftigen. Wir erleben inzwischen Die Beachtung der richtigen Witterungsverhältnisse
Starkregenereignisse, die deutlich über das hinaus beim Einbau der Tragschichten führt zu qualitativ
gehen, was wir im Zusammenhang mit dem 15-Mi­ hochwertigen Fahrbahnen. Damit lassen sich Er­
nuten-Bemessungsregen noch gelernt haben. Er­ haltungskosten und vor allem bei hoch belasteten
höhte Abflussmengen führen nicht nur zu Proble­ Autobahnen Eingriffe in den Verkehr mit den im­
men auf den Fahrbahnen für den Verkehr, sondern mensen volkswirtschaftlichen Folgekosten reduzie­
erfordern auch ingenieurtechnische Antworten. ren.
Dazu gehören Überlegungen zu größeren Quernei­
gungen bei sehr breiten Straßen bis hin zu größer Mit den Funktionsbauverträgen kann der Unterneh­
dimensionierten Entwässerungseinrichtungen und mer seine Kenntnisse und seinen technologischen
bautechnischen Maßnahmen zur Vermeidung von Vorsprung vor den Mitbewerbern ausspielen. Dies
Böschungsrutschungen, die sich durch vermehrte bringt für uns als Bauherrn eine höhere Qualität
Wassersättigung und damit durch Veränderung der und für fachkundige, leistungsfähige Firmen Wett­
Kohäsion in den Böden einstellen können. bewerbsvorteile. Im Gegensatz zum deutschen
Bauindustrieverband sieht das übrigens die bayeri­
Ich freue mich, dass Sie auch das Thema Funkti­ sche Bauindustrie ähnlich wie wir und unterstützt
onsbauverträge auf Ihre Agenda gesetzt haben. Die uns in dieser Vorgehensweise.
bayerische Straßenbauverwaltung konnte hier
neben NRW in der Vergangenheit bereits einige Er­ Nun sind wir gespannt auf die kommenden Vorträ­
fahrungen sammeln. Neben einigen Projekten im ge und ich bin mir sicher, dass wir die eine oder an­
Staatsstraßenbau, bei denen Erfahrungen mit dere Anregung für die eigene Arbeit mitnehmen
Funktionsbauverträgen im Erdbau und bei den Ent­ können. In diesem Sinne wünsche ich der Veran­
wässerungsanlagen gesammelt wurden, läuft zur­ staltung heute und morgen einen interessanten
zeit der sechsstreifige Ausbau der Autobahn A 6 Verlauf.
südlich von Nürnberg, den Sie am morgigen Tag Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
besuchen werden.

Bei diesem Bauvertrag wurden neben dem Ober­


bau auch Erdbau, Entwässerungseinrichtungen,
Lärmschutzanlagen, Brücken und Schutzeinrich­
tungen funktional ausgeschrieben und vergeben.
Ein Novum ist dort auch der Einsatz vom zweilagi­
gem Offenporigem Asphalt in einem Funktionsbau­
vertrag. Wir werden Ihnen unsere mit diesem Pilot-
vorhaben gemachten Erfahrungen schildern und
freuen uns auf eine rege Diskussion.

Trotz verschiedener Verbesserungsmöglichkeiten


sieht die bayerische Straßenbauverwaltung in
Funktionsbauverträgen eine sehr gute Möglichkeit,
zu Qualitätsverbesserungen im Straßenbau zu
kommen. Der Auftragnehmer ist für die Erhaltung
über einen langen Zeitraum (z. B. 25 Jahre) zu­
ständig. Er muss daher ein verstärktes Interesse
haben, nachhaltig zu bauen und nicht nur die Ge­
währleistungsfrist zu überstehen.

Dass dies auch der Fall ist, sieht man beim Ausbau
der Autobahn A 8 zwischen München und Augsburg
13

Regelwerke und Normung

Referenten

RDir Dipl.-Ing. R. Hillmann

Dipl.-Geol. Ursula Blume

BDir Dipl.-Ing. Gernot Rodehack

Dipl.-Geol. Michael Bürger

14

RDir Dipl.-Ing. Roderich Hillmann mung der Erdarbeiten in ihrem Antrag Folgendes
Bundesanstalt für Straßenwesen, fest:
Bergisch Gladbach
• Erdarbeiten sind ein gut abgegrenztes, wirt­
schaftlich bedeutsames Tätigkeitsfeld, das noch
nicht von der CEN-Normungsarbeit erfasst ist.
Normung „Earthworks” im
• Die Normung der Erdarbeiten sollte von einen
CEN/TC 396 neuen Komitee aus Erdbauspezialisten aufge­
stellt werden.

• Ein solches Technisches Komitee kann ohne


Konflikte zu bestehenden Technischen Komi­
tees gegründet werden.

Die europäische Normung der Erdarbeiten wird für


jedes Land vorteilhaft sein, weil ein gemeinsames
Bezugssystem Zugang zu besserer Anwendung
gibt. Zudem ist es der Weg, um gemeinsame Ant­
worten auf die neuen gesellschaftlichen Herausfor­
derungen für mehr nachhaltige und umweltfreund­
liche Entwicklung zu finden.

Der Technische Ausschuss (CEN/BT) beschließt


daraufhin im März 2009, ein neues Technisches
Komitee des CEN (CEN/TC 396) mit dem Titel
„Earthworks” einzurichten und weist ihm zu, sich
1 Der Normungsantrag mit folgenden Aufgaben zu befassen:
Seit 2007 ist in der Arbeitsgruppe 203 des Techni­ • Begriffe bei Erdarbeiten,
schen Ausschusses von CEN (CEN/BT/WG 203
„Earthworks“) unter Leitung von AFNOR (Nor­ • Prüfverfahren (zur Beschreibung von Boden,
mungsinstitut von Frankreich) der Antrag auf Nor­ Fels und Bodenbehandlungen im Labor und im
mung der Erdarbeiten in Europa erarbeitet worden. Feld),
Das deutsche Normungsinstitut bei CEN ist das
DIN. In der WG 203 war Deutschland für das DIN • Boden- und Felsklassifikation,
durch die Herren Bürger (BASt), Dr. Heyer (TUM,
• Ausführung von Erdarbeiten,
Zentrum Geotechnik und FGSV) und Vogel (DB
AG) vertreten. Die deutsche Position zum Nor­ • Qualitätskontrolle und Überwachung.
mungsantrag wurde von Mitgliedern aus dem Len­
kungsausschuss der Arbeitsgruppe 5 „Erd- und Das Sekretariat des neuen CEN/TC 396 „Earth­
Grundbau” der FGSV formuliert. Es wurde nicht als works” wird Frankreich (AFNOR) übertragen. Ein
zielführend erachtet, Erdarbeiten europäisch zu Arbeitsplan soll dem CEN/BT bis November 2009
normen. Vielmehr sollten technische Berichte über vorgelegt werden. Mit Einrichtung des CEN/TC 396
die europäischen Regelungen zu Erdarbeiten er­ wird die WG 203 aufgelöst.
stellt werden. Allen Beteiligten war klar, dass eine
intensive Mitarbeit in den europäischen Normungs­
gremien notwendig ist, wenn sich Deutschland mit
dieser Position nicht durchsetzen kann. Insbeson­ 2 CEN/TC 396 „Earthworks”
dere die deutschen Regelungen zur Boden- und Die konstituierende Sitzung des CEN/TC 396 fand
Felsklassifizierung sollen europäisch verankert am 17./18. Sept. 2009 in Paris statt. Das TC richtet
werden. die fünf, in Tabelle 1 genannten Arbeitsgruppen
(WG) ein und beschließt deren Leitung.
Die WG 203 „Earthworks” stellte im März 2009
nach 2-jähriger Beratung zur europäischen Nor­
15

Gremium Bezeichnung Leitung • Als neues Thema zur Klassifizierung sollte die
Aufbereitung oder Behandlung von Böden und
CEN/TC 396 Earthworks Frankreich
Fels für den Einbau beraten werden.
WG 1 General matters Frankreich
• Zunächst sollen die Voraussetzungen für die
Soil and Rock Classification
WG 2 Deutschland Festlegung von Homogenbereichen geschaffen
for Earthworks
werden (Kennwerte und Prüfverfahren). Grund­
WG 3 Construction procedures Frankreich
lagen hierfür enthält der Bericht der GuD
WG 4 Quality control and monitoring Großbritannien CONSULT GmbH, Berlin (Prof. Borchert und
WG 5 Hydraulic fill Niederlande
Dipl.-Ing. Große), „Vereinheitlichung der Boden-
und Felsklassen für die VOB-Normen“.
Tab. 1: Arbeitsgruppen und deren Leitung im CEN/TC 396
„Earthworks“ • Ausgangspunkt für die europäische Normungs­
arbeit sollte die Klassifizierung von Böden im
WG 1 „General matters” Hinblick auf den Einbau sein (DIN 18196).

Die WG 1 „General matters” wird von Herrn


Magnan, Frankreich geleitet. Die ersten Sitzungen WG 3 „Construction procedures”
haben am 14./15. Jan. und 18./19. März 2010 in Die WG 3 „Construction procedures” wird von Herrn
Paris bzw. Berlin stattgefunden. Die WG 1 soll die
Mollier, Frankreich, geleitet. Die konstituierende Sit­
Arbeiten in den Arbeitsgruppen koordinieren. Vor­
zung fand am 11./12. Feb. 2010 in Lyon statt. Der
schläge aus den Arbeitsgruppen sollen übernom­
Arbeitsauftrag wurde beraten und konkretisiert. Zu­
men werden. Von der WG 1 selbst soll eine über­
nächst sollen die Erdbauregelungen in den Mit­
greifende Erdbaunorm für
gliedsländern gesammelt werden. Es wurden drei
• Straßen, Arbeitskreise (TG) eingerichtet:

• Eisenbahnlinien, • Lösen, Aushub und Transport,

• Wasserstraßen, • Einbauen, Verdichten oder Ablagern,

• Küstenschutz und • Bodenbehandlung (in Abstimmung mit CEN/TC


227 „Straßenbaustoffe“).
• Wälle

aufgestellt werden. In allen Arbeitsgruppen sollen


zunächst die nationalen Erfahrungen und Regelun­
gen gesammelt und ausgetauscht werden.

WG 2 „Soil and Rock Classification for Earth­


works”

Die WG 2 „Soil and Rock Classification for Earth­


works” wird für Deutschland von Herrn Vogel (DB
AG) geleitet. Die Geschäftsführung hat das DIN.
Die konstituierende Sitzung fand am 22./23. Feb.
2010 in Berlin statt. Die Ausrichtung der Normungs­
arbeiten soll sich an folgenden Punkten orientieren:

• Für das Benennen und Beschreiben von Böden


und Fels werden die internationalen Standards
DIN EN ISO 14688 (Böden) und DIN EN ISO
14689 (Fels) als Grundlage vorausgesetzt.
WG 4 „Quality control and monitoring”
• Das Klassifizieren von Böden und Fels im Hin­
blick auf die Lösbarkeit (DIN 18300) soll zu- Die WG 4 „Quality control and monitoring” wird von
nächst nicht behandelt werden. Herrn Kidd, Großbritannien, geleitet. Die ersten Sit­
16

zungen fanden am 28./29. Jan. und 29./30. April Die Einrichtung des Spiegelausschusses NA 005­
2010 in London bzw. Brüssel statt. Es wurde über 05-22 AA „Erdarbeiten (SpA zu CEN/TC 396), Ge­
die verschiedenen Systeme der Qualitätssicherung meinschaftsausschuss mit FGSV” wurde seitens
und Überwachung diskutiert, insbesondere über des DIN vom Lenkungsgremium des Fachbereichs
Verdichtungs- und Tragfähigkeitsprüfungen im All­ „Grundbau, Geotechnik” am 9. Okt. 2009 beschlos­
gemeinen und über die Überwachung der Einhal­ sen. In der Arbeitsgruppe „Erd- und Grundbau” der
tung der Arbeitsanweisung in Frankreich im Beson­ FGSV wurde der Spiegelausschuss dem Len­
deren. Auch in dieser Arbeitsgruppe werden zu­ kungsausschuss zugeordnet. Der Beschluss zur
nächst die europäischen Regelungen zur Qualitäts­ Einrichtung des GA 5.01 „Erdarbeiten” erfolgte am
sicherung gesammelt und ausgewertet. 4. Nov. 2009. Die Geschäftsführung des Gemein­
schaftsausschusses liegt beim DIN. Mitglieder in
dem Ausschuss sind die deutschen Delegierten
WG 5 „Hydraulic fill”
(siehe Tabelle 2) und die „Interessierten Kreise“.
Die WG 5 „Hydraulic fill” wird von Herrn van der Die konstituierende Sitzung fand am 20. Jan. 2010
Meer, Niederlande, geleitet. Die konstituierende Sit­ und die 2. Sitzung am 26. April 2010 jeweils beim
zung musste wegen der isländischen Aschewolke DIN in Berlin statt.
verschoben werden. Zur Festlegung der Themen­
bereiche wurde die Gliederung eines Handbuches Deutsche
„Spülverfahren” verschickt. Gremium Bezeichnung
Delegierte
Leister,
CEN/TC 396 Earthworks Dr. Heyer,
Vogel
Dr. Heyer,
WG 1 General matters Dr.Kayser,
Vogel
Soil and Rock Classification
WG 2 Vogel, Leister
for Earthworks

Dr. Heyer,
WG 3 Construction procedures
Straußberger

Kloubert,
WG 4 Quality control and monitoring
Prof.Kudla

WG 5 Hydraulic fill Meyer

Tab. 2: Deutsche Delegierte in den Gremien des CEN/TC 396


(Head of delegation unterstrichen)

3 Nationale Spiegelung der Arbeiten Die Teilnehmer des Erfahrungsaustausches des


im CEN/TC 396 Bundes und der Länder über Erdarbeiten im Stra­
ßenbau sind aufgefordert, sich an der europäischen
Im Jahr 2009 haben beim DIN mit Vertretern von Normung „Erdarbeiten” zu beteiligen und ihre Auf­
BMVBS, FGSV, HDB und ZDB insgesamt drei Ab­ fassung zum Bericht „Vereinheitlichung der Boden-
stimmungsgespräche über die Einrichtung eines und Felsklassen in den VOB-Normen” kundzutun.
nationalen Spiegelausschusses zum CEN/TC 396
stattgefunden. Es wurde beschlossen, einen Ge­
meinschaftsausschuss von DIN und FGSV zum
CEN/TC 396 und seinen Arbeitsgruppen einzurich­
ten. In dem Gemeinschaftsausschuss sollen die
deutschen Positionen zu den Normungsaktivitäten
festgelegt sowie koordinierende und beratende Auf­
gaben für die deutschen Delegierten wahrgenom­
men werden. Soweit fachliche Zuarbeiten erforder­
lich sind, sollen diese von den FGSV-Gremien er­
bracht werden.
17

Dipl.-Geol. Ursula Blume Mit der Veröffentlichung der überarbeiteten „Zu­


Bundesanstalt für Straßenwesen, sätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und
Bergisch Gladbach Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau” (ZTV
E-StB 09) ist dieses Regelwerk nun vollständig. Die
ZTV E-StB enthalten Regelungen für das Lösen,
Laden, Fördern, Einbauen und Verdichten von
Qualitätssicherung von Geo­ Boden und Fels sowie von sonstigen erdbautech­
kunststoffen in den ZTV E-StB 09 nisch geeigneten Stoffen. Dazu zählen auch die An­
wendung, die Prüfung und der Einbau von Geo­
Für den Einsatz im Erdbau des Straßenbaus müs­ kunststoffen im Erdbau.
sen die eingesetzten Geokunststoffe hohen Quali­ Die ZTV E-StB sind die Vertragsgrundlage zwi­
tätsansprüchen genügen. Das Straßenbauregel- schen Auftragnehmer und Auftraggeber. Es wird
werk ist durch die Veröffentlichung der „Zusätz­ vorausgesetzt, dass die Vergabe- und Vertragsord­
lichen Technischen Vertragsbedingungen und nung für Bauleistungen, Teil C: Allgemeine Tech­
Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau” (ZTV nische Vertragsbedingungen für Bauleistungen,
E-StB 09) in dieser Hinsicht nun vollständig, so­ insbesondere die
dass eine lückenlose Nachverfolgung der Produk­
te von der Herstellung über die Lieferung bis zum • ATV DIN 18299 „Allgemeine Regelungen für
Einbau möglich ist. Wichtig ist jedoch die Einhal­ Bauarbeiten jeder Art” und die
tung der Vorschriften und Anforderungen, ange­
fangen beim Hersteller über den Lieferanten, über • ATV DIN 18300 „Erdarbeiten“,
den Auftragnehmer bis hin zum Auftraggeber, um Bestandteile des Bauvertrages sind.
einen hohen Qualitätsstandard des Produktes und
der fertigen Leistung zu garantieren. In diesem Beitrag werden die Verantwortlichkeiten
für die Qualitätssicherung bei der Lieferung, der
Hersteller, deren Produkte einer freiwilligen Über­
Weiterverarbeitung und der Abnahme von Erdbau­
wachung unterliegen, können diese Produkte mit
leistungen beim Einsatz von Geokunststoffen dar­
einem Qualitätssiegel kennzeichnen und liefern
gelegt, die durch die neuen ZTV E-StB 09 geregelt
zusammen mit der CE-Kennzeichnung ein Pro­
sind.
duktzertifikat. Da in diesem Fall auf die Bau­
stoffeingangsprüfung verzichtet werden kann, re­
duziert sich der finanzielle und zeitliche Prüfauf-
2 Qualitätssicherung und
wand und es wird ein reibungsloser Bauablauf er­
zielt.
Verantwortlichkeiten
Die Qualitätssicherung von Geokunststoffen von
der Herstellung bis zur Abnahme des Bauloses er­
1 Einleitung folgt schrittweise:
Das Regelwerk für Geokunststoffe im Erdbau des • werkseigene Produktionskontrolle durch den
Straßenbaus der FGSV umfasst das „Merkblatt Hersteller mit Überwachung und Zertifizierung
über die Anwendung von Geokunststoffen im Erd- durch eine zugelassene Stelle,
bau des Straßenbaues” (M Geok E), das eine Be­
schreibung der Produkte und ihrer Anwendungen • Eignungsprüfung durch den Auftragnehmer,
enthält. Mit Hilfe der dem Merkblatt beigefügten
„Checklisten für die Anwendung von Geokunst­ • Eigenüberwachungsprüfungen durch den Auf­
stoffen im Erdbau des Straßenbaues” (C Geok E) tragnehmer,
können die wesentlichen Abläufe bei der Bauvor­ • Kontrollprüfungen durch den Auftraggeber.
bereitung und der Bauausführung überprüft wer­
den. Die „Technischen Lieferbedingungen für Geo­ Die Verantwortlichkeiten für diese Schritte sind auf
kunststoffe im Erdbau des Straßenbaues” den Hersteller bzw. Händler, den Auftragnehmer
(TL Geok E-StB 05) enthalten Anforderungen an und den Auftraggeber verteilt. Vertragsgrundlage
Geokunststoffe, die im Erdbau und in Entwässe­ für die Lieferung der Geokunststoffe vom Herstel­
rungsanlagen des Straßenbaus verwendet wer­ ler/Händler an den Auftragnehmer sind die „Techni­
den. schen Lieferbedingungen für Geokunststoffe im
18

Bild 1: Schematische Übersicht über die durchzuführenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten für das Liefern und Einbauen von
Geokunststoffen

Erdbau des Straßenbaues” (TL Geok E-StB). Das den Nachweis einer gleichwertigen freiwilligen
Vertragsregelwerk zwischen Auftragnehmer und Überwachung (fÜ) erbringt, kann auf die Baustoff­
Auftraggeber bilden die ZTV E-StB. In Bild 1 sind eingangsprüfung verzichtet werden.
diese Zusammenhänge grafisch dargestellt.
Vom Industrieverband Geokunststoffe (IVG) wurde
Vom Hersteller wird die CE-Kennzeichnung gemäß in Zusammenarbeit mit der BASt eine entsprechen­
System 2+ durchgeführt. Gemäß dem Konformi­ de Empfehlung für die Durchführung der Überwa­
tätsnachweisverfahren nach den europäischen chung und Zertifizierung von Geotextilien, geotextil­
Normen EN 13249 ff. werden die Erstprüfung des verwandten Produkten und Dichtungsbahnen, die
Produktes und die regelmäßigen Probenahmen nach dem europäischen Konformitätsnachweisver­
und Materialprüfungen ausschließlich im Verant­ fahren System 2+ zugelassen sind, erstellt. Die Fir­
wortungsbereich der Hersteller durchgeführt. Im men und Verbände, die diese Empfehlung unter­
System 2+ gibt es keine feststehenden Anforderun­ schreiben, verpflichten sich zu deren Einhaltung.
gen an die Qualifikation und Kompetenz der Mate­
rialprüfstellen. Die Verbandsempfehlung des IVG regelt die Hand­
habung der Probenahme und Prüfung von Mate­
Die Überwachungsstelle überwacht und überprüft
rialproben. Für bestimmte Eigenschaften erfolgt
die ordnungsgemäße Durchführung der werkseige­
eine regelmäßige Probenahme durch die zugelas­
nen Produktionskontrolle (WPK) und den Produk­
sene Überwachungsstelle. Ein Teil des Prüfumfan­
tionsablauf. Das CE-Zertifikat besagt, dass gemäß
ges der vom Hersteller durchzuführenden werksei­
der Produktnormen DIN EN 13249 ff. produziert
genen Produktionskontrolle wird von unabhängigen
worden ist und daher das CE-Zeichen verwendet
Prüflaboratorien mit besonderen Anforderungen an
werden darf. Eine stichprobenartige Produktprü­
fung durch ein unabhängiges Prüflabor erfolgt im Personal, Ausstattung und fachliche und techni­
System 2+ jedoch nicht. sche Kompetenz durchgeführt. Diese Vorausset­
zungen gelten als erfüllt, wenn eine Akkreditierung
Die neuen ZTV E-StB beinhalten bei den Baustoff­ für die Prüfung von Eigenschaften gemäß DIN EN
eingangsprüfungen (BEP) eine Öffnungsklausel, 13249 ff. nach einem Akkreditierungsverfahren er­
durch die der Umgang mit Geokunststoffen erleich­ teilt ist, das auf international anerkannten Normen
tert und der Prüfumfang reduziert wird. Wenn der und Standards (DIN EN ISO/IEC 17025 und EN
„In-den-Verkehr-Bringer” (Hersteller oder Händler) 45000 Reihe) beruht.
19

Produkte, die einer solchen freiwilligen Überwa­ 13249 ff. bzw. DIN EN 13361 ff.) und das Verpa­
chung durch den Hersteller bzw. Händler unterlie­ ckungsetikett (DIN EN ISO 10320) beizufügen.
gen, sind am Produktqualitätszeichen des Indu­
Vom Auftragnehmer sind Rückstellproben für die
strieverbandes Geokunststoffe IVG (siehe:
www.ivg.de) zu erkennen. Zusammen mit dem Zer­ Durchführung der Kontrollprüfungen durch den Auf­
tifikat der CE-Kennzeichnung, durch die die werks­ traggeber zu nehmen.
eigene Produktionskontrolle nach dem System 2+ Die Probenahme erfolgt durch den Auftragnehmer.
belegt wird, werden diese Produkte mit einem Pro­ Die Festlegung der Probengröße richtet sich nach
duktzertifikat geliefert. den erforderlichen Prüfungen. Diese sind wiederum
abhängig von der Anwendung, die dem Anhang 2
(Umfang der Prüfungen und Nachweise für die Bau­
3 Prüfungen gemäß ZTV E-StB stoffeingangsprüfungen) und dem Anhang 3 (Um­
fang der Prüfungen und Nachweise für die Kontroll­
3.1 Allgemeines prüfungen) der ZTV E-StB entnommen werden kön­
nen (vgl. Kapitel 3.4.4 und 3.5). Die in den Anhän­
ZTV E-StB, Kapitel 1.6.1:
gen enthaltenen Tabellen unterscheiden die Anwen­
In den ZTV E-StB werden die Prüfungen unter­ dung von Geotextilien und geotextilverwandten Pro­
schieden nach dukten nach den Funktionen „Filtern“, „Entwässern“,
„Bewehren” und „Schützen” sowie die Anwendung
• Eignungsprüfungen, von Dichtungsbahnen. Die Funktion „Trennen” ist
• Eigenüberwachungsprüfungen und immer in Zusammenhang entweder mit der Funk­
tion „Filtern” oder „Bewehren” zu betrachten.
• Kontrollprüfungen.
Falls das Produkt einer freiwilligen Überwachung
Die Prüfungen umfassen, soweit erforderlich, unterliegt, reduziert sich die Probengröße auf die
• die Probenahme, erforderliche Menge für die Durchführung der Kon­
trollprüfungen, die vom Auftraggeber für erforder­
• das sachgerechte Zubereiten, Lagern und ver­ lich gehalten werden. Die genaue Menge ist dem
sandfertige Verpacken der Probe, Auftragnehmer mitzuteilen.
• den Transport der Probe von der Entnahmestel­ Die Proben sind in einer Niederschrift von den Ver­
le zur Prüfstelle und tragspartnern anzuerkennen. Sie dienen im Rah­
• die Prüfungen selbst einschließlich Auswertung men der Kontrollprüfung zur Beurteilung der ver­
und Prüfbericht. tragsgerechten Lieferung.

Die Prüfpunkte sind lage- und höhenmäßig in Plä­


nen darzustellen (siehe Abschnitt 15). 3.3 Eignungsprüfungen

Die Ausführung der Prüfungen ist im Bautagebuch ZTV E-StB, Kapitel 3.3.4.2:
zu vermerken.
Der Auftragnehmer erklärt die Eignung für den Ver­
wendungszweck des von ihm für den Einbau vor­
3.2 Probenahme gesehenen Produkts gemäß den Anforderungen
des Bauvertrags durch Vorlage der Produktbe­
ZTV E-StB, Kapitel 3.3.4.1:
schreibung des Herstellers nach TL Geok E-StB.
Die Mindestgröße einer Probe beträgt 1,00 m in
Der Auftraggeber kann die Vorlage der Ergebnisse
Längsrichtung mal der Bahnbreite und soll den Rol­
der werkseigenen Produktionskontrolle des Geo­
lenaufdruck beinhalten. Entsprechend des Prüfum­ kunststoffherstellers vom Auftragnehmer verlan­
fanges kann sich die Notwendigkeit größerer Pro­ gen. Sie müssen dem Auftragnehmer zur Vorlage
benabmessungen ergeben. Über die Probenahme beim Auftraggeber vom Hersteller zur Verfügung
ist ein Protokoll zu fertigen und vom Auftragnehmer gestellt werden. Dies ist im Liefervertrag zwischen
und dem Probenehmer zu unterzeichnen. In dem Auftragnehmer und Hersteller zu vereinbaren.
Protokoll ist die Nummer der Rolle anzugeben, von
der die Probe entnommen worden ist. Ferner sind Durch die Eignungsprüfung wird der Nachweis der
dem Protokoll das zugehörige CE-Etikett (DIN EN Eignung der Geokunststoffe für den vorgesehenen
20

Verwendungszweck entsprechend den Anforderun­ 4. den Nachweis der Einhaltung der Anforderun­
gen des Bauvertrages erbracht. Der Nachweis der gen an die Behandlung der Produkte auf der
Eignung obliegt dem Auftragnehmer. Baustelle und an den Einbau.

Bei Geokunststoffen erfolgt der Nachweis der Eig­ Die Baustoffeingangsprüfung kann entfallen, wenn
nung durch die Vorlage der Produktbeschreibung der Nachweis einer gleichwertigen freiwilligen
gemäß TL Geok E-StB. Hierin sind die Anforderun­ Überwachung des Herstellers oder des Lieferanten
gen an die Produktbeschreibung der Geokunststof­ vorgelegt wird.
fe aufgeführt.
Die Prüfbescheinigungen zu 1., 2. und 3. sind dem
Die Vorlage der Ergebnisse der werkseigenen Pro­ Auftraggeber vor dem Einbau der Produkte vorzu­
duktionskontrolle wird empfohlen. Falls das vorge­ legen. Protokolle zu 4. sind dem Auftraggeber ent­
sehene Produkt einer freiwilligen Überwachung un­ sprechend dem Baufortschritt vorzulegen. …
terliegt, sollte das entsprechende Produktzertifikat
Die Durchführung der Eigenüberwachungsprüfung
zusammen mit den Ergebnissen der werkseigenen
obliegt dem Auftragnehmer, der dadurch nachweist,
Produktionskontrolle angefordert werden.
dass die Güteeigenschaften der gelieferten Geo­
Falls vom Auftraggeber verlangt, werden ihm von kunststoffe und die fertige Leistung den vertrag­
allen für die Bauausführung vorgesehenen Geo­ lichen Anforderungen entsprechen. Die Eigenüber­
kunststoffen genügend große Musterstücke über­ wachungsprüfungen sind unbedingt mit der gebote­
geben, der diese unter Verschluss aufbewahrt. Da­ nen Sorgfalt und im erforderlichen Umfang durch­
durch ist ein schneller Vergleich der bestellten mit zuführen. Werden Abweichungen von den vertrag­
den gelieferten Produkten möglich. Diese Möglich­ lichen Anforderungen festgestellt, sind die entspre­
keit empfiehlt sich insbesondere dann, wenn ein chenden Mängel und deren Ursachen unverzüglich
unbekanntes Material oder ein Sonderprodukt be­ zu beseitigen.
stellt wird. Die im Rahmen der Eigenüberwachungsprüfungen
zu erbringenden Prüfungen bzw. Dokumentationen
sind nachfolgend im Einzelnen aufgeführt.
3.4 Eigenüberwachungsprüfungen
3.4.2 Bestätigung der Produktidentität gemäß
3.4.1 Allgemeines DIN EN ISO 10320
ZTV E-StB, Kapitel 3.3.4.3: Die Produkte sind gemäß DIN EN ISO 10320 mit
Siehe DIN-Fachbericht CEN/TR 15019 einem Verpackungsetikett gekennzeichnet. Bei Be­
darf kann jede Einheit durch einen Code bis zur Pro­
Der Auftraggeber hat im Rahmen seiner Eigen­ duktion rückverfolgt werden. Das Verpackungseti­
überwachungsprüfung die gelieferten Produkte und kett enthält die in Tabelle 1 aufgeführten Angaben.
die fertige Leistung zu überprüfen. Die Überprüfung
und ihre Dokumentation umfassen erforderliche Angaben Beispiel
Hersteller und/oder Lieferant Firma Universal
1. den Nachweis, dass jede Rolle mit dem Verpa­
Produktname UNIVERSA
ckungsetikett gemäß Kennzeichnung nach DIN
EN ISO 10320, mit dem CE-Etikett und das Pro­ Typenbezeichnung UNIVERSA 301

dukt selbst alle 5 m mit Produktnamen und -typ Identifikation einer Einheit
35´333´145
(Rollen- oder Ident-Nr.)
gekennzeichnet sind und die Angaben dem ver­
flächenbezogene Masse in g/m2
traglich vereinbarten Produkt entsprechen, 235 g/m2
nach EN 965
2. den Nachweis anhand CE-Etikett und Produkt­ Art des Produktes nach den
Vliesstoff, Geogitter
Definitionen der ISO 10318
beschreibung nach TL Geok E-StB, dass die
Produkteigenschaften den vertraglich vereinbar­ Hauptpolymerarten des Produktes
PA, PE, PET
für jede Komponente
ten Anforderungen entsprechen,
Abmessungen der Liefereinheit
100 m; 5,5 m
3. den Nachweis der Übereinstimmung der Pro­ (Länge, Breite)

dukteigenschaften mit den Anforderungen des Bruttogewicht einer Liefereinheit in kg 28 kg

Bauvertrags durch eine Baustoffeingangsprü­ Tab. 1: Beispiel für ein Verpackungsetikett gemäß DIN EN ISO
fung (Anhang 2, Tabelle 1 bzw. Tabelle 2), 10320
21

Zusätzlich muss das Produkt in Abständen von Die Verbindung zwischen der zuvor bestätigten
max. 5 m mit Produktnamen und -typ so gekenn­ Produktidentität wird über die Prüfung der Produkt­
zeichnet sein, dass auch eine Identifikation ohne beschreibung mit den Angaben des CE-Etikettes
die Originalverpackung möglich ist. Bei Geotextilien hergestellt.
wird dies meist durch einen ausreichend beständi­
gen Aufdruck an der Kante erzielt. Produkte, bei 3.4.4 Durchführung der
denen ein Aufdruck nicht möglich ist, können durch Baustoffeingangsprüfung
die Befestigung von Etiketten oder durch eine farb­
liche Markierung der Stirnseiten gekennzeichnet Da bei der Produktion gemäß dem System 2+ eine
werden. Im letzten Fall müssen die Etiketten Ein­ stichprobenartige Prüfung durch ein unabhängiges
zelheiten über diese Farbmarkierung enthalten. Prüflabor fehlt, ist die Baustoffeingangsprüfung un­
verzichtbar. Sie kann jedoch entfallen, wenn ein Pro­
Vom Auftragnehmer ist zu überprüfen, ob die Anga­ duktzertifikat als Nachweis einer gleichwertigen frei­
ben dem vertraglich vereinbarten Produkt entspre­ willigen Überwachung des Vertragspartners (Her­
chen. steller oder Lieferant) vorgelegt wird (vgl. Kapitel 2).

Die Art der durchzuführenden Prüfungen ist abhän­


3.4.3 Bestätigung der Produkteigenschaften gig von der Funktion des Produktes. Die erforder­
lichen Prüfungen sind dem Anhang 2 der ZTV
Die CE-Kennzeichnung erfordert nur die Ergebnis­ E-StB zu entnehmen. Sie sind in Tabelle 2 (Geotex­
se der mandatierten Prüfungen gemäß der Pro­ tilien und geotextilverwandte Produkte) und Tabelle
duktnormen DIN EN 13249 ff. (CE-Begleitdoku­ 3 (Dichtungsbahnen) korrigiert wiedergegeben.
ment). Um zu überprüfen, ob das gelieferte Produkt
die vertraglich vereinbarten Anforderungen erfüllt,
ZTV E-StB, Kapitel 3.3.4.3:
sind diese Angaben nicht ausreichend. Daher ist
bei jeder Lieferung die Produktbeschreibung Die erforderliche Probenanzahl hängt von der Be­
gemäß den TL Geok E-StB zu überprüfen. deutung des Produkts für die Sicherheit des Bau­
werks und der Fläche des gelieferten Produkts ab.

Funktion
Eigenschaft Prüfverfahren
Trennen Filtern Entwässern Bewehren Schützen
Masse pro Flächeneinheit DIN EN ISO 9864 + + + + +
Dicke DIN EN ISO 9863-1 und -2 --­ + + --­ +
Höchstzugkraft 1) und Höchstzugkraftdehnung DIN EN ISO 10319 + + + + +
Zugfestigkeit der Nähte und Verbindungen DIN EN ISO 10321 --­ --­ --­ x --­
Durchdrückwiderstand 1), 2) DIN EN ISO 12236 + + --­ --­ +
Zugkriechverhalten DIN EN ISO 13431 --­ --­ --­ N ---
Druckkriechverhalten DIN EN ISO 25619-1 --­ --­ N --­ --­
Beschädigung beim Einbau DIN EN ISO 10722 --­ --­ --­ N 3) --­
Schutzwirkung von Geotextilien DIN EN 13719 --­ --­ --­ --­ N
Charakteristische Öffnungsweite DIN EN ISO 12956 + + --­ --­ --­
Wasserdurchlässigkeit normal zur Ebene DIN 60500-4, DIN EN ISO 11058 + + --­ N 4) N
Abflussleistung DIN EN ISO 12958 --­ --­ + --­ --­
Beständigkeit DIN EN 13249 ff Anhang B N N N N N
chemische Beständigkeit DIN EN 14030 N N N N N
Witterungseständigkeit DIN EN 12224 N N N N N
Umweltunbedenklichkeit TL Geok E-StB 3.1, M Geok E 6.28 N N N N N
+: Prüfung erforderlich/---: nicht erforderlich
x: erforderlich, wenn Verbindungen in Zugrichtung vorgesehen sind
N: Nachweis durch Prüfbescheinigung möglich
1) Wenn Zugfestigkeit und Durchdrückverhalten mit + angegeben sind, genügt anwendungsbezogen die maßgebende Festigkeitsprüfung für die
Bestimmung der Geotextilrobustheitsklasse (Zugfestigkeitprüfung bei Geweben und Verbundstoffen, Stempeldurchdrückkraftprüfung bei Vlies­
stoffen)
2) Diese Prüfung kann nicht bei allen Produkten angewendet werden
3) Prüfung kann an für die Produktgruppe repräsentativen Typen ausgeführt werden
4) Nicht bei Bewehrungsgittern
Anmerkung: Die Funktion „Trennen” ist immer mit den Funktionen „Filtern” oder „Bewehren” zusammen zu betrachten. Der Prüfumfang ergibt sich
aus der Summe der jeweils durchzuführenden Prüfungen.

Tab. 2: Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Umfang der Prüfungen und Nachweise bei Baustoffeingangsprüfungen
22

Typen Prüfnormen
Eigenschaft
KDB GTD KDB GTD
Dicke + --­ DIN EN 1849-2 --­
Flächenbezogene Masse + + DIN EN 1849-2 DIN EN 14196
Schmelzindex (MFR) + --­ DIN EN ISO 1133 --­
Dichte + --­ DIN EN ISO 1183 --­
Wasserdurchlässigkeit (Dichtheit gegen Flüssigkeiten) N + DIN EN 14150 ASTM D 5887
Quellvermögen --­ + --­ ASTM D 5890
Zugfestigkeit und Höchstzugkraftdehnung + + DIN EN ISO 527-1, -3 1) DIN EN ISO 10319
Durchdrückwiderstand + + DIN EN ISO 12236 DIN EN ISO 12236
Berstdruckfestigkeit N --­ DIN 61551 --­
Weiterreißfestigkeit + --­ DIN ISO 34-1, Methode B 2) --­
Innere Scherfestigkeit --­ N --­ DIN EN ISO 12957-1 3)
Biegeverhalten bei Kälte N --­ DIN EN 495-5 --­
Wärmeausdehnung N --­ ASTM D 696 --­
Witterungsbeständigkeit N --­ DIN EN 12224 4)

Mikrobiologische Beständigkeit N N DIN EN 12225 DIN EN 12225


DIN EN ISO 13438,
Oxidationsbeständigkeit N N DIN EN 14575
Methoden C1 und C2
Spannungsrissbeständigkeit N --­ DIN EN 14576 DIN EN 14576 5)
Beständigkeit gegen Auslaugen (Wasserlösliches) N N DIN EN 14415 DIN EN 14415
Wasseraufnahme (Enslin-Neff) --­ + --­ DIN 18132
Beständigkeit gegen Trocken-Nass-Wechsel --­ N --­ DIN EN 14417
Beständigkeit gegen Frost-Tau-Wechsel --­ N --­ DIN EN 14418
Beständigkeit gegen Durchdringen von Wurzeln N N DIN EN 14416 DIN EN 14416
TL Geok E-StB 3.1, TL Geok E-StB 3.1,
Umweltunbedenklichkeit N N
M Geok E 6.28 M Geok E 6.28 6)
KDB: Kunststoffdichtungsbahn, GTD: Tondichtungsbahn
+: Prüfung erforderlich/---: nicht erforderlich/N: Nachweis durch Prüfbescheinigung möglich
1) Messprobe Typ 5A, 100 mm/min
2) Winkelmessprobe ohne Kerbe
3) Der interne Verbund von Tondichtungsbahnen kann durch eine Scher- oder eine Schälprüfung bestimmt werden.
4) Da Tondichtungsbahnen immer sofort abgedeckt werden müssen, kann auf diese Bestimmung verzichtet werden.
5) Gilt für eine Tondichtungsbahn nur, wenn sie mit einer KDB verbunden ist.
6) Wenn das Produkt nicht als Ganzes getestet werden kann, sollte die Prüfung an den Geokunststoffkomponenten ausgeführt werden.

Tab. 3: Kunstoffdichtungsbahnen und Geotextile Dichtungsbahnen – Umfang der Prüfungen und Nachweise bei Baustoffeingangs­
prüfungen

Hohe Sicherheitsanforderungen liegen bei Beweh­ einhält, ist die Lieferung anzunehmen. Wenn ein
rungen oder anderen Anwendungen vor, in denen oder mehrere Prüfergebnisse diese Anforderungs­
die Langzeitfestigkeit bestimmend ist und/oder in de­ werte nicht einhalten, ist die Lieferung zurückzuwei­
nen das Produkt entscheidend für die Sicherheit der sen oder es sind weitere Proben von dem gelieferten
Konstruktion und des Bauwerks ist. Die Anzahl der Produkt zu entnehmen, zu prüfen und zu bewerten.
Proben beträgt mindestens 2 Proben je Lieferung bis Die Bewertung erfolgt dann nach dem nachfolgend
6.000 m2, danach 1 Probe je weitere 6.000 m2. beschriebenen statistischen Verfahren. Die Ergeb­
nisse der ersten Prüfungen sind in die Bewertung
Normale Sicherheitsanforderungen gelten bei allen
einzubeziehen.
anderen Anwendungen. Die Anzahl der Proben
beträgt mindestens 2 Proben je Lieferung bis Bei 5 oder mehr Prüfergebnissen ist aus deren Mit­
10.000 m2, danach 1 Probe je weitere 10.000 m2 telwert und der Standardabweichung s im Falle
(vgl. Bild 2). eines 5%-Mindestquantils TM die statistische Prüf­
Hohe Sicherheitsanforderungen betreffen z. B. Be­ größe z
wehrungsaufgaben (Eurocode 7, Klasse 2). Norma­ z= -k·s
le Sicherheitsanforderrungen betreffen alle anderen
Anwendungen (Eurocode 7, Klasse 1). zu berechnen.

Wenn bei bis zu 4 Prüfergebnissen jedes einzelne Im Falle des 5%-Höchstquantils TH ist die statis­
die bauvertraglich vereinbarten Anforderungswerte tische Prüfgröße z
23

Bild 2: Baustoffeingangsprüfungen in Abhängigkeit von der Durchführung einer freiwilligen Überwachung und den Sicherheitsan­
forderungen

z= +k·s 3.4.5 Nachweis der Einhaltung der


Anforderungen an die Behandlung der
zu bilden, wobei in beiden Fällen k der Annahme­ Produkte auf der Baustelle und an den
faktor von 1,645 ist. Einbau

Die Lieferung ist anzunehmen, wenn im Falle eines Zur Eigenüberwachungsprüfung gehört auch der
geforderten Mindestquantils z ≥ TM und im Falle Nachweis der Einhaltung der Einbauregeln, wie sie
eines Höchstquantils z ≤ TH ist; andernfalls ist die im „Merkblatt über die Anwendung von Geokunst­
gesamte Lieferung zurückzuweisen und durch ver­ stoffen im Erdbau des Straßenbaues (M Geok E)”
tragsgemäße Produkte zu ersetzen. und den ZTV E-StB festgelegt sind. Hierzu werden
im Anhang 4 des M Geok E Formulare angeboten.
Überprüft werden die im Vertrag festgelegten An­
Es ist zu überprüfen, ob die in der Planung ange­
forderungswerte an die Mindestquantile (TM) bzw.
nommenen Baustellenbedingungen mit den tat­
Höchstquantile (TH). Mindestquantile sind
sächlichen Bedingungen übereinstimmen.
• bei Geokunststoffen und geokunststoffverwand­ Beispielsweise sollten die Baustellenbedingungen
ten Produkten: Masse pro Flächeneinheit, auf folgende Punkte hin überprüft werden:
Dicke, Höchstzugkraft und Höchstzugkraftdeh­
nung, Durchdrückverhalten, Wasserdurchlässig­ • abzudeckender Boden und Schüttboden (Ein­
keit normal zur Fläche, Wasserdurchlässigkeit in fluss auf die Einbaubeschädigung, chemische
der Ebene, Abflussleistung, Beanspruchung z. B. durch hohe oder niedrige
pH-Werte),
• bei Dichtungsbahnen: Dicke, flächenbezogene
Masse, Schmelzindex, Quellverhalten, Zugfes­ • Methode von Einbau und Verdichtung der
tigkeit und Höchstzugkraftdehnung, Weiterreiß­ Schüttung auf das Produkt (Einfluss auf die Ein­
festigkeit, Wasseraufnahme und Montmorillonit­ baubeschädigung),
gehalt. • Beanspruchung durch Bauverkehr (Spurrinnen­
bildung),
Für die Wasserdurchlässigkeit bei Dichtungsbah­
nen ist das Höchstquantil maßgebend. • Einfluss der Baustellenbedingungen auf Verhal­
ten und Dauerhaftigkeit des Produktes.

Die Behandlung der Produkteinheiten (Rollen oder


Pakete) auf der Baustelle muss den Anweisungen
24

des Herstellers entsprechen und es ist zu sichern, Der Auftraggeber sollte sich durch örtliche
dass Beschädigungen des Produktes, z. B. durch Begehung und Kontrolle der Prüfzeugnisse
Abschürfen, Schlitzen, Einkerben oder Zerreißen, laufend von der ordnungsgemäßen Durchführung
vermieden werden. Derart beschädigte Produkte der Eigenüberwachungsprüfungen überzeugen.
dürfen nicht eingebaut werden.
Es ist hilfreich, sich bei Vertragsabschluss Muster­
Die Produkte müssen entsprechend den Hersteller- proben des vereinbarten Produktes aushändigen
angaben gelagert werden. Längere Bewitterung ist zu lassen, um einen schnellen optischen Vergleich
unbedingt zu vermeiden. Bei längerer Lagerung mit den gelieferten Produkten bzw. den Rückstell­
sind die Produkte in der Originalverpackung des proben durchzuführen.
Herstellers zu belassen.
Die Probenahme sowie die Prüfungen, die auf der
Generell gilt, dass vom Auftragnehmer und stich- Baustelle erfolgen, führt der Auftraggeber in An­
probenartig vom Auftraggeber während des Ein­ wesenheit des Auftragnehmers durch. Es kann
baus überprüft werden muss, ob der Einbau mit zweckmäßig sein, die Kontrollprüfungen gleichzei­
dem Entwurf gemäß den Planunterlagen und der tig mit den Eigenüberwachungsprüfungen durch­
Baubeschreibung übereinstimmt, d. h., dass zuführen. Wie bei den Baustoffeingangsprüfungen
• das Produkt so verlegt wird, wie es in den Plan- wird auch bei den Kontrollprüfungen das 5%-
unterlagen dargestellt oder in der Baubeschrei­ Quantil des festgelegten Anforderungswertes
bung vorgegeben ist (z. B. in einem Einbau­ überprüft. Die erforderlichen Prüfungen werden
plan), vom Auftraggeber festgelegt. Es sollten die Prü­
fungen vorgesehen werden, mit denen die Iden­
• das Produkt mit seiner Herstellrichtung (MD, tität und die Mindesteigenschaften festgestellt
machine direction) entsprechend der Planung werden.
verlegt wird,
Die ZTV E-StB enthalten im Anhang 3 Vorschläge
• die Überlappung der Bahnen ausreichend ist, für den Umfang der Kontrollprüfungen in Abhän­
gigkeit von Funktion und Material, die in Tabelle 4
• die Richtung der Überlappung korrekt ist,
(Geotextilien und geotextilverwandte Produkte)
• dort, wo erforderlich, die Verbindungen oder und in Tabelle 5 (Dichtungsbahnen) korrigiert wie­
Nähte hergestellt werden, dergegeben sind.

• das Produkt mit der richtigen Seite nach oben Werden die festgelegten Anforderungswerte nicht
bzw. zum Bauwerk verlegt wird. erfüllt, muss die gesamte Lieferung abgelehnt und
durch vertragsgemäßes Material ersetzen werden.
Produkte, deren technische Eigenschaften durch
Wasser beeinträchtigt werden können, sind unter
trockenen Bedingungen einzubauen. Produkte, die 1. Beispiel für die Bewertung von
durch Frost geschädigt werden können, müssen Prüfergebnissen einer Kontrollprüfung
bei frostfreiem Wetter verlegt werden.
Gefordert ist ein Produkt mit einer Kurzzeitzug­
festigkeit von ≥ 47,5 kN/m.
3.5 Kontrollprüfungen
Das angebotene Produkt hat gemäß Herstelleranga­
Kontrollprüfungen sind Prüfungen des Auftrag­ ben einen Mittelwert der Kurzzeitfestigkeit von
gebers, um festzustellen, ob die Güteeigenschaf­ 50 kN/m bei einer Produktionsabweichung (Tole­
ten der Geokunststoffe und der fertigen Leistung ranz) von 2,5 kN/m. Der charakteristische Wert der
den vertraglichen Anforderungen entsprechen. Die Kurzzeitfestigkeit FB, k0 beträgt also 47,5 kN/m, die
Ergebnisse der Kontrollprüfungen werden der Ab­ Anforderung gemäß Ausschreibung ist damit genau
nahme zugrunde gelegt. Kontrollprüfungen sind erfüllt.
unabdingbar, wenn die Entscheidung über die Ab­
nahme auf der Basis von materiellen Prüfungen Anmerkung: Die Produktionsabweichung wird vom
und nicht alleine auf der Grundlage von Verpa­ Hersteller im Rahmen der Konformi­
ckungsetikett, CE-Etikett oder Produktbeschrei­ tätsbewertung bestimmt. Durch Rück­
bung erfolgen soll. rechnung (Division des angegebenen
25

Funktion
Eigenschaft Prüfverfahren
Trennen Filtern Entwässern Bewehren Schützen
Masse pro Flächeneinheit DIN EN ISO 9864 + + + + +
Dicke DIN EN ISO 9863-1 und -2 --­ + + --­ +
Höchstzugkraft 1) und Höchstzugkraftdehnung DIN EN ISO 10319 + + + + +
Zugfestigkeit der Nähte und Verbindungen DIN EN ISO 10321 --­ --­ --­ x --­
Durchdrückwiderstand 1), 2) DIN EN ISO 12236 + + --­ --­ +
Charakteristische Öffnungsweite DIN EN ISO 12956 + + --­ --­ --­
Wasserdurchlässigkeit normal zur Ebene DIN 60500-4, DIN EN ISO 11058 + + --­ --­ --­
Abflussleistung DIN EN ISO 12958 --­ --­ + --­ --­
+: Prüfung erforderlich/---: nicht erforderlich
x: erforderlich, wenn Verbindungen in Zugrichtung vorgesehen sind
1) Wenn Zugfestigkeit und Durchdrückverhalten mit + angegeben sind, genügt anwendungsbezogen die maßgebende Festigkeitsprüfung für die
Bestimmung der Geotextilrobustheitsklasse (Zugfestigkeitprüfung bei Geweben und Verbundstoffen, Stempeldurchdrückkraftprüfung bei Vlies­
stoffen)
2) Diese Prüfung kann nicht bei allen Produkten angewendet werden

Tab. 4: Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Umfang der Prüfungen bei Kontrollprüfungen

Typen Prüfnormen
Eigenschaft
KDB GTD KDB GTD
Dicke + --­ DIN EN 1849-2 --­
Flächenbezogene Masse + + DIN EN 1849-2 DIN EN 14196
Schmelzindex (MFR) + --­ DIN EN ISO 1133 --­
Dichte + --­ DIN EN ISO 1183 --­
Wasserdurchlässigkeit (Dichtheit gegen Flüssigkeiten) N + DIN EN 14150 ASTM D 5887
Quellvermögen --­ + --­ ASTM D 5890
Zugfestigkeit und Höchstzugkraftdehnung + + DIN EN ISO 527-1, -3 1) DIN EN ISO 10319
Durchdrückwiderstand + + DIN EN ISO 12236 DIN EN ISO 12236
Weiterreißfestigkeit + --­ DIN ISO 34-1, Methode B 2) --­
Wasseraufnahme (Enslin-Neff) --­ + --­ DIN 18132
KDB: Kunststoffdichtungsbahn, GTD: Tondichtungsbahn
+: Prüfung erforderlich/ ---: Prüfung nicht erforderlich
1) Messprobe Typ 5A, 100 mm/min
2) Winkelmessprobe ohne Kerbe

Tab. 5: Dichtungsbahnen – Umfang der Prüfungen bei Kontrollprüfungen

Toleranzwertes durch den Annahme- als der Anforderungswert ⇒ Zurück­


faktor) kann die Standardabweichung s weisung der gesamten Lieferung!
dieser Prüfergebnisse bestimmt wer­
den. oder: Überprüfung einer weiteren Probe und
anschließende statistische Auswertung:
Die Standardabweichung s beträgt im
Beispielfall also: drittes Prüfergebnis: 53 kN/m ⇒ z =
x – 1,645 · s; z = 44,5 kN/m
2,5 kN/m : 1,645 = 1,52 kN/m.
Forderung an die Prüfgröße z gemäß ZTV
1. Fall: 2 Proben E-StB:
Beispiel A: Prüfergebnisse: 47,5 kN/m und 50
z ≥ Mindestquantil TM; TM = 47,5 kN/m ⇒
kN/m: Beide Prüfergebnisse sind grö­
Zurückweisung!
ßer als der bauvertraglich vereinbarte
Anforderungswert ⇒ Annahme!
Beispiel B: Prüfergebnisse: 46,5 kN/m und
50 kN/m: Ein Prüfergebnis ist kleiner
26

2. Fall: 5 Proben Geokunststoffe gemäß den Anforderungen


des Bauvertrages beim Auftraggeber.
Beispiele A bis C für fiktive Prüfwerte an jeweils 5
Proben: • Empfohlen:

Beispiel A Beispiel B Beispiel C - Vorlage der werkseigenen Produktions­


48,0 47,0 50,0
kontrolle,

50,0 54,0 56,0 - Nachfrage nach Musterprobe,


Prüfwerte
50,0 54,0 58,0
[kN/m] - bei freiwilliger Überwachung: Nachfrage
50,5 54,0 51,0
nach dem Produktzertifikat.
51,0 54,0 50,0

Mittelwert 49,9 52,6 53,0 • Eigenüberwachungsprüfungen:


Standard­
1,1 3,1 3,7
abweichung • Bestätigung der Produktidentität:
48,0 ⇒ 47,5 ⇒ 46,8 ⇒
z = x – 1,645 · s - Überprüfung der Übereinstimmung zwi­
Annahme! Annahme! Zurückweisung!
schen Verpackungsetikett, CE-Etikett und
der auf dem Produkt angebrachten Kenn­
Im Fall A sind alle Prüfwerte größer als der gefor­ zeichnung.
derte Wert von 47,5 kN/m, im Fall B ist ein Prüfwert
kleiner. Die Forderung z ≥ 47,5 kN/m ist jedoch in • Überprüfung der Produkteigenschaften bei
beiden Fällen erfüllt, die Lieferung ist also anzu­ jeder Lieferung:
nehmen.
- Vergleich von CE-Etikett und der Produkt­
Obwohl im Fall C alle Prüfwerte oberhalb des vom beschreibung nach TL Geok E-StB,
Herstellers angegebenen Mittelwertes von 50 kN/m
liegen und somit sogar höher als der geforderte - Überprüfung der Angaben der Produktbe­
Wert von 47,5 kN/m sind, ist das Annahmekriterium schreibung mit den vertraglich vereinbar­
gemäß ZTV E-StB nicht erfüllt, da die Prüfgröße z ten Anforderungen.
kleiner als das geforderte Mindestquantil TM ist!
• Baustoffeingangsprüfung:
Grund hierfür ist die hohe Standardabweichung der
Prüfwerte. - Probenahme mit Anfertigung eines Proto­
kolls, dem CE-Etikett und Verpackungs­
etikett beizufügen sind. Das Protokoll ist
vom Auftragnehmer und dem Probeneh­
4 Zusammenfassung der erforder­ mer zu unterzeichnen,
lichen Schritte nach Zuständigkeit
- Durchführung der Prüfungen in Abhängig­
In den vorangegangen Kapiteln des Beitrages sind keit von der Funktion des Produktes und
sehr viele Informationen enthalten. Um einen den Sicherheitsanforderungen. Bewer­
Überblick über die tatsächlichen Aufgaben von tung der Prüfergebnisse abhängig von
Auftragnehmer und Auftraggeber in den einzelnen deren Anzahl; statistische Auswertung bei
Phasen des Bauablaufes zu geben, werden nach­ 5 oder mehr Prüfergebnissen,
folgend die einzelnen erforderlichen Schritte stich­
punktartig aufgeführt. Detaillierte Hinweise zur ein­ - falls das Produkt einer freiwilligen Über­
fachen und sicheren Durchführung aller Schritte wachung unterliegt: BEP entfällt; Anforde­
enthalten die Checklisten im M Geok E. rung des Produktzertifikates,

- Entnahme von Rückstellproben für die


Aufgaben des Auftragnehmers Durchführung der Kontrollprüfungen
durch den Auftraggeber.
• Eignungsprüfung:
• Nachweis der Einhaltung der Anforderungen
• Vorlage der Produktbeschreibung nach TL an die Behandlung der Produkte auf der Bau­
Geok E-StB zum Nachweis der Eignung der stelle und an den Einbau:
27

- Prüfung in Abhängigkeit von der Funktion Literatur


des Produktes,
DIN EN ISO 10320: Geotextilien und geotextilver­
- empfohlen: Durchführung der Baustellen­
wandte Produkte – Identifikation auf der Bau­
behandlung und Einbaukontrolle gemäß
stelle
Checklisten des M Geok E.
DIN EN 13249: Geotextilien und geotextilverwand­
Alle mitgelieferten Dokumente (Verpackungsetikett,
te Produkte – Geforderte Eigenschaften für die
CE-Etikett, CE-Begleitdokument, Produktbeschrei­
Anwendung beim Bau von Straßen und sonsti­
bung, Produktzertifikat) sind zu archivieren.
gen Verkehrsflächen

DIN EN 15382: Geosynthetische Dichtungsbahnen


Aufgaben des Auftraggebers – Eigenschaften, die für die Anwendung in Ver­
• Kontrolle der Eignungsprüfung des Auftragneh­ kehrsbauten erforderlich sind
mers: DIN-Fachbericht CEN/TR 15019: Geotextilien und
• Kontrolle der vom Auftragnehmer vorgeleg­ geotextilverwandte Produkte – Baustellenkon­
ten Produktbeschreibung mit den bauver­ trolle; Deutsche Fassung DEN/TR 15019:2005
traglich geforderten Eigenschaften des Pro­ Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrs­
duktes. wesen (2005): Merkblatt über die Anwendung
• Empfohlen: von Geokunststoffen im Erdbau des Straßen­
baues (M Geok E 05) mit Checklisten (C Geok
- Vorlage der Prüfberichte zur WPK, E 05), FGSV-Verlag GmbH, Köln

- falls das Produkt einer freiwilligen Über­ Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrs­
wachung unterliegt: Vorlage des Produkt­ wesen (2005): Technische Lieferbedingungen
zertifikates, für Geokunststoffe im Erdbau des Straßenbaues
(TL Geok E-StB 05), FGSV-Verlag GmbH, Köln
- Nachfrage nach einer Musterprobe zum
späteren einfacheren Vergleich mit dem Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrs­
gelieferten Produkt. wesen (2007): Zusätzliche technische Vertrags­
bedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im
• Kontrolle der Eigenüberwachungsprüfungen
Straßenbau (ZTV E-StB 07), FGSV-Verlag
des Auftragnehmers:
GmbH, Köln
• Laufende Kontrolle der vom Auftragnehmer
MÜLLER-ROCHHOLZ, J. (Hrsg.) (2005): Geo­
durchgeführten Nachweise und Prüfungen.
kunststoffe im Erd- und Straßenbau, Werner
• Örtliche Begehung zur Kontrolle der Einbau­ Verlag, München
bedingungen und der Behandlung der Pro­
dukte.

• Empfohlen: Vergleich des gelieferten Pro­


duktes mit der Musterprobe.

• Mitteilung der für Kontrollprüfungen erforder­


lichen Probenmenge an den Auftragnehmer.

• Durchführung der Kontrollprüfungen, Umfang


gemäß ZTV E-StB:

• Falls das Produkt keiner freiwilligen Überwa­


chung unterliegt: Ggf. gemeinsame Durch­
führung von Baustoffeingangs- und Kontroll­
prüfungen.
28

BDir Dipl.-Ing. Gernot Rodehack Aufgrund der europäischen Normung von Baupro­
Autobahndirektion Südbayern, dukten betrafen die Änderungen auch die Prüfun­
Kempten gen der Baustoffe und der fertigen Leistung. Da­
durch wurde es erforderlich, in den RAP Stra die
Prüfungsarten der betroffenen Fachgebiete anzu­
passen. Zudem bestand der Wunsch, mit den Geo­
Neuerungen in den RAP Stra 2010 kunststoffen für den Erdbau und den Betondecken­
bau ein neues Fachgebiet in die RAP Stra aufzu­
nehmen. Daher wurde im Herbst 2008 in der FGSV
Einleitung eine Ad-hoc-Gruppe zur Überarbeitung der RAP
Stra gebildet. Die Ausgabe 2010 der RAP Stra
Seit der Veröffentlichung der Richtlinien für die An­ wurde inzwischen veröffentlicht und vom BMVBS
erkennung von Prüfstellen für Baustoffgemische bekannt gemacht. Die Änderungen gegenüber den
und Baustoffe im Straßenbau, Ausgabe 2004 (RAP RAP Stra 04 werden nachfolgend dargestellt.
Stra 04) wurden mit den

• zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen


und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflä­
Präambel
chenbefestigungen aus Asphalt (ZTV Asphalt- Die RAP Stra können nur die Grundlagen und die
StB 07), Durchführung des Anerkennungsverfahrens regeln.
• Technischen Lieferbedingungen für Asphalt- Daher werden die Grundsätze für die Anerkennung
mischgut für den Bau von Verkehrsflächenbe­ im Gegensatz zur bisherigen Praxis in der Ausgabe
festigungen (TL Asphalt-StB 07), 2010 zentral in einer vorangestellten Präambel be­
schrieben. Diese Grundsätze sind:
• zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen
und Richtlinien für den Bau von Tragschichten • Prüfstellen nach RAP Stra führen bauvertrag­
mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahn- liche Prüfungen im Straßenbau durch.
decken aus Beton (ZTV Beton-StB 07),
• Grundlage sind in der Regel die einschlägigen
• Technischen Lieferbedingungen für Baustoffe Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingun­
und Baustoffgemische für Tragschichten mit hy­ gen.
draulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken
aus Beton (TL Beton-StB 07), • Eine nach RAP Stra anerkannte Prüfstelle muss
sich durch fachliche Kompetenz, Unabhängig­
• zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen
keit, Zuverlässigkeit, Sorgfalt und Neutralität
und Richtlinien zur Herstellung von Pflaster-
auszeichnen. Sie muss kurzfristig verfügbar sein
decken, Plattenbelägen und Einfassungen (ZTV
und regionale Besonderheiten berücksichtigen
Pflaster-StB 06),
können.
• Technischen Lieferbedingungen für Bauproduk­
te zur Herstellung von Pflasterdecken, Platten­ • Die Anerkennung nach RAP Stra sollte aufgege­
belägen und Einfassungen (TL Pflaster-StB 06), ben werden, wenn die genannten Vorausset­
zungen nicht mehr vorliegen.
• zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen
und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau • Die von der Prüfstelle ermittelten Ergebnisse
(ZTV E-StB 09), müssen insbesondere von finanziellen Interes­
sen unabhängig sein und dürfen keiner Einfluss­
• Technischen Lieferbedingungen für Böden und nahme durch die Geschäftsführung der Prüfstel­
Baustoffgemische im Erdbau des Straßenbaues le, einer übergeordneten Unternehmung oder
(TL BuB E-StB 09), Institution unterliegen.
• Technischen Lieferbedingungen für Geokunst­
• Für die Durchführung und Bewertung der Prü­
stoffe im Erdbau des Straßenbaues (TL Geok
fungen ist ausreichend Zeit vorzusehen. Um­
E-StB)
satzsteigerungen durch unnötigen Prüfaufwand,
eine Reihe der Anerkennung zugrunde liegender Akkordleistungen der Mitarbeiter und Ähnliches
Regelwerke geändert. sind nicht zulässig.
29

• Erkennt die Prüfstelle bei einzelnen Prüfaufträ­ Im Prüfbericht sind die den Prüfungen zugrunde lie­
gen, dass Zweifel an ihrer Unabhängigkeit be­ genden Normen und technischen Prüfvorschriften
stehen könnten, sollte sie sich gegenüber ihrem anzugeben. Wurde bei der Prüfung von Normen
Auftraggeber für befangen erklären. abgewichen, muss dies wie bisher begründet wer­
den.
Fachgebiete In Einzelfällen kann es notwendig werden, dass
einzelne Prüfungen an andere Prüfstellen weiter
Gegenüber den RAP Stra 04 wurde neben dem be­
vergeben werden. In diesem Fall ist die Prüfstelle,
reits erwähnten neuen Fachgebiet K „Geokunst­
die die Prüfung durchgeführt hat, anzugeben und
stoffe im Erdbau und Betondeckenbau” auch ein ei­
die dabei erzielten Prüfergebnisse sind in den Prüf­
genes Fachgebiet F „Oberflächenbehandlungen
bericht zu übernehmen.
auf Dünnen Asphaltdeckschichten in Kaltbauweise”
eingeführt. Die Trennung von den übrigen im Fach­
gebiet G zusammengefassten Asphaltbauweisen Verfahren der Anerkennung
erfolgte, da bei den Bauweisen Oberflächenbe­
handlungen und DSK bis auf weiteres auch weiter­ Aufgrund der strukturellen Änderungen sowohl bei
hin eine Güteüberwachung mit Fremdüberwachung den Bauverwaltungen als auch auf Seiten der Bau­
durchgeführt wird. Eine weitere Veränderung wurde industrie wurde die Zusammensetzung der Kom­
im Fachgebiet H vorgenommen, in dem die bisheri­ mission geändert. Bestand sie bisher verbindlich
ge Einschränkung „außer Beton” gestrichen wurde. aus je einem Vertreter der BASt und der anerken­
Der Anwendungsbereich der RAP Stra umfasst nenden Behörde sowie optional aus je einem Ver­
somit zukünftig alle hydraulisch gebundenen treter einer Prüfstelle der Straßenbauverwaltung,
Schichten einschließlich der Fahrbahndecken aus einer nach RAP Stra anerkannten Prüfstelle
Beton. und/oder einer anerkannte Prüfstelle der Straßen­
bauwirtschaft bzw. der Baustoffindustrie, wird die
Kommission zukünftig aus je einem Vertreter der
Fachlicher Leiter anerkennenden Landesbehörde, der BASt und
In den RAP Stra 04 wurde die Möglichkeit eröffnet, einer Prüfstelle der Straßenbaubehörde oder einer
für Fachgebiete, in denen der Leiter der Prüfstelle nach RAP Stra anerkannten Prüfstelle bestehen.
nicht ausreichend kompetent ist, einen Fachlichen
Um ein bundesweit einheitliches Anerkennungs­
Leiter zu benennen. Aufgrund immer wieder auf­
niveau sicherzustellen, ist die BASt am Anerken­
kommender Fragen musste jedoch festgestellt wer­
nungsverfahren zu beteiligen. Auf ihre Beteiligung
den, dass die gestellten Anforderungen nicht klar
ist nunmehr in der auszustellenden Anerkennungs­
genug formuliert waren. Daher enthalten die RAP
bescheinigung hinzuweisen.
Stra 10 nun einen eigenen Abschnitt zum Thema
Fachlicher Leiter. Dieser stellt klar, dass ein Fach­ Präzisiert wurden die für das Anerkennungsverfah­
licher Leiter grundsätzlich dieselben Anforderungen ren geforderten Unterlagen, da auch hier die bishe­
wie der Stellvertreter des Prüfstellenleiters erfüllen rigen Formulierungen immer wieder zu Unsicher­
muss. Im Gegensatz zu diesem muss er jedoch heiten führten.
seine Tätigkeit hauptberuflich ausüben und kann
dies zudem nur an einer Prüfstelle tun. In vielen Bundesländern war es auch bisher schon
üblich, die Anerkennung für erstmals beantragte
Fachgebiete zunächst nur befristet für zwei Jahre
Prüfberichte und erst danach die Anerkennung auf Antrag unbe­
Auch zum Thema Prüfberichte wurden Ergänzun­ fristet auszusprechen. Diese Praxis ist nunmehr in
gen und Klarstellungen vorgenommen. Waren bis­ den RAP Stra 10 fixiert worden.
her nur der Leiter der Prüfstelle und sein Vertreter
berechtigt, den Prüfbericht zu unterschreiben, darf Pflichten der Prüfstelle
nun entsprechend der Klarstellung der Anforderun­
gen an den Fachlichen Leiter auch dieser in Vertre­ Die RAP Stra 04 forderten auch bisher schon im
tung für sein Fachgebiet unterschreiben. Der Prüf­ Abschnitt „Prüfbericht“, dass im Prüfbericht auf die
bericht ist nach wie vor handschriftlich zu unter­ Anerkennung nach RAP Stra hinzuweisen ist. Es
schreiben, digitale Signaturen sind nicht zulässig. handelt sich somit um eine Pflicht der anerkann­
30

ten Prüfstelle. Dementsprechend wurde auch in folgt, über deren Durchführung und ihr Ergebnis ein
diesem Abschnitt eingefügt, dass, wenn auf die An­ Bericht angefertigt wird.
erkennung nach RAP Stra hingewiesen wird, die
Kennungen aller anerkannten Fachgebiete und
Prüfungsarten (z. B. G3) angegeben werden müs­ Rücknahme der Anerkennung
sen.
Die Regelungen wurden lediglich in einen eigenen
Trotz eindeutiger Regelung der RAP Stra beklagten Abschnitt gefasst. Sie enthalten gegenüber den
die anerkennenden Behörden immer wieder, dass RAP Stra 04 keine Änderungen.
Veränderungen in den Prüfstellen oft nur mit großer
zeitlicher Verzögerung gemeldet werden. Quasi als
Gedankenstütze werden die Prüfstellen durch die Kosten
RAP Stra 10 nunmehr verpflichtet, jährlich zum
31.12. eine Erklärung zur Bestätigung der Anerken­ Wie bereits erwähnt, wurde dieser Abschnitt aus
nungsvoraussetzungen vorzulegen. Gründen der Transparenz eingefügt. Die Regelung
der Kostentragung selbst ist unverändert geblie­
ben. Wie bisher haben die Prüfstellen alle Kosten,
die sich aus dem Anerkennungsverfahren, den Ver­
Überprüfung, Fortschreibung und gleichsuntersuchungen, der Fortschreibung und
Rücknahme der Anerkennung der Überprüfung ergeben, auf der Basis des nach­
gewiesenen Aufwandes zu tragen.
Der Abschnitt 8 der RAP Stra 04 „Überwachung der
Prüfstelle, Fortschreibung und Rücknahme der An­
erkennung” wurde neu gegliedert. Jeder der bisher
Bekanntgabe der anerkannten Prüf­
in diesem Abschnitt angesprochenen Punkte wird in
stellen
den RAP Stra 10 in einem eigenen Abschnitt be­
handelt. Zur transparenten Darstellung der Kosten­ Auch dieser Abschnitt wurde aus Gründen einer
regelung, die bisher etwas versteckt ebenfalls in klareren Gliederung neu in die RAP Stra 10 aufge­
diesem Abschnitt enthalten war, wurde zudem der nommen. Die RAP Stra 04 enthielten im Abschnitt 6
neue Abschnitt „Kosten” eingefügt. „Erteilung der Anerkennung” nur die Verpflichtung
zur Führung einer Liste, in der alle Angaben zu Art
und Umfang der Anerkennung aufzunehmen
Fortschreibung der Anerkennung waren. Da eine Listenführung ohne Bekanntgabe
dieser Liste wenig sinnvoll ist, wurde der Abschnitt
Der neue eigene Abschnitt für die Fortschreibung um den – auch in den jeweiligen Technischen Lie­
der Anerkennung ist deutlicher gefasst als bisher, ferbedingungen, Teil: Gütesicherung, enthaltenen –
da nun klar formuliert ist, dass eine neue Beschei­ Passus, dass die anerkannten Prüfstellen von der
nigung über die Anerkennung der Prüfstelle bei Än­ anerkennenden Landesbehörde bekannt gegeben
derung von Prüfungsarten oder bei personellen werden, erweitert.
Veränderungen ausgestellt wird. Wie bisher erfolgt
die Erteilung einer neuen Anerkennungsbescheini­
gung nach Überprüfung der Anerkennungsvoraus­
setzungen ggf. unter Hinzuziehung der RAP-Stra- Zusammenfassung
Kommission.
Ausgelöst durch die aufgrund der europäischen
Normung von Bauprodukten erforderliche Anpas­
Überprüfung der Prüfstellen sung der Prüfungsarten in den verschiedenen
Fachgebieten wurden die RAP Stra insgesamt
Auch bisher schon konnte die anerkennende Lan­ überarbeitet und klarer gegliedert. Dadurch werden
desbehörde die Einhaltung aller Pflichten durch die das Anerkennungsverfahren und die Anforderun­
Prüfstelle jederzeit überprüfen. Neu ist jedoch, dass gen transparenter dargestellt.
zur Qualitätssicherung bei den Prüfstellen mindes­
tens alle fünf Jahre eine Örtliche Überprüfung ggf.
unter Hinzuziehung der RAP-Stra-Kommission er­
31

Diskussion
Frage:
Wie wird in anderen Bundesländern mit der Aus­
dehnung der Anerkennungen auf ihren Zuständig­
keitsbereich umgegangen?

Herr Rodehack:
Das Anerkennungsverfahren beruht auf privatrecht­
licher Grundlage. In Bayern besteht die Regelung,
dass die Anerkennungen von Prüfstellen der an­
grenzenden Bundesländer auf Bayern ausgedehnt
werden.

Frage:
Gibt es eine Liste der Prüfverfahren und der Gerä­
te?

Herr Rodehack:
Eine Liste der auszuführenden Prüfverfahren wird
auf der Internetseite der BASt veröffentlicht. Aus
den genannten Prüfvorschriften ergeben sich die
Geräteliste und die Notwendigkeit von Kalibrierun­
gen entsprechend.

Frage:
Welche Bedeutung hat die Präambel?

Herr Rodehack:
Die Präambel stellt ein Appell an die Prüfstellen dar.
Die Einhaltung der Forderungen kann nicht detek­
tivisch geprüft werden. Beispielsweise Prüfstellen,
die die Eignungsprüfung durchführen, können nicht
für das gleiche Produkt auch die Kontrollprüfungen
machen.

Anmerkung
Die „Liste” der auszuführenden Prüfverfahren als
Grundlage für die Anerkennung als Prüfstelle nach
RAP Stra 10 ist auf www.bast.de unter: Qualitäts
bewertung/Anerkennung/Straßenbau veröffentlicht.
32

Dipl.-Geol. Michael Bürger stehenden Entwässerungsleitungs- bzw. Kanalnet­


Bundesanstalt für Straßenwesen zes langfristig zu gewährleisten ist. Hierbei spielt
Bergisch Gladbach die Dichtheit der Rohrleitungen aus Gründen des
Boden- und Grundwasserschutzes eine wichtige
Rolle. Im Regelwerk der Straßenentwässerung
wurde die Thematik der Kanalsanierung bislang
Aktueller Stand der Über­ nicht aufgegriffen. Daher wird beabsichtigt, Verwei­
arbeitung von ZTV Ew-StB 91/ se auf bestehendes Regelwerk zur Kanalsanierung
RiStWag/RAS-Ew im Kapitel 7 „Rohrleitungen” der ZTV Ew aufzuneh­
men und den Geltungsbereich um die ATV DIN
18326 „Kanalrenovierungsarbeiten“, die derzeit
1 Einleitung noch als Entwurf vorliegt, zu erweitern.

Derzeit befinden sich einige bedeutende Regelwer­


2.2 Sickeranlagen
ke zur Straßenentwässerung in bzw. kurz vor der
Überarbeitung. Hiervon betroffen sind die ZTV Das Thema Sickeranlagen mit den Sickersträngen
Ew-StB 91, die RiStWag und die RAS-Ew (siehe und Sicker- und Filterschichten betrifft die Straßen­
Tabelle 1). Die Arbeiten zu den ZTV Ew und den entwässerung und den Erdbau und wird daher so­
RiStWag sind fast abgeschlossen, sodass diese wohl in den ZTV Ew als auch in den ZTV E gere­
Regelwerke zeitnah den zugehörigen Arbeitsaus­ gelt. Neben diesen Regelungen enthalten die ZTV
schüssen zur Prüfung vorgelegt werden können. Zu Ew auch konkrete Regelungen zur Planums-, Bö­
den RAS-Ew wurde zwischenzeitlich Überarbei­ schungs- und Tiefensickerschicht sowie zur Sicker­
tungsbedarf festgestellt (s. a. Kapitel 4). Die Über­ stützscheibe. Neu aufgenommen wurden in den
arbeitung soll voraussichtlich noch Ende 2010 be­ ZTV Ew Regelungen zu Sickergräben. Ob auch
ginnen. langfristig die „Doppelregelung” in den ZTV Ew/ZTV
E bestehen bleiben soll, ist derzeit noch unklar.
Nachfolgend werden einige ausgewählte Änderun­
gen, die sich im Zuge der Regelwerksüberarbeitung
2.3 Bauwerke für die Behandlung des
in den ZTV Ew und den RiStWag ergeben haben,
Wassers
vorgestellt sowie der Überarbeitungsbedarf zu den
RAS-Ew skizziert. In Anlehnung an die Regelungen in den RAS-Ew
wurde ein Abschnitt „Bodenfilter” in die ZTV Ew auf­
genommen. Bauvertraglich relevante Anforderun­
2 Änderungen in den ZTV Ew gen sind die Vorlage von Schweißprotokollen bei
Verwendung von Kunststoffdichtungsbahnen zur
2.1 Kanalsanierung Abdichtung des Beckens zum Untergrund. Des
Weiteren ist beim Einbau des Bodenfilters die ge­
In den letzten Jahren hat die Kanalsanierung, ins­
forderte Filterdurchlässigkeit zu gewährleisten.
besondere im kommunalen Bereich, zunehmend
an Bedeutung gewonnen, da die Funktion des be-

3 Änderungen in den RiStWag


RiStWag RAS-Ew
ZTV Ew-StB 91
(Ausgabe 2002) (Ausgabe 2005)
3.1 Schutzwirkung der
nicht aktiv Grundwasserüberdeckung
Bearbeitung aktiv aktiv
(in Vorbereitung)

Beginn April 2009 März 2007


voraussichtl. Zu diesem Thema wurde neben textlichen Verän­
Ende 2010
derungen und Ergänzungen auch die Tabelle 2 der
Ende
~ Ende 2010 ~ Ende 2010 -­ RiStWag modifiziert (Tabelle 2).
(geplant)
AK 5.5.1
AK 5.2.1 Bislang wurden ganz allgemein schwach durchläs­
Arbeitskreis „Straßen in
„ZTV -­ sige Schichten mit Durchlässigkeitsbeiwerten
(AK) Wasser­
Entwässerung“
schutzgebieten“ kf < 1 · 10-6 m/s hinsichtlich ihrer Schutzwirkung auf
Tab. 1: Überblick zum Bearbeitungsstand der einzelnen Regel- das Grundwasser betrachtet. Für diese Schichten
werke konnte beispielsweise eine große Schutzwirkung
33

der grundwasserüberdeckenden Schichten nur bei Die Ergänzung der Zeile für kf > 1 · 10-3 m/s hat nur
Schichtmächtigkeiten von > 4 m erreicht werden. formale Gründe, um das gesamte Durchlässigkeits­
Eine weitere Differenzierung der schwach durchläs­ spektrum zu berücksichtigen.
sigen Schichten mit Durchlässigkeitsbeiwerten
kf < 1 · 10-7 m/s erfolgte nicht. Damit wurde die Die Angabe von Spannen für die Schutzwirkung,
Schutzwirkung dieser Schichten (kf < 1 · 10-7 m/s) wie z. B. „mittel bis groß“, ist für die Praxis nicht ein­
nicht angemessen eingeschätzt. Dies soll nun mit deutig und wurde deshalb präzisiert.
der Ergänzung in der Tabelle ermöglicht werden.

Der bisher in der Tabelle angegebene sehr kleine 3.2 Einstufung von
Durchlässigkeitsbereich 1 · 10-4 m/s bis 5 · 10-4 m/s Entwässerungsmaßnahmen in Zone III
wird nicht mehr separat aufgeführt.
In der weiteren Schutzzone (Zone III, III A, III B) für
Grundwasser hängt die Art der in den einzelnen
Durchlässigkeit Mächtigkeit Schutzwirkung
Schutzzonen zu wählenden Entwässerungsmaß­
>2m groß
nahmen von der Verkehrsmenge (DTV) und der
kf < 1 . 10-7 m/s 1–2m mittel Schutzwirkung der nach der Baumaßnahme ver­
<1m gering bleibenden Grundwasserüberdeckung ab. Bisher
>4m groß erfolgte die Einstufung von Entwässerungsmaß­
kf < 1 · 10-6 m/s
nahmen in vier Stufen (Bild 1).
bis 2–4m mittel
1 . 10-7 m/s
<2m gering Die Stufe 1 (Boden) und Stufe 2 (Boden/Technik)
>8m groß unterscheiden sich dadurch, dass bei Stufe 1 Ver­
kf < 1 · 10-4 m/s
sickerbecken ohne vorgeschaltetes Absetzbecken
bis 4–8m mittel
ausgeführt werden können, während bei Stufe 2
1 · 10-6 m/s
<4m gering Versickerbecken nur mit vorgeschaltetem Absetz­
kf 1 · 10-3 m/s
> 15 m groß becken zulässig sind. Nach den gültigen RAS-Ew
bis 5 – 15 m mittel sind Absetzbecken grundsätzlich vor Versicker­
1 · 10-4 m/s becken anzuordnen. Damit entfällt der Unterschied
<5m gering
zwischen Stufe 1 und 2 mit der Folge, dass beide
kf > 1 · 10-3 m/s --­ gering
Stufen zusammengefasst werden können und nun­
Tab. 2: Schutzwirkung der Grundwasserüberdeckung in Ab­ mehr nur noch drei Stufen zu unterscheiden sind
hängigkeit von Durchlässigkeit und Mächtigkeit (Bild 1).

Bild 1: Änderungen zur Einstufung von Entwässerungsmaßnahmen


34

3.3 Behandlung des Beckens über die Beckenbreite soll daher die Sohle
Straßenoberflächenwassers der Zuflussleitung in der letzten Haltung um ihren
halben Durchmesser tiefer gelegt werden als der
Bislang wurde in den RiStWag der Begriff „Ab­
Dauerwasserspiegel in der RiStWag-Anlage. Durch
scheideanlagen” verwendet. Zukünftig soll stattdes­
den Einstau des halben Rohrdurchmessers wird
sen der Begriff „Absetzanlagen mit Leichtstoffrück­
auch gewährleistet, dass Schwimmstoffe nicht im
haltung (RiStWag-Anlagen)” verwendet werden, da
vorgeschalteten Schachtbauwerk des Zulaufes ver­
in der Praxis der Begriff „Abscheideanlagen” oft­
bleiben, sondern in die RiStWag-Anlage abgeführt
mals mit den Abscheideranlagen für Leichtflüssig­
werden.
keiten nach DIN 1999-100 in Zusammenhang ge­
bracht wird, die in anderen Anwendungsbereichen Bei der Ausführung der Beckensohle ist aus funk­
eingesetzt werden. tionalen Gründen ein Sohlgefälle nicht zwingend er­
Bei den baulichen Grundsätzen der RiStWag-Anla­ forderlich. Jedoch muss sichergestellt sein, dass
gen ergeben sich einige Änderungen der Anlagen, die Reinigung problemlos erfolgen kann.
die u. a. auf die gewonnenen Erkenntnisse aus
Vor dem Hintergrund des Klimawandels wird zu­
dem Forschungsprojekt FE 05.134/2003/GGB „Op­
künftig in den Sommermonaten mit länger andau­
timierung von Absetzbecken” beruhen (Bild 2).
ernden Trockenperioden gerechnet. Damit auch in
Zukünftig soll auf einen über dem Dauerwasser­ diesen Fällen beim Absinken des Wasserspiegels
spiegel angeordneten Zulauf sowie auf die erste in der RiStWag-Anlage die hintere, starre Tauch-
Tauchwand (Verteilerwand) verzichtet werden, da wand ihre Funktion der Leichtstoffrückhaltung erfül­
diese unerwünschte Vertikalströmungen bewirken, len kann, ist die Eintauchtiefe vergrößert worden.
die bei großen Zuflüssen zur Remobilisierung und Alternativ können auch schwimmende Tauchwände
zum Austrag von Sedimenten führen. Zur Gewähr­ eingesetzt werden, die von der Größe der Wasser­
leistung einer gleichmäßigen Durchströmung des spiegelschwankungen unabhängig sind.

Bild 2: Bauliche Veränderungen an RiStWag-Anlagen


35

4 Überarbeitungsbedarf zu den
RAS-Ew
Gemäß dem Allgemeinen Rundschreiben Straßen­
bau Nr. 21/2005 wurden die Obersten Straßenbau­
behörden der Länder vom BMVBS aufgefordert, Er­
fahrungen bei der Anwendung der RAS-Ew zu er­
fassen und dem BMVBS bis zum 31. Oktober 2009
mitzuteilen. Dieser Aufforderung sind inzwischen
zahlreiche Bundesländer nachgekommen. Eine
erste Sichtung dieser Erfahrungssammlung lässt Bild 3: Optimierung von Entwässerungsanlagen
einen Diskussions- und Überarbeitungsbedarf ins­
besondere zu nachfolgend ausgewählten Punkten
erkennen: Diskussion
• Bemessungsgrundlagen, insbesondere Größe Herr Nelson:
der Abflüsse von Straßen (siehe Versickerraten),
Wäre es nicht besser, bei der Bewertung der
• Kompatibilität zu konkurrierenden Regelwerken Schutzwirkung der Grundwasserüberdeckung
(z. B. DWA), gemäß Tabelle 2 der RiStWag anstelle der Wasser­
durchlässigkeit die einfacher zu bestimmende
• Handhabung „RAS-Ew-Bemessungshilfen” (CD­ Bodenart zu betrachten?
ROM).
Herr Bürger:
Es ist beabsichtigt, mit der Überarbeitung der
RAS-Ew gegen Ende 2010 zu beginnen. Derartige Überlegungen wurden bereits im Zuge
der Tabellen-Überarbeitung diskutiert. Ein Grund­
Im Zuge dieser Überarbeitung sind auch die ge­ gedanke bei der damaligen Erarbeitung der Tabelle
wonnenen Erkenntnisse aus dem Forschungsvor­ war, dass für den Rückhalt ausgetretener wasser­
haben FE 05.141/2005/GRB „Vergleich der Reini­ gefährdender Stoffe beispielsweise bei einem Un­
gungsleistung von Retentionsbodenfiltern und Ver­ fall sowohl die Sperrwirkung der Grundwasserüber­
sickeranlagen an Bundesfernstraßen” zu berück­ deckung als auch die „Schwammfunktion” des Po­
sichtigen. renraums der ungesättigten Zone von Bedeutung
Über ein Jahr wurden u. a. an zwei stark frequen­ sind und dies durch die Kombination von Durchläs­
tierten Bundesautobahnen die Stoffkonzentrationen sigkeit und Mächtigkeit der Bodenschichten berück­
des Straßenabflusses nach Passage vorgeschalte­ sichtigt wird.
ter Absetzeinrichtungen im Zu- und Ablauf zweier Eine Angabe der Bodenart anstelle der Durchläs­
Retentionsbodenfilter beprobt. Die Ablaufwerte der sigkeit würde hier nicht ausreichen, weil eine Bo­
Retentionsbodenfilter liegen unter den Prüfwerten denart in Abhängigkeit vom Verdichtungsgrad bzw.
der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverord­ von der natürlichen Lagerungsdichte unterschiedli­
nung, sodass nach diesen Prüfwerten eine direkte che Durchlässigkeiten aufweisen kann und somit
Einleitung in das Grundwasser ohne weitere Be­ die Schutzwirkung der Grundwasserüberdeckung
handlung zulässig wäre. Eine alleinige Behandlung nicht zwangsläufig gewährleistet wäre.
des vorgereinigten Straßenabflusses in Versicker­
becken, die einen gleichwertigen Filteraufbau wie Herr Rott:
die Retentionsbodenfilter aufweisen, würde damit
ausreichen (Bild 3). Daraus ergibt sich eine Kosten- Im Zusammenhang mit der Leichtstoffrückhaltung
und Flächenersparnis. haben wir gute Erfahrungen mit „schräg liegenden
Rohrleitungen” im Beckenablauf gemacht (Bild 4).

Hierbei liegt der Beckenablauf unterhalb des Auf­


fangraums für Leichtflüssigkeiten, was in anderen
Becken mindestens der Eintauchtiefe der Abfluss­
tauchwand entspricht. Die Rohrleitung verläuft
schräg nach oben durch die Beckenwandung hin­
36

Bild 4: Beispiel eines Regenklärbeckens mit „schräg liegender Rohrleitung” im Beckenablauf

durch und endet außerhalb des Beckens auf Höhe


des Becken-Dauerwasserspiegels. Auf diese Weise
ist ein Rückhalt von Schwimmstoffen mit relativ ge­
ringem konstruktivem und finanziellem Aufwand
möglich.
37

Erfahrungen mit neuen Bauverfahren und Baustoffen

Referenten

Dipl.-Geol. Dr. Michael Dietrich

Dipl.-Ing. Maik Schüßler

Dipl.-Ing. Thomas Hecht

Dipl.-Geol. Jochen Daschner

38

Dipl.-Geol. Dr. Michael Dietrich aber, wie die Erfahrungen in diesem Bereich zeigt,
Autobahndirektion Südbayern, München noch über Jahrzehnte hinweg Setzungen in der
Größenordnung von 1-4 cm pro Jahr aufweisen.
Die Setzungsdifferenzen zwischen Damm und
Brücke sind unvermeidbar, Ziel war es daher, den
Erfahrungen mit Glasschaum­ Übergang auf eine möglichst lange Strecke zu ver­
granulat als Leichtschüttung teilen. Der Einbau von Schleppplatten als alleiniges
nach 2 Jahren unter Verkehr an Mittel zum Ausgleich der Setzungsdifferenzen hatte
sich an der rund 11 km weiter östlich gelegenen
der BAB A 8 München-Salzburg Brücke über die Tiroler Achen als nicht ausreichend
gezeigt.

1 Einführung
Auf dem 41. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten
2 Eigenschaften und Einbau von
im Straßenbau in Potsdam hatten wir über den Ein­ Glasschaumgranulat
bau von Glasschaumgranulat als Leichtschüttung
Glasschaumgranulat, auch als Glasschaumschot­
an der Bahnbrücke Bernau am Chiemsee berichtet.
ter oder Schaumglasschotter bezeichnet, wird aus
Nach mehr als 2 Jahren Liegezeit unter Verkehr
Altglas aufgeschäumt. Glasschaumschotter wird
können wir über die Erfahrungen mit diesem inno­
als geschlossenporiges Material hergestellt, die
vativen Baustoff berichten. Die geologischen Rah­
Wasseraufnahme liegt daher unter 10 Massen-%.
menbedingungen und die daraus resultierenden
Er ist chemisch inert und wird von Lösemitteln nicht
Besonderheiten waren seinerzeit ausführlich erläu­
angegriffen, ist nicht brennbar und zeigt kein
tert worden. Zum leichteren Verständnis werden sie
Kriechverhalten. Das Schüttgewicht des für den
hier noch einmal kurz umrissen. Die A 8 verläuft
Straßenbau geeigneten Materials liegt bei 170
südlich des Chiemsees auf mächtigen Verlan­
bis 230 kg/m3, die Dichte des eingebauten und
dungssedimenten, die auch Jahrzehnte nach dem
verdichteten Glasschaumschotters bei 270 bis
Bau der Autobahn nicht auskonsolidiert sind, so­
330 kg/m3.
dass sich die Fahrbahndämme immer noch um ei­
nige Zentimeter pro Jahr setzen. Die Bernauer Die Länge der Leichtschüttungen wurde mit 35 m
Bahnbrücke, eine Unterführung der Bahnlinie Mün­ ab den Widerlagern festgelegt, wobei bis 20 m hin­
chen-Rosenheim-Salzburg unter der A 8 war in den ter den Widerlagern die Mächtigkeit 3,5 m betrug.
1930er Jahren errichtet worden. Das alte, schwim­ Auf den folgenden 15 m keilte die Leichtschüttung
mend gegründete Bauwerk hatte sich in rund von 3,5 m bis auf 0 aus, um eine möglichst langge­
70 Jahren um bis zu 1,8 m gesetzt und musste zogene Setzungsanpassung zu erreichen. Zusätz­
durch einen Neubau ersetzt werden. Dieser wurde lich wurde innerhalb des Glasschaumschotterkör­
auf bis zu 60 m langen Pfählen im Fels tiefgegrün­ pers auf 0,5 m Kieskoffer eine 10 m lange
det und weist daher praktisch keine Setzungen auf. Schleppplatte betoniert. Die Glasschaumschotter­
Die Anschlussdämme an das Bauwerk werden körper wurden allseitig durch ein Trennvlies um-

Bild 1: Schematische Darstellung der Methoden zur Minimie­


rung der Setzungsdifferenzen Bild 2: Einbau von Glasschaumgranulat
39

hüllt. Die Anlieferung auf die Baustelle erfolgte mit Fahrbahnachse installiert (s. Bild 3). Zusätzlich
Sattelzügen für Leichtschüttgut, die ein Fassungs­ wurden in den Messquerschnitten Beschleuni­
vermögen von rund 90 m3 aufwiesen. Der Einbau gungsaufnehmer (Geophone) über der Leichtschüt­
des Glasschaumschotters wurde in Lagen von tung in unterschiedlichen Tiefen unter der Fahrbahn
50 cm Stärke mit einer Schubraupe vorgenommen. eingebaut.
Die Verdichtung erfolgte statisch mit einem 8-t-Wal­
zenzug ohne Vibration. Die optimale Verdichtung Die Inklinometer in den Messquerschnitten auf bei­
wurde im Mittel nach vier Walzenübergängen er­ den Seiten des Bauwerks zeigten bei Messungen
reicht. In den Bereichen unmittelbar hinter den im Oktober 2009, also zwei Jahre nach Verkehrs­
Brückenwiderlagern wurde mit einer mittelschwe­ freigabe, sowohl an der Basis wie an der Oberkan­
ren Rüttelplatte verdichtet. te des Glasschaumkörpers in den übereinanderlie­
genden Bereichen den gleichen Setzungsverlauf
(s. Bild 4). Aus dem gleich laufenden Verlauf ergibt
3 Messtechnische Begleitung der sich, dass sich der Damm bzw. der Untergrund, wie
Baumaßnahme erwartet, gesetzt hat, innerhalb des Glasschaum-

Über die Überwachung des Einbaus des Glas­


schaumschotters hinaus war von vorneherein vor­
gesehen, das Verhalten der Leichtschüttungen
über einen längeren Zeitraum messtechnisch zu
beobachten. Zum einen erfolgen ganz konventio­
nell Setzungsbeobachtungen der Fahrbahn mittels
Vermessung von Vermessungsnägeln an den Fahr­
bahnrändern. Zum anderen wurde beiderseits des
Bauwerks in den Leichtschüttkörpern jeweils ein
Messquerschnitt festgelegt. In diesen Messquer­
schnitten wurden zur Kontrolle von Setzungen des
Dammes und eventueller interner Setzungen in den
Leichtschüttkörpern Horizontalinklinometer an der Bild 3: Inklinometerköpfe an der Dammflanke (östlich des Bau­
Basis und am Top der Leichtschüttungen quer zur werks)

Bild 4: Messdiagramme der Inklinometer


40

Bild 5: Setzungen der Fahrbahn

körpers aber keine Differenzsetzungen aufgetreten Auch aus bautechnischer Sicht waren die Vorteile
sind. gegenüber anderen Leichtbaumaterialien sehr
groß. Der Einbau des Materials konnte in kurzer
In Bild 5 sind die Setzungen an der Fahrbahn öst­ Zeit mit konventionellen Erdbaugeräten bewältigt
lich der Brücke aufgetragen. Nach zwei Jahren werden. Die seit der Verkehrsfreigabe im Oktober
unter Verkehr wurden an Vermessungsnägeln, die 2007 an der Fahrbahn im Bereich der Leichtschüt­
am Fahrbahnrand angebracht worden waren, tung gemessenen Setzungen liegen bei wenigen
240 m vom Bauwerk entfernt Setzungsbeträge von Zentimetern und zeigen im Übergang zum Bauwerk
13 cm gemessen. Zum Bauwerk hin verringern sich einen gleichmäßig abnehmenden stetigen Verlauf,
die Setzungen auf weniger als 4 cm. Westlich der der vom bituminösen Oberbau im Wesentlichen
Brücke zeigen die Setzungen ein ähnliches Bild. schadensfrei aufgenommen werden kann.
Messungen der Beschleunigungsaufnehmer, die in
den Messquerschnitten in Tiefen von 0,60 m,
1,20 m und 1,80 m unter der Fahrbahn im Bereich Diskussion
der Lkw-Rollspuren situiert sind, ergaben, dass an
Frage:
den untersten Beschleunigungsaufnehmern Lkw-
Überfahrten noch deutlich wahrnehmbar sind, ein Wie ist die Verdichtbarkeit von Glasschaum­
signifikanter Einfluss durch Erschütterungen auf granulat?
den Glasschaumschotter aber nicht mehr gegeben
ist. Im Bereich der mitteltiefen Aufnehmer war be­ Herr Dietrich:
reits ein deutlicher Rückgang der Erschütterungen Es wird beim Einbau ein Kompromiss zwischen
gegenüber den obersten Aufnehmern festzustellen. Verdichtung und Kornzertrümmerung eingegangen.
Allerdings lagen die gemessenen Erschütterungen Das Glasschaumgranulat wurde nach der Anliefe­
immer noch signifikant über den Werten der unters­ rung von einer Schubraupe verteilt und in mehreren
ten Aufnehmer. Die Messungen zeigen, dass die Schüttlagen von 0,30 m Stärke mit einer leichten
Kiesschutzschicht über den Glasschaumschottern Walze statisch ohne Vibration eingebaut.
für die in diesem Abschnitt hoch belastete BAB A 8
ausreichend dick ausgeführt worden ist. Frage:

Wie ist der Aufbau? Wurde das Material bis zum


Planum geschüttet?
4 Schlussfolgerungen
Herr Dietrich:
Die Verwendung von Glasschaumschotter als
Leichtschüttung auf einer sehr hoch belasteten Au­ Hinter den Widerlagern wurde zunächst eine geo­
tobahn hat sich aus der Perspektive nach mehr als kunststoffbewehrte Matratze als Bewehrung unter
zwei Jahren Verkehrsbeanspruchung bewährt. einer Kieslage eingesetzt und darauf die Leicht­
41

schüttung eingebaut. Die Länge der Leichtschüt­ Nähe der potenziellen Abnehmer zur Verfügung
tung betrug ab den Widerlagern 35 m, wobei bis stand. Das scheint sich inzwischen geändert zuha­
20 m hinter den Widerlagern die Mächtigkeit 3,5 m ben. Ich werde beim zuständigen AA 5.8 „Straßen­
betrug. Um eine möglichst lang gezogene Set­ bau auf wenig tragfähigem Untergrund” anregen,
zungsanpassung zu erreichen, wurde auf den sich mit Schaumglas als leichtem Schüttmaterial zu
nachfolgenden 15 m die Dicke der Leichtschüttung befassen, ähnlich wie mit EPS und Blähton.
von 3,5 m bis auf 0 m reduziert. Über das Glas­
schaumgranulat wurde eine Kiesschutzschicht von
1,25 m Dicke eingebaut und darüber der Fahrbahn­
aufbau. Durch diese Bauweise ergibt sich zwischen
der Oberkante der Leichtschüttung und der Fahr­
bahnoberkante ein Überbau von 2 m. Dadurch sol­
len die dynamischen Einflüsse aus der Verkehrs­
belastung sowie Einflüsse aus Einbauten, wie bei­
spielsweise Rammpfosten für Schutzplanken, si­
cher von dem Glasschaumgranulat fern gehalten
werden.

Frage:

Gibt es eine Dränageschicht zwischen Bauwerk


und Schüttung?

Herr Dietrich:

Das ist nicht notwendig, das Material ist drainfähig.

Frage:

Sie haben in unterschiedlichen Tiefen Beschleuni­


gungsaufnehmer installiert. Welche Beschleunigun­
gen kommen im Glasschaumgranulat an?

Herr Dietrich:

Die Aufzeichnungen der Beschleunigungsaufneh­


mer ergaben, dass an den untersten Aufnehmern in
1,80 m Tiefe Lkw-Überfahrten noch deutlich wahr­
nehmbar sind, ein signifikanter Einfluss durch Er­
schütterungen auf den Glasschaumschotter aber
nicht mehr gegeben ist. Es wurde bislang noch
keine Darstellung dafür angefertigt.

Frage:

Wurden Deflektionsmessungen mit dem Falling


Weight Deflectometer durchgeführt?

Herr Dietrich:

Nein.

Anmerkung Herr Hillmann:

Die Erarbeitung eines Merkblattes über die Anwen­


dung von Glasschaumgranulat wurde seitens der
FGSV vor ca. 10 Jahren verworfen, u. a. weil das
Material nicht in den benötigten Mengen und in der
42

Dipl.-Ing. Maik Schüßler kN/m2 möglich. Nach den vorliegenden Messer­


Landesbetrieb Straßenwesen gebnissen wurde eine Setzungsreduzierung von
Brandenburg, Hoppegarten ca. 55 % erreicht. Sowohl die Verformungsmessun­
gen als auch die Laborergebnisse zeigen für die
Böden ein sehr ausgeprägtes Kriechverhalten.
Durch eine Überschüttung werden Setzungen infol­
Querung eines Moorgebietes ge Konsolidierung als auch Anteile aus Kriechen
beim Neubau der Bundesstraße vorweggenommen. Nach dem Rückbau der Über­
B 96 im Zuge der Verkehrsanbin­ schüttung wurden im Messzeitraum keine nennens­
werten Kriechverformungen registriert.
dung für den Flughafen Berlin
Brandenburg International
1 Einleitung
Die Niederlassung Autobahn des Landesbetriebes
Straßenwesen Brandenburg wurde mit der Planung Der Ausbau des Flughafens Schönefeld zum neuen
und dem Bau der großräumigen Straßenverkehrs­ Hauptstadt-Airport Berlin Brandenburg International
anbindung für den geplanten Großflughafen Berlin (BBI) stellt derzeit das größte Infrastrukturprojekt im
Brandenburg International beauftragt. Hierfür er­ Nordosten Deutschlands dar. Für die geplante Er­
folgte der Neu- und Ausbau von ca. 10 km sechs­ öffnung des BBI am 30.10.2011 werden 25 bis 27
streifiger Autobahn und ca. 15 km vierstreifiger Millionen Passagiere pro Jahr prognostiziert. Um
Bundesstraßen. ein derartiges Passagieraufkommen bewältigen zu
können, braucht der Flughafen eine leistungsfähige
Der Neubau der Bundesstraße B 96 quert auf ca. Straßen- und Schienenanbindung. Der Landesbe­
190 m ein Moorgebiet mit bis zu 5 m mächtigen, trieb Straßenwesen, Niederlassung Autobahn (ehe­
gering tragfähigen Torf- und Muddeablagerungen. mals Brandenburgisches Autobahnamt), wurde mit
Zur Gründung des Straßendammes wurden als Un­ der Projektdurchführung der großräumigen Stra­
tergrundverbesserung Sandsäulen angewandt. ßenanbindung beauftragt. Dies beinhaltete folgen­
Dies ist auch bei weichen bis breiigen organischen de Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen um das
Böden bei undrainierten Scherfestigkeiten < 8 Flughafenareal (s. Bild 1):

Bild 1: Straßenanbindung Airport Berlin Brandenburg International


43

• Neu- und Ausbau der Autobahn A 113 im Osten Bodenuntersuchungsergebnisse wurden im Rah­
men der Streckenerkundung gewonnen. Im Vorfeld
• Neu- und Ausbau der Bundesstraßen B 179 und der Ausschreibung wurde eine 2. Erkundungspha­
B 96a im Norden sowie se nachgeschaltet. Nach den Bodenunter­
• Neu- und Ausbau der Bundesstraße B 96 im suchungsergebnissen stellen sich die Untergrund­
Westen. verhältnisse wie folgt dar:

Alle Baumaßnahmen wurden bis zum Jahr 2008 Der 5 km lange 2. Bauabschnitt der Bundesstraße
abgeschlossen. Der Bau der Anschlussstelle des B 96 liegt auf der pleistozän geprägten Teltowhoch­
Flughafens an die A 113 wird derzeit realisiert. fläche. Der Bereich Bau-km 1+300 bis Bau-km
1+490 liegt am Rand der Niederung des Zülow­
grabens. Hier wurde der ursprünglich vorhandene
2 Bundesstraße B 96 für die Hochfläche typische Geschiebemergel ero­
diert und das entstandene Tal mit organischen
Der unmittelbar im Süden an Berlin angrenzende Böden verfüllt. Bei den organischen Böden handelt
Streckenabschnitt der Bundesstraße B 96 verbindet es sich im oberen Bereich (ca. 2 m) um Torf unter­
vorrangig den Süden der Hauptstadt mit der schiedlichen Zersetzungsgrades. Unterlagert wird
A 10 (Berliner Ring). Die zweistreifig durch mehrere der Torf durch kalkhaltige Mudde. Insgesamt errei­
Ortslagen geführte Bundesstraße wurde durch chen diese Böden Mächtigkeiten bis ca. 5 m. Das
einen vierstreifigen Neubau mit einem 26 m breiten Liegende bilden Sande, untergeordnet Becken­
Straßenquerschnitt außerhalb der Ortslagen er­ schluffe und Geschiebemergel.
setzt. Aufgrund der vorhandenen Verkehrsbelastung
und eines prognostizierten Verkehraufkommens von Die anstehenden Sande stellen am Standort einen
42.000 Kfz/24 h war dieser Ausbau dringend not­ ergiebigen Grundwasserleiter dar. An der Unterkan­
wendig. Der 8 km lange Neu- und Ausbau der Bun­ te der organischen Böden kann das Grundwasser
desstraße B 96 erfolgte in zwei Abschnitten, einem gespannt anstehen. Die Druckhöhe ist in hydrolo­
ca. 3 km langen nördlichen 1. Bauabschnitt und gisch ungünstigen Jahreszeiten geländegleich an­
einem ca. 5 km langen südlichen 2. Bauabschnitt. zunehmen.
Die Verkehrsfreigabe erfolgte am 19.12.2006.
Die Bodenschichtung und die Grundwasserverhält­
nisse sowie die geplante Dammschüttung sind ex­
emplarisch in Bild 2 dargestellt. Zusätzlich zu den
3 Untergrundverhältnisse Ergebnissen der Baugrunduntersuchung ist das Er­
Bundesstraße B 96 gebnis einer Inklinometerbohrung (IK 390L) nach
Herstellung der Arbeitsebene während der Bauaus­
Die oberflächennahe Geologie Mittelbrandenburgs
führung eingetragen. Hier ist deutlich zu erkennen,
ist vorwiegend durch das Anstehen eiszeitlicher Se­
dass bereits mit Aufbringen der Arbeitsebene meh­
dimente geprägt. Hierbei handelt es sich um eine
rere Dezimeter Setzungen eingetreten sind.
Abfolge von Ablagerungen meist flachwelliger
Grundmoränenplatten, hügeliger Endmoränen, fla­ Bei den organischen Böden handelt es sich über­
chen Sander- und Talsandflächen sowie eingesenk­ wiegend um weiche bis breiige Torfe und Mudden.
ter Niederungen. Insbesondere im Bereich der Nie­ Der Torf weist Porenzahlen bis ca. 8 bei Wasserge­
derungen stehen geringtragfähige und kompressib­ halten bis 430 % auf. Die Mudde besitzt Porenzah­
le organische Böden an, welche ihrer Entstehung len bis ca. 7 bei Wassergehalten bis 330 %. Die un­
nach dem Holozän (Nacheiszeit) zuzuordnen sind. drainierte Scherfestigkeit wurde mittels Labor- und
Der Ausbau der Bundesstraße B 96 liegt unmittel­ Feldflügelsondierungen festgestellt. Nach Abmin­
bar östlich der Ortslage Dahlewitz (Bild 1) auf einer derung der gemessenen Flügelscherfestigkeiten
Länge von ca. 190 m im Bereich einer solchen Nie­ ergaben sich für die Mudde Rechenwerte der un­
derung. Die Niederung war mit einem in der Auf­ drainierten Kohäsion cu von 8 kN/m2. Für den Torf
standsfläche 40 m breiten und im Endzustand bis lagen Einzelwerte ebenfalls in der genannten Grö­
4 m hohen Straßendamm zu queren. ßenordnung. An Bodenproben aus den Inklinome­
terbohrungen wurden Triaxialversuche zur Bestim­
Die Erkundung der Untergrundverhältnisse im Nie­ mung der undrainierten Scherfestigkeit cu nach DIN
derungsbereich erfolgte in 2 Etappen. Die ersten 18137 ausgeführt. Die Ergebnisse zeigten Werte
44

Bild 2: Bodenschichtung und Grundwasserverhältnisse Bau km 1+390

für die Mudde von cu = 4 bis 5 kN/m2 und für den auch deren Tragverhalten nutzen zu können, wur­
Torf von minimal cu = 6 kN/m2. In Ödometerversu­ den diese mit einem Durchmesser von 60 cm ver­
chen konnten für die organischen Böden Kompres­ anschlagt. Zur Verbesserung des Trag- und Verfor­
sionsbeiwerte Cc zwischen 1,3 und 2,4 und Kriech­ mungsverhaltens der organischen Böden wurde für
beiwerte Cα zwischen 0,06 und 0,14 bezogen auf das Einbringverfahren der Sandsäulen das Vollver­
den dekadischen Logarithmus ermittelt werden drängungsverfahren gewählt. Hinsichtlich der seitli­
(SAVIDIS et al., 2006). chen Stützung der Sandsäulen im Boden bei den
vorhandenen undrainierten Scherfestigkeiten < 8
kN/m2 wurde auf Literaturangaben (GUNDACKER
et al., 2004) von hergestellten Kies- bzw. Sandsäu­
4 Maßnahmen zur Untergrund­
len bei undrainierten Scherfestigkeiten << 15 kN/m2
verbesserung und Ausschreibung zurückgegriffen. Eine Vorbemessung des Grün­
der Baumaßnahme dungssystems für eine Säulenanordnung im Drei­
ecksraster von 1,41 m x 1,50 m hatte ergeben,
Aufgrund der erkundeten Eigenschaften der anste­
dass allein durch die Sandsäulen keine ausrei­
henden organischen Böden waren zur Gewährleis­
chende Standsicherheit in allen Bauphasen ge­
tung einer ausreichenden Tragfähigkeit und zur Si­
währleistet war. Aufgrund dieser Tatsache musste
cherstellung der Gebrauchstauglichkeit der Stra­
der Bereich der Dammsohle mit Geokunststoffen
ßenkonstruktion Untergrundverbesserungen erfor­
bewehrt werden.
derlich.
Die Ausschreibung der Bauleistung erfolgte im
Zur Beschleunigung und zur Verringerung der Kon­
Rahmen der Streckenbaumaßnahme nach VOB A
solidierungssetzungen und unter Berücksichtigung
§ 9 als Leistungsbeschreibung mit Leistungsver­
des im Land Brandenburg gut verfügbaren eng ge­
zeichnis. Hierbei wurde vorgegeben, dass nach
stuften Sandes wurden als Untergrundverbesse­ Herstellung der Sandsäulen und anschließender
rungsmaßnahme Sandsäulen gewählt. Das Verfah­ Verlegung eines Geogitters die Dammschüttung in
ren der Sandsäulen zur Untergrundverbesserung 2 Etappen mit jeweils dreimonatiger Liegezeit auf­
wird in Japan seit mehreren Jahrzehnten erfolg­ zubringen war. Die Schüttung der 2. Etappe diente
reich angewandt (KITAZUME, 2005). Hinsichtlich hierbei zur Vorwegnahme von Setzungen aus spä­
der Drainwirkung derartiger Sandsäulen lagen im terer Verkehrslast.
Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg bereits
gute Erfahrungen vor. Um die Sandsäulen nicht nur Zur Kontrolle der Verformungen des Untergrundes
als reine Drainelemente zu verwenden, sondern und des Unterbaues sowie der zeitlichen Entwick­
45

lung der Porenwasserdrücke in den organischen zu verlegende Geogitter FORTRAC R 450/50-30


Böden waren drei Messquerschnitte wie folgt ein­ errechnete sich nach Abminderung der Kurzzeit­
zurichten: zugfestigkeit für alle Belastungsfälle eine Bemes­
sungsfestigkeit Fd < 150 kN/m.
• jeweils zwei Vertikalinklinometer am Dammfuß
(beidseitig), davon ein Neigungsmessrohr im Parallel zur analytischen Ermittlung der Stand­
Untergrund und ein Neigungsmessrohr in einer sicherheiten und zur Abschätzung der Setzungsbe­
Säule, träge wurden numerische Modellierungen am glei­
chen Querschnitt vorgenommen. Die 2D-Berech­
• zwei Horizontalinklinometer, davon ein Nei­ nungen im ebenen Verzerrungszustand erfolgten
gungsmessrohr oberhalb der Säulenköpfe und mit dem FEM-Programmsystem PLAXIS V7 (Plaxis
ein Neigungsmessrohr zwischen den Säulen, BV, 1998). Die rein mineralischen Böden (Damm,
• drei Porenwasserdruckaufnehmer im Bereich Sandsäulen, Sanduntergrund) wurden hierbei
der organischen Böden. durch das Mohr-Coulomb-Modell abgebildet. Die
organischen Böden wurden mit dem Soft-Soil-Mo­
dell modelliert. Die für die Berechnung notwendigen
5 Bemessung der Dammgründung Berechnungsparameter wurden aus den Ergebnis­
sen der Bodenuntersuchungen abgeleitet bzw. teil­
Der Nachweis der Standsicherheit in den einzelnen weise Literaturangaben entnommen. Die zu erwar­
Bau- und Nutzungsphasen wurde mittels ebenen tende Beeinflussung der Festigkeits- und Verfor­
Grenzgleichgewichtsverfahrens nach DIN 4084 mungsparameter der organischen Böden durch die
(Ausgabe 1981) erbracht. Die Berechnung erfolgte Säulenherstellung fand bei den durchgeführten Be­
am Querschnitt km 1+390. Hier war die größte rechnungen keine Beachtung, da dies ohne ent­
Dammhöhe bei gleichzeitig größter Mächtigkeit der sprechende Messwerte nach der Säulenherstellung
organischen Böden zu verzeichnen. Zur Berück­ nur schwer zu erfassen ist. Das in Dammsohle zu
sichtigung der Sandsäulen in zweidimensionalen verlegende Geogitter wurde in seiner Dehnsteifig­
Berechnungen wurden die Sandsäulen in ver­ keit gemäß den Herstellerangaben angesetzt. In
gleichbare Wandscheiben umgewandelt. Für das Bild 3 ist ein Auszug aus dem FE-Netz mit der Kon-

Bild 3: Auszug FE-Netz mit Verformungskontur


46

Damm­ Über­
End­
Bauzustand schüttung schüttung
zustand
1. Etappe 2. Etappe
Anfangsstand­
η = 1,38 η = 1,29
sicherheit DIN 4084
Anfangsstand­
η = 1,36 η = 1,19
sicherheit FEM
Endstandsicherheit
η = 1,44
DIN 4048
Endstandsicherheit
η = 1,44
FEM

Tab. 1: Standsicherheiten der analytischen und numerischen


Berechnungen

turdarstellung der Verformungen nach Abschluss


der Konsolidation der 2. Etappe der Dammschüt­
tung dargestellt.

Die maximalen Vertikalverformungen (Setzung


Dammkrone) wurden mit 0,28 m (1. Etappe) und
0,58 m (2. Etappe = Überschüttung) errechnet. Die
maximalen axialen Zugkräfte im Geogitter wurden
mit 17 kN/m (1. Etappe) und mit 61 kN/m (2. Etap­
pe = Überschüttung) bei 8 m vom Böschungsfuß
entfernt ermittelt. Bild 4: Herstellung der Sandsäulen im Rüttelverdrängungs­
verfahren
Zur Ermittlung der Sicherheiten in den FEM-Be­
rechnungen wurde eine ϕ’-c’-Reduktion ausgeführt.
Die ermittelten Sicherheiten der analytischen und ca. 5.500 m2 im Zeitraum Mai bis August 2005 nach
numerischen Berechnungen sind in Tabelle 1 zu­ dem Rüttelverdrängungsverfahren. Hierbei wurde
sammengestellt. eine Verrohrung (Durchmesser 60 cm) mit Hilfe
eines mäklergeführten Rüttlers bis auf den ausrei­
Ein Vergleich der analytischen Berechnungsverfah­ chend tragfähigen Untergrund eingebracht, wobei
ren mit den numerischen Berechnungsverfahren der Boden beim Einrütteln mit Hilfe eines konischen
ergibt eine sehr gute Übereinstimmung bei den er­ Verschlusses am Rohrfuß zur Seite verdrängt
mittelten Sicherheiten. Weiterhin wurde eine nume­ wurde (s. Bild 4). Danach erfolgte das Auffüllen des
rische Berechnung des Systems ohne Sandsäulen Rohres mit eng gestuftem Sand (U < 3). Anschlie­
ausgeführt. Hiernach ergaben sich nach Abschluss ßend wurde die Verrohrung gezogen, wobei sich
der Konsolidierung der 2. Etappe maximale Verti­ die Verschlusskappe am Rohrfuß automatisch öff­
kalverformungen von 1,07 m. Das Verhältnis der nete. Durch die Vibration beim Ziehen der Verroh­
Verformungen von verbessertem zu unverbesser­ rung sollte sich eine Verdichtung des eingefüllten
tem Untergrund kann hiernach mit dem Faktor 0,55 Sandes einstellen.
angegeben werden.
Zur Ermittlung des Verdichtungsgrades des Sandes
in den Säulen wurden insgesamt 29 Leichte Ramm­
6 Bauausführung sondierungen ausgeführt. Die Ergebnisse der aus­
geführten Rammsondierungen zeigten für den Füll­
6.1 Herstellung der Sandsäulen sand im Bereich des Torfes überwiegend mittel­
dichte Lagerungsverhältnisse (D ≈ 0,45), im Be­
Nach Herstellung der Arbeitsebene aus grobkörni­ reich der Mudde dichte Lagerungsverhältnisse
gem Boden (Sand) auf dem Urgelände wurden die (D > 0,5) (SAVIDIS et al., 2006).
ersten Vertikalinklinometer sowie der Porenwasser­
druckaufnehmer am Rand der mit Sandsäulen zu Nach Herstellung der Sandsäulen wurde im Zen­
verbessernden Fläche installiert. Die Herstellung trum zwischen drei Säulen eine Kleinrammbohrung
der 2.335 Sandsäulen erfolgte auf einer Fläche von abgeteuft und an den entnommenen Bodenproben
47

Bild 6: Bauzustand Mai 2006 und Lage der Messquerschnitte

7 Messergebnisse

Bild 5: Wassergehalte der organischen Böden vor und nach 7.1 Messungen während der
der Säulenherstellung Säulenherstellung

Wassergehaltsbestimmungen im Labor ausge­ Zur Kontrolle der Horizontalverformungen und zur


führt. Die Ergebnisse der Wassergehaltsbestim­ Messung der zeitlichen Entwicklung der Porenwas­
mungen vor (Baugrunduntersuchung sowie Inklino­ serdrücke in den organischen Böden während der
meterbohrungen von der Arbeitsebene aus) und Säulenherstellung wurden von den ausgeschriebe­
nach der Säulenherstellung sind im Bild 5 darge­ nen drei Messquerschnitten (siehe Abs. 5; Lage
stellt. siehe Bild 6) die Vertikalinklinometer vor dem
Dammfuß und die Porenwasserdruckaufnehmer
Im Bereich des Torfes zeigen sich bereits nach eingebaut.
Herstellung der Arbeitsebene deutliche Wasserge­
haltsreduzierungen. Im Bereich der Mudde ist dies An den im Abstand zwischen 1,5 m und 2,5 m zur
zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar. Die Was­ äußersten Säulenreihe eingebauten Vertikalinklino­
sergehalte nach der Säulenherstellung liegen für metern wurden Horizontalverformungen infolge
die Mudde deutlich unterhalb (ca. minus 150 %) Säulenherstellung zwischen 8 und 25 cm ermittelt.
der vorangegangenen Untersuchungen. Damit ist Die größten Verformungen traten im Bereich des
eine Verbesserung der tiefer liegenden organi­ Torfes auf (SAVIDIS et al., 2006).
schen Böden durch die Säulenherstellung nach­ Die Installation der Porenwasserdruckaufnehmer
weisbar. erfolgte aus Gründen des Zerstörungsschutzes au­
ßerhalb der Dammaufstandsfläche. Porenwasser­
6.2 Verlegung Geogitter und Dammschüttung überdrücke wurden hier ausschließlich während
der Säulenherstellung gemessen. Die minimale An­
Nach Fertigstellung der Sandsäulen wurden die näherung des Rüttlers lag bei 2 m. Die maximale
Vertikalinklinometer in den Säulen eingebaut sowie Porenwasserdruckerhöhung wurde mit ca. 2 kN/m2
die Horizontalinklinometer installiert. Statt der vor­ im Torf und 3 kN/m2 im Bereich der Mudde gemes­
gesehenen einlagigen Geokunststoffbewehrung sen. Die gemessenen Porenwasserdruckerhöhun­
wurden zwei Lagen Geogitter verlegt. Als untere gen infolge Säulenherstellung sind als gering zu be­
Lage wurden ein Geogitter FORTRAC R 350/50-30 zeichnen. Ein Abbau des Porenwasserüberdrucks
und 0,3 m darüber ein Geogitter ARMATEX G auf 50 % des Ausgangsniveaus war bereits nach
150/30 eingebaut. Nach der Verlegung der Geogit­ einer Stunde erreicht. Während und nach Herstel­
ter erfolgte die Dammschüttung der 1. Etappe bis lung der Dammschüttung sowie während der Ver­
auf Höhe der planmäßigen Straßengradiente. Nach dichtung derselben konnten an den installierten
5-monatiger Liegezeit wurde die Überschüttung (2. Aufnehmern keine nennenswerten Porenwasser­
Etappe) aufgebracht. Im Bild 6 ist der Bauzustand überdrücke gemessen werden (SAVIDIS et al.,
im Mai 2006 zu sehen. 2008).
48

7.2 Messergebnisse nach Herstellung der inklinometern über den Säulenköpfen und den zwi­
Dammschüttung schen den Säulen angeordneten konnten bei Lage
der Messrohre auf Oberkante Arbeitsebene keine
Nach Herstellung der Sandsäulen wurden sechs
nennenswerten Unterschiede festgestellt werden.
Vertikalinklinometer in den Sandsäulen und sechs
Horizontalinklinometer installiert. Auf der Oberkan­ Unter der Annahme reiner einaxialer Kompression
te der Überschüttung und nachfolgend auf der in Dammmitte wurden unter Zugrundelegung der
Fahrbahn wurden Messpunkte zur Setzungsmes­ Ergebnisse der Ödometerversuche die Setzungen
sung eingerichtet. Zusätzlich wurden im Bereich eines unverbesserten Untergrundes unter Berück­
der Geogitter am Messquerschnitt 1+390 zwei sichtigung der tatsächlich aufgebrachten Belas­
Dehnungsaufnehmer (8 m vom Dammfuß entfernt tung ermittelt. Diese lagen zwischen 82 und 95 cm.
und in Dammmitte) an der unteren Geogitterlage Mit der durchgeführten Untergrundverbesserung
und ein Dehnungsaufnehmer (8 m vom Dammfuß wurde eine Setzungsreduzierung auf 53 bis 59 %
entfernt) auf der oberen Geogitterlage angebracht. des unverbesserten Untergrundes zum Abschluss
der Liegezeit der gesamten Dammschüttung er­
Die Erfassung der Messergebnisse der Porenwas­ reicht.
serdruckaufnehmer und der Dehnungsaufnehmer
erfolgte kontinuierlich mittels Datenloggers. Die Nach Rückbau der Überschüttung wurden Hebun­
Messungen wurden vom Beginn der Dammschüt­ gen zwischen 2 und 6 mm gemessen. Zwischen
tung bis zehn Monate nach Verkehrsfreigabe aus­ der letzten Messung mit Überschüttung und nach
geführt. Rückbau derselben, Aufbringen des Straßenober­
baus und Eintragung der Verkehrslasten wurden
Eine Zusammenfassung der gemessenen Vertikal­ innerhalb eines Jahres Setzungen zwischen 3 und
verformungen in der Mitte der Dammschüttung ist 14 mm registriert. Nach Rückbau der Überschüt­
in Bild 7 gegeben. tung ergab sich im v. g. Messzeitraum ein praktisch
setzungsfreies Bauwerk.
Nach 5-monatiger Liegezeit der Dammschüttung
der ersten Etappe traten zwischen 28 cm und Die maximalen Horizontalverformungen wurden
40 cm Setzungen auf. Die unterschiedlichen Set­ – wie die maximalen Vertikalverformungen – am
zungen sind auf unterschiedliche Dammhöhen in­ Querschnitt 1+350 mit insgesamt 17 cm gemes­
folge der Gradientenführung zurückzuführen. Bei sen. An den restlichen Querschnitten lagen die Ho­
der zweiten Etappe der Dammschüttung traten bei rizontalverformungen zwischen 4 und 10 cm. Die
der gleichmäßig aufgebrachten Überschüttung Maximalwerte wurden im Bereich des Torfes ermit­
weitere 15 cm Setzungen ein. Die maximale telt.
Dammhöhe lag bei 5 m. Nach dem festgestellten
Abschluss der Primärkonsolidierung von jeweils Die Entwicklung der Dehnungen in den Geogittern
ca. 50 Tagen traten bis zu 8 cm (1. Etappe) und in Abhängigkeit von der Zeit ist im Bild 8 aufge­
3 cm (2. Etappe) Sekundärverformungen auf. Be­ zeigt. Mit Aufbringen der einzelnen Schüttlagen
zogen auf die Primärverformungen waren dies zwi­
schen 20 % und 25 %. Zwischen den Horizontal-

Bild 8: Dehnungsmessungen in der oberen und unteren Geo­


Bild 7: Vertikalverformungen in Dammmitte gitterlage
49

bzw. mit dem Rückbau der Überschüttung stellen Spannungsverhältnis von 1,6 aus der Last der
sich die Dehnungen in den Geogittern ein. Dammschüttung einschließlich Überschüttung zur
Last der endgültigen Dammschüttung ergeben sich
Die maximalen Dehnungen wurden in der unteren demnach um ca. 50 % reduzierte Kriechbeiwerte.
Geogitterlage 8 m vom Dammfuß entfernt zum Dieses Verhalten wurde durch die Messungen am
Ende der Liegezeit der Überschüttung mit 0,78 % Bauwerk bestätigt.
gemessen. Bei dem eingebauten Geogitter
FORTRAC R 350/50-30 entspricht dies einer auf­
genommenen Kraft von ca. 35 kN/m an der Mess­ Literatur
stelle. In der oberen Lage wurde an der gleichen
Messstelle eine Dehnung von 0,38 % gemessen. DIN 4084 (1981): Baugrund – Gelände- und Bö­
Dies entspricht für dieses Geogitter einer aufge­ schungsbruchberechnungen, Deutsches Institut
nommenen Kraft von ca. 6 kN/m. Die gemessenen für Normung, Beuth Verlag, Berlin & Köln
Dehnungen am Geogitter sind als sehr gering zu
bezeichnen. Entsprechend den mittels Vertikal­ GUNDACKER, S.; BECKER, A.; WEHR, J. (2004):
inklinometern gemessenen Horizontalverformun­ Die undrainierte Kohäsion des Bodens als Krite­
gen sind jedoch keine größeren Dehnungen zu er­ rium für die Säulenherstellung mit Tiefenrüttler,
warten. Die Geogitter sind im vorliegenden Fall GEOLEX, Ausgabe 2/04, S. 27-30
überdimensioniert. Zwischen unterer und oberer KITAZUME, M. (2005): The Sand Compaction Pile
Geogitterlage sind bei den Aufnehmern 8 m vom Method, Port and Airport Research Institute,
Dammfuß fast 50 % Unterschied feststellbar. Eine Yokosuka, Japan, Balkema Publishers, Taylor &
zweilagige Bewehrung nimmt damit nicht zu glei­ Francis Group, London
chen Teilen die Zugkräfte gegenüber einer einla­
gigen Bewehrung auf. PLAXIS V7 (1998): Finite Element Code for Soil
and Rock Analyses, Version 7.2, Plaxis BV

SAVIDIS, S. A.; RACKWITZ, F.; SCHÜßLER, M.


8 Untersuchungen zum

(2006): Sandsäulen zur Bodenverbesserung


Kriechverhalten der Böden
beim Neubau der Bundesstraße 96 südlich von
Von ausschlaggebender Bedeutung für die Ge­ Berlin, Beiträge zum 21. Christian-Veder-
brauchstauglichkeit der Straßenkonstruktion ist das Kolloquium, TU Graz, Heft 28, S. 37-55
Langzeitverformungsverhalten des Gründungs­ SAVIDIS, S. A.; RACKWITZ, F.; SCHÜßLER, M.
systems. In Laborversuchen wurde das Kriechver­ (2008): Design and construction of granular soil
halten der organischen Böden in Abhängigkeit zur columns for ground improvement of very soft
aufgebrachten Vorlast untersucht (s. Bild 9). soils for road embankments, Proc. 6th
Bei entsprechend hohen Vorlasten kann die International Conference on Case Histories in
Kriechneigung der Böden in den ausgeführten Ver­ Geotechnical Engineering, Arlington, VA, Paper
suchszeiträumen erheblich reduziert werden. Für no. 7.17
das an der Bundesstraße B 96 zu erwartende

Bild 9: Kriechbeiwerte Cα vs. Verhältnis der Vertikalspannun­


gen σVorlast/σaktuell
50

Dipl.-Ing. Thomas Hecht • gesteigerte Sorgfalt bei der Arbeitsvorbereitung


Deges, Berlin erforderlich,

• aufwändige Bauüberwachung und Kontrollen er­


forderlich → besonders intensive Einbindung
Anwendung der Beobachtungs­ des Geotechnikers erforderlich,
methode bei der Sicherung • ggf. Überwachung und Nachsorge in der Be­
standsicherheitsgefährdeter triebsphase erforderlich.
Einschnittsböschungen: Vorteile
und Risiken 2 Bauvorbereitung
Im Zuge der Baugrunderkundung (DIN 4020,
1 Zusammenfassung FGSV: M GuB 2004, H Geo Mess 2007) müssen
die Randbedingungen für die Anwendung der
Im Festgebirge, insbesondere bei Sedimentgestei­ Beobachtungsmethode klar definiert werden; zum
nen, ist für die Beurteilung der Standsicherheit Beispiel muss die Bandbreite der variierenden
einer Einschnittsböschung das Versagen auf den Raumstellungen der Trennflächen und der charak­
Schichtflächen zu betrachten. Die Kenntnis der teristischen Scherfestigkeiten bekannt sein. In Va­
Raumstellung von Trennflächen im Gebirge und der riationsberechnungen sind der Einsatz und Umfang
maßgeblichen Scherfestigkeit ist von großer Be­ von Sicherungsmitteln (Rigolen, Stützscheiben,
deutung, jedoch im Zuge der Erkundung nicht Felsnägel, Netze etc.) für definierte Szenarien fest­
immer global eindeutig festzustellen. zulegen, da nach Feststellung der Notwendigkeit
von Maßnahmen vor Ort in der Regel keine Zeit
Gelegentlich wird ein Standsicherheitsdefizit zwar
bleibt, erdstatische Berechnungen anzustellen und
generell erkannt, es lässt sich jedoch nicht quantifi­
die entsprechenden Sicherungsmittel zu beschaf­
zieren. Eine vollständige, großflächige Sicherung
fen. Idealerweise werden bereits im Zuge der Er­
oder Ertüchtigung einer Einschnittsböschung er­
kundung bestimmte Bohrungen zu Inklinometer­
scheint dann unwirtschaftlich. Hier bietet sich eine
messstellen ausgebaut.
Teilsicherung in Verbindung mit optionalen Zusatz­
maßnahmen und einem sorgfältigen Mess- und Be­ In der Ausschreibung sind auf Grundlage einer An­
obachtungsregime an. nahme Massen für die Böschungssicherungen fest­
zulegen. Es ist eine vertragliche Regelung zu for­
Diese Vorgehensweise entspricht nach DIN 1054,
mulieren, die die Mehraufwendungen infolge Ar­
Abschnitt 4.5 der Anwendung der Beobachtungs­
beitsunterbrechungen zum Einbau der Sicherungs­
methode. Diese bietet einerseits deutliche Vorteile, elemente, die Koordinierung und Dokumentation
wie: berücksichtigen. Weiterhin sind geeignete mess­
• Sicherungsmittel können an örtliche Situation technische Ausstattungen (Inklinometer, Extensio­
optimal angepasst werden, meter, geodätische Messpunkte etc.) auszuschrei­
ben. Nützlich sind auch Baggerschürfe in unter­
• Umfang der Sicherungen kann optimiert wer­ schiedlichen Aushubphasen zur Feststellung des
den, räumlichen Trennflächengefüges und Festlegung
der erforderlichen Maßnahmen.
• kritische Situationen durch messtechnische
Kontrolle jederzeit beherrschbar,

• wirtschaftliche Bauweise bei nicht ausreichend 3 Beispiele


zuverlässiger Vorhersagbarkeit des Baugrund­
Die Beobachtungsmethode in der oben beschriebe­
verhaltens.
nen Weise wurde bei mehreren Baumaßnahmen auf
Andererseits sind aber auch gewisse Risiken zu den BAB in Thüringen und Sachsen-Anhalt (A 71,
nennen: A 73, A 38, A 4) zur Anwendung gebracht. Dies war
überwiegend von gutem Erfolg beschieden. In einem
• Beeinträchtigung des Bauablaufes → besonders Fall kam es trotz guter Arbeitsvorbereitung aufgrund
vertragssichere Ausschreibung erforderlich, mangelhafter Kommunikation, Koordination und
51

Bild 1: Beurteilung des Schichteinfallens baubegleitend im Schurf

Durchsetzung auf der Baustelle zu einem Bö­ dünngeschichteten Mergel- und Kalksteine des
schungsversagen; jedoch ohne Personenschaden. Wellenkalkes im Hangende sind deutlich härter und
durchlässiger als der Röt; daraus resultiert, dass
die Grenze zwischen beiden Formationen durch
Beispiel A 71
Wasseraustrittsstellen gekennzeichnet ist. Groß­
Die Bundesautobahn A 71 verläuft zwischen den räumig fallen die Schichten mit 2 bis 5° nach Süd­
Anschlussstellen Rohr und Meiningen im Tal der westen ein. Lokal können aber Abweichungen im
Hasel. Vor dem Erreichen der Talbrücke über die Einfallen infolge von Kleinfaltungsvorgängen auf­
Werra schneidet die Trasse den Westhang des Ha­ treten. Die Schichtung ist meist nur an vereinzelt
selberges in einem ca. 1.000 m langen und bis zu auftretenden grünlich-grau gefärbten feinsandigen
22 m tiefen Einschnitt an. Bänkchen mit karbonatischem Bindemittel erkenn­
bar.
Der Einschnitt befindet sich auf ganzer Länge in
den Schichten des Oberen Buntsandsteins (Röt); Die geologische Karte zeigt, dass auf dem Hang­
dieser wird im Bereich des Haselberges in 3 Folgen sockel über dem Röt vielerorts Rutschmassen auf­
unterteilt. Von unten nach oben findet man zu­ liegen. Sie bestehen aus Muschelkalkschollen oder
nächst die Salinar- und dann die Pelitrötfolge, die Myophorien- und Pelitröt, gelegentlich auch aus
beide terrestrischen Ursprungs sind und wohl in einer Mischung dieser Gesteine. Der wasserstau­
ariden und durch Salzausscheidungen geprägten ende Röt bewirkt, dass an der Grenze zwischen
Senken entstanden sind. Darüber befindet sich die Buntsandstein und Muschelkalk Rutschungen nicht
durch Kalksteinplatten charakterisierte Myophorien­ ungewöhnlich sind. Geringe Schichtneigungen ge­
folge am Übergang zum unteren Muschelkalk, der nügen, um die Massen beim Vorhandensein von
marinen Ursprung ist. Wasser in Bewegung zu setzen. Oftmals sind die
Rutschungen pleistozänen Ursprungs und morpho­
Der Einschnitt durchfährt den rotbraunen und tonig­ logisch so überprägt, dass sie an der Oberfläche
schluffig ausgebildeten Pelitröt. Die faserigen und nicht mehr oder nur sehr unklar erkennbar sind.
52

Auch in Bohrungen sind die alten Gleitflächen nur kenntnis über den Ort und die Tiefe möglicher
schwer auszumachen. durch die Bauarbeiten reaktivierter Rutschungen
den gesamten Einschnittbereich konstruktiv zu si­
Die Streckenerkundung erfolgte im Rahmen der chern. Gedacht wurde an eine rückverankerte
Projektbearbeitung mit Bohrungen (bis zu 60 m Bohrpfahlwand. Unter anderem aus Kostengrün-
Tiefe), Schürfen und Oberflächenkartierungen. Es den kam diese Maßnahme aber nicht zur Aus­
zeigte sich, dass die Rutschmassen viel weiter ver­
führung; man entschied sich für ein stufenweises
breitet sind als bisher angenommen wurde. Bild 2
Vorgehen und Anwendung der Beobachtungsme­
zeigt die Ergebnisse der Erkundung der Rutschun­
thode.
gen. Einzelne Rutschmassenströme haben sich
auch überlagert oder wurden mehrmals aktiviert. Lediglich am nördlichen Ende des Einschnitts, wo
Über die Tiefe der Rutschungen waren aber auch tieferreichende Rutschmassen sicher identifiziert
nach Auswertung aller Bohrergebnisse keine ge­ worden waren und eine Reaktivierung durch den
nauen Angaben zu machen. Rutschmassen des Einschnitt am ehesten zu erwarten war, kam eine
Röt ohne Muschelkalkbeimengungen über autoch­ Sicherung mit Bodennägeln und Spritzbetonschale
thonem Röt konnten in den Bohrungen nicht von­ zu Ausführung (s. Bild 3).
einander unterschieden werden. Selbst nach dem
Aushub des Einschnitts war eine Unterscheidung Der übrige Einschnitt wurde überwiegend mit einer
der gerutschten Massen von den ungestörten Röt- Böschungsneigung von 1:1,5 hergestellt; teilweise
schichten oft nicht klar erkennbar. Infolge der Aus­ wurden die oberen 10 bis 13 m der Böschung auf
laugung des unter dem Pelitröt anstehenden Sali­ eine Neigung von 1:2,0 abgeflacht. Auf dem da­
narröts und des damit einhergehenden Massen­ rüberliegenden Hang wurden Inklinometer instal­
schwunds sind die Schichten oft zerdrückt und ent­ liert und Messmarken gesetzt. Durch regelmäßige
festigt. Begehungen wurde er auf Risse überprüft.

Die ursprüngliche Planung sah vor, in Anbetracht Über mehrere Monate nach dem Aushub hatte es
der geologisch sehr unklaren Situation und der Un­ den Anschein, dass der Hang in Ruhe bleiben

Bild 2: Erkannte und vermutete Rutschmassen nach der geologischen Erkundung


53

Bild 4: Blick auf den Rutschhang von der Gegenböschung aus

Bild 3: Vernagelte Spritzbetonschale mit Verblendungsmauer­


werk

würde. Lediglich flache und örtlich eng begrenzte


Rutschungen führten dazu, dass eine weitere Ab­
Bild 5: Flache Rutschung in der Einschnittböschung
flachung auf eine Neigung von 1:2,5 oder 1:3,0 dis­
kutiert wurde. Damit wäre jedoch der gesamte
bungsbeträge lagen aber zunächst nicht über der
Hang bis zum 200 m oberhalb gelegenen Wald­
Messgenauigkeit der Inklinometersonde, und die
rand (Grenze zum Muschelkalk) abzutragen gewe­
Tiefe der „Gleitfuge” erschien angesichts der in der
sen. Dennoch wäre die Rutschgefahr damit nicht
Böschung sichtbaren Rutschungen eher unwahr­
endgültig beseitigt worden, weshalb schließlich
scheinlich, sodass zunächst nur weiter beobachtet
darauf verzichtet wurde. Bild 4 zeigt einen Blick auf
wurde.
das Rutschungsareal von der Gegenböschung
aus. Im Sommer trat eine weitere kleine Rutschung
An Stellen mit Wasseraustritten waren flache Rut­ in der Böschung auf. Am unteren Ausbiss der
schungen nicht zu vermeiden. Sie wurden wie üb­ Gleitfläche trat eine sehr geringe Menge an Si­
lich ausgeräumt und ihr Volumen durch scherfesten ckerwasser aus, erkennbar nur an dem Gras-
und durchlässigen Hartgesteinsschotter ersetzt. wuchs, der sich in der ansonsten völlig trockenen
Bild 5 zeigt eine solche Rutschung (während der Böschung nur dort halten konnte. Außerdem zeig­
Schürfarbeiten zur Erkundung der Gleitfläche), die ten sich im Wirtschaftsweg am Kopf der Ein­
durch eine geringe Menge Sickerwasser ausgelöst schnittböschung Risse (Bild 6), obwohl es seit lan­
worden war, das an der Böschungsoberfläche aber gem nicht geregnet hatte und der Boden völlig
nicht austrat. Die Sanierung erfolgte in der üblichen trocken war. Bei einer Begehung des Geländes
Weise durch Bodenersatz. oberhalb des Einschnittes zeigte es sich, dass sich
vom Waldrand ausgehend innerhalb weniger
Die im Hang eingebauten Inklinometer zeigten ge­ Stunden ein langer Abriss gebildet hatte, der zwi­
ringe Bewegungen in Tiefen zwischen 12 und 16 m schen 15 und 20 cm geöffnet war und dessen
unter der Geländeoberfläche an. Die Verschie- Ränder einen vertikalen Versatz von ca. 10 cm
54

Bild 6: Abrisse oberhalb des Wirtschaftsweges und Abriss der Großrutschung, mit Bentonit-Erde-Gemisch verschlossen

Bild 7: Schnitt durch den gesicherten Hang

aufwiesen (Bild 7). Gleichzeitig zeigten die Inklino­


metermessungen, dass in der Tat eine tiefgreifen­
de Rutschung eingesetzt hatte. Für den Einsatz
der Sicherungsmittel war nun Eile geboten, da
man nicht mit einem Anhalten des trockenen Som­
merwetters rechnen konnte. Nachdem der Hang
bereits bei günstiger Witterung in Bewegung gera­
ten war, musste man damit rechnen, dass Regen­
fälle das potenzielle Abgleiten begünstigen wür­
den.

Es wurde entschieden, die vorgesehenen Zugpfäh­


le aus GEWI-Traggliedern einzubauen, welche
oberhalb und unterhalb der Gleitfuge ihre Kraft
Bild 8: Bohrarbeiten vom Wirtschaftsweg aus und Pfahlher­
über Mantelreibung in das Gebirge abtragen soll­
stellung in der Böschung, Blick vom Wirtschaftsweg
ten. In mechanischer Hinsicht wirken die Pfähle als
Nägel.
Im gesicherten Hangbereich waren nur noch gerin­
Im Zuge der Stabilisierungsarbeiten wurden zahl­ ge Bewegungen festzustellen, die aber über nun­
reiche weitere Inklinometer in den Hang eingebaut, mehr 6 Jahre anhalten. Die kumulierten Verformun­
und es wurden Festpunkte zur geodätischen Über­ gen haben nun eine Größenordnung erreicht, die
wachung errichtet. Die Verkehrsfreigabe konnte ein Befahren mit der Messsonde nicht mehr bei
planmäßig erfolgen (s. Bild 8). allen Inklinometern zulässt.
55

Bild 9: Verlauf der Inklinometerlinien mit deutlichem Versatz = Lage der tiefen Gleitfuge
56

Bild 10: Ertüchtigung durch Daueranker 7 – Litzer

Es ist eine zusätzliche Ertüchtigung der Ein­ gemessen; es wurden keinerlei Verformungen
schnittsböschung vorgesehen, die ab September festgestellt.
2010 eingebaut wird. Diese sieht den Einbau von
55 Stück Spannankern ergänzt durch Extensome­
ter und Ankerkraftmessdosen vor. Beispiel A 38

Die Böschung bleibt nach Abschluss der Ertüchti­ Im Verlauf der BAB A 38 war ein Einschnitt im Un­
gungsmaßnahmen unter Beobachtung. teren Buntsandstein mit einer hangseitig 19 Meter
Hohen Böschung herzustellen. In der ersten Bau­
Trotz des stufenweißen Einsatzes von Sicherungs­ grunderkundung wurden Schichtflächenneigungen
mitteln und ergänzender Ertüchtigung unter Ver­ festgestellt, die für einen längeren Trassenabschnitt
kehr bleiben die ausgeführten Maßnahmen im Hin­ keine ausreichende Böschungsstandsicherheit er­
blick auf die Baukosten in siebenstelliger Größen­ gaben. Durch eine umfangreiche ergänzende Er­
ordnung unter denen für die Bohrpfahlwand. kundung und Laboruntersuchungen, unter ande­
rem Trennflächenscherversuche, konnte das Pro­
blem differenzierter betrachtet und der Aufwand für
Beispiel A 73 die Sicherung und Zusatzaufwendungen erheblich
reduziert werden.
In einem ähnlich gelagerten Fall eines Einschnittes
im Zuge der A 73, ebenfalls im Röt, konnte die zu­ Ein Teil der vorgesehenen Nägel und Netze sollte
nächst für maximal erforderlich erachtete vollstän­ von vornherein im Zuge der Aushubarbeiten einge­
dige Dauervernagelung der gesamten Einschnitts­ baut werden. Ein weitaus größerer Teil der Siche­
böschung auf einen deutlich geringeren Umfang re­ rungsmittel sollte baubegleitend durch den geo­
duziert werden. technischen Sachverständigen nach Begutachtung
der Böschungsanschnitte und Aufnahme voraus­
Auch hier konnte durch baubegleitend angelegte eilender Schürfe festgelegt werden.
Baggerschürfe das Schichteinfallen differenziert
beurteilt und die zu sichernden Bereiche enger Obwohl der geotechnische Sachverständige schon
eingegrenzt werden. Es wurden nur etwas mehr zu einem frühen Zeitpunkt den Einbau von zusätz­
als 20 % der ursprünglich geplanten Zugpfähle/ lichen Nägeln für bestimmte Bereiche festgelegt
Nägel für die Gesamtböschung erforderlich (s. Bild hatte, wurde der Erdaushub mit unvermindertem
11). Die Inklinometer oberhalb der Böschung wur­ Nachdruck vorangetrieben, ohne die von vornhe­
den noch drei Jahre nach der Verkehrsfreigabe rein erforderlichen wie auch die zusätzlichen Nägel
57

Bild 11: Reduzierter Aufwand an Vernagelungsflächen

Bild 12: Gebrochene Böschung mit Bohrgerät zum verspäte­


ten Inklinometerbau. Aufgrund des unkoordinierten,
mangelhaften Zusammenwirkens von Bauüberwa­ Bild 13: Rund 100.000 Kubikmeter Fels sind aufgrund nicht
chung und Bauleitung des ausführenden Baubetrie­ eingebauter Felsnägel ins Rutschen gekommen
bes hat die an anderer Stelle bewährte Herangehens-
weise hier nicht funktioniert

einzubauen. Nachdem der Einschnitt bereits auf Nach einer Standzeit von etwa einem Monat brach
Endniveau ausgehoben war, wurde mit dem Ein- die Böschung und rund 100.000 Kubikmeter Fels
bau des ersten Inklinometers begonnen. Auch das kamen ins Rutschen (s. Bild 13).
erste Ankerbohrgeräte wurde nun erst angeliefert
(s. Bild 12).
58

Literatur
Geologische Karte von Thüringen 1:25.000, Blatt
5428 Meiningen

HECHT, Th.; MITTAG, A.: Stufenweise Erkundung


und Laboruntersuchungen zur Baugrundmodel­
lierung bei standsicherheitsgefährdeten Ein­
schnittsböschungen im Zuge der A 38. 15. Na­
tionales Symposium für Felsmechanik und Tun­
nelbau, Aachen, 19./20.03.2002. Geotechnik 25,
Heft 3, S. 178-183, 2002

RAITHEL, M.; MITTAG, J.; HECHT, Th.; KEMP­


FERT, H.-G.: Ursachen und Sanierung einer
großräumigen Rutschung im unteren Buntsand­
stein bei der Herstellung eines Einschnittes
der BAB A 38. 12. Darmstädter Geotechnik-
Kolloquium mit Fachausstellung, Darmstadt,
17.03.2005

SAMARAS, A.; GÄßLER, G.; WICHTER, L.: Hang­


sicherung mit Dauerbodennägeln an der Neu­
baustrecke Mannheim-Stuttgart. Eisenbahn­
technische Rundschau, Heft 4, S. 217-220,
1988

SEIDEL, G. (Hrsg.): Geologie von Thüringen. E.


Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung,
Stuttgart, 1995. ISBN 3-510-65166-9

WICHTER, L.; HOLLINGER, J.; HECHT, Th.: Ver­


nagelung einer großen und tiefreichenden Rut­
schung im Zuge der BAB A 71. Geotechnik 27,
Heft 2, S. 155-160, 2004
59

Dipl.-Geol. Jochen Daschner Es liegen zwischen der Einleitung der Planfeststel­


Autobahndirektion Südbayern, München lung im Juni 1981 und dem endgültigen Baurecht
am 30.07.2002 mehr als 21 Jahre. Dies ist damit
eine der längsten Rechtsgeschichten und böse
Zungen sprechen von der „unendlichen Geschich­
Überwindung eines Toteisloches te” der BAB A 7.
beim Bau der BAB A 7 im
Während des Baus des letzten Streckenabschnit­
Langegger Tal
tes zwischen der Anschlussstelle Nesselwang und
dem Grenztunnel Füssen gab es durch die sehr be­
Beim Bau des letzten Teilstücks der BAB A 7 wurde wegte Geologie im Allgäu einige Abschnitte mit
im Abschnitt Langegger Tal im Untergrund, neben schwierigen Untergrundverhältnissen. Einer dieser
gering tragfähigen Schichten mit mehreren Metern Abschnitte befand sich nördlich Hopferau im Bau­
Mächtigkeit, die Struktur eines in der letzten Eiszeit abschnitt „Vorschüttung und Voreinschnitt im Lang­
entstandenen Toteisloches angetroffen. Dadurch egger Tal von Bau-km 115+000 bis 117+700“.
ereignete sich bereits bei einer geringen Schütt-
höhe trotz geokunststoffbewehrter Dammgründung
und der durchgeführten Bodenstabilisierungsmaß­
2 Geologie
nahmen ein Grundbruch.
Der Streckenabschnitt Nesselwang-Füssen der
Die anschließende Dammherstellung einschließlich
BAB A 7 führt durch die sehr lebhaft gegliederte
der erforderlichen Überschüttung im Grundbruch­
Moränenlandschaft des voralpinen Hügellands im
bereich wurde gemäß der Beobachtungsmethode
südlichen Allgäu. Die Autobahntrasse quert dabei
nach DIN 1054 durchgeführt. Im Zuge der lang­
von Nordwesten nach Südosten drei tektonische
samen, kontrollierten Dammschüttung traten ver­
Einheiten: die Faltenmolasse, das Helvetikum
tikale Setzungen von bis zu 3,5 m und horizontale
sowie die Flyschzone.
Verschiebungen am Böschungsfuß von 3-4 m auf.
Die abwechslungsreiche Geländemorphologie
wurde durch die Abfolge verschieden harter Ge­
1 Projektlage und Erläuterung steinsschichten und ihre räumliche Lagerung sowie
Die BAB A 7 ist mit einer Streckenlänge von 962,3 durch Ausräumung, Aufschüttung und Überformung
km Deutschlands längste Autobahn und verläuft durch eiszeitliche Gletscher und ihre Schmelz­
mittig in Deutschland von Nord nach Süd. wässer geformt. Die Morphologie wurde dabei zu­
letzt überwiegend von der Würm- und der Rissver­
Der Bau des letzten Abschnitts, des 13,5 km langen eisung geprägt, dadurch stehen an der Gelände­
Lückenschlusses zwischen der Anschlussstelle oberfläche unter der holozänen Bodenbildung
Nesselwang und dem Grenztunnel Füssen, verzö­ hauptsächlich Moränen und interglaziale Sedimen­
gerte sich erheblich. te an.

Bild 1: Übersichtslageplan Bild 2: Geologische Übersicht


60

Zwischen Nesselwang und dem Langegger Tal von tragfähigem Moränenmaterial oder wenig trag­
quert die Trasse die Faltenmolasse mit der typi­ fähigen Torfen, Seekreiden oder Seetonen.
schen Wechselfolge von Mergeln bis Mergelstei­
nen, härteren Sandsteinen und sehr harten Konglo­ Die in diesem Streckenabschnitt in der geolo­
meraten. gischen Karte eingezeichneten Torfmoore weisen
bereits auf schwierige Untergrundverhältnisse mit
Dabei bilden die härteren Gesteine die in West-Ost- stark kompressiblen Bodenschichten und geringen
Richtung ausgerichteten Höhenrücken. Die leichter Grundwasserflurabständen hin.
erodierbaren Schichten wurden vom Gletscher bis
in größere Tiefen ausgeräumt. Die BAB A 7 verläuft zwischen Bau-km 116+000 bis
116+800 auf einem bis zu 8,5 m hohen Damm. In
Südlich der Faltenmolasse beginnt die Flyschzone, der Baugrunderkundung waren von Bau-km
in die westlich von Hopferau eine Zunge des Hel­ 116+250 bis Bau-km 116+650 unter dem Damm
vetikums mit anstehenden Kalkmergeln einge­ mehrere Meter mächtige, gering tragfähige Schich­
schaltet ist. Bei den Flyschgesteinen handelt es ten erbohrt worden.
sich um Wechsellagerungen von gut gebankten
Sandsteinen, Mergeln, Tonsteinen und Kalken. Es wurde in den Bohrungen von oben nach unten
folgender Schichtaufbau festgestellt: Torfe mit wei­
Beim Bau der BAB A 7 wurden überwiegend die cher bis breiiger Konsistenz mit Mächtigkeiten von
oberflächennahen, jüngsten Ablagerungen ange­ 1-4 m, Wiesenkalke mit ebenfalls weicher bis breii­
troffen. Dabei handelte es sich um die quartären, in­ ger Konsistenz mit 1-5 m Mächtigkeit, weiche bis
terglazialen und glazialen Ablagerungen in Form breiige Schluffe mit Mächtigkeiten von 1-7 m. Da-

Bild 3: Geologischer Längsschnitt


61

runter folgten tragfähige Schichten in Form von kie­ Über die oberste Geogitterlage wurde eine 30 cm
sigem Geschiebelehm, Ton- und Sandsteinen. dicke Schutzschicht aus Bodengruppen GW/GU
nach DIN 18196 aufgebracht und darüber folgte die
Die Zusammensetzung und die Mächtigkeiten des Dammschüttung, die dann noch mit einer 1,5 m di­
kiesigen Geschiebelehms variierten sehr stark. cken Überlastschüttung einschließlich der seitli­
chen Dammverbreiterung versehen wurde.
Der Grundwasserflurabstand betrug in diesem
Streckenabschnitt 0,4 bis 1,7 m. Um bei Dammhöhen ab 3,5 m ausreichende
Böschungsbruchsicherheiten bei den geplanten
Böschungsneigungen von 1:1,5 zu gewährleisten,
3 Dammgründung wurden im Bereich der Böschungsfüße Bodenver­
Aufgrund der im Untergrund anstehenden gering besserungs- bzw. Bodenaustauschmaßnahmen er­
tragfähigen Bodenschichten wurde der Damm auf forderlich.
einem geokunststoffbewehrten Gründungspolster
Bei Mächtigkeiten der wenig tragfähigen Schichten
mit Überlastschüttung aufgebaut.
bis 2,5 m unter GOK wurde in einem Abstand von
Nach Abtrag des Oberbodens wurde eine geotextile je 5 m ein scheibenförmiger Bodenaustausch
Trennlage ausgerollt und darauf eine Lage von durchgeführt und bei größeren Mächtigkeiten der
0,5 m Frostschutzkies aufgebracht. Die Oberkante stark kompressiblen Schichten wurden Rüttelstopf­
der Frostschutzschicht bildete das Arbeitsplanum. säulen mit einem Durchmesser von 90 cm bis in
maximale Tiefen von 13 m ausgeführt. Dabei wur­
Darüber wurde das geokunststoffbewehrte Grün­ den die Rüttelstopfsäulen in einem Dreiecksraster
dungspolster eingebaut. Es hatte eine Dicke von mit einem Abstand von 1,6 m angeordnet.
0,5 m und bestand aus zwei Lagen eines Geogit­
ters, das am Rand eingeschlagen wurde und in Für die kontrollierte Dammschüttung wurden in die­
Dammmitte eine Überlappung von 3 m aufwies. Das sem Abschnitt zusätzlich 3 Messquerschnitte mit je
Geogitter war für eine Bemessungszugfestigkeit einem Horizontalinklinometer und zwei Porenwas­
von 50 kN/m bei einer Dehnung von 6 % ausgelegt. serdrucksensoren angelegt und alle 60 m wurde
Zwischen den Geogitterlagen wurde Kiesmaterial eine Messreihe bestehend aus 5 Setzungspegeln
der Bodengruppe GW nach DIN 18196 eingebaut. erstellt.

Bild 4: Schemaschnitt Dammgründung


62

4 Grundbruch und ergänzende


Baugrunderkundung
Am 25.10.2006 entstand bei einer Dammhöhe von
nur 2 m über Geländeoberkante ein Grundbruch.
Der Grundbruch trat bereits zu dem Zeitpunkt
ein, als die Porenwasserdruckmessungen begon­
nen wurden. An der Bruchlinie wurden an diesem
Tag eine Abbruchhöhe von etwa 75 cm und am
Böschungsfuß ein horizontaler Versatz in südliche
Richtungen von 1 bis 1,5 Meter gemessen (s. Bild
5).

Die Bruchlinie reichte von Bau-km 116+350 bis Bild 5: Foto der Bruchlinie vom 25.10.2006
116+490 und ist somit ca. 140 m lang. In diesem
Abschnitt befanden sich die Setzungspegelreihen
203 bis 207.

Des Weiteren lagen in diesem Ausschnitt die


Messquerschnitte MQ5, MQ6 und MQ7.

Das Horizontalinklinometer im Messquerschnitt


MQ6 wurde durch die eingetretenen vertikalen und
horizontalen Bewegungen zerstört.

In Bild 6 ist die Lage der durch die starke horizon­


tale Bewegung am Dammfuß entstandenen Ober­
bodenfaltung zu sehen.
Bild 6: Vermessung, Stand 10.04.2010
Südlich des Vorflutgrabens, in einem Abstand von
ca. 50 m zum Dammfuß, bildete sich eine Gelände­
rials bereits stark komprimiert worden. Offensicht­
aufwölbung, in der sich das Gelände etwa um einen
lich ist schon während der Erstellung des Arbeits­
halben Meter hob.
planums eine größere Kubatur des aufgebachten
Zur Klärung der Schadensursache und der Fest­ Kieses eingesunken und die Auflast auf den gering
legung der weiteren Vorgehensweise wurden im tragfähigen Schichten war aufgrund der größeren
Grundbruchbereich weitere Bohrungen und Ramm­ Dicke des Kiespakets wesentlich höher als ange­
sondierungen durchgeführt. Dabei wurde festge­ nommen.
stellt, dass in der Oberkante der tragfähigen
Zusätzlich hierzu wurden in den neuen Bohrungen
Schichten unter dem nördlichen Damm eine Stufe
Schichten von Seekreide und Seetonen erbohrt.
mit einem Höhenversatz von ca. 5 m vorliegt. Die
Dies sind Anzeichen dafür, dass ursprünglich in die­
Oberkante der tragfähigen Schichten fällt stark
sem Bereich ein kleiner See existierte, der im Laufe
nach Süden ab. Weiter in Richtung Süden fällt die
der Zeit verlandet ist.
Oberkante der tragfähigen Schichten noch leicht
ab, bis sie wahrscheinlich unter der entstandenen Solche kleinen ovalen oder runden Seen können
Geländeaufwölbung wieder ansteigt. beim Rückzug eines Gletschers entstehen, wenn
einzelne Eisblöcke vom durch das Schmelzwasser
Die Mächtigkeit der Torfe war in den Bohrungen transportierten Material (Sand/Kies) überlagert wer­
BK1 und BK3, die nach dem Eintreten des Grund­ den und sich ein so genannter Toteisblock bildet.
bruchs abgeteuft wurden, bereits stark reduziert. Dieser Eisblock schmilzt durch den Schutz der
Anstatt der ursprünglichen Mächtigkeiten in Überlagerung viel später ab und bildet im zurück­
Dammmitte von 4 bis 5 m wies der Torfhorizont nun bleibenden Toteisloch einen kleinen See.
nur noch 1,3 bis 1,6 m auf. Er war durch die
Dammauflast, das Befahren mit den Baustellen­ Im Laufe der Zeit verlandet der See und ist an der
fahrzeugen und die Verdichtung des Einbaumate- Oberfläche nicht mehr sichtbar.
63

Bild 7: Modellvorstellung des Grundbruchs

In Bild 7 wurde versucht, die vorhandenen Unter­ bis zum Abklingen der Setzungen auf dem Damm
grundgegebenheiten und den schematischen Ab­ verbleiben.
lauf des Grundbruchs vereinfacht darzustellen.
In Bild 8 sind die Ergebnisse der Setzungsmes­
sungen der Setzungspegel 205.1 bis 205.5, die
5 Weiteres Vorgehen sich bei Bau-km 116+420 befanden, dargestellt.
Die größten Setzungen mit 3,5 m wurden am Set­
Auf der Grundlage der Ergebnisse der zusätzlichen zungspegel 205.3, der sich in Trassenmitte be­
Baugrunderkundung wurde die Dammschüttung fand, gemessen.
wie nachfolgend geschildert fortgesetzt.
Die geringsten Setzungen wurden am nördlichsten
Zuerst wurde am südlichen Dammfuß eine Auflast Setzungspegel 205.1 beobachtet, hier traten bis
aufgebracht, danach wurde auf dem Damm im zu dessen Rückbau ca. 0,7 m Setzungen ein.
Grundbruchbereich eine weitere Geogitterlage ein­ Auch die Setzungen im Bereich der südlichen
gebaut und es wurde in Abhängigkeit von den Po­ Bodenverbesserung mit Rüttelstopfsäulen waren
renwasserdruck- und Setzungsmessungen ein mit max. Setzungsbeträgen von ca. 1,5 m wesent­
langsamer kontrollierter Dammaufbau durchge­ lich geringer als in Trassenmitte.
führt.
Gleichzeitig zu den Setzungen traten am Bö­
Danach wurde wie geplant die Überlastschüttung schungsfuß horizontale Verschiebungen in südli­
aufgebracht. che Richtungen in der Größenordnung von 3 bis
4 m ein. Nachdem die Dammschüttung beendet
Die Erstellung des Dammes einschließlich der war, klangen die horizontalen Verschiebungen na­
Überlastschüttung bis auf eine max. Höhe von hezu ab und es waren nur noch vertikale Setzun­
10 m über GOK mit der seitlichen Anschüttung gen messbar.
dauerte schließlich 8 Monate. Aufgrund der Verzö­
gerungen beim Bau der Talbrücke Enzenstetten Der Streckenabschnitt wurde im September 2009
konnte die Überlastschüttung im kritischen Be­ für den Verkehr freigegeben. Seitdem wurden im
reich von Juli 2007 bis März 2008, also 9 Monate, Grundbruchbereich noch geringe Setzungsbeträ­
64

Bild 8: Setzungsmessungen bei Bau-km 116+420

Bild 9: Lageplan m. Setzungspegel 205.1-205.5

ge in der Größenordnung von 1-2 cm pro Jahr ge­


messen.

Literatur
SCHNEIDER, R.; WOLF, D.: BAB A 7 Würzburg –
Ulm – Füssen, Baugrundgutachten zur Strecke von
km 115+000 bis 118+800, Crystal Geotechnik, 2005

Geologische Karte von Bayern, 1:100.000, Blatt


662 Füssen, Bayerisches Geologisches Landes­
amt, 1960
65

Auswirkungen des Klimawandels auf die Straßeninfrastruktur

Referenten

Dipl.-Ing. Dipl.-Tropentechnologe Andreas Wolf

Dipl.-Geol. Ursula Blume

Dr. rer. nat. Martin Brodbeck

Dipl.-Ing. Stefan Zodet

Dr. rer. nat. Andreas Gidde

66

Dipl.-Ing. Dipl.-Tropentechnologe Andreas Wolf Climate Change) von der Weltorganisation für
Bundesanstalt für Straßenwesen, Meteorologie (WMO) und dem Umweltprogramm
Bergisch Gladbach der Vereinten Nationen (UNEP) gegründet.
Hauptaufgabe des IPCC ist es, die Ursachen der
globalen Klimaänderung und ihre potenziellen Risi­
Szenarien Klimawandel ken für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu un­
tersuchen und daraus Vermeidungs- und Anpas­
sungsstrategien abzuleiten.
Unter dem Begriff Klima wird die Gesamtheit aller
an einem Ort möglichen Wetterzustände, ein­ Als zwischenstaatliche Organisation kann der IPCC
schließlich ihrer typischen Aufeinanderfolge sowie Entscheidungsträgern wissenschaftlich-technische
ihrer tages- und jahreszeitlichen Schwankungen, und sozioökonomische Informationen auf politisch
verstanden. Das Klima wird durch das Wechsel­ relevante, aber politikneutrale Art und Weise zur
spiel aller Sphären der Erde (Kontinente, Meere, At­ Verfügung stellen.
mosphäre) sowie der Sonnenaktivität geprägt.
Die Simulationsrechnungen des Vierten Sach­
Das Klima ändert sich weltweit. Unser aller Le­ standsberichtes des IPCC fußen auf den so ge­
bensraum ist durch die erwarteten gravierenden nannten SRES-Szenarien. Diese sind nach dem
klimatischen Veränderungen betroffen. Ökologi­ IPCC-Sonderbericht zu Emissionsszenarien be­
sche, soziale und wirtschaftliche Folgen sind be­ nannt (Special Report on Emissions Scenarios –
reits heute in vielen Regionen spürbar und werden SRES [1]), der im Jahr 2000 vom IPCC verabschie­
voraussichtlich in den kommenden Jahren weiter det worden war und Literatur sowie Datengerüste
zunehmen. Die Lebensbedingungen auch der Men­ aus der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zur Grund­
schen in Deutschland ändern sich. Experten rech­ lage hatte (welche zumeist vor der Einigung um das
nen mit weit reichenden Folgen, wenn es nicht ge­ Kyoto-Protokoll erstellt worden waren). Die Zu­
lingt, die globale Klimaänderung zumindest in kunftsszenarien für den Zeitraum 2001 bis 2100 ba­
Schranken zu halten. Der Klimawandel ist somit sieren auf möglichen Entwicklungslinien, so ge­
eine der größten Herausforderungen für die nannten Storylines, auf Basis von sozioökonomi­
Menschheit (Bild 1). schen Annahmen in den Bereichen Bevölkerungs­
wachstum, ökonomische und soziale Entwicklung,
1988 wurde das wissenschaftliche zwischenstaat­ technologische Veränderungen, Ressourcen-Ver­
liche Gremium IPCC (Intergovernmental Panel on brauch und Umweltmanagement.
Die in der Zahl auf 40 reduzierten SRES-Szenarien
werden in die vier Hauptgruppen A1, A2, B1 und B2
unterteilt (Bild 2).

Bild 1: Gemessene (1900 bis 2000) und prognostizierte (2010


bis 2100) Entwicklung der mittleren globalen Erwär­
mung an der Erdoberfläche Bild 2: SRES-Szenarien des IPCC
67

Die Szenariengruppe A1 beschreibt eine künftige Die SRES-Szenarien beinhalten keine aktiven
Welt mit sehr raschem wirtschaftlichem Wachstum, Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels,
einer Weltbevölkerung, die Mitte des 21. Jahrhun­ sondern nur Veränderungen, die sich z. B. aus der
derts zahlenmäßig ihren Höhepunkt erreicht und Verbesserung der Energieeffizienz ergeben, wenn
danach abnimmt, und der raschen Einführung von diese finanziellen Nutzen bringen. Sie gehören
neuen und effizienteren Technologien. Die wichtigs­ somit zu den Szenarien, die die IPCC-Forschungs­
ten Grundannahmen sind die Annäherung der Re­ gemeinschaft mit „Szenarien ohne Intervention” be­
gionen, der weltweite Aufbau von erforderlichem zeichnet.
Know-how und zunehmende kulturelle und soziale
Interaktionen, mit einer erheblichen Verminderung Der nächste – fünfte – Sachstandsbericht des IPCC
der regionalen Differenzen im Pro-Kopf-Einkom­ wird mit neuen Emissionsszenarien arbeiten, die in
men. Je nach Energienutzung wird noch in die drei den kommenden Jahren entwickelt werden und auf
Untergruppen A1FI (intensive Nutzung fossiler einem völlig neuen Prinzip der Kategorisierung ba­
Brennstoffe), A1T (Nutzung nicht-fossiler Energie- sieren.
quellen) und A1B (ausgeglichene Nutzung aller
Viele Länder haben sich zum so genannten
Energieträger) unterschieden.
2°-C-Ziel bekannt, der Vorgabe, dass die globale
Die Szenariengruppe A2 beschreibt eine sehr hete­ Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit (ca.
rogene Welt. Die Grundannahmen sind Autarkie 1.850) die Schwelle von 2 °C nicht überschreiten
und die Bewahrung von lokalen Identitäten. Die Ge­ sollte (Vereinbarung auf dem Gipfeltreffen der
burtenraten der verschiedenen Regionen nähern G-8-Staaten zusammen mit den wichtigen Schwel­
sich nur langsam an, was zu einem kontinuierlichen lenländern China, Indien, Brasilien und Mexiko im
Wachstum der Weltbevölkerung führt. Wirtschaft­ italienischen L'Aquila im Juli 2009). Die 2 °C sind
liches Wachstum ist vor allem regional orientiert, damit eher ein Ziel als ein ökonomisches Szenario.
und das wirtschaftliche Pro-Kopf-Wachstum und Szenarien für 2 °C gehen von einer raschen Abkehr
der technologische Wandel verändern sich frag­ von fossilen Brennstoffen, einer großen Steigerung
mentierter und langsamer als in anderen Szena­ der Energieeffizienz, einem nachhaltigen Umgang
riengruppen. mit Ressourcen und einem hohen Anteil von erneu­
erbaren Energien aus. Diese Szenarien gehören zu
Die Szenariengruppe B1 beschreibt eine konver­ den „Szenarien mit Intervention“, die zusätzlich po­
gierende Welt mit der gleichen globalen Bevölke­ litische und wirtschaftliche Maßnahmen zur Ein­
rung wie im A1-Szenario, aber mit raschen Verän­ grenzung des Klimawandels (z. B. CO2-Steuer,
derungen in den wirtschaftlichen Strukturen hin zu Vorschriften bezüglich Energieeffizienz) berück­
einer Dienstleistungs- und Informationswirtschaft, sichtigen [3].
mit deutlich geringerer Materialintensität und Ein­
führung von emissionsarmen und ressourcenscho­ Mit den SRES-Szenarien wurden globale Klimamo­
nenden Technologien. Das Schwergewicht liegt auf delle gespeist.
globalen Lösungen in Richtung wirtschaftlicher, so­
zialer und ökologischer Nachhaltigkeit, einschließ­ Klimamodelle beschreiben das Klimasystem der
lich verbesserter Gerechtigkeit, aber ohne zusätz­ Erde in physikalisch-mathematischen Gleichungen.
liche Klimaschutzinitiativen. Diese Gleichungen bilden, soweit möglich, das Zu­
sammenwirken der einzelnen Teile des komplexen
Die Welt der B2-Szenarien setzt auf lokale Lösun­ Klimasystems und deren interne Veränderungspro­
gen der wirtschaftlichen, sozialen und umweltorien­ zesse ab. Daraus „errechnet” der Computer das
tierten Nachhaltigkeitsfragen. Die Weltbevölkerung Klima: die für einen geografischen Ort, eine Land­
nimmt ständig zu, wenn auch weniger stark als bei schaft oder einen größeren Raum charakteristische
den A2-Szenarien. Die Wirtschaftsentwicklung be­ Verteilung der häufigsten, mittleren und extremen
wegt sich auf mittlerem Niveau, und der technologi­ Wetterzustände und Witterungsvorgänge [4]. Die
sche Wandel ist weniger schnell und regional un­ Modelle basieren in der Regel auf einem Meteoro­
terschiedlicher als bei den A1- und B1-Szenarien. logiemodell, wie es auch zur numerischen Wetter­
Der Umweltschutz und eine ausgewogene Vertei­ vorhersage verwendet wird. Dieses Modell wird je­
lung des Wohlstands spielen zwar ebenfalls eine doch für die Klimamodellierung erweitert, um alle
wichtige Rolle, aber auf lokaler und regionaler Erhaltungsgrößen korrekt abzubilden. In der Regel
Ebene. werden dabei ein Ozeanmodell, ein Schnee- und
68

Eismodell für die Kryosphäre und ein Vegetations­ nötigen deshalb geeignete Randbedingungen an
modell für die Biosphäre angekoppelt. den Rändern des Simulationsgebietes. Diese
Randbedingungen stammen aus Simulationen der
Die Qualität der Simulation des künftigen Klimas globalen Klimamodelle. Man spricht deshalb davon,
hängt auch von der Maschenweite des Gitternetzes dass ein regionales Klimamodell durch ein globales
ab, je feiner, desto besser. Die Maschenweite wie­ Klimamodell angetrieben wird. Dies wird als
derum ist eine Folge der verfügbaren Computerleis­ „Nesting” oder „dynamic downscaling” bezeichnet
tung. Die Abstände der Gitternetzpunkte bei einem und beschreibt das Einbetten eines regionalen Mo­
globalen Klimamodell sind in der Regel recht groß dells mit einer hohen räumlichen Auflösung in ein
und liegen zwischen 150 und 500 km. globales Klimamodell mit einer geringen räumli­
Die Grenzen der Modelle liegen in den verwende­ chen Auflösung. Regionale Modelle verfügen über
ten mathematischen Modellen selbst und in der be­ eine vergleichsweise feinere Auflösung (horizontale
grenzten Anzahl der berücksichtigten Einflussfakto­ Maschenweite bis zu 10 km).
ren. Leistungsfähigere Rechner ermöglichen dabei Die Ergebnisse der Rechenläufe mit den vier bisher
die Entwicklung komplexerer Modelle mit höherer für Deutschland vorliegenden regionalen Klima­
räumlicher Auflösung und einer zunehmenden An­ modellen
zahl von Einflussfaktoren auf das Klima. Bei nur
mäßig verstandenen physikalischen Grundlagen, • CLM (abgeleitet aus dem lokalen Vorhersage­
gegenwärtig etwa der Fall bei der Dynamik von Eis­ modell des Deutschen Wetterdienstes),
schilden oder der Rolle von Aerosolen und Wolken,
• REMO (Regional Modelling of Present and
können Klimamodelle entsprechend nur vergleichs­
weise unsichere Ergebnisse liefern. Future Climate) vom Max-Planck-Institut für Me­
teorologie in Hamburg,
Bei der Interpretation der Ergebnisse der Klimamo­
• STAR, entwickelt von der Arbeitsgruppe Dr.
dellrechnungen in die Zukunft muss berücksichtigt
Gerstengarbe vom Potsdam-Institut für Klimafol­
werden, dass es sich nicht um Prognosen über
genforschung (PIK), und
einen sicheren zukünftigen Verlauf globaler oder lo­
kaler Klimata handelt, sondern um Simulationen • WETTREG von der Firma Meteo-Research und
des sehr komplexen realen Klimasystems, welchen Climate & Environment Consulting (CEC) in Zu­
spezielle Szenarien auf Basis sozioökonomischer sammenarbeit mit der FU Berlin
Annahmen zugrunde liegen (vgl. Bild 2).
sind beispielhaft anhand der erwarteten Änderun­
Beispiele globaler Klimamodelle sind: gen für die mittlere Lufttemperatur, die Anzahl der
heißen Tage und die mittlere Niederschlagshöhe in
• HadCM3 (Hadley coupled model, version 3):
den Zeiträumen 2021-2050 und 2071-2100 gegen­
Dieses Klimamodell wurde, neben einigen an­
über dem Referenzzeitraum 1971-2000 in den Bil­
deren, für den dritten (TAR) und vierten (AR4)
dern 3 und 4 dargestellt.
Sachstandsbericht des IPCC verwendet.
Deutlich erkennbar wird, dass neben der Abhängig­
• HadGEM1 (Hadley global environment model keit von der Wahl des vorzugebenden Emissions­
1): Weiterentwicklung des HadCM3 Klimamo­
szenarios die Resultate u. a. auch aufgrund der
dells.
Wahl des regionalen Klimamodells variieren.
• ECHAM4 und ECHAM 5 des Max-Planck-Insti­ Aus den Bildern wird ersichtlich, dass küstennahe
tuts für Meteorologie (MPI-M). Regionen anders vom Klimawandel betroffen sind
In diesen groben Skalen ist eine Vorhersage der als Niederungen oder Gebirgsregionen. Die geo­
Klimaentwicklung für kleinere Regionen nicht mög­ grafische Breite spielt also eine große Rolle.
lich, da die Topografie der Erdoberfläche nur unzu­ Aus den Ergebnissen der Klimasimulationen kön­
reichend wiedergegeben wird. Regionale Beson­ nen folgende resultierende Folgen des Klimawan­
derheiten werden nicht dargestellt. Hierfür stehen dels für Deutschland bis Ende des Jahrhunderts
regionale Klimamodelle zur Verfügung, die den glei­ abgeleitet werden:
chen physikalischen Hintergrund haben wie die
Globalmodelle. Regionale Klimamodelle betrachten • häufigere und längere Hitze- und Trockenperi­
lediglich einen Ausschnitt der Atmosphäre und be­ oden im Sommer (gegenüber der Vergleichspe­
69

Bild 3: Regional erwartete Änderungen des Jahresmittelwertes für die Lufttemperatur und der jährlichen Anzahl der heißen Tage für
Deutschland in den Zeiträumen 2021-2050 und 2071-2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1971-2000. Grundlagen:
Emissionsszenario A1B, Antrieb durch globales Klimamodell ECHAM-5
70

Bild 4: Regional erwartete Änderungen der mittleren Niederschlagshöhen im Sommer und im Winter für Deutschland in den Zeit­
räumen 2021-2050 und 2071-2100 gegenüber dem Referenzzeitraum 1971-2000. Grundlagen: Emissionsszenario A1B,
Antrieb durch globales Klimamodell ECHAM-5
71

riode 1971-2000: Temperaturanstieg um 2 K bis fristiges Ziel der Deutschen Anpassungsstrategie


4 K, Zunahme der heißen Tage im Südwesten [2].
um bis zu 30 Tagen),
Hierzu sind
• milde Winter,
• mögliche langfristige Klimafolgen für Deutsch­
• Veränderung im Niederschlagsregime (trocke­ land und seine Regionen zu benennen und zu
nere Sommer (20 % bis 40 % weniger Regen), konkretisieren,
niederschlagsreiche Winter (20 % bis 40 %, ge­
bietsweise bis zu 70 % mehr Niederschlag), Zu­ • Gefahren und Risiken zu benennen und zu ver­
nahme von Starkniederschlagsereignissen) und mitteln, d. h., Eintrittswahrscheinlichkeiten und
eine Schadenpotenziale sowie Unsicherheiten von
Klimafolgen und deren zeitliche Komponente zu
• Änderung im Sturmgeschehen (intensive Win­ quantifizieren und transparent zu machen,
terstürme, Sturmfluten, häufigere Gewitter mit
Hagel und Sturmböen). • Akteure zu sensibilisieren, um ein entsprechen­
des Bewusstsein zu schaffen, und
Die kontinuierliche Veränderung des Klimas und
extreme Wetterlagen, die Schnee, Eis, Nebel, • Entscheidungsgrundlagen bereitzustellen, die
Hagel, Hitzewellen, Stürme, Starkregen, Hoch- und es den verschiedenen Akteuren ermöglichen,
Niedrigwasser in Flüssen oder auch starken See­ Vorsorge zu treffen und die Auswirkungen des
gang im Meer mit sich bringen, können den Verkehr Klimawandels schrittweise in privates, unterneh­
auf Straße, Schiene, Wasser und in der Luft behin­ merisches und behördliches Planen und Han­
dern. deln einzubeziehen, und

So beeinträchtigen stärkere Niederschläge den • Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, Verant­


Straßenverkehr z. B. durch schlechte Sichtverhält­ wortlichkeiten abzustimmen bzw. festzulegen,
nisse und nasse Fahrbahnen (Aquaplaning). Hang- Maßnahmen zu formulieren und umzusetzen.
rutsche und Unterspülungen führen z. B. zur De­ Bezogen auf die Straßeninfrastruktur ist die Kriti­
stabilisierung und Zerstörung von Straßen- und kalität ihrer einzelnen Teile (Straßenabschnitte,
Bahntrassenabschnitten. Stürme können direkt zu Brücken, Ingenieurbauwerke, Straßenausstattung)
Behinderungen führen oder über Windwurf Stra­ auf Objektebene einzuschätzen, um daraus erfor­
ßen, Gleise und Stromleitungen schädigen. Durch derliche Maßnahmen zur Verringerung ihrer Ver­
Hitzewellen in den Sommermonaten können die wundbarkeit abzuleiten. Hierzu hat zunächst auf
Unfallzahlen steigen, da bei hohen Temperaturen der Netzebene eine Fusion der Ergebnisse der re­
i. d. R. die Konzentrationsfähigkeit sinkt. gionalen Klimaprojektionen mit den Daten der ent­
Lang anhaltende Hitze oder Starkregen-Ereignisse sprechenden Elemente der Straßeninfrastruktur zu
schaden auch der Straßeninfrastruktur. Hohe Stra­ erfolgen (Bild 5). Aus dieser Datenfusion ergeben
ßenoberflächentemperaturen z. B. führen bei As­ sich die durch den Klimawandel betroffenen Objek­
phaltbefestigungen infolge des Schwerverkehrs zu te im Netz. Die Analyse ihrer Verwundbarkeit führt
plastischen Verformungen des Asphaltes, den zur netzweiten Reihung der Kritikalität der Objekte.
Spurrinnen, bei Straßenbefestigungen in Beton­ Diese ist dann Grundlage für die Aufstellung von
bauweise zu Hitzeaufbrüchen, dem plötzlichen und Programmen für die Anpassung der Straßenver­
explosionsartigen Aufbrechen von Betonfahrbah­ kehrsinfrastruktur an die Folgen des Klimawan­
nen, dem so genannten „Blow up“. dels.

Aber auch gesellschaftliche, ökonomische und öko­ Der Klimawandel erfordert nicht nur technische An­
logische Systeme sind von den Folgen des Klima­ passungen. Es bedarf auch einer stärkeren Diskus­
wandels betroffen. sion in Politik und Öffentlichkeit über die Frage, wel­
ches Risiko einer z. B. Überschwemmung als noch
Daher sind die Verminderung der Verwundbarkeit tolerierbar gelten sollte. Diese Diskussionen zielen
bzw. der Erhalt und die Steigerung der Anpas­ auf eine Einigung über differenzierte Schutz­
sungsfähigkeit natürlicher, gesellschaftlicher und niveaus, also darüber, welche Güter und welche
ökonomischer Systeme an die unvermeidbaren Nutzungen vorrangig zu schützen und welche ge­
Auswirkungen des globalen Klimawandels lang­ gebenenfalls zu vernachlässigen sind.
72

[8] JACOB, D.; GÖTTEL, H.; KOTLARSKI, S.; LO­


RENZ, Ph.; SIECK, K.: Klimaauswirkungen
und Anpassung in Deutschland – Phase 1:
Erstellung regionaler Klimaszenarien für
Deutschland. Max-Planck-Institut für Meteo­
rologie (MPI-M), Hamburg, 11/2008

[9] Umweltbundesamt 11/08: Klimaauswirkungen


und Anpassung in Deutschland – Phase 1:
Erstellung regionaler Klimaszenarien für
Deutschland

Bild 5: Struktur des Vorgehens im Vorfeld der Programmerstel­


lung für Anpassungsmaßnahmen in Bezug auf die Stra­
ßeninfrastruktur (nach KRIEGER, BASt, Mai 2009)

Jede erfolgsträchtige Strategie wird künftig stärker


als bisher zweigleisig fahren müssen. Nur eine Min­
derung des Eintrags von klimaschädlichen Treib­
hausgasen und eine Anpassung an den bereits un­
vermeidlichen Klimawandel werden die Anfälligkeit
unserer Gesellschaft und Wirtschaft gegenüber Kli­
maänderungen vermindern.

Quellen für Textpassagen


[1] IPCC: Special Report Emissions Scenarios,
IPCC, 2000

[2] Die Bundesregierung: Deutsche Anpassungs­


strategie an den Klimawandel (vom Bundeska­
binett am 17. Dezember 2008 beschlossen)

[3] HILDESHEIMER: Klimaszenarien – Wohin


geht die Entwicklung? ETH Zürich

[4] CUBASCH, U.; FAST, I.: Perspektiven der Kli­


mamodellierung, Institut für Meteorologie,
Fachrichtung Wechselwirkung im Klimasystem
der Erde

[5] TREBER, M.: Neue IPCC-Szenarien für den


Fünften Sachstandsbericht, Germanwatch,
2008

[6] Wikipedia: Klimamodell

[7] BÖSCH, B.; KLIWA, K.: WETTREG – Klima­


szenarien und ihre Auswirkung auf Baden-
Württemberg, 2008
73

Dipl.-Geol. Ursula Blume


Bundesanstalt für Straßenwesen,
Bergisch Gladbach

Abschätzung der Risiken von


Hang- und Böschungsrutschun­
gen durch die Zunahme von
Extremwetterereignissen

1 Einleitung
Klimatische Modellrechnungen zeigen, dass schon
in den kommenden Dekaden mit einer deutlichen
Änderung von Wetterelementen zu rechnen ist. Es
ist mittlerweile unbestritten, dass der Klimawandel Bild 1: Entwicklung der globalen CO2-Konzentration in den
letzten 10.000 Jahren [Quelle: IPCC, 4. Sachstandsbe­
auch auf menschliche Aktivitäten und deren unmit­ richt, 2007]
telbare Auswirkungen auf klimarelevante Gase zu­
rückzuführen ist. Da bereits unumkehrbare klimati­
sche Prozesse eingetreten sind, ist eine schnelle
Anpassung an die prognostizierten Änderungen er­
forderlich.

In diesem Artikel werden die Anpassungen, die bei


der Straßeninfrastruktur im Bereich Erdbau und
Entwässerung erforderlich sind, dargelegt. Weiter­
hin wird ein Pilotprojekt der BASt, das die Auswir­
kung von Niederschlagsänderungen auf die Stabili­
tät von Hängen und Böschungen untersucht, vor­
gestellt und die möglichen Konsequenzen auf das
Straßenverkehrsnetz in Abhängigkeit von den Er­
Bild 2 Multimodell-Mittel und Bandbreiten für die Erwärmung
gebnissen diese Projektes dargelegt.
an der Erdoberfläche [modifiziert nach IPCC, 2007]

2 Klimawandel – Beobachtungen und schreitet bei weitem die natürlichen Schwankungen


Prognosen in vorindustrieller Zeit, die mittels Eisbohrkernen
bestimmt wurden. Der weltweite Anstieg der Koh­
Die Konzentration von Treibhausgasen, Aerosolen, lendioxidkonzentration (CO2) ist primär auf den
der Sonneneinstrahlung und die Beschaffenheit der Verbrauch fossiler Brennstoffe und auf Landnut­
Landoberfläche sind die maßgeblichen Faktoren be­ zungsänderungen zurückzuführen, während der
züglich der Energiebilanz des Klimasystems. Die Anstieg von Methan (CH4) und Lachgas (N2O) pri­
globalen atmosphärischen Konzentrationen von mär durch die Landwirtschaft verursacht wird.
Kohlendioxid, Methan und Lachgas sind als Folge
menschlicher Aktivitäten seit 1750 markant gestie­ Zur quantitativen Abschätzung der zukünftigen Kli­
gen. maänderungen werden vom Intergovernmental
Panel on Climate Change (IPCC) Modellrechnun­
Bild 1 zeigt beispielhaft die Entwicklung der Koh­ gen durchgeführt, die auf unterschiedlichen Zu­
lendioxyd-Konzentration. Der deutliche Anstieg seit kunftsszenarien bezüglich der Bevölkerungsent­
Mitte des 19. Jahrhunderts, d. h. zu Beginn der In­ wicklung, der ökonomischen Entwicklung, sozialer
dustrialisierung, belegt den signifikanten Einfluss Annahmen, der Energieerzeugung etc. basieren.
menschlicher Aktivitäten auf klimarelevante Gase Bild 2 zeigt die Temperaturentwicklung bis zum
(Treibhausgase). Die heutige Konzentration über- Ende unseres Jahrhundert für die mittleren prog­
74

nostizierten Temperaturen (Graphen) bzw. deren die grob als Szenarien mit eher niedrigen, mittleren
Bandbreite (Balken). Sie reichen von einer Zunah­ und hohen Emissionsraten von Treibhausgasen ka­
me um knapp 2,0 °C bis zu mehr als 4 °C. Von den tegorisiert werden können. Die Ergebnisse dieser
Klimaforschern wird angenommen, dass eine Über­ Klimasimulationen lassen sich auf folgende Aussa­
schreitung von mehr als 2,0 °C der heutigen mittle­ gen verdichten: Je nach angenommenem Anstieg
ren globalen Temperatur unumkehrbare Folgen hat, der Treibhausgaskonzentrationen könnten bis zum
deren Auswirkungen auf die globale Temperatur Ende des Jahrhunderts die Temperaturen in
nicht exakt vorhersehbar sind. Es wird jedoch ein Deutschland – vor allem im Süden und Südosten –
schnellerer Temperaturanstieg bei Überschreitung um mehr als 4 °C im Vergleich zu den letzten 50
dieser so genannten „Kipp-Punkte” befürchtet. Jahren steigen. Im Sommer kann es in weiten Tei­
len Deutschlands weniger Niederschläge geben. Im
Die unterschiedlichen Prognosen zur Entwicklung Winter könnten im Süden und Südosten mehr Nie­
der globalen Oberflächentemperaturen fließen in derschläge fallen, wobei allerdings wegen der ge­
globale Klimamodelle ein, die Prognosen zu den stiegenen Temperaturen weniger Schnee fallen
einzelnen Wetterelementen (Temperatur, Nieder­ kann [UBA, 11/08].
schlag, Wind etc.) treffen. Die Daten dieser globalen
Klimamodelle sind wiederum Grundlage unter­ Vom Deutschen Wetterdienst (DWD) wurden die
schiedlicher lokaler Modelle, die regionale und loka­ primären Veränderungen der einzelnen Wetterele­
le Gegebenheiten berücksichtigen und hierauf auf­ mente in Deutschland bis 2040 gemäß der Zuver­
bauend Prognosen der unterschiedlichen Wetter­ lässigkeit ihrer statistischen Aussage dargestellt.
elemente des lokalen Klimas zu unterschiedlichen Demnach ist bis zum Jahr 2040 mit folgenden Ver­
Perioden erstellen. In Deutschland wurde am Max­ änderungen zu rechnen (s. Tabelle 1).
Planck-Institut für Meteorolgie u. a. die dynamisch­
numerische Modellkette REMO (Regional Modelling Alle Prognosen zeigen, dass sehr wahrscheinlich
of Present and Future Climate) entwickelt. Das drei­ mit deutlichen Änderungen der Temperatur- und
dimensionale hydrostatische regionale Klimamodell Niederschlagsverhältnisse innerhalb der nächsten
REMO (Regional-Modell) ist ein atmosphärisches Dekaden zu rechnen ist. Der Anstieg verläuft nicht­
Zirkulationsmodell, das die relevanten physika­ linear: Bis zum Jahr 2050 ist mit mäßigen Änderun­
lischen Prozesse dynamisch berechnet und mit gen, bis zum Ende dieses Jahrhunderts dagegen
einer Auflösung von 10 km2 darstellt. mit deutlichen Änderungen, die regional unter­
schiedlich ausfallen, zu rechnen. Als Beispiel sind
REMO-Simulationen für die drei Szenarien B1, A1B in Bild 3 die mittleren relativen Niederschlagsände­
und A2 wurden bis zum Jahre 2100 durchgeführt, rungen für das Szenario A1B im Sommer- (a) und

Wetterelement Primäre Veränderungen in Deutschland bis 2040 Zuverlässigkeit der statistischen Aussage

Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur ++


Temperatur
Anstieg der maximalen Temperaturen ++

Anstieg der Niederschläge im Winter +

Niederschlag Abnahme der Niederschläge im Sommer +

Zunahme der Extremniederschlagsereignisse +

Hitzeperioden Häufiger, stärker ++

Meeresspiegel Anstieg um ca. 10 cm gegenüber 2007 ++

Trockenperiode häufiger o

Sturmfluten bis zu 20 cm höher +

Gletscher 80 % Masseverlust gegenüber 1850 ++

Wind heftigere Stürme -


Zuverlässigkeit der statistischen Aussage:
++: sehr gut; +: gut; o: befriedigend; -: unsicher

Tab. 1: Primäre Veränderungen der Wetterelemente in Deutschland bis zum Jahr 2040 und Zuverlässigkeit der statistischen Aus­
sage [DWD, 2008]
75

im Winterquartal (b) für die Periode 2070 bis 2100 Brücken- und Tunnelbauwerke und Verkehrstech­
dargestellt. nik. Ziel ist die Minderung der Verwundbarkeit ge­
genüber den Folgen des Klimawandels durch die
Es ist deutlich die prognostizierte Abnahme der Nie­ Identifikation regionaler und lokaler Schwachstellen
derschläge im Sommer von bis zu 40 % im äußers­ und deren Zusammenführung mit dem Bundesfern­
ten Südwesten von Deutschland im Vergleich zum straßennetz.
Zeitraum 1961-1990 zu erkennen. Ebenso signifi­
kant sind die Niederschlagzunahmen im Winter­
halbjahr von regional bis zu 40 %.
3 Auswirkungen des Klimawandels
Vermeidungsstrategien mit dem Ziel, die Emission auf Erdbauwerke und Entwässe­
klimarelevanter Gase zu reduzieren, können nach
rungseinrichtungen
Expertenmeinungen nur in einem begrenzten Um­
fang zur Einschränkung von klimatischen Änderun­ Klimatisch geänderte Einflüsse auf Erdbauwerke
gen beitragen. Daher besteht ein Handlungsbedarf und Entwässerungseinrichtungen sind in erster
hinsichtlich der Entwicklung und Umsetzung von Linie durch geänderte Niederschlagsverhältnisse
Anpassungsmaßnahmen. Je frühzeitiger diese zu erwarten, d. h. durch erhöhte Niederschläge,
durchgeführt werden, desto geringer sind die ent­ Extremniederschlagsereignisse und längere Tro­
sprechenden Folgekosten [STERN, 2006]. Auch für ckenperioden.
den Bereich Straßeninfrastruktur gilt es daher, die
Verwundbarkeiten gegenüber den Folgen des Kli­ Extreme Niederschläge und Trockenperioden wir­
mawandels zu identifizieren und die entsprechen­ ken sich durch starke Schwankungen des Wasser­
den Anpassungsmaßnahmen baldmöglich zu tref­ haushaltes u. a. auf die Standsicherheit von Bö­
fen, um die Anpassungsfähigkeit natürlicher, gesell­ schungen und Hängen aus. Starkregenereignisse
schaftlicher und ökonomischer Systeme zu erhal­ führen jedoch auch zu einer Erhöhung der Boden­
ten. erosion, insbesondere wenn durch Trockenpe­
rioden zuvor die Vegetationsschicht gestört wurde.
Von der BASt sollen die Auswirkungen des Klima­ Weitere denkbare Einflüsse durch geänderte Nie­
wandels auf Straßeninfrastruktur und -verkehr derschlagsverhältnisse sind
ermittelt werden. Bedarf zu einer Risiko-Identifikati­
on besteht in den Bereichen Geologie, Erdbau und • Beschädigung bzw. Zerstörung des Straßenauf­
Entwässerung, Straßenaufbau und Fahrbahn, baus durch Rutschungen,

Bild 3: Mittlere relative Niederschlagsänderungen [%] gemäß den Berechnungen des REMO-Modells für das Szenario A1B für das
Sommer- (a) und das Winterquartal (b) für den Zeitraum von 2070 bis 2100 gegenüber der Kontrollperiode 1961-1990 in
Deutschland [UBA, 2007]
76

• Einspülen von Boden und Fels auf Verkehrswe­ • automatische Alarmsicherung gefährdeter Be­
ge, reiche (geophysikalische Beobachtungen),

• Störung der Funktion von Schichten ohne Bin­ • Überprüfung der Funktion von Tonabdichtungen
demittel durch Unterspülung, unter geänderten klimatischen Verhältnissen,

• Schrumpfung/Schwellung von gefährdeten • Erfordernis von Sicherungsmaßnahmen vs.


Böden, Berücksichtigung eines erhöhten Erhaltungsauf­
wandes,
• Versagensfälle (Einsenktrichter) in wasseremp­
findlichen Böden, • …

• stärkere Verwitterungsbeanspruchung von Zur Verifizierung eines Teilbereiches dieser Annah­


Boden und Fels, men wurde von der BASt als eines von insgesamt
vier Pilotprojekten das Forschungsprojekt mit dem
• temporäre oder dauerhafte Störungen der
Titel „Abschätzung der Risiken von Hang- und Bö­
Funktion von Entwässerungseinrichtungen
schungsrutschungen durch die prognostizierte Zu­
durch Trockenperioden oder Starkregenereig­
nahme von Extremwetterereignissen” initiiert. Ziel
nisse bzw. durch deren ungünstige Kombi­
der vier Pilotprojekte ist die Gewinnung belastbarer
nation,
Ergebnisse, um gegebenenfalls anschließend die
• … Bedeutung von aufbauenden weitergehenden Stu­
dien darlegen zu können.

Für den Bereich der Entwässerungseinrichtungen Die prognostizierten Änderungen der Temperatur-
sind daher folgende Faktoren zu überprüfen: und Niederschlagsverhältnisse haben gravierende
Auswirkungen auf die Standsicherheiten von Hän­
• Überprüfung der Festlegungen für die Art und
gen und Böschungen. Aufgrund geänderter
die Dimensionierung von Entwässerungsein­
Extermwerte des Wassergehaltes im Untergrund ist
richtungen:
mit einer Zunahme von Rutschungen zu rechnen.
– Überprüfung der Funktionalität während bzw. Damit steigt auch das Risiko von Unterbrechungen
nach langen Trockenperioden (z. B. von des Straßennetzes, da Rutschungen Sperrungen
RiStWag-Abscheidern), erforderlich machen und zur Zerstörung von Stra­
ßen und ihren Entwässerungseinrichtungen führen
– Überprüfung der Kontroll- und Wartungsin­ können. Durch eine Zusammenführung der bereits
tervalle, umfangreichen existierenden Forschungsergebnis­
– Überprüfung der Überlastungsresistenz, ins­ se zum Thema „Hang- und Böschungsrutschun­
besondere an Tiefpunkten, gen” und deren Auswertung sollen die Einflüsse ge­
änderter Extermwetterereignisse auf das Rut­
• Optimierung der Notüberläufe, schungsrisiko und auf eventuelle regionale Unter­
schiede identifiziert werden.
• Optimierung des Grabensystems unter Berück­
sichtigung der Notüberlaufmenge, Hierzu wird zunächst eine bundesweite Recher­
che über Schadensfälle durch Hang- und Bö­
• …
schungsrutschungen in Deutschland mit unter­
schiedlichen Ursachen durchgeführt. Anschlie­
Für Erdbauwerke ergeben sich u. a. die folgenden ßend werden regionaltypische Schäden mit einem
Fragestellungen: Schwerpunkt von Ereignissen, die in den deut­
schen Mittelgebirgen aufgetreten sind, sondiert
• Standsicherheit in Abhängigkeit von der Was­
und deren Schadensbild und die Beurteilung der
sersättigung,
Schadensursache erstellt und der finanzielle und
• Überprüfung der Festlegungen der Bedingun­ zeitliche Aspekt zur Wiederherstellung der Ver­
gen beim Erdbau (GW-Stand), kehrswege betrachtet.

• Untersuchung von Bodensicherungsmaßnah­ Auf der Grundlage von Klimaprognosen zur Tempe­
men (Bauzustand, Zustand nach Fertigstellung), ratur- und Niederschlagsentwicklung unter der be­
77

sonderen Berücksichtigung von Prognosen zu Ex­ Deutscher Wetterdienst (DWD), 2008: Internetseite
tremniederschlagsereignissen wird anschließend des DWD (www.dwd.de)
eine Abschätzung der künftigen Entwicklung von
Hang- und Böschungsrutschungen durchgeführt, STERN, N.: Stern Review on the Economics of
um die Risiken von Rutschungsereignissen in Zu­ Climate Change, Cambridge University Press,
sammenhang mit künftigen Klimaentwicklungen 10/2006
bewerten zu können. Umweltbundesamt (UBA): Klimaauswirkungen und
Fernziel dieses Forschungsprojektes ist die Festle­ Anpassung in Deutschland – Phase 1: Erstel­
gung der Grundlagen für die Errichtung eines Risi­ lung regionaler Klimaszenarien für Deutschland,
kokatasters, mit dessen Hilfe die besonders gefähr­ 11/08
deten Bereiche des Bundesfernstraßennetzes er­ Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderun­
kannt werden könnten. gen (Intergovernmental Panel on Climate
Change (IPCC), WMO/UNEP, www.ipcc.ch):
Climate Change 2007, Summary for Policyma
4 Zusammenfassung kers

Meteorologische Prognosen zeigen, dass eine Än­


derung verschiedener Wetterelemente in naher Zu­
kunft wahrscheinlich ist. Es ist mit mäßigen Ände­
Diskussion
rungen bis Mitte dieses Jahrhunderts und mit deut­ Herr Schröder zeigt eine kritische Haltung gegen­
lichen Änderungen bis Ende des Jahrhunderts zu über der Klimaprognose. Auf der BAB A 6 in Rhein­
rechnen, wobei deutliche regionale Unterschiede land-Pfalz sieht er die Regenereignisse nicht als
zu erwarten sind. Durch schnelle Anpassungsmaß­ Auslöser für die Böschungsrutschungen. Die meis­
nahmen können die aus klimatischen Änderungen ten Hänge sind zu steil und daher kommt es zu Rut­
resultierenden Folgekosten reduziert werden. Dies schungen. Um dies zu verhindern, ist eine Vorsor­
gilt auch für den Bereich der Straßeninfrastruktur im ge bzw. Anpassung an die Gegebenheiten notwen­
Allgemeinen und die Auswirkungen auf Erdbauwer­ dig. Es sollte nicht alles auf den Klimawandel ge­
ke und Entwässerungseinrichtungen im Speziellen. schoben werden.
Aus diesem Grund werden in einem von insgesamt
vier Pilotprojekten der BASt mit dem Titel „Abschät­ Herr Dr. Kayser knüpft den Vergleich zur Wasser­
zung der Risiken von Hang- und Böschungsrut­ straße, da hier die Schäden durch Hochwasser in
schungen durch die prognostizierte Zunahme von einer Wirkungsbeziehung zu den Ursachen, wie
Extremwetterereignissen” mögliche Auswirkungen Begradigung und zu dichte Bebauung, stehen.
von Niederschlagsänderungen und deren regionale
Besonderheiten untersucht. Es wird eine Abschät­ Herr Hecht bemerkt, dass Wassersättigung schon
zung der durch klimatische Änderungen bedingten immer möglich war, jedoch kritisch die Schwankun­
Risiken durchgeführt. Fernziel ist die Erstellung gen zwischen trocken und nass sind.
eines Risikokatasters zur Identifizierung besonders Frage:
gefährdeter Bereiche des Bundesfernstraßen­
netzes. Werden wissenschaftliche Untersuchungen ange­
stellt, um z. B. die Aufsättigung von Hängen zu be­
urteilen?

Literatur Frau Blume:

Bundesministerium für Bildung und Forschung Derzeit gibt es ein Pilotprojekt, in dem Daten ge­
(BMBF) 2009: Gemeinsame Erklärung des Bun­ sammelt werden.
desministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF), des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (BMVBS) zur Gründung des
„Climate Service Center” (CSC)
78

Dr. rer. nat. Martin Brodbeck die aktuellen Klimaprognosen für das Land darge­
Regierungspräsidium Stuttgart, Stuttgart stellt. Anschließend wird der Wildenberger Hang als
typischer Vertreter einer Großschollenrutschung
hinsichtlich seiner zeitlichen Entwicklung, seiner
geologischen Verhältnisse und einiger ausgewähl­
Klima und Hangkinematik am ter Messergebnisse der geotechnischen Überwa­
Beispiel der Großschollen­ chung vorgestellt. Abschließend wird ein kurzes
rutschung „Wildenberger Hang” Fazit hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawan­
dels auf die Straßen Baden-Württembergs gege­
(BAB A 81, nördlich Heilbronn) ben.

1 Einführung Für die Beurteilung der Stabilität von Hängen und


Böschungen sind bekanntermaßen außer dem
Die Frage nach den Auswirkungen des Klimawan­ Klima zahlreiche weitere Faktoren zu beachten (Ta­
dels auf die Straßeninfrastruktur ist für das Land belle 1). Viele Faktoren steuern die Massenbewe­
Baden-Württemberg eine ganz wichtige. Baden- gung, die in der Hauptsache von den Eigenge­
Württemberg wird nach meiner Auffassung in be­ wichtskräften (selten überlagert von seismischen
sonderem Maß davon betroffen sein. Ich will nach­ Kräften) verursacht werden. Zudem haben die Fak­
folgend versuchen, dies am Beispiel der Groß­ toren untereinander häufig Wechselwirkungen und
schollenrutschung „Wildenberger Hang” zu zeigen. Abhängigkeiten. Ein Faktor alleine, meistens ist das
Dazu werden zunächst die speziellen geologischen Wasser beteiligt, kann zwar der Auslöser sein, er
Verhältnisse Baden-Württembergs betrachtet und entscheidet jedoch lediglich darüber, wann es zum

Nr. Faktoren Unterbegriffe Auswirkungen

I Gestein und Bodenart Änderung der Eigenschaften Lagerungsdichte


Scherfestigkeit
Durchfeuchtung
II Lagerungsverhältnisse Wechsellagerung Scherflächenbildung
Schichtneigung Wasserwegsamkeit
Einlagerungen
III Hydrogeologie/ Quellhorizont Strömungs-/Kluftwasserdrücke
Hydrologie Grundwassereinzugsgebiete Fließerscheinungen
IV Klima Niederschläge Erosion
Temperatur Durchfeuchtung
Luftbewegungen Frost
Deflation
V Geometrie Übersteilung Vergrößerung der Hangabtriebskräfte
Unterschneidung
VI Morphologie Sonneneinstrahlung Erosion
Höhe, Neigungsverhältnisse Durchfeuchtung
VII Belastung Statische und wechselnde Lasten Porenwasserdruck
Verformungen
Fließerscheinungen
VIII Technik Art und Geschwindigkeit des Abtrags Durchfeuchtung
Entwässerung Porenwasserdruck
Verdichtung
IX Vegetation Stabilisierung Erosion
Oberflächenschutz Durchfeuchtung
Porenwasserdruck
X Zeit Alterung Entfestigung Verwitterung
Durchfeuchtung

Tab. 1: Risikofaktoren für die Stabilität von Böschungen und Hängen (nach SCHMIDT, Z. angew. Geol., 1980, aus: WALLRAUCH,
Geologische Bewertung der Risikofaktoren bei instabilen Hängen in Baden-Württemberg)
79

Bruch kommt. Eine Übertragung von Erkenntnissen dende Schichten unterschiedlicher Mächtigkeit wir­
aus einer Rutschung auf einen zweiten, ähnlichen ken hangversteilend und führen als klüftige Festge­
Fall erfordert immer große Zurückhaltung. steine häufig Schichtwasser, das darunterliegende
witterungsanfällige Gesteine entfestigt und plasti­
Die Gruppe der geologischen Faktoren sind für die fiziert. Ablaugungs- und lösungsfähige Gesteine
Stabilität einer Böschung von ausschlaggebender wie Kalk- oder Dolomitstein, Gips- oder Salzlager
Bedeutung. Zu diesen Faktoren zählen die litholo­ führen zu Verkarstung, Hohlraumbildung, tief rei­
gische und bodenphysikalische Beschaffenheit des chender Gefügelockerung und Zerklüftung.
vorliegenden Locker- oder Festgesteins, auch unter
Beachtung der Anisotropie sowie deren Verwitte­ Ehemalige Überlagerungsdrücke (>> 100 m Ge­
rungsprodukte, die Lagerungsverhältnisse, das stein), die im Laufe der Landschaftsgeschichte ab­
Trennflächengefüge (Großklüfte!), der primäre getragen wurden, können zu höheren horizontalen
Spannungszustand sowie auch die Seismizität. Spannungen führen. Bindige Lockergesteine, Ton­
stein und Anhydrit neigen zu Volumenvergrößerun­
Baden-Württemberg bietet bezüglich der geologi­ gen. Etwa 145 Millionen Jahre Festland bei wech­
schen Faktoren ein umfangreiches und sehr wech­ selndem Klima mit Abtragung und chemisch-physi­
selhaftes Spektrum. Die geologischen, morphologi­ kalischer Verwitterung erzeugten örtlich mächtige
schen, lithologischen, tektonischen und bodenphy­ Verwitterungsdecken. Im eiszeitlichen Klima ent­
sikalischen Verhältnisse sind extrem vielfältig und wickelten sich ein breiiges Bodenfließen oder Wan­
wechseln häufig auf engem Raum. In Bild 1 sind derschuttdecken. In der Zeit entstanden auch ört­
exemplarisch die Verhältnisse entlang der A 8 zwi­ lich heute noch übersteilte Hänge.
schen Karlsruhe und Ulm dargestellt. Zahlreiche
markante geotechnische Eigenschaften prägen das Nicht überall bewirken die Prozesse der Erd- und
süddeutsche Schichtstufenland. Veränderlich feste Landschaftsgeschichte eine Destabilisierung von
Gesteine (Ton-, Schluff- und Mergelstein) wechseln Hängen. Aussagen wie „Die Natur kann sich keine
häufig mit härteren, weniger witterungsempfind­ großen Standsicherheiten leisten” oder „Alle Hänge
lichen Kalk- und Sandsteinlagen. Harte, stufenbil­ besitzen einen Sicherheitsgrad nahe bei 1,0” sind

Bild 1: Geologische Verhältnisse entlang der BAB A 8 zwischen Karlsruhe und Ulm
80

ebenso unbegründet wie Behauptungen, welche schutt verhinderten einen Druckabbau. Durch die
bestimmte Schichten pauschal als gefährdet, ande­ Rutschung und die anschließende Sanierung
re in dieser Hinsicht als absolut sicher einstufen. musste die Autobahn über mehrere Tage zunächst
Entscheidend für die Labilität sind örtlich auftreten­ vollständig, dann teilweise gesperrt werden. Dies
de Faktoren und Ursachen. führte auf der extrem stark befahrenen Straße zu
einem Verkehrskollaps in der Region.
Als besonders rutschgefährdet gelten im Allgemei­
nen der strukturlose Knollenmergel und der Opa­ Nicht nur im veränderlich festen Gestein, sondern
linuston. Durch Entspannung und Verwitterung än­ auch im harten Fels können Klimaänderungen er­
dern diese veränderlich festen Gesteine nahe der höhte Steinschlag- und Felssturzrisiken hervorru­
Geländeoberfläche ihre Eigenschaften. Wasser fen. Der rasche Grundwasseranstieg in Kluft- bzw.
wird in die Schichtstrukturen eingebaut. Wasserfüh­ Karstgrundwasserleitern infolge Starkniederschlä­
rende Lagen im Hangende, Horizontalspannungen, gen bewirkt ein schnelles Ansteigen der Wasser-
Übersteilung, tektonische oder atektonische Stö­ drücke, was zu Instabilitäten führen kann.
rungen verstärken die Rutschneigung.
Bei der Ablaugung von Sulfatgestein wie Steinsalz
Am 12.04.1994 ereignete sich am Drackensteiner und Gips, wie beispielsweise im Mittleren Muschel­
Hang (Albabstieg) der BAB A 8 eine Kleinrut­ kalk der Hessigheimer Felsengärten, werden über
schung, mit allerdings erhebliche Folgen für den Sackungen noch stärker zum Talrand hin geneigte
Straßenverkehr. Nach 55 Jahren der Ruhe kam es geologische Strukturen erzeugt, die folglich eine
infolge von Extremniederschlägen (82 mm/d) zu Rutschdisposition verstärken.
Massenbewegungen von nahezu verflüssigtem
Hangschuttmaterial aus dem Niveau der Impressa­ Alle spektakulären Großrutschungen an Hängen in
mergel (ox1). Diese Rutschung dokumentiert ex­ Baden-Württemberg wie beispielsweise am Wilden­
emplarisch die Auswirkungen der Hydrogeologie berger Hang, in Mössingen oder Urbach traten in
bzw. Hydrologie als treibende Kraft. Unmittelbar den verschiedensten Formationen bereits oft bei mi­
nach den Starkniederschlägen bildete sich vorüber­ nimalen Veränderungen der Randbedingungen auf.
gehend ein schwebendes Grundwasser im verkars­ Es handelte sich immer um reaktivierte fossile Rut­
teten und klüftigen Oberjura (Bild 2). Durch den ra­ schungen, die unter anderen klimatischen Bedin­
schen Grundwasseranstieg traten kurzfristig hohe gungen in den Zwischeneiszeiten mit mehreren Pha­
Wasserdrücke auf. Vor allem eine plastifizierte Ver­ sen exzessiver Talbildung und dann beim Tempera­
witterungsschwarte und ein stark bindiger Hang­ turanstieg am Ende der Kaltzeiten entstanden sind.

Bild 2: Rutschungsmechanik (schematisch) infolge Starkniederschlägen (WALLRAUCH 1994)


81

2 Klima 3 Der Wildenberger Hang


Mit dem Kooperationsprojekt KLIWA, „Klimaverän­ Der Wildenberger Hang, ein ausgedehnter Rutsch­
derung und Konsequenzen für die Wasserwirt­ hang, liegt etwa 1,5 km nördlich des Weinsberger
schaft”, haben sich die Länder Baden-Württem­ Kreuzes, unweit von Heilbronn (Bild 4). Unmittelbar
berg, Bayern und Rheinland-Pfalz gemeinsam mit am nördlichen Hangfuß verläuft die BAB A 81. Der
dem Deutschen Wetterdienst das Ziel gesetzt, Wildenberg ist ein etwa 2,5 km langer in Ost-West-
mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf Richtung verlaufender Höhenzug des nördlichen
den Wasserhaushalt süddeutscher Flussgebiete Heilbronner Keuperberglandes. Der auf der Nord­
herauszuarbeiten. Die Analyse und Bewertung seite dieses Höhenzuges liegende Rutschbereich
langer Messzeitreihen hydrometeorologischer und wird von ausgelaugten Schichten des Gipskeupers
hydrologischer Größen der letzten Jahrzehnte aufgebaut. Das flach geneigte Dach des Höhenrü­
dienten zusammen mit einem realitätsnahen ckens, in dem auch die obere Abrisskante der Rut­
Emissionsszenario (B2, IPCC) als Grundlage schung liegt, besteht aus Schilfsandstein.
für die Abschätzung der regionalen Klimaszena­
Die aus mehreren Teilschollen bestehende Groß­
rien.
rutschung mit einer Fläche von ca. 45 ha, was einer
Der klimatische Rückblick hat gezeigt, dass die Fläche von ca. 75 Fußballfeldern entspricht, hat
Durchschnittstemperatur in Baden-Württemberg in eine Länge von ca. 1,5 km. Die geodätisch gemes­
den letzten 50 Jahren um 1,2 °C gestiegen ist und senen horizontalen Gesamtdeformationen betra­
dass sowohl die Niederschlagsmenge insgesamt gen inzwischen über 5 m, die sich mehr als 200 m
als auch die Starkniederschläge ebenfalls signi­ bergwärts nachweisen lassen (Bild 5).
fikant zugenommen haben. Nach den Prognosen Erste Anzeichen von Geländebewegungen konnten
der KLIWA gehört Baden-Württemberg zu den von schon während der Erdarbeiten in den Jahren
Klimaveränderungen am meisten betroffenen Re­ 1968/1969 festgestellt werden. Der Hang wurde
gionen Deutschlands. Dabei gibt es Gebiete, die dabei auf der gesamten Länge geringfügig ange­
zukünftig (2021-2050) bis etwa 50 % mehr an Nie­ schnitten. Zunächst ging man von einer lokalen
derschlägen zu erwarten haben. Zwar werden die Rutschung aus. Es wurde deshalb vergebens ver­
Niederschläge im Sommer geringfügig abnehmen, sucht, mit Hilfe von überdimensional großen, d. h.
die Niederschläge im Winter werden dagegen mit über 20 m tiefen und 80 m langen Stütz- und
deutlich zunehmen. Zudem ist ein starker Anstieg
der Tage mit Starkniederschlägen (≥ 25 mm) im
Winter, also der vegetationsarmen Zeit, zu erwar­
ten, und zwar um ca. das Doppelte. Bild 3 zeigt
den Ist-Zustand und die Prognose für die Stark­
niederschläge am Beispiel des Nordschwarz­
walds.

Bild 3: Monatliche mittlere Anzahl der Tage mit Niederschlag


≥ 25 mm, Klimastation Freudenstadt

Bild 4: Lage des Wildenberger Hangs in Baden-Württemberg


82

Bild 5: Rutschungsmechanik am Wildenberger Hang (WALLRAUCH, E. 1990)

Bild 6: Hauptabrisskanten sowie Lage des Messprofils 2 und des Bauwerks BW 30/4

Entwässerungsscheiben den Hang zu stabilisieren. gene Material talseitig der Autobahn angeschüttet.
Erst anschließend bei ausgedehnten Geländebe- Größere Schäden an der Autobahn konnten da­
gehungen wurde das gesamte Ausmaß der Rut- durch verhindert werden. Der Einfluss der Rut­
schung erkannt. Als erste Maßnahme wurden die schung beschränkte sich dadurch nur auf Aufwöl-
Anschnittsböschungen abgeflacht und das abgetra- bungen im Parkplatzbereich und dessen Beschleu­
83

Bild 7: Verformungsmessungen des Profils 2 und Niederschläge

nigungsspur. Eine technische Stabilisierung ist ergebnisse in Profil 2 und die Auswirkungen der
wegen der großen Ausdehnung des Schadensfalls Rutschungen auf das Brückenbauwerk 30/4 be­
nicht möglich. schrieben.

Bei der Anlage und Entwicklung solcher Massen­ Als Ursache für diese Bewegungen kann das Ein­
umlagerungen waren die klimatischen und deswe­ dringen von Regenwasser in das Gleitflächensys­
gen auch besonderen bodenmechanischen Bedin­ tem des Rutschkörpers angesehen werden. Über­
gungen der Eiszeit mit Auftauphasen über Dauer­ steigt die sich einstellende Wassersäule einen be­
frostböden und der Zeitfaktor entscheidend. stimmten kritischen Wert, wird die Standsicherheit
des Hanges nicht mehr gewährleistet und der Hang
Bereits 1972 ist zur Überprüfung der Rutschbewe­ gerät in Bewegung. Diese Bewegungsschübe klin­
gungen und Verformungen ein umfangreiches Netz gen jedoch wieder ab, wenn die Wassersäule durch
von Messprofilen und Fixpunkten eingerichtet wor­ die Bewegung bzw. durch Rückgang der Nieder­
den (Bild 6). schläge geringer wird und unter den kritischen Wert
fällt. Bedingt durch die langen und fast waagerech­
Die Messungen haben gezeigt, dass die Verfor­
ten Gleitflächen kann ein plötzliches Versagen, das
mungen in den Messprofilen sehr unterschiedlich
zu einer unmittelbaren Gefährdung der Sicherheit
groß sind. Die seit 1972 durchgeführten geo­
auf der Autobahn führen könnte, ausgeschlossen
dätischen Messungen zeigen, dass die Intensität
werden.
der Bewegungen in einem direkten Verhältnis zu
den Niederschlägen steht (Bild 7). Das im Auslaufbereich der Rutschung im Osten als
Bogenbrücke errichtete Überführungsbauwerk ist
Während in trockenen Perioden praktisch keine Be­ durch die Hangbewegungen im Laufe der Zeit eben­
wegungen zu verzeichnen sind, steigen die Bewe­ falls in Mitleidenschaft gezogen worden (Bild 8).
gungen insbesondere nach starken und lang anhal­
tenden Niederschlägen sprunghaft an. Exempla­ Nach Überschreitung des kritischen Überhöhungs­
risch werden im Folgenden die geodätischen Mess­ maßes des Bogenbauwerks von ca. 8 cm und dem
84

Auftreten von Rissen im nördlichen Widerlager Betrachtet man die Verformungen der Gehwegkap­
musste das Bauwerk saniert werden. Gleichzeitig pen, die am Ende gespannt waren wie ein Flitzebo­
dazu wurde im Jahre 1988 zum Schutz gegen wei­ gen, so erkennt man, dass die Pfähle die Hangbe­
tere Bewegungen oberhalb des Bauwerks eine wegungen im Bauwerksbereich höchstens etwas
Reihe von 14, 20 m langen Bohrpfählen eingebaut. verzögert haben, aufhalten konnten sie sie jedoch
nicht (Bild 10).
Ein Teil der Pfähle wurde mit Inklinometermessroh­
ren ausgestattet, sodass die Verformungen der Die Verformungen der Inklinometer zeigten Kriech­
Pfähle gemessen werden konnten (Bild 9). geschwindigkeiten von bis zu 10 cm pro Jahr.
Nachrechnungen der bodenmechanischen Kenn-
werte ergaben, dass das Hangwasser als treibende
Kraft angesehen werden kann. Es können quasi
drei Phasen der Verschiebungen identifiziert wer­
den. Zu Beginn der Messungen nach dem Einbau
der Bohrpfähle folgte eine Konsolidierungsphase.
Nach Februar 1994 wachsen die Verschiebungen
sprungartig wieder an (Bild 11).

Nach den niederschlagsreichen Jahren 1992 und


1993 wurden durch einen Grundwasseranstieg la­
tente Gleitflächen reaktiviert. Diese Reaktivierung
wird zunächst durch die Pfähle wieder abgefangen.
Ab März 1997 zeigt sich jedoch ein überproportio­
nales Anwachsen der Verschiebungen mit einem
parabelförmigen Verlauf. Die Hangbewegung un­
terliegt also seit 1997 einer gleichmäßigen Be­
schleunigung mit maximalen Geschwindigkeiten
bis zu 33 mm pro Jahr. Ein Versagen der Bohrpfäh­
le wurde damit dokumentiert.

4 Fazit
In den nächsten 40 Jahren ist in Baden-Württem­
berg mit einem erheblichen Anstieg der Starknie­
Bild 8: Bauwerk BW 30/4 mit Schaden am talseitigen Wider­ derschläge in der vegetationsarmen Zeit zu rech­
lager nen. Aus den Erfahrungen mit Rutschungen in

Bild 9: Schematische Darstellung der Bewegungsrichtungen des Bauwerks BW 30/4


85

Bild 10: Verformungsmessungen der Höhenbolzen in der Gehwegkappe des Bauwerks BW 30/4

Bild 11: Verformungsmessungen der Inklinometer in der Bohrpfahlwand bei Bauwerk BW 30/4

Baden-Württemberg, insbesondere aus den langen • Bereits geringe Änderungen der Risikofaktoren
Messreihen vom Wildenberger Hang, kann folgen­ können sog. „schlafende Riesen” (fossile Rut­
des Fazit gezogen werden: schungen) wecken.

• Die Abhängigkeit der Rutschneigung von den • Betroffen sind bestehende Hänge und Böschun­
Niederschlägen, insbesondere von Starknieder­ gen sowohl in veränderlich festen Gesteinen als
schlägen, ist belegt. auch im harten Fels (Wasserdrücke).

• In Baden-Württemberg erfolgen über 50 % der • In Baden-Württemberg ist in den nächsten 40


Schadensfälle in den Monaten Dezember bis Jahren mit einer erheblichen Zunahme von Rut­
März. schungsereignissen zu rechnen.
86

Diskussion
Herr Schroeder brachte den in Rheinland-Pfalz
schon erprobten Vorschlag ein, Rutschungen durch
eine „schiffsbugartige” Bohrpfahlwand von Bauwer­
ken abzuleiten.

Herr Brodbeck erklärte, dass eine als „Schiffsbug”


ausgebildete Bohrpfahlwand Rutschungen in die­
sem Fall nicht verhindern kann und dass der Abriss
der Brücke bereits diskutiert wurde.
87

Dipl.-Ing. Stefan Zodet Probleme stellte. Nachdem ca. 17.000 m3 an Bo­


Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz, denmassen in den neu aufgefahrenen Einschnitt ab­
Kaiserslautern gerutscht waren, wurden die Bauarbeiten seinerzeit
unterbrochen. Das Umgehungsstraßenprojekt wurde
erst in den Jahren zwischen 2005 bis 2008 vollen­
det.
Straßenbau in rutschgefährdeten
Schichten am Beispiel der B 47 –
2 Geologischer Überblick
Umgehungsstraße Eisenberg
Die Stadt Eisenberg liegt in einer Senke, die geolo­
gisch gesehen von verhältnismäßig jungem Alter ist.
1 Einleitung Das „Eisenberger Becken” ist während des Tertiärs
zusammen mit der Bildung des Mainzer Beckens
Im Jahre 2008 wurde die Umgehungsstraße Eisen­ und des Rheintalgrabens entstanden. Im jüngeren
berg im Zuge der Bundesstraße Nr. 47 (B 47) nach Tertiär wurden zunächst Tone, später auch mächti­
mehr als 30-jähriger Planungs- und Bauphase dem ge Klebsande aufgefüllt. Unter den Tonen bzw. Ton-
Verkehr übergeben. Mit dem Bau der Umgehungs­ Schluffgemengen stehen Schichten des Oberen
straße wurde bereits Ende der 70er Jahre begon­ Buntsandsteins an. Während im östlichen Teil der
nen. Das Straßenbauprojekt wurde damals wegen Baustrecke der Festgesteinshorizont etwa in Tiefen
erheblicher Probleme im Zusammenhang mit der von 60-70 m anzutreffen ist, steigt der Felshorizont
Durchfahrung eines Rutschgebietes eingestellt und nach Westen hin deutlich an. Am Bauanfang tritt der
knapp 25 Jahre später abgeschlossen. Buntsandsteinfels z. T. oberflächennah auf.
Die rund 3,3 km lange Umgehungsstraße soll die
Stadt Eisenberg von etwa 9.500 Fahrzeugen ent­ 2.1 Geologie im Gebiet des Bahlenberg-
lasten, die täglich auf der B 47 fahren. Einschnittes

Im Jahre 1977 wurde mit dem Erdbau begonnen. Am Der geologische Aufbau im Einschnittsbereich ist
Beginn der Baustrecke wurde ein etwa 11 m tiefer recht unterschiedlich. Außerdem wird hier ein altes
Einschnitt aufgefahren. Hierbei wurde ein altes fos­ fossiles Rutschgebiet durchfahren, was in der Ver­
siles Rutschgebiet gequert, welches in der ersten gangenheit schließlich zu dem angesprochenen
Bauphase die Erdbauer immer wieder vor große Baustopp geführt hat.

Bild 1: Gebiet des Bahlenbergs


88

Im Gebiet des Bahlenbergs besteht der Untergrund Bei der ausgeführten Sanierung wurde das Prinzip
aus nach Nordosten flach einfallenden Schichten der „mitgehenden Sicherung” gewählt, d. h., gerin­
des Buntsandsteins und Schichten des Tertiärs ge Verschiebungen wurden zugelassen. Der tertiä­
(mitteloligozäner Schleichsand). Beide werden re Ton bildet einen fließfähigen Boden – die Pfähle
noch von jüngeren (quartären) Deckschichten über­ wirken als Dübel. Die Dübel wurden „oben” und
lagert. Im nordöstlichen Bereich des Einschnitts be­ „unten” als eingespannt angenommen. Die obere
sitzt der Buntsandstein gegenüber den tertiären Ab­ Einspannung bildet ein Kopfpolster aus einer flä­
lagerungen einen Versatz von etwa 20 m bis 25 m. chig auf der Böschung aufgebrachten groben Ge­
steinsschüttung (siehe Bild 2).
Die Tertiärschichten sind z. T. bereits durch alte
(fossile) Rutschungen umgelagert worden. Die Rut­ Bei der südwestlichen Einschnittsböschung war ur­
schungen haben ausschließlich die Tertiär- bzw. die sprünglich nur eine Böschungsabflachung auf 1:4
Deckschichten erfasst sowie auf der südwestlichen vorgesehen. Beim Aushub bis auf die Einschnitts­
Böschung den Grenzbereich zwischen dem Tertiär sohle wurde dort eine weitere Rutschung aktiviert.
und dem Buntsandstein. Die Abmessungen der Rutschscholle lagen bei rd.
80 m in Längsrichtung sowie ca. 50 m in der Tiefe
2.2 Rutschungssanierung für den Straßenbau (siehe Bild 3).

Bei den Erdarbeiten für den rund 220 m langen Ein­ Die Rutschung auf der Südwestseite wurde durch
schnitt wurden die Einschnittsböschungen für die den Einbau von 23 unbewehrten Betonstützschei­
Straße zunächst unter 1:1,5 (≈ 33°) angelegt. Dabei ben saniert. Die Scheiben wurden im Abstand von
wurden alte Rutschungen aktiviert. Trotz Abfla­ 4,5 m angeordnet und 4 m lang sowie 4 m tief her-
chung der Böschungen auf 1:2,5 (≈ 22°) während
der ersten Bauphase setzten sich die Rutschbewe­
gungen fort und führten Ende der 70er Jahre letzt­
endlich zur Einstellung der Bauarbeiten.

Maßgebend für die instabilen Zustände der Ein­


schnittsböschungen sind die Scherfestigkeiten im
Ton, und hier vor allem die (Rest-)Scherfestigkeit,
die nach Überbeanspruchung vorliegt. Die Bö­
schungswinkel der Einschnittsböschungen hatte
sich im Laufe der Jahre etwa bei 11° bis 15° einge­
stellt, was dem ermittelten Laborwert für die
(Rest-)Scherfestigkeit der Tertiärtone entspricht.

Im Jahr 2005 wurden die Bauarbeiten an der Um­


gehungsstraße wieder aufgenommen. Im Gebiet Bild 2: Sanierung der nordöstlichen Böschung
des Bahlenbergs wurden konstruktive Sicherungs­
maßnahmen sowohl an der nordöstlichen Bö­
schung wie auch an der südwestlichen Böschung
durchgeführt.

Bei der nordöstlichen Böschung erfolgte die Sanie­


rung durch eine Verdübelung mit Bohrpfählen.
Dazu wurden auf knapp 90 m Länge insgesamt 61
Großbohrpfähle (∅ 120 cm) eingebaut. Die Pfähle
wurden in zwei Reihen hintereinander angeordnet,
wobei die Pfähle der vorderen Pfahlreihe jeweils
13 m und die der hinteren Reihe jeweils 15 m lang
ausgeführt wurden. Die Pfähle der beiden Pfahlrei­
hen sind gegeneinander versetzt. Der Abstand der
Pfähle beträgt in Längsrichtung je 3 m – die Pfahl-
reihen besitzen einen Abstand von 8 m zueinander. Bild 3: Aktivierte Rutschung (südwestliche Böschung)
89

gestellt. Zusätzlich wurde die Böschung auf 1:5 ab­ waren davon ca. 30.000 m2 Böschungsfläche.
geflacht. Neben dem Einbau weiterer Schotterplomben wur­
den überwiegend Erosionsschutzmatten (Bild 4)
Die Kosten für die Sanierung lagen bei etwa 1 Mio. aufgebracht. Trotz dieser Sicherungsmaßnahmen
Euro. kam es an den Böschungen immer wieder zu Bö­
schungsausbrüchen. Die Sanierung dieser Stellen
erfolgte schließlich durch den Einbau von Hecken­
3 Böschungsschäden durch
buschlagen auf rd. 12.500 m2 Böschungsfläche
Ausspülungen und Erosion
(Bild 5). Auf einem kleineren Teilabschnitt wurden
außerdem auf der Böschung Schafwolle-Erosions­
Im weiteren Streckenverlauf befindet sich ein wei­
matten verlegt.
terer Einschnittsbereich, bei dem es schon wäh­
rend der Bauausführung zu Schäden an den Ein­ Während des Winters kam es erneut zu kleineren
schnittsböschungen kam. Unter einer dünnen Ablösungen innerhalb der Böschungen. Die Stellen
Deckschicht aus Terrassensedimenten stehen dort wurden durch den Einbau weiterer Schotterplom­
mächtige Tertiärtone an, die tertiären Sanden auf­ ben (ca. 10.000 m2 Böschungsfläche) saniert.
liegen. In den Sanden kam es verstärkt zu Ausspü­
lungen und infolgedessen zu Ausbrüchen in den
Böschungen. Zunächst wurden die betroffenen Be­
reiche durch den Einbau von Schotterplomben ge­
sichert. Auch in der Folgezeit traten vermehrt Schä­
den an den Einschnittsböschungen auf. Betroffen

Bild 4: Erosionsschutzmatte als Sicherung

Bild 5: Einbau von Heckenbuschlagen


90

Dr. rer. nat. Andreas Gidde doch feinkörnige Böden zum Einsatz. Die geologi­
Landesbehörde für Straße und Verkehr, Hannover schen Schichten fallen in Richtung Straße ein. Das
bergseitig versickernde Niederschlagswasser fließt
auf den Schichtflächen in Richtung Straße (Bild 1)
und dringt unterhalb dieser in die Dammschüttung
Niederschlagsabhängige ein (Bild 2). Dränageeinrichtungen wurden üblicher­
Böschungsschäden in weise nicht eingebaut.
Niedersachsen Probleme ergeben sich bei dieser Konstellation,
wenn das Anschüttmaterial aus feinkörnigem
Boden besteht. Durch den Wasserzufluss weicht
Schäden an Böschungen verursachen erhebliche
Kosten und stellen unter ungünstigen Umständen
eine Gefahr für den Straßenverkehr dar. Bei Bö­
schungsschäden sind in Niedersachen wiederkeh­
rende Szenarien beobachtet worden, die in unmit­
telbarem Zusammenhang mit Niederschlägen ste­
hen. Ein typisches Szenario tritt im Bergland bei
Anschnitten auf und kann folgendermaßen be­
schrieben werden:

Es handelt es sich um Straßen, die im Anschnitt lie­


gen und deren Neubau meist weit über hundert
Jahre zurückliegt. Zu Beginn als kleinere Straßen
angelegt, wurde hierfür zunächst nur der Fels an­
geschnitten. Mit zunehmender Verkehrsbelastung
sind diese Straßen sukzessive ausgebaut worden. Bild 2: Schichtenwasser tritt unterhalb der Straße aus dem
Fels in die Dammschüttung ein
Die Verbreiterung der Straße erfolgte meist durch
eine Anschüttung des vorhandenen Felsanschnitts.
Ein Teil der Straße liegt daher auf Festgestein und
ein Teil auf der Anschüttung. Die Qualität des ver­
wendeten Schüttmaterials ist sehr variabel und be­
steht aus verfügbaren Böden oder Baustoffen der
näheren Umgebung. Im günstigen Fall wurde ge­
brochenes Festgestein eingebaut, häufig kamen je-

Bild 1: Beispielhaft ist auf dem Bild ein Einschnitt im Bunt­


sandstein mit einer Wechsellagerung aus Sand- und
Tonstein und Schichteinfallen in Richtung Straße zu
sehen. Das Wasser tritt oberhalb der eingeschalteten Bild 3: Risse im Straßenoberbau, verursacht durch eine insta­
Tonsteinschichten aus bile Böschung/Anschüttung
91

der Boden auf und verliert zunehmend seine Trag­ • Die Schichten des anstehenden Festgesteins
fähigkeit. Die Folge sind Böschungsschäden unter­ fallen in Richtung der Böschung ein.
schiedlicher Art. Im Regelfall treten Risse in der
Fahrbahn auf (Bild 3); im ungünstigsten Fall kann • Wasser tritt aus dem Festgestein und dem an­
die gesamte Anschüttung plötzlich abrutschen (Bild geschütteten Material aus.
5). Die wichtigsten Faktoren stellen die zufließen­ • Es ist keine Dränage vorhanden.
den Wassermengen und die Qualität der Anschüt­
tung dar. • Das Anschüttmaterial besteht aus wasseremp­
findlichen feinkörnigen Böden.
Die Instabilität einiger Böschungen ist neben den
Fahrbahnrissen auch am Säbelwuchs des Baum­ Durch den Wasserzufluss unterhalb der Straße
bestandes erkennbar (Bild 4) wurde das Anschüttmaterial stark aufgeweicht, was
den vollständigen Verlust der Tragfähigkeit zur
Im südlichen Niedersachsen trat an der Bundes­
straße 3 nördlich Hannoversch Münden im Januar Folge hatte, sodass die Straße, wie in Bild 5 zu er­
2003 eine Böschungsrutschung auf, bei der die tal­ kennen, schlagartig abrutschte.
seitige Straßenseite über Nacht vollständig ab­ Zur Schadensanalyse wurde auch die Aufzeich­
rutschte (Bild 5). Personenschaden war glücklicher­ nung einer nahe gelegenen Wetterstation des
weise nicht zu verzeichnen. Deutschen Wetterdienstes ausgewertet. Dabei
Bei der Schadensanalyse konnte Folgendes fest­ konnte festgestellt werden, dass in den beiden Jah­
gestellt werden: ren vor dem Schadensereignis im Januar 2003, ins­
besondere in den Monaten Oktober bis Dezember,
• Die Straße verläuft im Anschnitt. überdurchschnittlich hohe Niederschläge zu ver­
zeichnen waren (siehe Tabelle 1). Dadurch ent­
stand ein überdurchschnittlicher Wasserzufluss in
das Dammbaumaterial. Folglich ist zu erklären,
dass die Böschung, obwohl der Ausbauzustand be­
reits seit 20 Jahren Bestand hatte, erst im Januar
2003 plötzlich nachgab.

Im niedersächsischen Bergland gibt es relativ häu­


fig Straßen, die im Anschnitt liegen und ähnliche
Randbedingungen wie oben beschrieben aufwei­
sen. In aktuellen Klimamodellen werden insbeson­
dere für das Winterhalbjahr zunehmende Nieder­
schläge prognostiziert. Dies hätte zur Folge, dass
an diesen Anschnitten vermehrt mit Schäden zu
rechnen ist. Die Hauptursache der beschriebenen
Bild 4: Säbelwuchs an instabiler Böschung

Bild 5: Plötzlicher Böschungsbruch durch Aufweichen von feinkörnigem Dammschüttmaterial


92

Tab. 1: Monatssummen des Niederschlags aus nahe gelegener Messstation (Quelle: DWD)

Böschungsschäden liegt nicht in der Klimaände­


rung, sondern vielmehr im fehlerhaften Dammauf­
bau, der sich jedoch durch zunehmende Nieder­
schläge besonders negativ auswirkt.
93

Bauverträge mit funktionalen Anforderungen

Referenten

BDir Dipl.-Ing. Andreas Eisgruber

MR Dipl.-Ing. Siegfried Scheuer

94

BDir Dipl.-Ing. Andreas Eisgruber Lärmschutzwällen, Funktion von Entwässerungs­


Staatliches Bauamt Bamberg, Bamberg anlagen und zukünftig auch an die Lärmminderung
ihres Straßenbelags – gestellt, vereinbart und im
MR Dipl.-Ing. Siegfried Scheuer Erhaltungszeitraum in regelmäßigen Abständen
OBB im Bayerischen Staatsministerium des überprüft. Ferner dürfen Schäden während des Er­
Inneren, München haltungszeitraumes vorher festgelegte Schwellen
nicht überschreiten.

Die geschuldete Bauleistung wird anhand eines


ZTV Funktion – E Leistungsprogramms beschrieben. Dem Auftrag­
nehmer wird es jedoch weitgehend selber überlas­
sen, wie er das Bauwerk Straße herstellen und spä­
6-streifiger Ausbau der A 6 im Raum ter erhalten will. Seitens des Bauherrn wird in der
Nürnberg Bauphase lediglich eine „visuelle” Bauüberwa­
chung durchgeführt und geprüft, ob der Auftragneh­
Ausgangslage mer die von ihm in seinem Angebot beschriebene
Qualität auch einhält. Werden die funktionalen An­
Bis zu 80 Jahre beträgt die rechnerische Lebenser­
forderungen nicht erreicht oder liegen Schäden vor,
wartung qualitätsbezogener Bauteile von Verkehrs-
muss der Auftragnehmer in Abhängigkeit der Ziel­
anlagen wie Straßenunterbauten, Brückenwiderla­
abweichung für Abhilfe sorgen. Damit übernimmt
gern oder Erdbauwerken. Demgegenüber umfasst
der Auftragnehmer in viel größerem Umfang als bis­
eine Bauzeit von 3-5 Jahren, in der im Allgemeinen
her die Verantwortung für sein Werk.
ein größeres Bauprojekt abgewickelt wird, einen
verschwindend geringen Zeitraum. In dieser kurzen
Zeitspanne werden jedoch die Weichen gestellt, ob
„für die Ewigkeit” gebaut oder eine ewige Baustelle
Risikoverteilung
geschaffen wird.
Der Auftragnehmer ist damit nicht nur für den Bau
Ziele der Straße zuständig, sondern auch für die Erhal­
tung in einem definierten Zeitraum. Dieser liegt mit
Ziel ist die Herstellung von sicheren, dauerhaften 15 bis 30 Jahren zwar immer noch unterhalb der
und leistungsfähigen Straßen, die wirtschaftlich ge­ Lebenserwartung der gesamten Verkehrsanlage,
baut und dem Verkehrsteilnehmer im kompletten umfasst jedoch zumindest den Zeitraum, in dem
Lebenszyklus möglichst ohne Einschränkung zur das Kernstück – die Fahrbahnbefestigung – erhal­
Verfügung gestellt werden können. Ferner sollen ten oder erneuert werden muss. Der Auftragneh­
sie dauerhaft den Anforderungen von Anliegern mer übernimmt somit für einen wesentlichen Teil
(z. B. Lärmschutz) sowie den gestiegenen Umwelt­ das Risiko der Erhaltung, das er durch die – im
auflagen (z. B. Gewässerschutz) genügen. Um die­ Idealfall ausschließlich von ihm gewählte – Bau­
ses Ziel zu erreichen, können Funktionsbeiträge weise bei der Herstellung der Verkehrsanlage be­
einen wertvollen Beitrag leisten. wusst steuern und beeinflussen kann. Dadurch
steigt sein Interesse an einer hohen Bauqualität,
um spätere Erhaltungsmaßnahmen – wie zum Bei­
spiel Deckenerneuerungen – zu minimieren.
Funktionsbauvertrag Zudem übernimmt der Auftragnehmer Risiken, die
er am besten beeinflussen kann. Dazu gehört auch
Qualität der Verkehrsanlage
das Bodenrisiko, wenngleich auch nur im Rahmen
Bei Funktionsbauverträgen steht die Lebenszyklus­ des vom AG bereitgestellten Geotechnischen Be­
betrachtung einer Verkehrsanlage im Vordergrund. richtes.
Sie umfasst dabei sowohl den Bau als auch die Er­
haltung. Die Qualität der Verkehrsanlage wird am Wirtschaftlichkeit

fertigen Bauwerk über den ganzen Erhaltungszeit­


raum erfasst. Hierzu werden funktionale Anforde­ Bereits bei Angebotsabgabe legt der Bieter ein auf

rungen an den Zustand einer Straße – wie z. B. seine Bauweise abgestimmtes Erhaltungskonzept

Ebenheit, Griffigkeit der Straße, Höhenlage von einschließlich der hierfür notwendigen Finanzmit­
95

tel vor. Diese werden dem späteren Auftragneh­ haltungszeitraumes sowie die Ergänzung um die
mer nach Fertigstellung des Bauwerks und seiner Landschaftspflege. Gemeinsam mit der ZTV Funk­
Inbetriebnahme zu bestimmten Zeitpunkten wäh­ tion-Ew werden auf diese Weise die Schnittstellen
rend des Erhaltungszeitraumes ausbezahlt, wenn zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer mini­
er die vorher überprüften funktionalen Anforderun­ miert.
gen erfüllt hat. Somit ist sichergestellt, dass die für
die Erhaltung notwendigen Mittel zum richtigen Das gesamte Projekt wurde intensiv mit der Obers­
Zeitpunkt zur Verfügung stehen und die Beein­ ten Baubehörde und dem Bundesministerium für
trächtigungen für die Verkehrsteilnehmer minimiert Verkehr, Bau und Stadtentwicklung abgestimmt.
werden. Nach rund 1 1/4 Jahren zwischen Projektstart, Aus­
schreibung und Vergabe wurde Ende Januar 2009
der Vertrag geschlossen. Baubeginn war Mitte
Pilotprojekt A 6 März 2009.

In den letzten Jahren wurden bundesweit mehrfach Der Auftragnehmer ist für den Bau und die Erhal­
Funktionsbauverträge geschlossen, allerdings in tung der A 6 über einen Zeitraum von 25 Jahren
der Regel für Oberbauerneuerungen oder als Be­ verantwortlich. Der Auftrag beinhaltet eine zwei­
standteil von PPP-Modellen. Letztere beinhalten schichtige offenporige Asphaltdeckschicht auf stan­
neben den funktionalen Bestandteilen auch private dardisiertem Oberbau, den Erdkörper mit Entwäs­
Vorfinanzierungen und häufig auch den Betrieb. serung, 4 Unterführungsbauwerke, aufwändige
Dies ist beim Pilotprojekt A 6 nicht der Fall. Lärmschutzanlagen – teilweise als Wall-Wandkom­
binationen – sowie Schutz- und Leiteinrichtungen
Dieses Pilotprojekt umfasst den Bau und die Erhal­
und die Bepflanzung. Bei Vertragsschluss wurde
tung des im derzeit geltenden Bedarfsplan für die
vereinbart, wie der Auftragnehmer die Qualität si­
Bundesfernstraßen vordringlich ausgewiesenen
chern will. Grundsätzlich war die Anwendung der
6-streifigen Ausbauabschnitts der A 6 zwischen der
technischen Regelungen der konventionellen ZTV
Anschlussstelle Roth und dem Autobahnkreuz
gefordert, bei Abweichungen hätten die Bieter die
Nürnberg-Süd.
Gleichwertigkeit nachweisen müssen. Die Finanzie­
Die Autobahndirektion Nordbayern hat die in ver­ rung erfolgt konventionell aus dem Bundesfernstra­
schiedenen früheren Projekten bereits verwende­ ßenhaushalt, d. h. ohne Vorfinanzierung durch den
ten funktionalen Vertragsteile um weitere Teile er­ Auftragnehmer.
weitert, darunter Lärmschutz, Entwässerung,
Schutz- und Leiteinrichtungen und Landschaftsbau Die Autobahndirektion Nordbayern ist weiterhin zu­
(Leistungsteil B). Das Pilotprojekt umfasst somit ständig für den Betrieb und den Winterdienst des
die gesamte Verkehrsanlage der A 6. Lediglich die Autobahnabschnittes. Um eine klare Abgrenzung
notwendige Beseitigung des bestehenden Auto­ zwischen der vom Auftragnehmer durchzuführen­
bahnoberbaus und die anzupassenden kreuzen­ den Erhaltung und dem von der Autobahndirektion
den Straßen, die in der Baulast Dritter stehen, wur­ abzuwickelnden Betrieb der Autobahn zu erreichen,
den konventionell ausgeschrieben (Leistungsteil wurden die Aufgaben exakt beschrieben und den
A). Auf Basis von Einheitspreisen werden auch die jeweiligen Verantwortlichen zugeordnet. Damit wird
Gründungen für die Schilderbrücken sowie die Ver­ sichergestellt, dass während der Vertragslaufzeit
kehrsführung abgewickelt. Sie sind nicht Bestand­ von 25 Jahren Klarheit über die Abgrenzung zwi­
teil der funktonalen Teile des Vertrages. schen Erhaltung (Auftragnehmer) und Betrieb (Auf­
traggeber) besteht.
Hierzu hat die Autobahndirektion Nordbayern das
noch in Entwicklung befindliche technische Regel- Mit der nun belaufenden Realisierungsphase wird
werk für funktionale Anforderungen auf das Pilot­ sich zeigen, ob der Funktionsbauvertrag die in ihn
projekt A 6 zugeschnitten und auf Basis der Erfah­ gesetzten Erwartungen in eine wirtschaftliche, nut­
rungen aus anderen Projekten die Vertragsunterla­ zerorientierte und lebenszyklusbezogene Bau- und
gen teilweise von Grund auf erneuert. Bei der im Erhaltungsweise erfüllen kann. Die dabei gewonne­
Entwurf vorliegenden ZTV Funktion-E waren dies nen Erfahrungen werden in die weitere Fortent­
insbesondere der Schadenskatalog für die Ermitt­ wicklung des bislang nur in Pilotprojekten ange­
lung und Beurteilung von Schäden während des Er­ wendeten Regelwerkes einfließen.
96

Diskussion
Frage:

Was passiert, wenn ein Bieter die Planfeststellung


verändert?

Herr Eisgruber:

In unserem Fall traf dies nicht zu. Im Vertrag sollte


aufgenommen werden, dass die Auflagen aus dem
Planfeststellungsbeschluss eingehalten werden
müssen.

Frage:

Wie ist die baupolizeiliche Funktion geregelt, z. B.


hinsichtlich der Statik?

Herr Eisgruber:

Dem Auftragnehmer wird es weitgeheng selbst


überlassen, wie er das Bauwerk Straße herstellt
und später erhalten will. Technische Anforderungen
müssen eingehalten und dokumentiert werden. Sei­
tens des Bauherrn wird in der Bauphase lediglich
eine visuelle und formale Bauüberwachung durch­
geführt. Das Amt darf keine Anweisungen geben.
Die Verkehrssicherungspflicht bleibt beim Baulast­
träger (Leistungsteil A), z. B. Winterdienst, Öl auf
der Fahrbahn. Die dauerhafte Wiederherstellung ist
Pflicht des Auftragnehmers.
97

Dipl.-Ing. Kirsten Kunz te Streckenabschnitte zulässige Höchstgeschwin­


Bundesanstalt für Straßenwesen, digkeiten anzeigen. In den Knotenpunkt­
Bergisch Gladbach beeinflussungsanlagen wird der Verkehr im Bereich
von Knoten mit über der Fahrbahn angeordneten
Dauerlichtzeichen gelenkt.

Kurzbericht zur Fachexkursion Für die Verkehrsbeeinflussungsanlage werden an


Streckenstationen neben der Fahrbahn die lokalen
Für das nordbayerische Autobahnnetz mit einer Verkehrsdaten (z. B. Geschwindigkeit, Fahrzeug-
Länge von ca. 1.320 Kilometern und ca. 2.960 menge) und Umfelddaten (z. B. Nässe, Sichtweite)
Ingenieurbauwerken sind die Autobahndirektion, erfasst und diese an die Unterzentralen weiterge­
drei Dienststellen und 17 Autobahnmeistereien ver­ leitet.
antwortlich. Die Fachexkursion am 6. Mai 2010 glie­
In der Unterzentrale werden die Daten der Stre­
derte sich in zwei Teile und wurde von der Auto­
ckenstationen gesammelt, ausgewertet und an die
bahndirektion Nordbayern mit Sitz in Nürnberg
Verkehrs- und Betriebszentralen weitergegeben.
organisiert.
Zusätzlich werden die automatischen Verkehrs­
daten manuell durch besondere Ereignisse, wie
z. B. Stau oder Unfälle, ergänzt.
1. Teil: Besichtigung der Verkehrs- und
Betriebszentrale Fischbach In der VBZ laufen alle Daten der Verkehrsbeein­
flussungsanlage und der Messstellen zur Verkehrs­
Ein Sachgebiet der Autobahndirektion Nordbayern und Umfelddatenerfassung in einem übergeordne­
ist die Verkehrs- und Betriebszentrale (VBZ) in ten Verkehrsrechner zusammen. Sämtliche Daten
Nürnberg-Fischbach. Dort wurden den Teilnehmern werden verarbeitet, eine Verkehrssituationsüber­
nach der Begrüßung der technische Aufbau der sicht erstellt und in entsprechende Schaltbefehle
VBZ sowie die wichtigsten Aufgabengebiete und zur automatischen Steuerung der Netzbeeinflus­
Funktionen in einem kurzen Filmbeitrag erläutert. sungsanlage umgesetzt. Hier werden auch die Da­
Anschließend erfolgte die Besichtigung des Opera­ tenerhaltung, Archivierung und Systemoptimierung
torraums mit der beeindruckenden Multifunktions- zentral durchgeführt.
wand.
Des Weiteren laufen in der VBZ auch die Informa­
Zu den Hauptaufgaben der VBZ gehören das Er­ tionen über das Geschehen im Tunnel und den drei
stellen einer Verkehrssituationsübersicht und daran Einhausungen zusammen. Die Überwachung der
gekoppelt die zentrale Steuerung und Überwachung Betriebstechnik wird zentral gesteuert und ist mit in
der Verkehrsbeeinflussungsanlage sowie des Auto­ die Streckenbeeinflussungsanlage eingebunden.
bahntunnels und der drei Lärmschutzeinhausungen. Eine schnelle Reaktion, gegebenenfalls die Alar­
Für die Kommunikation der betriebs- und tunnel­ mierung von Einsatzkräften und manuelle Eingriffe
technischen Anlagen sowie der verkehrstelema­ in die Anlagen, wie beispielsweise die Sperrung
tischen Systeme betreibt die VBZ Nordbayern eige­ eines Fahrstreifens, sind bei Bedarf möglich.
ne Netzwerke. Um einen Austausch von Daten und
Informationen zu ermöglichen, sind die Stadt Nürn­ Weitere Aufgaben der VBZ sind die Auswertung
berg, Nürnberg Messe und das bayerische Behör­ und Bereitstellung der Wetterdaten für 20 Auto­
dennetz an das System angebunden. bahnmeistereien und die technische und organisa­
torische Unterhaltung der Verkehrsanlagen und be­
Das System der Verkehrsbeeinflussung wird zum triebstechnischen Anlagen in Nordbayern. In der
einen mittels Netzbeeinflussungsanlagen gelenkt. Planung ist ein Ausbau der VBZ mit Anbindung
Zeichnen sich Engpässe ab, wird mit Hilfe von so neuer Streckenbeeinflussungsanlagen und einem
genannten Wechselwegweisungen der Verkehr mit Höchstmaß an Daten und Betriebssicherheit.
variablen Zielangaben umgeleitet oder der Stand-
streifen frei gegeben, damit der Verkehr wieder flüs­ In der VBZ in Fischbach sind über 40 Beschäftigte
siger läuft. Des Weiteren wird der Verkehr durch im Einsatz. Davon sorgen ca. 17 Operatoren im
Streckenbeeinflussungsanlagen geleitet, die hoch Schichtdienst dafür, dass rund um die Uhr die ver­
belastete Streckenabschnitte vor Stau und anderen kehrstelematischen, betriebs- und tunneltechni­
Gefahren warnen und gegebenenfalls für bestimm­ schen Systeme auf den Bundesautobahnen in
98

Bild 1: Operatorraum mit der ca. 14 m2 großen Multifunktions-


wand

Nordbayern nutzbar sind. Die Bedienung der Anla­


ge findet im Operatorraum an der 2,40 x 6,00 m
großen Multifunktionswand, bestehend aus 18 Pro­
jektionsmodulen, statt. Dadurch wird die ständige
Beobachtung der angeschlossenen Systeme und
der dynamisch aufgeschalteten Alarmbilder aus der
Tunnelüberwachung ermöglicht.

2. Teil: Erdbaumaßnahmen an der Bild 2: Linienführung und Bauwerke der BAB A 6 im Bereich
der Main-Donau-Kanalbrücke (Foto ABD Nordbayern)
BAB A 6 zwischen der
Anschlussstelle Roth und dem Das Bauunternehmen hat sich durch den Funk­
Autobahnkreuz Nürnberg-Süd tionsbauvertrag verpflichtet, 25 Jahre lang für einen
technisch einwandfreien und verkehrssicheren Zu­
Zunächst wurde den Teilnehmern der sechsstreifige
stand des Autobahnabschnittes zu sorgen. Die
Ausbau des sechs Kilometer langen Streckenab­
Streckenkontrollen sowie der Winterdienst verblei­
schnitts der BAB A 6 zwischen der Anschlussstelle
ben bei der Autobahnmeisterei Fischbach.
Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd vor­
gestellt. Im August 2007 begannen die Vorarbeiten Seit März 2009 laufen die Bauarbeiten für den
und erstmals im nordbayerischen Autobahnbau sechsstreifigen Ausbau. Die Verkehrsfreigabe ist
wurde ein Funktionsbauvertrag abgeschlossen. für Herbst 2011 geplant. Bild 2 zeigt den Bauab­
Dafür wurden aus früheren Projekten funktionale schnitt der BAB A 6 im Bereich der Main-Donau-Ka­
Vertragsbestandteile aufgegriffen und um zusätz­ nalbrücke. Zunächst wurden die dreistreifige Fahr­
liche Abschnitte erweitert. Die in der Entwicklung bahn in Fahrtrichtung Nürnberg und die südliche
befindlichen Regelwerke, wie die ZTV Funktion Brückenhälfte über den Main-Donau-Kanal gebaut.
Erdbau und Entwässerung wurden auf das Pilot­ Für die 85 Meter lange Stabbogenbrücke wurden
objekt zugeschnitten. Das gesamte Projekt wurde die Stahlbögen in der Werkshalle vorgefertigt. Die
intensiv mit der Obersten Baubehörde und dem Endmontage fand auf einem Baufeld neben der
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent­ Autobahn statt. In einem Filmbeitrag wurde das
wicklung abgestimmt. Nach ca. 11/4 Jahren zwi­ spektakuläre Einschwimmen der Brücke gezeigt.
schen Projektstart, Ausschreibung und Vergabe Es erforderte Präzisionsarbeit, den Längsverschub
konnte Ende Januar 2009 der Funktionsvertrag ab­ des südlichen Überbaus der Bogenbrücke über den
geschlossen werden. Dieser beinhaltet eine zwei­ Kanal durchzuführen. Die 700 Tonnen schwere
schichtige offenporige Asphaltdeckschicht auf stan­ Brücke wurde vom Baufeld mit Unterstützung von
dardisiertem Oberbau, den Erdkörper mit Entwäs­ sechs Schwer-Lasttransportern zum Kanal trans­
serung, vier Unterführungsbauwerke, aufwändige portiert. Mit Hilfe von Pontons, auf denen sich ein
Lärmschutzanlagen sowie Schutz- und Leiteinrich­ Hilfsgerüst mit Vorschublagern befand, wurde die
tungen und die Bepflanzung. Brücke über den Main-Donau-Kanal verschoben
99

Bild 3: Südliche Brückenhälfte über den Main-Donau-Kanal Bild 5: Fertigteile für die nördliche Main-Donau-Kanalbrücke

Bild 4: Erdbaumaßnahmen für die nördliche Fahrbahn- und Bild 6: Material aus dem alten Lärmschutzwall
Brückenhälfte

und Bauschutt gefunden, Bild 6 zeigt Material aus


und auf die betonierten Wiederlager aufgesetzt. dem alten Lärmschutzwall. Nach Abwägung der
Der Kanal musste für diesen Zeitraum für die Schiff­ Kosten, die eine Entsorgung oder eine Wiederauf­
fahrt voll gesperrt werden. bereitung des Materials verursachen würde, und
des hohen Zeitdrucks wurde sich für den Rückbau
Die Exkursion führte anschließend zur Main­
und die Aufbereitung entschieden. Die vermischten
Donau-Kanalbrücke. Bild 3 zeigt die südliche Brü­
Abfälle des Walls wurden vor Ort getrennt und an­
ckenhälfte, über die der gesamte Verkehr während
schließend das zu verwertende Material gebro­
dieser Bauphase geführt wird. In Bild 4 sind Erd­
chen, gesiebt und sortiert. Durch die sorgfältige
baumaßnahmen für die zurzeit im Bau befindlichen
Aufbereitung mussten nur noch gering Mengen
nördlichen Fahrbahn und Brückenhälfte zu sehen.
schadstoffbelasteten Materials extern entsorgt wer­
Bild 5 zeigt die Stahlträger der nördlichen Brücken­ den.
hälfte auf dem Baufeld neben der Autobahn. Die
Brückenteile werden angeliefert und vor Ort end­
montiert. Für den Sommer 2010 ist das Einschwim­ Literatur
men der nördlichen Brückenhälfte geplant.
Lärmschutzwall Kornburg – Rückbau und Aufberei­
Für den Lärmschutzwall Kornburg ist eine Wall-/ tung, LGA Institut für Umweltgeologie und Alt­
Gabionen-Wandkombination mit einer Länge von lasten
4,7 Kilometer bis zu 11 Meter Höhe geplant. In der
ursprünglichen Planung waren der Abtrag eines be­ Telematikeinsatz auf den Bundesautobahnen in
wachsenen Walls und der Bau eines neuen Walls Nordbayern, Autobahndirektion Nordbayern
mit begrenzenden Gabionen unter Verwertung des
Verkehrs- und Betriebszentrale Nordbayern, Auto­
alten Materials vorgesehen. Bei der Erkundung des
bahndirektion Nordbayern
bestehenden Lärmschutzwalls wurden jedoch Müll
100

Teilnehmer am

42. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Straßenbau

am 5. und 5. April 2010 in Nürnberg

Baden-Württemberg Till, BOR


Autobahndirektion Nordbayern, Fürth
Dr. Brodbeck
Regierungspräsidium Stuttgart, Stuttgart Würker
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg
Nelson, OBR
Regierungspräsidium Karlsruhe, Karlsruhe Zimmermann
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg
Bayern
Brandenburg
Achtermann
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Kelm
Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft
Daschner
des Landes Brandenburg, Potsdam
Autobahndirektion Südbayern, München
Plehm
Danzer
Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg,
Autobahndirektion Südbayern, Regensburg
Dahlwitz-Hoppegarten
Dr. Dietrich
Schüßler
Autobahndirektion Südbayern, München
Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg,
Eisgruber, BDir Hoppegarten
Staatliches Bauamt Bamberg, Bamberg

Hecke, BOR Hamburg


Autobahndirektion Nordbayern, Würzburg Latzer
Hochsieder Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer,
Autobahndirektion Nordbayern, Bayreuth Hamburg

Kohlepp
Autobahndirektion Nordbayern, Würzburg Hessen

Legominski Fiedel
Autobahndirektion Nordbayern, Fürth Hessisches Amt für Baustoff- und Bodenprüfung,
Kassel
Lukas, BDir
Autobahndirektion Nordbayern, Bayreuth
Niedersachsen
Müller
Autobahndirektion Südbayern, München Dr. Gidde
Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau
Probst, BR und Verkehr, Hannover
Autobahndirektion Nordbayern, Bayreuth

Rodehack, BDir Nordrhein-Westfalen


Autobahndirektion Südbayern, Kempten
Dr. Dröge
Rott, BOR Landesbetrieb Straßenbau NRW, Gelsenkirchen
Staatliches Bauamt Schweinfurt, Schweinfurt
Nowacka
Schütz, Pr Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
101

Rheinland-Pfalz Kunz
Bundesanstalt für Straßenwesen,
Schröder
Bergisch Gladbach
Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz, Koblenz
Dr. Reichelt, PrProf.
Zodet
Bundesanstalt für Straßenwesen,
Landesbetrieb Straßen und Verkehr Kaiserslau­
Bergisch Gladbach
tern, Kaiserslautern
Wolf
Bundesanstalt für Straßenwesen,
Saarland
Bergisch Gladbach
Zaharanski
Zirngibl, DirProf
Landesbetrieb für Straßenbau, Neunkirchen
Bundesanstalt für Straßenwesen,
Bergisch Gladbach
Sachsen

Dr. Lerch BAW


LISt Geselschaft für Verkehrswesen und
Dr. Kayser
ingenieurtechnische Dienstleistungen, Rochlitz
Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe

Schleswig-Holstein
DB AG
Paulsen
Fischer
Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr,
Deutsche Bahn Netz AG Zentrale,
Schleswig-Holstein, Kiel
Frankfurt am Main

Thüringen

Kirschner
Thüringer Landesamt Bau und Verkehr, Erfurt

DEGES

Hecht
DEGES, Berlin

BMVBS

Sieber, BOR
Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung, Bonn

BASt

Blume

Bundesanstalt für Straßenwesen,

Bergisch Gladbach

Bürger

Bundesanstalt für Straßenwesen,

Bergisch Gladbach

Hillmann, RDir.

Bundesanstalt für Straßenwesen,

Bergisch Gladbach

102

Schriftenreihe 2005
S 35: Bauverfahren beim Straßenbau auf wenig tragfähigem Unter-
Berichte der Bundesanstalt grund – Bodenersatzverfahren
Grundhoff, Kahl  17,50
für Straßenwesen S 36: Umsetzung und Vollzug von EG-Richtlinien im Straßenrecht
– Referate eines Forschungsseminars der Universität des Saar-
Unterreihe „Straßenbau“ landes und des Arbeitsausschusses „Straßenrecht“ am 22. und
23. September 2003 in Saarbrücken  13,50
S 37: Verbundprojekt „Leiser Straßenverkehr – Reduzierte Reifen-
2001 Fahrbahn-Geräusche“
S 22: 3. Bund-Länder-Erfahrungsaustausch zur systematischen Projektgruppe „Leiser Straßenverkehr“  16,50
Straßenerhaltung – Nutzen der systematischen Straßenerhaltung
 19,50
2006
S 23: Prüfen von Gesteinskörnungen für das Bauwesen
S 38: Beschleunigung und Verzögerung im Straßenbau – Referate
Ballmann, Collins, Delalande, Mishellany,
eines Forschungsseminars der Universität des Saarlandes und des
v. d. Elshout, Sym  10,50
Arbeitsausschusses „Straßenrecht“ der Forschungsgesellschaft
für Straßen- und Verkehrswesen am 27./28. September 2004 in
2002 Saarbrücken  16,50
S 39: Optimierung des Triaxialversuchs zur Bewertung des Ver-
S 24: Bauverfahren beim Straßenbau auf wenig tragfähigem formungswiderstandes von Asphalt
Untergrund - Konsolidationsverfahren - Renken, Büchler  16,00
Teil 1: Vergleichende Betrachtung von Konsolidationsverfahren
beim Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund S 40: 39. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Straßenbau
 17,50
Teil 2: Erfahrungsberichte über ausgeführte Straßenbauprojekte auf
wenig tragfähigem Untergrund unter Verwendung von Konsolida- S 41: Chemische Veränderungen von Geotextilien unter Boden-
tionsverfahren kontakt – Untersuchungen von ausgegrabenen Proben
Koch  17,50 Schröder  13,50

S 25: 37. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Straßenbau S 42: Veränderung von PmB nach Alterung mit dem RTFOT- und
 16,50 RFT-Verfahren – Veränderungen der Eigenschaften von polymer-
modifizierten Bitumen nach Alterung mit dem RTFOT- und RFT-
Verfahren und nach Rückgewinnung aus Asphalt
2003 Wörner, Metz  17,50
S 26: Bauverfahren beim Straßenbau auf wenig tragfähigem Unter- S 43: Eignung frostempfindlicher Böden für die Behandlung mit Kalk
grund - Aufgeständerte Gründungspolster Krajewski, Kuhl  14,00
Rogner, Stelter  14,00 S 44: 30 Jahre Erfahrungen mit Straßen auf wenig tragfähigem
S 27: Neue Methoden für die Mustergleichheitsprüfung von Untergrund
Markierungsstoffen – Neuentwicklung im Rahmen der Einführung Bürger, Blosfeld, Blume, Hillmann  21,50
der ZTV-M 02
Killing, Hirsch, Boubaker, Krotmann  11,50
2007
S 28: Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundes- S 45: Stoffmodelle zur Voraussage des Verformungswiderstan-
fernstraßen – Referate eines Forschungsseminars der Universität des und Ermüdungsverhaltens von Asphaltbefestigungen
des Saarlandes und des Arbeitsausschusses „Straßenrecht“ am Leutner, Lorenzl, Schmoeckel,Donath, Bald, Grätz, Riedl,
25./26. September 2000 in Saarbrücken  13,00 Möller, Oeser, Wellner, Werkmeister, Leykauf, Simon  21,00 -
S 29: Nichtverkehrliche Straßennutzung – Referate eines For- S 46: Analyse vorliegender messtechnischer Zustandsdaten und
schungsseminars der Universität des Saarlandes und des Arbeits- Erweiterung der Bewertungsparameter für Innerortsstraßen
ausschusses „Straßenrecht“ am 24./25. September 2001 in Saar- Steinauer, Ueckermann, Maerschalk  21,00
brücken  13,50
S 47: Rahmenbedingungen für DSR-Messungen an Bitumen
Dieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann
2004 kostenpflichtig unter www.nw-verlag.de heruntergeladen werden.
Hase, Oelkers  24,50
S 30: 4. Bund-Länder-Erfahrungsaustausch zur systematischen
Straßenerhaltung – Workshop Straßenerhaltung mit System – S 48: Verdichtbarkeit von Asphaltmischgut unter Einsatz des
 19,50 Walzsektor-Verdichtungsgerätes
Dieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann
S 31: Arbeitsanleitung für den Einsatz des Georadars zur Gewin- kostenpflichtig unter www.nw-verlag.de heruntergeladen werden.
nung von Bestandsdaten des Fahrbahnaufbaues Wörner, Bönisch, Schmalz, Bösel  15,50
Golkowski  13,50
S 32: Straßenbaufinanzierung und -verwaltung in neuen Formen
– Referate eines Forschungsseminars der Universität des Saar- 2008
landes und des Arbeitsausschusses „Straßenrecht“ am 23. und S 49: Zweischichtiger offenporiger Asphalt in Kompaktbau-
24. September 2002 in Saarbrücken  13,50 weise
S 33: 38. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Straßenbau Ripke  12,50
 17,50 S 50: Finanzierung des Fernstraßenbaus – Referate eines For-
S 34: Untersuchungen zum Einsatz von EPS-Hartschaumstoffen schungsseminars des Arbeitsausschusses "Straßenrecht" der
beim Bau von Straßendämmen FGSV am 25./26. September 2006 in Tecklenburg-Leeden
Hillmann, Koch, Wolf  14,00  15,50
103

S 51: Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Bestimmung der S 68: Lärmmindernder Splittmastixasphalt
Haftfestigkeit von Straßenmarkierungsfolien Dieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann
Dieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann unter http:// bast.opus.hbz-nrw.de heruntergeladen werden.
kostenpflichtig unter www.nw-verlag.de heruntergeladen werden. Ripke
Killing, Hirsch  14,50
S 69: Untersuchung der Messunsicherheit und der Klassifizie-
S 52: Statistische Analyse der Bitumenqualität aufgrund von rungsfähigkeit von Straßenbelägen
Erhebungen in den Jahren 2000 bis 2005 Müller, Wasser, Germann, Kley  14,50
Dieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann
S 70: Erprobungsstrecke mit Tragschichten ohne Bindemittel aus
kostenpflichtig unter www.nw-verlag.de heruntergeladen werden.
ziegelreichen RC-Baustoffen
Hirsch  16,00
Dieser Bericht liegt außerdem in digitaler Form vor und kann unter
S 53: Straßenrecht und Föderalismus – Referate eines For- http:// bast.opus.hbz-nrw.de heruntergeladen werden.
schungsseminars des Arbeitskreises "Straßenrecht" am 24./ Jansen, Kurz  16,00
25. September 2007 in Bonn  15,50
S 71: Enteignung für den Straßenbau – Verfahrensvereinheit-
S 54: Entwicklung langlebiger dünner Deckschichten aus Beton lichung – Privatisierung,
Silwa, Roßbach, Wenzl  12,50 Referate eines Forschungsseminars des Arbeitskreises "Straßen-
S 55: Dicke Betondecke auf Schichten ohne Bindemittel (SoB/ recht" am 20./21. September 2010 in Bonn  15,00
STSuB) S 72: Griffigkeitsprognose an offenporigen Asphalten - Teil 2:
Leykauf, Birmann, Weller  13,50 Neue Baumaßnahmen
Jansen, Pöppel-Decker  15,00
2009 S 73: Längsebenheitsauswerteverfahren "Bewertetes Längsprofil"–
Weiterentwicklung der Längsebenheitsbewertung der Zustands-
S 56: Vergangenheit und Zukunft der deutschen Straßenverwaltung
erfassung und -bewertung
– Referate eines Forschungsseminars des Arbeitskreises "Straßen-
Maerschalk, Ueckermann, Heller  18,50
recht" am 22./23. September 2008 in Bonn  14,00
S 57: Vergleichende Untersuchung zweischichtiger offenporiger
Asphaltbauweisen 2012
Ripke  13,50 S 74: Verbundprojekt "Leiser Straßenverkehr 2" – Reduzierte
S 58: Entwicklung und Untersuchung von langlebigen Deck- Reifen-Fahrbahn-Geräusche
schichten aus Asphalt Projektgruppe "Leiser Straßenverkehr 2"  30,50
Ludwig  15,50
S 75: Abschätzung der Risiken von Hang- und Böschungsrut-
S 59: Bestimmung des adhäsiven Potentials von Bitumen und schungen durch die Zunahme von Extremwetterereignissen
Gesteinsoberflächen mit Hilfe der Kontaktwinkelmessmethode Krauter, Kumerics, Feuerbach, Lauterbach  15,50
Hirsch, Friemel-Göttlich  16,00
S 76: 42. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Straßenbau
Maerschalk, Ueckermann, Heller  18,50
2010
S 60: Die Zukunftsfähigkeit der Planfeststellung – Referate eines
Forschungsseminars des Arbeitskreises "Straßenrecht" am 21./
22. September 2009 in Bonn  15,50
S 61: Modell zur straßenbautechnischen Analyse der durch den
Schwerverkehr induzierten Beanspruchung des BAB-Netzes
Wolf, Fielenbach  16,50
S 62: 41. Erfahrungsaustausch über Erdarbeiten im Straßenbau
 18,50
S 63: Vergleichsuntersuchungen zum Frosthebungsversuch an
kalkbehandelten Böden, RC-Baustoffen und industriellen Neben-
produkten
Blume  16,00
S 64: Griffigkeitsprognose an offenporigen Asphalten (OPA)
Teil 1: Bestandsaufnahme an vorhandenen Strecken
Dieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann
kostenpflichtig unter www.nw-verlag.de heruntergeladen werden. -
Rohleder, Kunz, Wasser, Pullwitt, Müller,
Ripke, Zöller, Pöppel-Decker  23,00 -
S 65: Untersuchungen von Dübellagen zur Optimierung des Alle Berichte sind zu beziehen beim:
Betondeckenbaus
Freudenstein, Birmann  14,00
Wirtschaftsverlag NW
Verlag für neue Wissenschaft GmbH
2011 Postfach 10 11 10
S 66: Qualitätssicherung von Waschbetonoberflächen D-27511 Bremerhaven
Breitenbücher, Youn  14,50 Telefon: (04 71) 9 45 44 - 0
S 67: Weiterentwicklung der automatisierten Merkmalserkennung Telefax: (04 71) 9 45 44 77
im Rahmen des TP3
Dieser Bericht liegt nur in digitaler Form vor und kann Email: [email protected]
kostenpflichtig unter www.nw-verlag.de heruntergeladen werden. - Internet: www.nw-verlag.de
Rohleder, Kunz, Wasser, Pullwitt, Müller,
Canzler, Winkler  16,50 - Dort ist auch ein Komplettverzeichnis erhältlich.

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