Fernseminar Fortsetzung4
Fernseminar Fortsetzung4
Fernseminar Fortsetzung4
FERNSEMINAR ROHRVORTRIEB
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4. Fortsetzung am 11.11.03
Thema:
Mit der Anwendung der Seminarunterlagen entzieht sich niemand der Verantwortung
für eigenes Handeln.
Regressansprüche gegen den Autor oder gegen die an der Gestaltung und
Durchführung des Seminars Mitwirkenden sind ausgeschlossen.
ich begrüße Sie zugleich im Namen meines Partners, Herrn Dipl.-Ing. Rößler, der
Firma Herrenknecht AG und des Norddeutschen Wirtschaftsverlages, die Sie an der
nunmehr schon 4. Fortsetzung unseres Fernseminares zum Thema „Grundlagen der
statischen Berechnung von Vortriebsrohren“ teilnehmen wollen.
Mit dieser Fortsetzung des Seminares habe ich mich an ein ganz besonders
interessantes, aber auch an ein besonders schwieriges Thema – man kann auch
sagen, an ein heißes Eisen – herangewagt.
Wie schwierig dieses Thema ist, mögen Sie daran erkennen, dass an dem
Arbeitsblatt A161 der Abwassertechnischen Vereinigung bzw. dem wortgleichen
Merkblatt GW 312 des Vereins des Gas- und Wasserfaches 19 Fachleute 15 Jahre
in nicht mehr zählbaren Sitzungen beraten haben, bis sie die beiden Blätter zur
Anwendung im Jahr 1990 freigegeben hatten.
Immer, wenn ich auf eine Rohrvortriebsbaustelle gerufen wurde, galt meine erste
Frage der statischen Berechnung der Rohre. Doch immer war die Antwort dieselbe:
„Die ist drinnen.“ Damit war gemeint: Drinnen bei der Firma. Dort liegt sie wohl
verwahrt im Aktenschrank. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die statische
Berechnung von Vortriebsrohren ist immer noch ein Geheimnis. Sie trägt ja auch den
grünen Stempel eines Prüfingenieurs. Im übrigen liegt eine geprüfte Mehrfertigung
beim Rohrhersteller und man darf davon ausgehen, dass die Rohre nach dem
Ergebnis der geprüften statischen Berechnung hergestellt wurden.
Den Wenigsten ist jedoch bewusst, dass die Arbeits- und Merkblätter A161 und
GW 312 in Abschnitt 3.1 bestimmen: „Vor Baubeginn und während der
Bauausführung ist die Übereinstimmung sämtlicher Annahmen der statischen
Berechnung mit den örtlichen Verhältnissen und den während des Vortriebes
eintretenden Abweichungen und Veränderungen ... zu prüfen.“
Doch wie soll die Übereinstimmung der Inhalte der statischen Berechnung mit den
örtlichen Verhältnisse überprüft werden, wenn die statische Berechnung „drinnen“ im
Aktenschrank eingeschlossen ist? Aber zugegeben, auch wenn die statische
Berechnung auf der Vortriebsbaustelle ausliegen würde, wer könnte schon darin
lesen und die wesentlichen Inhalte erkennen? Für die meisten Bauleute ist die
statische Berechnung von Vortriebsrohren noch ein Buch mit sieben Siegeln. Ein
paar von diesen Siegeln zu beseitigen, dazu soll dieses Seminar beitragen.
Und noch eine Aufgabe hat sich der Autor gestellt: Es wäre ein Wunder, wenn nicht
bei einem so schwierigen Thema nach einer Erstauflage eines Arbeits- bzw.
Merkblattes im Laufe von zehn Jahren seiner Anwendung in der Praxis Aussagen
festgestellt würden, die verbessert werden sollten. Soweit der Autor bei seiner Arbeit
solche Aussagen erkannt hat, hat er in den Seminarunterlagen darauf aufmerksam
gemacht und nach reiflicher Überlegung entsprechende Vorschläge zur Änderung
oder Ergänzung eingebracht.
Grundlagen der
Statischen Berechnung
von Vortriebsrohren
a) im Lockergestein
b) im Festgestein
c) im gemischten Locker-/Festgestein
In diesem Beitrag sollen die Belastung der Vortriebsrohre im Bauzustand und ihre
Belastbarkeit untersucht und dargestellt werden.
Ziel des Rohrvortriebes ist es, Rohrleitungen ohne Öffnung des Bodens, das heißt
ohne Rohrgräben herzustellen, daher der Begriff:
„Grabenlose Bauverfahren“.
Daraus ergibt sich die zwingende Konsequenz, bei der statischen Berechnung der
Vortriebsrohre zwischen
und
zu unterscheiden.
Doch was hier in der allgemeinen Sprach- und Schreibweise mit offensichtlich
angesprochen wird, ist in der Anwendung gar nicht so offensichtlich, denn wer sieht
den Baugrund schon bevor er unmittelbar vor ihm steht?
DIN 18319“
Erstausgabe Juni 1996
Letzte Fassung Dezember 2000.
Das Normblatt DIN 18319 als für Rohrvortriebarbeiten insgesamt gültige Regel der
Technik unterscheidet nicht zwischen der
1. Der Boden muss mit einfachem Handwerkzeug oder mit leichten Geräten
und leichten Maschinen abbaubar sein.
2. Der Boden muss an der Ortsbrust gestützt werden.
3. Aus 1. und 2. ergibt sich die Notwendigkeit und Fähigkeit, den Schild dem
Ausbruch vorauseilend in den Boden zu drücken, um so ein Nachbrechen
an der Schildschneide zu verhindern.
4. Unter Lockergestein fallen Böden, die bei der Sondierung mit der schweren
Rammsonde deutlich unter 100 Schläge auf je 10 cm Eindringtiefe
aufweisen.
5. Ein ganz wesentliches Merkmal ist die Erfüllung des Belastungsmodelles
nach Abschnitt 6.2.1 der A161 der Abwassertechnischen Vereinigung (ATV).
Dieses sieht vor, dass die Rohre durch die Erdauflast, die für die
mittragende Wirkung des Bodens entsprechend abgemindert ist, und den
seitlichen Erddruck belastet werden. Der seitliche Erddruck mindert die
positiven Momente im Scheitel und in der Sohle – jedoch nur unter der
Voraussetzung, dass der seitliche Erddruck gleichzeitig und gleichmäßig
auf beiden Seiten der Rohre wirkt, das heißt, dass der Boden auf beiden
Seiten der Rohre gleichmäßig an diesem anliegt. Liegen die Rohre nur an
einer Seite am Boden an und befindet sich auf der Gegenseite ein Spalt, der
aus einer gekrümmten Gradiente herrühren kann, dann entfällt der seitliche
Erddruck auf beiden Seiten, denn Druck kann nur entstehen, wenn er
Gegendruck vorfindet. Darauf ist besonders bei Vortrieb mit gekrümmter
Gradiente zu achten!
6. Im Sohlbereich sieht das Belastungsmodell der A161 ein gleichmäßiges
Anliegen des Bodens an die Rohre vor. Boden kann jedoch nicht vertikal
aufwärts wirken. Im Sohlbereich entsteht die Belastung als Reaktionskraft
der Auflast aus Eigengewicht der Rohre und der Erdauflast im Scheitel. Zur
gleichmäßigen Verteilung der Bodenspannung über 180° müssen sich die
Rohre – wenn auch nur geringfügig – in die Böden eindrücken lassen.
Analog zum Lockergestein stellt sich auch beim Festgestein die Frage, ob und in
wie weit die Aussagen der DIN 18319 zum Festgestein Antworten zur statischen
Berechnung von Vortriebsrohren geben. Auch hier ist festzustellen, dass die
Aussagen der DIN 18319 zum Festgestein vorrangig den Abbau des Gesteins an der
Ortsbrust und den Abtransport des Haufwerkes betreffen.
Und hier steht schon der erste Hinweis: Das Arbeitsblatt A161 trägt auf seiner
Titelseite deutlich und unübersehbar:
Dieser Titel ist irreführend, wenn auch im Geltungsbereich auf Seite 7 steht:
„Dieses Blatt gilt für die statische Berechnung von Rohren ... in nichtbindigen oder
bindigen Lockerböden ...“. Ein Sternchen verweist auf den Erläuterungsteil. Dort
sucht man vergebens unter „zu Abschnitt 1“ einen Hinweis, was unter Lockerböden
zu verstehen ist.
Dieser Titel wäre eindeutig, denn das Arbeitsblatt A161 ist auch nicht sinngemäß
für Festgestein anwendbar!
Das Arbeitsblatt A161 ist für den Bauzustand angelegt. Die Belastungszustände
als Grundlage für die statische Berechnung sind in Tabelle 3a für den Bauzustand
und in Tabelle 3b für den Betriebszustand aufgeführt. Beide Tabellen der A161
gelten unverändert, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung.
Der Einfluss der Erdlast auf die Vortriebsrohre ist durch die
geprägt. Damit kommt zum Ausdruck, dass der Boden einen Teil der von ihm
verursachten Last selbst übernimmt. Wie aber kann der Boden sich selbst tragen?
Das könnte allenfalls der „berühmte Baron von Münchhausen“ uns erklären. Hier
aber soll dieses Phänomen nachstehend untersucht werden.
Zu Bild 1 d) Auf dem so gedachten Körper ruht eine Erdlast mit einem Gewicht
von
GE = d² x l x h x γBoden.
Zu Bild 1 f) Würde der nach Bild 1 c) gedachte Körper von unsichtbarer Hand
entfernt werden, dann würde der überlagernde Boden seine Stütze
verlieren. Er müsste nach unten durchsacken, bis er wieder eine
Auflage finden würde. Der überlagernde Boden wird aber
behindert, nicht jedoch gehindert! Er findet an beiden Seiten den
horizontalen Erddruck
γBoden x h x λ.
Bild zu 1 f)
Abminderungsfaktor
Last geht nicht verloren, sie wird nur dem benachbarten Boden aufgebürdet.
Bisher wurde nur von einem quadratischen Körper gesprochen, der durch eine
unsichtbare Hand dem Boden entzogen wurde. Dieser Körper ist jedoch rund und
heißt
Vortriebsschild!
Vortriebsrohr!
Der Weg, den der überlagernde Erdkörper zurücklegen muss, um einen Teil seines
Gewichtes an den umgebenden Boden abgeben zu können, kann neben dem Maß
des Überschnittes auch durch eine begrenzte Auflockerung des Bodens beim
Eindringen des Schildes in Folge eines sich ständig wiederholenden Grundbruches
an der Schildschneide gebildet werden. Diese Auflockerungszone muss erst beim
Absetzen des überlagernden Bodens auf die Rohre wieder verdichtet werden,
wodurch eine beschränkte Abwärtsbewegung des Erdkörpers entsteht.
Andererseits wird der Raum, den der Überschnitt erzeugt hat, durch das Einpressen
einer Bentonitsuspension zum Teil wieder aufgehoben.
Als Erster hat – soweit dem Autor bekannt – Terzaghi die mittragende Wirkung des
Bodens für den Stollenbau erforscht und daraus die sogenannte Silotherorie
entwickelt. Diese hat auch in das Arbeitsblatt A161, Abschnitt 5 der
Abwassertechnischen Vereinigung ATV in einer für den Rohrvortrieb modifizierten
Form Eingang gefunden. Die Standardformel für den Abminderungsfaktor
lautet dann:
Terzaghi hat mit seiner Formel den Einfluss des Bodens durch den Winkel der
inneren Reibung φ‘ (früher ___) und den Einfluss des Verhältnisses von
Überdeckungshöhe hü zum Rohraußendurchmesser da dargestellt.
Der Winkel der inneren Reibung das Bodens zwischen Gelände und
Rohrscheitel – nicht nur zwischen Rohrscheitel und Rohrsohle – sollte im
Baugrundgutachten angegeben werden. Angaben hierzu finden sich auch im
Arbeitsblatt A161, Tabelle 1. Darüber hinaus gibt der Autor in Tabelle 3 der Seminar-
Unterlagen ergänzende Angaben zu den Winkeln der inneren Reibung des Bodens
φ‘.
pEV = x γ x hÜ
Phase 1) Das eingeschobene Rohr weist den Durchmesser des Ausbruchs auf.
Auf dem Rohr lastet eine Spannung von
pEV = γ x h
Das Rohr nimmt eine Form ähnlich einer Ellipse mit waagrecht
liegender Hauptachse an. Im Scheitel und in der Sohle entstehen
positive Momente, die auf der Rohrinnenseite Zugspannungen und auf
der Rohraußenseite Druckspannungen bewirken. In den Kämpfern
entstehen negative Momente, die auf der Rohrinnenseite
Druckspannungen und auf der Rohraußenseite Zugspannungen
entstehen lassen.
Phase 2) Das eingeschobene Rohr weist den Durchmesser des Ausbruchs auf.
pEh = γ x h x λ.
Das Rohr nimmt eine Form ähnlich einer Ellipse mit stehender
Hauptachse an. Im Scheitel und in der Sohle entstehen negative
Momente, die auf der Rohrinnenseite Druckspannungen und auf der
Rohraußenseite Zugspannungen bewirken. In den Kämpfern entstehen
positive Momente, die auf der Rohrinnenseite Zugspannungen und auf
der Rohraußenseite Druckspannungen entstehen lassen.
Dabei werden im Scheitel und in der Sohle sowie in den Kämpfern die
jeweiligen Momente und die daraus herrührenden Spannungen
superponiert.
Die Größe der Erhöhung des Seitendruckes als Folge der mittragenden
Wirkung des Bodens ist bisher noch nicht erforscht.
Zu Phase 4): Erhöhung der Vertikalspannungen neben den Rohren als Folge der
mittragenden Wirkung des Bodens
Feststeht, dass der Seitendruck neben den Rohren als Folge der mittragenden
Wirkung des Bodens über den Rohren – bei unverändertem Seitendruckbeiwert K2 –
erhöht und deshalb mindestens
pEh = γ x h x K2
lauten muss und nicht, wie in Abschnitt 5.2.2 der ATV-A161 steht, lauten kann
pEh = x γB x h x K2
Doch keine Angst, da – wie ausführlich dargelegt – der seitliche Erddruck zu einer
Minderung der Schnittkräfte oder Schnittgrößen führt und ein zu niedrig angesetzter
Seitendruck nicht seiner mindernden Aufgabe bei der Bemessung der Rohre
gerecht wird, richtet er auch keinen Schaden an – es sei denn, dass eine mögliche
Minderung bei den Kosten der Vortriebsrohre nicht in Anspruch genommen wird.
Die Schnittgrößen (auch Schnittkräfte genannt) als Grundlage für die Bemessung
der Rohre werden getrennt für die:
• Momente und
• Normalkräfte
entsprechend den jeweiligen
• Einbaubedingungen und
• Auflagerbedingungen
errechnet.
Jeder der beiden Lastfälle kann für sich allein oder gemeinsam mit dem anderen
auftreten.
Treten sie jedoch gemeinsam auf, dann werden ihre Schnittgrößen mit ihren
jeweiligen Vorzeichen superponiert.
pEv = К x γ x h
Horizontaler Erddruck entsteht aus dem Produkt γ x h des neben den Rohren
befindlichen Bodens und einem Seitendruckbeiwert, hier K2 genannt.
Wird durch den Rohrvortrieb der Baugrund gestört, dann ist es zunächst der Bereich
über den Rohren, der nach den vorausgehenden Ausführungen einen Teil seiner
Last den seitlichen Bereichen zum Mittragen aufgebürdet hat. Der Bereich neben
den Rohren erfährt dadurch eine zusätzliche Belastung – keinesfalls eine
Abminderung.
Die entlastende Wirkung des seitlichen Erddruckes auf die Schnittgrößen in Scheitel
und Sohle und damit auf die dortigen Zugspannungen wird – wie später bei der
Darstellung der Schnittkraftvorwerte gezeigt werden wird – in der statischen
Berechnung nach der A161 berücksichtigt.
Das ist so auch richtig – unter der stillschweigenden Voraussetzung, dass der
seitliche Erddruck gleichzeitig und gleichmäßig wirkt (siehe Handbuch für
Rohre, Seite 296) – warum sollte er auch nicht! Dies trifft bei geradliniger bzw.
geradlinig geplanter und auch bei einigermaßen geradlinig ausgeführter Gradiente
ebenfalls zu.
Doch wie sieht es beim Übergang zur gekrümmten Gradiente und in der Kurve
selbst aus? Der Rohrstrang wird in der Kurve weg und gegen den Boden der
Kurvenaußenseite gedrückt.
Auf der Innenseite entfernt sich der Rohrstrang vom Ausbruch bei
gleichzeitiger Vergrößerung des Maßes des Überschnittes. Die Rohre werden
nicht mehr durch den von beiden Seiten wirkenden Erddruck horizontal „in die Zange
Dr.-Ing. Max Scherle
Fernseminar – Scherle, Rößler – Rohrvortrieb
4. Fortsetzung 11.11.03 Seite 31
genommen“. Der horizontale Druck auf die Rohre entfällt, denn Druck kann nur
entstehen, wenn er einen gleich großen Gegendruck erzeugen kann.
Auf der Außenseite der Rohre kompensiert in der Kurve allenfalls der den aus der
Krümmung herrührende, von der Vorpresskraft erzeugte Druck den Erddruck.
So entfällt in der Kurve das Belastungsbild nach dem Handbuch für Rohre,
Seite 296, und mit ihm die Entlastung der Rohre im Scheitel und in der Sohle
aus horizontalem Erddruck.
M = m x pEv x rm²
N = n x pEv x rm
ermittelt. Die Vorwerte m und n ergeben sich aus den Belastungsbildern. Während
für alle übrigen Lastfälle das Arbeitsblatt A161 je ein ganz spezifisches Lastbild
vorsieht, sieht es im Abschnitt 6.2.2 ein kombiniertes Modell vor.
Die Schnittkraftvorwerte sind mit einer Genauigkeit von 4 Stellen hinter dem
Komma ausgewiesen und lassen ein Höchstmaß an Sorgfalt erkennen – und dies zu
Recht, was die Rechengenauigkeit betrifft. Doch was nützen 4 Stellen hinter dem
Komma, wenn die Annahmen vage sind.
Die Tabelle 9 der A161, Abschnitt 6.2.2 unterscheidet 3 Varianten für K2, das sind K2
= 0,3; K2 = 0,4 und K2 = 0,5. Diese beziehen sich, wenn es in Abschnitt 6.2.2 auch
nicht ausdrücklich angesprochen ist, auf die Tabelle 1, Bodengruppen, in Abschnitt 1
der A161.
In der genannten Tabelle 1 wird jedoch kein Unterschied bei den Bodengruppen in
der Zuordnung der K2-Werte gemacht. Hier wird nur zwischen Bau- und
Betriebszustand einerseits und ohne/mit Vorpressung andererseits unterschieden.
Mit der Korrektur des Ansatzes für den seitlichen Erddruck wären zunächst alle
Belastungszustände des Abschnittes 5.1 der ATV-A161 statisch berechenbar und
könnten nach diesem Arbeitsblatt mit Hilfe anwendergerechter EDV-Programme
umgesetzt werden – alle Belastungszustände, jedoch mit einer Einschränkung,
den
Zwängungsbeanspruchungen.
Zwar macht das Arbeitsblatt A161 in Abschnitt 5.4 Angaben unter der Überschrift:
„Belastung durch Zwängungskräfte im Bauzustand (Mindestbemessung)“
und führt dazu mit den Worten ein, „Vortriebsrohre können im Bauzustand durch
rechnerisch nicht erfassbare Zwängungskräfte belastet werden“. Diese
Einführung ist höchst unbefriedigend und genauso unbefriedigend ist die
dargestellte Ersatzlösung.
Nach dem genannten Abschnitt sind zur Berücksichtigung der Zwängungskräfte die
Rohre (die, das heißt alle Rohre ohne Rücksicht auf deren Abmessungen, den
Boden, die Überdeckungshöhe, die Vortriebskräfte, die Steuerungstechnik, usw.) „–
unabhängig von der Ermittlung der Schnittkräfte nach Abschnitt 6 und der
Bemessung nach Abschnitt 7 – mindestens für folgende Schnittkräfte quer zur
Rohrachse zu bemessen“.
MScheitel = 33 x rm²
MKämpfer = - 33 x rm²
MSohle = 33 x rm²
NScheitel = - 100 x rm
NKämpfer = - 200 x rm
NSohle = - 100 x rn
Mit der Mindestbemessung sollten Rohre geschaffen werden, die allen Belastungen
einschließlich der Zwängungen gerecht werden. Dazu ist festzustellen:
1. Die Annahme, dass bei Überdeckungshöhen unter 10,0 m generell mit einem
ausreichenden Anteil an der Bemessung für Zwängungskräfte gerechnet werden
kann, ist falsch!
Bis zur Überdeckungshöhe von 10,0 m teilt sich die Bemessung in den Anteil für
Erdlast und für Zwängungskräfte.
4. Bei Überdeckungshöhe größer als 10,0 m werden die für Erdlast usw.
errechneten Bemessungswerte stets über den Werten der
Mindestbemessung liegen!! Damit ist die Forderung der
Mindestbemessung erfüllt, obwohl diese ab 10,0 m Überdeckungshöhe keinen
Anteil für Zwängungskräfte zum Inhalt hat. Welch ein Fehlschluss – man kann
auch von Trugschluss sprechen!
Die Anwender könnten sich in Sicherheit wiegen, das Erforderliche getan
zu haben. Sie haben nach einer gültigen Regel der Technik gehandelt!
Folgerung:
• Da bei zunehmender Überdeckungshöhe der Anteil für Zwängungskräfte in
der Mindestbemessung abnimmt, um bei H = 10,0 m zu Null zu werden,
• da nach der Mindestbemessung bei Überdeckungshöhen größer als 10,0 m
kein Anteil für Zwängungskräfte mehr vorhanden sein kann,
• da in der Formel für die Mindestbemessung der wichtige Einfluss der
Vorpresskraft nicht berücksichtigt ist und
• da die Mindestbemessung den Anwendern das Gefühl einer Sicherheit gibt,
die nicht vorhanden ist und nie vorhanden sein kann,
• ist der ganze Abschnitt 5.4 „Mindestbemessung“ im Arbeitsblatt A161 der
Abwassertechnischen Vereinigung zu streichen.
Doch die Zwängungen können nicht gestrichen werden – auch wenn man sie
nicht (er-)fassen kann. Auch sehen kann man die Zwängungen nicht. Doch ihre
Wirkung kann man sehen, wie dies die Bilder 1 und 2 zeigen. Beide Bilder sind im
gleichen Rohr aufgenommen worden: Längsrisse auf gegenüberliegenden
Innenseiten des gleichen Rohres, jeweils von den Rohrenden ausgehend –
werden meist als Haarrisse abgetan, die im Stahlbeton als unschädlich
hingenommen werden. Haarrisse ja, wenn sie auf der Zugseite des Querschnittes
auftreten. Aber die in den beiden vorgenannten Bildern gezeigten Risse waren auf
den Rohrinnenseiten in Kämpferhöhe zu sehen. Dort müssen nach dem statischen
Grundprinzip für Vortriebsrohre, wie im Vorausgehenden dargelegt,
Druckspannungen herrschen. Im Druckbereich aber kann es keine Zugrisse
geben!
Die gezeigten Risse müssen deshalb von den Außenseiten der Rohre kommen, wo
nach der statischen Berechnung Zugspannungen herrschen. Die Risse gingen
durch die Rohrwand hindurch, bis sie auf der Rohrinnenseite erschienen sind. So
erklärt es sich auch, dass Bentonitsuspension deutlich sichtbar aus den Rissen
austritt.
Hier sind also die Rohrwandungen von außen bis innen durchgerissen. Das
statische System vom mehrfach statisch unbestimmten Kreisring ist nicht nur
gestört, sondern es ist zerstört!! Noch hält die Bewehrung die Rohre
zusammen – aber wie lange noch? Spätschäden sind programmiert. Bild 3
zeigt ein Schema der Risse.
Nach dem Prinzip der statischen Berechnung der Rohre herrschen in den Kämpfern
auf der Rohraußenseite Zugspannungen, die aus der Erdauflast herrühren und für
die die Rohre bemessen werden und hier auch nach dem Arbeitsblatt der
ATV – A161 bemessen worden sind. Es mussten also auf der Rohraußenseite
zusätzliche Zugspannungen von beträchtlicher Größe aufgetreten sein.
Diese geheimen und geheimnisvollen Kräfte zu ergründen und ihre Wirkung auf die
Vortriebsrohre aufzuklären, war das Ziel, das sich der Autor mit seiner Dissertation
im Jahr 1990 gestellt hatte.
Die in den Bildern 1 und 2 gezeigten Risse können nur durch Kräfte, die quer
zu ihrer Achse wirkten, entstanden sein. Dafür stehen die Zwängungen in
Verdacht.
durch usw.
Bild 4: Steuerung einer geradlinig geplanten Gradiente mit Abweichung von der
Soll-Linie
Dr.-Ing. Max Scherle
Fernseminar – Scherle, Rößler – Rohrvortrieb
4. Fortsetzung 11.11.03 Seite 45
Bild 4 zeigt den Verlauf der Vorpresskraft bei einer geradlinig geplanten Gradiente
mit Steuerbewegungen
Hingegen entstehen keine Zwängungen bei Fortsetzung der Gradiente auf der
Steuerkurve.
Bild 5 zeigt den Verlauf der Vorpresskraft bei einer gekrümmt geplanten Gradiente
mit Steuerbewegung
Bild 6 zeigt den Verlauf der Vorpresskraft bei einer gekrümmt geplanten Gradiente
mit 2 Vorbögen mit Steuerbewegungen
Es gibt viele Möglichkeiten für die Entstehung von Zwängungen, doch keine davon ist
für sich alleine rechnerisch erfassbar – deshalb „rechnerisch nicht erfassbar“, wie es
im Abschnitt 5.4 der ATV – A161 richtig heißt.
Doch die genannten (und alle ungenannten) Möglichkeiten der Zwängungen lassen
sich in 2 Gruppen zusammenfassen:
• Zwängungen aus gekrümmter Gradiente,
• Zwängungen aus Ausmitte der Vorpresskräfte
In dieser Kombination werden die Zwängungskräfte rechnerisch erfassbar,
ohne nach der Herkunft ihrer einzelnen Beiträge zu fragen.
Offensichtlich ist, dass bei Zwängungen aus gekrümmter Gradiente die Radien
der Gradiente eine wichtige Rolle spielen.
Offensichtlich ist auch, dass bei Zwängungen aus ungleichen Ausmitten der
Vorpresskräfte die Verwinkelung der Rohrachsen oder was dem gleich ist, die
Weiten der Fugenspalten gegenüberliegender Fugen von entscheidender
Bedeutung sind.
l
je Rohr = Pquer = Plängs x (Bild 4)
R
das heißt, Pquer = proportional zum Verhältnis der Länge der Rohre zum Radius
Zwängungen aus ungleichen Ausmitten aam der Vorpresskräfte drücken die Rohre
an den gegenüberliegenden Rohrenden mit Momenten
liegen die Resultierenden der Vorpresskräfte auf der gleichen Seite zur Rohrachse,
dann ist der Zwängungskennwert (azw) die Differenz der Ausmitten aam vorne und
aam rückwarts.
Schließlich wird die aus 2 messbaren Größen gebildete absolute Zahl azw durch
Division mit dem Radius des jeweiligen Rohres rm auf den Einheitskreis bezogen
und wird damit zu dem bei der Zwängungsberechnung wesentlichen
a zw
Zwängungsk ennwert a rzw= 1 =
rm
neu eingeführt.
Sind erst einmal die Merkmale der Zwängungen festgestellt, dann bedarf es „nur“
noch deren Erfassung durch die Regeln der Mechanik, um die Zwängungskräfte
berechenbar zu machen.
• im Lockergestein und
• im Festgestein
Alle Varianten fügen sich als eigener Lastfall konsequent in das System der
statischen Berechnung aus Eigengewicht, Erdlast, Erddruck, Verkehrslast usw.
ein und sind mit den Mitteln der elektronischen Datenerfassung integrierbar.
Die Vorpresskraft ist diejenige Kraft, die erforderlich ist, die Vortriebsrohre unter
Überwindung der vorhandenen Widerstände – vorrangig der Mantelreibung und des
Widerstandes, den der Boden dem Eindringen des Schildes entgegensetzt –
voranzutreiben.
Dasselbe gilt auch für die Vortriebswiderstände. Sie setzen sich aus einer Vielzahl
der Mantelreibungen an jedem einzelnen Rohr und dem Brustwiderstand zusammen.
Hier wird auch die Vielzahl der Einzelwiderstände zur Resultierenden der
Vortriebswiderstände zusammengefasst.
Dabei wird stillschweigend davon ausgegangen, dass sowohl die Resultierenden der
Vorpresskräfte als auch die Resultierenden der Vortriebswiderstände in den Achsen
der Vortriebsrohre also zentrisch liegen und somit zusammenfallen.
Dr.-Ing. Max Scherle
Fernseminar – Scherle, Rößler – Rohrvortrieb
4. Fortsetzung 11.11.03 Seite 57
Diese Annahme trifft für die Einleitung der Vorpresskräfte durch die Hauptpress-
Stationen zu, wenn die Einzelpressen so angeordnet sind, dass deren Schwerpunkte
mit den Achsen der Rohre zusammenfallen – was im Regelfall auch zutrifft.
Fest steht, dass durch die Zwängungskräfte die Rohre gegen den Baugrund
drücken und nicht der Baugrund gegen die Rohre und sich die Rohre dadurch
selbst belasten.
Eine einzige Formel mit Variationen macht alle Zwängungen beim Rohrvortrieb
berechenbar
• im Lockergestein
• im Festgestein
• im gemischten Locker-/Festgestein
• mit gerader Gradiente
• mit gekrümmter Gradiente
• mit Berücksichtigung des Rohrdurchmessers
• mit Berücksichtigung des Radius der Gradiente
• mit Berücksichtigung der Verwinkelung
• mit Berücksichtigung der Rohrlänge
• mit Berücksichtigung der Vorpresskraft
• mit Berücksichtigung der Vermessung und der Steuertechnik
• mit Berücksichtigung der Rohrwerkstoffes
Auch die zulässige Vorpresskraft lässt sich mit derselben Formel durch Umformung
errechnen.
bezeichnet werden.
Leistungsbereich 085
Rohrvortrieb
Grundlegend für die Auswertung der Zwängungsformel ist der Gedanke, dass sich
nunmehr die herkömmliche Belastung beim Rohrvortrieb (was immer schon sein
sollte, was nur noch nicht geschah!) aus Eigengewicht und Erdlast mit der
Belastung aus Zwängung in die Belastbarkeit der Rohre teilen muss.
Dem Genauigkeitsanspruch ist Genüge getan, wenn nur die Schnittkräfte aus den
Momenten in die Rechnung einbezogen werden. Da die Momente dominieren,
können die Schnittkräfte aus Normalkräften sowohl bei der Gesamtbelastbarkeit als
auch bei den Teilbelastungen außer Ansatz bleiben.
gesondert zu führen!
Die Momente aus Eigengewicht und aus Erdlast werden nach dem Arbeitsblatt A161
errechnet, wobei die Rohrwanddicke zwischen dem Rohrhersteller und der
Vortriebsfirma – gegebenenfalls mit den Vorstellungen des Auftraggebers –
abzustimmen ist. Dabei sollten wirtschaftliche Überlegungen einbezogen werden.
In der Formel zur Ermittlung der zulässigen Vorpresskraft aus Zwängung steht der
Zwängungskennwert a rzw=1 im Nenner. Da in der Zwängungsformel der Anteil aus
Ausmitte der Vorpresskraft gegenüber dem Anteil aus gekrümmter Gradiente weitaus
dominiert – meist etwa eine Zehnerpotenz – kommt dem Zwängungskennwert seine
dominierende Stellung in der statischen Berechnung von Vortriebsrohren zu.
Doch was geschieht, wenn der Zwängungskennwert a rzw=1 zu niedrig angesetzt und
mit ihm eine zu hohe Vorpresskraft errechnet wurde! Mit dem auf der Grundlage von
Baustellenmessungen ermittelten Ist-Wert von a rzw=1 ist die zulässige Vorpresskraft
aus Zwängung neu zu berechnen. Die Vorpresskraft an der Hauptpress-Station und
an den Zwischenpress-Stationen ist entsprechend zu reduzieren.
Was geschieht jedoch mit den Rohren, die nach der ursprünglichen Annahme von
a rzw=1 bemessen worden waren und bereits eingebaut sind oder beim Rohrhersteller
lagern?
Das gleiche gilt auch im umgekehrten Sinn, wenn der Zwängungskennwert zu hoch
angesetzt worden war. Damit kann nun die zulässige Vorpresskraft erhöht und es
können die Abstände der Zwischenpress-Stationen vergrößert werden. Also lieber
den Zwängungskennwert etwas zu hoch annehmen und dann der Ausführung
anpassen als umgekehrt.
Die Länge der Rohre ist, soweit sie nicht vorgegeben ist, zwischen dem
Rohrhersteller und der Vortriebsfirma abzustimmen.
Bei der Rohrlänge ist besonders zu beachten, dass die Zwängungskräfte und mit
ihnen die zulässigen Vorpresskräfte aus Zwängung umgekehrt proportional
zum Quadrat der Rohrlänge sind, da die Rohrlänge im maßgeblichen Teil der
Zwängungsformel, das sind die Ausmitten der Vorpresskräfte, steht.
Der Radius der Rohre r, der gleichzusetzen ist mit dem mittleren Radius rm, und der
Radius der Gradiente R werden als durch die Planung gegeben vorausgesetzt. Wird
ein Rohrvortrieb mit geradliniger Gradiente geplant, sollte für Abweichungen von
der Soll-Linie und für Steuerkorrekturen stets ein Radius von R = 1000 m eingesetzt
werden. Bei Vortrieben mit gekrümmt geplanten Gradienten sind auf die geplanten
Radien entsprechende Abschläge für Steuerkorrekturen einzuplanen.
a rzw=1 = 0,1 für gute bis sehr gute Vermessung und Steuerung
a rzw=1 = 0,2 für mäßige Vermessung und Steuerung
a rzw=1 = 0,3 und darüber für geringe und schlechte Vermessung und
Steuerung.
In der Formel zur Ermittlung der zulässige Vorpresskraft aus Zwängung steht der
Zwängungskennwert a rzw=1 im Nenner. Da in der Zwängungsformel der Anteil aus
Ausmitte der Vorpresskraft gegenüber dem Anteil aus gekrümmter Gradiente weitaus
dominiert – meist etwa eine Zehnerpotenz – kommt dem Zwängungskennwert seine
dominierende Stellung in der statischen Berechnung von Vortriebsrohren zu:
Doch was geschieht, wenn der Zwängungskennwert a rzw=1 zu nieder angesetzt und mit
ihm eine zu hohe Vorpresskraft errechnet wurde? Mit dem auf der Grundlage von
Baustellenmessungen ermittelten Ist-Wert von a rzw=1 ist die zulässige Vorpresskraft
aus Zwängung neu zu berechnen. Die Vorpresskraft an der Hauptpress-Station und
an den Zwischenpress-Stationen ist entsprechend zu reduzieren.
Was geschieht jedoch mit den Rohren, die nach der ursprünglichen Annahme von
a rzw=1 bemessen worden waren und bereits eingebaut sind oder beim Rohrhersteller
lagern?
Das Gleiche gilt auch im umgekehrten Sinn, wenn der Zwängungskennwert zu hoch
angesetzt worden war. Damit kann nun die zulässige Vorpresskraft erhöht und es
können die Abstände der Zwischenpress-Stationen vergrößert werden.
Also: Lieber den Zwängungskennwert etwas zu hoch annehmen und dann der
Ausführung anpassen als umgekehrt.
dient allein dem Nachweis, dass die von der jeweiligen Vorpresskraft bewirkten,
quergerichteten Kräfte, das sind die Zwängungen von den Rohren im Rahmen
ihrer Belastbarkeit schadlos ertragen werden können.
Zum Wesen des Rohrvortriebes gehört es, dass die Vorpresskraft von den
Hauptpressen im Startschacht über die Vortriebsrohre bis zum Vortriebsschild
vorgetragen werden. Die Rohre werden dabei durch Längsdruckspannungen
belastet. Deshalb ist als zweites Kriterium der Nachweis zu führen, dass die
Vortriebsrohre die für sie zulässigen Längsdruckspannungen schadlos übernehmen
können. Daraus erfolgt der Nachweis der
der nach dem Arbeitsblatt ATV-A161, Abschnitt 8.1 zu führen ist. Hier ist darauf
hinzuweisen, dass die kleinste Druckübertragungsfläche unter der Ringnut zur
Aufnahme des Dichtringes anzusetzen ist – im Gegensatz zur Berechnung des
Gesamtmomentes bei der Ermittlung der zulässigen Vorpresskraft aus Zwängung,
wo nur die Einschnürung zur Aufnahme des Stahlführungsringes anzusetzen
ist.
Ermittlung der zulässigen Vorpresskräfte nach der Zwängungsformel von Dr. Scherle
Woher die Risse wohl kamen, danach wurde der Autor in den Diskussionen
verschiedener Seminare gefragt. Aber auch der Autor wusste keine Antwort. Erst die
Erforschung der Zwängungskräfte führte ihn auf die richtige Spur.
Ausmitten der Vorpresskräfte und Krümmungen der Gradiente sind beim Vortrieb
von Rohren im Festgestein genauso normal wie beim Vortrieb im Lockergestein.
Damit lag es nahe, den Rohrvortrieb im Festgestein in die Erforschung der
Zwängungen einzugliedern.
Die Untersuchungen ergaben unter anderem, dass bei Vortrieb im Festgestein die
Zwängungen in der Sohle maßgebend sind gegenüber dem Vortrieb im
Lockergestein, wo die Zwängungen in den Kämpfern die zulässige Vorpresskraft
bestimmen.
Ermittlung der zulässigen Vorpresskräfte nach der Zwängungsformel von Dr. Scherle
In keiner Norm, in keiner Richtlinie, in keinem Buch zur Lehre vom Baugrund findet
man das Wort: Gemischtes Locker-/Festgestein. Was soll dann dieses Wort in
unserem Seminar?
Wie macht sich nun gemischtes Locker-/Festgestein bemerkbar? Der Schild, der
zunächst in uneingeschränktem Lockergestein vorgetrieben wurde, schiebt sich –
völlig unbemerkt – auf eine feste oder festgelagerte Bodenschicht auf. Diese Schicht
kann uneingeschränktes Festgestein sein. Es kann aber auch eine Bodenschicht
sein, die aufgrund ihrer Kornzusammensetzung noch dem Lockergestein zuzuordnen
wäre, die sich aber aufgrund ihrer Lagerungsdichte wie Festgestein verhält.
Was kann geschehen? Zunächst ist die Ortsbrust abzustützen und das Haufwerk im
Sohlbereich ist zu entfernen. Vor der Schildschneide ist vorsichtig auszuräumen und
es sind Bodenproben zu entnehmen. Vor dem Schild sind Rammsondierungen
auszuführen. So kann festgestellt werden, ob es sich um ein einmaliges Ereignis
handelt oder ob gemischtes Locker-/Festgestein dauerhaft ansteht.
Unabhängig davon, ob es gelingt, vor dem Schild das im Wege stehende Festgestein
abzubauen oder mit einer Vollschnittmaschine abzufräsen, bei
Diese Aussage gilt auch dann noch unverändert, wenn das Festgestein noch nicht
erkennbar nur wenig unter der Schild- bzw. der Rohrsohle ansteht, so dass sich der
im Lockergestein zu Grunde gelegte Auflagerwinkel von 2 x 90° nicht einstellen kann.
Ist festgestellt, dass gemischtes Locker-/Festgestein vorliegt, dann ist auch die
statische Berechnung der Vortriebsrohre darauf einzustellen.
die im übrigen nach dem Arbeitsblatt A161 der ATV und dem wortgleichen Merkblatt
GW 312 der DVGW erfolgen kann, soweit es sich um Vortriebe in Lockergestein
handelt.
Beide Arbeits- und Merkblätter haben sich seit ihrem Erscheinen im Jahr 1990
vielhundertfach, man kann wohl sagen, vieltausendfach, bewährt – ausgenommen
Abschnitt 5.4 Belastung durch Zwängungskräfte im Bauzustand
(Mindestbemessung). Und die Anwender haben sich jetzt 13 Jahre an die A161
gewöhnt.
Wenn der Autor in diesem Seminar in einzelnen Punkten Kritik übt und Änderungs-
oder Ergänzungsvorschläge macht, dann bittet er diese im Sinne des Vorwortes der
A161 zu werten, denn da steht: ATV und DVGW bitten, über Erfahrungen zu
berichten, die mit der Anwendung des Blattes gewonnen wurden.
Die Zwängungsformel nach Dr. Scherle ist ihrem Wesen nach als Ergänzung des
Arbeitsblattes ATV-A161 gedacht. Sie kann ohne Schwierigkeit und ohne
Veränderung der sie bestimmenden Inhalte – ausgenommen die Mindestbemessung
– in dieses Arbeitsblatt integriert werden. Nur wenige Schritte sind dazu erforderlich:
Besonders wichtig ist für die Anwendung der A161, dass die Anlage 1
„Bemessungstabellen für Stahlrohre“ durch eine Integration der Zwängungsformel
nach Dr. Scherle nicht berührt wird, weil die Tabellen ausschließlich nahtlos
verschweißte Stahlrohre betreffen. Bei diesen können keine Zwängungen entstehen,
da die im Nenner des Hauptteiles der Zwängungsformel stehende Länge der Rohre l
als gegen Unendlich und der Zwängungskennwert a rzw=1 im Zähler der Formel gegen
Null anzusetzen sind.
Was steht der Integration der Zwängungsformel in der A161 noch im Wege?
ich freue mich über Ihre Teilnahme und Ihr Interesse an der 4. Fortsetzung unseres
Fernseminars zum Rohrvortrieb.
Ich hoffe, dass ich Ihre Erwartungen zu dem besonders schwierigen Thema
„Grundlagen der statischen Berechnung von Vortriebsrohren“ erfüllen konnte. Diese
4. Fortsetzung soll noch nicht alles sein zu diesem Thema, denn
Max Scherle
Uwe Rößler
Herrenknecht AG
Norddeutscher Wirtschaftsverlag