Stabilitaet
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Stabilitaet
1. Einleitung
Tragwerke verformen sich infolge von Beanspruchungen. Diese Verformungen können sehr
unterschiedliche Auswirkungen auf das Kräftegleichgewicht haben. Dies soll am Beispiel
eines Einfeldträgers erläutert werden:
Wie man sieht werden die Momente im unverformten Zustand durch die Normalkraft nicht
verändert. Bezüglich der Momente im verformten Zustand kann man folgendes erkennen:
- Wenn die Normalkraft N = 0 ist, dann hat die Verformung kaum Einfluss auf die
Größe der Schnittgrößen.
- Eine Zugnormalkraft verkleinert das Moment MII(x), d.h. der Querschnitt wird
entlastet. Dies liegt auf der sicheren Seite, sodass bei Zugnormalkräften auf eine
Berücksichtigung der Verformung für das Gleichgewicht verzichtet werden kann.
- Durch eine Drucknormalkraft (N<0) erhöht sich das Moment MII(x), d.h. die
Verformung hat einen u.U. großen Einfluss auf die Standsicherheit des Tragwerks.
Die Summe aus dem Moment am unverformten System MI(x) (Moment nach Theorie I.
Ordnung) und dem aus der Verformung resultierenden Zusatzmoment M2 = N*f(x) wird als
Moment nach Theorie II. Ordnung bezeichnet. Wenn das Zusatzmoment nicht allzu groß
wird, dann braucht die Verformung nicht berücksichtigt zu werden.
Für den dargestellten Einfeldträger kann M2 für den maßgebenden Querschnitt bei x = l/2 als
erste Näherung wie folgt berechnet werden:
N ⋅ 5 ⋅ ( g + q) ⋅ l 4
M2 = N ⋅ f =
384 ⋅ EI
Daraus ist ersichtlich, dass das Zusatzmoment von der Steifigkeit EI des Bauteils und
von der Normalkraft abhängt. Infolge der nichtlinearen Materialeigenschaften von Beton
und Stahl und infolge Rissbildung ist die Steifigkeit eines Stahlbetonquerschnitts
lastabhängig, d.h. sie ist i.A. an jeder Stelle des Bauteils verschieden! Die Normalkraft ist
meist innerhalb eines Stabes konstant.
Wenn die Zusatzschnittgrößen infolge Verformung sehr groß sind, dann kann es sein, dass
ein Versagen des Bauteils nicht mehr durch Material-, sondern durch Stabilitätsversagen
eintritt. Das folgende Diagramm verdeutlicht den Unterschied zwischen reinem
Querschnittsversagen und Stabilitätsversagen:
2. Momenten-Krümmungs-Beziehung (M-Kappa-Diagramm)
Die Randdehnungen eines Querschnitts ergeben sich (wie bekannt) aus dem inneren
Gleichgewicht. Das folgende Bild zeigt die geometrischen Zusammenhänge eines
Stabelementes der Länge dx.
Durch Kombination der Gleichungen erhält man eine Beziehung zwischen Moment,
Krümmung und den Randdehnungen. Den typischen Verlauf eines Momenten-Krümmungs-
Diagramms für eine konstante Normalkraft zeigt das folgende Bild:
Punkt a wird beim Aufreißen des Querschnitts erreicht. Das zugehörige Rissmoment ohne
N
Stahlanteil errechnet sich zu: M cr = ( f ctm − ) ⋅ Wc
Ac
M cr
Die zugehörige Krümmung unter Vernachlässigung des Stahls ergibt sich zu: κ=
( EI ) I
Die Steigung der Geraden zum Punkt a repräsentiert die Biegesteifigkeit EI im Zustand I.
Punkt b kennzeichnet den Beginn des Fließens der Druckbewehrung (-2,174 ‰) was nicht
immer vorkommen muss.
Am Punkt c nimmt die Krümmung deutlich zu, ohne dass das aufnehmbare Moment
ebenfalls stark zunimmt, denn hier beginnt die Zugbewehrung zu fließen (+2,174 ‰). Das
zugehörige Moment wird als Fließmoment des Querschnitts bezeichnet.
Die größt mögliche Krümmung des Querschnitts (Punkt d) wird erst erreicht, wenn die
Betonstauchung maximal wird (-3,5 ‰).
Die Krümmung kann selbstverständlich für einen beliebigen Punkt zw. a und d für eine
bestimmte Normalkraft durch Variation der Dehnungsebene ermittelt werden, bis die Summe
der H-Kräfte = 0 ist. Das zugehörige Moment ergibt sich dann aus Summe M = 0.
Von dem Interaktionsdiagramm für symmetrische Bemessung ist bekannt, dass bei
steigender Druckkraft das aufnehmbare Moment des Querschnitts so lange zunimmt, bis die
Betongrenzstauchung erreicht ist. Durch Fließen der Zugbewehrung nimmt das aufnehmbare
Moment dann wieder ab. Die Normalkraft, bei der die Betongrenzstauchung erreicht ist
und die Zugbewehrung gerade anfängt zu fließen, heißt Nbal (balance force). Das ist
genau die Normalkraft, bei der der Querschnitt das größte Moment aufnehmen kann.
Das folgende Bild zeigt diesen Zustand für einen Rechteckquerschnitt mit symmetrischer
Bewehrung.
− N bal + Fs1 = Fs 2 + Fc
− N bal + As1 ⋅ f yd = As 2 ⋅ f yd + α R ⋅ x ⋅ b ⋅ f cd
Es wurde gezeigt, dass bei konstanter Normalkraft die Krümmung bei Erreichen der
Fließgrenze unabhängig vom Bewehrungsgrad in etwa konstant ist. Sie kann
näherungsweise gemäß dem folgenden Bild mit der Annahme, dass Zug- und
2 ⋅ ε yd
Druckbewehrung gleichzeitig fließen, bestimmt werden zu κ =
0,9 ⋅ d
Um die Erhöhung der Schnittgrößen infolge Verformung zu ermitteln, muss für eine vorab
geschätzte Bewehrung die Krümmung über das gesamte System integriert werden. Die
neuen Schnittgrößen ergeben neue Krümmungen usw., d.h. eine genaue Rechnung kann
nur iterativ erfolgen und ist sehr rechenintensiv.
Geht man aber davon aus, dass an jeder Stelle der Stütze gerade so viel Bewehrung liegt,
dass diese immer ins Fließen kommt (gestaffelte Bewehrung), dann hat man über die
gesamte Stützenlänge eine konstante Krümmung unabhängig vom Bewehrungsgehalt
vorliegen. Mit dieser näherungsweise konstanten Krümmung kommt man dann schnell und
ohne Iteration zu einem auf der sicheren Seite liegenden Ergebnis. Diese Vorgehensweise
eignet sich hervorragend für eine Handrechnung z.B. für eine Vordimensionierung.
Bei durchgehender Bewehrung ist die Krümmung nicht mehr konstant, was durch die
Korrekturfaktoren Kr für die Verkrümmung und c für den Krümmungsverlauf in der Norm beim
Modellstützenverfahren berücksichtigt wird.
Die unten dargestellte Kragstütze hat einen konstanten Querschnitt, konstante Bewehrung
und bei Vernachlässigung des Eigengewichts eine konstante Normalkraft. Sie erhält
zusätzlich zur planmäßigen Ausmitte e0 = M0/N eine zusätzliche Ausmitte aus Theorie II.
Ordnung e2 = M2/N, deren Verlauf parabelförmig angenommen werden kann.
Bild: Kragstütze
l l
M tot
e2 = ∫ ⋅ M ⋅dx = ∫ κ ( x) ⋅ M ⋅ dx
0
EI 0
Die Gesamtverformung e2 lässt sich mit dem Prinzip der virtuellen Kräfte berechnen:
e2 hängt somit vom Krümmungsverlauf ab: Bei kleiner Horizontalkraft H ist er mehr
rechteckförmig, bei großem H mehr dreieckförmig, bei großem e2 nähert er sich einer
Parabel an. Dieser Fall ist für den Grenzzustand der Tragfähigkeit maßgebend, weshalb mit
einer Parabel weitergerechnet wird. e2 ergibt sich somit durch koppeln einer Parabel mit
einem Dreieck:
5
e2 = ⋅ κ ( x = 0) ⋅ l ²
12
5 l 5
e2 = ⋅ κ ⋅ ( 0 )² = ⋅ κ ⋅ l0 ² ≈ 0,1 ⋅ κ ⋅ l0 ²
12 2 48
M tot = M 1 + 0,1 ⋅ N ⋅ κ ⋅ l0 ²
4. Berechnung nach EC 2
4.1 Allgemeines
Eine Berechnung nach Theorie II. Ordnung ist nur dann zu führen, wenn die durch
Verformungen hervorgerufenen Zusatzmomente größer als 10 % der Momente nach Theorie
I. Ordnung sind. Dies nachzuweisen erfordert wie gesehen einen hohen Rechenaufwand.
Um diesen in den meisten Fällen zu umgehen, werden einfache Entscheidungshilfen
eingeführt, die auf einer wichtigen Hilfsgröße, der Schlankheit des Bauteils, aufbauen:
l0
Schlankheit: λ=
i
I h h
Weitere Hilfsgrößen sind der Trägheitsradius i= Rechteck: i = Kreis: i =
A 12 4
und die Ersatzlänge (Knicklänge) l0 = β ⋅ lcol
Bild: Eulerfälle
Da für den üblichen Hochbau die Biegemomente aus Rahmenwirkung bei Innenstützen von
Durchlaufträgern vernachlässigt werden dürfen (= gelenkiger Anschluss der Innenstützen an
den Durchlaufträger), sollte in diesem Fall konsequenter Weise mit einem
Ersatzlängenbeiwert von β = 1,0 gerechnet werden.
Von wesentlicher Bedeutung bei Stabilitätsnachweisen ist die Ermittlung der zutreffenden
Knicklänge. Es ist offensichtlich, dass die Knicklänge bei verschieblichen Systemen
wesentlich größer ist als bei unverschieblichen. Bei mehrgeschoßigen verschieblichen
Rahmen ist es schwierig, die Knicklänge zutreffend zu ermitteln, da die Verformungen ohne
komplizierte Berechnungen schwer zu erkennen sind (siehe Bild unten).
Bild: Gegenüberstellung von Knickfiguren unverschieblicher Rahmen mit steifen und weichen
Riegeln.
Ein weiterer häufig vorkommender Fall ist die Einspannung von Stützen (meist Kragstützen
von Fertigteilhallen) in ein elastisch gelagertes Fundament. Wie zu erkennen ist, kann sich
die Knicklänge bei weichen Böden beträchtlich vergrößern.
s Stützenlänge
EI Biegesteifigkeit der Stütze
c = Eb ⋅ I fy Drehfederkonstante Fundament = Einspannmoment / Drehwinkel
I fy = b fx ⋅ b fy 12
3
Trägheitsmoment des Fundaments
Eb = 2,5 ⋅ Es Af Bettungsmodul, Es = Steifemodul für Dauerlast
A f = b fx ⋅ b fy Grundfläche des Fundaments
Auch angehängte Pendelstützen führen zu einer deutlichen Erhöhung der Knicklänge der
Stabilisierungsstütze. Der Knicklängenbeiwert β kann dem folgenden Bild entnommen
werden:
Die Knotensteifigkeiten k1 und k2 berechnen sich aus der Summe der am jeweiligen Knoten
angeschlossenen Stützensteifigkeiten dividiert durch die Summe der Knotenmomente am
jeweiligen Knoten infolge der Einheitsverdrehung φ = 1:
ki =
∑E cm ⋅ I col ,i l col ,i
=
∑E ⋅I
cm col ,i l col ,i
α = 2,3,4,6 je nach System
∑ M R ,i ∑α ⋅ E ⋅ I
cm R ,i l R ,i
Die Trägheitsmomente der Stützen können nach Zustand I ermittelt werden, die
Trägheitsmomente der Riegel sollten wegen Rissbildung (Zustand II) um 50 % vermindert
werden.
Die Auswertung der oben genannten Gleichungen ist in dem folgenden Nomogramm zur
einfachen Anwendung dargestellt:
Tragwerke, die unempfindlich gegen Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung reagieren,
werden als unverschieblich betrachtet. Wenn die Knotenverschiebungen so groß sind, dass
sich die Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung um mehr als 10 % erhöhen, dann gilt das
Tragwerk als verschieblich.
Wenn keine genaueren Nachweise geführt werden, dann gelten durch Wandscheiben oder
Kerne ausgesteifte Tragwerke als unverschieblich, wenn die folgenden einfachen
Kriterien erfüllt sind:
FV ,Ed ⋅ L2 ns
≤ 0,31 ⋅ (5.1.1)
Ecd ⋅ I c ns + 1,6
1 ns
≤ 0,31 ⋅ (5.1.2)
1 Ecd ⋅ I ω 1 Gcd ⋅ I t
2
ns + 1,6
⋅ + ⋅
L ∑ (FV ,Ed , j ⋅ rj ² ) 2,28 ∑ (FV ,Ed , j ⋅ rj ² )
Ecd = Ecm 1,2 Bemessungswert des Elastizitätsmoduls von Beton
Gcd = Ecd [2 ⋅ (1 + µ )] Bemessungswert des Schubmoduls von Beton, μ = 0,2.
ns Anzahl der Geschosse
L Gesamthöhe des Tragwerks ab der Einspannung (z.B. im Fundament oder in
einem steifen Kellerkasten)
rj Abstand der Stütze j vom Schubmittelpunkt des Gesamtsystems
FV , Ed Summe aller charakteristischen Vertikallasten
FV , Ed , j Charakteristische Vertikallast des Bauteils j (aussteifend und auszusteifend)
Bei Nachweisen am Gesamtsystem darf die Schiefstellung des gesamten Tragwerks oder
äquivalente Ersatzlasten angesetzt werden, um Schnittgrößen aus Imperfektionen zu
ermitteln. Hierbei ist die Schiefstellung des Gesamttragwerks Θi = Θ0 ⋅ α h ⋅ α m
Θ0 = 1 Grundwert der Schiefstellung
200
2
0 ≤ αh = ≤1 Abminderungsbeiwert für die Höhe h
hges
α m = 0,5 ⋅ (1 + 1 m ) Abminderungsbeiwert für die Anzahl der lastabtragenden Bauteile
Ein Nachweis am Gesamtsystem ist nur noch sinnvoll machbar mit modernen
Rechenprogrammen, die die physikalische und geometrische Nichtlinearität berücksichtigen
können. Hinweise enthält das Heft 600 vom DAfStb.
Einzeldruckglieder können sowohl einzelne verschiebliche Stützen sein (wie Kragstützen von
Fertigteilhallen) oder herausgelöste Teile eines Gesamttragwerkes mit der Ersatzlänge l0
(vgl. Bild). Diese können sowohl ausgesteifte Bauteile ohne Horizontallasten als auch
aussteifende Bauteile mit Horizontallasten sein.
4.4.1 Abgrenzungskriterium
Einzeldruckglieder müssen nicht nach Theorie II. Ordnung berechnet werden, wenn ihre
Schlankheit relativ klein ist (= geringe Knickgefahr). Dazu müssen sie folgendes Kriterium
erfüllen:
16
λlim = ) für ν Ed < 0,41 λlim = 25 für ν Ed ≥ 0,41
ν Ed
Die letzten beiden Beschränkungen sind aus rein wirtschaftlichen Erwägungen gemacht
worden, da wie oben gezeigt, der Krümmungsverlauf vereinfacht und auf der sicheren Seite
liegend angenommen wurde.
Bild: Kragstütze
Der Nachweis wird geführt durch die Bemessung des kritischen Querschnitts der
Modellstütze (=Einspannstelle) mit den Schnittgrößen N Ed und M Ed = M Ed 0 + M 2
Die Auswirkungen der Imperfektionen können bei Einzelstützen auf 2 verschiedene Arten
berücksichtigt werden:
l0
1) Ansatz einer Ausmitte: ei = Θi ⋅ mit Θi = Θ0 ⋅ α h ⋅ α m im Bogenmaß
2
Θ0 = 1 Grundwert der Schiefstellung
200
2
0 ≤ αh = ≤1 Abminderungsbeiwert für die Höhe lcol
lcol
α m = 0,5 ⋅ (1 + 1 m ) Abminderungsbeiwert für die Anzahl der lastabtragenden Bauteile
2) Ansatz einer Horizontalkraft Hi in der Position, die das maximale Moment erzeugt:
Die Lastausmitte eignet sich für statisch bestimmte Bauteile, wohingegen die Horizontalkraft
sowohl für statisch bestimmte als auch für statisch unbestimmte Bauteile verwendet werden
kann. Die Kraft Hi darf auch durch eine vergleichbare Quereinwirkung ersetzt werden.
Für Bauteile ohne Querlasten zwischen den Stabenden darf das maßgebende Moment nach
Theorie I. Ordnung, das im mittleren Drittel der Knicklänge liegt, vereinfacht wie folgt ermittelt
werden:
M 2 = N Ed ⋅ e2
1 l ²
Ausmitte aus Theorie II. Ordnung: e2 = K1 ⋅ ⋅ 0
r c
1 1
Krümmung: = Kϕ ⋅ K r ⋅ (vgl. Herleitung oben)
r r0
1 ε yd
= Krümmung beim Fliessen von Zug- und Druckbewehrung.
r0 0,45 ⋅ d
ε yd = f yd / E s Fliessdehnung
nu − n
Kr = ≤1 Faktor zur Anpassung des Krümmungsverlaufs (s. Bild unten).
nu − nbal
N Ed
n= bezogene Normalkraft.
Ac ⋅ f cd
A⋅f
nu = 1 + ω = 1 + s yd max. aufnehmbare bezogene Normalkraft ohne Biegung.
Ac ⋅ f cd
nbal = 0,4 max. aufnehmbare bezogene Normalkraft bei max.Biegung.
Kφ Erhöhungsfaktor zur Berücksichtigung des Kriechens
Wie man sieht, hängt Kr von der Bewehrung ab, d.h. man muss die Bewehrung iterativ durch
schätzen von Kr ermitteln. Mit der Wahl von Kr = 1 liegt man auf der sicheren Seite.
Mit Kriechen bezeichnet man die lastabhängige Verformung des Betons (insbes. des
Zementsteins) über einen längeren Zeitraum. Wenn die Lastausmitte klein ist, muss
Kriechen nicht berücksichtigt werden, da nur kleine Verkrümmungen des Querschnitts und
somit auch kaum ein Schnittgrößenzuwachs entsteht.
Wenn Kriechauswirkungen nicht vernachlässigt werden dürfen, darf dies vereinfacht durch
die effektive Kriechzahl φef berücksichtigt werden: ϕ ef = ϕ (∞, t0 ) ⋅ M 0 Eqp M 0 Ed
Mit dieser effektiven Kriechzahl erfolgt eine Vergrößerung der Verkrümmung über den Faktor
Kϕ = 1 + β ⋅ ϕ ef ≥ 1 mit β = 0,35 + f ck 200 − λ 150 ≥ 0
λ Schlankheit des Druckglieds
NA: Kriechauswirkungen dürfen i.d.R. auch vernachlässigt werden, wenn die Stütze an
beiden Enden monolithisch mit lastabtragenden Bauteilen verbunden ist oder bei
verschieblichen Tragwerken die Schlankheit < 50 und gleichzeitig die bezogene
Lastausmitte e0/h > 2 (M0Ed / NEd > 2h) ist.
Wird bei verschieblichen Tragwerken eine Einspannung der Stabenden des Druckgliedes
durch anschließende Bauteile angenommen (z.B. durch Rahmenriegel), dann sind diese
Bauteile auch für diese Zusatzbeanspruchung zu bemessen!
4.4.3 Bemessungshilfen
µ -Nomogramme
Die µ -Nomogramme enthalten die exakte Lösung des Modellstützenverfahrens unter
Berücksichtigung der Ausmitte e2. Die Diagramme sind anhand des Querschnitts (Rechteck,
Kreis), der Bewehrungslage (symmetrisch, umlaufend), der Schlankheit λ und dem
Verhältnis d1/h auszuwählen. Als Eingangsparameter benötigt man dann
M Ed 1
- das bezogene Moment µ Ed = mit MEd1 = NEd*(e0+ea+ec)
b ⋅ h ² ⋅ f cd
N Ed
- die bezogene Längskraft ν Ed =
b ⋅ h ⋅ f cd
e/h-Diagramme
Der Eingangsparameter e1/h ersetzt hier das bezogene Moment µ Ed , wobei wie beim µ -
Nomogramm e1 = e0+ea+ec ist.
Die Diagramme sind in den bekannten Tabellenwerken [2] [3] [7] zu finden und je nach
Querschnittstyp, Bewehrungsanordnung und Verhältnis d1/h auszuwählen.
Als erster Schritt darf eine getrennte Bemessung in beiden Hauptachsenrichtungen ohne
Beachtung der zweiachsigen Lastausmitte erfolgen. Imperfektionen müssen nur in der
Richtung berücksichtigt werden, in der sie zu den ungünstigsten Auswirkungen führen.
Die getrennten Nachweise dürfen dabei in den Richtungen der beiden Hauptachsen jeweils
mit der gesamten im Querschnitt angeordneten Bewehrung durchgeführt werden.
Es bedarf keiner weiteren Nachweise, wenn die folgenden 2 Bedingungen eingehalten sind:
1) λ y λz ≤ 2 und λz λ y ≤ 2 (5.38a EC2) λ y = l0 i y λ z = l0 i z
e y heq ez beq
2) ≤ 0,2 oder ≤ 0,2 (5.38b EC2) e y = M Edz N Ed ez = M Edy N Ed
ez beq e y heq
MEdz/y das Bemessungsmoment um die z/y-Achse, einschließlich des Moments nach
Theorie II. Ordnung. (NA: Theorie I. Ordnung ausreichend)
NEd der Bemessungswert der Normalkraft in der zugehörigen
Einwirkungskombination.
beq = i y ⋅ 12 Breite eines gleichwertigen Rechteckquerschnitts
heq = iz ⋅ 12 Höhe eines gleichwertigen Rechteckquerschnitts
Bild 5.8 EC2: Definition der Lastausmitten ey und ez Lage von NEd beim Rechteckquerschnitt
Werden die Bedingungen der Gleichung (5.38) nicht erfüllt, ist in der Regel eine zweiachsige
Lastausmitte einschließlich der Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung in beiden
Richtungen zu berücksichtigen. Ohne eine genaue Bemessung der Querschnitte für eine
zweiachsige Lastausmitte darf der folgende vereinfachte Nachweis verwendet werden:
a
M Edz M Edy
a
Für Druckglieder mit rechteckigem Querschnitt und mit e0z > 0,2h dürfen getrennte
Nachweise nur dann geführt werden, wenn der Nachweis der Biegung über die schwächere
Hauptachse z des Querschnitts auf der Grundlage der reduzierten Querschnittsdicke hred
nach Bild NA.5.8.1 geführt wird. Der Wert hred darf unter der Annahme einer linearen
Spannungsverteilung nach folgender Gleichung ermittelt werden:
h h
hred = ⋅ 1 + ≤h
2 6 ⋅ (e0 z + eiz )
(NA 5.38.1)
Beim Nachweis von nicht ausgesteiften Trägern ist in der Regel eine seitliche Auslenkung
von I / 300 als geometrische Imperfektion anzusetzen, wobei I die Gesamtlänge des Trägers
ist. Im fertigen Tragwerk darf die Aussteifung durch angeschlossene Bauteile berücksichtigt
werden.
Die Auswirkungen nach Theorie II. Ordnung auf das seitliche Ausweichen dürfen
vernachlässigt werden, falls die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
Ständige Bemessungssituation:
3
l0 t 50 l
≤ bzw. b ≥ 4 0t ⋅ h und h b ≤ 2,5
b h
3
50
b
Vorübergehende Bemessungssituation:
3
l0 t 70 l
≤ bzw. b ≥ 4 0t ⋅ h und h b ≤ 3,5
b h
3
70
b
Die durch das seitliche Ausweichen entstehende Torsion muss bei der Bemessung des
unterstützenden Tragwerks berücksichtig werden.
7. Literatur
[1] DIN EN 1992-1-1 Eurocode 2, Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau,
Beuth Verlag GmbH, 10772 Berlin, Januar 2011
[2] DIN EN 1992-1-1/NA Eurocode 2, Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den
Hochbau, Beuth Verlag GmbH, 10772 Berlin, Juli 2012
[3] Eurocode 2 für Deutschland, Kommentierte Fassung, Ernst&Sohn, Berlin, Dezember 2011
[6] Kordina, Quast: Bemessung von schlanken Bauteilen für den durch Tragwerksverformungen
beeinflussten Grenzzustand der Tragfähigkeit – Stabilitätsnachweis. Betonkalender 1996.