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Prof. Dr.-Ing.

Rudolf Baumgart Hochschule Darmstadt


Massivbau University of Applied Sciences

Plattentragwerke

1. Allgemeines
Platten sind Flchentragwerke, die im Normalfall senkrecht zu ihrer Mittelebene belastet
sind. Zur Abgrenzung von Balken ist pauschal festgelegt:

Kleinste Sttzweite: min l 5h und Querschnittsbreite b: min b 5h

Die Sttzung einer Platte kann sehr unterschiedlich sein: Normalerweise liegt eine
kontinuierliche Sttzung z.B. durch Wnde oder Unterzge vor, sie kann aber auch
unterbrochen sein, was oft durch einen deckengleichen Unterzug in der Rechnung
bercksichtigt wird. Letztlich sind auch nur punktfrmige Lager (Sttzen) mglich, man
spricht dann von Flachdecken.

Hinsichtlich der Tragwirkung wird traditionell aufgrund der unterschiedlichen theoretischen


Berechnungsmethode unterschieden in
- einachsig gespannte Platten (Berechnung wie ein Balken nach der Balkentheorie)
- zweiachsig gespannte Platten (Berechnung nach der Plattentheorie)

Ein Abgrenzungskriterium ist bei umlaufend kontinuierlicher Sttzung das Verhltnis der
Sttzweiten in x- und y-Richtung:
- ly/lx >= 2: einachsig gespannte Platte
- ly/lx < 2: zweiachsig gespannte Platte

Bild: Einachsig und zweiachsig gespannte Platten mit kontinuierlicher Sttzung

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Realistisch betrachtet muss man sehen, dass auch bei einem Verhltnis ly/lx > 2 nur im
mittleren Bereich und bei Gleichflchenlast reine einachsige Lastabtragung vorliegt.
Bei Einzellasten und in der Nhe der krzeren Sttzungen liegt immer eine zweiachsige
Lastabtragung gem Plattentheorie vor.

Bild: Verschiedene Plattentypen

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1.1 Konstruktionsregeln

Mindestplattenhhe: allgemein 7 cm
Platten mit aufgebogener Querkraftbewehrung 16 cm
Platten mit Bgeln oder Durchstanzbewehrung 20 cm

Mindestdurchmesser: = 5 mm
Querbewehrung: mind. 20% der Hauptbewehrung

Bei der Dimensionierung der Plattenhhe h ist oft nicht die Tragfhigkeit magebend,
sondern die Gebrauchstauglichkeit in Form einer Verformungsbegrenzung. Diese kann im
blichen Hochbau vereinfacht ber einen Nachweis der Biegeschlankheit erfolgen (vgl.
Kapitel 1.2).

Auerdem knnen andere Kriterien wie z.B. Schall- oder Brandschutz die
Deckendimensionierung beeinflussen.

Die Regeln fr die Mindestbiegezugbewehrung von Balken gelten auch fr Platten. Fr


die Stababstnde gelten die folgenden Festlegungen:

Lngsbewehrung: h <= 15 cm smax = 15 cm


15 cm < h <25 cm smax = h
h >= 25 cm smax = 25 cm

Querbewehrung: smax = 25 cm

Eine Staffelung von bis zu 50 % der Biegezugbewehrung ist zwar zulssig, wird aber
nur selten ausgefhrt, z.B. wegen geringerer Querkrafttragfhigkeit am Auflager.

Im Normalfall wird angestrebt, Platten ohne Querkraftbewehrung auszufhren. In diesem


Fall ist das Versatzma auf al = 1,0d festgelegt.

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Fr den hufig vorkommenden Fall eines freien Plattenrandes schlgt Leonhardt folgende
konstruktive Bewehrung vor: h <= 30 cm asy = 1,0 cm/m
h >= 80 cm asy = 3,0 cm/m

Bild: Bewehrung eines freien Plattenrandes

Bild: Abreibewehrung oben bei unbeabsichtigter Einspannung

Bild: Konstruktive Einspannbewehrung

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1.2 Begrenzung der Verformungen

1.2.1 Allgemeine Regelungen

Bild: Biegeverformung eines Bauteils Definition der Komponenten

Entsprechend der oben gezeigten Abbildung muss im Hinblick auf die Biegeverformung
eines Bauteils unterschieden werden zwischen:
Durchbiegung w
Die Durchbiegung bzw. die Biegelinie entspricht der Differenz zwischen der
verformten Lage und der unverformten Ausgangslage.
Durchhang f
Der Durchhang entspricht der Abweichung der verformten Lage von einer
Referenzlage, i. d.R. der geraden Verbindung zwischen den Auflagern.

Da Biegeverformungen visuell nur auf Referenzlinien bezogen wahrgenommen werden


(Durchhang), kann dieser im Gegensatz zur Durchbiegung durch eine berhhung der
Schalung bei der Herstellung reduziert werden. Nach EC 2 sollte die berhhung
allerdings l/250 nicht berschreiten.

Zum Nachweis von Verformungen stehen im EC 2 zwei alternative Wege zur Verfgung:
Explizite Berechnung der Verformung und Vergleich mit Grenzwerten.
Vereinfachter Nachweis durch Begrenzung der Biegeschlankheit.

Die zweite Alternative ist generell auf vorwiegend biegebeanspruchte, nicht vorgespannte
Bauteile beschrnkt. Im NA erfolgt zudem bedingt durch die weitgehend empirische
Ableitung der Biegeschlankheitsgrenzen eine weitere Einschrnkung auf Deckenplatten des
blichen Hochbaus.

Die Norm legt folgende Grenzwerte fest, die allerdings nur Richtwerte fr bliche Wohn-,
Bro und Industriebauten darstellen:

Erhalt eines ansprechenden Erscheinungsbilds: Durchhang f <= l/250


Vermeidung von Schden in angrenzenden Bauteilen: Durchbiegung w <= l/500

Die Nachweise sind fr die quasi-stndige Belastung zu fhren. Bei Kragtrgern ist 2,5l
anzusetzen, also Durchhang f <= l/100.

Eine berschreitung der genannten Grenzen ist nicht automatisch als Mangel zu sehen,
whrend deren Einhaltung nicht in allen Fllen die Gebrauchstauglichkeit garantiert. Im
Zweifelsfall sind mit dem Bauherrn davon abweichende Grenzwerte zu vereinbaren.

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1.2.2 Vereinfachter Nachweis durch Begrenzung der Biegeschlankheit

Im EC 2 werden Grenzen fr die Schlankheit l/d angegeben, die auf einer genauen
Berechnung basieren. Die Ausdehnung des auf Gebrauchslastniveau gerissenen Bereichs
und der Einfluss des Bewehrungsgrades auf die Biegesteifigkeit im Zustand II werden durch
eine Unterscheidung zwischen gering- und hochbeanspruchten Bauteilen erfasst.

Gering beanspruchte Bauteile (v. a. Platten) weisen im Allgemeinen niedrige


Bewehrungsgrade auf (< 0,5 %); der gerissene Bereich erstreckt sich unter Gebrauchslasten
nur ber einen begrenzten Bereich der Spannweite.

Im Unterschied dazu besitzen hoch beanspruchte Bauteile (vorwiegend Balken)


Bewehrungsgrade > 0,5%. Die Rissbildung ist im Allgemeinen bereits unter Gebrauchslasten
weit fortgeschritten, die grere Ausdehnung des gerissenen Bereichs fhrt damit im
Vergleich zu gering beanspruchten Bauteilen zu greren Verformungen. Fr
hochbeanspruchte Bauteile werden daher strengere Grenzwerte, d. h. grere statische
Nutzhhen bei gleicher Sttzweite erforderlich.

l 0 2
3

K 11 1,5 f ck 0 3,2 f ck 1 K 35 K 2 150 l fr 0 (7.16a)


d

l 0 1
K 11 1,5 f ck f ck K 35 K 150 l fr 0 (7.16b)
2

d 12 0

l/d der Grenzwert der Biegeschlankheit (Verhltnis von Sttzweite zu Nutzhhe);


K der Beiwert zur Bercksichtigung der verschiedenen statischen Systeme;
der Referenzbewehrungsgrad 0 10
3
0 f ck fck in MN/m
, der erforderliche Zug(Druck)bewehrungsgrad in Feldmitte, um das
Bemessungsmoment aufzunehmen (am Einspannquerschnitt fr Kragtrger);
Die 2. Obergrenze K150/l gilt fr Bauteile, die verformungsempfindliche Ausbauelemente
beeintrchtigen knnen.

Die Gleichungen (7.16a) und (7.16b) sind unter der Voraussetzung hergeleitet worden, dass
die Stahlspannung unter der entsprechenden Bemessungslast im GZG in einem gerissenen
Querschnitt in Feldmitte eines Balkens bzw. einer Platte oder am Einspannquerschnitt eines
Kragtrgers 310 N/mm betrgt (entspricht ungefhr fyk = 500 N/mm). Werden andere
Spannungsniveaus verwendet, sind in der Regel die nach Gleichung (7.16) ermittelten Werte
mit 310 / s zu multiplizieren. Im Allgemeinen befindet man sich mit der Annahme nach
Gleichung (7.17) auf der sicheren Seite:

310 / s = 500 / (fyk As,req / As,prov) = As,prov / As,req (7.17)

s Stahlzugspannung in Feldmitte (am Einspannquerschnitt eines Kragtrgers)


unter der Bemessungslast im GZG;
As,prov vorhandene Querschnittsflche der Zugbewehrung im vorgegebenen
Querschnitt;
As,req erforderliche Querschnittsflche der Zugbewehrung im vorgegebenen
Querschnitt im GZT.

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EC2 Tabelle 7.4N: Grundwerte der Biegeschlankheit von Stahlbetonbauteilen ohne


Drucknormalkraft; Beispiele fr 0,5% und 1,5% mit C30/37 und s = 310 MN/m

Bei gegliederten Querschnitten, bei denen das Verhltnis von Gurtbreite zu Stegbreite den
Wert 3 bersteigt, sind in der Regel die Werte von l/d nach Gleichung (7.16) mit 0,8 zu
multiplizieren.

Bei Balken und Platten (auer Flachdecken) mit Sttzweiten ber 7 m, die leichte
Trennwnde tragen, die durch bermige Durchbiegung beschdigt werden knnten, sind
in der Regel die Werte l/d nach Gleichung (7.16) mit dem Faktor 7/leff (leff in m) zu
multiplizieren.

Bei Flachdecken mit Sttzweiten ber 8,5 m, die leichte Trennwnde tragen, die durch
bermige Durchbiegung beschdigt werden knnten, sind in der Regel die Werte l/d nach
Gleichung (7.16) mit dem Faktor 8,5/leff (leff in m) zu multiplizieren.

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2 Einachsig gespannte Platten


Vergleicht man die Verformung eines Balkens mit der einer einachsig gespannten Platte
unter Gleichstreckenlast, so verhalten sich beide in Tragrichtung gleich. Deshalb kann man
eine Platte unter Gleichlast wie einen Balken der Breite 1 m berechnen und bemessen.

Bild: Vergleich Balken und Platte unter Gleichlast

Im Gegensatz zum Balken ist bei der Platte die Querdehnung in Querrichtung behindert,
wodurch auch in Querrichtung Spannungen und somit Schnittgren entstehen. Gem der
Elastizittstheorie ergeben sich diese ber die Querdehnzahl zu

y x m y mx

Im Stahlbetonbau betrgt die Querdehnzahl = 0,2. Wenn Rissbildung unter Zug zulssig
ist (z.B. bei den Nachweisen im Grenzzustand der Tragfhigkeit), dann gilt
nherungsweise = 0,0.

Eine Berechnung in Querrichtung fr einachsig gespannte Platten unter Gleichflchenlast


erbrigt sich deshalb, wenn man nherungsweise 20% der erforderlichen Tragbewehrung in
Querrichtung vorsieht. Dies uert sich z.B. in den weit verbreiteten R-Lagermatten, bei
denen immer 20 % der Lngsbewehrung in Querrichtung vorliegt.

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Liegen allerdings Einzel- oder Teilflchenlasten vor, so ergibt sich auch in Querrichtung eine
grere Verformung, so dass dann auch in Querrichtung mehr als 20 % erforderlich werden.

Bild: Platte unter Teilflchenbelastung

Eine genaue Berechnung der Schnittgrenverteilung ist aufwndig und wird heute fast
ausschlielich mit Hilfe der FEM-Methode durchgefhrt. Um eine Handbemessung (z.B. zur
Kontrolle) zu ermglichen, wurden durch Vergleichsrechnungen mitwirkende
Lastverteilungsbreiten fr Punkt-, Linien- und Teilflchenlasten ermittelt. Hierzu bentigt man
zunchst die rechnerische Lastaufstandsbreite, die unter einem Ausbreitungswinkel von
45 in der Mitte der Stahlbetonplatte gemessen wird: t y b0 2 h1 h

Bild: Mitwirkende Lastverteilungsbreiten unter Teilflchenbelastung

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Mit der rechnerischen Lastaufstandsbreite kann dann mit Hilfe der folgenden Tabelle die
mitwirkende Lastverteilungsbreite beff ermittelt werden. Sie wird symmetrisch zum
Lastschwerpunkt und rechtwinklig zur Tragrichtung angenommen. Wenn die Last randnah
ist, so dass beff teilweise auerhalb der Platte liegt, dann muss beff selbstverstndlich
entsprechend verkleinert werden.

Tabelle: Mitwirkende Lastverteilungsbreiten bei einachsig gespannten Platten

Bild: Lastverteilungsbreiten im Feld, beim Kragarm, randnah.

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Daraus ergibt sich die folgende Vorgehensweise fr die Bemessung auf Biegung
(Bemessung auf Querkraft erfolgt analog):

- Unterteilung der Platte in einen Regelbereich und einen gestrten Bereich mit der
Breite beff.
- Bemessung des Regelbereiches wie einen Balken mit der Breite b = 1m ergibt das
Bemessungsmoment mEd,R und die erforderliche Bewehrung erf as,R in cm/m.
- Berechnung der magebenden Balkenschnittgre MEd,P fr die Teilflchenlast P.
Verteilung dieser auf die Breite beff: mEd,P = MEd,P/beff in kNm/m
- Bemessung des gestrten Bereiches fr mEd = mEd,R + mEd,P ergibt erf as in cm/m
- Bewehrung in Tragrichtung: berall wie fr den Regelbereich ermittelt + Zulagen im
gestrten Bereich aus as = erf as - erf as,R Verteilungsbreite der Zulagen: beff/2 >=
ty, Feldbewehrung durchgehend, Sttzbewehrung nach Momentenlinie.
- Zulagebewehrung in Querrichtung im Strbereich: erf as,quer = 0,6as
Verteilungsbreite der Zulagen: beff/2 >= tx Lnge der Zulagen: l = beff + 2lb,net Ein
Lngsversatz um beff/4 wird empfohlen.

Achtung: Die Maximalschnittgren in beiden Berechnungen sind oft nicht an der gleichen
Stelle!

Bild: Anordnung der Zulagebewehrung

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3 Zweiachsig gespannte Platten


Zweiachsig gespannte Platten tragen ihre Last planmig in Lngs- und Querrichtung ab.
Dadurch erhht sich die Tragfhigkeit gegenber einachsig gespannten Platten betrchtlich.

Platten werden oft hinsichtlich ihrer Tragwirkung eingeteilt: Im Normalfall liegt eine isotrope
(gleiche Plattensteifigkeit in jeder Richtung, Gegenteil: orthotrop) drillsteife (Drillmomente
mxy sind vorhanden, Gegenteil: drillweich) Platte vor.

Bild: Rissbilder auf der Plattenunterseite

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3.1 Vereinfachtes Tragverhalten nach Marcus

Das von Marcus entwickelte Verfahren wird auch Streifenkreuzverfahren genannt, weil der
Grundgedanke darin liegt, dass 2 sich kreuzende Plattenstreifen gemeinsam die Flchenlast
der Platte abtragen. Die Lastaufteilung auf beide Streifen ergibt sich aus der Bedingung,
dass die Durchbiegung fr beide Streifen an einem Punkt (z.B. in Feldmitte) gleich sein
muss:

Bild: Streifen fr das Streifenkreuzverfahren

Am Beispiel einer rundum gelenkig gelagerten Einfeldplatte wird das Verfahren erlutert:

- Die Belastung der Platte Fd wird in 2 Richtungen aufgeteilt: Fd Fdx Fdy


- Die Durchbiegungen werden wie fr einen Balken getrennt je Richtung ermittelt:
5 Fdy l y
4
5 Fdx l x
4

fx fy
384 EI x 384 EI y
- Mit f f x f y und Fdx Fd Fdy und EI x EI y folgt:
4 4
lx ly
Fdy Fd k y Fd und analog dazu Fdx Fd k x Fd
lx l y lx l y
4 4 4 4

- Logischerweise muss gelten: k x k y 1


- Die zugehrigen Momente ergeben sich somit zu
m x Fdx l x 8 Fd k x l x 8 m y Fdy l y 8 Fd k y l y 8
2 2 2 2
und

Die Faktoren kx und ky sind nur von der Geometrie abhngige Lastverteilungszahlen, die
fr verschiedene Lagerungsbedingungen in den sog. Marcus-Tafeln tabelliert wurden.

Zum Beispiel ergibt sich fr eine quadratische, allseits gelenkig gelagerte Platte ky = kx = 0,5
und somit fr die Maximalmomente in beiden Richtungen: m x m y Fd l 16
2

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Der Vorteil bzw. die Einfachheit des Streifenkreuzverfahrens liegt darin, dass man damit eine
Platte getrennt je Richtung betrachten kann:

Wenn man fr alle Randbedingungen die oben gezeigte Rechnung wiederholt, dann ergeben
sich die folgenden Lastverteilungszahlen mit = ly/lx:

Bild: Lastverteilungszahlen 4-seitig gelagerter Rechteckplatten nach Marcus

Damit teilt sich die Plattenlast wie folgt auf: px p p y p (1 )

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3.2 Tatschliches Tragverhalten nach der Plattentheorie

Gem Plattentheorie treten in Platten nicht nur Biegemomente mx und my (kNm/m) auf,
sondern auch sog. Drillmomente mxy. Die Querkrfte werden mit vx und vy (kN/m)
bezeichnet. Hierbei ist bei der Indizierung darauf zu achten, dass Momente mx aus
Spannungen x entstehen!

Das folgende Bild verdeutlicht die Verformungen mit (Plattentheorie) und ohne
(Streifenkreuzverfahren nach Marcus) Drillmomente. Die Drillmomente treten in den Ecken
der Platten auf, da dort eine Verformung in x- und y-Richtung nur funktioniert, wenn
gleichzeitig eine Verwindung der Platte stattfindet.

Bild: 2-achsig gespannte kontinuierlich gesttzte Platte unter Gleichflchenlast

Bild: Schnittgren einer Platte und zugehrige Spannungen

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Aus den Drillmomenten resultiert eine Verwlbung der Plattenecken, die nach oben
abheben. Dies kann nur durch gengend Auflast oder Verankerung nach unten verhindert
werden.

Bild: Drillsteife Platte

Wie unschwer zu erkennen ist, wird durch Herunterdrcken/halten der Plattenecken die
Durchbiegung im Feld verkleinert (weniger Bewehrung im Feld erforderlich), was aber Zug
in Richtung Ecke an der Plattenoberseite und senkrecht dazu an der Plattenunterseite zur
Folge hat. Hierfr ist spezielle Bewehrung = Drillbewehrung erforderlich.

Der theoretische Zusammenhang zwischen der Belastung einer Platte und ihrer Verformung
wird durch eine partielle Differentialgleichung beschrieben:

4w 4w 4 w Fk ( x, y ) E h3
2 mit der Plattensteifigkeit N
x 4 x 2 y 2 y 4 N 12 (1 2 )

Fk(x,y) Belastungsfunktion, meist Fk = const.

2w 2w 2w 2w 2w
m x N 2 2 m y N 2 2 m xy N 1
x y y x xy

Da fr alle biegebeanspruchten Bauteile im Grenzzustand der Tragfhigkeit im Zustand II


gerechnet wird, sollte die Querdehnzahl = 0 gesetzt werden. Fr Nachweise im
Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit kann mit = 0,2 gerechnet werden.

Wie man unschwer aus der Differentialgleichung erkennen kann, setzt sich die
Plattentragwirkung aus 3 Anteilen zusammen: Der Balkentragwirkung in x- und y-Richtung
(vlg. DGL fr den Balken) und der Drilltragfhigkeit, die die Verwindung der Plattenstreifen
beschreibt.

Lsungen der o.g. partiellen Differentialgleichung fr verschiedene Lagerungsbedingungen


wurden von Czerny verffentlicht. Diese Czerny-Tafeln sind somit Grundlage fr
drillsteife Platten, die Marcus-Tafeln fr drillweiche Platten.

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Die Czerny-Tafeln wurden fr eine Querdehnzahl = 0 erstellt, vorwiegend fr eine


konstante Bauteilhhe h und eine Gleichflchenlast. Sollte es erforderlich werden, mit =
0,2 zu rechnen, dann kann nherungsweise die folgende Umrechnung erfolgen:

m x , m x , 0 m y , 0 m y , m y , 0 m x , 0 m xy , (1 ) m xy , 0

Die Bezeichnungen wurden von Czerny wie folgt festgelegt:

F Flchenlast auf der Platte in kN/m


TW Tafelwert

m Plattenmitte
max Ort des Maximalwertes
min Ort des Minimalwertes
e Plattenecke
er eingespannter Rand
erm eingespannter Rand Mitte
ere eingespannter und freier Rand Ecke
fre freier und gelenkiger Rand Ecke
rm Rand Mitte
frm freier Rand Mitte
fr freier Rand

Bild: Czerny-Tafel fr gelenkige Lagerung aller 4 Rnder

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3.3 Querkrfte und Auflagerkrfte der Platten

Das folgende Bild zeigt Schnittkraftlinien einer rundum gelenkig gelagerten Platte nach der
Plattentheorie. Wie man unschwer erkennen kann, wre eine genaue Ermittlung der
Auflagerkrfte fr die Lastweiterleitung sehr aufwndig.

Bild: Schnittkraftverlufe nach der Plattentheorie fr allseits gelenkige Lagerung

Deshalb knnen die Auflagerkrfte nherungsweise mit Hilfe von Lasteinzugsflchen


ermittelt werden. Dabei wird je nach Sttzungsart eine Aufteilung der Plattenlast auf die
jeweilige Untersttzung im Winkel zwischen 45 und 60 vorgenommen.

Bild: Lastverteilung durch Lasteinzugsflchen

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3.4 Bewehrung der Platten


Da Platten in 2 Richtungen (x/y beliebig festgelegt) durch Biegung belastet sind, wird die
Bemessung eines Bewehrungsnetzes erforderlich. Voraussetzung fr die Dimensionierung
ist die Kenntnis der Hauptmomente, die wie Hauptspannungen ermittelt werden:
mx m y mx m y 2 m xy
2

mI , II m xy 2 tan(2 )
2 2 mx m y

Da die Hauptmomente die Integration der Spannungen ber die Querschnittshhe darstellen,
entsprechen sie der realen Querschnittsbelastung. Eine Bewehrung senkrecht zu den
Hauptmomenten wre daher optimal, ist aber praktisch unmglich.

Die Bemessung der Platten erfolgt hnlich wie fr Scheiben, da man Zug- und Druckzone
jeweils als Scheibe betrachten kann, deren Hauptnormalkrfte mI/z bzw. mII/z sind (vgl.
Baumann, Kuyt). Da die Bewehrungsrichtungen im Normalfall nicht mit den Hauptrichtungen
bereinstimmen, muss eine Transformation in die jeweilige Bewehrungsrichtung erfolgen.

Achtung: Bei verschiedenen Lastfllen ist keine einfache Superposition der Momente
mglich, da je nach Lastfall am gleichen Plattenpunkt eine andere Hauptrichtung vorliegt!

Im Allgemeinen ist es ausreichend, die Bewehrung fr die Maximalmomente zu ermitteln


und z.B. in Form einer Q-Matte in das gesamte Plattenfeld einzulegen, wenn an der
Maximum-Stelle die Hauptrichtung in etwa mit der Bewehrungsrichtung bereinstimmt. Die
Zugkrfte infolge der Drillmomente sind dann ebenfalls ausreichend abgedeckt.

Eine auf der sicheren Seite liegende Abschtzung der Bemessungsmomente fr Bereiche, in
denen mx und my nicht Hauptmomente sind, kann wie folgt gemacht werden:
m x,d sign(m x ) ( m x m xy ) m y ,d sign(m y ) ( m y m xy )
Ein genauerer Ansatz ist im EC2 Anhang F beschrieben.

Bild: Anordnung von Drillbewehrung im Eckbereich von Platten

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3.5 Nachtrglich mit Ortbeton ergnzte Platten

Aus Rationalisierungsgrnden (keine Schalung erforderlich) werden immer hufiger


nachtrglich mit Ortbeton ergnzte Fertigteilplatten eingesetzt. Bei einachsig gespannten
Platten wird die Trag- und Querbewehrung in der Fertigteilplatte angeordnet, ber den
Fugen wird die Querbewehrung gestoen. Dabei kann der Abstand zur Querbewehrung in
der Fertigteilplatte rechnerisch unbercksichtigt bleiben.

Bild: Stoausbildung bei 1-achsig gespannten Teilfertigplatten

Bei zweiachsig gespannten Platten wird die Feldbewehrung der Haupttragrichtung in der
Fertigteilplatte verlegt, die Querbewehrung meist darauf (kleinere statische Hhe!). Alternativ
kann die Querbewehrung in der Fertigteilplatte verlegt werden, wenn ein Vollsto gem
dem folgenden Bild ausgefhrt wird.

Bild: Stoausbildung bei 2-achsig gespannten Teilfertigplatten

Weitere Voraussetzungen fr die Bercksichtigung der Querbewehrung fr 2-achsig


gespannte Platten sind: ds <= 14 mm, as <= 10 cm/m, VEd <= 0,5VRd,max

Der Verbund zwischen Ortbeton und Fertigteil erfolgt durch Gittertrger, die auch als
Schubbewehrung herangezogen werden knnen.

Die gnstige Wirkung der Drillsteifigkeit darf nur dann angesetzt werden, wenn sich innerhalb
des Drillbereichs von 0,3 l keine Stofuge befindet. Die Aufnahme der Drillmomente in den
Plattenecken ohne Verbindung zum Nachbarfeld ist nachzuweisen.

Die Bewehrung in der Ortbetonschicht muss eine Betondeckung von 10 mm einhalten, was
bis jetzt in der Praxis nicht gemacht wird! Eine Schnittgrenermittlung mit in beiden
Richtungen gleicher Steifigkeit ist nur zulssig, wenn der Abstand der Bewehrungslagen in
Ortbeton und Fertigteil max. 50 mm betrgt.

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3.6 Ermittlung der maximalen Momente durchlaufender Platten

Da Platten fast immer in 2 Richtungen durchlaufen, mssen die Laststellungen der


Verkehrslasten auch in 2 Richtungen variiert werden, um die max./min. Plattenmomente zu
finden. Das folgende Bild zeigt die Anordnung der Lasten zur Bestimmung der max. und min.
Biegemomente in der Platte:

Bild: Schachbrettanordnung der Verkehrslasten in durchlaufenden Plattensystemen

Eine Handrechnung zur Ermittlung der Plattenmomente wird heute nicht mehr durchgefhrt,
allerdings muss man hufig die Laststellungen bzw. die unabhngig belasteten Bereiche in
den FEM-Programmen per Hand festlegen, weswegen die Vorgehensweise schon bekannt
sein sollte. Die Programme kombinieren dann alle Laststellungen zur Berechnung der
ungnstigsten Schnittgren.

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3.7 Czerny-Tafeln

Czerny-Tafel fr rundum gelenkige Lagerung (Plattentyp 1)

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Czerny-Tafel mit Einspannung einer langen Seite (Plattentyp 2a)

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Czerny-Tafel mit Einspannung einer kurzen Seite (Plattentyp 2b)

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Czerny-Tafel mit Einspannung von 2 gegenber liegenden langen Seiten (Plattentyp 3a)

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Czerny-Tafel mit Einspannung von 2 gegenber liegenden kurzen Seiten (Plattentyp 3b)

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Czerny-Tafel mit Einspannung von 2 benachbarten Seiten (Plattentyp 4)

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Czerny-Tafel mit Einspannung von 3 Seiten, kurze Seite gelenkig (Plattentyp 5a)

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Czerny-Tafel mit Einspannung von 3 Seiten, lange Seite gelenkig (Plattentyp 5b)

platten.doc 09.10.12 Seite 29


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Czerny-Tafel mit Einspannung von allen 4 Seiten (Plattentyp 6)

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1.3 Zweiachsig gespannte durchlaufende Platten nach


Pieper/Martens

Tabellen, Grafiken und Anwendung siehe Schneider Bautabellen

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