WKC Grundlagen Der Metallkunde

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Werkstoffkunde und Chemie

Teil a - Kapitel 3
Grundlagen der Metallkunde

WkC a
Depar tment M+P
HAW HA M B U RG

Inhalt

Gitterfehler des Idealkristalls


Verformung des Realkristalls
Entstehung des Gefges
Anisotropie und Rekristallisation

Grundlagen der Metallkunde


Folie 2

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Depar tment M+P
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Gitterfehler
Die durch Elementarzelle und Raumgitter gegebene Struktur heit Idealkristall.
Der Idealkristall kommt in der Natur aufgrund der stets vorhandenen Gitterfehler
nicht vor, stattdessen der Realkristall (Kristall mit Gitterfehlern). Gitterfehler
knnen nach ihrer geometrischen Erscheinungsform geordnet werden:
Nulldimensional:
(Punktfehler)

Leerstellen, Zwischengitteratome, Austauschatome,


Einlagerungsatome

Eindimensional:
(Linienfehler)

Stufenversetzung, Schraubenversetzung

Zweidimensional: Gro- und Kleinwinkelkorngrenzen


(Flchenfehler)
Dreidimensional: Poren, Einschlsse, Ausscheidungen
(Rumliche Fehler)

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Folie 3

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Punktfrmige (nulldimensionale) Gitterfehler


Leerstellen sind Strungen von atomarer Grenordnung. Die Hufigkeit
der Leerstellen, die Leerstellendichte, ist temperaturabhngig. Je hher
die Temperatur desto hher die Leerstellendichte. Wechseln Atome auf
Zwischengitterpltze entstehen Leerstellen und Zwischengitteratome im
gleicher Anzahl (Frenkel-Paar). Die Diffusion von Fremdatomen wird
durch eine hohe Leerstellendichte im Kristallgitter erheblich beschleunigt.

Leerstelle

Zwischengitteratom

Frenkel-Paar
Quelle: Bargel, Schulze: Werkstoffkunde

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Folie 4

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Punktfrmige (nulldimensionale) Gitterfehler


Gelste Fremdatome sind ebenfalls Gitterfehler. Sind grere Mengen
einer zweiten Atomart im Gitter gelst, werden die so aufgebauten Kristalle
als Mischkristalle bezeichnet. Nehmen Fremdatome Gitterpltze ein, d.h.
sind sie ausgetauscht gegen die Atome des Wirtsgitters, so spricht man
von Austauschatomen bzw. Austauschmischkristallen. Befinden sie sich
dagegen auf Zwischengitterpltzen, werden sie Einlagerungsatome bzw.
Einlagerungsmischkristalle genannt.

Austauschatom

Einlagerungsatom
Quelle: Bargel, Schulze: Werkstoffkunde

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Folie 5

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Linienfrmige (eindimensionale) Gitterfehler


Sehr hufig in Kristallen vorkommende und bedeutsame Gitterfehler sind die
linienfrmig verlaufenden Versetzungen. Man unterscheidet Stufenversetzungen
und Schraubenversetzungen. Entlang der Versetzungslinie ist das Atomgitter
verzerrt und gestrt.

Versetzungen spielen bei der


plastischen Verformung eine
entscheidende Rolle, da die
Verformung eine Bewegung von
Versetzungen unter Einwirkung
einer ueren Kraft darstellt.
Stufenversetzung

Schraubenversetzung
Quelle: Bargel, Schulze: Werkstoffkunde

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Folie 6

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Einkristall, Vielkristall
Bisher wurde das Atomgitter eines einzigen Kristalls
(Einkristall) mit seinen Gitterfehlern beschrieben. Reale
Werkstoffe bestehen jedoch nicht nur aus einem einzigen
sondern aus vielen Kristallen (Vielkristalle).
Ein Einkristall ist ein makroskopischer Kristall, dessen
Bausteine (Atome, Ionen oder Molekle) ein einheitliches,
homogenes Kristallgitter bilden.
Ein Vielkristall besteht aus einer Vielzahl von einzelnen
Kristallen, die zur Unterscheidung von frei gewachsenen
Einkristallen als Kristallite oder Krner bezeichnet werden.
Der Bereich zwischen den Krnern heit Korngrenze und
der gesamte Verbund Gefge. Das Gefge kennzeichnet
sich durch Korngre und Kornform. Die technischen
Metalle sind fast ausschlielich vielkristallin.
Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

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Folie 8

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Krner und Korngrenzen


Reine Metalle haben ein homogenes Gefge, weil alle Kristallite (Krner) die
gleiche Kristallstruktur besitzen (z.B. krz). Die Krner unterscheiden sich
lediglich in der rumlichen Lage der Gitterebenen, die an den Korngrenzen
nicht nahtlos ineinander bergehen.

Korngrenzen

Kristallite oder Krner

Quelle: Bargel, Schulze: Werkstoffkunde

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Folie 9

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Flchenfrmige (zweidimensionale) Gitterfehler


Korngrenzen (Berhrungsflchen der Krner) sind flchenfrmige Gitterfehler.

Kleinwinkelkorngrenzen
bestehen aus flchig
angeordneten Versetzungen.

Growinkelkorngrenzen
haben eine Ausdehnung
von ca. zwei bis drei
Atomdurchmessern und
eine unregelmige
(amorphe) Anordnung.

Quelle: Roos, Maile: Werkstoffkunde fr Ingenieure

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Folie 10

Gro- und Kleinwinkelkorngrenzen


Growinkelkorngrenzen

Kleinwinkelkorngrenzen

Obwohl sich der Gitterfehler nur ber wenige Atomabstnde erstreckt, ist die
Gitterstrung erheblich und hat groe Auswirkungen auf die Materialeigenschaften. Dabei schwchen Korngrenzen den Werkstoff nicht, sondern tragen
in besonderem Mae zur Festigkeitssteigerung bei.
Quelle: Bargel, Schulze: Werkstoffkunde

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Folie 11

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Rumliche (dreidimensionale) Gitterfehler

Weitere Fehler, die viel grer sein knnen, als die zuvor
besprochenen, treten in allen festen Werkstoffen auf.
Dazu gehren:
- Risse
- Poren (Ansammlungen von Leerstellen)
- Lunker (Hohlraum beim Gussbauteilen)
- Einschlsse (z.B. Verunreinigungen)
- Ausscheidungen (Ansammlungen von Fremdatomen )

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Folie 12

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Inhalt

Gitterfehler des Idealkristalls


Verformung des Realkristalls
Entstehung des Gefges
Anisotropie und Rekristallisation

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Folie 14

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Elastische (Zurckgehende) Verformung


Bei einer elastischen Verformung des Werkstoffs verndern sich die Gitterabstnde des Atomgitters. Entscheidendes Merkmal der elastischen Verformung
ist das vollstndige Zurckkehren der Gitterabstnde auf die ursprnglichen
Werte bei Entlastung. Deshalb verursacht eine elastische Verformung keinen
Bauteilschaden. Die elastische Verformbarkeit ist begrenzt.

1. Ausgangszustand:
Unverformt

2. Belastung:
Elastisch verformt

3. Entlastung:
Vollstndige Rckstellung

Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

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Folie 15

Plastische (Bleibende) Verformung

Nach berschreiten der elastischen Verformbarkeit beginnt das


Flieen, also die plastische Verformung. Hierbei ndern die
Atome ihre Positionen, sie gleiten aufeinander ab. Das Bauteil
erfhrt eine makroskopische Verformung.

1. Ausgangszustand:
Unverformt

2. Belastung:
Plastische Verformung

3. Entlastung:
Bleibende Verformung

Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

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Folie 16

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Modell der plastischen Verformung

Den Werkstoff kann man sich als einen Stapel


mehrerer Platten vorstellen, die jeweils aus
mehreren Atomebenen bestehen. Bei einer
plastischen Verformung gleiten diese Platten
aufeinander ab, so dass der Stapel seine Form
ndert, nicht aber die einzelnen Platten. Da in
dem Modell die Platten aus mehreren Atomebenen bestehen, bleiben bei einer Verformung
die darin enthaltenen Elementarzellen bestehen,
das Metall bleibt kristallin.

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Folie 17

Gleitebenen dichtester Packung

Das Gleiten der Platten aus dem Modell, findet im realen Kristall auf Gleitebenen
statt. Diese Gleitebenen sind die Atomebenen mit der dichtesten Packung.
Zwischen diesen Gleitebenen ist der Schichtabstand gro und das Herausheben
ber den Berg erfordert nur eine kleine kritische Schubspannung t1 (die Reibung
ist gering). Bei Ebenen mit greren Atomabstnden sinken die oben liegenden
Kugeln tiefer in die untere Schicht ein. Das ergibt grere kritische
Schubspannungen t2.

t1

t2
H1 > H2

t1

t1 < t2

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Folie 18

t2
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Gleitsysteme der Metallgitter


Die Anzahl der Gleitebenen mit ihrer dichten Atompackung sind fr die Verformbarkeit entscheidend. Neben den Gleitebenen spielen die Gleitrichtungen eine groe
Rolle. Gleitrichtungen sind Richtungen im Gitter mit der grten Belegungsdichte
an Atomen. Das Produkt aus Gleitebene und -richtung bildet das Gleitsystem.

GR= Gleitrichtung, GE = Gleitebene, GS = Gleitsystem


3 GR 4 GE = 12 GS

2 GR 6 GE = 12 GS

3 GR 1 GE = 3 GS

Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

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Folie 20

Vergleich der Kristallgitter und Gleitsysteme


Gitter

kfz

krz

hdp

Gleitebenen

Gleitrichtungen

Gleitsysteme

12

12

mit kleinen Krften


sehr stark
verformbar

mit groen Krften


stark
verformbar

mit niedrigen
Krften
nur gering
verformbar

Cu, Al, Ni, Pb,


Ag, Au

a-Fe (< 911 C),


Cr, Mo, W, V

Mg, Zn,
a-Ti (< 885 C)

Verformbarkeit

Beispiele

Das krz-Gitter hat im Vergleich zum kfz-Gitter bei gleicher Anzahl der
Gleitsysteme die weniger dicht gepackten Ebenen, in denen eine grere
Schubspannung erforderlich ist. Ihre Verformbarkeit ist dennoch gut
jedoch bei grerem Kraftaufwand.
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Folie 21

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Plastische Verformung = Wandern von Versetzungen

Um eine Platte aus dem Stapel des Verformungsmodell entlang einer


Gleitebene zu schieben, mssten die Bindungskrfte aller Atome der
Gleitebene berwunden werden. Dies wrde enorme Krfte bentigen.
Metalle lassen sich jedoch mit viel geringerer Kraft verformen, was nur
mit Hilfe der Versetzungstheorie erklrbar ist.
Versetzungen knnen wandern.
Von den vielen im Metall vorliegenden Versetzungen (etwa 10 6 - 108
cm / cm3), geraten bei berschreitung der Elastizittsgrenze alle die
Versetzungen, die gnstig zur Kraftrichtung liegen und auf Gleitebenen
enden, in Bewegung. Das Abgleiten geschieht somit schrittweise, mit
einem Bruchteil des Kraftaufwandes, der fr das gleichzeitige Abgleiten
aller Atome notwendig wre.

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Folie 22

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Wandern von Stufenversetzung und Teppichfalte (Analogie)

Gleitebene

Quellen: Bargel, Schulze: Werkstoffkunde; www.physik.uni-augsburg.de

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Folie 23

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Mechanismus plastischer Verformung durch Versetzungsbewegung

Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

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Folie 24

Einfluss der Gitterfehler auf die Verformbarkeit


Grundstzlich msste Metall entsprechend den beschriebenen Gleitmechanismen
beliebig stark bei gleich bleibender Kraft verformbar sein. Tatschlich ist es aber
so, dass mit zunehmender Verformung die Festigkeit des Materials steigt.
Dies lsst sich dadurch erklren, dass die Gitterfehler die Versetzungen an ihrer
Wanderung whrend der Verformung hindern. Die Versetzungen werden blockiert
und stauen sich am Hindernis auf. Hierdurch wird die weitere Verformung
erschwert. Die Festigkeit steigt (Kaltverfestigung). Erst bei ausreichender Kraft
knnen die Hindernisse umgangen oder durchbrochen werden.
Folgende Gitterfehler tragen zur Verformungsbehinderung bei:
Korngrenzen

Festigkeitszunahme durch Feinkorn

Versetzungen

Kaltverfestigung

Fremdatome

Mischkristallfestigkeit

Ausscheidungen, Fremdphasen
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Folie 26

Ausscheidungshrtung
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Kaltverfestigung und Festigkeitszunahme durch Feinkorn


Die Festigkeitszunahme durch Feinkorn lsst sich erklren durch die
Behinderung der Versetzungsbewegung an den Korngrenzen. An den
Korngrenzen ndert sich die Ausrichtung des Kristallgitters und damit endet
hier auch die Wanderung einer Versetzung. Feinkrnige Werkstoffe werden
angestrebt, sind jedoch nicht ohne weiteres herstellbar.

Die Kaltverfestigung ist eine Erhhung der Versetzungsdichte auf etwa 10 12


cm / cm3. Diese Erhhung ist darin begrndet, dass beim Wandern einer
Versetzung eine andere Versetzungslinie geschnitten werden kann.
Whrend dieses Schneidprozesses entstehen neue Versetzungen, so dass
mit steigender plastischer Verformung die Anzahl der Versetzungen steigt.
Die Kaltverfestigung bietet den Vorteil guter Festigkeit bei kalt umgeformten
Bauteilen (kalt gewalzte Bleche, tiefgezogene Formteile). Das Bauteil wird
sprde und verliert die Duktilitt. Durch Rekristallisationsglhen lsst sich
eine Kaltverfestigung rckgngig machen.

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Folie 27

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Mischkristallfestigkeit und Ausscheidungshrtung

Die Mischkristallfestigkeit durch gelste Fremdatome, wird bei allen


Legierungen genutzt. Hierbei werden Fremdatome in das zu weiche
Grundmetall legiert, um die Festigkeit und Hrte zu steigern. Das Prinzip ist
bekannt, seit im Altertum Kupfer mit Zinn legiert wurde, um die hrtere
Bronze zu erhalten.

Die Ausscheidungshrtung erfolgt durch Wrmebehandlungen, wobei sich


ehemals gelste Fremdatome zu feinen Ausscheidungen zusammenlagern.
Sie bilden eine Fremdphase im Kristallgitter des Grundmetalls. Beispiel ist
Eisenkarbid (Fe3C) in Stahl.

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Folie 28

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Kriechen

Bei den bisher betrachteten Verformungsvorgngen blieb der Einfluss der Zeit
weitgehend unbercksichtigt, d.h. die Verformung ist nur von der Belastungshhe
abhngig. Es galt: Bleibt die Belastung konstant, ergibt sich keine Zunahme der
Verformung, d.h. die Belastung und die sich einstellende Verformung sind im
Gleichgewicht.
Streng genommen existiert dieses Gleichgewicht nicht, der Werkstoff kriecht:
Werkstoffe verformen sich unter konstanter Last
in Abhngigkeit von der Zeit stetig und plastisch, sie kriechen.
Mit zunehmender Temperatur sinkt der Widerstand des Werkstoffs gegen das
Kriechen. Daher wird der Zeitstand- oder Kriechversuch ab einer Temperatur
T > 0,4 TS (TS = Schmelzetemperatur) durchgefhrt. Dabei wird eine Probe
einer konstanten Belastung ausgesetzt. Die dabei auftretende Verlngerung
wird ebenso wie die Zeit bis zum Bruch gemessen.

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Folie 30

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Kriechkurve
Bereich I
bergangskriechen (Primres Kriechen):
Verfestigende Vorgnge, wie z.B. dem
Aufstau von Versetzungen vor Hindernissen
Bereich II
Stationres Kriechen (Sekundres Kriechen):
Gleichgewicht von verfestigenden und
entfestigenden Verformungsmechanismen
konstante Kriechgeschwindigkeit

II

III

Bereich III
Tertires Kriechen
Einsetzende Schdigung durch Mikrorisse
Spannungsberhhung
Zunahme der Kriechgeschwindigkeit
Kriechbruch
Quelle: Roos, Maile: Werkstoffkunde fr Ingenieure

Grundlagen der Metallkunde


Folie 31

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Inhalt

Gitterfehler des Idealkristalls


Verformung des Realkristalls
Entstehung des Gefges
Anisotropie und Rekristallisation

Grundlagen der Metallkunde


Folie 32

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Entstehung des Gefges = Kristallisation der Schmelze


Schmelze

Keimbildung

In der Schmelze haben


die Atome eine so hohe
Bewegungsenergie,
dass sie sich regellos
(amorph) bewegen.
Erstarrung

Im Festkrper sind die


Atome als Gefge von
vielen Kristalliten
(Krnern) angeordnet.
Festkrper

Beim Abkhlen verringert sich die


kinetische Energie der Atome. Beim
Erreichen der Erstarrungstemperatur
ist ihre Beweglichkeit so klein
geworden, dass die Anziehungskrfte
zwischen den Atomen wirksam
werden.

Um die Keime lagern sich weitere


Atome zu einem Kristallgitter an. Der
Kristallit wchst bis er an einen
benachbarten stt oder die Schmelze
vom Wachstum der Kristallite
Kristallitwachstum
aufgezehrt ist.

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Folie 33

Eigenkeime sind zufllig zusammentreffende Atome in richtiger Kristallstruktur.

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Beeinflussung des Gefges bei der Kristallisation


Fr die Korngre sind die Anzahl der Keime und die
Abkhlgeschwindigkeit von grter Bedeutung. Dabei gilt:
Viele Keime,
=> Feines Gefge
Schnelle Abkhlung
(erwnscht)

Wenige Keime,
=> Grobes Gefge
Langsame Abkhlung (unerwnscht)

Keimzelle

Zur Kornverfeinung knnen auch Fremdkeime (mikroskopisch


feine Feststoffteilchen) der Schmelze hinzu gegeben werden.
Quelle: Weibach: Werkstoffkunde

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Folie 35

Schematische bersicht der Kristallisation

Schmelze

Erstarrung

Festkrper

Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

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Folie 34

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15

Analogie - Kristallisation von Polypropylen mit grobem Gefge

Zeitgeraffte Aufnahme
bei langsamen Absenken
der Temperatur bis
knapp unterhalb des
Schmelzpunktes.
Breite des Bildes betrgt
ungefhr 600 m.
Langsame Abkhlung
fhrt zu grobem Gefge.

Quelle: www.iwf.de

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Folie 36

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Analogie - Kristallisation von Polypropylen mit feinem Gefge

Zeitgeraffte Aufnahme
bei schnellem Absenken
der Temperatur bis
knapp unterhalb des
Schmelzpunktes.
Breite des Bildes betrgt
ungefhr 600 m.
Schnelle Abkhlung fhrt
zu feinem Gefge.

Quelle: www.iwf.de

Grundlagen der Metallkunde


Folie 37

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16

Analogie - Kristallisation von Polypropylen mit sehr feinem Gefge

Zeitgeraffte Aufnahme
bei Absenken der
Temperatur bis knapp
unterhalb des
Schmelzpunktes.
Breite des Bildes betrgt
ungefhr 600 m.
Zugabe von Keimen fhrt
zu sehr feinem Gefge.

Quelle: www.iwf.de

Grundlagen der Metallkunde


Folie 38

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Dendritisches Kristallwachstum der Metalle

Quelle: www.ami.ac.uk

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Folie 39

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Korngre

Die Korngre wird entweder durch den mittleren Durchmesser oder


die mittlere Flche des Korns in einem ebenen Schliff gekennzeichnet.
Der mittlere Korndurchmesser liegt blicherweise zwischen wenigen
Mikrometern und mehreren Millimetern.
Die Korngre wird beeinflusst durch Erstarrungs-, Umform- und
Wrmebehandlungsprozesse. Die Eigenschaften feinkrniger Gefge
sind im Allgemeinen gnstiger als die grobkrniger. Die im Verhltnis
zum Volumen grere Flche der Korngrenzen hat z. B. ein besseres
Festigkeitsverhalten zur Folge. Feinkrnige Werkstoffe behalten auch
bei der Verformung eine bessere Oberflche, bei grobkrnigen wird
diese oft narbig.

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Folie 40

Korngre Austenitischer Gefge


Grobe Korngre
250 - 125 m
16 - 64 Krner/mm
Mittlere Korngre
88 - 44 m
128 - 512 Krner/mm

Sehr feine Korngre


31 - 11 m
1024 - 8192 Krner/mm
Quelle: www.metallograf.de

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Folie 41

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18

Inhalt

Gitterfehler des Idealkristalls


Verformung des Realkristalls
Entstehung des Gefges
Anisotropie und Rekristallisation

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Folie 42

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Isotropie, Anisotropie
Isotropie (griechisch: isos gleich, tropos Richtung):
Eigenschaften sind in alle Richtungen gleich. Isotropie ist das Gegenteil
von Anisotropie.
Isotropes Verhalten zeigen amorphe Stoffe: Gase, Flssigkeiten, Glas.

Anisotropie (griechisch: an un- (Vorsilbe), isos gleich, tropos Richtung)


Eigenschaften sind nicht in alle Richtungen gleich, sie sind
richtungsabhngig. Anisotropie ist das Gegenteil von Isotropie.
Anisotropes Verhalten zeigen z.B. Holz oder faserverstrkte Werkstoffe :
Festigkeit ist lngs zur Faser grer als quer dazu.

Grundlagen der Metallkunde


Folie 43

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19

Isotropie, Anisotropie

In einer Elementarzelle sind die Atomabstnde in unterschiedliche


Richtungen verschieden. Fr die Elementarzelle sowie fr den
Einkristall gilt deshalb: Die Eigenschaften sind abhngig von der
Richtung. Elementarzelle und Einkristall verhalten sich anisotrop.
In vielkristallinen Metallen liegen die Kristallite normalerweise
ungeordnet vor. Die Richtungsabhngigkeiten der einzelnen Kristallite
heben sich gegenseitig auf. Vielkristalle (Gefge) verhalten sich
scheinbar isotrop (quasi-isotrop).

Das quasi-isotrope Verhalten der vielkristallinen Metalle kann durch


Ausrichtungen im Gefge (Textur) wieder anisotrop werden.

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Folie 44

Isotropie, Anisotropie

Gefge mit nicht


ausgerichteten Kristalliten,
Werkstoff ist quasi-isotrop

Gefge mit ausgerichteten


Kristalliten, Werkstoff hat
Textur und ist anisotrop
Quelle: Bargel, Schulze: Werkstoffkunde

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Folie 45

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20

Entstehung einer Walztextur

Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

Grundlagen der Metallkunde


Folie 46

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Erholung und Rekristallisation


In kaltverformten (kaltverfestigten) Metallen liegt eine stark berhhte
Versetzungsdichte vor. Sie wurde durch den Verformungsprozess, z.B.
Walzen, eingebracht. Da die Natur versucht, ein Energieminimum zu
erreichen, versucht sie die Versetzungsdichte von vor der Verformung
einzustellen. Bei Raumtemperatur sind die Versezungen allerdings zu
unbeweglich. Daher mssen Metalle bei hherer Temperatur geglht
werden. Dabei laufen je nach Temperatur zwei Prozesse ab:
Erholung:
Einfaches Ausheilen der Versetzungen bei niedriger Glhtemperatur.
Es entstehen keine neuen Kristalle.
Rekristallisation:
Kornneubildung. Treibende Kraft ist Energieunterschied zwischen
verformtem und neuen Gefge. Die Duktilitt steigt stetig an. Die
Festigkeit fllt auf den Wert von vor der Verformung.

Grundlagen der Metallkunde


Folie 47

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21

Eigenschaften nach Kaltverformung und Entspannung von Messing

A Erholung
B Rekristallisation
C Kornwachstum

Quelle: Roos, Maile: Werkstoffkunde fr Ingenieure

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Folie 49

Schematische Darstellung der Rekristallisation


Kaltverformtes Nach Erwrmung
Gefge
Beginn der Rekristallisation

Kornwachstum

Normales
Gefge

Kaltverformte Metalle knnen durch eine Rekristallisationsglhung


wieder normales Gefge erhalten. Es muss auf die richtige Temperatur
und Zeit geachtet werden. Ansonsten schliet sich der Rekristallisation
bei fortdauerndem Glhen das Kornwachstum an. Dabei wachsen die
greren Krner auf Kosten der Kleineren. Es entsteht Grobkorn. Diese
Kornvergrberung ist mglichst zu vermeiden.
Quelle: Lpple et al.: Werkstofftechnik Maschinenbau

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Folie 50

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