EC2 Schneider Isjecak Querkraft

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Bemessung – Grenzzustände der Tragfähigkeit 5.

71

4.1.2 Querkraft
4.1.2.1 Nachweisform
Es ist nachzuweisen, dass der Bemessungswert der einwirkenden Querkraft VEd den Bemessungswert des
Widerstandes VRd nicht überschreitet.
VEd ≤ VRd (71.1)
Die Tragfähigkeit für Querkraft wird durch verschiedene Versagensmechanismen begrenzt; es gelten fol-
gende Bemessungswerte der aufnehmbaren Querkraft:
– VRd,c aufnehmbare Bemessungsquerkraft eines Bau-
teils ohne Schubbewehrung (Abschn. 4.1.2.2)
– VRd,max Bemessungswert der Querkraft, die ohne Ver-
sagen des Balkenstegs („Betondruckstrebe“)
aufnehmbar ist (Abschn. 4.1.2.3) θ
– VRd,s Bemessungswert der aufnehmbaren Querkraft
eines Bauteils mit Schubbewehrung (ohne Versa-
gen der „Zugstrebe“ aufnehmbare Querkraft;
Abschn. 4.1.2.3)
Das dargestellte, stark vereinfachte Fachwerkmodell erläutert das Tragverhalten eines Stahlbetonträgers.
Druck- und Zuggurt sind durch Fachwerkstäbe verbunden, wobei die Druckstrebenkraft VRd,max durch
die Betontragfähigkeit und die Zugstrebentragfähigkeit VRd,s durch die Schubbewehrung begrenzt ist.
Bei VEd ≤ VRd,c ist rechnerisch keine Querkraftbewehrung erforderlich (Balken und Platten mit b / h < 5
sind jedoch stets mit einer Mindestquerkaftbewehrung zu versehen; s. Abschn. 5.4). In Querschnitten mit
VEd > VRd,c ist die Querkraftbewehrung zu bemessen, sodass VEd ≤ VRd,s ist (die erforderliche
Mindestquerkraftbewehrung ist zusätzlich zu beachten).
Der Bemessungswert der einwirkenden Querkraft VEd darf in keinem Querschnitt des Bauteils den Wert
VRd,max überschreiten.

Bemessungswert VEd der einwirkenden Querkraft


Maßgebende Querkraft im Auflagerbereich (bei Balken und Platten mit gleichmäßig verteilter Belastung)
– unmittelbare (direkte) Stützung ⇒ VEd im Abstand 1,0 · d vom Auflagerrand
– mittelbare (indirekte) Stützung ⇒ VEd in der Auflagerachse
Bauteile mit veränderlicher Höhe: 1)

Berücksichtigung der Querkraftkomponente der ge-


neigten Gurtkräfte Fcd und Fsd (nachfolgend ist der Fall
der Querkraftverminderung bei positiven Schnittgrößen
dargestellt):
VEd = VEd,0 − Vccd − Vtd (71.2a)
VEd,0 Grundwert der Bemessungsquerkraft
Vccd Querkraftkomponente der Betondruckkraft Fcd 1)
parallel zu VEd,0
Vccd = (MEds / z) · tan ϕo ≈ (MEds / d) · tan ψo
MEds = MEd − NEd · zs
Vtd Querkraftkomponente von Fsd parallel zu VEd,0
Vtd = (MEds /z + NEd ) · tan ϕu ≈ (MEds /d + NEd) · tan ϕu 1) Erläuterung und Darstellung ohne

(MEds wie vorher) Anordnung von Druckbewehrung.


Vccd und Vtd sind positiv, wenn sie – bezogen auf dasselbe Schnittufer – in Richtung von VEd,0 weisen.
Bauteile mit geneigten Spanngliedern:
Die Bemessungsquerkraft ergibt sich aus (s. oben)
VEd = VEd,0 − Vpd (71.2b)
Vpd Querkraftkomponente parallel zu VEd,0 infolge Spanngliedneigung im Grenzzustand der Tragfähigkeit;
Vpd ist positiv, wenn es – bezogen auf dasselbe Schnittufer – in Richtung von VEd,0 weist. Die mitt-
lere Vorspannkraft muss dabei die Bedingung Pmt ≤ Ap · fp0,1k / γS erfüllen.
5.72 Stahlbeton- und Spannbetonbau nach EC 2

4.1.2.2 Bauteile ohne Querkraftbewehrung (EC2-1-1, 6.2.2)


Auf Schubbewehrung darf i. Allg. nur bei Platten verzichtet werden. Dabei darf die Querkraft VEd die Trag-
fähigkeit VRd,c nicht überschreiten. Außerdem muss an jeder Stelle VRd,max (s. Abschn. 4.1.2.3) eingehalten
werden (der Nachweis von VRd,max erübrigt sich bei Platten ohne nennenswerte Längskräfte i. d. R.).
Bemessungswiderstand VRd,c
Der Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit VRd,c ergibt sich aus:
VRd,c = [CRdc · k · (100 · ρl · fck)1/3 + 0,12 · σcp ] · bw · d ≥ (vmin + 0,12 · σcp) · bw · d (72.1)
vmin = [(κ1/γC) · (k3 · fck)0,5
mit κ1 = 0,0525 für d ≤ 60 cm und κ1 = 0,0375 für d ≥ 80 cm (Zwischenwerte interpolieren)
CRdc = 0,15/γC (i. Allg. γC = 1,5)
k = 1 + (200 / d)0,5 ≤ 2, Beiwert für den Einfluss der Nutzhöhe d (mit d in mm)
bw kleinste Querschnittsbreite innerhalb der Zugzone in mm (s. a. Abschn. 4.1.2.3)
σcp σcp = NEd /Ac < 0,2 fcd (in N/mm2) mit NEd als Längskraft inf. Last oder Vorspannung (Druck positiv!)
fck charakteristische Betondruckspannung (in N/mm2)
ρl = Asl / (bw · d) ≤ 0,02; Längsbewehrungsgrad
Asl ist die Fläche der Längsbewehrung, die mindestens mit d über den betrachteten Querschnitt hinausgeführt und veran-
kert wird (s. Skizze); Spannstahl im sofortigem Verbund darf angerechnet werden.
bd

direkte
Lagerung bd bd

Falls bei einfeldrigen, statisch bestimmten Bauteilen die Betonzugspannung kleiner als fctk;0,05 / γC ist, darf
die Querkrafttragfähigkeit in auflagernahen Bereichen bei vorwiegend ruhender Belastung bestimmt werden:
I ⋅ bw
VRd,c = ⋅ f ctd 2 + α l ⋅ σ cp ⋅ f ctd (72.2)
S
I Flächenmoment 2. Grades des Querschnitts (Trägheitsmoment)
S Flächenmoment 1. Grades des Querschnitts (Statisches Moment)
fctd = αct · fctk;0,05 / γC (αct = 0,85, γC = 1,5; Betonzugfestigkeit fctk;0,05 s. Tafel 5.32)
α1 = lx / lpt2 ≤ 1 bei Vorspannung mit sofortigem Verbund und α1 = 1 in den übrigen Fällen
lx Abstand des betrachteten Querschnitts vom Beginn der Übertragungslänge (s. 5.3.2.1)
lpt2 oberer Bemessungswert der Übertragungslänge (s. Abschn. 5.3.2.1)

Unbewehrte Bauteile
VRd ist im ungerissenen (Rest-)Querschnitt nachzuweisen; ungerissen heißt, dass der Querschnitt im Grenz-
zustand der Tragfähigkeit vollständig überdrückt ist oder die Hauptzugspannung ≤ fctd,pl ist; weitere Hinwei-
se zur Berechnung s. EC2-1-1, 12.6.3.

Beispiel (wird unter Abschn. 4.2.3 „Begrenzung der Verformungen“ fortgesetzt)


Platte wie dargestellt bewehrt (s. Abschn. 4.1.1.3); gesucht ist der Tragfähigkeitsnachweis für Querkraft.
Bemessungsquerkraft:
Vd,li = (1,35 · 6,5 + 1,5 · 5,0) · 4,5 / 2 = 36,6 kN/m
VEd = 36,6 − (0,08 + 0,18) · 16,3 = 32,4 kN/m
↑ Bemessungslast
Bemessung:
VRd,c = (0,15/1,5) · k · (100 · ρl · fck)1/3 · bw · d
16 16
k = 2; ρl = 2,85 / (100 · 18) = 0,0016
Baustoffe: C20/25; B500 VRd,c = 0,10 · 2 · (0,16 · 20)1/3 · 1,0 · 0,18
= 0,0531 MN/m = 53,1 kN/m > VEd (s.o.)
alternativ (hier günstiger):
VRd,c,min = (κ1/γC) · (k3 · fck)0,5 · bw · d
= (0,0525/1,5) · (2,03 · 20)0,5 · 0,18
= 0,0797 MN/m = 79,7 kN/m > VEd
Bemessung – Grenzzustände der Tragfähigkeit 5.73

4.1.2.3 Bauteile mit Querkraftbewehrung


In Balken, Plattenbalken sowie bei Platten mit b / h < 5 ist stets eine Querkraftbewehrung anzuordnen, auch
wenn rechnerisch keine Schubbewehrung erforderlich ist (Mindestquerkraftbewehrung). Wenn die Quer-
kraft VEd den Widerstand VRd,c überschreitet, ist die Querkraftbewehrung zu bemessen und nachzuweisen:
VEd ≤ VRd,max (Nachweis der „Druckstrebe”) und VEd ≤ VRd,s (Nachweis der „Zugstrebe”)
Bemessungswiderstand VRd,max .
(cot θ + cot α)
VRd,max = αcw · ν1 · fcd · bw · z · —————— (73.1)
(1 + cot2 θ)
mit αcw = 1,0 (EC2-1-1/NA, 6.2.3)
ν1 = 0,75 · (1,1 – fck/500) ≤ 0,75
bw kleinste Stegbreite innerhalb der Zugzonenhöhe (für Kreisquerschnitte s. [5.26], [5.33])
Bei verpressten Spanngliedern mit einer Durchmessersumme Σ∅h > bw /8 im Steg ist bw zu ersetzen durch
bw,nom = bw – 0,5 Σ∅h für Beton ≤ C50/60
bw,nom = bw – 1,0 Σ∅h für Beton ≥ C55/67 (∅h äußerer Hüllrohrdurchmesser)
Wenn der Steg nicht verpresste Spannglieder oder Spannglieder ohne Verbund enthält, ist bw zu ersetzen durch
bw,nom = bw – 1,2 Σ∅h
z Hebelarm der inneren Kräfte, i. Allg. z ≈ 0,9 · d, ein ggf. ungünstigerer Wert ist zu berücksichtigen;
zudem gilt z ≤ d – 2 · cv,l bzw. z ≤ d – cv,l – 3,0 cm (größerer Wert maßgebend) mit cv,l als Verlege-
maß der Längsbewehrung in der Druckzone.
Bei vollständig unter Zug stehenden Querschnitten darf für z der Abstand der Zugbewehrung
angesetzt werden, wenn Bügel sie umfassen.
Bei geneigten Spanngliedern muss in der vorgedrückten Zugzone Betonstahl zur Aufnahme der
Längszugkräfte infolge Querkraft vorhanden sein.
θ Neigungswinkel der Druckstrebe (s. u.)
α Winkel zwischen Schubbewehrung und Bauteilachse
Bemessungswiderstand VRd,s
VRd,s = asw · fywd · z · (cot θ + cot α) · sin α (73.2)
mit asw = Asw /sw (Querschnitt der Querkraftbewehrung je Längeneinheit)
θ Neigungswinkel der Druckstrebe; hierfür gilt
(1,2 + 1,4 · σcd / fcd)
1,00*) ≤ cot θ ≤ –––––––––––––––– ≤ 3,0
(1 − VRd,cc / VEd)
mit σcd = NEd /Ac (σcd als Druck positiv)
VRd,cc = [c · 0,48 · fck1/3 · (1 – 1,2 · (σcd / fcd))] · bw · z (mit c = 0,5)
Näherungsweise gilt: cot θ = 1,2 bei „reiner“ Biegung sowie Biegung und Längsdruck
cot θ = 1,0 bei Biegung und Längszug
Bauteile aus Normalbeton mit lotrechter Schubbewehrung (α = 90°) und ohne Längskraft (σcd = 0)
Bemessungswiderstand VRd,max .
VRd,max = ν1 · fcd · bw · z / (tan θ + cot θ) (73.3)
Querkraftbewehrung asw
asw = VEd / ( fywd · z · cot θ) (73.4)
Neigungswinkel θ 1,00 ≤ cot θ ≤ 1,2 / (1 – 0,24 · fck1/3 · bw · z / VEd) ≤ 3,0 (Normalbeton, σcd = 0)
Werte ν1 · fcd und 0,24· fck1/3 für Normalbeton bis C50/60
Betonfestigkeitsklasse C 12/15 16/20 20/25 25/30 30/37 35/45 40/50 45/55 50/60
ν1 · fcd in MN/m2 5,10 6,80 8,50 10,6 12,8 14,9 17,0 19,1 21,2
0,24 · fck 1/3 in MN/m2 0,55 0,60 0,65 0,70 0,75 0,79 0,82 0,85 0,88

4.1.2.4 Auflagernahe Einzellasten


Der Querkraftanteil für eine Einzellast im Abstand 0,5d ≤ av ≤ 2,0 · d vom Auflagerrand darf bei direkter
Lagerung zur Ermittlung der Querkraftbewehrung Asw mit dem Beiwert β abgemindert werden:
β = av / (2,0 · d )
Die Querkraftbewehrung muss mindestens Asw ≥ VEd/(fywd · sin α) betragen, sie ist auf einen mittleren Be-
reich von 0,75av anzuordnen. Die Längsbewehrung muss vollständig am Auflager verankert sein. Für
den Nachweis von VRd,max darf die Abminderung jedoch nicht vorgenommen werden.
Eine Bemessung kann auch mit Stabwerkmodellen erfolgen. Weitere Hinweise s. z. B. [5.85], Bd. 2.
____________
*) Bei geneigter Querkraftbewehrung ist 0,58 ≤ cot θ ≤ 3,00 zulässig.
5.74 Stahlbeton- und Spannbetonbau nach EC 2

4.1.2.5 Anschluss von Druck- und Zuggurten


Die Schubkraft VEd darf die Tragfähigkeiten VRd,max und VRd,sy nicht überschreiten.
VEd ≤ VRd,max und VEd ≤ VRd,s (74.1) Fd

Einwirkende Schubkraft VEd Fd


Δx
VEd = ΔFd (74.2)
ΔFd Längskraftdifferenz in einem einseitigen Gurtab- sf
schnitt auf der Länge Δx
Δx betrachtete Länge; es darf höchstens der halbe Ab- A
stand zwischen Momentennullpunkt und -höchst- sf hf
(üb
wert angesetzt werden, bei Einzellasten höchstens er
Hö Fd + ΔFd
he
der Abstand zwischen den Einzellasten. h
f)
F + ΔF
d d
Tragfähigkeit VRd,max und VRd,s
Nachweis nach Abschn. 4.1.2.3 mit bw = hf und z = av . Für eine lotrecht zur Fuge angeordnete Anschluss-
bewehrung und mit – näherungsweise – cot θ = 1 (Zuggurt) bzw. cot θ = 1,2 (Druckgurt) ergibt sich
VRd,max = ν1 · fcd · hf · Δx / (tan θ f + cot θf) (74.3)
asf = VEd / ( fyd · Δx · cot θ ) (74.4)
Kombinierte Beanspruchungen
Bei „Längs“schub und Querbiegung ist der größere erforderliche Stahlquerschnitt anzuordnen, der sich ent-
weder aus der Schubbewehrung nach Gl. (74.4) oder aus der Biegebewehrung für Querbiegung und der
Hälfte der Schubbewehrung nach Gl. (74.4) ergibt (EC2-1-1, 6.2.4).
Wenn Querkraftbewehrung in der Gurtplatte erforderlich wird, sollte der Druckstrebennachweis für beide
Beanspruchungsrichtungen in einer linearen Interaktion geführt werden:
(VEd/VRd,max)Platte + (VEd/VRd,max)Scheibe ≤ 1,0 (74.5)

Beispiel zu Abschn. 4.1.2.3 und 4.1.2.5 (Fortsetzung von S. 5.68)


Nachweis der Querkrafttragfähigkeit für lotrechte Querkraftbewehrung und des Druckgurtanschlusses

20 20
Baustoffe: C30/37; B500

Bemessungsquerkraft:
VEd,A = (1,35 · 50 + 1,50 · 30) · 7,50/2 = 422 kN
VEd = 422 − (0,10 + 0,53) · 112,5 = 351 kN
↑ Bemessungslast
Querkraftbewehrung asw
asw = VEd / (fyd · z · cot θ)
z ≈ 0,9 · d = 0,9 · 0,53 = 0,48 m (< d – 2cv,l; Annahme)
cot θ ≤ 1,2 / (1 – 0,24 · fck1/3 · bw · z / VEd) = 1,2 / (1 – 0,75 · 0,30 · 0,48 / 0,351) = 1,733
asw = 0,351 / (435 · 0,48 · 1,733) = 9,70 · 10–4 m2/m = 9,70 cm2/m
Bemessungswiderstand VRd,max
VRd,max = ν1 · fcd · bw · z / (tan θ + cot θ)
ν1 · fcd = 12,8 MN/m2; cot θ = 1,733 (Winkel θ aus der Bemessung der Querkaftbewehrung [5.26])
VRd,max = 12,8 · 0,30 · 0,48 / (0,577 + 1,733) = 0,798 MN > VEd = 0,422 MN
Nachweis für den Anschluss des Druckgurts
VEd = ΔFd ΔFd ≈ Fcd · Aca / Acc ≈ Fcd · ba / bf = 1,235 · 1,15 / 2,60 = 0,546 MN
Fcd = MEd / z = 0,593/ 0,48 = 1,235 MN (MEd bei x = 1,88 m)
ba = (2,60 − 0,30) / 2 = 1,15 m
Δx = 1,88 m halber Abstand zwischen M = 0 und M = Mmax
VRd,max = ν1 · fcd · hf · Δx / (tan θ + cot θ) = 12,8 · 0,15 · 1,88 / (0,83 + 1,2) = 1,778 MN > ΔFd
asw = VEd / ( fyd · Δx · cot θ) = 0,546 / (435 · 1,88 · 1,2) = 5,56 · 10–4 m2/m = 5,56 cm2/m
Die Bewehrung ist je zur Hälfte auf der Plattenober- und -unterseite anzuordnen; eine Mindestschub-
bewehrung ist zu beachten. (Bei gleichzeitiger Querbiegung s. o.)
Bemessung – Grenzzustände der Tragfähigkeit 5.75

4.1.2.6 Schubfugen
Schubfugen übertragen Schubkräfte zwischen nebeneinander liegenden Fertigteilen oder zwischen Ort-
beton und einem vorgefertigten Bauteil. Bezüglich der Rauigkeit der Fuge wird unterschieden:
– sehr glatte Fuge: Oberfläche gegen Stahl-, Kunststoff- oder glatte Holzschalungen betoniert;
unbehandelte Fugenoberflächen, die mit fließfähigem bzw. sehr fließfähigem Beton
(≥ F5) hergestellt wurden.
– glatte Fuge: Eine Fuge gilt als glatt, wenn sie abgezogen oder im Extruderverfahren hergestellt ist
oder die Betonoberfläche nach dem Verdichten ohne weitere Behandlung bleibt.
– raue Fuge: Oberfläche mit mind. 3 mm durch Rechen erzeugte Rauigkeit mit 40 mm Abstand
oder mind. 3 mm Freilegen des Korngerüst oder definierte Rauigkeit (mittlere Rau-
tiefe Rt ≥ 1,5 mm oder maximale Profilkuppenhöhe Rp ≥ 1,1 mm; s. DAfStb-H. 525).
– verzahnte Fuge: Bei einer verzahnten Fuge sollte die Verzahnung wie nebenstehend ausgeführt (mit
0,8 ≤ h1/h2 ≤ 1,25) sein oder bei Verwendung von Gesteinskörnung dg ≥ 16 mm das
Korngerüst mind. 6 mm freigelegt
Ortbeton
werden oder eine definierte h2 ≤ 10 d
Rauigkeit vorliegen (mittlere
d ≥ 10 mm
Rautiefe Rt ≥ 3,0 mm oder maxi-
male Profilkuppenhöhe Rp ≥ 2,2 ≤ 30° h1 ≤ 10 d
mm). Fertigteil
Nachweis
Die aufzunehmende Schubkraft je Längeneinheit vEdi darf die aufnehmbare vRdi nicht überschreiten:
vEdi ≤ vRdi (75.1)
Bemessungswert der aufzunehmenden Schubkraft (von nachträglich ergänzten Querschnitten)
Fcdi VEd
vEdi = ⋅ (75.2)
Fcd z ⋅ bi
mit Fcd = MEd / z (Gurtlängskraft aus Biegung), Fcdi als Längskraftanteil, der über die Fuge übertragen
wird, VEd als Bemessungsquerkraft, z als Hebelarm der inneren Kräfte und bi als Breite der Fuge (s.u.).
Bemessungwert der aufnehmbaren Bemessungsschubkraft
vRdi = vRdi,c + vRdi,s ≤ vRdi,max (75.3)
Traglastanteil der unbewehrten Fuge vRdi,c = c · fctd + μ · σn (75.3a)
Traglastanteil der Fugenbewehrung vRdi,s = (As/Ai) · fyd · (1,2μ · sin α + cos α) (75.3b)
Maximale Tragfähigkeit vRdi,max = 0,5 · ν · fcd (75.3c)
c Beiwert nach Tafel; bei dynamischer oder Ermüdungsbean-
Oberfläche c μ ν
spruchung gilt c = 0
μ Beiwert der Schubreibung nach Tafel verzahnt 0,50 0,9 0,70
σn Spannungen infolge der äußeren Längskraft senkr. zur Fugen- rau 0,40 1) 0,7 0,50
fläche (Druck positiv) mit σn = nEd / b < 0,6 · fcd (in N/mm2); glatt 0,20 1) 0,6 0,20
nEd unterer Bemessungswert der Normalkraft senkrecht zur Fuge sehr glatt 0 0,5 0 2)
fctd Bemessungswert der Betonzugfestigkeit des 1. oder 2. Betonier- 1) Bei Zug senkr. zur Fuge gilt c = 0*),
abschnitts (kleinerer Wert maßg.) mit fctd = αct · fctk;0,05 / γC in ebenso bei Fugen von nebeneinander
N/mm2 (αct = 0,85) liegenden Fertigteilen ohne Verbin-
ν Abminderungsfaktor gemäß Tafel dung duch Mörtel oder Kunstharz.
2) μ · σ in Gl. (75.3a) darf ausgenutzt
α Winkel zwischen Fuge und kreuzender Bewehrung, jedoch n
werden, jedoch nur bis ≤ 0,1fcd (ent-
mit 45° ≤ α ≤ 90° spricht vRdi, max der glatten Fuge).
As Querschnitt der die Fuge kreuzenden Bewehrung je Längen-
einheit
Ai Verbundfläche

Die notwendige Bewehrung darf abgestuft verteilt werden (vgl.


Skizze), bei Scheibenbeanspruchung kann sie auch konzentriert
ausgeführt werden. Die Schubbewehrung muss auf beiden Seiten
der Kontaktfläche verankert sein.
Bei Scheiben mit Ringanker- und Pfostenbewehrung sollte die vEd,i
mittlere Scheibenkraft vRd zwischen Platten ohne Verzahnung auf v Rdi,s
bi · 0,15 (N/mm2) für raue und glatte Fugen und bi · 0,10 (N/mm2)
für sehr gatte Fugen begrenzt werden. v Rdi,c
_________
*) Bzgl. der Besonderheit bei Überzügen wird auf [5.73] verwiesen.
5.76 Stahlbeton- und Spannbetonbau nach EC 2

Beispiele
Für den dargestellten Plattenbalken soll die Querkraft an der maßgebenden Stelle am Auflagerrand nach-
gewiesen werden. Der Nachweis wird im Rahmen des Beispiels nur für den Endzustand geführt.
Baustoffe:
Beton: C20/25 (Ortbeton)
C30/37 (Fertigteile)
Betonstahl: B500
Querkraft VEd
VEd,0 = 172 kN (Auflagerlinie)
VEd ≈ 150 kN (Abstand dj vom Rand)
Die Schubbemessung bzw. der Nachweis der Verbundfuge soll für folgende Fälle durchgeführt werden:
a) für den monolithisch b) für ein Π-Fertigteil mit c) für eine Fertigteillösung
hergestellten Träger einer Ortbetonergänzung mit schmaler Verbundfuge

Fall a) Die Bemessung erfolgt wie im Abschn. 4.1.2.3 dargestellt.


Zugstrebe VRd,s bzw. Querkraftbewehrung asw
asw = VEd / ( fyd · z · cot θ )
z = 0,9 · 0,40 = 0,36 m > 0,40 – 2 · 0,03 = 0,34 m (für cv,l = 3,0 cm)
cot θ = 1,2 /(1– 0,24 · fck1/3 · bw · z / VEd) = 1,2 /(1 – 0,65 · 0,38 · 0,34 / 0,150) = 2,73 (< 3)
asw ≥ 0,150 / (435 · 0,34 · 2,73) = 3,72 · 10–4 m2/m = 3,72 cm2/m
Druckstrebe VRd,max
VRd,max = ν1 · fcd · bw · z / (tan θ + cot θ) = 8,50 · 0,38 · 0,34 /(2,73 + 0,37) = 0,354 MN > VEd,0
Fall b) Abmessungen der Platte und Breite der beiden Stege entsprechen in etwa dem Fall a). Es ist zu-
sätzlich die Verbundfuge nachzuweisen, wobei unterstellt wird, dass sie rau ausgeführt wird.
vEdi = VEd / (z · bi) (wegen Fcdi = Fcd, da die Gesamtlängskraft aus Biegung im Aufbeton ist)
bj = 2,20 m (Ohne Nachweis wird unterstellt, dass die ganze Breite mitträgt.)
vEdi = 0,150 / (0,34 · 2,20) = 0,200 MN/m2
Aufnehmbare Schubkraft bei Verzicht auf Verbundbewehrung
vRdi = vRdi,c = c · fctd + μ · σn
c = 0,40; fctd = αct · fctk;0,05 / γC = 0,85 · 1,5 / 1,5 = 0,85 MN/m2; σn = 0
vRdi,c = 0,40 · 0,85 = 0,340 MN/m2 > 0,200 MN/m2
→ Ausführung rechnerisch ohne zusätzliche Verbundbewehrung zulässig (s. jedoch [5.69]), es
genügt die unter a) ermittelte Querkraftbewehrung.
Druckstrebentragfähigkeit: hier ohne Nachweis; s. Fall c)
Fall c) Die Platte ist über eine „schmale” Fuge mit dem Fertigbalken verbunden. Die Abmessungen ent-
sprechen Fall a), es wird die Verbundfuge nachgewiesen, die rau ausgeführt wird.
vEdi = 0,150 / (0,34 · 0,38) = 1,161 MN/m2
Aufnehmbare Schubkraft bei Anordnung von Verbundbewehrung
vRdi = vRdi,c + vRdi,s ≥ vEd
vRdi,c = 0,40 · 0,85 = 0,340 MN/m2
vRdi,s = (as/bi) · fyd · (1,2μ · sin α + cos α)
as ≥ (vEdi – vRdi,c) ·bi / (fyd · (1,2μ · sin α + cos α)) = (1,161 – 0,340) · 0,38 / (435 · 1,2 · 0,7 · 1,0)
= 8,54 · 10−4 m2/m = 8,54 cm2/m
Maximale Tragfähigkeit
vRdi,max = 0,5 ·ν ·fcd = 0,5 · 0,50 · 11,33 = 2,83 MN/m2 > vEd,0 = 0,172/(0,34 · 0,38) = 1,33 MN/m2

Fugen senkrecht zur Systemachse (EC2-1-1/NA, 6.2.5)


Bei überwiegender Biegebeanspruchung wirkt die Fuge wie ein Biegeriss. Die Fugen sind rau oder verzahnt
auszuführen, Nachweis nach Abschn. 4.1.2.2 und 4.1.2.3. Es ist jedoch VRd,c nach Gl. (72.1), VRd,cc in Gl.
(73.2) und VRd,max nach Gl. (73.1) bzw. Gl. (73.3) im Verhältnis c /0,50 abzumindern (s. [5.60], [5.73], vgl.
auch [5.85]). Die Abminderung gilt mindestens auf le = (0,5 · cot θ · d) beiderseits der Fuge.

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