Umformtechnik PDF
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σZ = ε ⋅ E
Δl l0 − l1
ε= =
l0 l0
σz in N/mm2 Zugspannung
ε in – Dehnung
l0 in mm Ausgangslänge
l1 in mm Länge bei Krafteinwirkung
Δl in mm Verlängerung
Rm in N/mm2 Zugfestigkeit (früher σB)
Re in N/mm2 Festigkeit an der Streckgrenze (früher σS)
E in N/mm2 Elastizitätsmodul
Im plastischen Bereich
wird eine bleibende Verformung durch Schubspannungen ausreichender Größe ausgelöst.
Dadurch verändern die Atome der Reihe A1 (Bild 2.2) ihre Gleichgewichtslage gegenüber der
Reihe A2. Die Größe der Verschiebung ist proportional der Größe der Schubspannung τ.
2.2 Fließspannung kf
2.2.1 Kaltverformung
Bei der Kaltverformung ist kf nur von der Größe der Verformung ϕ h (Hauptformänderung)
und vom zu verformenden Werkstoff abhängig. Das Diagramm (Bild 2.3) das die Fließspan-
nung in Abhängigkeit von der Größe der Formänderung zeigt, bezeichnet man als Fließkurve.
Sie kennzeichnet das Verfestigungsverhalten eines Werkstoffes. Die Fließkurven lassen sich
mit der folgenden Gleichung annähernd darstellen.
kf = kf 100% ⋅ ϕ n = c ⋅ ϕ n
n – Verfestigungskoeffizient
c – entspricht kf1 bei ϕ = 1 bzw. bei ϕ = 100 %
kf0 – Fließspannung vor der Umformung für ϕ = 0
2.2 Fließspannung kf 7
kf0 + kf1
kf m =
2
kfm in N/mm2 mittlere Fließspannung
kf0 in N/mm2 Fließspannung für ϕ = 0
kf1 in N/mm2 Fließspannung am Ende der Umformung (ϕ h = ϕmax)
Die exakte Berechnung der mittleren Fließspannung ergibt sich durch die Integration der
Fließkurve:
ϕ1
kf m = ϕ n kf dϕ
2.2.2 Warmverformung
Bei der Warmverformung oberhalb der Rekristallisationstemperatur ist kf unabhängig von der
Größe des Formänderungsgrades ϕ. Hier ist kf abhängig von der Formänderungsgeschwindig-
keit ϕ
(Bild 2.4 a), von der Formänderungstemperatur (Bild 2.4 b) und vom zu verformenden
Werkstoff.
Bild 2.4 a) kf = f ( ϕ
) bei der Warmverformung, b) kf = f (Temperatur und vom Werkstoff) bei der
Warmverformung. Bei höhergekohlten Stählen fällt kf steiler ab als bei niedergekohlten Stählen.
Bei großen Umformgeschwindigkeiten wird kf bei der Warmverformung größer, weil die durch
die Rekristallisation entstehenden Entfestigungsvorgänge nicht mehr vollständig ablaufen.
1400 − T
kf Hw = c ⋅ ϕ hn ⋅ ϕ
m c=
3
Werkstoff n m T °C c
C15 0,1 0,08 500 300
C22 0,09 0,09 500 300
C35 0,08 0,10 550 283
C45 0,07 0,11 550 283
C60 0,06 0,12 600 267
X10Cr13 0,05 0,13 600 267
2.3 Formänderungswiderstand kw 9
Beispiel:
gegeben: Werkstoff C 60
Arbeitstemperatur: T = 600 °C
Hauptformänderung: ϕ h = 1,10 = 110 %
Formänderungsgeschwindigkeit ϕ = 250 s–1
Lösung:
c = 267, n = 0,06, m = 0,12 aus Tabelle 2.2
kfHw = c ⋅ ϕ hn ⋅ ϕ
m = 267 · 1,10,06 · 2500,12
kfHw = 267 · 1,0 · 1,94 = 515 N/mm 2
2.3 Formänderungswiderstand kw
Der bei einer Formänderung zu überwindende Widerstand setzt sich aus der Fließspannung
und den Reibwiderständen im Werkzeug, die man unter dem Begriff »Fließwiderstand« zu-
sammenfasst, zusammen.
k w = kf + pfl
kw in N/mm2 Formänderungswiderstand
kf in N/mm2 Fließspannung
pfl in N/mm2 Fließwiderstand
Für rotationssymmetrische Teile kann man den Fließwiderstand pfl rechnerisch bestimmen.
1 d
pfl = μ ⋅ kf1 1
3 h1
Daraus folgt für den Formänderungswiderstand kw
1 d
k w = kf1 1 + μ ⋅ 1
3 h1
Für asymmetrische Teile, die mathematisch nur bedingt erfassbar sind, bestimmt man den
Formänderungswiderstand mit Hilfe des Formänderungswirkungsgrades
kf1
kw = .
ηF
10 2 Begriffe und Kenngrößen der Umformtechnik
2.4 Formänderungsvermögen
Darunter versteht man die Fähigkeit eines Werkstoffes sich umformen zu lassen. Es ist abhän-
gig von:
2.4.2 Gefügeausbildung
Hier sind die Korngröße und vor allem die Perlitausbildung von Bedeutung.
– Korngröße
Stähle sollen möglichst feinkörnig sein, weil sich bei Stählen mit kleiner bis mittlerer Korn-
größe die Kristallite auf den kristalliten Gleitebenen leichter verschieben lassen.
– Perlitausbildung
Perlit ist der Kohlenstoffträger im Stahl. Er ist schlecht verformbar. Deshalb ist es wichtig,
dass der Perlit in der gut kaltverformbaren ferritischen Grundmasse gleichmäßig verteilt ist.
2.4.3 Wärmebehandlung
Ein gleichmäßig verteiltes Gefüge erhält man durch eine Normalisierungsglühung (über Ac3)
mit rascher Abkühlung. Die dabei entstehende Härte wird durch eine anschließende Weichglü-
hung (um Ac1) aufgehoben.
Beachten Sie: Nur weichgeglühtes Material kann kaltverformt werden.
Insbesondere für die Blechumformung hat sich die Beschreibung der Umformbarkeit mit der
Grenzformänderungskurve (bzw. Grenzformänderungsdiagramm) durchgesetzt. Sie be-
schreibt die Versagensgrenze bei unterschiedlichen Deformations- und Spannungszuständen
und nicht nur beim einachsigen Spannungszustand, wie beim Zugversuch.
b) Grenzformänderungskurve
Im Grenzformänderungsdiagramm ist für unterschiedliche Beanspruchungszustände das Ver-
sagen durch Einschnürung bzw. das Auftreten von Reißern (gestrichelte Linie im Bild 2.5)
dargestellt. Diese Orte des Versagens werden in verschiedenen Tests ermittelt und im Dia-
gramm (Hauptumformgrad ϕ1 über Nebenumformgrad ϕ2) eingetragen.
Die Proben werden vor der Umformung mit Markierungen (z. B. Quadratrasterlinien) verse-
hen, in einem Werkzeug oder in einer Blechprüfmaschine fest eingespannt und über den Stem-
pel bis zum Riss gezogen. Für vergleichbare Prüfbedingung wird versucht, die Reibung durch
entsprechende Schmiermittel zu minimieren, so dass der Riss in der Kuppenmitte des Napfes
initiiert wird. Die erreichte Formänderung vor dem Riss wird durch eine dreidimensionale
Vermessung des Rasters und Auswertung (z. B. Methode der Visioplastizität) bestimmt. Hier-
für haben sich in-process-Messtechniken (z. B. Autogrid® vario-System), die den Ort des
Versagensbeginns (Beginn der lokalen Einschnürung, die zum Riss führt) mit Hilfe von opti-
schen Messmethoden ermitteln, bewährt (siehe Bild 2.7).
Bild 2.6 Probenformen für die Aufnahme von Grenzformänderungskurven (links) und genormte
Probenformen nach [DIN EN ISO 12004-2 (Entwurf)] (rechts: 1 – Schaftlänge = 25 mm,
2 – Breite des Messbereichs = 20 mm, 50 mm, 90 mm, 100 mm, 130 mm, 160 mm, 200 mm
(Ronde), 3 – Auslaufradius = 20 mm)
Bild 2.7 a) Schema eines optischen 3D-Messsystems, und b) Einsatz des Messystems AutoGrid®
in-process in einer Erichsen Prüfmaschine mit Detailansicht des Prüfbereiches (Werkfoto:
Vialux GmbH Chemnitz)
2.4 Formänderungsvermögen 13
Der Ort des Versagens wird unterschiedlich bestimmt. Eine Möglichkeit besteht darin, dass das
letzte Bild einer Sequenz von Aufnahmen vor dem sichtbaren Beginn des Versagens (Ein-
schnürung oder Riss) für die Bestimmung der Grenzformänderungen herangezogen wird. Die-
se Herangehensweise ist aber subjektiv und so wird an automatischen Auswertemethoden
gearbeitet. Dazu werden praktikable und reproduzierbare Kriterien verwendet, mit deren Hilfe
der Beginn des lokalen Einschnürens an einer Folge von Bildsequenzen und den daraus abge-
leiteten lokalen Formänderungen bestimmbar wird. Es kommen z. B. folgende Kriterien in
Frage:
– Lokalisierung der Formänderungen im späteren Rissbereich
– verstärkter Anstieg der lokalen Formänderung ϕ1 und damit Erhöhung der Formände-
rungsgeschwindigkeit in diesem Bereich bei gleichzeitigem Stopp der Deformation in un-
mittelbar benachbarten Gebieten der lokalen Einschnürung
– Formänderung ϕ2 geht gegen null (nicht für den Bereich der ebenen Deformation).
Richtlinien für die Aufnahme von Grenzformänderungskurven werden z. Z. in der Norm DIN
EN ISO 12004-2 u. a. vom Arbeitskreis „NAKAJIMA“ der deutschen Gruppe der Internatio-
nal Deep Drawing Research Group (IDDRG) erarbeitet. Dieses Dokument soll im Rahmen der
parallelen Abstimmung als Europäische Norm übernommen werden.
Im Bild 2.8 ist das neu entwickelte Handgerät AutoGrid® comsmart im Einsatz zu sehen, dass
es ermöglicht die Vermessung der Formänderung direkt im Presswerk vorzunehmen. Das Sys-
tem arbeitet mit vier fest im Messkopf installierten Kameras; das ermöglicht ein stabiles Arbei-
ten ohne aufwendige Neukalibrierung. Das Gerät zeichnet sich durch Leichtbauweise (CFK),
Robustheit und leichte Ein-Knopf Bedienung aus. Pro Aufnahme werden 20 Millionen Pixel
aufgenommen und sofort ausgewertet.
Bild 2.8 Handgerät AutoGrid® comsmart im Einsatz im Presswerk (Werkfoto: Vialux GmbH Chemnitz)
Die Ergebnisse der automatisch mit Hilfe der Software AutoGrid ermittelten lokalen Formän-
derungen sind in das Grenzformänderungsdiagramm aufgenommen worden und geben eine
Aussage über das reale Verformungsverhalten auch im Vergleich zur Simulation und dienen
im Presswerk zur Beurteilung der Umformwerkzeuge (siehe Bild 2.9).
14 2 Begriffe und Kenngrößen der Umformtechnik
Dabei wird vorausgesetzt, dass das Volumen des umzuformenden Körpers bei der Umformung
konstant bleibt
V = l0 · b0 · h0 = l1 · b1 · h1.
Je nach dem welche Größe sich bei der Umformung am stärksten ändert, unterscheidet man
(Bild 2.10) zwischen
h1
Stauchungsgrad ϕ1 = ln
h0
b1
Breitungsgrad ϕ 2 = ln
b0
l1
Längungsgrad ϕ3 = ln .
l0
http://www.springer.com/978-3-658-01995-2