Baurecht
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Baurecht
- Baurecht -
Dieser Text stellt das Baurecht umfassend im Stil von Leitsätzen dar. Jedes Käst-
chen enthält eine Aussage. Der Text entstammt meiner Vorbereitung auf das erste
und zweite Staatsexamen (Wahlfachgruppe Staat und Verwaltung) und eignet sich
besonders für eine schnelle Wiederholung des Baurechts, vor allem für die Wahl-
fachgruppe und für einen Überblick in der Praxis.
Stand ist 05/03. Sie können die „Leitsätze“ auch zu Fragen für die private Arbeitsge-
meinschaft umformulieren. Zur gezielten Suche nach Einzelfragen benutzen Sie am
besten die Suchfunktion des Browsers (z.B. im Internet Explorer unter „Bearbeiten“
=> „Suchen“), ansonsten das nachstehende kurze Inhaltsverzeichnis.
Inhalt
GRUNDLAGEN UND GESCHICHTE DES BAUPLANUNGSRECHTS ...................................................... 2
PLANSCHADENSRECHT................................................................................................................................ 13
BAUORDNUNGSRECHT ................................................................................................................................. 24
BAUÜBERWACHUNG ..................................................................................................................................... 35
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Grundlagen und Geschichte des Bauplanungsrechts
Die Vereinheitlichung des BauO-Rechts erfolgt durch regelmäßigen Entwurf einer Mu-
sterbauordnung, die erstmals 1959 von einer Bund-Länder-Kommission erstellt wurde.
Die neuere Tendenz im Bauordnungsrecht geht zu einem Rückzug des Staates (siehe
etwa die Genehmigungsfreistellung nach § 65 BauO)
Bei genehmigungsfreien Vorhaben verschiebt sich die Nachbarklage dementsprechend
immer mehr auf den Zivilrechtsweg.
Geschichtliche Entwicklung der Bauleitplanung:
Ö um 1900 Erkenntnis der Notwendigkeit eines ordnenden und lenkenden Städtebau-
rechts
Ö Manifestation in Architekten- „Charta von Athen“ (1933)
Ö BBauG (1960)
Ö StBauFG (1971) – städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen
Ö BauGB (heute)
2
Bauleitplanung ist kommunale Aufgabe (§ 2 I BauGB).
Die Bauaufsicht (§ 60 BauO) durch größere Städte oder Kreise ist dagegen staatlich
(Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung).
Deswegen Beteiligung der Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren.
Bei Verletzungen der Planungshoheit Klagebefugnis der Gemeinden aus Art. 28 II GG.
Bauleitplanung ist nach § 1 III BauGB eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe.
Die Erforderlichkeit nach § 1 III BauGB verpflichtet und beschränkt die Gemeinde
zugleich.
§ 1 III BauGB ist nach § 2 III BauGB nicht drittschützend. Auch ein Anspruch auf
Vollendung der begonnenen Planung oder auf Behebung von Verfahrens- oder Form-
fehlern besteht nicht.
Ein Unterlassen ist nur dann ein Eingriff in subjektive Rechte, wenn die unterlassens-
begründende Handlungspflicht drittschützend ist. Die Pflicht der Gemeinde zur Bau-
leitplanung ist es nicht.
Eine Abrede, nach der eine Gemeinde zum Erlaß eines B-Plans verpflichtet sein soll,
ist grundsätzlich wegen § 2 III BauGB gem. § 59 VwVfG iVm. § 134 BGB nichtig.
Schadensersatz kommt daher nur aus cic in Betracht.
Beachte bei cic-Ansprüchen die etwas seltsame Rechtswegspaltung nach der aktuellen
BVerwG-Rechtsprechung: Bei Sachzusammenhang mit Amtshaftungsansprüchen or-
dentlicher Rechtsweg, bei Sachzusammenhang mit Erfüllungsansprüchen aus einem ör
Vertrag (etwa § 11 BauGB oder Durchführungsvertrag zu einem Vorhaben- und Er-
schließungsplan, § 12 BauGB).
Eine solche Abrede kann aber ggf. in eine Risikoübernahme für die Herstellung der
Bebaubarkeit umgedeutet werden. Eine derartige Übernahme des Risikos (neg. Interes-
se) ist zulässig. Sie kann etwa in der kaufvertraglichen Vereinbarung liegen, das ver-
kaufte gemeindliche Grundstück sei zu einem bestimmten Zweck bebaubar (dann
Kaufgewährleistungerecht).
Bauleitplanung örtlich und bebauungsspezifisch
Raumordnung überörtlich und überfachlich
Überörtlicher Raum besteht aus den Einzelorten, die daher notwendig mitbeplant wer-
den. Deswegen Anpassungsgebot des § 1 IV BauGB.
Problematisch Determinierung der örtlichen Planung: Gemeindegrenzen (Örtlichkeit)
als Bereich der Bauleitplanung contra Bereichscharakter als Anknüpfungspunkt für die
Raumordnung.
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Parzellenscharfe Planung durch Raumordnung daher nur zulässig, wenn schon au-
ßerstädtebauliche Erwägungen einen bestimmten Standort zwingend erfordern.
Städtebauliche Erwägungen dürfen nicht Gegenstand der Raumordnung oder Landes-
planung sein! Die städtebauliche Regelungskompetenz liegt ausschließlich bei der Ge-
meinde!
§ 2 II BauGB: Berücksichtigung nachbargemeindlicher Belange (Abwägung).
Unterfall des Abwägungsgebotes nach § 1 VI BauGB.
Interkommunales Abstimmungsgebot, „wenn unmittelbare Auswirkungen gewichti-
ger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde in Be-
tracht kommen" (BVerwG) Bsp.: (OVG RPf) Factory-Outlet-Center (großflächiger
Einzelhandel) mit einer zu erwartenden Umsatz-Umverteilung von über 10%. Nicht-
einstellung solcher Folgen abwägungsfehlerhaft.
Die Nachbargemeinde hat gegen den materiell unabgestimmten Plan und gegen die
Genehmigung von Einzelvorhaben ein subjektives Recht aus Art. 28 II GG i.V.m. §
2 II Bau GB und dem Rücksichtnahmegebot. „Nachbar“ auswirkungsbezogen =>
nicht nur die räumlich unmittelbar angrenzenden Gemeinden.
Abstimmungsgebot ist öffentlicher Belang i.S.d. § 35 BauGB.
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Abwägungsgebot aus § 1 VI BauGB als notwendiges rechtsstaatliches Korrektiv
(Bestimmtheit, Art. 20 III) zur planerischen Gestaltungsfreiheit Bindung des Pla-
nungsermessens.
Planerische Gestaltungsfreiheit wiederum durch Art. 28 II GG zwingend geboten.
Das Abwägungsgebot (§ 1 VI BauGB) stellt also praktische Konkordanz zwischen dem
Gebot rechtsstaatlicher Bestimmtheit aus Art. 20 III GG und der Selbstverwaltungsga-
rantie aus Art. 28 II GG her.
Planzielvorgaben grds. nur Berücksichtigungsgebote.
Es gibt aber auch Planungsleitsätze, also Beachtensregelungen, z.B. Ziele der RO
Zwischen beidem stehen die Optimierungsgebote (vorrangige Berücksichtigung)
§ 1 V S. 1 BauGB: Gebot der Nachhaltigkeit (stammt aus dem Umweltrecht) als Ziel
der Bauleitplanung.
Nachhaltig = Planung, die auch noch im Hinblick auf künftige Generationen ihre Ziele
einhält bzw. Planungen ermöglicht (Ressourcensparsamkeit).
Bodenschutzklausel (§ 1a I BauGB) und Umwidmungsverbot (§ 1 V S. 3 BauGB) sind
(zum obigen Zweck) Optimierungsgebote.
UVP nach § 2 III Nr. 2 nur für vorhabenbezogene B-Pläne erforderlich.
Beim B-Planerlaß keine Verträglichkeitsprüfung nach § 20 I BNatSchG (=> Flora-
Fauna-Habitat-Richtlinie / Vogelschutzrichtlinie), aber Einbeziehung der Verträglich-
keit in die Abwägung (§ 21 I BNatSchG).
Belang darin überwindbar bis zur Grenze der Verbote des BNatSchG, etwa § 22 II-IV
BNatschG.
Für Bauleitpläne gilt § 21 BNatschG.
§ 1 III BauGB, Planungspflicht der Gemeinde, zugleich Planrechtfertigung für das
„Ob“ der Beplanung.
Planrechtfertigung entfällt, wenn das Plangebiet bereits durch vorrangige Fachplanun-
gen beplant ist. Das folgt aus § 38 BauGB (Fachplanungsprivileg), der unmittelbar
nur den Vorrang für Einzelvorhaben regelt.
Planrechtfertigung entfällt aber nicht schon mit Anhängigkeit eines Planfeststellungs-
verfahrens. Ein PFB muß sicher zu erwarten sein.
Zu den „Belangen“ iSd. § 1 VI BauGB zählen auch rechtlich nicht geschützte Vor-
teile (Situations- und Lagevorteile).
Personell auch die Belange der Personen, die sich dauerhaft im Plangebiet aufhalten,
z.B. Mieter, Pächter, im Plangebiet tätige Arbeitnehmer.
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Private und öffentliche Belange sind grundsätzlich gleichrangig.
Planungsgrundsätze:
- Gebot der Konfliktbewältigung: städtebauliche Konflikte sind wenn möglich schon
im Plan (also präventiv durch städtebauliche Ordnung) zu lösen, statt repressiv durch
die Mittel des (Sonder-) Ordnungsrechts.
- Gebot der planerischen Zurückhaltung: gilt da, wo einzelne nachbarliche (ordnungs-
rechtliche) Konflikte im Baugenehmigungsverfahren gelöst werden können.
- Gebot der Rücksichtnahme
Trennungsprinzip: konfligierende Nutzungen trennen!
Abwägungsgebot umfasst Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis
Abwägungsvorgang erfolgt in drei Phasen:
1) Ermittlung der Belange
2) Gewichtung (etwa Gesundheit höheres Gewicht als wirtschaftl. Interessen)
3) Entscheidung über die Prioritäten
Abwägungsmängel bei Abwägung nach § 1 VI BauGB:
- inhaltliche Vorbindung in rechtlicher oder faktischer Hinsicht.
Zulässig aber nach Rspr. gewisse Vorentscheidung, wenn planerische Zuständigkeiten
eingehalten und Entscheidung selbst einer (Vor-)Abwägung entspringt.
- Alternativen nur einzubeziehen, wenn sie sich aufdrängen.
Für Mängel des Abwägungsvorgangs ist nur Abwägungsmaterial zum Zeitpunkt der
Abwägung maßgeblich (von daher per se ab Beschlussfassung über den Plan keine
neuen Fehler mehr möglich).
Maßgeblicher Zeitpunkt für Mängel des Abwägungsergebnisses ist gem. § 214 III S.
1 BauGB die Beschlußfassung über den B-Plan. Das ist von daher etwas besonderes,
als Mängel im Abwägungsergebnis Mängel des Norminhalts sind, sobald sie - ggf. erst
nach Beschlussfassung infolge veränderter Tatsachen - auftreten.
Entwicklungsgebot, § 8 II BauGB
normal: erst FNP, danach B-Plan
Ausnahmen: § 8 III – parallel; § 8 IV – vorzeitig
Beteiligung der Träger öffentlicher Belange:
beschränkte materielle Präklusion, § 4 III S. 2 BauGB
konkurrierende Planungsträger, die nicht widersprechen, müssen anpassen, § 7 BauGB.
nachträglicher Widerspruch nur unter den Voraussetzungen (deutlich überwiegende
Belange) und Rechtsfolgen (Neuplanungskostenpflicht) des § 7 S. 3-6 BauGB.
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Sinn der vorgezogenen Bürgerbeteiligung, § 3 I S. 1 BauGB: noch Einflußnahme auf
den Entwurf selbst.
Genehmigungspflichtige Bauleitpläne: § 6 I, IV BauGB (FNP), § 10 II BauGB (vor-
gezogene B-Pläne)
Anzeigepflichtige B-Pläne: § 246 Ia S. 2 BauGB
Materielle Präklusion für im Genehmigungs-/Anzeigeverfahren von der höheren Ver-
waltungsbehörde nicht vorgebrachte RWI-Gründe.
Bauleitplanungskontrolle nur Rechtmäßigkeitsprüfung; NB daher nur nach § 36 I
VwVfG zulässig.
Flächennutzungsplan vorbereitende Funktion für B-Pläne
Flächennutzungsplan gesamtörtlich, Bindeglied zwischen überörtlicher Planung und
Bebauungsplanung
Inhalt des FNP: § 5 II BauGB, nicht abschließend
§ 5 II a BauGB Ausgleichsflächen für naturschutzrechtliche Eingriffsregelung textlich
mit Eingriffsflächen verknüpfbar.
Ausgleichsflächen auf Vorrat („ Öko-Konto“) möglich.
Welche Darstellungen im FNP: Ermessen, Grenze § 1 III BauGB.
FNP keine Rechtsnorm und kein VA, sondern Maßnahme sui generis.
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¾ § 1 VI BauNVO: Herausnahme von Ausnahmen (Abs.3-Nutzungen) bzw. Hochstu-
fung solcher Nutzungen zu allg. zulässigen Nutzungen bei Wahrung des Gebiet-
scharakters.
¾ § 1 VII BauNVO: Nutzungsdifferenzierung nach Geschossen / Teilen der bauli-
chen Anlage aus städtebaulichen Gründen (Konkretisierung von § 9 III BauGB).
¾ § 1 VIII BauNVO: alle obigen Festsetzungen auch nur für Teile des Baugebietes.
¾ § 1 IX BauNVO: „ Umstufung“ bestimmter Arten von baulichen Anlagen
(=Aufspaltung der zulässigen Nutzungstypen).
¾ § 1 X BauNVO: Einbeziehung vorhandener Anlagen; „sanfte Überplanung“.
Für Ausschluß bestimmter Anlagen nach § 1 IX BauNVO Artverschiedenheit (qualita-
tiv) erforderlich; sachlicher Grund! (Problem z.B. bei Ausschluß von Großmärkten)
Eine Ortsbausatzung, also örtliche Bauvorschriften (bauordnungsrechtlicher Art)
kann in den B-Plan gem. § 9 IV BauGB integriert werden. Sie unterliegt aber selbst
dann nicht dem Abwägungsgebot. Örtliche Bauvorschriften rechtfertigen allein auch
nicht den Erlaß einer Veränderungssperre nach 14 BauGB. Sie dürfen natürlich nicht
durch die Hintertür bodenrechtliche Regelungen in den B-Plan einführen, die das
BauGB nicht zuläßt („ trojanische Ortsbausatzung“)!
B-Plan im wesentlichen negative Wirkung: Regelung, welche Bodennutzung unzuläs-
sig
positive Wirkung nur, wenn Bauherr Initiative ergreift.
B-Plan:
¾ materieller Rechtsnormcharakter umstritten; wegen konkret-individueller Tendenz
einem dinglichen VA ähnlich.
¾ Formell aber natürlich Satzung (§ 10 I BauGB).
Abstrakt-generelle Vorschriften im B-Plan nur ausnahmsweise zulässig, wenn er-
forderlich.
Städtebauliche Verträge:
¾ § 2 III BauGB: kein Verkauf des Planungsermessens! Planerische Gegenleistung
der Gemeinde darf nur mittelbar „vereinbart“ sein: als Geschäftsgrundlage oder R i-
sikoübernahme.
¾ Zudem § 11 II S. 1 BauGB: Gebot der Angemessenheit.
¾ i.ü. Kopplungsverbot: sachlicher Zusammenhang der Pflichten erforderlich!
Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP), § 12:
1) VEP, erstellt von Investor in Abstimmung mit der Gemeinde
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2) § 12 I S. 1 BauGB, Durchführungsvertrag (§ 11 BauGB) , aufschiebend bedingt
(wg. 2 III BauGB!) durch:
3) vorhabenbezogener B-Plan, § 12 III S. 1 BauGB
vorhabenbezogener B-Plan nicht an § 9 BauGB und BauNVO gebunden (Einwilli-
gung durch Vertrag; kein Art. 14 I GG)
auch beim VEP gilt § 2 III BauGB! - Deshalb ja aufschiebende Bedingung (s.o. 2).
cic (§ 280, 311 II, 241 II BGB) aber im Einzelfall möglich.
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- Verfassungsbeschwerde möglich; B-Plan hat unmittelbare Rechtswirkungen (auf
Art. 14 I S. 1 GG).
- Klage auf Erlaß eines B-Plans wg. § 2 III BauGB ausgeschlossen.
- (vorbeugende) U-Klage gegen Planinkraftsetzung dagegen möglich, wenn nur
noch die Inkraftsetzung aussteht.
- Inzidentkontrolle des B-Plans bei Klage gegen planabhängigen VA.
Bestandskraft der Baugenehmigung läßt Rechtsschutzbedürfnis für § 47 VwGO
entfallen.
Planerhaltungsvorschriften beschränken den Prüfungs- bzw. Rechtsschutzumfang:
¾ 214 BauGB
¾ 215 BauGB
¾ 215a I BauGB; danach in 47 VwGO nur Feststellung der Nichtwirksamkeit.
In anderen Klagen auf Antrag Aussetzung, § 94 S. 2 VwGO. Gegebenenfalls kann
Gericht zusätzlich a.W. bis Heilung herstellen (§ 80, 80a VwGO). Die Aussetzung
wirkt nur inter partes; für andere als die Prozessbeteiligten (§ 63 VwGO) bleibt der
B-Plan wirksam.
Der B-Plan ist also nur nichtig, wenn er an einem Fehler leidet, der
1. nach § 214 überhaupt beachtlich ist:
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¾ Verfahrens- und Formvorschriften nur, wenn positiv aufgezählt: 214 I Nr. 1, 2
(jeweils mit Rückausnahmen für leichtere Rechtsverletzungen), Nr. 3,
¾ materielle Mängel grds. (+), wenn nicht negativ aufgezählt:
214 II: Mängel im Verhältnis B-Plan - FNP
214 III 2: Abwägungsmängel (nur, wenn sie offensichtlich auf das Er-
gebnis von Einfluss gewesen sind),
2. innerhalb der Frist des § 215 ggü. der Gemeinde geltend gemacht worden ist:
¾ Formfehler nach § 214 I Nr. 1, 2 innerhalb eines Jahres (Nr. 3 ohne Frist!)
¾ Abwägungsfehler (=die übriggebliebenen, nicht schon nach § 214 III 2 unbe-
achtlich sind) innerhalb von 7 Jahren,
3. nicht in einem ergänzenden Verfahren gem. § 215a BauGB behoben werden kann.
Das ist etwa bei einem Mangel der Fall, der den Kern der Abwägungsentscheidung
betrifft. Kann das ergänzende Verfahren die Identität des Planes nicht wahren,
sondern müsste es ihn grundlegend ändern, so scheidet es aus. Der B-Plan ist nich-
tig.
§ 214, 215, 215a beschränken nur die gerichtliche Kontroll- und Verwerfungs-
kompetenz, aufsichtsbehördliche Kontrolle bleibt unbeschränkt (§ 216 BauGB).
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der Planung also keine gänzlich neue Gestalt gibt.
§ 215a I S. 2: Feststellung der Unbeachtlichkeit nach h.M. nur durch die Gerichte
(keine Verwerfungskompetenz der Gemeinde).
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Genehmigungserteilung aufgrund B-Plan (-), weil nichtig.
Genehmigungserteilung aufgrund 34/35 BauGB (-), weil das Verwerfung wäre.
Antrag nach § 47 VwGO nicht möglich, weil Insichprozeß
§ 215a II hat gegenüber Neuplanung den Vorteil, daß nur die fehlerhaften Verfahrens-
abschnitte wiederholt werden müssen. Immer aber ist eine Verwerfungskompetenz
(Herbeiführung der Rechtsfolge des § 215a I S. 2 BauGB) ausgeschlossen, d.h. es darf
keine Baugenehmigung ohne Beachtung des B-Plans erteilt werden!
Amtshaftung für Planschäden: drittschützende Amtspflicht erforderlich
§ 1 VI BauGB (nach Rspr. iVm. Rücksichtnahmegebot zur Bestimmung des „ dritt-
schützenden Kerns“): Drittschutz bezüglich der Berücksichtigung eigener Belange.
Drittschutz auch aus § 1 V S. 2 Nr. 1 BauGB(gesunde Wohn-und Arbeitsverhältnis-
se)
Bei rwi und nach § 214, 215 BauGB nichtigem B-Plan kommen auch Ansprüche aus
enteignungsgleichem Eingriff in Betracht.
Der Naßauskiesungsbeschluß steht nicht entgegen, weil bei untergesetzlichen Normen
dem Parlament keine ungewollte Entschädigungsregelung aufgedrängt wird, sondern
der (kommunalen Selbst-) Verwaltung.
Das ist aber nur dann so, wenn die Rwi der (RVO/) Satzung (hier B-Plan) „aut o-
nom“ ist, also nicht auf einer Rechtswidrigkeit parlamentsgesetzlicher Regelungen
beruht!
=> ergo: in diesen Grenzen gilt noch die rwi-/„schwer und unerträglich“-Formel.
Planschadensrecht
„Bauleitplanung ist eine Mischung aus ISB und Enteignung“! (vgl. Steiner, Beson-
deres Verwaltungsrecht, 6. A. IV B Rn. 142)
Deshalb gibt es in Erfüllung des Art. 14 III S. 2 GG das Planschadensrecht:
Entschädigungsgegenstand:
¾ Grundsatz: Bodenwertverlust:
¾ 42 II: innerhalb von sieben Jahren nach abstraktem „Nutzungsverlust“
¾ 42 III: danach nach Wertverlust durch Verlust der ausgeübten Nutzung
¾ Ausnahme: 42 IV - Wert der Nutzungsart selbst, ungeachtet des Bodenwerts.
Entschädigungsgrund:
¾ 39 BauGB – Plangewährleistung (Vertrauen auf den Plan)
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¾ restl. Entschädigungstatbestände – Bestandsschutz
Entschädigungsart:
¾ vorrangig Geld (39, 41 II, 42).
¾ vorrangig Übernahme (40 und 41).
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42 III: Nach 7-Jahresfrist: wie Wortlaut nur Entschädigung für Nutzung als solche?
=> kann nicht sein, denn die kann ja gar nicht entzogen werden (Bestandsschutz), zu-
dem wäre 42 IV dann sinnlos!
=> so auch 42 III S. 2: Bodenwertverlust nach der realisierten Nutzung!
Berechnung also: Wert nach der realisierten Nutzung (z.B.: zweigeschossiges Haus,
obwohl bisher auch fünfgeschossiges Haus zulässig gewesen wäre) minus Wert nach
der am neuen Plan gemessenen Nutzung (also dem Wert nach Planände-
rung/Aufhebung) = SE-Anspruch (z.B., wenn jetzt nur noch ein Geschoss zulässig),
aber:
Auch der Anspruch aus 42 III fällt aber weg, wenn Wertminderung nicht spürbar, z.B.
weil Eigentümer Haus weiter wie bisher nutzt (Bestandsschutz absorbiert SE) und es
nicht etwa verkauft.
§ 40 und 41 I BauGB: positive Ausweisung eines bisher der autonom privatnützigen
Nutzung dienenden Grundstücks als heterogen gemeinnützig
=> „Nutzungsentei gnung“
Sobald Belastung schon gegenwärtig:
vorrangig Übernahme (40, 41 I; lex specialis zu 42 (bis auf 42 III), im Falle des
40 III: Entschädigung.
Berechnung: 42 III
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identisch! Der bebauungsrechtliche Anlagenbegriff enthält zusätzlich zum bauord-
nungsrechtlichen Begriff das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der städtebaulichen
Relevanz.
Danach bauliche Anlage iSd. § 29 BauGB, wenn Belange des § 1 V BauGB planungs-
rechtliche Regelung der Zulassung der Anlage erfordern.
Freistellung von der Baugenehmigungspflicht daher für § 29 BauGB unbeachtlich.
präventive städtebauliche Kontrolle hängt am bauordnungsrechtlichen Genehmi-
gungsvorbehalt und steht damit weitgehend zur Disposition des Landesgesetzgebers.
Ohne Genehmigungspflicht (freigestellte Vorhaben) verliert das Baurecht an Effekti-
vität.
Verhältnis der Bauaufsicht zur kommunalen Planungshoheit:
Durch „Doppelprüfung“ ( gemeindl. Einvernehmen gem. § 36 BauGB) Vermeidung
der Kollision der Bauaufsicht (Baugenehmigungsbehörde) mit der kommunalen Pla-
nungshoheit.
Die Gemeinde darf selbst noch mal prüfen und ggf. ihr Einvernehmen verweigern!
Der Schutz der gemeindlichen Planungshoheit durch 36 BauGB fällt weg, wenn gar
keine Genehmigung erforderlich ist (genehmigungsfreie Vorhaben)!
Hat die Gemeinde das 36 zur Baugenehmigung verweigert und wird diese trotzdem
von der Baugenehmigungsbehörde erteilt, so kann die Gemeinde klagen (28 II GG)
(natürlich nur, wenn sie nicht mit der Bauaufsichtsbehörde = Baugenehmigungsbehör-
de gem. § 75, 62, 60 BauO identisch ist!).
Ohne Verweigerung greift gem. § 36 II nach zwei Monaten eine Fiktion des 36 I.
Prüfungskongruenz! Gemeinde hat bei Einvernehmen nach 36 nur Ermessen, wenn
auch die Baugenehmigungsbehörde Ermessen hat; Rechtsanspruch auf Baugenehmi-
gung (33 I, II, 34 I, II, 35 BauGB)!
Einvernehmen nach 36 kein selbständiger VA, sondern verwaltungsinterner Vor-
gang.
=> auch wenn nur das Einvernehmen zur Genehmigung fehlt, Klage gegen die Baube-
hörde (=Bauaufsichtsbehörde).
Ersetzung des Einvernehmens (Sonderfall der Rechtsaufsicht) der Gemeinde nach
§ 36 II S. 3 BauGB durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde (idR. identisch
mit der Bauaufsichtsbehörde) ist ggü. der Gemeinde ein VA.
Amtshaftungsrechtlich entsteht durch die Bindung der Baugenehmigungsbehörde an
die (rechtswidrige) Versagung des gemeindlichen Einvernehmens folgende Kon-
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stellation:
Gemeinde haftet nach 34/839.
Baugenehmigungsbehörde haftet nicht (Kollision von Rechts- und Amtspflicht -
letztere geht vor, weil § 839 an die individuellen Pflichten des Beamten anknüpft!).
Daran ändert auch 36 II S. 3 nichts, dessen Ermessen nur im öfftl. Interesse steht.
Zur Beiladung:
Bei (V-)Klage des Bauherrn Nachbar einfach (§ 65 I VwGO),
bei (A-)Klage des Nachbarn Bauherr notwendig (§ 65 II VwGO)!
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¾ § 33 I: ab bestimmtem Verfahrensstadium („formeller Planreife“ (vgl. § 33 I ))
besteht ein gebundener Anspruch auf Baugenehmigung nach neuem Recht. Diese
Genehmigung nach § 33 I ist ein VA auf Unterwerfung =>Anerkennung nach 33 I
Nr. 3 kein (ör) Vertrag!
¾ § 33 II: vor formeller Planreife nur Ermessensanspruch (str.)
Auch § 31 ist iRd. § 33 anwendbar!
Nach § 33 II Vorhaben auch schon vor formeller Planreife (anders als nach 33 I hat 33
I Nr. 1 noch nicht stattgefunden) zulässig.
Materielle Planreife aber auch hier (wie immer) erforderlich.
§ 33 BauGB nur positiv anwendbar. Negativ wirken die §§ 14 ff. BauGB!
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¾ § 34 IV S. 1 Nr.1 (Klarstellungssatzung) nur feststellenden Charakter (stellt fest,
was eh`schon Innenbereich ist).
¾ Ergänzungs- (Nr. 3) und Entwicklungssatzung (Nr. 2) erweitern bzw. schaffen ei-
nen Innenbereich iSd. § 34 BauGB.
31 auch für 34 II (siehe dort).
bei § 34 weder Beurteilungs- noch Ermessensspielraum.
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im Außenbereich“; Planungserfordernis) erforderlich, ist dies ein (entgegenstehender)
öffentlicher Belang nach § 35 BauGB.
35 IV BauGB – erweiterter Bestandsschutz.
Abschließende ISB zu Art. 14 GG!
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Entschädigung bei unzulässigen V-Sperren:
faktische Schäden durch Befolgung der nichtigen Norm, weil Eigentümer V-Sperre für
wirksam hält und nicht gegen sie unternimmt.
SE aus enteignungsgleichem Eingriff / ggf. Amtshaftung
Erschließung:
Anschluß an
- öfftl. Straße
- Versorgung
- Entsorgung
Entstehung der Erschließungsbeitragspflicht schon mit Fertigstellung der Anlagen,
§ 133 II BauGB.
Erschließungsverträge nach § 124 BauGB sind ör Verträge.
Enteignungsentschädigung:
- grds. Verkehrswert (Marktwert, 95, 194)
- Umzug, Anlaufkosten, usw.: § 96 BauGB
- Reduktion um eigentumsfremde Wertfaktoren: 95 II BauGB.
Auch das Mietrecht kann enteignet werden.
96 BauGB gibt keine Entschädigung für Erwartungen und Chancen (z.B. Erwartung
eines langfristig fortbestehenden Mietverhältnisses).
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Rechtsweg
Zulässigkeit der Enteignung eigentlich 40 I VwGO => Verwaltungsgerichte
Entschädigungsfragen dagegen eigentlich 14 III S. 4 GG =>ordentliche Gerichte
Um diese Rechtswegzersplitterung zu vermeiden, gibt es:
§ 117 BauGB: Kammern für Baulandsachen bei den Landgerichten.
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Rechtsschutz auf Erlaß von Bauordnungsverfügungen:
a) bei ÖRFBA str., ob ausreichende EGL für den mit der Folgenbeseitigung einherge-
henden Eingriff beim Bauherrn nach Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 III GG).
¾ hRspr. (-); ÖRFBA keine ausreichende EGL (Art. 20 III GG) => Anspruch des
Nachbarn nur aus 61 I S. 2 BauO
¾ a.A.: EGL (+); Kehrseite der ürsprünglichen (rechtswidrigen) Begünstigung des
Bauherrn. (dabei wird aber übersehen, daß da jetzt ein teures Bauwerk steht, so daß
nach dieser „ Kehrseitentheorie“ ohne weiteres der Primärrechtsschutz entfiele und
nur noch 34/839 in Betracht käme (Haus weg, aber Bauherr ./. Behörde auf SE!)
b) Nimmt man 61 I S. 2 BauO als EGL, so steht die Abrißverfügung grds. im Ermes-
sen.
Fraglich ist nun, ob dieses Ermessen reduziert ist.
=> nach OVG NRW schon deswegen, weil nachbarschützende Vorschriften als Ermes-
sensleitlinie in der Regel zu einer Reduzierung führten.
=> fraglich aber v.a., ob Ermessensreduzierung wegen der Mitwirkung der Behörde am
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Rechtsverstoß iSd. § 61 I S. 2 BauO vorliegt.
- OVG NRW u.a.: Sicht des Bauherrn: stünde dann schlechter als der böse Schwarz-
bauer, der ohne ursprüngliche formelle Legalität baue, so daß bei einer Abrißverfügung
gegen ihn Ermessen bestehe, gegen den urspr. formell bauenden Bauherrn dagegen
nicht.
- h.M.: Sicht des Nachbarn: regelmäßig Ermessensreduzierung aufgrund der Fol-
genbeseitigungslast. Nachbar in erster Linie durch die Behördenentscheidung (Erlaß
der rwi Baugenehmigung) geschädigt =>
¾ wegen Ermöglichung und Förderung der GR-Beeinträchtigung durch die Behörde
Beziehung Behörde-Nachbar ermessensleitend.
¾ Zu bedenken ist auch, daß der Bauherr idR. 39 I b OBG und/oder 34/839 ha-
ben wird!
¾ außerdem kann der Bauherr mit dem Baubeginn warten, bis Bestandskraft; dann
nur noch 48 VwVfG (mit 48 III!).
c) Ergeben sich nun Unterschiede, je nachdem, ob man FBA oder 61 als AGL nimmt?
grds. nein!; im Ergebnis völlig latte, ob man 61 oder der ÖRFBA als EGL nimmt;
¾ entweder FBA:
- rwi Eingriff in ein subj. Recht
- RF des FBA (Wiederherstellung des status quo ante) muß rechtlich möglich sein.
=> rechtlich möglich ist sie nur, wenn die Voraussetzungen des § 61 I S. 2 BauO
vorliegen!
¾ oder § 61 I S. 2 BauO:
- Voraussetzungen des § 61 I S. 2: Verstoß gegen ör Normen
- Anspruch aus 61 nur, wenn Normen drittschützend, also Eingriff in subj, öR.
- RF: Ermessen
=> Ermessen aber nach h.M. reduziert durch FB-Last
Also: kaum Unterschiede zwischen den „Meinungen“; letztlich Frage nach dem
Huhn und dem Ei!
Bauordnungsrecht
Orientierung der Landesgesetzgeber an der Musterbauordnung. Musterbauordnung ist
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ein von Vertretern der Bundes- und Landesfachbehörden ausgearbeiteter Entwurf einer
Bauordnung. Durch jüngste Vereinfachungs- und Privatisierungswelle nehmen die
Gemeinsamkeiten der Bauordnungen allerdings momentan eher ab.
§ 85 BauO: Verordnungsermächtigung
§ 86 BauO: Satzungsermächtigung
Zwecke des materiellen Bauordnungsrechts:
- Gefahrenabwehr (ehem. „Baupolizei“): Anforderungen an bauliche Anlagen zum
Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung.
- Verhütung von Verunstaltungen (ästhetische Belange)
- Sicherung sozialer und ökologischer Standards für ein gesundes Wohnen und Arbei-
ten.
Zweck des formellen Bauordnungsrechts: Vollzug:
=> des Bauplanungsrechts
(Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit im Baugenehmigungsverfahren)
=> des materiellen Bauordnungsrechts, und zwar:
- im Baugenehmigungsverfahren
- durch die Bauüberwachung.
Das Bauordnungsrecht ist materielles Ordnungsrecht (Polizeirecht i.w.S., deshalb
früher „Baupolizei“).
Alle Aufgaben der Bauaufsichtsbehörden gelten, auch soweit sie andere Zwecke als
die Gefahrenabwehr verfolgen, als solche der Gefahrenabwehr (§ 60 II 1 BauO).
Aufgabenzuweisungs- und zugleich allgemeine Befugnisnorm ist:
§ 61 I 2 BauO („ bauordnungsrechtliche Generalklausel“) .
Geltungsbereich der BauO (§ 1): bauliche Anlagen und Bauprodukte (§ 2)
Der bauordnungsrechtliche und der (gesetzlich nicht geregelte) bauplanungsrechtliche
Anlagenbegriff überschneiden sich zwar weitgehend, decken sich aber nicht!
Der bauplanungsrechtliche Anlagenbegriff enthält das ungeschriebene Tatbestands-
merkmal der städtebaulichen Relevanz, ist also bodennutzungsbezogen, während der
bauordnungsrechtliche Anlagenbegriff v.a. auf die Gefahrenabwehr bezogen ist.
Das Bauordnungsrecht übernimmt im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Vorgaben
die „Feinsteuerung“ der Plazierung einer baulichen Anlage auf einem Grundstück
durch Abstandsflächen (§ 6 f. BauO). So kann ein nach nach B-Plan bebaubares
Grundstück dennoch wegen bauordnungsrechtlicher Abstandsregelungen unbebaubar
sein.
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Für bauliche Anlagen, für die Zu- und Abgangsverkehr zu erwarten ist, greift die Stell-
platzpflicht des § 51 I BauO. Zweck: Gefahrenabwehr (Entlastung der öffentlichen
Verkehrsflächen von ruhendem Verkehr und Verminderung der Gefahren, die dieser
mit sich bringt (etwa Sichtbehinderung).
Die Gemeinde kann die Stellplatzpflicht durch Satzung nach § 51 IV BauO modifizie-
ren.
Gem. § 51 V BauO kann die im einzelnen Fall bestehende Stellplatzpflicht gegen eine
Geldzahlung abgelöst werden (Stellplatzablösevertrag). Dieser Vertrag ist kein Dis-
pensvertrag (mehr). Die Verwendung des gezahlten Geldbetrages regelt § 51 VI BauO.
Die Stellplatzpflicht wird gem. § 51 II BauO bereits durch wesentliche Änderungen der
baulichen Anlage und wesentliche Nutzungsänderungen ausgelöst.
Baulasten. Bauordnungsrechtliche Hindernisse können dadurch behoben werden, daß
der Eigentümer eines Nachbargrundstücks durch formgebundene Willenserklärungen
gegenüber der Bauaufsichtsbehörde freiwillig eine öffentlich-rechtliche Verpflich-
tung zu einem sein Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernimmt,
die sich nicht schon aus objektivem öffentlichen Recht ergibt (Baulast).
Wirkung für den Rechtsnachfolger, Eintragung ins Baulastenverzeichnis (§ 83
BauO).
Beispiel: Erfüllung der Stellplatzpflicht durch Stellplatzherstellung auf einem durch
Baulast für diesen Zweck öffentlich-rechtlich gesicherten Nachbargrundstück.
„Die am Bau Beteiligten“ (§ 56-59 BauO): spezielle baurechtliche Handlungsstö-
rervorschriften. Außerhalb des Regelungsbereichs der §§ 56-59, insbesondere für die
Zustandshaftung, gilt das OBG.
§ 3 regelt die allgemeinen Anforderungen an die Bausicherheit.
§ 3 I S. 1 BauO ist die „ baurechtliche Generalklausel“ ( ÖSi oder O), enthält aber an-
ders als 14 I OBG / 8 I PolG keine VA-Befugnis.
Die ist in § 61 I S. 2 BauO.
Spezielle Anforderungen enthält fast die gesamte übrige BauO.
Telos: Die speziellen Vorschriften dienen der Abwehr abstrakter Gefahren in ih-
rem Zweckbereich: Standsicherheit, Feuerschutz, Wärmeschutz, Gesundheitsschutz
(v.a. Schall- und Erschütterungsschutz) und Schutz gegen sonstige schädliche Einflüsse
auf Bewohner und Bauwerk.
Ergänzt werden diese Normen durch Rechtsverordnungen aufgrund § 85 BauO.
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„Regeln der Technik“ (§ 3 I S. 2 BauO) werden im Zuge des Abbaus staatlicher
Normierung zur Steuerung immer wichtiger. => Wanderungsprozeß hin zu technischen
Normen (z.B. bautechnische DIN-Normen). Sämtliche technischen Normen (DIN,
CEN, usw.) sind keine Außenrechtsnormen und nehmen nicht an der Gesetzeskraft der
BauO teil!
Denn technische Normen sind in die Bauordnung, anders als etwa technische
Normen im BImSchG (§ 48 BImSchG – z.B. TA-Luft) nur unselbständig inkorpo-
riert; sie sind im Prozeß lediglich Beweislastregeln.
Gründe:
- keine ges. EGL zum Erlaß von technischen Normen als normkonkretisierende
VVen (anders als § 48 BImSchG, Stichwort: normative Ermächtigungslehre.
Grundgedanke: Eine Norm kann die Verwaltung zur abschließenden Entscheidung
über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Norm ermächtigen -
abstrakt (normkonkretisierende VV) oder konkret (Beurteilungsspielraum)).
- kein Erlaßverfahren, daß eine demokratische Legitimation vermittelt.
=> und vor allem: kein Erlaß durch eine staatliche Stelle!
Ergo: Bautechnische Normen sind keine VVen, und mangels konkreter Bezugnahme
auch nicht kraft (statischer) Verweisung selbständig (d.h. regelnd) in die BauO inkor-
poriert. Sie haben nur als Beweislastregeln gewisse normkonkretisierende Wirkung
(ohne aber verbindliche normkonkretisierende VVen zu sein!!!). Sachen gibt`s...
Verunstaltungsverbot, § 12 BauO:
ästhetische Zwecke; Fremdkörper; materiell kein Polizeirecht (=> Kreuzberg-Urteil!).
Verfassungskonforme Auslegung:
- keine positive Baupflege („Geschmacksdiktatur der Oberbauräte“)
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- nur negativ: Abwehr optisch störender Anlagen
- Bestimmtheit; fehlt, wenn die bloße Unschönheit für eine „Verunstaltung ausreichen
würde. => Verunstaltung ist nur ein intensiver, „verletzend“ häßlicher Zustand aus
der Sicht eines gebildeten Durchschnittsmenschen.
In dieser Auslegung genügt der unbestimmte Rechtsbegriff „verunstalten“ dem Rechts-
staatsprinzip und der Verfassung i.ü..
baugestalterische Einschränkungen z.B.:
- § 172-174 BauGB (Erhaltungssatzung)
- § 2 III DSchG NRW („Ensembleschutz“)
schon das Entfernen von Sprossenfenstern wurde vom BayVGH als eine Verunstaltung
eines historischen Gebäudes angesehen.
a.M. dagegen: Wirkung der Kunstfreiheit (Art. 5 III GG), „Baukunst“.
Über objektbezogenen Verunstaltungsschutz hinaus Gestaltungssatzungen für Teile
des Gemeindegebiets nach § 86 I Nr. 1 BauO möglich. Gestaltungssatzung ermöglicht
der Gemeinde eine positive Baupflege.
=> verfassungsrechtliche Grenzen:
- Art. 28 II GG, 78 II Verf: örtlicher Bezug; keine Übernahme einer „Mustersatzung“.
- Art. 14, 5 I, III GG.
- Bestimmtheitsgebot (Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 III (sowie nach BVerfG aus 1
III, 19 IV, 28 I S.1, Gesamtkonzeption des GG)).
Rechtsschutz: in NRW nur FK (§ 43 I VwGO) - weil kein 47 VwGO.
Recht der Außenwerbung: Schnittstelle von BauO-Recht, BauPl-Recht und Stra-
ßen(verkehrs)R:
¾ Bauplanungsrecht: § 29 ff. BauGB, 14 BauNVO (soweit Nebenanlagen).
¾ Bauordnungsrecht: § 13 BauO: anlagenbezogen, auch wenn planungsrechtliche
Tatbestandsmerkmale wie „Wohngebiet“ (§ 13 IV BauO).
¾ Straßen(verkehrs)R: § 6 I 3g StVG, 33 I Nr. 3 StVO
Soziale Anforderungen: bauordnungsrechtliche Normen, die soziale Anforderungen
stellen, sind ebenfalls materiell kein Polizeirecht (aber § 60 II S. 1 BauO!).
Beispiele:
- Kinderspielplätze, § 9 II;
- benutzerfreundliche Herstellung von Bauanlagen für besonders schutzwürdige Perso-
nengruppen, § 55 BauO;
- besondere Anforderungen an Wohnungen und Aufenthaltsräume, § 48 f. BauO
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(Wohnungsmindeststandard)
verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieser Anforderungen aus Art. 14 II GG.
Gemeinschaftsanlagen: § 11 BauO nach Festsetzung gem. § 9 I Nr. 22 BauGB.
ökologische Anforderungen: z.B. § 9 I BauO (selbständige EGL).
Das Baugenehmigungsverfahren
Grundsatz der Baufreiheit: bauliche Nutzung gehört zum Inhalt des Grundeigentums
aus Art. 14 GG. Aber gravierende Auswirkungen baulicher Nutzung auf Mitmen-
schen und Umwelt. Daher kann Baufreiheit nur eine rechtlich geordnete Freiheit sein.
Deswegen Genehmigungspflicht. Im Genehmigungsverfahren wird geprüft, ob das
Vorhaben die rechtlichen Anforderungen erfüllt -präventive Kontrolle-.
=> Baugenehmigung ist Kontrollerlaubnis
=> Genehmigungspflicht ist präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.
Dabei besteht wegen Art. 14 GG ein gebundener Anspruch auf Erteilung der Ge-
nehmigung, wenn die rechtlichen Anforderungen erfüllt sind.
=> Baugenehmigung daher gebundene Kontrollerlaubnis.
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„schlanker Staat“):
- Standsicherheit
- Schallschutz
- Wärmeschutz
- Brandschutz
Prüfung dieser Freistellungsvoraussetzungen jeweils en bloc auf den Bauherrn
abgewälzt, der sich privater Sachverständiger bedienen muß (Beibringung von
Nachweisen und Bescheinigungen). Damit auch Abwälzung des Haftungsrisikos
auf die Sachverständigen.
Kritik:
- Schlechterstellung der Rechte von Nachbarn und der zu beteiligenden Gemeinde
(wenn nicht mit Bauaufsichtsbehörde identisch, § 36 BauGB, § 60 I Nr. 3 b)
BauO).
- Gefährdung des Verhältnisses von Staat und Bürger (Bürger wird mit einem prä-
ventiven Verbot belegt und muß dann die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen
Vorschriften selbst von Privaten prüfen lassen).
2. Verfahrensbeschleunigung:
- § 72 I (Prüfung des Antrags binnen einer Woche)
- § 72 III BauO (sternförmige Einholung von Entscheidungen und Stellungnahmen)
Freistellungsverfahren (§ 67)
in NRW vor allem für Wohngebäude niedriger und mittlerer Höhe.
Nach Durchführung des Freistellungsverfahrens besteht Genehmigungsfreiheit.
Das Freistellungsverfahren dient nur der Information der Gemeinde. Der Nachbar
ist gem. § 67 IV S. 3 BauO zu benachrichtigen.
Anforderungen (§ 67 I):
- Einreichung der Unterlagen (bei Wohngebäuden v.a. § 67 IV BauO).
- keine Erklärung der Behörde binnen eines Monats, daß Genehmigungsverfahren
durchgeführt werden soll.
=> dann Vorhaben genehmigungsfrei; es entsteht mangels Genehmigung keine Be-
standskraft => das Freistellungsverfahren hat also keine Legalisierungswirkung!
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¾ auch hier („ Privatisierungsphilosophie der BauO“) Einreichung von Nachweisen,
die private Sachverständige im Auftrag des Bauherren erstellt haben.
¾ Bauüberwachung (§ 81) und Bauzustandsbesichtigung (§ 82) beschränken sich
auf den Prüfungsumfang der Genehmigung (§ 68 IX BauO).
¾ auch im vereinfachten Verfahren genehmigte Anlagen müssen aber alle öffentlich-
rechtlichen Vorschriften einhalten. Die Einhaltung der nicht prüfungsrelevanten
Vorschriften sind Sache des Bauherrn und liegen in dessen Risikosphäre. Das ist
der Knackpunkt der vereinfachten Genehmigung: sie schafft nur in ihrem Prü-
fungsumfang formelle Legalität.
Der Bauherr kann sich daher nicht darauf verlassen, daß der genehmigte und
gem. § 81, 82 BauO präventiv kontrollierte Bau aufgrund der Genehmigung auch in
vollem Umfange legal ist. Im nicht geprüften Bereich kann er trotz Genehmi-
gung repressiven Maßnahmen nach § 61 I S. 2 BauO ausgesetzt sein.
Der beschränkte Prüfungsumfang gilt nur für die präventive Kontrolle – Genehmi-
gungsverfahren (§ 68), Bauüberwachung (§ 81) und Bauzustandsbesichtigung (§
82). Denn von der repressive Kontrolle zur Durchsetzung des größtenteils der Ge-
fahrenabwehr dienenden materiellen Bauordnungsrechts nach § 61 I S. 2 BauO
bzw. Spezialnormen kann es keine Ausnahmen für „Beschleunigung“ und „ Staats-
verschlankung“ geben.
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Nebenbestimmungen (NB): höchst umstritten ist, ob die modifizierende Auflage eine
Inhaltsbestimmung (IB) oder eine NB ist. Richtigerweise ist sie IB (Wesentlicher Inhalt
des VA).
Neue Rspr. des BVerwG: weg von der Typisierung (alte Rspr. differenzierte ja nach
Art der NB), maßgeblich sei (materiell), daß der VA ohne die modifizierende Auflage
noch rechtmäßig bestehen könne. Danach Differenzierung:
- Zulässigkeit einer AK gegen Auflage: Logische Teilbarkeit
->„ modifizierende Auflage“ logisch vom Haupt-VA abtrennbar (= als isolierter VA
denkbar)?
- Begründetheit der Klage: materielle Teilbarkeit
-> Rest-VA rechtmäßig?
Vorbescheid, § 71 BauO
Teilbaugenehmigung, § 76 I S. 1 BauO.
grds. bezüglich genehmigter Teile Wirkung wie Baugenehmigung, aber 76 II BauO.
Typengenehmigung, § 78.
78 II S. 2: nur befristet und unter Widerrufsvorbehalt
78 III
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Erledigung der Baugenehmigung?
Mit Abschluß der Bauabnahmen ist die Baugenehmigung verbraucht (vollzogen; d.h.,
daß sie nicht noch einmal – etwa für einen Ersatzbau - in Anspruch genommen werden
kann), aber nicht erledigt.
Battis (Bauordnungsrecht, 4. A., S. 225) spricht davon, daß die Genehmigung Be-
standsschutz gewähre. Das ist ungenau. Richtig ist, was Oldiges in Steiner (Besonderes
VwR, Rn. 338 f.) schreibt:
=> Bestandsschutz aus Art. 14 GG besteht für ein Bauwerk, das irgendwann einmal
materiell rechtmäßig war, und zwar für einen gewissen Zeitraum (h.M.: drei Monate,
weil dies die Regelbearbeitungszeit für einen Bauantrag ist; Anhaltspunkt z.B. § 68
VIII BauO: max. 2x 6 Wochen. Diese Voraussetzung soll eine Privilegierung des
Schwarzbauers verhindern, der die Gunst der Stunde nutzt und sofort mit dem Bau be-
ginnt, der dann bei kurzzeitiger materieller Rechtmäßigkeit bestandsgeschützt wäre,
während der Bauherr, der zunächst einen Antrag stellt, nicht mehr in den Genuß der
Bestandskraft kommen kann, wenn sein Bau vor Ablauf der Bearbeitungszeit materiell
rechtswidrig wird und die Genehmigung deswegen nicht erteilt wird. Daher soll Be-
standskraft aus materiellem Recht nur eintreten, wenn der Bauherr eine Genehmigung
hätte einholen können, nämlich bei dreimonatiger materieller Rechtmäßigkeit. Diese
Auffassung rechtfertigt sich wohl daraus, daß das Genehmigungsverfahren eine ISB
gem. Art. 14 I S. 2 GG ist, die wg. o.g. Argumentation ein volles Durchschlagen der
materiellen Rechtslage nicht erlaubt.).
=> Die Baugenehmigung gibt hingegen nur Bestandskraft.
Wie hängt das zusammen?
Die Bestandskraft (ab Unanfechtbarkeit des VA)
- hat formell konstitutive Wirkung (schafft also formelle Legalität)
- entfaltet in materieller Hinsicht Tatbestandswirkung, d.h. solange der VA nicht wi-
derrufen worden ist, ersetzt die deklaratorische Wirkung als Regelungsgehalt der Bau-
genehmigung (Erklärung, daß (materielles) ÖR nicht entgegensteht) die tatsächliche
materielle Rechtslage bzw. „deckt sie zu“.
=> ergo: Battis hat i.E. recht: Die Bestandskraft der Genehmigung führt über die
Tatbestandswirkung dieses VA zu einer materiellen Rechtmäßigkeit. Bestands-
kraft und „Bestandsschutz“ fallen in sofern also zusammen. Es darf aber nicht ver-
kannt werden, daß der so entstehende „Bestandsschutz“ immer vom Bestehen des VA
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abhängt und damit unselbständig ist. Wird die Genehmigung also zurückgenom-
men/widerrufen, so gibt es keinen „Bestandsschutz“ mehr, weil die Bestandskraft weg
ist. Daraus folgt andererseits, daß die Baugenehmigung (formelle und materielle)
Legalisierungswirkung entfaltet, solange sie und das Bauwerk oder die Nutzung
bestehen. Die Baugenehmigung kann sich daher nicht mit Fertigstellung des Vor-
habens erledigen.
Streitig ist, ob ein Widerruf (§ 49 VwVfG) angesichts der mit der Baugenehmigung
entstandenen „ eigentumskräftig verfestigten Rechtsposition“ überhaupt mö glich ist.
Ö Nach einer Ansicht ist deswegen niemals „das öffentliche Interesse ohne den W i-
derruf gefährdet“ iSd. § 49 II Nr. 5 VwVfG.
Ö Nach a.A. Rücknahme nicht generell ausgeschlossen, aber strenge Anforderungen
an das „öffentliche Interesse“ gem. § 49 II Nr. 5 VwVfG zu stellen. Wenn danach
Widerruf zulässig, Vertrauensschutz durch Entschädigung (48 III analog???).
Ö Stellungnahme: erstgenannte Ansicht ist ein bißchen zirkelschlüssig; Genehmi-
gung erzeugt Bestandskraft erzeugt Tatbestandswirkung erzeugt Bestands-
schutz. Bestandsschutz soll nun Grund dafür sein, daß seine Ursache, die Geneh-
migung, nicht mehr widerrufbar ist??? Aber strenge Anforderungen an öfftl. Int.
mit letztgenannter Ansicht Bezüglich der Entschädigung gibt`s aber Probleme mit
dem Naßauskiesungsbeschluß!
Baugenehmigung ist „statischer“ Dauer-VA,
¾ d.h. für ihre Rechtmäßigkeit kommt es nur auf den Zeitpunkt der letzten Ver-
waltungsentscheidung (Genehmigungserteilung) an.
¾ Die Behörde muß (und darf) die Baugenehmigung daher nicht fortlaufend unter
RMK-Kontrolle halten;
¾ ein Widerruf ist grds. unzulässig!
Die Baugenehmigung ergeht unbeschadet der privaten Rechte Dritter (§ 75 III S. 1
BauO); der Eintritt der Bestandskraft präkludiert also zivilrechtliche Ansprüche etwa
des Nachbarn nicht!
Geltungsdauer: Erlöschen gem. § 77 I BauO, wenn nicht binnen 2 Jahren betätigt.
Die beschränkte Geltungsdauer folgt aus der deklaratorischen iVm. der konstitutiven
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Wirkung (Bestandsschutz durch Bestandskraft soll nicht ohne tatsächliche Eigentums-
nutzung zu weit in die Zukunft erstreckt werden!) und ist mit Art. 14 GG vereinbar.
Erlöschen der Baugenehmigung auch durch Rücknahme.
Die Rücknahmefrist des § 48 IV VwVfG ist
¾ nach BVerwG eine Entscheidungsfrist; sie beginnt erst, wenn der zuständige
Sachbearbeiter (bedenklich!) innerhalb der zuständigen Bauaufsichtsbehörde
sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen (RWI und er-
messensrelevante Tatsachen) vollständig positiv kennt. Danach ist § 48 VwVfG in
einem sehr weiten zeitlichen Rahmen anwendbar.
¾ nach hLit ist § 48 IV VwVfG eine bloße Bearbeitungsfrist, die bereits mit der
Kenntnis der Rechtswidrigkeit (und nicht auch aller ermessensrelevanten Tatsa-
chen) zu laufen beginnt.
Bauüberwachung
Die Baugenehmigung nimmt ein Bauwerk nicht von der Gefahrenabwehr bzgl.
konkreter Gefahren aus.
¾ Bei Vorliegen einer konkreten Gefahr (die bei der Genehmigung nicht vorausseh-
bar war, nicht vorausgesehen wurde, oder deren Hinnahme unzumutbar ist!) greift
die repressive Bauaufsicht gem. § 61 I S. 2 BauO (iVm. § 3 I S. 1 BauO) ein.
¾ Nicht ausreichend für ein Einschreiten ist eine abstrakte Gefahr, etwa beruhend
auf einer nachträglich geänderten Rechtslage!
¾ Von der repressiven Bauaufsicht im Wege der Bauordnungsverfügung ist die
Rücknahme der Baugenehmigung zu unterscheiden!
nicht bloß Änderung der Rechtslage (= normierte abstrakte Gefahr). M.a.W.: Bei
Änderung der Rechtslage ist für die konkrete Gefahr nicht auf den Verstoß gegen
die neue BauO-Norm abzustellen, da diese selbst nur eine abstrakte Gefahr nor-
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miert. Es muß die konkrete Gefahr für ein anderes Schutzgut der ÖSi hinzukom-
men!
OWi`s: § 84BauO.
Grundsatz der doppelten Illegalität: zwar auch formelles Baurecht ISB nach Art. 14
I S. 2 GG. Ein anspruchsbegründender Rückgriff auf Art. 14 GG könnte daher unzuläs-
sig (-> Naßauskiesungs-Beschluß). Danach würde formelle Illegalität ausreichen.
Dagegen aber: ohne auch materielle Illegalität VHMK und öffentliches Interesse
fraglich! Es ist fraglich, ob für fertige Bauten das formelle Baurecht noch ISB mit der
Rechtsfolge des Abrisses sein kann, denn es besteht bei nur formeller Illegalität ja nach
materiellem Recht ein Anspruch auf Genehmigung. => die präventiven Zwecke der
Genehmigung sind bei materieller Rechtmäßigkeit ja gegenstandslos!
Deswegen (allg. Auffassung) für Beseitigungsverfügung form. und mat. Rwi erf.!
Ermessen bei Bereinigung eines ganzen Gebietes (z.B. „wilde“ Wochenendhaussied-
lung): keine Willkür (Art. 3)! Zulässig „ Generalbereinigung“
- in zeitlich nahe aufeinanderfolgenden Schritten.
- nach sachgerechtem System.
- nach Musterprozeß gegen in einem herausgepickten typischen Einzelfall.
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Ermessensfehlerhaft im Einzelfall z.B. Abrißverfügung an einen Eigentümer, der in
naher Zukunft sterben wird.
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