FDB-Merkblatt NR 6 2015-09 PDF
FDB-Merkblatt NR 6 2015-09 PDF
Merkblatt Nr. 6
Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile (09/2015)
Inhalt
1 Vorbemerkungen ..................................................................................................................................... 1
2 Begriffe und Definitionen ........................................................................................................................ 2
3 Maßabweichungen ................................................................................................................................... 2
3.1 Allgemeines ........................................................................................................................................... 2
3.2 Technische Regelwerke ........................................................................................................................ 3
3.3 Herstellungstoleranzen .......................................................................................................................... 3
3.4 Montagetoleranzen ................................................................................................................................ 4
3.5 Toleranzen für Bauwerke....................................................................................................................... 4
3.6 Toleranzen von Einbauteilen und Verbindungsmitteln .......................................................................... 7
3.7 Statisch-konstruktive und sonstige materialabhängige Toleranzen ...................................................... 7
3.8 Toleranzen aus Messunsicherheiten ..................................................................................................... 8
4 Optische und ästhetische Anforderungen ............................................................................................ 8
5 Zeit- und lastabhängige Verformungen ................................................................................................. 9
6 Passungsberechnungen ......................................................................................................................... 9
7 Prüfungen ............................................................................................................................................... 10
7.1 Allgemeines ......................................................................................................................................... 10
7.2 Prüfungen im Werk .............................................................................................................................. 11
7.3 Prüfungen auf der Baustelle ................................................................................................................ 11
8 Normen und technische Regelwerke ................................................................................................... 12
9 Literatur .................................................................................................................................................. 13
Anhang A Zusammenstellung der Toleranzen von Bauteilen und Bauwerken................................. 14
Anhang B Beispiel: Fuge am Auflager eines Spannbetonbinders ..................................................... 27
Anhang C Beispiel: Fugenbreite von Fassadenplatten ....................................................................... 29
Anhang D Beispiel: Maßkontrollen ........................................................................................................ 35
1 Vorbemerkungen
Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Maßen sind im Bauwesen unvermeidbar. Um das pass- und funkti-
onsgerechte Zusammenfügen von Bauwerken und Bauteilen des Roh- und Ausbaus ohne Nacharbeiten zu
ermöglichen, ist die Einhaltung von Toleranzen erforderlich. Überlegungen zu Toleranzen sind insbesondere
für das Bauen mit Betonfertigteilen von großer Bedeutung.
Dieses Merkblatt gilt für die Planung, Herstellung und Ausführung von Bauwerken aus Betonfertigteilen.
Wesentliche Inhalte sind den einschlägigen Regelwerken entnommen und auf die speziellen Belange des
Betonfertigteilbaus angepasst.
1
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild 1 zeigt die wichtigsten Begriffe und Definitionen gemäß DIN 18202.
Bild 1: Maß- und Grenzabweichungen gemäß DIN 18202 a) Abweichungen von Längen- und Querschnitts-
abmessungen, b) Winkelabweichungen c) Ebenheitsabweichung, d) Fluchtabweichung
3 Maßabweichungen
3.1 Allgemeines
2
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Allgemeine Herstellungstoleranzen für Betonfertigteile sind in DIN 18203-1 angegeben. Weitere Herstel-
lungstoleranzen für spezielle Betonfertigteile enthalten die europäischen Produktnormen für Betonfertigteile.
ANMERKUNG DIN 18203-1 wurde aus formalen Gründen vom DIN aus dem aktiven Normenbestand genommen, da sie dem
Anwendungsbereich der europäischen Produktnormen entgegensteht. Die Toleranzwerte aus DIN 18203-1 entsprechen jedoch weiter-
hin dem Stand der Technik.
Toleranzen im Bauwerk nach DIN 18202 berücksichtigen Markierungs-, Vermessungs- und Montagetoleran-
zen sowie Toleranzen der anderen Gewerke. Im eingebauten Zustand sind für Betonfertigteile daher die
baustoffunabhängigen Anforderungen nach DIN 18202 maßgebend. Es müssen somit sowohl Bauteil-
toleranzen als auch Bauwerkstoleranzen eingehalten werden. Damit im Bauwerk keine Passungsprobleme
auftreten, sind Bauteiltoleranzen im Allgemeinen geringer als Bauwerkstoleranzen.
ANMERKUNG Die Anforderungen in DIN 18202 sind material- und bauartunabhängig. Es wird somit lediglich die Funktion des
Bauteils und nicht dessen Baustoff oder Herstellungsprozess betrachtet. Eine wesentliche Aufgabe von DIN 18202 ist somit die Sicher-
stellung der Passung des Gesamtbauwerks sowie die Regelung der Schnittstellen zwischen einzelnen Gewerken und Bauabschnitten.
Maßtoleranzen der genannten Normen sind auch dann einzuhalten, wenn die Toleranznormen nicht aus-
drücklich vereinbart wurden. So sind z. B. in DIN 1045-3, DIN 1045-4 und den Allgemeinen Technischen
Vertragsbedingungen (ATV DIN 18331 Betonarbeiten) der VOB/C Verweise auf die Toleranznormen und
damit auf die einzuhaltenden Maßabweichungen enthalten, so dass diese somit auch indirekt Anwendung
finden (siehe hierzu auch [1] und [2]).
Die in Normen angegebenen Toleranzen stellen die erreichbare Genauigkeit dar
für Standardleistungen,
für Bauteile und Bauwerke im Hochbau mit herkömmlicher Ausführung und üblichen Abmessungen,
im Rahmen üblicher Sorgfalt.
Toleranznormen decken somit einen durchschnittlichen Erfahrungsbereich ab. Wird dieser Erfahrungs-
bereich verlassen oder werden für Bauteile oder Bauwerke höhere Genauigkeiten verlangt, so dass der
Rahmen üblicher Sorgfalt überschritten wird, sind zulässige Maßabweichungen und die hierfür erforderlichen
Messmethoden gesondert zu beauftragen und ausdrücklich in der Leistungsbeschreibung anzugeben.
Grundsätzlich ist bei der Festlegung abweichender Toleranzen zwischen dem technisch Machbaren, den
Funktionsanforderungen, dem zusätzlichen Aufwand und den damit verbundenen zusätzlichen Kosten sinn-
voll abzuwägen (siehe [2] und [3]).
3.3 Herstellungstoleranzen
Maßabweichungen bei der Herstellung von Betonbauteilen werden von folgenden Aspekten beeinflusst:
Herstellung der Schalung: Messungenauigkeiten in Abhängigkeit der gewählten Messgeräte und
Messverfahren, Arbeits- bzw. Montageungenauigkeiten bei der Bearbeitung und beim Zusammen-
bau der Schalungsteile.
Beanspruchung und Verschleiß der Schalung: Lockerung und Verschiebung innerhalb des Scha-
lungsaufbaus, Abnutzung und Verschleiß der Schalung und ihrer Bestandteile, Verformungen der
Schalung während des Herstellungsprozesses.
Fertigung: Reinigen und Vorbereiten der Schalung, Einbringen und Verdichten des Betons, Nachbe-
handlung, Ausschalzeitpunkt, Transport und Lagerung.
Zulässige Grenzabweichungen für Stahlbeton- oder Spannbetonfertigteile wie Decken- und Dachplatten,
Stützen, Wandtafeln, Binder, Pfetten, Unterzüge oder sonstige Balken enthalten die Tabellen im Anhang
A.1.
Die Grenzabweichungen werden bei der Herstellung im Fertigteilwerk in der Regel eingehalten.
Die Ebenheit von Betonfertigteilen wird im Allgemeinen nach DIN 18202 beurteilt (Anhang A.2, Tabelle A.3).
Ausnahmen existieren für Wandplatten, Treppen und Deckenplatten mit Ortbetonergänzung.
3
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
3.4 Montagetoleranzen
Die Montage wird von der Montageart und dem Hebezeug, der Zugänglichkeit der Montagestelle, Umwelt-
einflüssen (Wind), den Korrektur- und Nachjustiermöglichkeiten sowie den angewandten Messverfahren und
den damit verbundenen Messunsicherheiten beeinflusst. Darüber hinaus spielt die Erfahrung und die Quali-
fikation des Montagepersonals eine entscheidende Rolle.
Montage- oder Versetztoleranzen sind Erfahrungswerte. Regelwerke mit einheitlichen Richtwerten sind nicht
vorhanden. Im Allgemeinen wird eine kontrollierte Montage vorgenommen, bei der nach Zielmarken versetzt
und das Justieren mit Mess- und Hilfswerkzeugen durchgeführt wird. Da die Genauigkeiten in diesen Fällen
wesentlich höher sind als die üblichen Genauigkeiten auf der Baustelle, ist das Fehlen einheitlicher Werte
auch für Passungsüberlegungen oder das Aufstellen von Passungsberechnungen von untergeordneter Be-
deutung (siehe auch [2]).
3.5.1 Allgemeines
Toleranzen auf der Baustelle entstehen z. B. beim Einmessen und Abstecken von Achsmaßen durch Mess-
ungenauigkeiten in Abhängigkeit der Messpunktentfernung, der Messgeräte und des Messverfahrens sowie
durch Ablesefehler. Darüber hinaus spielen örtliche Gegebenheiten, z. B. die Zugänglichkeit der Messstelle
sowie Umwelteinflüsse (Wind oder schlechte Sicht) eine Rolle. Vermessungs- oder Markierungstoleranzen
treten beim Bauen mit Betonfertigteilen immer dann auf, wenn z. B. Fertigteile in ein Achsraster eingepasst
oder in bereits errichteten Bauteilabschnitten montiert werden.
Betonfertigteile fallen mit dem Einfügen in das Bauwerk in den Anwendungsbereich der material- und bauart-
unabhängigen DIN 18202. Nach dem Boxprinzip müssen einzelne Bauteile höhere Anforderungen erfüllen
als das fertiggestellte Bauwerk.
Folgende Grenzabweichungen für Bauwerke sind in DIN 18202 angegeben:
Grenzabweichungen für Maße;
Grenzwerte für Winkelabweichungen;
Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen;
Grenzwerte für Abweichungen von der Flucht.
Die Tabellen im Anhang A.2 enthalten eine Zusammenstellung der genannten Grenzabweichungen.
Es müssen sowohl Grenzabweichungen für Längen- oder Querschnittsmaße als auch Grenzwerte für Win-
kelabweichungen eingehalten werden. Es gilt das jeweils strengere Kriterium. Grenzabweichungen nach
Tabelle A.1, Tabelle A.2 und Tabelle A.4 können üblicherweise bei Nennmaßen bis etwa 60 m angewendet
werden. Bei größeren Abmessungen sind besondere Überlegungen erforderlich oder sinnvolle objektbezo-
gene Festlegungen zu treffen. Für die Prüfung von Abweichungen auf der Baustelle sind die Anmerkungen
in Abschnitt 7.3 zu beachten.
ANMERKUNGEN Das Messen und Ablesen von Höhenmaßen ist mit größeren Fehlern behaftet als das Messen einer Strecke im
Grundriss. Grenzabweichungen im Grundriss sind daher generell geringer als Grenzabweichungen im Aufriss.
Grenzabweichungen für die Maße zwischen zwei Bauteilen (lichte Maße) werden von der Vermessung, Herstellung und Montage beider
Bauteile beeinflusst und sind daher größer als die Grenzabweichungen von Maßen für Öffnungen in einem Bauteil, die lediglich von der
Herstellung dieses Bauteils abhängen.
Bei Fluchtabweichungen werden lediglich Zwischenstützen betrachtet. Die Lage der gesamten Stützenreihe im Achsraster wird z. B.
über Grenzabweichungen im Grundriss beurteilt.
Ebenheitsabweichungen an Bauteilen werden grundsätzlich getrennt von Grenz- oder Winkelabweichungen
betrachtet. Die „erhöhten Anforderungen“ an die Ebenheit von Flächen nach Tabelle A.3, Zeilen 5 und 8 sind
gesondert zu vereinbaren, da in diesen Fällen besondere Geräte bzw. Technologien zum Einsatz kommen.
Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen nichtflächenfertiger Oberflächen sind unabhängig von denen flächen-
fertiger Oberflächen einzuhalten und dürfen somit nicht addiert werden.
Höhenversätze (siehe Abschnitt 3.5.2) oder singuläre Fehlstellen der Oberflächen von Betonfertigteilen wie
z. B. Lunker, Blasen oder Furchen sind nicht durch Toleranznormen abgedeckt und somit sind zulässige
Abweichungen gesondert zu vereinbaren.
4
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Die Angaben in Toleranznormen an die Ebenheit von flächenartigen Bauteilen wie Decken- und Wandplatten
beziehen sich auf einzelne Bauteile (Bild 2). Höhenversätze bzw. Versprünge an den Rändern dieser Flä-
che, also zwischen benachbarten Betonfertigteilen werden vom Anwendungsbereich der DIN 18202 nicht
erfasst. Sie sind aus baupraktischen Gründen unvermeidbar, da sie sich einerseits aus Herstellungs- und
Montageabweichungen, andererseits aus Vermessungs- und Markierungsabweichungen sowie unter Um-
ständen aus den Abweichungen der Vorgängergewerke ergeben. Allgemein verbindliche Festlegungen für
Höhenversätze und Versprünge können daher nicht getroffen werden.
Grenzwerte von Höhenversätzen und Versprüngen sowie die jeweils erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen
sind daher gesondert festzulegen und zu vereinbaren. Dies gilt insbesondere dann, wenn aus Gründen der
Verkehrssicherheit oder Gebrauchstauglichkeit schärfere Toleranzen, z. B. an die Passung von Deckenplat-
ten („Stolperkanten“) oder besondere optische Ansprüche erfüllt werden sollen.
Geringe Versprünge zwischen benachbarten Bauteilen können im Zuge der Montage ausgeglichen werden.
Weitergehende Maßnahmen können z. B. sein:
Ausziehen der Spachtelung,
Aufspachteln von Teilflächen,
Ausgleich durch Putzschichten.
Hinweise hierzu enthält [2].
Es ist ebenfalls festzulegen, ob die Höhengleichheit von Bauteilen an der Ober- oder Unterseite bzw. an der
Außen- oder Innenseite erzielt werden soll. Eine bündige Montage auf einer Seite der Decken- oder Wand-
platten bedeutet, dass der Toleranzausgleich ausschließlich auf der jeweils anderen Seite erfolgen muss.
Bei Wandplatten empfiehlt sich eine bündige Montage an der Innenseite, wenn ein Ausgleich der Toleranzen
und ein entsprechender Versatz an der Außenseite aufgrund des größeren Betrachtungsabstands und der
häufig strukturierten oder behandelten Oberfläche optisch als weniger störend empfunden wird.
ANMERKUNG Die Ebenheit einer Fläche, die aus mehreren Decken- oder Wandplatten zusammengesetzt ist, kann mit Hilfe der
Toleranznormen bewertet werden, wenn nicht die Höhenversätze oder Versprünge selbst, sondern die gesamte Fläche betrachtet wird.
Bei einer ausreichenden Anzahl an Messpunkten ergibt sich ein näherungsweise kontinuierlicher Verlauf innerhalb dieser Fläche, so
dass eine hinreichend genaue Betrachtung der Ebenheitsabweichung auch über benachbarte Betonfertigteile hinweg möglich ist. Die
Höhenversätze selbst bzw. die Versprünge werden allerdings auch bei dieser Art der Betrachtung außer Acht gelassen. Weitere Hin-
weise hierzu enthält [2].
Bei vorgespannten Bauteilen treten neben den in Abschnitt 3.5.2 genannten Aspekten zusätzliche Verfor-
mungen in Abhängigkeit von Vorspannkraft und Vorspanngrad auf, die im Zuge der statischen Berechnung
erfasst werden (siehe auch Abschnitt 5). Dabei spielen folgende Aspekte eine Rolle:
Materialkennwerte wie Festigkeit oder Elastizitätsmodul,
Witterungsbedingungen wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit,
Ausschalfristen,
Lagerungsbedingungen.
5
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
ANMERKUNG Die rechnerische Erfassung von Verformungen ist ebenfalls mit Abweichungen verbunden, da die rechnerischen
Eingangswerte von den tatsächlichen Bedingungen abweichen. So hängt der für Verformungsberechnungen benötigte Elastizitätsmodul
des Betons von den Elastizitätsmoduln seiner Bestandteile, insbesondere der Gesteinskörnung ab. Die Angaben zum Elastizitätsmodul
des Betons nach DIN EN 1992-1-1, 3.1.3 stellen Richtwerte für Betonsorten mit quarzithaltigen Gesteinskörnungen dar. Bei Gesteins-
körnungen aus Kalkstein oder Sandstein liegen die Werte um 10 % bzw. 30 % niedriger, bei Basaltgesteinskörnungen um 20 % höher.
Bild 3: Anpassung der Konstruktion durch hochgezogenes Auflager bei vorgespannten Bauteilen
3.5.4 Fugen
Grundsätzlich hängt die Fugenbreite zwischen Betonfertigteilen von folgenden Einflussfaktoren ab:
Längenänderungen der Bauteile, z. B. aus Temperaturschwankungen oder Schwinden,
Verformbarkeit der Fugendichtung,
Maßabweichungen aus Herstellung und Montage,
Vermessungs- und Ausführungsungenauigkeiten auf der Baustelle.
Lediglich die beiden erstgenannten Einflussfaktoren können vorab rechnerisch hinreichend exakt ermittelt
werden (siehe Abschnitt 3.5.3). Maß- und Ausführungsungenauigkeiten hingegen sind rein zufällige Größen,
die sich erst im Laufe des Herstellungs- und Montageprozesses ergeben und daher weder vom Vorzeichen
noch zahlenmäßig vorhergesagt werden können. Die Toleranzwerte der Normen geben Höchstwerte an, die
sich zwar im Zuge der Herstellung maximal ergeben können, aber nicht zwangsläufig müssen.
Die Aufgabe einer Fuge besteht darin, sowohl zufällige Maßabweichungen als auch Längenänderungen
auszugleichen. Ein einheitliches Fugenbild und somit gleiche Fugenbreiten in allen Feldern widersprechen
diesem Gedanken. Die Fuge dient in diesen Fällen nicht mehr dem Ausgleich von Verformungen und Tole-
ranzen, sondern ausschließlich dazu, optische Ansprüche zu erfüllen („gleichmäßiges Fugenbild“). Da aber
auch in diesen Fällen weiterhin Maßabweichungen auftreten und ausgeglichen werden müssen, sind beson-
dere Überlegungen anzustellen und Maßnahmen zu vereinbaren, die das übliche Maß der handwerklichen
Sorgfalt eines qualifizierten Montageunternehmens übersteigen können.
Materialabhängige Anforderungen an elastische Fugendichtstoffe sind in DIN EN 15651-1 / DIN 18540 geregelt
(siehe Beispiele in Anhang C).
6
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
ANMERKUNG Grenzwerte für die zulässige Dehnung des Fugendichtstoffes sind in DIN EN 15651-1 / DIN 18540 mit 25 % zuläs-
siger Gesamtverformung angegeben, d. h. dass die Breite der Fuge um 25 % gedehnt oder gestaucht werden darf. Da insbesondere
Fassadenplatten erheblichen Temperaturschwankungen unterworfen sind, schwankt die Fugenbreite mindestens um diese temperatur-
bedingten Längenänderungen. Die Funktionsfähigkeit und Dauerhaftigkeit des Fugendichtstoffes sind nur dann sichergestellt, wenn die
Fugenbreite so groß dimensioniert wird, dass die zulässige Gesamtverformung von 25 % nicht überschritten wird. Bei zu geringen
Fugenbreiten besteht die Gefahr, dass die Fuge aufreißt oder zu stark gestaucht wird (siehe auch IVD-Merkblatt Nr. 27).
Der Teilsicherheitsbeiwert für Beton c nach DIN EN 1992-1-1 deckt Toleranzen hinsichtlich des angewand-
ten Rechenmodells und der Rechenannahmen ebenso ab wie Streuungen der Materialkennwerte wie z. B.
der Betondruckfestigkeit.
ANMERKUNG Der Teilsicherheitsbeiwert von Beton beträgt c = 1,50 nach DIN EN 1992-1-1, 2.4.2.4. Bei Fertigteilen besteht nach
DIN EN 1992-1-1, A.2.3 (1) die Möglichkeit der Reduzierung des Teilsicherheitsbeiwerts auf c = 1,35, wenn eine Überprüfung der
Betondruckfestigkeit an jedem fertigen Bauteil durchgeführt wird und somit die Streuungen der Betondruckfestigkeit eliminiert werden.
Abweichungen der vorhandenen Betondeckung c von den in den Ausführungsplänen festgelegten Werten
(Nennmaß der Betondeckung cnom bzw. Verlegemaß der Betondeckung cv) werden als Vorhaltemaß cdev
bezeichnet. Bei der Festlegung dieser Abweichungen spielt neben statisch-konstruktiven Aspekten in erster
Linie die Dauerhaftigkeit eine Rolle.
ANMERKUNG Werte für das Vorhaltemaß cdev finden sich in DIN EN 1992-1-1, 4.4.1.3. Es bestehen Möglichkeiten zur Reduzie-
rung von cdev bei Einhaltung entsprechender Qualitätskontrollen (DIN EN 1992-1-1, Abschnitte 4.4.1.3 (3) und NA.10.4). Eine Verringe-
rung von cdev unter 5 mm ist nicht zulässig. Das Vorhaltemaß muss auf den Fertigteil-Elementzeichnungen angegeben werden.
7
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Falls für Bauteile statisch erforderliche Mindestnennmaße definiert sind, ist die Einhaltung dieser Mindest-
nennmaße mit ausreichender Zuverlässigkeit sicherzustellen. Angaben zu Mindestnennmaßen sind z. B. in
DIN EN 1992-1-1 enthalten. Insbesondere Längen und Breiten von Auflagerbereichen (z. B. Konsolen) sind
unter Berücksichtigung entsprechender Toleranzwerte sorgfältig festzulegen.
Ausführungstoleranzen, die die üblichen Toleranzwerte der Normen unterschreiten sollen, sind in den Aus-
führungsplänen gesondert anzugeben. Bestimmte Konstruktionen benötigen bei der Ausführung ausrei-
chend Arbeitsraum, der bei den Passungsberechnungen zu berücksichtigen ist (z. B. für Vergusskammern
oder Lager).
Besondere geometrische und strukturelle Ungleichmäßigkeiten der Baustoffeigenschaften oder Spannungs-
umlagerungen infolge Kriechen und Schwinden, die bei speziellen Bauteilen wie z. B. Druckgliedern einen
wesentlichen Einfluss auf die Tragfähigkeit haben, werden im Zuge der statischen Berechnung über Ersatz-
imperfektionen nach DIN EN 1992-1-1 berücksichtigt.
Toleranzwerte, deren Überschreitung Auswirkungen auf Tragfähigkeit oder Gebrauchstauglichkeit haben, sind
z. B. in DIN EN 13670 / DIN 1045-3 für fertiggestellte Tragwerke angegeben. Bauwerkstoleranzen nach DIN
18202 liegen unterhalb der Werte in DIN EN 13670 / DIN 1045-3. Bauteiltoleranzen nach DIN 18203-1 liegen
wiederum auf einem geringeren Niveau als Bauwerkstoleranzen nach DIN 18202.
Bei Einhaltung der in DIN 18202 bzw. DIN 18203-1 genannten Toleranzen (siehe Anhang A) kann daher
davon ausgegangen werden, dass keine Auswirkungen auf Tragfähigkeit oder Gebrauchstauglichkeit auftre-
ten.
Toleranznormen sind nicht für ästhetische Anforderungen oder für die Beurteilung des optischen Erschei-
nungsbildes eines Bauteils oder Bauwerks erarbeitet worden, sondern für das pass- und funktionsgerechte
Zusammenfügen von Bauteilen. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass die technischen Anforde-
rungen an die Funktion von Bauteilen oder Bauprodukten, z. B. die Abdichtung einer Außenwandfuge, erfüllt
werden können.
8
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Der Zweck von Toleranznormen ist somit die Erfüllung der Maßhaltigkeit von Bauteilen oder Bauwerken für
die im üblichen Hochbau auftretenden Regelfälle. Dies alleine stellt jedoch nicht automatisch sicher, dass
auch optische und ästhetische Ansprüche erfüllt werden. Falls Bauaufgaben von Regelfällen abweichen,
weil z. B. besondere optische Belange erfüllt werden sollen, liefern die Angaben der Toleranznormen unter
Umständen keine zufriedenstellenden Ergebnisse.
Grenzwerte und geeignete Ausgleichsmaßnahmen zur Erzielung optischer und ästhetischer Anforderungen
sind im Einzelfall zu vereinbaren. Dies gilt auch, falls Toleranznormen als Beurteilungsmaßstab für ästheti-
sche Anforderungen dienen sollen. Hierfür ist eine rechtzeitige Abstimmung zwischen allen Beteiligten erfor-
derlich.
Ansprüche an die Ästhetik dürfen jedoch keinesfalls die Grenzen der herstellungstechnischen und bauprak-
tischen Möglichkeiten außer Acht lassen.
Zeit- und lastabhängige Verformungen von Stahlbeton- oder Spannbetonfertigteilen sind z. B.:
Längenänderungen durch gleichmäßige Temperaturänderungen,
Lastabhängige Verformungen,
Verformungen infolge Schwinden und Kriechen.
Die genannten zeit- und lastabhängigen Verformungen sind ähnlich wie Herstellungs- oder Montagetoleran-
zen unvermeidbar, werden aber nicht durch Toleranznormen abgedeckt, sondern können objektbezogen im
Zuge der statischen Bemessung rechnerisch ermittelt werden. Eine rechnerische Ermittlung kann jedoch nur
so genau sein wie die Genauigkeit der Eingangswerte (siehe Abschnitt 3.5.3).
Bei einigen Verformungen ändern sich Wert und Vorzeichen im Laufe der Nutzungsdauer (z. B. durch
Temperaturänderungen), während andere Verformungen (z. B. durch Kriechen und Schwinden) im Allge-
meinen irreversibel sind.
Folgende zeit- und lastabhängige Verformungen sind nicht berechenbar:
Verwölbungen infolge ungleichmäßiger Temperaturänderungen,
Schwindverformungen infolge ungleichmäßigen Schwindens.
6 Passungsberechnungen
Das Bauen ist trotz moderner Fertigungstechniken weiterhin ein mit viel Handarbeit verbundener Prozess,
an dessen Ende alle Bauteile und Bauwerke Unikate darstellen. Die Realisierung einer pass- und funktions-
gerechten Konstruktion hängt in allen Gewerken von einer Vielzahl von Arbeitsschritten ab, die jeweils mit
unvermeidbaren Ungenauigkeiten verbunden sind (siehe Abschnitt 3).
In Toleranznormen sind Grenzabweichungen für Einzelbauteile festgelegt, mit deren Einhaltung die erfor-
derliche Passung mehrerer Bauteile nicht automatisch sichergestellt wird. Um trotz aller Ungenauigkeiten
das Zusammenfügen von Bauteilen zu gewährleisten, sind daher bereits zu Beginn der Planungsphase
Passungsüberlegungen bzw. -berechnungen durchzuführen.
Im Zuge dieser Passungsüberlegungen muss geklärt werden, ob die Anwendung der einschlägigen Tole-
ranznormen sinnvoll ist oder ob aus Passungs- oder optischen Gründen weitergehende bzw. höhere Genau-
igkeiten vereinbart werden müssen. Abstimmungsgespräche über Toleranzen und Schnittstellen zwischen
den einzelnen Beteiligten und Gewerken sind daher in allen Fällen durchzuführen.
Zeit- und lastabhängige Verformungen, z. B. aus Temperaturänderungen, oder funktionsbezogene Anforde-
rungen, z. B. Grenzwerte für die zulässige Dehnung einer Fugendichtung, sind bei Passungsberechnungen
zu berücksichtigen, wenn sie für das funktionsgerechte Zusammenfügen von Bauteilen wichtig sind (siehe
Beispiele in Anhang C).
9
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
mit
comb Gesamtkonstruktionstoleranz,
max maximale Toleranz in der gesamten Prozesskette,
i jede sonstige Toleranz in der Prozesskette.
Beispiele für Passungsberechnungen enthalten die Anhänge B und C.
7 Prüfungen
7.1 Allgemeines
10
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Prüfungen der Maße der fertiggestellten Bauteile werden im Zuge der werkseigenen Produktionskontrolle im
Fertigteilwerk durchgeführt. Die Häufigkeit der Prüfungen ergibt sich aus dem Handbuch der werkseigenen
Produktionskontrolle [4]. Referenzpläne für die Prüfungen enthält z. B. DIN EN 13369, Anhang D oder DIN
1045-4, Anhang A. Zum System der werkseigenen Produktionskontrolle gehören darüber hinaus eine Doku-
mentation und Verfügbarkeit der Prüfergebnisse sowie Angaben von Maßnahmen bei Feststellung einer
Nichtkonformität.
Die in den Toleranznormen angegebenen Werte gelten für die Endprodukte. Die zulässigen Grenzabwei-
chungen in den einzelnen Herstellungsphasen
Schalungsbau,
Bewehren und
Betonieren
müssen auf die zulässigen Grenzabweichungen der Endprodukte abgestimmt werden. So ist der fertige Be-
wehrungskorb auf die korrekten Maße zu überprüfen und evtl. zu korrigieren, so dass die zulässigen Maß-
abweichungen eingehalten werden. Eine Korrektur der Bewehrungskorblänge ist möglich, wenn beispiels-
weise die Bewehrung mit Übergreifungsstößen (statt mit Passeisen) ausgeführt wird. Hinweise zu Maßab-
weichungen inkl. Passlängen enthält das DBV-Merkblatt „Betondeckung und Bewehrung nach EC 2“. Auch
vor dem Betonieren sind die Maße der Formen zu überprüfen und evtl. zu korrigieren.
Unmittelbar nach dem Betonieren setzen zeit- und mit dem Ausschalen auch lastabhängige Verformungs-
prozesse ein wie z. B. Schwind-, Kriech- und Temperaturdehnungen, die nicht im Zusammenhang mit den
Maßabweichungen des eigentlichen Herstellungsprozesses stehen. Form und Abmessungen von Betonbau-
teilen ändern sich somit bereits während des Fertigungsprozesses.
Der Fertigstellungszeitpunkt, zu dem der Herstellungsvorgang als abgeschlossen betrachtet werden darf und
somit die Kontrollfähigkeit des Bauteils zur Bewertung der Herstellungstoleranzen erreicht ist, sollte daher so
früh wie möglich definiert sein. Dieser Zeitpunkt ist frühestens nach dem Ausschalen erreicht, wenn die
Festigkeit der Bauteile so hoch ist, dass alle Maße zweifelsfrei feststellbar sind [2].
Anhang D enthält ein Beispiel für eine Maßkontrolle im Zuge der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK).
Nach der Montage und mit dem Einfügen in das Bauwerk fallen Betonfertigteile ausschließlich in den An-
wendungsbereich der DIN 18202.
Im Gegensatz zu den ständigen Prüfungen im Zuge der werkseigenen Produktionskontrolle sind auf der Bau-
stelle keine ständigen Kontrollen durchzuführen. Prüfungen der Toleranzen auf der Grundlage von DIN 18202
sollen nicht um ihrer selbst willen durchgeführt werden, sondern nur dann, wenn es einen konkreten Anlass,
z. B. Passungsprobleme oder Beeinträchtigungen der Funktion eines Bauteils, gibt.
Solange Passung und Funktion eines Bauteils sichergestellt sind, besteht aus technischer Sicht selbst dann
kein Anlass für die Prüfung von Toleranzen oder für eine Beanstandung, wenn die Toleranzwerte der Nor-
men überschritten sind [2].
Vorbeugende Kontrollen können erforderlich sein, um nachfolgende Passungsprobleme oder Funktionsein-
schränkungen zu vermeiden. Bei der Ausführung und bei der Prüfung ist von einem gleichen Messbezug
(Achsbezug, Grenzbezug) auszugehen, um bezugsbedingte Messdifferenzen zu vermeiden.
Ähnlich wie bei den Prüfungen der Bauteile sollten Prüfungen von Toleranzen auf der Baustelle wegen zeit-
und lastabhängiger Verformungen so früh wie möglich durchgeführt werden, spätestens jedoch bei der
Übernahme des Bauwerksabschnitts durch die Folgegewerke oder unmittelbar nach Fertigstellung des Bau-
werks oder Bauwerkabschnitts.
Falls Prüfungen zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden, nachdem ein Teil der zeit- und lastab-
hängigen Verformungen bereits eingetreten ist, müssen die Prüfergebnisse in die entsprechenden Anteile
(zeit- und lastabhängig, herstellungs- und ausführungstechnisch) aufgeteilt werden. Lediglich die Anteile aus
herstellungs- und ausführungstechnischen Abweichungen sind dann bei der Prüfung zu berücksichtigen.
11
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Messergebnisse werden durch Umwelteinflüsse (Wind etc.) teilweise stark beeinflusst. Zeitpunkt der Prü-
fung, Prüfumfang und Auswahl geeigneter Messverfahren und Messgeräte sind im Einzelfall festzulegen und
bleiben in der Regel dem Prüfer überlassen. Das angewandte Messverfahren und die damit verbundene
Messunsicherheit sind anzugeben und bei der Beurteilung zu berücksichtigen.
Ausführliche Hinweise zu Prüfungen sowie Messverfahren und Messunsicherheiten enthält [2].
12
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
9 Literatur
[1] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 600: Erläuterungen zu DIN EN 1992-1-1 und DIN EN 1992-1-
1/NA (Eurocode 2), Berlin: Beuth-Verlag, 2012.
[2] R. Ertl, Toleranzen im Hochbau, 3. Auflage Hrsg., Rudolf Müller Verlag, 2013.
[5] Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau e.V., Spannbetonbinder nach Eurocode 2, 2. Auflage 2015.
13
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.1: Grenzabweichungen für Stützen nach DIN 18203-1 und DIN EN 13225
14
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.2: Grenzabweichungen für Balken nach DIN 18203-1 und DIN EN 13225
15
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.3: Grenzabweichungen für TT-Platten nach DIN 18203-1 und DIN EN 13224
16
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.4: Grenzabweichungen für Wände nach DIN 18203-1 und DIN EN 14992
17
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.5: Grenzabweichungen für Treppen nach DIN 18203-1, DIN EN 14843 und DIN 18065
18
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.6: Grenzabweichungen für Brücken nach DIN 18203-1 und DIN EN 15050
19
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.7: Grenzabweichungen für Massivdecken nach DIN 18203-1 und DIN 1045-4
20
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.8: Grenzabweichungen für Deckenplatten mit Ortbetonergänzung nach DIN 18203-1 und DIN EN 13747
21
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Bild A.9: Grenzabweichungen für Spannbetonhohlplatten nach DIN EN 1168 und allgemeiner bauaufsichtli-
cher Zulassung
22
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
23
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
24
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Toleranzen für Bauwerke sind in Tabelle A.1 bis Tabelle A.4 angegeben.
Tabelle A.1: Grenzabweichungen für Maße (gemäß DIN 18202, Tabelle 1)
Tabelle A.3: Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen (gemäß DIN 18202, Tabelle 3); Zwischenwerte
sind linear zu interpolieren und auf ganze Millimeter zu runden
Tabelle A.4: Grenzwerte für Fluchtabweichungen bei Stützen (gemäß DIN 18202, Tabelle 4)
25
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Es ist zu unterscheiden zwischen den Grenzabweichungen der Lage der Einbauteile im Betonfertigteil
(Tabelle A.5) und der Lage der Einbauteile im Bauwerk (Tabelle A.6).
Tabelle A.5: Grenzabweichungen der Lage der Einbauteile und Verbindungsmittel im Fertigteil (ge-
mäß DIN 18203-1, Tabelle 1)
Tabelle A.6: Grenzabweichungen der Lage der Einbauteile und Verbindungsmittel im Bauwerk (ge-
mäß DIN 18202, Tabelle 1)
ANMERKUNG Bei oberflächenbündigen Einbauteilen, z. B. Kantenschutzwinkel oder Ankerschienen können geringe Absätze bzw.
Höhenversätze zur Betonoberfläche auftreten.
26
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
B.1 Allgemeines
Gesucht wird die erforderliche Fugenbreite am Auflager zwischen Spannbetonbinder und Stütze und die
Länge des Binders.
Der Binder wird in einer Stützengabel aufgelagert (Bild B.1). Die Tiefe des Auflagers beträgt a = 300 mm
(Berechnung siehe [5]). Längenänderungen durch Temperaturänderungen werden nicht berücksichtigt, da
es sich bei dem Binder um ein Innenbauteil handelt.
Die Montage des Binders erfolgt in Mittellage zwischen den Stützen, d. h. er soll so versetzt werden,
dass die Fugenbreiten links und rechts gleich groß sind:
1
∆𝑏𝑓,𝑙𝑖𝑛𝑘𝑠 = ∆𝑏𝑓,𝑟𝑒𝑐ℎ𝑡𝑠 = [𝛿𝑚𝑎𝑥 + √∑(𝛿𝑖 )²]
2
27
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
bf = bf,minbf = 15 + 20 = 35 mm
Länge des Binders (siehe Bild B.1): lB = 30,00 - 2bc1 - 2bf= 30,00 - 2 · 0,16 - 2 · 0,035 = 29,90 m
B.4 Fugenbild
Als Nennmaß sowie maximale und minimale Fugenbreite ergibt sich folgendes Fugenbild (Bild B.2):
B.5 Alternativen
28
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
C.1.1 Allgemeines
Für eine Fassade aus Betonfertigteilen sollen die Fugenbreiten bf und die Längen der Fassadenplatten lE
ermittelt werden. Die einzelnen Betonfertigteile haben jeweils gleiche Abmessungen. Bezugspunkte sind die
linke und rechte Außenkante der Nachbarbebauung.
Der Abstand von der linken bis zur rechten Gebäudeaußenkante ist vor Ort mit Distanzlasergeräten ausge-
messen worden: L = 45,00 m; Achsmaß: lx = 7,50 m
Bild C.1 zeigt die Ansicht.
29
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Für die Festlegung der Maße werden folgende Annahmen zugrunde gelegt (siehe DIN 18540):
Maximale Differenz der Bauteiltemperatur: T = 80 K;
Thermischer Ausdehnungskoeffizient für Beton: T = 1,1 · 10 1/K;
-5
C.1.3 Ermittlung des Nennmaßes der Fugenbreite mit Hilfe einer Berechnung
C.1.3.1 Mindestfugenbreite
C.1.3.2 Gesamttoleranz
30
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Toleranzen aus der Fertigteilherstellung der Fassadenplatten im Werk (nach Anhang A, Bild A.4)
1 = ± 10 mm (= 20 mm) bei einem Nennmaß von > 6,0 m und ≤ 10,00 m
Toleranzen aus der Fertigteilmontage auf der Baustelle
Montagetoleranzen werden vernachlässigt, da diese sehr gering und somit für Passungsberechnungen
von untergeordneter Bedeutung sind (siehe Abschnitt 3.4).
Toleranzen aus der Messunsicherheit (nach Abschnitt 3.8, Tabelle 1)
Messunsicherheiten werden nicht angesetzt, da angenommen wird, dass im Werk und auf der Baustelle
mit Distanzlasergeräten gemessen wird und die Messunsicherheit mit 1,5 mm vernachlässigt werden
kann.
Toleranzen aus den Maßabweichungen auf der Baustelle
Da eine Ausrichtung auf die Bezugspunkte „Gebäudeaußenkante“ erfolgt und diese auf der Baustelle
ausgemessen wurden, müssen Toleranzen des Bauwerks nicht berücksichtigt werden.
Maximale Toleranz
Die maximale Toleranz max in der Toleranzkette ist max = 1 = 20 mm.
Die Gesamttoleranz b ergibt sich bei 6 Fertigteilen zu:
𝛿𝑏 = [6 ∙ 20] = 120 mm
Bei insgesamt 7 Fugen ergibt sich pro Fuge:
bF = 120 / 7 = 17 mm ≈ 20 mm (± 10 mm)
Die vorhandene Fugenbreite kann demnach das Nennmaß der Fugenbreite um maximal 10 mm über-
oder unterschreiten.
Nennmaß mit Fugendichtstoff
Das Nennmaß der Fugenbreite ergibt sich aus der Summe aus Mindestmaß und Toleranzen:
bF = bF,min + bf = 17 + 10 = 27 mm ≈ 30 mm
Das berechnete Nennmaß ist 5 mm geringer als das Nennmaß nach C.1.2.
Nennmaß der Länge der Fassadenplatten:
lE = (L - n ·bF) / nE
mit nF Anzahl der Fugen zwischen den Bestandsgebäuden, nF = 7
mit nE Anzahl der Fassadenplatten, nE = 6
lE = (450000 – 7 · 30) / 6 = 7465 mm
Nennmaß mit Fugendichtungsband
Das Nennmaß der Fugenbreite ergibt sich zu:
bF = bF,min + bf = 12 + 10 = 22 mm ≈ 25 mm
Nennmaß der Länge der Fassadenplatten:
lE = (450000 – 7 · 25) / 6 = 7470 mm
C.1.3.4 Fugenbild
Als Nennmaß sowie maximale und minimale Breite einer Fuge mit Fugendichtungsband ergibt sich somit
folgendes Fugenbild (Bild C.2):
31
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
C.2.1 Toleranzen
C.2.2 Zusammenfassung
Die Wahl der Klasse A nach DIN EN 14992, Tabelle 2 und der Ansatz geringerer Herstellungstoleranzen
haben in diesem Fall einen nur geringen Einfluss auf die Fugenbreite (25 statt 30 mm bzw. 20 statt 25 mm).
In DIN EN 14992 wird darauf hingewiesen, dass die geringeren Herstellungstoleranzen nach Klasse A aus-
drücklich festgelegt werden müssen. Da durch geringere Herstellungstoleranzen höhere Kosten entstehen,
ist eine solche Festlegung im Vorfeld sorgfältig zu überlegen.
32
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
C.3 Alternative mit anderen Bezugspunkten als in Abschnitt C.1 und C.2
C.3.1 Allgemeines
Die Fassadenelemente werden auf Stützenkonsolen aufgelagert. Bezugspunkte sind somit die Lage der
Stützen vor Ort. Für die ansonsten gleiche Fassade wie in Abschnitt C.1 und C.2 sollen die Fugenbreiten bf
und die Längen der Fassadenplatten lE bei anderen Bezugspunkten ermittelt werden.
Die Montage der Fassadenelemente erfolgt in Mittellage zwischen zwei Stützen, d. h. sie werden jeweils so
versetzt, dass die Fugenbreiten links und rechts gleich groß sind:
1
∆𝑏𝑓,𝑙𝑖𝑛𝑘𝑠 = ∆𝑏𝑓,𝑟𝑒𝑐ℎ𝑡𝑠 = [𝛿𝑚𝑎𝑥 + √∑(𝛿𝑖 )²]
2
Die Querschnittsabmessungen der Stützen sind 400 mm / 400 mm. Ansonsten gelten die gleichen Randbe-
dingungen wie in Abschnitt C.1.
Bild C.3 zeigt die Ansicht.
C.3.2 Mindestfugenbreite
Es ergeben sich die gleichen Werte wie in Abschnitt C.1 (bF,min = 17 mm bzw. bF,min = 12 mm).
Für die Ermittlung des Nennmaßes der Fugenbreite bf sind folgende Toleranzen zu berücksichtigen:
Toleranzen aus der Fertigteilherstellung der Fassadenplatten im Werk
1 = ± 10 mm (= 20 mm) wie in Abschnitt C.1.3.2
Toleranzen aus der Fertigteilherstellung der Stützen im Werk (nach Anhang A, Bild A.1)
3 = ± 8 mm (= 16 mm) bei einem Nennmaß von > 0,30 m und ≤ 0,60 m; diese Abweichung kann bei der
linken und rechten Stütze auftreten.
Toleranzen der Maßabweichungen des Achsmaßes (nach Anhang A, Tabelle A.1)
4 = ± 20 mm (= 40 mm) bei einem Achsmaß von > 6,00 m und ≤ 15,00 m.
Montagetoleranzen für die Stützen müssen nicht angesetzt werden, da diese bereits durch die Bauwerk-
stoleranz 4 = ± 20 mm berücksichtigt sind.
Maximale Toleranz
Die maximale Toleranz max in der Toleranzkette ist in diesem Fall max = 4 = 40 mm.
Es ergibt sich somit eine Gesamtkonstruktionstoleranz:
1
∆𝑏𝑓,𝑙𝑖𝑛𝑘𝑠 = ∆𝑏𝑓,𝑟𝑒𝑐ℎ𝑡𝑠 = [40 + √202 + 2 ∙ 162 ] = 35 mm (± 18 mm)
2
33
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
C.3.5 Zusammenfassung
C.3.6 Fugenbild
Als maximale und minimale Breite einer Fuge mit Fugendichtungsband ergibt sich somit folgendes Fugenbild
(Bild C.4):
C.3.7 Alternativen
34
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
Die Maßkontrollen einer Stütze im Zuge der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) zeigt Bild D.1.
Bauvorhaben
Position
Datum
Maße
Bemerkungen:
Unterschrift Datum
35
Merkblatt Nr. 6 Toleranzen und Passungsberechnungen für Betonfertigteile
FDB 2015 Diese Ausgabe ersetzt die Ausgabe 06/2006. Erstausgabe vom November 2000.
Herausgeber: Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau e.V. – Schloßallee 10 – 53179 Bonn
Internet: www.fdb-fertigteilbau.de – E-Mail: [email protected], Tel. 0228 9545656
Die Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau e. V. ist der technische Fachverband für den konstruktiven Betonfertigteilbau. Die
FDB vertritt die Interessen ihrer Mitglieder national und international und leistet übergeordnete Facharbeit in allen wesentlichen Berei-
chen der Technik.
36