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Re-Use: Wiederverwendung
von Stahlbauteilen

Statik – Oberflächenschutz – Qualitätssicherung

Impressum:
Das vorliegende Dokument stellt den aktuellen Stand der Kenntnisse der Autorinnen und Autoren zum Zeitpunkt der Publikation
ohne Gewähr zusammen.

steelaid Re-Use: Wiederverwendung von Stahlbauteilen, Stand: 27.09.2022


Autorin: Technische Kommission SZS
Redaktion: Dr. Hetty Bigelow, Dr. Roland Bärtschi

SZS Stahlbau Zentrum Schweiz


Seestrasse 105
8002 Zürich steelaid Re-Use: Wiederverwendung von Stahlbauteilen
Re-Use: Wiederverwendung von Stahlbauteilen
steelaid
1. Einleitung Der Oberflächenschutz verursacht einen wesentlichen
Teil des ökologischen Fussabdruckes von Stahlkonstruk-
Die Wiederverwendung von Stahlbauteilen oder ganzen
tionen. Daher ist diesem gerade bei der direkten Wieder-
Stahlkonstruktionen ist eine hervorragende Option zur
verwendung von Stahlbaubauteilen höchste Beachtung
ökologischen Optimierung von Stahlkonstruktionen. Stahl
zu schenken.
ist damit ein idealer Baustoff für «Urban Mining».
2. Qualitätssicherung
Primärstahl wird hergestellt, indem Eisenerz aus Berg-
werken in Hochöfen auf hohe Temperaturen erhitzt wird, Für jedes Bauvorhaben (Ziel) muss individuell überprüft
wodurch sich das Eisen von den restlichen – im Stahl un- werden, ob sich eine Quelle zur Wiederverwendung eig-
erwünschten Bestandteilen – getrennt und mit ausge- net und ob für das Ziel der Einsatz von wiederverwende-
wählten Legierungselementen (etwa Chrom, Nickel, Man- tem Stahl möglich ist.
gan, Molybdän, Vanadium, Kupfer, etc.) zu Stahl ergänzt
wird. Die so entstehende Stahlschmelze wird über Zwi- Für ermüdungsbeanspruchte Bauteile ist sicherzustellen,
schenschritte in die Form von Blechen, Stahlprofilen und dass die Summe der Spannungswechsel aus bisheriger
weiteren Produkten gebracht. Der Energiebedarf für die- und Zukünftiger Nutzung im zulässigen Rahmen bleibt.
sen Prozess ist sehr hoch, insbesondere da ein wesentli-
cher Teil des Schmelzprozesses dazu verwendet werden Anforderungen Zielprojekt definieren
muss, um Verunreinigungen aus der Stahlschmelze zu • Ausführungsklasse EXC (SN EN1090)
entfernen. Klassischerweise wurden solche Hochöfen für • Ermüdungsanforderungen
Primärstahl mit Kohle betrieben und waren entsprechend • Plastifizierungsanforderungen
• Chemische/physikalische Anforderungen
emissionsreich.

Der Hochofenprozess lässt sich erheblich optimieren, in-


dem im Hochofen Stahlschrott zugegeben wird – dadurch
sinkt der Aufwand zum Abscheiden von Verunreinigun-
gen, und der hohe Aufwand für den Bergbau entfällt. Re-Use-Materialquelle suchen
Viele heutige Stahlwerke verarbeiten fast ausschliesslich • Re-Use-Plattformen
Stahlschrott und produzieren so Recyclingstahl. Die • Rückbauobjekte
meisten heutigen Stahlwerke nutzen Strom zum Erhitzen • Restmaterial aus Recyclingstahl
– immer mehr werden sogar mit Ökostrom betrieben.
Neuere Schmelzverfahren erlauben die Herstellung von
Stahl bei deutlich tieferen Temperaturen, verbunden mit
weiteren ökologischen Vorteilen.

Trotzdem muss auch für die Herstellung von Recycling- Eignungsprüfung für Quellmaterial
stahl immer noch Schrott in Stahlwerke transportiert und • gem. SIA269/3
• Beachte Anforderungen nach EN 1090
auf eine gewisse Temperatur erhitzt werden, gefolgt vom
Aufwand zum Walzen von Blechen und Profilen und von
weiteren Transporten bis zum Endverbraucher.

Durch direkte Wiederverwendung (Re-Use) von Stahl-


bauteilen, -tragwerken und -bauwerken kann der Energie-
und Arbeitsaufwand für Verschrottung, Transporte,
Projektierung Zielprojekt
Schmelzen und Walzen eingespart werden. Dafür werden • ggf. angepasst auf Eigenschaften Quellmaterial
• inkl. Konzept Oberflächenschutz
Bauteile aus bestehenden Bauwerken fachgerecht aus-
gebaut und in der Werkstatt für die neue Verwendung
vorbereitet. Natürlich muss in diesem Prozess auch si-
chergestellt werden, dass die Bauteile bei ihrem bisheri-
gen Einsatz keine unzulässigen Schädigungen (etwa Er-
müdung, starke plastische Verformungen oder andere Umsetzung Zielprojekt
chemische oder physikalische Schädigungen) erfahren • inkl. Prüfung Materialfluss
haben. • inkl. QM-Massnahmen

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Re-Use: Wiederverwendung von Stahlbauteilen
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Abbildung 1: Materialkreisläufe bei Einsatz von Primärstahl, Recyclingstahl (Normalfall), Re-Use

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E Vorgespannte Schrauben (nach dem Lösen)
Bauteilbereiche mit plastischen Verformungen von über 20% der Bruchdehnung

D Lokale Tragelemente und Querträger von Eisenbahnbrücken


Hochbauten mit schweren Kranbahnen (Kollektivklasse Q4 in Kombination mit Betriebsklassen U7 oder höher)
Bauteile mit Verdacht auf chemische oder physikalische Versprödungen

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C Masten, Kamine, Türme
Haupttragelemente von Eisenbahnbrücken
Querträger von Strassenbrücken
Hochbauten mit schweren Kranbahnen (Kollektivklassen Q3 oder Q4 in Kombination mit Betriebsklassen U5 oder U6

Bauteilquelle: Kategorien A - E
oder Kollektivklasse Q3 in Kombination mit Betriebsklassen U7 oder höher)
Bauteile mit Querschnittsverlust infolge Korrosion oder Abrasion

B Haupttragelemente von Strassenbrücken


Fussgängerbrücken
Hochbauten mit mittleren Kranbahnen (Kollektivklassen Q3 oder Q4 in Kombination mit Betriebsklassen U3 oder U4)
Eignungsmatrix für Re-Use (nicht abschliessend)

A Hochbauten ohne Ermüdungsbeanspruchung und Plastifizierungen.


Hallenbauten ohne Kranbahnen oder mit leichten Kranbahnen (Kollektivklassen Q1 oder Q2 oder Betriebsklassen U0,
U1 oder U2 gem. SIA 261/1).
Ungelöste Schraubverbindungen mit hochfesten Schrauben oder Stahlbauschrauben
Bauteile welche durch Kalt- oder Heissbearbeitung getrennt oder wieder zusammengefügt wurden.

Zielanwendung: Kategorien A - E A B C D E
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Die Grenzen zwischen den Kategorien A – E sind fliessend. Jeder Fall ist einzeln zu prüfen und zu bewerten.

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Legende

Für Re-Use nicht geeignet


Für Re-Use nur geeignet, falls ein lückenloser Nachweis vorliegt.
Für Re-Use geeignet, falls Nachweise für die potenziell kritischen Kriterien vorliegen.
Für Re-Use in der Regel problemlos geeignet.
Für Re-Use problemlos geeignet.

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Re-Use: Wiederverwendung von Stahlbauteilen
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3. Beurteilung von Stählen aus Bestandsbauten Mechanische Prüfung
Die Beurteilung verwendeter Stähle (Quelle) bezüglich ih- Bei der Mechanischen Prüfung werden dem Stahltrag-
rer Eignung zur Wiederverwendung umfasst die Festig- werk Proben entnommen und im Labor in einer Zugma-
keitseigenschaften sowie den Ausschluss unzulässiger schine getestet. Die Resultate können im Spannungs-
Schädigungen aus Ermüdung, plastischer Verformung, Dehnungs-Diagramm dargestellt und interpretiert werden.
Korrosion, sowie physikalischer oder chemischer Bean- Mit diesem Verfahren kann eine eindeutige Zuordnung
spruchung (Brand, Abrasion, Strahlungsschäden, Ver- der Festigkeitsklassen erfolgen. Es hat jedoch den Nach-
sprödung, …). teil, dass diese Verfahrensart einen Teil des Tragwerks
beschädigt.
Dazu wird auf die Norm SIA 269/3 verwiesen.
Zerstörungsfreie Prüfung
Visuelle Prüfung
Im Gegensatz zu der mechanischen Prüfung kann mittels
Die visuelle Prüfung gibt Aufschluss über den generellen Härte- oder Wirbelstrommessung ebenfalls eine Zuord-
Zustand der Stahlbauteile. Insbesondere können damit nung der Festigkeitsklasse erfolgen. Die Festigkeitszuord-
Korrosionsschäden und plastische Verformungen oder nung kann mittels Rückprallhammer ermittelt werden. Die
Risse am Tragwerk festgestellt und dokumentiert werden. Rückprallhärte (L’-Wert) werden an Proben bekannter
Härte kalibriert. Die Messungen ermöglichen eine appro-
Bauteilgeschichte
ximative Zuordnung in Festigkeitsklassen aufgrund der
Die Wiederverwendbarkeit von Stahlbauteilen beruht pri- erreichten Resultate. Es sei an dieser Stelle erwähnt,
mär auf der Rückverfolgbarkeit und Dokumentation der dass dieses Verfahren einer gewissen Streuung unter-
Tragelemente. worfen ist und die Zuordnung bspw. bei S 235 und S 275
gewisse Unschärfen aufweist. Für die Beurteilung der po-
Die einfachste Methode, Material- oder Bauteileigen-
tentiellen Altersversprödung kann aufgrund einer Kalibrie-
schaften zu bestimmen, sind Materialzeugnisse aus der
rung der Kerbschlagwerte an Vergleichsplatten mit der
Bauzeit. Diese sind jedoch erst für neuere Konstruktionen
Wirbelstrommessung eine Einteilung mittels dem Wir-
und bei entsprechender Qualitätsüberwachung im Origi-
belstromsignal in «duktiles» und «sprödes» Verhalten er-
nal-Bau verfügbar (z. B. Konstruktionen nach
folgen. Das UCI-Härteprüfverfahren, welches den
SN EN 1090 mit Ausführungsklasse EXC3 oder höher).
Vickers-Härteprüfeindruck elektronisch auswertet und als
Üblicherweise darf davon ausgegangen werden, dass Differenzfrequenz auswertet, ist ein weiteres gängiges
Stahlbauteile mindestens der geringsten zur Bauzeit übli- Verfahren. Auch hier ist nur eine indirekte Zuordnung mit-
chen Festigkeitsklasse entsprechen. Entsprechende Hin- tels Referenzplatten bekannter Härte möglich. Mit den er-
weise zu älteren Stählen werden in SIA269/3 gegeben. wähnten Prüfverfahren ist eine Zuordnung in Festigkeits-
klassen und einer Aussage der Altersversprödung mög-
Um die Bauteilgeschichte zu überprüfen (insbesondere lich, sinnvollerweise werden die drei Verfahren kombiniert
auf Ermüdungsbeanspruchung, plastische Verformungen damit valide Resultate generiert werden können.
und besondere chemische oder physikalische Belastun-
gen) wird eine Rekapitulation der Bauwerksgeschichte Chemische Analyse
inkl. Berichten über aussergewöhnliche Einzelereignisse)
Die chemische Analyse gibt Aufschluss über das Herstell-
empfohlen.
verfahren und dies wiederum auf die Schweissbarkeit des
Materialprüfungen Stahls. Eine chemische Analyse kann beispielsweise
über das Funkenemissionsspektrometer erfolgen. Die Re-
Folgende Prüfungen können bei fehlender Dokumenta- sultate werden mittels Vergleichsproben (Standardpro-
tion Aufschluss über mechanische und metallurgische Ei- ben) generiert. Es werden die Anteile an Kohlenstoff, Sili-
genschaften geben. Dabei sind nebst reinen Festigkeits- zium, Mangan, Phosphor, Schwefel, Molybdän, Nickel,
prüfungen auch die Zähigkeit, die Bruchdehnung sowie Aluminium, Kupfer, Titan und Weiteren ermittelt. Daraus
weitere Eigenschaften von Interesse. kann eine Zuordnung der Herstellungsart erfolgen. Bei-
spielsweise sind Stähle nach dem Thomas-Verfahren
grundsätzlich schweissbar. Die Schweisseignung lässt
sich durch den sogenannten Schweissfaktor S ausdrü-
cken und gibt Auskunft über dessen Schweisseignung.
Diese werden grundsätzlich in 4 Gruppen unterschiedli-
cher Schweisseignungen eingeteilt.

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Re-Use: Wiederverwendung von Stahlbauteilen
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4. Oberflächenschutz 5. Literatur, Normen
Der Oberflächenschutz von Stahlkonstruktionen trägt we- SIA 269/3:2011: Erhaltung von Tragwerken.
sentlich zur Dauerhaftigkeit und zum günstigen optischen
SN EN 1090-2:2018: Ausführung von Stahltragwerken
Erscheinungsbild von Bauwerken bei.
und Aluminiumtragwerken - Teil 2: Technische Regeln für
Daneben ist der Oberflächenschutz auch entscheidend die Ausführung von Stahltragwerken.
für die ökologische Qualität der Konstruktion. Bei der
SN EN ISO 12944: Beschichtungsstoffe — Korrosions-
Wiederverwendung von Stahlbauteilen ist es daher be-
schutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme
sonders vorteilhaft, auch den Oberflächenschutz der
Quellbauteile möglichst zu übernehmen. In vielen Fällen SN EN ISO 1461: Durch Feuerverzinken auf Stahl aufge-
kann jedoch aus ästhetischen Gründen ein einheitliches brachte Zinküberzüge (Stückverzinken) – Anforderungen
Erscheinungsbild aller Bauteiloberflächen oder eine Auf- und Prüfungen
frischung des Oberflächenschutzes erwünscht sein.
SN EN ISO 2063: Thermisches Spritzen – Zink, Alumi-
Dies ist bezüglich Verfahrensqualität unkritisch, falls alle nium und ihre Legierungen
Bauteile mit einer neuen Feuerverzinkung versehen wer-
SN EN ISO 14713: Zinküberzüge – Leitfäden und Emp-
den – allerdings mit den entsprechenden ökologischen
fehlungen zum Schutz von Eisen- und Stahlkonstruktio-
Auswirkungen. nen vor Korrosion
Falls der bestehende Oberflächenschutz durch organi- VVEA Verordnung über die Vermeidung und Entsorgung
sche Beschichtungen ergänzt werden soll, ist die Taug- von Abfällen, arv Baustoffrecycling Schweiz
lichkeit des bestehenden Oberflächenschutzes und seine
Verträglichkeit mit der neuen Beschichtung gründlich zu
prüfen.

Gewisse ältere Oberflächenschutzsysteme enthalten


Schadstoffe, welche in der neuen Anwendung nicht er-
wünscht sind oder bei der Bearbeitung der Bauteile be-
sondere Vorkehrungen erfordern. Typisch sind dabei
etwa ältere Beschichtungen mit Bleimenninge oder die
Heissbearbeitung feuerverzinkter Bauteile.

Beurteilung des bestehenden Oberflächenschutzes


Die Qualität des Oberflächenschutzes bei Beschichtun-
gen kann in erster Näherung mit dem Gitterschnittverfah-
ren erfolgen, damit kann die Haftfestigkeit von Beschich-
tungen abgeschätzt werden. Hierfür werden mit einem
Einschneidegerät in beide Richtungen 6 Schnitte über
Kreuz gemacht. Je nach Abplatzungen werden diese in
Gitterschnitt-Kennwerte von 0 (sehr gut) bis 5 (sehr
schlecht) eingestuft und beurteilt. Weitergehende und
verlässlichere Resultate liefern Haftfestigkeitsprüfungen.

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