Fallersleber
Fallersleber
Fallersleber
Baudenkmal
FALLERSLEBER-TOR-BRÜCKE
Die Okerumflutbrücke „Am Fallersleber Tore“ ist im gültigen Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Braun-
schweig als Baudenkmal gemäß § 3 Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz (NDSchG) aufgeführt. An ihrer
Erhaltung besteht aus städtebaulichen, technikgeschichtlichen und baukünstlerischen Gründen ein öffentli-
ches Interesse. Untere und Obere Denkmalschutzbehörde ( Stadt -Bauordnungsamt- und Bezirksregierung
BS) haben in Gesprächen mit dem Tiefbauamt und den beauftragten Gutachtern die Erhaltungswürdigkeit der
Brücke bestätigt. Die Stadt Braunschweig als Eigentümerin der Brücke ist lt. § 6 NDSchG zur Erhaltung dieses
Kulturdenkmals verpflichtet.
Bei der Fallerslebertor - Brücke handelt es sich um eine Konstruktion, die von Prof. Max Möller um die Jahr-
hundertwende als neue Bauweise entwickelt worden ist. Prof. Möller lebte und wirkte von 1854 bis 1935 als
Baurat in Hamburg, Karlsruhe, Braunschweig und Leipzig. Seinen patentgeschützten Konstruktionen gingen
für die damalige Zeit außergewöhnliche experimentelle Versuche voraus. Eng arbeitete er mit den Baufirmen
Drenckhahn & Sudhop in Braunschweig und Rud. Wolle in Leipzig zusammen. 1894 patentierte Möller die
später nach ihm benannten Fischbauchträger, die vor allem im Brückenbau und für Deckenkonstruktionen
eingesetzt wurden.
Kernstück der Brücke sind die „Möllerträger“, eine Stahlbetonplattenbalken - Konstruktion aus parabel-
(fischbauch-) förmigen Betonträgern im Verbund mit Flachstahl - Zugbändern an den Balkenunterseiten. Der
Stahl übernimmt materialgerecht die Zugspannungen, der Beton die Druckkräfte. Die Stichhöhe des Fisch-
bauch - Trägers in Feldmitte richtet sich nach den statischen Erfordernissen. Die Träger sind als statisches Sy-
stem beidseitig gelenkig gelagert. Die Vorteile liegen in der Einfachheit und Schnelligkeit der Bauausführung.
20 Jahre nach dieser Entwicklung gab es in Mitteleuropa über 500 Anwendungsfälle im Brückenbau. Die vor-
wiegenden Spannweiten der Brücken betrugen 5 bis 20 m ( nähere Einzelheiten zur Tragfähigkeit von
Möllerbrücken sind nachzulesen in dem Beitrag „J. Quade/L.-D. Fiedler/E. Reuschel: Historische Brücken-
konstruktionen aus Möllerträgern, in: BAUTECHNIK aktuell 1994, Heft 1“).
Die für die Denkmalbewertung maßgebenden Bauteile sind erhalten. In den 50er Jahren wurde das Brük-
kengeländer abgebaut, die Brücke seitlich um je 1,40 m erweitert und ein schmuckloses Stahlgeländer mon-
tiert. Hierdurch wurde das historische Erscheinungsbild stark beeinträchtigt. Ziel der Denkmalpflege neben
der Erhaltung des Brückenkörpers ist daher auch der Rückbau der Brücke auf ihre historische Breite und die
Anlage neuer Geländer, ggf. als Nachbau der originalen Teile.
Die 1904 errichtete Fallerslebertor - Brücke ist nicht nur als Einzelobjekt erhaltenswert. Besondere Bedeutung
erfährt sie zusätzlich als Teil der in ihren wesentlichen Strukturen erhaltenen Stadteinfahrt „Fallersleber - Tor“
im Zuge der einheitlichen Schaffung des Wallrings anstelle der aufgelassenen Bastion. Anhand der beiliegen-
den Kartenausschnitte und dem aktuellen Luftbild wird die Entwicklung dieses Bereichs aufgezeigt. Das Fal-
lersleber - Tor bildet eine qualitätvolle, aufeinander abgestimmte Platz- und Raumfolge. An den Vorplatz mit
den Zolleinnehmer - Häuschen im Osten schließt sich nach Westen die Brücke über die Okerumflut an, auf-
fällig hier die Einschnürung des Weges. Jenseits der Brücke wird die Vorplatzbreite kurz wieder aufgenom-
men. Hier schließt sich die großzügige Allee „Am Fallersleber Tor“ an, die in einen begrünten, dreiecksförmi-
gen Platz im Zuge der Querung der Promenadenstraßen (Theaterwall und Fallerslebertorwall) mündet.
I. A.
Gebauhr
Am Fallersleber Tore
von 1826 bis 1998, dargestellt anhand historischer Karten
Dieses Luftbild zeigt sehr anschaulich einen Teil des für Braunschweig so typischen Wallrings.
Herzog Carl Wilhelm Ferdinand erblickte in der anstehenden Schleifung der wehrtechnisch nutz-
losen und kostspieligen barocken Bastion die Chance für eine einheitliche Umgestaltung der
Stadt. Ab 1801 erfolgte die Anlage des Wallrings nach Plänen des Kammer- und Klosterrats Peter
Joseph Krahe mit einer qualitätvollen Abfolge von Promenaden, Parks, Plätzen und Toranlagen
entlang der Okerumflut. Trotz mancher Eingriffe ist der Wallring bis heute eindrucksvolles Doku-
ment der Stadtentwicklung, innerstädtische Grünanlage, attraktiver Wohnstandort und eine die
Stadtgestalt prägendes Element zugleich. Die Pflege und Erhaltung des Wallrings liegt im öffentli-
chen Interesse.
Ein herausragender und heute noch erlebbarer Teil des Wallrings ist der Bereich entlang der Stra-
ße Am Fallersleber Tore. In dichter Abfolge liegen die Torhäuser, nördlich angrenzend der Botani-
sche Garten, südlich das Areal der ehemaligen Infanterie-Kaserne, weiter stadteinwärts der Oker-
umflutgraben mit der historischen Brücke, die breite Alleestraße durch den Grüngürtel, gesäumt
von Villen und dem Gebäude der AOK bis hin zu dem dreieckigen Platz vor der Querung der
Wallstraßen Theaterwall/Fallersleber-Tor-Wall. Erst mit der Stadterweiterung Ludwig Winters er-
folgte die achsiale Verlängerung nach Osten bis zum Wilhelminischen Ring, die heutige
Humboldtstraße.
Diese Gesamtheit gilt es zu erhalten, da sie die städtebauliche Entwicklung der letzten 200 Jahre
in diesem Bereich noch erlebbar verkörpert. Die Okerumflutbrücke ist ein wichtiger Teil dieser
Stadteinfahrt.
Hrsg, Text und Layout; Stadt Braunschweig, Bauordnungsamt -Abteilung Denkmalpflege-, Langer Hof 8, 38100 Braunschweig
Bearbeiter: Dipl.-Ing. Udo Gebauhr (Tel.: 470-2660), Dipl.-Ing. Heinz Kudalla (Tel.: 470-2606) November 1998