Mauerwerk 1

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Prof. Dr.-Ing.

Rudolf Baumgart Hochschule Darmstadt


Massivbau University of Applied Sciences

Mauerwerk nach DIN 1053-100

1 Einleitung
1.1 Allgemeines

Die maßgebende Grundlage für die


Bemessung und Konstruktion von
Mauerwerk ist die DIN 1053. Im
Rahmen der europäischen Normung
soll in naher Zukunft eine neue DIN
1053-1 erstellt werden, die dann auf
dem Teilsicherheitskonzept beruht.
Momentan maßgebende Normen sind
die folgenden:

• DIN 1053-1 (1996): Berechnung von unbewehrtem Mauerwerk (vereinfachtes


und genaueres Verfahren) mit globaler Sicherheit, gültig für Rezeptmauerwerk
(RM) und Mauerwerk nach Eignungsprüfung (EM).
• DIN 1053-2 (1996): Festlegung von Mauerwerksdruckfestigkeiten auf der
Basis von Eignungsprüfungen (nicht bauaufsichtlich eingeführt).
• DIN 1053-3 (1990) Berechnung von bewehrtem Mauerwerk
• DIN 1053-100 (2006): Berechnung von unbewehrtem Mauerwerk
(vereinfachtes und genaueres Verfahren) mit dem Teilsicherheitskonzept.
• DIN EN 1996-1-1 (2006): Weißdruck der Euronorm für Mauerwerk (Eurocode
6).

Seit Januar 2006 liegt die A1-Änderung der DIN 1053-100/A1 vor. Die
bauaufsichtliche Einführung des Teils 100 inklusive der Änderung A1 wird frühestens
Anfang 2008 erwartet. Dann kann Mauerwerk sowohl nach dem
Teilsicherheitskonzept (Teil 100) als auch nach dem bisher gewohnten und
bekannten globalen Sicherheitskonzept (Teil 1 von 1996) bemessen werden. Eine
Mischung innerhalb eines Bauwerks ist nicht erlaubt.

Für die Ausführung und Konstruktion von Mauerwerk wird in der DIN 1053-100 auf
die DIN 1053-1 verwiesen.

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1.2 Begriffe

Steinart:
Es gibt eine Vielfalt von Steinarten, die sich im Wesentlichen durch die folgenden
Merkmale unterscheiden:

ƒ Steine ohne und mit vertikalen Löchern (Vollsteine und Lochsteine),


charakterisiert durch den Lochanteil (<= 15 % = Vollstein).
ƒ Stoßfugenausbildung: z.B. Nut und Federsysteme mit und ohne
Stoßfugenvermörtelung (wichtig für den Schubnachweis!).
ƒ Steinhöhe.
ƒ Kantenausbildung (z.B. mit Fase).

Für die Ermittlung der Tragfähigkeit sind die ersten beiden Merkmale von
entscheidender Bedeutung.

Steinart Europäische Deutsche Deutsche


Norm Anwendungs- „Restnorm“
norm
Mauerziegel DIN EN 771-1 DIN 20000-401 DIN 105-100
Kalksandsteine DIN EN 771-2 DIN 20000-402 DIN 106-100
Porenbetonsteine DIN EN 771-4 DIN 20000-404 DIN 4165-100
Leichtbetonsteine DIN EN 771-3 DIN 20000-403 DIN 18151/2-100
Normalbetonsteine DIN EN 771-3 DIN 20000-403 DIN 18153-100

Für Mauerwerk nach DIN 1053 dürfen nur genormte Steine oder solche mit
bauaufsichtlicher Zulassung benutzt werden.

Steinformat:
Das Steinformat sollte bei allen Steinen der DIN 4172 (Maßordnung im Hochbau)
entsprechen, d.h. es wird in der Regel als Vielfaches vom Dünnformat (DF)
angegeben.

Lagerfugen:
Die Lagerfuge des Mauerwerks ist die horizontale Fuge. Die Fugendicke ist an das
Baurichtmaß angepasst, wodurch sich folgendes Sollmaß ergibt:
Höhe Lagerfuge + Höhe Stein = Schichthöhe = n x 12,5 cm
Übliche Sollmaße der Lagerfugendicke: Dünnbettmörtel (DM): 2 mm
Normalmörtel (NM): 12 mm

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Stoßfugen:
Die Stoßfugen sind die vertikalen Fugen des Mauerwerks. Die Sollmaße der
Stoßfugenbreite betragen üblicherweise:
- bei Steinen mit Nut- und Feder-System 2 mm (i.d.R. ohne
Stoßfugenvermörtelung).
- bei glatten Steinen 10 mm (i.d.R. mit Stoßfugenvermörtelung).
Stoßfugenbreiten > 5 mm sind nach DIN 1053-1 beidseitig an der Wandoberfläche
mit Mörtel zu schließen. Im statischen Sinn als vermörtelt gilt eine Stoßfuge dann,
wenn mindestens die halbe Wanddicke vermörtelt ist.

Mörtel:
Man unterscheidet je nach Eigenschaft und Verwendungszweck 3 Mörtelarten:
- Dünnbettmörtel (DM), Größtkorn = 1 mm, Fugen bis max. 3 mm Dicke.
- Leichtmörtel (LM), Trockenrohdichte < 1,5 kg/m³.
- Normalmörtel (NM), Trockenrohdichte >= 1,5 kg/m³.
Die Unterteilung in Mörtelgruppen (DIN V 18580) oder Mörtelklassen (DIN EN 998-2)
erfolgt in erster Linie auf Grund der Festigkeit.

Steinrohdichteklasse (RDK):
Die Steinrohdichte wird in kg/dm³ angegeben und liegt i.d.R. zwischen 0,35 und 2,4
kg/m³. Im Allgemeinen wird über die RDK eine Zuordnung zur SFK gemacht.

Steinfestigkeitsklasse (SFK):
Die SFK wird in N/mm² (MN/m²) angegeben und liegt zwischen 2 und 60. Übliche in
der Praxis vorkommende Festigkeiten sind 2 (Porenbeton), 6, 12 und 20.

Rezeptmauerwerk(RM):
Um die unendliche Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiten von Mörtel und Steinen zu
standardisieren, wurde ein sog. Rezeptmauerwerk eingeführt, das die
charakteristische Druckfestigkeit für bestimmte Kombinationen von Mörtelgruppen
und Steinfestigkeitsklassen festlegt.

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Die folgende Tabelle zeigt eine Zuordnung von Rohdichteklassen zu


Steinfestigkeitsklassen von gängigen genormten Steinen:

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1.3 Teilsicherheitskonzept (TSK)

Der Nachweis ausreichender Tragfähigkeit oder Gebrauchstauglichkeit wird wie in


der DIN 1055-100 eingeführt, durch den Vergleich der Einwirkungen mit dem
R
Bauteilwiderstand geführt: γ F ⋅ Ek ≤ k
γM

Die Sicherheitsfaktoren γF auf der Lastseite nach DIN 1055-100 sind bekannt:

Einwirkung Günstige Ungünstige Außergewöhnliche


Wirkung Wirkung Bemessungs-
situation
Ständige Einwirkung G 1,0 1,35 1,0
z.B. Eigengewicht, Ausbau, Erddruck
Veränderliche Einwirkung Q 0,0 1,5 1,0
z.B. Wind-, Schnee-, Nutzlasten

Für Hochbauten mit Stahlbetondecken, die mit einer charakteristischen Nutzlast von
qk <= 2,5 kN/m² belastet sind, darf im Grenzzustand der Tragfähigkeit die
maßgebende Belastung vereinfacht folgendermaßen ermittelt werden:

N Ed = 1,4 ⋅ (∑ N Gk + ∑ N Qk )

Für den Nachweis von aussteifenden Wandscheiben, wo häufig die minimale


Normalkraft bemessungsmaßgebend ist, muss immer zusätzlich folgender Nachweis
erfolgen:

min N Ed = 1,0 ⋅ ∑ N Gk in Verbindung mit max M Ed = 1,0 ⋅ M Gk + 1,5 ⋅ M Qk

Die Sicherheiten γM auf der Materialseite werden in der jeweiligen Norm, also hier die
DIN 1053-100, festgelegt:

Konstruktionsart Normale Einwirkung Außergewöhnliche


Einwirkung
Mauerwerk 1,5 k0 1,3 k0
Verbund-, Zug- und Druckwiderstand
von Wandankern und Bändern 2,5 2,5

k0 berücksichtigt hierbei die erhöhten Sicherheitsanforderungen für kurze Wände und


Pfeiler:

k0 = 1,0 bei Wänden.


k0 = 1,0 bei Pfeilern (1000 cm² > A >= 400 cm²), wenn diese aus ungeteilten Steinen
oder aus geteilten Steinen mit einem Lochanteil < 35 % bestehen.
k0 = 1,25 bei allen anderen Pfeilern.

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2 Tragwirkung von Wänden


2.1 Allgemeines

Plattenbeanspruchung:
Hauptsächlich in Form von Wind oder Erddruck (Keller).

Scheibenbeanspruchung:
Vertikale Belastung hauptsächlich aus Decken (Standardfall).
Horizontale Belastung hauptsächlich aus Wind oder Erddruck (Auflager aus der
Plattenbeanspruchung von Querwänden) oder als Knickaussteifung von
Querwänden.

Tragende Wände:
Tragende Wände werden überwiegend auf Druck beansprucht und werden zum
Abtrag von vertikalen Lasten (hauptsächlich aus Decken) und von horizontalen
Lasten (z.B. aus Wind oder Erddruck) herangezogen.

Nicht tragende Wände:


Nicht tragende Wände werden nur durch ihr Eigengewicht und direkt auf sie wirkende
Lasten (z.B. Regale, Hängeschränke) belastet. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass sie
(z.B. infolge von Deckendurchbiegungen) keine Last von oben erhalten!

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Aussteifende Wände:
Aussteifende Wände dienen der Gebäudeaussteifung oder der Knickaussteifung von
Wänden über eine Scheibenwirkung.

Auszusteifende Wände:
Auszusteifende Wände sind Wände, die durch Anordnung von Querwänden besser
gegen horizontale Lasten (z.B. Erddruck) oder Knicken gesichert sind, d.h. sie sind in
der Regel 3- oder 4-seitig gehalten, was zu einer günstigeren Berechnung z.B zu
einer Reduzierung der Knicklänge führt.

Da im Mauerwerksbau fast immer Geschoßdecken vorhanden sind, sind die Wände


grundsätzlich oben und unten (2-seitig gehalten). Das folgende Bild verdeutlicht die
Regelungen nach DIN 1053, wann von einer 3- bzw. 4-seitigen Halterung
ausgegangen werden kann:

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Außerdem müssen die aussteifenden Wände die folgenden Bedingungen erfüllen:

ƒ Wandlänge lw >= 1/5 hs (hs = lichte Geschoßhöhe)


ƒ Mindestdicke dw >= 1/3 der auszusteifenden Wand >= 11,5 cm
ƒ Eine nicht zug- und Druckfeste Verbindung mit der auszusteifenden Wand ist
nur dann zulässig, wenn die Bedingungen gemäß dem folgenden Bild Teile a
und b eingehalten sind.
ƒ Im Bereich von Tür- und Fensteröffnungen gelten die Längen gemäß dem
folgenden Bild Teile c und d.

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3 Bauliche Durchbildung
DIN 1053-100 regelt ausschließlich die Berechnung von Mauerwerk unter
Verwendung des Teilsicherheitskonzepts. Bauliche Durchbildung und Bauausführung
werden weiterhin durch die DIN 1053-1 geregelt. Das bedeutet, dass beide bis auf
weiteres parallel gültig bleiben.

Es werden hier nur 3 wichtige Punkte angesprochen. Ansonsten sei auf die DIN
1053-1 verwiesen.

Schlitze und Aussparungen:


Grundsätzlich muss hier beurteilt werden, ob ein maßgeblicher Einfluss auf das
Tragverhalten vorliegt. Dies ist immer anzunehmen, wenn die Regeln der DIN 1053-1
nicht eingehalten sind, hier auszugsweise angegeben:

Ringanker (Zugglieder):
Alle Aussteifungswände von Bauwerken müssen unter folgenden Bedingungen
Ringanker erhalten:
ƒ Mehr als 2 Vollgeschosse
ƒ Länge > 18 m
ƒ Wände mit großen Öffnungen
ƒ Bei schlechten Baugrundverhältnissen
Funktionen von Ringankern sind:
ƒ Zusammenhalten der tragenden Wände.
ƒ Aufnahme von Randzugkräften in den Deckenscheiben.
ƒ Weiterleitung von Aussteifungskräften auf die Wandscheiben.

Die Ringanker sind für eine Zugkraft von mindestens Fk = 30 kN zu bemessen und
mit mindestens 2 Ø 10 zu bewehren.

Ringbalken (Biegebalken):
Ringbalken dienen im Wesentlichen der Aufnahme von Horizontallasten (Wind,
Erddruck) und der horizontalen Halterung am Wandkopf, z.B. bei fehlender
Scheibenwirkung (Holzbalkendecken) oder bei gleitender Deckenlagerung zwecks
Vermeidung von Zwang.

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4 Ermittlung der Wandbelastungen


4.1 Vertikale Belastungen aus Decken

Die anzusetzenden Eigengewichts- und Verkehrslasten sind der DIN 1055 zu


entnehmen.

Eine genaue Ermittlung der aus Decken auf Wände und Unterzüge weiterzuleitenden
Lasten ist im Allgemeinen nur mit Hilfe von FEM-Programmen machbar und relativ
aufwändig. Für die Praxis ist es meist ausreichend, diese Lasten in Form von
Lasteinzugsflächen zusammen zu stellen. Diese Lasteinzugsflächen können z.B.
mittels CAD sehr einfach nach dem folgenden Prinzip konstruiert werden.

Unter der Voraussetzung, dass die Durchlaufwirkung einer Platte wie eine
Randeinspannung interpretiert werden kann, kann bei 2 sich schneidenden
Lagerlinien die Lastfläche folgendermaßen auf diese beiden Lagerlinien aufgeteilt
werden:

ƒ Bei gleichartigen Lagerbedingungen (gelenkig / gelenkig oder eingespannt /


eingespannt) verteilt sich die Last 1:1, d.h. die Winkelhalbierende ist die
Grenze.
ƒ Bei unterschiedlichen Lagerbedingungen (gelenkig / eingespannt) zieht das
steifere (eingespannte) Lager mehr Last an, die Last verteilt sich dann im
Verhältnis 1:2, d.h. der Winkel zum steiferen (eingespannten) Lager beträgt
2/3 des Gesamtwinkels.

Die folgenden Beispiele für die Lastermittlung auf Wände oder Unterzüge unter
Decken verdeutlicht diese Vorgehensweise:

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Für den Standardfall von rechteckigen Deckenfeldern kann die Aufteilung direkt aus
der folgenden Zusammenstellung abgelesen werden:

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4.2 Horizontale Belastungen

Wenn keine offensichtlich ausreichende Anzahl von längs und quer aussteifenden
Wänden vorhanden ist, dann ist ein Nachweis der Gesamtaussteifung zu führen. Die
wesentlichen Belastungen hierbei resultieren aus den üblicherweise vorhandenen
horizontalen Einwirkungen:

ƒ Winddruck und Windsog (DIN 1055-4)


ƒ Erdbeben (DIN 4149)
ƒ Erddruck
ƒ Imperfektionen beim Bauprozess

Unter Imperfektionen versteht man die ungewollte Abweichung vom geplanten


Sollzustand, z.B. durch Lotabweichung von vertikalen Bauteilen, Vorkrümmungen
von Stabachsen, Eigenspannungen oder strukturelle Imperfektionen wegen
Maßtoleranzen bei Querschnitten.

Nach DIN 1053-100 (8.4) können diese Imperfektionen näherungsweise durch


Ansatz von geometrischen Ersatzimperfektionen in Form einer Schiefstellung φ von
allen lotrechten Bauteilen erfasst werden (siehe Bild unten). Daraus resultieren
zusätzliche Horizontallasten auf die aussteifenden Bauteile.

1
Schiefstellung φ: ϕ=
100 ⋅ hG

hG = Gebäudehöhe gemessen ab der Einspannstelle


N = Summe aller charakteristischen Vertikallasten auf das betrachtete Geschoss.

Die Aufteilung auf die einzelnen aussteifenden Wände innerhalb des Geschoßes
erfolgt durch eine Aussteifungsberechnung (vgl. nächstes Kapitel).

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5 Räumliche Stabilität
Nach DIN 1053 müssen alle horizontalen Lasten (Wind, Erddruck, Erdbeben, H-
Lasten aus Schiefstellung) sicher in den Baugrund abgleitet werden. Wenn Gebäude
auf Grund ihrer Größe durch Fugen unterteilt sind, dann muss jeder Gebäudeteil für
sich betrachtet werden. Mauerwerksbauten mit üblichen Abmessungen besitzen im
Normalfall eine Vielzahl von aussteifenden Wandscheiben, weswegen in solchen
Fällen auf einen Nachweis verzichtet werden kann, wenn die folgenden Bedingungen
eingehalten sind:

ƒ Die Decke wirkt wie eine steife Scheibe. Ersatzweise können statisch
nachgewiesene Ringbalken angeordnet werden.
ƒ Alle tragenden und aussteifenden Wände sind mit der Decke kraftschlüssig
verbunden (z.B. per Reibung bei einer Stahlbetondecke oder mit Zugankern
bei einer Holzbalkendecke).
ƒ Es ist offensichtlich, dass die vorhandenen Längs- und Querwände
ausreichend sind und ohne größere Schwächungen und Versprünge bis zu
den Fundamenten durchgehen.

Bei großer Nachgiebigkeit der Aussteifungselemente müssen die Formänderungen


bei der Berechnung berücksichtigt werden (Theorie II. Ordnung). Dies gilt als
gegeben, wenn der Schnittgrößenzuwachs im Vergleich zur Theorie I. Ordnung > 10
% beträgt. Da dieser Zuwachs nur sehr aufwändig festzustellen ist, wurde das
folgende einfache Kriterium in der DIN 1053 definiert:

Nk Nk
hG ⋅ ≤ 0,6 für n ≥ 4 bzw. hG ⋅ ≤ 0,2 + 0,1⋅ n für n < 4
EI EI

hG = Gebäudehöhe über der Einspannstelle.


Nk = Summe der charakteristischen Werte aller lotrechten Lasten.
EI = Summe der Biegesteifigkeiten im Zustand I aller lotrechten aussteifenden
Bauteile in der betrachteten Richtung.
n= Anzahl Geschoße über der Einspannstelle.

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 13


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Für die Aussteifung eines Gebäudes sind immer mindestens 3 Wandscheiben


erforderlich, deren Mittellinien sich nicht schneiden und auch nicht parallel sein
dürfen (vgl. folgendes Bild).

Bei genau 3 Wandscheiben ist die Aussteifung statisch bestimmt, so dass die
Horizonalkräfte auf die Wandscheiben ausschließlich durch das Gleichgewicht
(Summe H/V/M = 0) bestimmt werden können (vgl. folgendes Bild).

Für die Berechnung der Horizontalkräfte auf die Wandscheiben werden in der Praxis
vereinfachende auf der sicheren Seite liegende Annahmen getroffen:
ƒ Die aussteifenden Wandscheiben werden als in ein Fundament eingespannte
Kragarme modelliert.
ƒ Stützen und Wände quer zur Beanspruchungsrichtung werden wegen ihrer
geringen Biegesteifigkeit nicht mitgerechnet.
ƒ Die Deckenscheiben und die nicht mit tragenden Stützen und Wände werden
als gelenkig angeschlossen betrachtet.
ƒ Die Torsionssteifigkeit der einzelnen Wände ist vernachlässigbar klein.

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 14


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6 Materialeigenschaften von Mauerwerk


6.1 Druckfestigkeit
Die Druckfestigkeit ist die wichtigste Kenngröße für die Tragfähigkeit von Mauerwerk,
sie ergibt sich aus den Festigkeiten von Stein und Mörtel. Bei einer Druckbelastung
senkrecht zur Lagerfuge entstehen Querzugspannungen, die aus den
unterschiedlichen E-Moduli von Stein und Mörtel resultieren.

Die Dicke der Mörtelfuge hat daher einen signifikanten Einfluss auf die
Gesamttragfähigkeit des Mauerwerks. Dies kann man an den in der DIN
angegebenen Festigkeiten erkennen: Bei gleicher SFK erzielt man mit
Dünnbettmörtel eine wesentlich höhere Tragfähigkeit des Mauerwerks wie mit
Normalmörtel.

Charakteristische Druckfestigkeiten fk [N/mm²]


SFK
MG I MG II MG IIa MG III MG IIIa LM21 LM36 DM3
M 2,5 M5 M 10 M 20 M10
1,51 4
2 0,9 1,5 1,5 1,5 (1,2) 1,8
(1,2)4 (1,8)5
4 1,2 2,2 2,5 2,8 2,2 (1,5)6 2,5(1,2)7 3,4
6 1,5 2,8 3,1 3,7 2,2 2,8 4,7
8 1,8 3,1 3,7 4,4 2,5 3,1 6,2
12 2,5 3,7 5,0 5,6 6,0 2,8 3,4 6,9
20 3,1 5,0 6,0 7,5 9,4 2,8 3,4 10,0
28 5,6 7,2 9,4 11,0 2,8 3,4 11,6
36 11,0 12,5
2 2
48 12,5 14,0
60 14,02 15,52
1) 1,8 N/mm² bei Außenwänden mit d>=30mm. Diese Erhöhung gilt nicht für den Nachweis der Auflagerpressung.
2) Die Werte >= 11 N/mm² enthalten einen zusätzlichen Sicherheitsbeiwert zwischen 1,0 und 1,17 wegen Gefahr
von Sprödbruch.
3) Anwendung nur bei Porenbeton-Plansteinen nach DIN V 4165-100 bzw. DIN EN 771-4 und DIN V 20 000-404
und bei KS-Plansteinen. Die Werte gelten für Vollsteine. Für KS-Lochsteine und KS-Hohlblocksteine nach DIN V
106 bzw. DIN EN 771-2 und DIN V 20 000-402 gelten die entsprechenden Werte der Tabelle 5 bei MG III bis SFK
20.
4) Für Mauerwerk mit Mauerziegeln nach DIN V 105-100 bzw. DIN EN 771-1 und DIN V 20 000-401 gilt fk = 1,2
N/mm².
5) 1,8 bei Außenwänden mit Dicken >= 300 mm. Diese Erhöhung gilt jedoch nicht für den Fall der Fußnote 4) und
nicht für den Nachweis der Auflagerpressung.
6) Für Kalksandsteine nach DIN V 106 bzw. DIN EN 771-2 und DIN V 20 000-402 der Rohdichteklasse >= 0,9 und
Mauerziegel nach DIN V 105-100 bzw. DIN EN 771-1 und DIN 20 000-401 gilt 1,5 N/mm².
7) Für Mauerwerk mit den in Fußnote 6) genannten Mauersteinen gilt 2,2 N/mm².

Falls bei einer Zulassung noch keine neuen Werte fk vorliegen, kann eine
Umrechnung aus den alten σ0-Werten erfolgen: f k = α ⋅ γ Gl ⋅ σ 0 η = 3,14 ⋅ σ 0
Dauerstandsfaktor η = 0,85 Globaler Sicherheitsfaktor γGl = 2,0
Umrechnung von hk/d = 10 auf hk/d = 0: α = 4/3

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 15


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6.2 Zugfestigkeit und Biegezugfestigkeit

Eine Zug- oder Biegezugfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge darf bei der
Bemessung von Mauerwerk nach DIN 1053 grundsätzlich nicht angesetzt werden.

Zugspannungen parallel zur Lagerfuge treten z.B. bei Zwangsbeanspruchen


infolge von Verformungsbehinderung auf. Biegezugspannungen werden z.B. häufig
beim Nachweis von horizontal abtragenden Kellerwänden in Rechnung gestellt.
Voraussetzung hierfür ist aber, dass das Mauerwerk mit einem ausreichenden
Überbindemaß (ü >= 0,4h nach DIN) hergestellt wird.

Der Maximalwert der Zugspannung parallel zur Lagerfuge wird erreicht, wenn
entweder der Stein oder der Mörtel in der Lagerfuge versagt.

Die vom Mörtel aufnehmbare Schubspannung τ wird beeinflusst durch eine evtl.
vorhandene Druckspannung σD senkrecht zur Lagerfuge, so dass sich die
Zugfestigkeit fx2 in der Lagerfuge aus der Haftscherfestigkeit fvk0 und einem
Reibungsanteil zusammensetzt: f x 2 = ( f vk 0 + μ ⋅ σ D ) ⋅
ü
h
Mit dem Überbindemaß ü = 0,4h und dem Reibungsbeiwert μ = 0,6 ergibt sich der
charakteristische Wert der Zug/Biegezugfestigkeit parallel zur Lagerfuge unter
Beachtung der max. Steinzugfestigkeit max fx2: f x 2 = 0,4 ⋅ f vk 0 + 0,24 ⋅ σ Dd ≤ max f x 2

σDd = Bemessungswert der Druckspannung im zugehörigen Lastfall (meist min N)

Mörtelart NM I NM II NM IIa NM III NM IIIa


LM21/36 DM
1)
fvk0 (MN/m²) 0,02 0,08 0,18 0,22 0,26
1) Für Mauerwerk mit unvermörtelten Stoßfugen sind die Werte zu halbieren. Eine Stoßfuge gilt als vermörtelt,
wenn mindestens die halbe Stoßfuge vermörtelt ist.

Steinfestigkeitsklasse 2 4 6 8 12 20 >=28
max fx2 (MN/m²) 0,02 0,04 0,08 0,10 0,20 0,30 0,40

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 16


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6.3 Schubfestigkeit
Die Schubfestigkeit fvk ist eine wichtige Größe für die Beurteilung der
Querkrafttragfähigkeit von Mauerwerk, die insbes. beim Standsicherheitsnachweis
von Aussteifungswänden und Kellerwänden zum Tragen kommt.

6.3.1 Scheibenschub
Die Schubfestigkeit unter Scheibenbeanspruchung bestimmt sich an dem von
Mann/Müller entwickelten Versagensmodell aus dem Gleichgewicht an einem
Einzelstein. Eine Übertragung von Schubspannungen über die Stoßfuge wird hierbei
aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen:

Die Schubfestigkeit wird erreicht, wenn entweder die Steine (auf Zug oder Druck)
oder der Mörtel (auf Schub) versagen:

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 17


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Da ein Steindruckversagen sehr selten ist, wird dieses im vereinfachten


Berechnungsverfahren ausgeschlossen. Weiterhin wurden im vereinfachten
Berechnungsverfahren bei der Steinzugfestigkeit weit auf der sicheren Seite liegende
Ansätze durch eine Begrenzung der max. Schubfestigkeit auf max fvk gewählt,
weswegen u.U. mit dem genaueren Verfahren signifikant höhere Schubfestigkeiten
(ohne größeren Rechenmehraufwand!) erzielt werden können.

Nachweis nach dem vereinfachten Verfahren: f vk = f vk 0 + 0,4 ⋅ σ Dd ≤ max f vk

Da hierbei grundsätzlich für σDd von einer über die überdrückte


Querschnittsfläche gemittelten Spannung ausgegangen wird, darf für den
Reibungsbeiwert in der Lagerfuge nicht 0,6, sondern nur 0,4 angesetzt werden.
Außerdem wird auch hier nur die abgeminderte Haftscherfestigkeit fvk0 zugelassen.

max fvk fbz


Hohlblocksteine 0,012 fbk 0,025 fbk
Hochlochsteine, Steine mit 0,016 fbk 0,033 fbk
Grifföffnungen oder Löchern
Vollsteine ohne Öffnungen 0,020 fbk 0,040 fbk

fvk = Schubfestigkeit
fbk = charakteristischer Wert der Steindruckfestigkeit (SFK)
fbz = Steinzugfestigkeit

Mörtelart NM I NM II NM IIa NM III NM IIIa


LM21/36 DM
1)
fvk0 (MN/m²) 0,02 0,08 0,18 0,22 0,26
1) Für Mauerwerk mit unvermörtelten Stoßfugen sind die Werte zu halbieren. Eine Stoßfuge gilt als vermörtelt,
wenn mindestens die halbe Stoßfuge vermörtelt ist.

σ Dd
Genaueres Verfahren: f vk = f vk 0 + 0,4 ⋅ σ Dd ≤ 0,45 ⋅ f bz ⋅ 1 + ≤ f d − σ Dd
f bz

6.3.2 Plattenschub

Bei Plattenschubbeanspruchung ist im Normalfall nicht mit einem Versagen der


Steine (weder auf Zug noch auf Druck) zu rechnen. Allein maßgebend ist hier das
Reibungsversagen in der Lagerfuge. Da außerdem keine ungleichmäßig verteilten
Spannungen in der Lagerfuge auftreten, kann mit dem normalen Reibungsbeiwert
von μ = 0,6 in der Lagerfuge gerechnet werden.

Somit ergibt sich für den Nachweis bei Plattenschub (sowohl im vereinfachten wie
auch im genauern Verfahren) die folgende Gleichung: f vk = f vk 0 + 0,6 ⋅ σ Dd

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 18


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6.4 Verformungseigenschaften

Zur Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit von Mauerwerksbauten werden die


Verformungseigenschaften von Mauerwerk benötigt. Auf Grund von
unterschiedlichen Feuchte-, Last- und Temperatureigenschaften kann es zu
unerwünschten Rissen infolge von Zwangbeanspruchung kommen, welche im
Normalfall als unkritisch für die Standsicherheit angesehen werden können. Die
Gebrauchstauglichkeit und das optische Erscheinungsbild jedoch können dadurch
negativ beeinflusst werden.

In der folgenden Tabelle 3 der DIN 1053-100 sind die wesentlichen Kennwerte
zusammengestellt:

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 19


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7 Vereinfachtes Berechnungsverfahren nach DIN 1053-100


Beim vereinfachten Verfahren werden mehrere wichtige Einflüsse sehr vereinfacht
über Traglast mindernde Faktoren berücksichtig:
ƒ Einspannungen zwischen Wand und Decke.
ƒ Verformungen nach Theorie II. Ordnung.
ƒ Unplanmäßige Lastexzentrizitäten (Imperfektionen).
ƒ Wind auf die Außenwände.

7.1 Anwendungsvoraussetzungen

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7.2 Nachweis für Biegung und Normalkraft

Der Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit erfolgt wie üblich durch den
Vergleich der unter Berücksichtung aller möglichen Lastfallkombinationen
ungünstigsten Bemessungswerte der einwirkenden und der aufnehmbaren
Normalkraft: N Ed ≤ N Rd = Φ ⋅ A ⋅ f d mit f d = η ⋅ f k γ M

A = Gesamtfläche des Wandquerschnitts


fd = Bemessungswert der Druckfestigkeit des Mauerwerks
η = 0,85 Dauerstandsfaktor
Φ = Abminderungsfaktor für (Biegung/Knicken/Endauflagerverdrehung)

Knicklänge einer Wand

Die Knicklänge hk für 2-seitig gehaltene Wände erfolgt vereinfacht mit dem
Knicklängenbeiwert β gemäß der folgenden Tabelle zu hk = β ⋅ hs

Wanddicke d (cm) Knicklängen- Mindestauflager-


beiwert β tiefe a (cm)
d <= 17,5 0,75 a=d
17,5 < d <= 25 0,9 a=d
d > 25 1,0 a >= 17,5

β ⋅ hs
3-seitig gehaltene Wand: b´≤ 15 ⋅ d hk = ≥ 0,3 ⋅ hs
⎛ β ⋅ hs ⎞
2

1+ ⎜ ⎟
⎝ 3 ⋅ b´ ⎠
b´ = Abstand vom freien Rand zur Wandmitte der aussteifenden Wand

β ⋅ hs
4-seitig gehaltene Wand: b ≤ 30 ⋅ d hs ≤ b : hk = hs > b : hk = b
⎛ β ⋅ hs ⎞ 2
2

1+ ⎜ ⎟
⎝ b ⎠
b = Abstand der Wandmitten der aussteifenden Wände

1 + 2 ⋅ N od N ud
Frei stehende Wand (Kragarm): hk = 2 ⋅ hs ⋅
3

hk
Schlankheit einer Wand ≤ 25
d

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Abminderungsfaktoren Φi

Φ1 berücksichtigt die Traglastminderung infolge der Reduzierung der


Querschnittsfläche durch eine Lastausmitte bei vorwiegender Biegebeanspruchung
unter der Annahme eines Spannungsblocks (plastisches Verhalten):

e
Φ1 = 1 − 2 ⋅
l
M
mit e = Ed
N Ed
Bei Platten: l = d

Φ2 berücksichtigt die Traglastminderung bei Knickgefahr:

2
⎛h ⎞
Φ 2 = 0,85 − 0,0011⋅ ⎜ k ⎟
⎝d ⎠

Φ3 berücksichtigt die Traglastminderung durch die Deckenverdrehung (exzentrische


Lagerung) am Endauflager. Wird die exzentrische Lasteinleitung durch konstruktive
Maßnahmen (z.B. durch eine Zentrierleiste) vermieden, kann mit Φ3 = 1,0 gerechnet
werden.

Deckenspannweite l <= 4,20 m:


Φ 3 = 0,90
4,20 < l <= 6,00 m für fk >= 1,8 N/mm²
l
Φ 3 = 1,6 − ≤ 0,9
6
4,20 < l <= 6,00 m für fk < 1,8 N/mm²
l
Φ 3 = 1,6 − ≤ 0,9
5
Dachdecke:
Φ3 = 1 3

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Die Nachweise sind grundsätzlich am Wandkopf und am Wandfuß


(Regelbemessung) und in Wandmitte (Knicken) zu führen:

Nachweise bei überwiegend zentrisch belasteten Wänden und Pfeilern (Bild a):

Bei zentrischer Belastung ist in der Regel die Wandmitte (Knicken) oder der Wandfuß
(Regelbemessung) maßgebend. Vernachlässigt man die geringe Zunahme der
Normalkraft infolge des Wandeigengewichts von der Mitte bis zum Wandfuß, dann
kann man den Nachweis prinzipiell am Wandfuß führen:

Nachweis vereinfacht am Wandfuß: N Ed ≤ N Rd = min(Φ 3 , Φ 2 ) ⋅ A ⋅ f d

Nachweise bei überwiegend exzentrisch belasteten Wänden (Bild b):

Der Einfluss einer planmäßigen Exzentrizität um die starke Achse wird durch den
Abminderungsbeiwert Φ1 erfasst (vgl. oben). In der Regel sind hier ebenfalls die
Nachweise in Wandmitte (Knicken) oder am Wandfuß (Regelbemessung)
maßgebend.

Da sich beim Knicknachweis beide Einflüsse überlagern, ergibt sich der


Abminderungsbeiwert in Wandmitte zu Φ = Φ1 ⋅ Φ 2

Achtung: Eine Multiplikation von Φ1 mit Φ3 am Wandfuß oder Wandkopf ist hingegen
nicht erforderlich!

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7.3 Nachweis der Querkraft

Der Nachweis der Querkraft im Grenzzustand der Tragfähigkeit gilt sowohl für Platten
1 f 1 f
wie auch für Scheiben: VEd ≤ VRd = ⋅ Ac ⋅ vk ≤ ⋅ A ⋅ vk
c γM c γM
Ac = Überdrückte Querschnittsfläche bei linearem Materialverhalten
A = Querschnittsfläche der gesamten Wand

Faktor c zur Berücksichtigung der Schubspannungsverteilung über den Querschnitt:

hw/l <= 1,0: c = 1,0


hw/l >= 2,0: c = 1,5
Zwischenwerte interpolieren:
⎛h ⎞
c = 1,0 + ⎜ w − 0,5 ⎟ ≤ 1,5 ≥ 1,0
⎝ l ⋅2 ⎠
Für Platten gilt generell c = 1,5.

Die Schub- und Normalspannungsverteilung ist unter der Annahme eines linear-
elastischen Materialverhaltens zu ermitteln. Die folgenden Bilder zeigen die
Spannungsverteilungen für einen ungerissenen und einen gerissenen
Wandquerschnitt:

Für den Nachweis von Windscheiben (ohne Erddruck) darf wegen der kurzen
Lasteinwirkungsdauer die Querkrafttragfähigkeit wie folgt erhöht werden:
4 1 f 9 1 f
Für Windscheiben: VEd ≤ VRd = ⋅ ⋅ Ac ⋅ vk ≤ ⋅ ⋅ A ⋅ vk
3 c γM 8 c γM

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7.4 Nachweis der Randdehnung bei Wandscheiben

Hierbei handelt es sich um einen Nachweis im Grenzzustand der


Gebrauchstauglichkeit. Die Randdehnung wird hierbei unter der Annahme eines
linear-elastischen Materialverhaltens ermittelt (siehe Schubnachweis).

Für die ungünstigste Lastkombination im Grenzzustand der


Gebrauchstauglichkeit ist folgendes nachzuweisen:

ƒ Die Fuge unter der seltenen Lastkombination darf maximal bis zur Mitte
klaffen (e <= l/3):
ƒ Die Randdehnung auf der Zugseite darf bei seltener Lastkombination nicht
größer als 10-4 werden, wenn die Haftscherfestigkeit fvk0 beim
Querkraftnachweis in Rechnung gestellt wird.
ƒ Wenn die Haftscherfestigkeit fvk0 beim Querkraftnachweis nicht angesetzt wird
(fvk0 = 0!), dann darf die Randdehnung auf der Zugseite bei häufiger
Lastkombination nicht größer als 10-4 werden

Durch einsetzen der Randspannung σD für einen gerissenen Querschnitt ergibt sich
σ ⎛ l ⎞
die Randdehnung: εR = D ⋅⎜ − 1⎟
Ek ⎝ 3 ⋅ c ⎠

Der o.g. E-Modul gilt näherungsweise, der genaue Wert ist der Tabelle für die
Verformungseigenschaften aus der DIN 1053-100 zu entnehmen.

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8 Einzellasten und Teilflächenpressung


Bei Einleitung von vertikalen Einzellasten in eine Wand, wodurch punktuell eine
Teilflächenpressung entsteht, darf die günstige Wirkung des hierbei entstehenden
räumlichen Spannungszustandes pauschal durch eine Erhöhung der
Druckfestigkeit fd um den Faktor α = 1,3 ausgenutzt werden, wenn die dabei
entstehenden Spaltzugkräfte sicher aufgenommen werden können.

Dies ist nur dann möglich, wenn das in


der DIN 1053 vorgegebene
Überbindemaß von ü >= 0,4h
eingehalten wird und die in dem
folgenden Bild dargestellten
Bedingungen erfüllt sind.

Nach DIN 1053 darf bei


eingehaltenem Überbindemaß von ü
>= 0,4h ein Lastausbreitungswinkel
von α = 60° angesetzt werden. Bei
reduziertem Überbindemaß sind unter
Umständen (vgl. Zulassung) größere
Winkel anzusetzen!

ACHTUNG: Dieser Nachweis ersetzt


nicht den Nachweis der gesamten
Wand, weshalb immer auch der
Knicksicherheitsnachweis in
Wandmitte zu führen ist.

Die DIN 1053-100 lässt auch eine genauere Ermittlung des Erhöhungsfaktors α über
das Verhältnis a1/l1 zu, wenn e <= d/6 und A1 <= 2d² eingehalten sind:

Erhöhungsfaktor α: α = 1,0 + 0,1 ⋅ a1 l1 ≤ 1,5

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9 Vereinfachter Nachweis von Kellerwänden


Bei Kelleraußenwänden kann nach DIN 1053-100, Abschnitt 10, der genaue
rechnerische Nachweis auf Erddruck entfallen, wenn die folgenden Bedingungen
erfüllt sind:
ƒ Die Kellerwanddicke muss mindestens d >= 24 cm sein.
ƒ Die Kellerdecke wirkt als Scheibe und kann die aus dem Erddruck
resultierenden Kräfte aufnehmen.
ƒ Die Erdanschüttung ist reicht maximal bis zur Unterkante der Kellerdecke
(max. hs = 2,60 m) und verläuft horizontal.
ƒ Die Verkehrslast auf der Erde beträgt nicht mehr als qk = 5 kN/m².
ƒ Die Bemessungswerte der jeweils maßgebenden Wandnormalkräfte
max/minN1,Ed und max/minN0,Ed liegen innerhalb der zulässigen Grenzen.

Die DIN 1053-100 erlaubt es alternativ, die maximale und die minimale Normalkraft
am Wandkopf oder in Höhe der halben Erdanschüttung nachzuweisen:
γ ⋅h ⋅h 2
Nachweis bei he/2: N1,Rd = f d ⋅ d 3 ≥ max N1,Ed N1,lim,d = e s e ≤ min N1,Ed
20 ⋅ d

Nachweis am Wandkopf: N 0,Rd ≥ max N 0,Ed N 0,lim,d ≤ min N 0,Ed

Ist die Kelleraußenwand durch Querwände oder statisch nachgewiesene Bauteile im


Abstand b ausgesteift, so dass eine 2-achsige Lastabtragung vorliegt, dann dürfen
die unteren Grenzwerte folgendermaßen nachgewiesen werden:

α ⋅ N 0,lim,d ≤ min N 0,Ed α ⋅ N1,lim,d ≤ min N1,Ed

Abminderungsfaktoren α für 2-achsige Lastabtragung gemäß der folgenden Tabelle


(Zwischenwerte interpolieren):

b/hs <= 1 1,25 1,5 1,75 >= 2


α 0,50 0,63 0,75 0,88 1,00

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 27


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10 Literatur
Eine Umfangreiche Sammlung von Fachbeiträgen zum Thema Mauerwerk zu allen
denkbaren Themen kann unter den folgenden Links gefunden werden:

www.kalksandstein.de
www.poroton.de
www.ziegel.de

Mauerwerk.doc 17.05.08 Seite 28

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