Technisches - Handbuch SIMONA Kunststoffe

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technisches.

Handbuch
SIMONA® Kunststoffe
Kunststoff – die wohl vielseitigste und bedeutungsvollste
­Werkstoffgruppe des 20. und 21. Jahrhunderts, ohne die ­unsere
­heutige Welt nicht funktionieren würde.
Kunststoffe lösen heute Probleme in den unterschiedlichsten
Bereichen, von Industrie und Technik über Fahrzeugbau und
Konsumgüter bis hin zur Medizintechnik.
Inhalt
1

1 Vorwort 7 3.13 Polymethylmethacrylat (PMMA) 25


3.14 Polycarbonat (PC) 25
2 Chemische Grundlagen der Kunststoffe 8 3
2.1 Thermoplaste 8 4 Werkstoffkennwerte 27
2.1.1 Amorphe Thermoplaste ohne 4.1 PE 28
Seitengruppen 11 4.2 PP 30
2.1.2 Amorphe Thermoplaste mit 4.3 PVC hart 31
4
Seitengruppen 12 4.4 PVC geschäumt 32
2.1.3 Teilkristalline Thermoplaste 12 4.5 PETG, PVDF, ECTFE, PFA 33
2.1.4 Zusammenfassung Thermoplaste 13
2.2 Duroplaste 14 5 Physikalische Eigenschaften 34
2.2.1 Ungesättigte Polyesterharze (UP) 14 5.1 Mechanische Eigenschaften 34 5
2.2.2 Epoxidharze (EP) 15 5.1.1 Mechanische Eigenschaften
2.2.3 Phenacrylatharze (PHA) der Thermoplaste 38
oder Vinylesterharze (VE) 15 5.1.2 Der Zugversuch 39
2.2.4 Phenolharze (PF) 16 5.1.3 Der Biegeversuch 41
2.3 Elastomere 16 5.1.4 Der Druckversuch 43
5.1.5 Der Torsionsschwingversuch 43
3 Allgemeine Beschreibung der 5.1.6 Der Ring- und Segmentscherversuch 44
SIMONA Thermoplaste
®
17 5.1.7 Der Stirnzugversuch 45
3.1 Polyethylen (PE) 17 5.1.8 Prüfung der Kerbschlagzähigkeit 46
3.2 Polypropylen Homopolymer (PP-H) 18 5.1.9 Prüfung der Schlagzähigkeit 46
3.2.1 Isotaktisches Polypropylen 18 5.1.10 Oberflächenhärte 48
3.2.2 Syndiotaktisches Polypropylen 18 5.1.10.1 Kugeldruckhärte H nach DIN
3.2.3 Ataktisches Polypropylen 19 EN ISO 2039-1 48
3.3 Polypropylen Copolymer (PP-C) 19 5.1.10.2 Härte nach Shore D gemäß DIN
3.4 Polyvinylchlorid (PVC-U) 20 EN ISO 868 48
3.5 Nachchloriertes Polyvinylchlorid (CPVC) 21 5.1.11 Verschleißeigenschaften 48
3.6 Polyvinylidenfluorid (PVDF) 21 5.1.11.1 Der Sand-Slurry-Test 50
3.7 Ethylenchlortrifluorethylen (ECTFE) 22 5.2 Thermische Eigenschaften 51
3.8 Ethylentetrafluorethylen (ETFE) 22 5.2.1 Wärmeleitung 51
3.9 Perfluoralkoxy Copolymer (PFA) 23 5.2.1.1 Wärmekapazität 52
3.10 Glykolmodifiziertes Polyethylentere- 5.2.1.2 Wärmeleitfähigkeit 52
phthalat (PETG) 24 5.2.2 Wärmedurchgang 52
3.11 Polymilchsäure (PLA) 24 5.2.3 Wärmeausdehnung 53
3.12 Polyamide (PA) 25 5.2.4 Prüfung der Wärmeformbeständigkeit 55

technisches.Handbuch
5.3 Brandverhalten 55 9 Kunststoffphysik 77
5.3.1 Brandprüfung nach DIN 4102 55 9.1 Spannungsarten 77
5.3.2 SBI-Test nach DIN EN 13823 57 9.2 Verminderung der Eigenspannungen 79
5.3.3 Brandtest nach FM 4910 58 9.3 Wärmespannungen 80
5.3.4 Brandprüfungen nach UL 94 59 9.4 Einfluss von Orientierungen auf
5.4 Permeation 60 die Eigenschaften von Kunststoffen 84
5.5 Wasseraufnahme 61 9.5 Schrumpf 84
5.6 Elektrische Eigenschaften 62 9.6 Schwindung 85
5.6.1 Elektrische Leitfähigkeit 62 9.7 Einflüsse auf die Bauteilfestigkeit 85
5.6.2 Dielektrische Eigenschaften 62 9.7.1 Kerbwirkung 85
5.6.3 Elektrische Durchschlagfestigkeit Ed 9.7.2 Schweißen von Thermoplasten 86
nach DIN 53481 / VDE 0303-1 64 9.7.2.1 Verschweißbarkeit unterschiedlicher
5.6.4 Elektrische Kriechstromfestigkeit Werkstofftypen 86
nach DIN 53480 / VDE 0303-1 64 9.7.2.2 Schweißverfahren 87
5.6.5 Elektrostatische Aufladung 64 9.7.2.3 Gestaltfestigkeit 88
9.7.2.4 Lage von Schweißnähten 89 6
6 Chemische Eigenschaften 65 9.8 Spannungen 90
9.9 Spannungsrissbildung 93
7 Sonstige Eigenschaften 67 9.9.1 Eigenspannungen 94
7.1 Physiologische Unbedenklichkeit 67 9.10 Berechnung der zulässigen
7.1.1 Kontakt mit Lebensmitteln nach Kaltbiegeradien 95
7
Europäischen Richtlinien 67 9.11 Alterung 96
7.1.2 Kontakt mit Trinkwasser 68 9.11.1 Alterungsprozesse durch Licht 96
7.2 Strahlenbeständigkeit 69 9.11.1.1 Photolyse 96
9.11.1.2 Photooxidation 97 8
8 Langzeiteigenschaften 70 9.11.2 Sonstige Alterungsprozesse 97
8.1 Prüfverfahren 70 9.11.3 Prüfung der Alterung 97
8.1.1 Zeitstandzugversuch 70
8.1.2 Zeitstandinnendruckversuch 70 10 Rechtliche Hinweise und Beratung 99
9
8.1.3 Full-Notch-Creep-Test (FNCT) 71
8.1.4 Zeitstandkurven 71 11 Abbildungs-, Tabellen- und
8.1.5 Isochrone Spannungs-Dehnungs- Literaturverzeichnis 100
Diagramme 74
8.2 Statische Berechnungen 75 10
8.3 Werkstoffe im prüfzeichenpflichtigen
Behälterbau 76

11

technisches.Handbuch
1 Vorwort
1

Kunststoff – ein Begriff, der unserer Tage durchaus mit Als Hersteller von thermoplastischen Kunststoffpro-
unterschiedlichen Emotionen belegt wird: Einerseits im dukten wie Halbzeugen, Rohren und Formteilen sowie
Zuge von Umweltschutzdiskussionen (Stichwort „ma- Fertigteilen und Bauteilkomponenten sind auch wir bei
rine littering“) als eher negative Entwicklung in unse- der SIMONA AG ständig auf der Suche nach neuen An-
rer Zivilisation, andererseits als die wohl vielseitigste wendungen und Produkten.
und bedeutungsvollste Werkstoffgruppe des 20. und Die SIMONA AG wurde 1857 als lederverarbeitende
21. Jahrhunderts, ohne die unsere heutige Welt nicht Industrie der Gebrüder Simon gegründet. Unsere Firmen-
funktionieren würde. Kunststoffe lösen heute Probleme geschichte spiegelt die Entwicklung der Industriegesell-
in den unterschiedlichsten Bereichen, von Industrie und schaft wider. Die Produktpalette wandelte sich infolge
Technik über Fahrzeugbau und Konsumgüter bis hin zur der veränderten weltwirtschaftlichen Bedingungen und
Medizintechnik. der technischen Innovation grundlegend. Es vollzog sich
Dabei ist der Ursprung des Kunststoffes – also eines ein Wechsel vom Naturstoff Leder hin zu hochwertigen
Stoffes, der kein natürliches Element, sondern ein Kunststoffhalbzeugen, die auf definierten, industriell
künstlich hergestelltes Produkt ist – bereits Ausgang des hergestellten synthetischen Polymeren basieren.
19. Jahrhunderts zu finden. Ob Naturkautschuk oder aus Dieser Paradigmenwechsel im Unternehmen konnte
Zellulose hergestellte Derivate („Zelluloid“) – der, heute nicht zuletzt deshalb erfolgreich gemeistert werden,
wieder durch intensives Marketing im Rahmen von Nach- weil wir als Pionier im Bereich der Kunststoffhalbzeuge
haltigkeits- und Umweltschutzdiskussionen geprägte, gemeinsam mit unseren Kunden viele der heutigen
„Biokunststoff“ war geboren. Später dann kamen weitere, Anwendungen entwickelt haben und immer noch wei-
auch heute noch gebräuchliche Massenkunststoffe terentwickeln. Unser Unternehmen hat sich an dieser
hinzu, welche petrochemisch – also auf Mineralölbasis – Stelle also nicht nur durch eine hohe Material- und
hergestellt wurden und werden. Verfahrenskompetenz, sondern auch durch eine hohe
So wurde PVC bis Mitte der 20er Jahre im Labor entwi- Detailkenntnis der jeweiligen Anwendungen sowie deren
ckelt und erblickte erst ca. 1930 das industrielle Licht. Auswirkungen und Zusammenhänge mit dem Material
Nach dieser Zeit wurden die ersten PVC-Rohre herge- an sich ausgezeichnet. Im hier vorliegenden Handbuch
stellt. Mitte der 40er Jahre war dann die Geburtsstunde haben wir diese Material- und Anwendungskompetenz
von Polyethylen und Polypropylen. In den 50er Jahren zusammengefasst und wenden uns damit an Sie als
wurden daraus die ersten Industriegüter gefertigt. Die unsere Kunden. Also an Personen, die sich – wie wir bei
fluorierten Kunststoffe wie Teflon (PTFE) wurden eben- SIMONA – dem Werkstoff Kunststoff und dessen vielsei-
falls in dem letztgenannten Zeitraum industriell eingesetzt. tigsten und flexiblen Anwendungsmöglichkeiten verbun-
Den größten Boom jedoch erlebten die Kunststoffe nach den fühlen und sich dadurch stets neu begeistern lassen
dem zweiten Weltkrieg als wichtiger Grundpfeiler der können. Es soll Ihnen Nachschlagewerk, Schulungsunter-
fortschreitenden Industrialisierung. Dabei sind weder die lage und Ideengeber zugleich sein.
Entwicklung spezieller Kunststoffe noch das Entdecken In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude mit
neuer Anwendungen für diese Werkstoffgruppe am Ende. diesem Handbuch und freuen uns über jegliche Rück-
Gerade für spezialisierte oder funktionalisierte Bauteile meldungen Ihrerseits.
werden stets neue Werkstoffgruppen entwickelt und zur
Serienreife gebracht. SIMONA AG
Technical Service Center/Anwendungstechnik

technisches.Handbuch 7
2 Chemische Grundlagen der Kunststoffe

Die Natur kennt zahlreiche Biopolymere, doch die denen sie zusammengesetzt sind. Zusätzlich unter-
heutzutage gebräuchlichen Kunststoffe sind Polymere, teilt man die verschiedenen Kunststoffe anhand ihrer
die synthetisch aus Erdöl, Erdgas und Kohle oder durch temperaturabhängigen mechanischen Eigenschaften in
Umwandlung von Naturprodukten (z.B. Zucker etc.) Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste.
hergestellt werden. Sie sind als organische Verbin-
dungen definiert, die aus Makromolekülen mit einer
Molekülmasse von > 104 u (1 u = 1/12 der Masse von 2.1 Thermoplaste
12C) aufgebaut sind. Makromoleküle sind dabei aus
Thermoplaste bestehen aus langgestreckten Polymeren,
Einzelbausteinen, den Monomeren, zusammengesetzt.
die durch sogenannte „van der Waalssche Bindungen“
Für die Makromoleküle werden auch die Bezeichnungen
untereinander verbunden sind. Diese rein physikali-
Oligomere und Polymere verwendet, die sich durch ihre
schen Bindungen beruhen auf der Wechselwirkung von
Molmassen bzw. Kettenlängen unterscheiden:
elektrischen Dipolen, so wie sich entgegengesetzte
magnetische Pole anziehen und gleichartige Pole absto-
Oligomere = 1.000 – 10.000
ßen. Die Stärke, oder genauer ausgedrückt, die Energie
Polymere = > 10.000
der Bindung hängt in diesem Fall von der Polarität der
Makromoleküle ab. Allgemein bezeichnet man diese
Die obige Definition ist derart allgemein, dass sogar
Wechselwirkungen als Dispersionskräfte, die in London-,
viele natürliche Werkstoffe zu den Kunststoffen gehö-
Debye- und Keesomkräfte unterschieden werden und
ren. Hierzu zählen Holz, Leder, Baumwolle, Wolle, Hanf,
deren Bindungsenergie in der genannten Reihenfolge
Seide uvm., die teilweise seit Menschengedenken als
ansteigt. Die Bindungsenergie W ist dabei umgekehrt
Werkstoffe genutzt werden. Weiterhin muss zwischen
proportional der sechsten Potenz des Abstands r der
biologischen und synthetischen Polymeren unterschie-
Moleküle zueinander:
den werden. Die meisten Biopolymere basieren auf
Polysachariden, also Vielfachzuckern, wohingegen syn-
W ~ r-6.
thetische Kunststoffe zum großen Teil auf der Fähigkeit
des Kohlenstoffatoms, homöopolare Bindungen (Atom-
Die van der Waalsschen Kräfte sind eine Sonderklasse
bindungen) zu bilden, basieren. Diese Bindungsart kann
der Keesomkräfte, wobei die Wasserstoffbrückenbin-
hochgradig stabil sein, wie das Beispiel des Diamanten
dung wiederum zu den van der Waalskräften zählt.
zeigt, bei dem ausschließlich Kohlenstoffatome im Gitter
Qualitativ kann die Bindungsenergie durch die Schmelz-
angeordnet sind. Kunststoffe bestehen in der Regel aus
temperatur, die Zugfestigkeit oder den Elastizitätsmodul,
Kohlenstoff und Wasserstoff, welche jedoch auch durch
der jedoch im energieelastischen Bereich liegen muss,
andere Elemente wie Sauerstoff, Stickstoff oder Haloge-
charakterisiert werden. Aufgrund der rein physikalischen
ne ersetzt werden können.
Bindung können die einzelnen Makromoleküle bei ge-
nügender Wärmezufuhr aneinander abgeschert werden,
Wie oben bereits erwähnt, erfolgt die systematische
ohne dass der Verband zerstört wird. Der Thermoplast
Einteilung der Kunststoffe anhand der Monomere, aus
erweicht und schmilzt bei höheren Temperaturen. Dieser

8 technisches.Handbuch
2

rein physikalische Prozess ist reversibel, so dass es mög-


lich ist, Thermoplaste miteinander zu verschweißen. Die
mechanischen und chemischen Eigenschaften erreichen
in der Schweißnaht nahezu die des Grundmaterials.
Beim Schweißprozess treten jedoch geringe Abbaume-
chanismen auf, die sich aber basierend auf langjähri-
gen Erfahrungen nicht negativ auf die Standfestigkeit
auswirken.
Abbildung 2: Strukturmodell eines teilkristallinen Thermoplasts

Thermoplaste werden in amorph und teilkristallin unter-


In der Industrie werden unterschiedlichste Thermoplas-
schieden. Die amorphen Thermoplaste besitzen ein
te in Abhängigkeit von der Anwendung eingesetzt. Die
Gefüge, in dem die Molekülketten nahezu ungeordnet
folgende Tabelle (Tabelle 1) soll einen Überblick über
(amorph) verteilt sind (Abbildung 1).
die wichtigsten Thermoplaste und deren Monomere
vermitteln.

Abbildung 1: Strukturmodell eines amorphen Thermoplasts

Teilkristalline Thermoplaste besitzen dagegen Bereiche,


in denen sich die Molekülketten parallel angeordnet
haben (kristalline Bereiche) (Abbildung 2). Diese Berei-
che wiederum trennen amorphe Gebiete. Thermoplaste
kristallisieren in der Regel derart, dass sich die Kristallite
in Überstrukturen, den Sphäroliten, anordnen. Solche
Kristallite haben eine höhere Dichte und Ordnung als die
amorphen Bereiche. Mit steigender Kristallinität sinkt
die Transparenz. Der Kunststoff wird tranzluzent (opak,
durchscheinend).

technisches.Handbuch 9
Kunststoff Monomer Monomerformel
Polyethylen (PE) Ethylen
CH3 Cl F F F R O F
H2C CH2 H2C R = CnF
F F F F F F

Polypropylen (PP) Propylen


Cl F F F R O F
Cl
CH 3
ClCH
Cl 3 F F F F R O F
HHH
22C
2CC CH2
HH2CC R = CnF2
H2C CH2 2 H 2C R = CnF2n+1
Cl F F F F OF F
F F F F F F F
H3C
O
Polyvinylidenchlorid (PVDC) Vinylidenchlorid F
O
CH3 OHCl
Cl
F
Cl
F R O F CH3
H2C Cl F R = CnF2n+1
H2C CH2 H C Cl H C F O
H2C H22C OF FH22C F F H2C F F O
Cl F O
OCl FOH H3C
HO H3C CH2 O
OH CH3 Cl O F F F R OO F
Polyvinylidenfluorid (PVDF) Vinylidenfluorid O
O H C CH3
Cl OH F H2C CH2 Cl H2FC 2 CH3
OH Cl CH3 F F R O
F FFCH3
F F F
O
F
H2C H C H C R = CnFO2n+1 CH3
H22C CH2 H22C O O O
Cl O F F F F F F F
CH3 O Cl F F F OHR HO
3C F
O H HOO OH HO O R = C F CH2
H2C CH2 H2C N CH2 n 2n+1 O
OH F H3NF Cl F
F F O
ClF O
Polyvinylchlorid (PVC) Vinylidenchlorid OH
OH H C CH3 F H 2C CH3
Cl 2 H2C NH3 H C H 2C CH 3 O
Cl F O 2 CH3O O
H C H C Cl O F CH O
O 2 H2C HOO H3COH
2 3
Cl
CH3
O O F OCl
OH O H C CH C
Cl HOCl 3
OF CH2 3
H O O O
HOH
2C HH2C O H2NC O CH3
N OH O
Polyethylenterephthalat-Glykol-modifiziert (PETG) Terephthalsäure & Ethylenglycol
Cl OH H3N F H3N O H 2C CHCH 3 3
NH3 OH
O O OH
NH
O H 3 3C CH
O3
R OO CH33 O
CH O
R
O O+ R' O OH HO + O OH
O HO R OH
O HOH O HO H CH H
OH O
OHO OH OCH CH3 CH32 Cl Cl OC
H O OH O CH3 Cl
O
2 O
N OH Epoxid O H 2C
O H3N O H C CH
Polystyrol (PS) Styrol NH3
2
O
3
O OH OH OH
CH
CHOH OH
HO O CH2
3
O OCH3 O 3
R HO R O OH
OH R O + + R R' R +
R' H H O R + Cl ClH H
H C CH
H O H O O N OHCH23 O
H 3H
O O
N OH
H3N H3N n
Epoxid CH3 NH3
Ethylen-Chlortrifluorethylen (ECTFE) Ethylen & Chlortrifluorethylen Epoxid NH 3 CH3
OH Cl CH F FOHR O F
O Cl H C FCH33 OF
CH Cl 3 F F
O F F OR O F
CH H2C CH2 2 HO F R O FOH HO R = CnF2n+1 OH
H O
R R O H2C3 CH H2C O+ F F F F R =FC FF R = CnF
N + H R' H2C CH2 H2C R 2 O3 F Cln 2n+1ClCH3
H N
O
F F H H FCH F F F F
O 3 OH O F F F F
NH 3 O
CH3 n
Epoxid O Cl O OH
HO Cl OH OH F OH
Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) Ethylen & Tetrafluorethylen O (TFE) H2C H 2C H2C O O
R O RCl R ClF CH CH R Cl Cl FCl F OF R O F
Cl+CHH 3 R'
Cl F FCl 3R O + F
HF R H
3 F +
ClC CH + RHFHR'
H C H3C H H R = CnF
H2C CH2 O H
H2CO2C H 22 C 2
OHC H 2
2C
H2COH F R = C n F2n+1 O
H2C O H F F F O F F
F F
Cl 2 F F F FF O O n
EpoxidCl EpoxidOH OH F OH CH3
O H3C H C
O3
R O O
R R'
O
+
Perfluoralkoxy-Polymere (PFA) Copolymer aus TFE und + Perfluoralkoxyvinylether R Cl O F O
H CH3 F FHO H R H OOH F O CH CH3
O OH ClOH
Cl F F OHF Cl R O F Cl F 2 CH
H2C CH2 CH
Cl
H23C OHF R = CnF2n+1 3 O
HH22CC Cl F F FR OHF2C F F n O CH3
H2C CH CH
Epoxid
2 3 H2C F H2C O FH2C F R=F CH nF2C
2n+1 O H2C
OO
H2C CH2 H2C Cl O FF FF FF F Cl R = FCFnF2n+1 F O F
CH3 Cl OF F R O OH H3C 3
CH
H2C CH2 H2C O F F F F
OH F HO RH=3CCnF2n+1 O
HO CH O CH2 O
F F F FH O F F 2 O
Polyamid 6 (PA6 – „Perlon“) oder ε-Caprolactam oder Hexamethylendiamin
Cl OH (HMD) OH N O O
H 2CCH3 CH3
OH Cl F OH H3N CH 3 H 2C CH 3 O
Polyamid 6.6 (PA6.6 – „Nylon“) ClH2C
und Adipinsäure (alsClAH-Salz)
H2C F H 2C
NH 3
CH3 O O
OO O
Cl H2C Cl HCl
2C F H2C O O HO CH3 OH CH 3
O F OHOC
H2C HCl
2C Cl C
H2Cl F O O CH3 Cl Cl
O F OH O oder 3 OH
ClH C F H O H C HO O O CH
2 H2C HH2CO HO 3
CH2O 2 O
N H3COHN O O O OH
Polylactid (PLA) Cl Milchsäureanhydrid
OH OH F O H CH3 OH
H3N O3N HNH CH3
O H2C CH3
OH RH3C CH R 2C 3 O
O + NH O O CH3
OR'3 3 R +
CH H O CH3 H H O
OH O O O3 OH O CH3 HO OH O OH
CH 3
O O HO
O
OH OH O Epoxid O CH n
O 3 Cl C
OO HO
OH H CHO O O CH ClCH3 Cl
HOO O 2 O 3
O OH OHH
O N ON
CH2 O OH C
HO CH CH
Polymethylmethacrylat (PMMA, auch „Acrylglas“ O
OH Methacrylsäuremethylesters
OH H3N(MMA) 2 O H3N H C 2
CH3NH O3
3
OH OH
OH HO CH2 NH3 H C
2 OH O OH
CH
oder „Plexiglas”) CH3O CH3O O CH3 O 3 O
HOO
2 R
OH RO R+ R' O CH3 + OH
R HO H2CO CH3 +R OH
O + H R' H R
CH O CH OH O H H Cl H
CH3
H Cl C
H O OO 3 Cl
O OH 3
H O N O Epoxid
CH
O 3 n
Polycarbonat (PC, auch „Makrolon”) H O N Bisphenol H3N Epoxid
N H3N A und Phosgen NH3 OH OH
H OH3N NH3 O OH CH3 O OH O
O
N NH3 O R R HO CH3 R OHO +
H3NR O R' CH3 + H R' R
OO + H NHHO O HOR O+3OH
CH H H Cl Cl H H
O
3
O O CHOH 3 CH3
OHCl Cl
O O
O OH O
HO CHEpoxid ClOH Cl
OO 3 n
O Epoxid OH OH
O O CH Cl Cl
Tabelle 1: Auswahl an Thermoplasten und die (möglichen) zugehörigen Monomere OH
3 O OH
R O R O + OH
+ H R' R OH R O
R R' + H H
+ O R R OH OH OH
R H + H H
+ H R' O R OH H H
O n
R Epoxid R n
10 O + H R' OH R + technisches.Handbuch
Epoxid H H n
Epoxid O OH
n
Epoxid
2

Alkene mit der Summenformel CnH2n werden auch als (High Density) und PE-UHMW (Ultra High Molecular
Olefine bezeichnet und die daraus gebildeten Makro- Weight).
moleküle als Polyolefine. Aus Tabelle 1 gehören somit
lediglich Polyethylen und Polypropylen zu den Polyolefinen. PE-LD wird im Hochdruckverfahren bei 1.000 – 3.000 bar
Die in Tabelle 1 angegebenen Monomere reagieren und 150 – 300 °C hergestellt, wobei stark verzweigte
miteinander, indem die Doppelbindung aufgebrochen Ketten gebildet werden.
wird und somit die C-Atome, die zuvor durch eine Doppel-
bindung miteinander verbunden waren, jeweils eine freie PE-HD entsteht im Mitteldruckverfahren durch Lösemit-
Valenz (Bindung) bilden, an die sich weitere Monomere telpolymerisation in Xylol bei 150 – 180 °C und einem
anlagern können. Dieser Vorgang wird auch als Poly- Druck von etwa 35 bar als weitgehend lineare Ketten.
merisation und die entstandenen Makromoleküle als
Polymere bezeichnet. PE-UHMW wird im Niederdruckverfahren mit Ziegler-
katalysatoren bei 20 – 150 °C und 2 – 50 bar zu nahe-
Durch diesen Reaktionsmechanismus ist auch verständ- zu unverzweigten linearen Ketten hergestellt.
lich, dass sich aus den Monomeren in der Regel unver-
zweigte Makromoleküle bilden, die im Verband aufgrund
der unterschiedlichen physikalischen Wechselwirkungen 2.1.1 Amorphe Thermoplaste ohne Seitengruppen
geordnet oder ungeordnet vorliegen können. Liegt eine
Die amorphen Thermoplaste bestehen aus ungeordneten
Ordnung vor, d.h. sind die Moleküle parallel angeordnet,
Molekülketten als räumliche Struktur. Dieses Gefüge
so spricht man von einer Kristallinität. Sie liegt in vielen
beeinflusst entscheidend die Eigenschaften des Werk-
Fällen nicht im gesamten Werkstück vor, so dass es sich
stoffes. Er ist unter anderem transparent und zeigt beim
hier um einen teilkristallinen Werkstoff handelt. Die
thermischen Verarbeiten aufgrund fehlender (Nach-)
Höhe der Kristallinität wird durch den Einbau von Sei-
Kristallisation weniger Schrumpf und Schwindung als
tenketten oder -molekülen stark beeinflusst. In solchen
ein teilkristalliner Werkstoff. Ein amorpher Thermoplast
Fällen wird häufig ein teilkristalliner Thermoplast gebil-
(Abbildung 1) wird unterhalb der Glasübergangstempe-
det. Weiterhin kann die Kristallisation durch den Einbau
ratur TG eingesetzt. Hier verhält sich dieser Werkstoff
von Fremdmonomeren in der Kette (Copolymerisation)
linear-elastisch. Mit weiter abnehmender Temperatur
vollständig verhindert werden. Ein Beispiel hierfür ist
reagiert der Thermoplast sehr schlagempfindlich. Ober-
das aus Ethylen und Propylen aufgebaute Copolymerisat
halb von TG fängt der amorphe Thermoplast an stark zu
EPDM, das durch den Einbau von 30 % Propylen amorph
fließen und verliert seine Gebrauchseigenschaften.
(nicht kristallin) erstarrt.

In der industriellen Technik werden obige Thermoplaste


noch durch den Herstellungsprozess sowie die Kombina-
tion mit Fremdmonomeren und Weichmachern modifiziert.
Polyethylen existiert z.B. als PE-LD (Low Density), PE-HD

technisches.Handbuch 11
linearelastisch visko-elastisch plastisch 2.1.2 Amorphe Thermoplaste mit Seitengruppen
E
σs Diese Werkstoffgruppe weist im Gegensatz zur vorheri-
Schmelze
gen schon bei sehr tiefen Temperaturen den Glaszustand

Gebrauchs- auf. Aufgrund des molekularen Aufbaus oder durch den


temperatur Zusatz geeigneter Additive ergeben sich oberhalb der
Glasübergangstemperatur zwei aufeinanderfolgende
εR
Bereiche, in denen diese Werkstoffe unterschiedlichen
Anwendungen ausgesetzt werden können.
TG FT ZT

Abbildung 3: Mechanische Eigenschaften amorpher 1. Nebenrelaxationsbereich:


Thermoplaste
Die Seitengruppen werden beweglich und die Werk-
stoffe somit zäher. Dies ist der eigentliche Tempera-
E = Elastizitätsmodul tureinsatzbereich. Die mechanischen Eigenschaften
TG = Glasübergangstemperatur verändern sich nur geringfügig.
σs = Streckspannung
εR = Reißdehnung 2. Hauptrelaxationsbereich:
FT = Fließtemperaturbereich Die amorphen Bereiche erweichen und der Werkstoff
ZT = Zersetzungstemperaturbereich geht in den thermoplastischen Zustand über.

Für PVC-U liegt die Gebrauchstemperatur zwischen 0°C Typische Werkstoffe aus dem SIMONA® Halbzeug-
und 60°C. Die Verarbeitung, wie beispielsweise die programm sind die schlagzäheren Materialien:
Umformung, erfolgt in der Regel oberhalb von TG. Im Tem-
peraturbereich über dem Fließtemperaturbereich beginnt J SIMONA® PVC-MZ-COLOR

der Thermoplast zu schmelzen. Dieser Temperaturbe- J SIMONA® PVC-GLAS-SX

reich wird zur Verschweißung genutzt.

Typische amorphe Thermoplaste aus dem 2.1.3 Teilkristalline Thermoplaste


SIMONA Halbzeugprogramm:
®

Teilkristalline Materialien besitzen vom strukturellen


Aufbau her teilweise parallel angeordnete Molekülketten
J SIMONA® PVC-CAW
(kristalline Bereiche) und solche mit räumlicher Filzstruk-
J SIMOPOR-LIGHT/-ULTRALIGHT
tur (amorphe Bereiche) (Abbildung 2). Diese vollkommen
J SIMONA® COPLAST-AS/-AS-X
gegensätzlichen Strukturen führen zu unterschiedlichen
J SIMONA® PVC-GLAS
Verhaltensweisen bei wechselnden Temperaturen, so
J SIMOLUX
dass auch bei diesem Werkstoff die Bezeichnungen
Haupt- und Nebenrelaxationsbereich ihre Berechtigung

12 technisches.Handbuch
2

finden. Im Gegensatz zu amorphen Thermoplasten mit Im Hauptrelaxationsbereich, dem Kristallitschmelzbe-


Seitengruppen oder den Copolymeren (Polymerisation reich, erweichen auch die kristallinen Anteile. Mit stei-
verschiedener Monomere zum Erreichen bestimmter gender Temperatur geht der Werkstoff in den Schmelz-
Eigenschaften) liegt die Einsatztemperatur zwischen zustand über und wird plastisch.
Haupt- und Nebenrelaxationsbereich. Bei sehr tiefen
Temperaturen (im Glaszustand) sind die teilkristallinen Typische Werkstoffe aus dem SIMONA® Halbzeugpro-
Thermoplaste spröde und damit schlagempfindlich. gramm:
Im Nebenrelaxationsbereich dagegen erweichen die
amorphen Anteile, so dass der Werkstoff im Einsatztem- J SIMONA® PE-HD

peraturbereich zähelastisch wird. Die Vorteile dieses J SIMONA® PE 100

Materials ergeben sich aus dem zähen Verhalten durch J SIMONA® PP-H AlphaPlus® / SIMONA® PP-H natur

erweichte amorphe Anteile und der gleichzeitig vorhan- J SIMONA® PVDF

denen Steifigkeit und Härte durch eingefrorene kristalli- J SIMONA® ECTFE

ne Anteile.

spröde zäh thermoplast. plast. 2.1.4 Zusammenfassung Thermoplaste

Wie aus den vorausgegangenen Kapiteln ersichtlich,


E hat die Molekülanordnung einen hohen Einfluss auf die

σs grundlegenden Eigenschaften der jeweiligen Werkstoff-


gruppe. Nachfolgend ein Vergleich der markantesten
εR Wesensmerkmale:

Amorphe Thermoplaste haben eine

TG FT ZT
J höhere Festigkeit

Abbildung 4: Mechanische Eigenschaften teilkristalliner J höhere Steifigkeit


Thermoplaste J höhere Oberflächenhärte
J höhere Oberflächengüte

E = Elastizitätsmodul J geringere Wärmedehnung

TG = Glastemperatur J geringere Verzugsneigung

σs = Streckspannung
εR = Reißdehnung Teilkristalline Werkstoffe dagegen haben eine
FT = Fließtemperaturbereich
ZT = Zersetzungstemperaturbereich J höhere Dehnfähigkeit
J höhere Schlagzähigkeit

technisches.Handbuch 13
Es ist anzumerken, dass die Eigenschaften und das unterscheidet bei den Duroplasten u.a. zwischen unge-
Verhalten von Kunststoffen wie Thermoplasten stark sättigten Polyesterharzen, Epoxidharzen, Phenacrylathar-
von den verwendeten Additiven beeinflusst werden. Die zen, Phenolharzen, Furanharzen und Melaminharzen.
obengenannten Eigenschaften sind insoweit als wertfrei
anzusehen, weil ihre Beurteilung anwendungs- und pro-
duktabhängig ist. Dazu sollen die nachfolgenden Kapitel 2.2.1 Ungesättigte Polyesterharze (UP)
weitere Informationen vermitteln.
Ungesättigte Polyesterharze werden in der Regel durch
eine Schmelzkondensation aus ungesättigten bi- oder
polyfunktionellen Carbonsäuren oder deren Anhydriden,
2.2 Duroplaste
gesättigten Dicarbonsäuren und Dialkoholen gebildet.
Duroplaste entstehen aus niedermolekularen Reaktions- Die Doppelbindungen der ungesättigten Carbonsäuren
harzen, die bei der Zugabe von chemischen Verbindun- verbleiben in den kondensierten Harzen als reaktive
gen (Härtern), Zufuhr von Wärme, Druck oder Licht- Stellen für die spätere Vernetzung. Die gesättigten Säure-
energie irreversibel miteinander chemisch zu einem verbindungen regulieren die Kettenlänge, die Reaktivität
dreidimensionalen Netzwerk reagieren (Abbildung 5). und die physikalischen wie auch chemischen Eigenschaf-
ten des Duroplastes. Der Name Polyester bezieht sich
auf die Estergruppen in den Makromolekülen.

Unterschiedliche Säuren und Dialkohole sind von


besonderem technologischem Interesse. Die Wahl der
einzelnen Komponenten hängt stark von den gewünsch-
ten mechanischen und chemischen Eigenschaften des
gehärteten Polyesters ab. Die einzelnen Komponenten
Abbildung 5: Strukturmodell eines Duroplasts können der Literatur entnommen werden [2].

Diese Reaktion wird auch als Vernetzungsreaktion be- Die Namensgebung der einzelnen Polyester schließt häu-
zeichnet. Als Ausgangsstoff verwendet man in der Regel fig den Namen des Glykols und/oder der Carbonsäure
lineare, niedermolekulare Reaktionsharze, die zusätzli- mit ein. So existieren o-Phthalsäure-Polyester, Bisphenol-
che reaktive Gruppen oder Doppelbindungen enthalten A-Polyester oder auch Terephthalsäure-Polyester, um nur
und somit weiter reagieren können (vernetzen). einige Beispiele zu nennen.

Aufgrund der chemischen Bindungen in vernetzten Die Polyester liegen meist zähflüssig oder fest vor und
Duroplasten können sie im Gegensatz zu den thermo- werden daher für die weitere Verarbeitung in Lösemitteln
plastischen Werkstoffen nicht geschmolzen und auch (z.B. Styrol) gelöst, die ebenfalls eine Doppelbindung
nicht miteinander verschweißt werden. Sie werden daher enthalten. Die linearen Polyesterketten werden dann
in unterschiedlichsten Industriezweigen eingesetzt. Man über Monomere, die gleichzeitig als Lösemittel für diese

14 technisches.Handbuch
OH

O
O OH
HO CH2
OH

H O
N
H3N
NH3
O
HO
O
O
O
2

OH
Harze dienen, miteinander vernetzt. Bei der Wahl der R
R R' +
+ R
Monomere muss darauf geachtet werden, dass der H
O OH
Polyester darin gut löslich ist und die Geschwindigkeit
Epoxid
der Selbstpolymerisation des reaktiven Lösemittels (Re-
aktivverdünner) geringer ist als die Copolymerisation mit Abbildung 6: Additionsreaktion eines Epoxids
dem UP-Harz. Das technologisch wichtigste Lösemittel ist
Styrol. Die Härtung eines Epoxidharzes erfolgt durch eine Poly-
additionsreaktion, wobei die Polymerisation der Epoxid-
Es können aber auch andere Reaktivverdünner einge- gruppen von untergeordneter Bedeutung ist. Als Härter
setzt werden, wie beispielsweise Methylmethacrylat, werden Carbonsäureanhydride und Polyamine verwen-
Diallylphthalat oder Triallylcyanurat, die jedoch dann det. Die Härter werden dabei in der Regel in das fertige
andere Eigenschaften der Polyestermischung und des Produkt eingebaut, so dass die Dosierung des Härters im
ausgehärteten Polyesters bewirken. Die Polymerisation äquimolaren Verhältnis bezüglich der reaktiven Gruppen
von ungesättigten Polyestern wird durch Radikale ausge- von Harz und Härter vorgenommen wird [2].
löst, die von organischen Peroxiden geliefert werden. Die
Peroxide zerfallen in der Wärme oder durch Beschleuni- Da Epoxidharze häufig hochviskos sind, werden zur
ger katalysiert auch bei Raumtemperatur zu Radikalen, besseren Verarbeitung reaktive Verdünner zugesetzt,
die die vorhandenen Doppelbindungen des Reaktivver- die selbst Epoxidgruppen besitzen und somit an der Ver-
dünners und des Polyesters öffnen. In der Industrie wird netzungsreaktion teilnehmen können. Somit werden die
als Härter häufig das Methylethylketonperoxid (MEKP) Eigenschaften eines Epoxidharzes ganz entscheidend
verwendet. von dem Härter und dem verwendeten Reaktivverdünner
mitbestimmt.
Die bei der Reaktion freiwerdende Energie in Form von
Wärme unterstützt die Radikalbildung. Die dabei entste-
hende Temperatur kann bis über 200 °C betragen und 2.2.3 Phenacrylatharze (PHA) oder Vinylester-
in extremen Fällen sogar zur Zerstörung des Polyesters harze (VE)
führen, wenn die Reaktionswärme nicht genügend
Vinylesterharze werden aus einem Epoxidharz und einer
schnell abgeführt wird.
ungesättigten organischen Säure gebildet. Sie werden
heute auch als Phenacrylatharze bezeichnet.

2.2.2 Epoxidharze (EP)


Die reaktiven Doppelbindungen befinden sich im Gegen-
Epoxidharze werden aus Epoxiden mit funktionellen satz zu den UP-Harzen nur an den Enden des Moleküls.
Gruppen und Verbindungen aufgebaut, die sich durch Dadurch findet in der Regel eine schnelle und vollständi-
die katalytische Abgabe von Wasserstoff (aktiv) an die ge Reaktion mit den Copolymeren während der Härtung
Epoxidgruppe mit dem Epoxid in einer Additionsreaktion statt. Dies bewirkt weiterhin, dass ein chemischer Angriff
verbinden (Abbildung 6). durch Hydrolyse oder durch Spaltung von restlichen C=C-

technisches.Handbuch 15
O
O
OH CH3
O
O
O OH
HO CH2 O
OH
H2C CH3
O
CH3

H O
N
H3N
NH3
CH3
O O
HO OH
O
O CH3 Cl Cl
O
Doppelbindungen infolge von Oxidation oder Haloge-
nierung von untergeordneter Bedeutung ist. Daher sind OH OH
O
R Vinylesterharze
ausgehärtete R
widerstandsfähiger gegen
+ H R' R +
H H
O Angriff als ungesättigte Polyesterharze
einen chemischen OH
oder auch Epoxidharze. n
Epoxid

Abbildung 7: Syntheseschema einer Methylenphenolgruppe als


Ein weiterer Vorteil liegt in den sekundären Hydroxyl- Strukturelement bei einem klassischen Phenoplast aus Phenol
gruppen im Vinylesterharz begründet, die mit silikatischen und Formaldehyd
Füllstoffen und Glas wechselwirken können und somit
eine erhöhte mechanische Festigkeit im Verbund mit Als Aldehyd wird industriell vorwiegend Formaldehyd
Glasfasern aufweisen. oder Paraformaldehyd eingesetzt. Die Härtung erfolgt
je nach Art des Phenolharzes in der Wärme (≥ 140 °C)
Vinylesterharze mit einer höheren Wärmeformbeständig- oder durch Zugabe eines sauren oder alkalischen Kataly-
keit werden aus epoxierten Novolaken, Acrylsäure und/ sators (Kalthärtung).
oder Methacrylsäure hergestellt [2].

Als Monomer für die Vernetzung wird in der Regel, analog 2.3 Elastomere
zu den ungesättigten Polyesterharzen, Styrol verwendet,
Elastomere sind im Gegensatz zu Duroplasten nur
in dem das Phenacrylatharz gelöst ist. Es können aber
schwach vernetzt. Sie sind nicht schmelzbar, aber schon
auch andere Monomere mit einer Doppelbindung wie
bei tiefen Temperaturen dehnbar und elastisch verform-
bei den UP-Harzen verwendet werden. Die Härtung der
bar. Elastomere wie Natur- und Silikonkautschuk sowie
VE-Harze erfolgt analog der der UP-Harze durch Wärme,
synthetische Elastomere wie z.B. Polyisobutylen finden
Peroxide oder Strahlung, die zur Bildung freier Radikale
unter anderem Anwendung als Reifen oder Dichtungen.
führt. Als Peroxid wird häufig Methylethylketonperoxid
(MEKP) und als Beschleuniger Cobaltoctoat und Amine
Im folgenden Verlauf werden nur noch Thermoplaste
wie Dimethylanilin eingesetzt.
beschrieben.

2.2.4 Phenolharze (PF)


Phenolharze oder auch Phenoplaste sind als Kunstharze
definiert, die durch die Kondensation von Phenolen,
Phenolabkömmlingen und Aldehyden gebildet werden.
Wichtige phenolische Ausgangsprodukte sind neben
Phenol ortho-, meta- und para-Kresol (Methylphenol),
Xylenole, Alkylphenole, Arylphenole und Resorcin.

16 technisches.Handbuch
3 Allgemeine Beschreibung der SIMONA® Thermoplaste

3.1 Polyethylen (PE) Diese Verzweigungen spiegeln den Grad der Kristallinität
wieder, d.h. je geringer deren Anzahl, desto höher die
Polyethylen weist von allen Kunststoffen die einfachste
Kristallinität. Gleichzeitig bedeutet jedoch eine steigen- 3
Molekülstruktur auf, und zwar durch die Aneinanderrei-
de Kristallinität eine höhere Dichte und einen höheren
hung von CH2-Segmenten.
Kristallitschmelzbereich.
H2 H2 H2
H2 H2 H H H H H H H H
C C CC C
C C C C C Kristallinität
C C C
DichteC C C C C
Schmelzbereich
H2 H2 H2 H2 H2 % g/cm3 °C
40 – 50 H H H – 0,94
H H H
130 –H145 H
H2 H2 H2 H2 H2 H H
PE-LD
H H H H H H
0,92
C CHC C C C
C 3 CH
C 3 CH
C 3 CH
C 3 CH
PE-HD 60 – 80 0,95 – 0,97 130 – 145
C 3 C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2 Cl Cl
Tabelle 2: Kenndaten von PE F F
H H H H H H H H H H H
H H H H H
H2 H2 FF F F F F F
H3 CCH3 CCH3 CH CH CH CH CH CH CH CH F F F F F F F
C C C Zur Beurteilung von Verhaltensweisen verschiedener
Cl Cl
H2 H2 H2 HC CH C HC CH
3
C HC CH
3
C HC CH
3
C
3 F F
Polyethylene wird die Kettenlänge eines Moleküls mit
H H H H H H H H H H H H F H H H Cl F
F F
H H H CH3 H H H CH3 F F F dem daraus resultierenden mittleren Molekulargewicht
C C C C F F F F F C CF F F
F
C C C C
C C8: Verschiedene
C C C schematische M (Summe der Atomgewichte aller in einem Molekül
ClC C C
Abbildung Darstellungsweisen
H CH3 H CH3 für PolyethylenCl F F H n H H n F F m
F 3H H H H CH F enthaltenen Atome) herangezogen.
H CH 3H H H H Cl F
H FH H F CH F3 C C F F Es ist anzumerken, dass es verschiedene Methoden gibt,
F F F H H H FH H CH F 3H H C C C C
C C C C AbhängigFvomHHerstellungsverfahren kann Polyethylen das Molekulargewicht zu bestimmen (z.B. Lichtstreuung,
C C C nC C C C C H H n FF FF m F F
H CH3 H H hoher und niedriger Dichte hergestellt werden. Beide Osmose, Viskosität, rechnerisch H nach
H Margolies).
F F Diese
H CH HH CH H H ClH F H CH
3 3 3
unterscheiden sich in der Anzahl der Verzweigungen F
verschiedenen F
Verfahren C jedoch
können C Cunterschied-
C
H CH3 H H C C C C F F
(Abbildung 9 und Abbildung F 10). F liche Molmassen bei gleichemHWerkstoff H n Fergeben.F m
C C C C H H n FFF m F H H F F
H H H CH3 F F F F O CH3
F F C C C C M möglich M technisch
C C C C F F O
O H H n F F m
gebräuchlich
F F PE-LD Cl 5.000
Cl – 50.000
Cl Cl Cl20.000 – 50.000
F F O F H HF FF m F CH3 n O
F O CH3 PE-HD 6.000 – 4.000.000 ca. 100.000
F F CnF2n+1 Cl C
O
C C
C F F O
PE-HMW 500.000 – 1.000.000 500.000
Abbildung 9: PE Hhoher
H Dichte
n F F m
F m CH3 Cl Cl Cl Cl Cl PE-UHMW > 1.000.000 ca. 4.500.000 –
n O 10.500.000
O O
H in g/mol
Tabelle 3: Molekulargewicht
N
MN < 10.000 = wachsartig N
Cl Cl Cl Cl Cl H H
n Abkürzungserklärung: O
O O O
H O O
OH N LD = Low Density
H
N O N N
H HDH N = High Density N
O n O H = High Molecular Weight H
O O HO O
HMW O
H O O O
OH
Abbildung
N 10: PE niedriger Dichte n H UHMW = Ultra High Molecular Weight
N O N N
H HN N H
n O H H N
O O
O n O O
H N
N H H H
N N N H
H H N N
O O O
CH3 O
O O
technisches.Handbuch
O O N O 17
H H N
H N3 H H H
N CH N N
O n
O O
CH3 O O
Ein steigendes Molekulargewicht verursacht eine höhere 3.2 Polypropylen Homopolymer (PP-H)
Viskosität der Schmelze. In Abbildung 11 sind die Eigen-
Im Gegensatz zum symmetrischen Molekülaufbau des
schaftsveränderungen in Abhängigkeit vom Molekularge-
PE befindet sich im monomeren Baustein des Polypro-
wicht schematisch dargestellt.
pylens eine CH3-Gruppe (Methylen-Seitengruppe). Diese
kann im Zuge der Polymerisation räumlich verschieden

Elektrische Eigenschaften
angeordnet sein. H2 H2 H2 H2 H2
C C C C C
C C C C C
Chemische Widerstandsfähigkeit H2 H2 H2 H2 H2

CH3 CH3 CH3 CH3 CH3


Zähigkeit
Abbildung
H H12: H
Schematische
H H Darstellung
H H Hvon PP
Spannungsriß-
F F F F
F F F F F
beständigkeit
C C C C C C C C
Spezifisches Gewicht H CH3 H CH3 H CH3 H CH3
3.2.1 Isotaktisches Polypropylen H2 F H2H H2 H2 H2
H H H CH3 H H H CH3 C C CC C C C
Alterung,
Abrieb,
Alle CH3-Gruppen befinden sich auf derselben Seite C der C C C C
Härte,
C C C C C C C C HF2 HH2 H2 H2 H2
Kohlenstoffkette bzw. weisen bei wendelförmiger Anord- n
Steifigkeit,
E-Modul
H CH3 H H H CH3 H H
nung nach
CH3außen.
CH3 CH3 CH3 CH3
H H H H H CH3 H H
F
Schweißen C H
H C H C H C H C H C H C H C F
F F F F
H CH H CH
C C 3C C 3C C C C 3H H H CH F F F F FF
Extrudieren
F
H CH3 H CH3 H CH3 H CH3
F H
H F H13: H CH H H H CH H
O CCH H2PP H2 H2 H2
3C
Abbildung Schematische
3 Darstellung eines
3 isotaktischen
2
Tiefziehen
F F F C C C C C
C C C C C CC CC C C C CF HCO C C C
OH2 H2n H2 H2 H2
H O CHF3 H HF HF CH3 H H
m CH3 n O
3.2.2 Syndiotaktisches Polypropylen
H CCH
nH 3 H
F2n+1
CHl 3H CHH3 CHCH H 3H
3 3 CH
SG 175.000 200.000 500.000 1.000.000
F
SG=Spritzguß PE-HD PE 100 PE 500 PE 1000
Die C
CH3-Gruppen C C sich
C C befinden C in C regelmäßiger
C Folge F
H H H H H H H H
H CH3 Hauf verschiedenen
abwechselnd CH3 H H HSeiten CHder
3
Kohlenstoff-
F F OF FF
Abbildung 11: Schematische Darstellung der Eigenschaften von C C C C C C C C
kette. F F F FF F
PE-HD in Abhängigkeit von der Molekülkettenlänge H CH3 H CH3 H CH3 H CH3 N
F H H
O CH3 n
HFHFH F HF H H CH
CH 3 O 3 C CO
CCCCC C C
C C C C C OH O F H O
O n
H O CHF3 H HF HF mCH3 H H CH3 n O N
O H
HO CnF14:
2n+1 l
Abbildung Schematische
H H H O H H Darstellung
CH3 H Heines syndio-
taktischen PP n F
C C C C C C C C F
H CH3 H CH3 H H H CH3 O
F
F
N
H
n H
F F F F O O CH3 N
O O
18
C
C C CH
C 3 OH
technisches.Handbuch O O
O O
O O N
O F O F F m CH3 n O HH
HO CH3 N
CnF2n+1 l O n
H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H H H
C C C C C
C C C C C C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2
H H H H H H H H

CH3 CH3 CH3 CH3 CH3


Cl Cl
F F
H H H H H H H H
F F F F F F F
C C C C C C C C F F F F F F F
H CH3 H CH3 H CH3 H CH3
3.2.3 Ataktisches Polypropylen F H (hoher E-Modul), wohingegen β-nukleiertes PP flexibler
H H Cl F
H H H CH3 H H H CH3 C C ist und eine erhöhte Schlagzähigkeit aufweist. SIMONA
Die CH3-Gruppen folgen in ihrer räumlichen Lage zur C C C C
C C C C C C C C F H n bietet mit SIMONA® PP-H AlphaPlus® standardmäßig ein 3
Hauptkette keiner Regel. H H n F F m
H CH3 H H H CH3 H H α-nukleiertes PP an.

H H H H H CH3 H H
F
SIMONA F
Kunststoffhalbzeuge aus PP werden vielfach
®

C C C C C C C C F F
im chemischen Apparatebau,H H F im
hauptsächlich F Innen-
H CH3 H CH3 H H H CH3 C C 0 °CCundC100 °C
einsatz,F bei Temperaturen
F zwischen
F F
Abbildung 15: Schematische Darstellung eines ataktischen PP eingesetzt. Dabei wird geradeHim oberen
H n FTemperaturbe-
F m
reich eine höhere Steifigkeit gewünscht, welche durch
F F F F O CH3
Für die technischen Anwendungen ist das isotaktische O den Einsatz eines Homopolymers erbracht werden kann.
C C C C O
PP als vorrangig anzusehen, da mit steigender Isotaktizi-
O F F F m CH3 Cl Cl Cl Cl Cl
n O
tät eine Zunahme von Kristallinitätsgrad, Schmelzpunkt,
CnF2n+1Steifigkeit
Zugfestigkeit, l und Härte erfolgt. SIMONA® 3.3 Polypropylen Copolymer (PP-C)
PP-H natur und PP-H AlphaPlus Halbzeuge bestehen
®

Für manche Anwendungen ist es erforderlich, einen


aus diesem Grunde aus isotaktischem PP. O Kunststoff anzubieten, welcher im VergleichO zu Polyethy-
H
N
N einen erhöhten Temperatureinsatz bietet,
len N gleichzeitig
Im Vergleich zu Polyethylen sind die Eigenschaften von H H
n aber weniger steif ist als O
ein Polypropylen Homopolymer.
Polypropylen trotz ähnlicher Molekularstruktur
O unter-
In
O diesem Fall kommen Polypropylen Copolymer O Typen
schiedlich: OH H
O zum Einsatz. Hierbei unterscheiden
N wir zwischen PP-
O N N
J HO
H
Blockcopolymeren (PP-B), welche aus zwei bzw.H mehre-
niedrigere Dichte (0,91 g/cm3) O
O ren großen Blöcken aus PP und PE zusammengesetzt
J höhere Glastemperatur n
sind, und PP-Randomcopolymeren (PP-R), welche aus
J höhere Schmelztemperatur und dadurch höhere H
Propylen- und Ethylenmonomeren N in zufälliger Reihenfolge
Formbeständigkeit in der Wärme O
aufgebaut sind.
J PP-Homopolymerisate sind in der Kälte spröde, O
N
H H
Copolymerisate mit Ethylen dagegen schlagzäh N und PP-R weisen besonders bei H
O PP-B N niedrigen Tempera-
CH3 O
Ounter 5°C ein zäheres Verhalten auf. Sie besitzen
turen
Die Eigenschaften
O von Polypropylen können
O durch eine O
jedoch N Temperaturen über 60°C eine
H insbesondere bei H
CH3
kontrollierte Kristallisation beeinflusst werden. PP-Homo-
N
n geringere Steifigkeit als PP-H.
polymere kristallisieren bevorzugt in der Form von Alpha-
O
(α-) Sphäroliten (kugelförmige Kristalle). Die Zugabe von
Die bei SIMONA erhältlichen SIMONA® PP-C Halbzeuge
Nukleierungsmitteln (Kristallkeimbildner) ermöglicht eine
CH3 α-Kristallstruktur oder die sind blockcopolymere PP-Typen (PP-B). Zudem umfasst
kontrollierte, gleichmäßigere
O O unser Produktprogramm Platten, Schweißdrähte,
Bildung von Beta- (β-) Sphäroliten. α-nukleiertes PP zeigt
Formteile und Armaturen aus SIMONA® PP-R. Unter
auch bei hohen Temperaturen eine sehr gute Steifigkeit
bestimmten Voraussetzungen (v.a. unter Beachtung des
CH3
n

technisches.Handbuch 19
H2 H2 H2 H H H H H H H H
C C C
C C C C C C C C C C C
2 H2 H2 H2
H H H H H H H H
Schmelzindexbereiches oder Füllstoffanteiles) kann PP-H 2. Suspensions-Polymerisat (S-PVC)
mit PP-B oder PP-R kombiniert bzw. verschweißt werden. Wird das Monomer in einem nicht mischbaren Medium
Cl Cl
F F (oft Wasser) dispergiert und ein monomerlöslicher
F F FDarüber
F hinaus gibt es weitere
F Konstitutionsmöglichkei-
F Initiator zugesetzt, spricht man von Suspensions-
F F F F F F
ten eines Copolymers, wie z.B. alternierende Copolymere polymerisationen. Die Polimerisation findet in den
oder Pfropfcopolymere. Neben PP-C sind Acrylnitril-Buta- dispergierten Monomertröpfchen statt. Das Endpro-
H H Cl F
dien-Styrol (ABS), Styrol-Acrylnitril (SAN) oder Butylkaut- dukt ist transparent, universell einsetzbar und besitzt
C C C C
schuk technisch weit verbreitete Copolymere. gute elektrische Isolatoreigenschaften.
n H H n F F m

3. Emulsions-Polymerisat (E-PVC)
F 3.4 Polyvinylchlorid
F (PVC-U) Im Gegensatz zur Suspensionspolymerisation werden
F F H H F F bei der Emulsionspolymerisation ein wasserlöslicher
PVC-U ist ein Homopolymer mit wenig verzweigten Makro-
F F C C C C Initiator und Emulgatoren zugesetzt. Daher kann es
F molekülketten
F mit der Molmasse M zwischen 40.000
H H n F F m zu einer Trübung aufgrund des bei der Polymerisation
und 150.000.
notwendigen Emulgatorgehaltes kommen. Bei

O Lagerung kann es zu einer Feuchtigkeitsaufnahme


kommen, die sich negativ auf die elektrischen Isolier-
Cl Cl Cl Cl Cl
eigenschaften auswirkt.
Abbildung 16: Schematische Darstellung von PVC-U

PVC wird, ebenso wie die Polyolefine, als Homo- und Co-
Die seitlichen Chloratome stehen räumlich ungeordnet
polymerisat hergestellt. Die gebräuchlichen Copolymeri-
O (ataktisch) an den O
H Molekülketten. Die großen Chlorato- satkomponenten sind Vinylacetat und Acrylnitril. Copoly-
N
me verhindern eine Parallel-Lagerung
N N der Hauptketten.
H H merisate sind zäher, flexibler und schlagunempfindlicher
n Oist somit nicht möglich. Dies erklärt
Eine Kristallisation
als Homopolymerisate.
die amorphe Molekülstruktur.
O O
H
N Da reines PVC kein ausgewogenes Eigenschaftsbild
N N
H Je nach Herstellungsverfahren des PVCHunterscheidet
O besitzt und bei der Weiterverarbeitung durch Extrudie-
man zwischen drei Polymerisationstypen:
ren, Kalandrieren oder Spritzgießen zur thermischen
H Zersetzung neigt, muss es durch Zugabe von Verarbei-
N
1. Masse-Polymerisat (M-PVC)
O tungshilfsmitteln und Modifiern aufbereitet werden.
Bei einer Substanz- oder Massepolymerisation wird
O Diese Additive sind z.B. UV-und Thermostabilisatoren,
N
das Vinylchlorid mit einem Initiator versehen und
H H
N H Weichmacher, Gleitmittel, Pigmente, Füllstoffe, Schlag-
N
ohne ein Lösungsmittel polymerisiert. Aufgrund des
O zähmodifier und eventuell auch Antistatika.
O geringen Gehaltes an Polymerisationshilfsmitteln wird
O
N Reinheit erreicht. Daher kann ein sol-
eine sehr hohe
H H SIMONA verarbeitet ausschließlich Hart-PVC (PVC-U =
N ches PVC-U zur Herstellung von optisch hochwertigen
PVC unplasticized). Von Weich-PVC (PVC-P =
O Endprodukten verwendet werden.

20 technisches.Handbuch
PVC-plasticized) wird dann gesprochen, wenn das Mate- oberhalb von 60 °C und ist insbesondere gegenüber
rial (Mischung von PVC mit anderen Polymerisaten) mehr Chlorangriff resistenter. Technisch hat es sich in vielen
als 20 % Weichmacher enthält. Weich-PVC weist bei Bereichen der chemischen Industrie und im Bereich 3
Umgebungstemperatur ein elastomerähnliches Verhalten Heißwasserrohre etabliert.
auf und ist damit zäh und sehr flexibel. Die wichtigsten
Anwendungsgebiete sind Kabelummantelungen und H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H H
C C C C C
Folien. 3.6 C C C C (PVDF)
Polyvinylidenfluorid C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2
H Thermo-
PVDF gehört zu der Gruppe der teilfluorierten H H H H H H
In einschlägigen Normen und Richtlinien werden neben
CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 plaste.
PVC-U noch weitere weichmacherfreie PVC-Typen, wie Cl Cl
F F
z.B. PVC-HI, genannt. H H H H H H H H
F F F F F F F
C C C C C C C C F F F F F F F
Bei den PVC-HI (High Impact) Sorten handelt es sich um
H CH3 H CH3 H CH3 H CH3
erhöht- bis hochschlagzähe Typen. Sie entstehen durch F H H H Cl F
Abmischen von PVC-U mitHweichelastischen
H H CH3 H H H CH3
Stoffen C C C C C C
(Schlagzähmodifiern) aufCBasis
C vonCPAE, C PE-C,
C EVAC,
C C VAC C F H n H H n F F m
CHum
etc. Es handelt sich dabeiHsomit 3 H einen
H zweiphasigen
H CH3 H H
Abbildung 17: Schematische Darstellung von PVDF
Werkstoff bestehend aus einem PVC-Homopolymer und
H H H H H CH3 H H
einem Schlagzähmodifier. Die Art und die Menge des F F
C C C C C C C C F
Wie PVC kann das teilkristalline PVDFFsowohl durchHH F F
eingesetzten Schlagzähmodifiers hängen von den zu er-
H CH3 H CH3 H H H CH3 Emulsions- als auch durch Suspensionspolymerisation C C C C
reichenden Eigenschaften ab. In der Regel werden bis zu F F
F
hergestellt werden. Die Fachliteratur F
bezeichnet dieH H
12 % Modifier eingesetzt. SIMONA® bietet als schlagzäh n F F m
Emulsionspolymerisation als wichtiges Polymerisations-
modifiziertes PVC SIMONA PVC-MZ-COLOR in verschie-
®
O CH
F F F F verfahren,3das in der organischen Chemie auch als eines
denen Farben an.
C C C C O
der O
bedeutendsten großtechnischen Verfahren gilt.
O F F F m CH3 Cl Cl Cl Cl Cl
n O
Durch sehr hohe Modifizierungsanteile muss man in
CnF2n+1 l Fluorkunststoffe werden aufgrund ihrer hohen chemi-
der Regel einige Einschränkungen hinsichtlich der
schen Widerstandsfähigkeit und thermischen Stabilität
chemischen Widerstandsfähigkeit und der thermischen
im Anlagenbau und als Druckrohrleitungen insbesondere
Beständigkeit machen. O O
in der chemischen Industrie eingesetzt. IhreHEigenschaf-
N
ten sind vom jeweiligenN Fluorgehalt abhängig. Je größer N
H H
O
n höher werden z.B. die Dauerge-
der Fluoranteil, desto
3.5 Nachchloriertes Polyvinylchlorid (CPVC) O
OH O Flammwidrigkeit und die chemi-
brauchstemperatur, die O
H
PVC-U kann mit speziellen Verfahren nachchloriert O sche Widerstandsfähigkeit. N
N N
mit einem O
werden, so dass ein PVC HO Chloranteil größer H H
O
O als PVC-U,
60 % entsteht. Es ist schwerer verarbeitbar
n
SIMONA® PVDF weist einen Fluorgehalt von etwa
besitzt dagegen aber eine erhöhte thermische Stabilität 57 % auf, der die hohe chemische Resistenz bis zu
H
N
O
O
N
H H
N H
O N
CH3 O
O
technisches.Handbuch
O O
21 O
N
H H
CH3 N
n
Temperaturen von 120 °C gewährleistet. Die chemische versehen, welches eine mechanische Verankerung des
Widerstandsfähigkeit ist jedoch sehr stark vom jeweili- Klebstoffes an der Kunststoffplatte gewährleistet. Solche
gen Medium abhängig. Schwächen zeigt PVDF lediglich textilen Gewebe sind meist aus Polyester, Polypropylen,
im alkalischen Bereich, wenn der pH-Wert oberhalb von Aramid oder Glasfaser gefertigt.
10 liegt.
Die chemische Widerstandsfähigkeit von ECTFE liegt in
der Regel zwischen der von PVDF und PTFE. Entgegen
3.7 Ethylenchlortrifluorethylen (ECTFE) dem PVDF weist das ECTFE aber eine gute chemische
Widerstandsfähigkeit im alkalischen Bereich oberhalb
ECTFE gehört, genau wie das erwähnte PVDF, zu den teil-
des pH-Wertes von 10 auf.
fluorierten Thermoplasten. Bei diesem Werkstoff handelt
H2 H H H H H H H H
H sichH umHeinHCopolymer
H H aus H Ethylen
H und Chlortrifluor-
C es
C C C C C C C C C Weiterhin zeichnet sich ECTFE durch einen niedrigen Per-
C C Das C Comonomer-Verhältnis
C C C C C beträgt annähernd
H2 ethylen.
H H H H H H H H meationskoeffizienten aus, der sich gerade im Verbund-
H H H H H H H H
1:1.
bau vorteilhaft auswirkt. Genauso wie PVDF ist ECTFE
Cl Cl für den UV-A und UV-B-Bereich transparent, so dass kein
F Cl F Cl
F F
chemischer Abbau durch Licht in diesem Frequenzbe-
F F F
F F F FF F reich stattfindet.
F F F

H H Cl F Die Verarbeitung von ECTFE ist jedoch etwas kritischer


H
H Cl F
C C C C als bei PVDF, da die Schweißtemperatur ein schmaleres
C C C C
H H n F F m Fenster aufweist. Dies gilt auch für das Tiefziehen, da
H H n F F m
ECTFE ab etwa 165 °C eine reduzierte Bruchdehnung
Abbildung 18: Schematische Darstellung von ECTFE besitzt.
F
F F
F F H H F F
H H F F
Dieser teilkristalline thermoplastische Kunststoff wird
F C C C C
FF F Cseiner
C chemischen
C C und physikalischen Eigen-
F F aufgrund
H H n F F m
3.8 Ethylentetrafluorethylen (ETFE)
schaftenHüberwiegend
H n F inFder mchemischen Industrie ein-
Bei ETFE handelt es sich um ein Derivat der Kunststoffe
gesetzt, wo eine hohe Korrosionsbeständigkeit gefordert
PTFE oder ECTFE, welches man durch Copolymerisati-
ist. Anwendung findet dieser Werkstoff hauptsächlich in
on aus den Monomeren Ethylen und Tetrafluorethylen
Cl Cl Cl der Cl Cl
Cl Cl Auskleidung
Cl Cl von Cl Stahlbehältern und in der Verbund-
herstellt. In seinen Eigenschaften ähnelt es dem ECTFE,
konstruktion in Kombination mit GFK (Glasfaserverstärk-
wobei es dieses aufgrund des höheren Fluorgehalts in
ter Kunststoff). Da fluorierte Kunststoffe, ebenso wie
manchen Bereichen übertrifft.
Polyolefine, aufgrund der Oberflächenenergie nicht bzw.
O
H nur unter gewissen O
Umständen verklebt werden können,
N H
N
werden sogenannte
N kaschierte Materialien angeboten.
H N
H
O Diese sind mit einem textilen Gestrick auf der Rückseite
O
O
H O
N H
N N
N H N
H O H
O

22 H
H
technisches.Handbuch
N
O N
O
O
N O
H N
PETG
H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H H H
C C C C C
C C C C C C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2
H H H H H H H H
H2 H H H H H H H H
C Cl Cl
C C C C C C C C C F F
H H2
HF H F H FH HF HF H H F F
C F F F F F F F
CH3
F H Cl Cl
F F H H Cl F
CH3 C C
F F F F C C C C
C F F H n F F
H H n F F m
H
H H Cl F
H
C FC C CF Vorteil dieses Werkstoffes ist die hohe Reinheit, so dass
C F F H H F F
H H n F F m in Grenzfällen hoher Reinheitsanforderungen, z.B. in der
CH3 C C C C
F F
F F Halbleitertechnologie, PFA als eine der wenigen Alternati- 3
H H n F F m
ven zum Einsatz kommt.
F
O F CH3 H H F F
F F O C C C C Es ist zu beachten, dass unterschiedliche PFA-Typen
FO H H H H H2
H H n F F Cl Cl Cl Cl Cl H sich
H in H ihrer
H Einsatzfähigkeit,
H H H Hwie
2 2 2 2 erhältlich sind, welche
CH3 n O m C C C C C
C C C C C
z.B. der maximalenCEinsatztemperatur,
C C C Cunterscheiden C C C
H2 H2 H2 H2 H2
Abbildung 19: Schematische Darstellung von ETFE H H HwirdHhierbei
können. Die Differenzierung H nach
H der H Länge
H
der Seitenkette getroffen (Variable n; vgl. Abbildung 20).
Cl Cl Cl CH Cl 3 CHCl 3 CH3 CH3 CH3
O O Üblich sind Kettenlängen mitCln = 1 oder Cl n = 3. Ist n = 1
H F F
H Perfluoralkoxy
3.9 H NH H HCopolymer N
H H (PFA) H spricht man von MFA, wohingegen man bei n = 3 von
N
H F F F F F
C Cn C C C C C O C F H F F F spricht.
PFA F Chemisch gesehenFsind F beide PFA-Modifi-
F
F
Der bekannteste vollfluorierte Thermoplast ist PTFE (Po-
H CHO kationen. Mit SIMONA® PFA-M und SIMONA® PFA bietet
3H CH H CH3 H technischenCH3 O
OH O 3 das in vielen
lytetrafluorethylen),
H
Bereichen
F H
H SIMONA sowohl MFA als auchHPFAHan. Cl F
N aufgrund
H H seiner HN CH H
chemischenH H NCH und der hohen
Resistenz
N3 3 C C N
H C C C C
H
Temperatureinsatzgrenze bis etwa 260 °C verwendet H
OC C C C C C C C O F H n In Tabelle 4 sind die mechanischen
wird. H H n F F m im
Eigenschaften
H DerCH3Nachteil
H H dieses H CH Materials
3 H Hbesteht darin, dass
O Vergleich zu anderen Werkstoffen aufgeführt. Die hohe
H
es unter Normalbedingungen nicht geschweißt H werden
NH H H H H CH H H N Steifigkeit zeichnet PVDF als idealen Konstruktionswerk-
kann. Aus diesem Grund N O 3 ein PTFE-Abkömmling
wurde
F F
CO C Cder die
entwickelt, C hoheCH chemische
C C CResistenz O und Ein-
stoff
F für hohe Ftechnische Ansprüche
H H
aus. Zudem besitzt
F F
H CH H CH H H NH CH dieser Werkstoff eine hohe Kerbschlagzähigkeit, die
3H 3
satztemperatur mit einer guten H Schweißeignung
3 vereint. F F C C C C
N H F bis zu Temperaturen
auch F von -30 °C noch relativ hoch
O H N
N O H H n F F m
O O ausfällt, so dass die Gebrauchseigenschaften bei niedri-
O O
F FO F F N O CH3 gen Temperaturen erhalten bleiben.
N H H
n H C CH N C C O
O
N Cl Einheit
Cl ClPE-HDCl PVC- Cl PVDF PFA
O O F F
O F m CH 3 n O CAW
O
N CnF2n+1Ol Dichte g/cm3 0,95 1,44 1,78 2,17
H H Fluorgehalt % 0 0 57 76
N
Abbildung 20: Schematische Darstellung von PFA Streckspannung MPa 23 58 56 14
O O O
Dehnung bei %
H 9 4 10 50

Das PFA besitzt genau diese Eigenschaften und kann


Streckspannung N
N Kerbschlag- kJ/m2 16 4
N 12 ≤15
sogar bis 260 °C eingesetzt werden. Es ist zudem H H
n zähigkeit O
O
gegenüber nahezu allen chemisch aggressiven Medien Einsatztempera- °C 80 60 140 250
O O
resistent. Der Nachteil bestehtOlediglichOH H
turobergrenze
in dem hohen
N
O dieser Werkstoff nur dann eingesetzt wird,
Preis, so dass N
Tabelle N
4: Eigenschaften unterschiedlicher Thermoplaste
HO H H
O
wenn keine andere Alternative besteht. Ein weiterer
O n
H
N
O
O
N
H H
N H
O N
technisches.Handbuch
CH3 O 23
O
O O O
N
H H
CH3 N
n
F F F F F F F
C C C C C C C C F F F F F F F
H CH3 H CH3 H CH3 H CH3
F H H H Cl F
H H H CH3 H H H CH3 C C C C C C
C C C C C C C C F H n H H F F m
H CH3 H H H CH3 H H H2 H2 H2 H2 H2 n H H H H H H H
C C C C C
C C C C C C C C C C C C
H H H H H CH3 H H H2 H2 H2 H2 H2
F F H H H H H H H
C C C C C C C C F F H H F F
H CH3 H CH3 H H H CH33 CH3 CH3 CH3 CH3
CH
F F C C C C Cl Cl
F F F F
H H H H H H H H H H n F F m
F F F F F F F
F F F F C C C OC
C 3C C
CH C F F F F F F F
C C C C H CH3 H CH3 H CH O 3H CH3
O F H
3.10O Glykolmodifiziertes Cl Cl (PLA)
Cl Cl Cl H H Cl F
F F F m Polyethylenterephthalat
H H CHH 3 CH3nH O H H
3.11 Polymilchsäure
CH3 C C C C C C
(PETG)
CnF2n+1 l C C C C C C C C Polylactide zählen
F H ebenfalls zu den Polyestern und sind
n H H n F F m
PETG ist ein Copolymerisat eines CH3 H H H
H thermoplastischen CH3 H H als biokompatible Kunststoffe oftmals auch aus natürli-
Polyesters. Durch Verhinderung der Kristallisation ist der chen Ressourcen hergestellt. Aufgrund des asymmetri-
H H H H H CH3 H O H O
Werkstoff glasklar. schen KohlenstoffatomsH im Polymerrückgrat
F F ist PLA ein
C C C C C C C CN N F
optisch aktives Polymer und kann N Fin D- oder H H
entweder F F
H CH3 H CH3 H H H n CH3 H H
O F F C C C C
O L-Form (optische Aktivität des Moleküls) auftreten.
F F
O O H H n F F m
OH H
O N
O F F F F N O CH3 N
HO H H
C C C C O O
O O
n Cl Cl Cl Cl Cl
O F F F m CH3 n O
H
CnFvon
Abbildung 21: Schematische Darstellung PETG
2n+1 l N
O
Abbildung 22: Schematische Darstellung von PLA
O
Das G steht für eine Glykolmodifizierung, die dem Werk- N
H H O durch
NPolylactide werden vor allem H eine ionische O
stoff eine hohe Schlagzähigkeit verleiht.
O N H
O N
CH3 Polymerisation
O N
von Lactid, einem cyclischen Di-Ester der N
O folgende EigenschaftenOauf: H O H
PETG weist N
Milchsäure, hergestellt. n
Die mechanischen O
Eigenschaften
O H H
CH3 N reinem PLA ähneln sehrOdenen von Polyethylen-
von
n O
OH H
J transparent mit einer Lichtdurchlässigkeit von bis O terephthalat (PET). N
O N N
zu 93 % O H H
HO O
J Temperatureinsatzbereich von -40 °C bisO +65 °C PLA kann aufgrund der Molekülstruktur biologisch ge-
CH3 n
J physiologisch unbedenklich spalten werden und ist daher unter bestimmten Bedin-
O O H
J für Außeneinsatz bedingt geeignet gungen biologisch abbaubar. Solche Bedingungen findet N
O
J schwer entflammbar B1 (DIN 4102) man in der Regel nur in industriellen Kompostieranlagen.
CH3 O
J halogenfrei n N
Weiterhin ist die Abbaubarkeit H stark von der chemischen
H
N H
J hohe Zähigkeit bei guter Steifigkeit OZusammensetzung abhängig. N
CH O
J hervorragend verformbar und tiefziehfähig 3 O
O O O
J gut verklebbar PLA ist eines der am häufigstenHgenutzten MaterialienN
CH3 H
N
für ndas sogenannte „Additive Manufacturing (AM)“, bes-
Die SIMONA AG vertreibt diesen Werkstoff unter dem ser bekannt als 3D-Druck. O
Namen SIMOLUX.

CH3 Die SIMONA AG vertreibt diesen Werkstoff unter den


O O Bezeichnungen SIMOGREEN PLA und SIMOGREEN
PLA-HT (Hochtemperatur). Das Material ist als Plattenware
und Filament für den 3D-Druck erhältlich.
CH3
n

24 technisches.Handbuch
C C C C C C C C F H n H
H CH3 H H H CH3 H H

H H H H H CH3 H H
F F
C C C C C C C C F F H
H CH3 H CH3 H H H CH3 C
F F
F F
H

F F F F O CH3
C C C C O
O
H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H HO HF Cl Cl Cl C
F F m CH3 n O
C
H2 C C
H2 C C
H2 C C
H2 C C
H2 C H
C H
C H
C H
C H
C H
C HC FC
C H
C H2 C H2 C H2 C H2 C H2 n 2n+1 l
C C C C C C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H H H
H H H H H H H H
Cl Cl O
F F H
Cl Cl N
H 3.12 Polyamide (PA) Viele Polyamide zeichnen sich durch eine hohe N Festig-
F F F F F F F H
H F F F F F F F n O
C F F keit, Steifigkeit und Zähigkeit aus, besitzen eine gute
F Polylamide,
F F auch
F bekannt
F als Nylon, F
basieren auf F
Amid- O
C 3
CH F F F F F F F O
F H gruppen, welche untereinander sogenannte
Chemikalienbeständigkeit,
OH einen hohen Verschleiß- 3
H
CH3 H H Wasser-
Cl F O N
CH3 F
C H
C widerstand und gute Gleiteigenschaften sowie N Verarbeit-
stoffbrücken ausbilden können, die C H H anderem
unterC Cl C
C Ffür O H
CH3
C HO barkeit, sind jedoch vor allem bei hohen Temperaturen O
C
F C
H n C C C C
Eigenschaften wie z.B. Festigkeit vonHgroßer
H n Bedeutung
F F m O
C
H F H n n
hydrolyseempfindlich.
H H nhinter
sind. Die nachfolgende Zahlenkombination F denF m
H H
H N
Polyamiden gibt die Größe bzw. Kettenlänge der Grund- O
H F F
C bausteine F des Diamins
also F H Dicarbonsäure
und der H F F bzw.
F F 3.13 Polymethylmethacrylat (PMMA) N
C 3
CH F F H H F Amid)
F an. H H
F die desFLactamsC(cyclisches
bei nur einer Zahl C C C N
CH3 F F O
F F C
H C C C
HKlasse O
Technisch bedeutsame
F F
Vertreter dieser n F teilkris-
F m PMMACH3ist in der Regel ataktisch und amorph. Es ist glas-
O
talliner thermoplastischer Polymere H sind
H z.B.
n FPA 6.6
F mund O O
klar und transmittiert Licht sogar besser als Mineralglas.
O CH3 N
H H
O CH3 OPA 6.10 oder PA 6 und PA 12. Aromatische Polyamide PMMACH3kann eingefärbt werden und ist witterungsbestän-
N
n
O
Owerden auch als Polyaramide
Cl Cl bezeichnet.
Cl Cl Cl dig.
CH3 O n O O
CH3 Cl Cl Cl Cl Cl
n O
a) CH3
O O
O O
H
O N O
N H N CH3
H N H n
n N O N
H H
nO O O Abbildung 24: Schematische Darstellung von PMMA
OH H
O N O
OH N H N
H N H
N O N Im Handel wird PMMA meist unter dem Namen Acrylglas
H H
n O vertrieben. Hauptanwendungsgebiete sind Scheiben
n b) H oder Scheinwerferabdeckungen, Total- und Teilprothesen
N
O H in der Zahnmedizin oder optische Bauteile wie Brillen-
N
O O
N oder Uhrgläser.
H H O
N N H
O H H N
N O H
O O N
O O O
O N 3.14 Polycarbonat (PC)
H H O
O N N
n H H Polycarbonate sind formal Polyester der Kohlensäure. Sie
n N
O
sind in der Regel amorph und deshalb auch transparent.
O
Sie können jedoch eingefärbt werden und zeichnen sich
Abbildung 23: Durch Wasserstoffbrücken vernetzte Polyamide;
a) Polyamid 4.6; b) Poly(p-phenylenterephthalamid) (PPTA) durch hohe Festigkeit, Schlagzähigkeit und Härte aus.
Polycarbonate finden unter anderem Verwendung als
Material für Datenträger wie CDs, DVDs oder BluRays
oder als Verglasung für Visiere und Gewächshäuser.

technisches.Handbuch 25
O F F F m CH3 n O
CnF2n+1 l

O O
H
N
N N
H H
n O
O
OH O O
H
O N
O N N
HO H H
O
O n
H
N
O
O
N
H H
N H
O N
CH3 O
O
O O O
N
H H
CH3 N
n
Abbildung 25: Schematische Darstellung von PC aus Phosgen O
und Bisphenol A

CH3
PolycarbonateOfinden
O sich im SIMONA Produktpro-
®

gramm in dem Produkt SIMONA® PC-Blend, wobei dieses


Produkt aufgrund der Polymermischung nicht mehr
CH3
n
transparent ist.

26 technisches.Handbuch
4 Werkstoffkennwerte

Alle SIMONA® Produkte zeichnen sich durch ihr hohes andere Fertigungsverfahren hergestellt wurden, ist nur
Qualitätsniveau aus. Die Konstanz dieses hohen Niveaus bedingt gegeben.
wird durch ständige Eigen- und Fremdüberwachung 3
unserer Produkte sichergestellt. Die in den technischen Datenblättern aufgeführten
Kennwerte sollen es dem Anwender ermöglichen, für ei-
J Überwachung von Zeitstandprüfungen an Rohren nen bestimmten Anwendungsfall den Werkstoff mit dem
durch das Süddeutsche Kunststoffzentrum (SKZ), günstigsten Eigenschaftsprofil zu ermitteln. Zur Dimensi-
4
Würzburg und den TÜV Süd, München. onierung von Bauteilen können jedoch nur einige dieser
J Überwachung von Untersuchungen bei Medienein- Werte herangezogen werden. Im Fall der statischen
wirkung auf thermoplastische Werkstoffe durch das Bemessung von Rohrleitungen und Behältern sind neben
Institut für Kunststoffe des TÜV Süd, München. den hier aufgeführten Daten noch die Langzeitkennwerte
J Überwachung von extrudierten und gepressten Form- zu berücksichtigen. Diese findet der Leser in den ein-
stoffen aus Thermoplasten für den prüfzeichenpflich- schlägigen Normen und der DVS 2205 sowie DVS 2210.
tigen Behälterbau durch das Institut für Kunststoffe
des TÜV Süd, München. Die Daten sind Richtwerte des jeweiligen Werkstoffes
und können in Abhängigkeit von Verarbeitungsverfahren
Diese Maßnahmen sind für den prüfzeichen- bzw. ab- und Probekörperherstellung variieren. Im Regelfall han-
nahmepflichtigen Behälterbau von besonderer Bedeu- delt es sich um Durchschnittswerte von Messungen an
tung. Seit dem 1. Juni 2002 gilt zudem die europäische extrudierten Platten in 4 mm Dicke. Bei ausschließlich
Druckgeräterichtlinie gemäß der Richtlinie EG 97/23. im Pressverfahren hergestellten Platten handelt es sich
Zur Abnahme eines Druckgeräts müssen abhängig von im Regelfall um Messungen an Platten in 20 mm Dicke.
der Gefahrenklasse für Halbzeuge Abnahmeprüfzeug- Abweichungen sind möglich, wenn Platten in diesen
nisse 3.1 vorgelegt werden. Die Kenndaten der Halb- Dicken nicht verfügbar sind. Bei kaschierten Platten
zeuge müssen an der Charge geprüft und entsprechend beziehen sich die technischen Kennwerte auf die unka-
bescheinigt werden. schierten Basisplatten. Die Angaben lassen sich nicht
ohne Weiteres auf andere Produkttypen (wie z.B. Rohre,
Im Rahmen der laufenden Kontrollen durch die werks- Vollstäbe) des selben Werkstoffes oder die weiterverar-
eigene Qualitätssicherung gemäß DIN EN ISO 9001 beiteten Produkte übertragen. Die Eignung von Mate-
werden alle wichtigen mechanischen, thermischen und rialien für einen konkreten Verwendungszweck ist vom
optischen Eigenschaften überprüft und dokumentiert. Verarbeiter bzw. Anwender zu prüfen. Die technischen
Die Dokumentation der gemessenen Daten dienen der Kennwerte sind lediglich eine Planungshilfe. Insbeson-
statistischen Auswertung und Selbstkontrolle. Die in den dere stellen sie keine zugesicherten Eigenschaften dar.
technischen Datenblättern angegebenen Kenndaten Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Technical
stellen Durchschnittswerte aus diesen langjährigen Un- Service Center unter [email protected].
tersuchungen dar. Eine Übertragbarkeit dieser Kennwer-
te auf andere Wanddicken oder auf Halbzeuge, die durch

technisches.Handbuch 27
4.1 PE
Werkstoffkennwerte

SIMONA® SIMONA® SIMONA® SIMONA®


PE 100 schwarz PE 100 natur PE-HD schwarz PE-HD natur

DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,96 0,96 0,96 0,95
1183

DIN EN ISO
Streckspannung MPa 23 23 23 23
527

Dehnung bei Streck- DIN EN ISO


% 9 9 9 9
spannung 527

DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 100 1 100 1 100 1 100
527

DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch
179

DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 25 21 16 16
179

DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa 40 40 43 43
2039-1

DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 64 64 65 65
868

Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient

Wärmeleitfähigkeit W/m · K DIN 52612 0,38 0,38 0,38 0,38

Brandverhalten DIN 4102 B2 B2 B2 B2

Durchschlag- DIN IEC


kV/mm 47 47 — —
festigkeit 60243-1

Spezif. Oberflächen- DIN IEC


Ohm ≥ 1014 ≥ 1014 ≥ 1014 ≥ 1014
widerstand 60093

Temperatur-
°C –50 bis +80 –50 bis +80 –50 bis +80 –50 bis +80
einsatzbereich

Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Laugen und Lösungsmitteln
fähigkeit

Physiologisch
BfR ✔ ✔ ✔ ✔
unbedenklich

Lebensmittel- EU ✔ ✔ ✔ ✔
konformität FDA — ✔ — ✔

Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis

28 technisches.Handbuch
Werkstoffkennwerte

SIMONA® SIMONA® SIMONA®


PE-EL PE 500 PE 1000

DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,99 0,95 0,93
1183

DIN EN ISO
Streckspannung MPa
527
26 28 19 4
Dehnung bei Streck- DIN EN ISO
% 7 8 11
spannung 527

DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 300 1 100 700
527

DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch
179

DIN EN ISO
6 — —
179
Kerbschlagzähigkeit kJ/m 2

DIN EN ISO
— 18 180
11542-2

DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa 50 — 30
2039-1

DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 67 65 60
868

Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient

DIN EN ISO
Vicat B °C — 80 82
306

Brandverhalten DIN 4102 B2 B2 B2

Durchschlag- DIN IEC


kV/mm — 44 44
festigkeit 60243-1

Spezif. Oberflächen- DIN IEC


Ohm ≤ 106 ≥ 1014 ≥ 1014
widerstand 60093

Temperatur-
°C –20 bis +80 –100 bis +80 –260 bis +80
einsatzbereich

Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Laugen und Lösungsmitteln
fähigkeit

Physiologisch
BfR — ✔ ✔
unbedenklich

Lebensmittel- EU — ✔ ✔
konformität FDA — ✔ ✔

Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis

technisches.Handbuch 29
4.2 PP
Werkstoffkennwerte

SIMONA®
SIMONA® SIMONA® SIMONA® SIMONA®
PP-H
PP-H natur PP-C PP-EL-S PPs
AlphaPlus®

DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,91 0,90 0,91 1,17 0,95
1183

DIN EN ISO
Streckspannung MPa 33 32 26 25 32
527

Dehnung bei Streck- DIN EN ISO


% 8 8 7 7 8
spannung 527

DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 700 1 400 1 200 1 400 1 600
527

DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch
179

DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 9 7 45 5 6
179

DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa — — 50 66 70
2039-1

DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 72 70 67 70 72
868

Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient

Wärmeleitfähigkeit W/m · K DIN 52612 0,22 0,22 0,22 — 0,22

DIN 4102 B2 B2 B2 B2 B1: 2 – 20 mm


Brandverhalten
UL 94 — — — V0: ≥ 4 mm —

Durchschlag- DIN IEC


kV/mm — — 52 — 22
festigkeit 60243-1

Spezif. Oberflächen- DIN IEC


Ohm 1014 1014 1014 ≤ 106 1014
widerstand 60093

Temperatur-
°C 0 bis +100 0 bis +100 –20 bis +80 0 bis +80 0 bis +100
einsatzbereich

Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Laugen und Lösungsmitteln
fähigkeit

Physiologisch
BfR ✔ ✔ ✔ — —
unbedenklich

Lebensmittel- EU ✔ ✔ — — —
konformität FDA ✔ ✔ ✔ — —

Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis

Prüfzeugnis verfügbar

30 technisches.Handbuch
4.3 PVC hart
Werkstoffkennwerte

SIMONA®
SIMONA® SIMONA® SIMONA® SIMONA®
CPVC CORZAN
PVC-CAW PVC-MZ-COLOR PVC-GLAS PVC-KYRNIT®
Industrial Grade

DIN EN ISO
Dichte g/cm3 1,44 1,42 1,37 1,52 1,39
1183

DIN EN ISO
4
Streckspannung MPa 58 55 73 51 63
527

Dehnung bei Streck- DIN EN ISO


% 4 4 4 5 4
spannung 527

DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 3 300 3 100 3 300 2 500 3 100
527

DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 — — — ohne Bruch ohne Bruch
179

DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 4 8 3 8 4
179

DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 82 82 84 80 81
868

Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 0,8 x 10–4 0,8 x 10–4 0,8 x 10–4 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient

DIN EN ISO
Vicat B °C 74 74 66 112 75
306

DIN 4102 B1: 1 – 4 mm B1: 1 – 4 mm B1: 1 – 4 mm B1 B1

UL 94 V0: ≥ 1 mm — V0: ≥ 1 mm — —


Brandverhalten
NF P
M1: 1 –3 mm — M1: 1 –3 mm — —
92-501

BS 476 Class 1: 3 mm — Class 1: 3 mm — —

Durchschlag- DIN IEC


kV/mm 39 34 30 — —
festigkeit 60243-1

Spezif. Oberflächen- DIN IEC


Ohm 1013 1014 1014 1015 1013
widerstand 60093

Temperatur-
°C 0 bis +60 –20 bis +60 0 bis +60 –40 bis +95 0 bis +60
einsatzbereich

Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren und Laugen
fähigkeit

Physiologisch
BfR — — — — —
unbedenklich


Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis

Prüfzeugnis verfügbar

technisches.Handbuch 31
4.4 PVC geschäumt
Werkstoffkennwerte

SIMOPOR-LIGHT SIMOPOR- SIMOPOR- SIMONA®


SIMOPOR-LIGHT
BRILLIANT ULTRALIGHT COLOR COPLAST-AS

DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,55 0,50 0,47 0,58 0,67
1183

DIN EN ISO
Streckspannung MPa 16 15 15 16 18
527

Dehnung bei Streck- DIN EN ISO


% 3 3 3 3 3
spannung 527

DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 900 850 600 1 000 1 100
527

DIN EN ISO
Biege-E-Modul MPa 1 100 1 000 930 1 400 1 400
178

DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 12 12 12 12 19
179

DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 35 32 30 35 70
868

Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4 0,83 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient

B2
DIN 4102 B1: 1 – 19 mm — B2 B2
B1: 10 mm

NF P
Brandverhalten M1: 3 – 10 mm M1: 2 – 10 mm — — M1: 10 mm
92-501

DIN EN Euroclass C-s3-d0:


— — — —
13501-1 2 – 10 mm

Spezif. Oberflächen- DIN IEC


Ohm > 1015 > 1015 > 1015 > 1015 ≤ 1012
widerstand 60093

Temperatureinsatz-
°C 0 bis +60 0 bis +60 0 bis +60 0 bis +60 0 bis +60
bereich

Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Reinigungsmitteln und Alkoholen
fähigkeit

Physiologisch
BfR — — — — —
unbedenklich


Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis

Prüfzeugnis verfügbar

auf Anfrage

Prüfzeugnis ab Ende 2016

32 technisches.Handbuch
4.5 PETG, PVDF, ECTFE, PFA
Werkstoffkennwerte

SIMOLUX SIMONA® SIMONA® SIMONA®


(PETG) PVDF ECTFE PFA

DIN EN ISO
Dichte g/cm3 1,27 1,78 1,68 2,15
1183

DIN EN ISO
Streckspannung MPa
527
52 55 31 15 4
Dehnung bei Streck- DIN EN ISO
% 4,5 8 4 —
spannung 527

DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 900 1 950 1 650 450
527

DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 10 12 ≥ 100 ohne Bruch
179

DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa 97 120 56 —
2039-1

DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 78 78 67 55
868

Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 — 1,3 x 10–4 1,0 x 10–4 1,4 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient

Brandverhalten DIN 4102 B1: 1 – 8 mm B1 B1 B1

Durchschlag- DIN IEC


kV/mm 16 25 23 33
festigkeit 60243-1

Spezif. Oberflächen- DIN IEC


Ohm 1014 1014 1014 1015
widerstand 60093

Temperatur-
°C –40 bis +65 –30 bis +140 –40 bis +150 –190 bis +260
einsatzbereich

extrem gut, wird nur von


Chem. Widerstands- sehr gut gegenüber extrem gut auch im
auf Anfrage wenigen Substanzen
fähigkeit fast allen Chemikalien alkalischen Bereich
chemisch angegriffen

Physiologisch
BfR ✔ ✔ — —
unbedenklich

Lebensmittel- EU ✔ ✔ — —
konformität FDA ✔ ✔ — ✔


Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis

Prüfzeugnis verfügbar

technisches.Handbuch 33
5 Physikalische Eigenschaften

5.1 Mechanische Eigenschaften Aus dem unidirektionalen Zugversuch kann man durch
Auftragung der gemessenen Spannung gegen die Deh-
In der Mechanik unterscheidet man grob zwischen
nung aus der Steigung der Kurve den E-Modul bestim-
elastischen und plastischen Verformungen der Werk-
men. Die innerhalb der Hookeschen Gerade erzeugte
stoffe. Existiert zwischen der Spannung, die auf einen
Dehnung ist reversibel und bildet sich mit der Abnahme
Körper wirkt, und der daraus resultierenden Dehnung ein
der äußeren Belastung wieder auf den Ursprungszustand
linearer Zusammenhang, so erfüllt dieser Werkstoff das
zurück. Ein ähnlicher Zusammenhang besteht bei der
Hookesche Gesetz und er verhält sich linearelastisch:
Scherbeanspruchung zwischen der Schubspannung τ
und der durch sie hervorgerufenen Winkeländerung γ,
σ=E.ε
wobei G als Schubmodul bezeichnet wird:

τ=γ⋅G

Betrachtet man elastisch isotrope Werkstoffe, so existie-


ren der Schub- und der Elastizitätsmodul nicht unabhän-
gig voneinander, sondern sind über folgende Beziehung
miteinander verknüpft:

G= E
2(1+ν)
Abbildung 26: Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Hierbei steht ν für die Querkontraktionszahl oder auch
Dabei stehen σ für die am Werkstück wirkende Span- Poissonzahl. Die Poissonzahl ist der Betrag des Quotien-
nung (Kraft pro Fläche), ε für die Dehnung (relative ten aus der Querkontraktion ∆D/D0 (D0 = Probendurch-
Längenzunahme bezogen auf die Ausgangslänge ∆L/L0) messer, ∆D = Änderung des Durchmessers) und der
und E für den Elastizitätsmodul, der auch als Steifigkeit Dehnung ∆L/L0 und ist in der Regel kleiner als 0,5. Dies
bezeichnet wird. Metallische und keramische Werkstoffe bedeutet, dass bei einer Belastung des Werkstoffes eine
verhalten sich im Bereich kleiner Dehnungen (0,2 % mehr oder weniger große Volumenzunahme zu verzeich-
Dehngrenze) linearelastisch. nen ist.

34 technisches.Handbuch
der Vorgeschichte ist. Für die Berechnung des linearvis-
koelastischen Zustandes geht man davon aus, dass der
Kunststoff aus in Reihe und parallel geschalteten Federn
und Dämpfern aufgebaut ist.

Abbildung 27: Funktionsprinzip des Scherversuchs

Feste Kunststoffe können sich dagegen im Bereich klei-


ner Dehnungen elastisch und viskoelastisch verhalten.
Die Elastizität der Kunststoffe unterteilt man noch in 5
Abbildung 28: Mechanische Modelle des viskoelastischen
die Energie - und Entropieelastizität . Die Energieelas- Körpers
tizität wird durch die Rückstellkräfte der unter äußerer
Belastung aus der Gleichgewichtslage bewegten Atome
Die Spannungsrelaxation erhält man, indem der Werk-
hervorgerufen. Die Entropieelastizität wird durch die im
stoff auf einen konstanten Wert gedehnt wird und das
System geänderte Entropie bewirkt, die auf die Ände-
Abklingen der Spannung σ(t) beobachtet wird (Abbildung
rung des Ordnungszustands zurückgeht. Bei der idealen
29). Sie ist eine Funktion des zeitunabhängigen und
Gummielastizität handelt es sich beispielsweise um eine
zeitabhängigen Moduls E0 und Et:
reine Form der Entropieelastizität. In realen Kunststoffen
tritt in der Regel eine Mischung beider Elastizitätsformen
σ(t) = ε0 ⋅ E0 + ε0 ⋅ Et ⋅ exp(-t/τrel )
auf, wobei häufig der energieelastische Anteil überwiegt.

Die Relaxationszeit τrel ist die Zeit, nach der die Reaktion
Unter Viskoelastizität versteht man die zeitabhängige
auf ein e-tel (e ≈ 2,7183) des Anfangswertes abgeklun-
Elastizität eines Werkstoffes. Dies bedeutet, dass ein
gen ist. Nach dem Maxwell-Modell (Abbildung 28) kann
Kunststoff bei einer spontanen mechanischen Belastung
man sich vorstellen, dass bei einer plötzlichen Dehnung
verzögert reagiert. Als Konsequenz daraus ergibt sich,
eine Spannung durch die Federkräfte aufgebaut wird
dass die mechanischen Größen eines viskoelastischen
und anschließend durch die Dehnung des Dämpfungs-
Werkstoffes keine Konstanten mehr darstellen, sondern
gliedes relaxiert.
zeitabhängig werden. Die Ursache dieses Verhaltens ist
mit den Rückstellvorgängen in und zwischen den Ketten-
molekülen zu erklären. Sie laufen diffusionsgesteuert ab
und sind somit zeitabhängig. Das Abklingen der Reaktion
eines viskoelastischen Körpers erfolgt asymptotisch, so
dass sie in der Realität nie vollständig abgeschlossen ist
und die Deformation in jedem Augenblick eine Funktion

technisches.Handbuch 35
konstanter Dehnrate (ε = const.) ist die Steigung der
Spannungs-Dehnungskurve in der Form von der Zeit ab-
hängig, dass mit abnehmender Dehngeschwindigkeit die
Kurve stärker nach unten gekrümmt ist, da den Relaxati-
onsvorgängen mehr Zeit zum Abbau der Spannungen zur
Verfügung steht:

σ(t) = E0 ⋅ ε + Et ⋅ ε0 ⋅ [1-exp(-τrel ⋅ t)]

Differenziert man obige Beziehung, so erkennt man,


dass die Steigung dσ/dε nur von der Zeit t und nicht von
der Dehngeschwindigkeit ε abhängt, wenn die Steigung
jeweils zum gleichen Zeitpunkt bestimmt wird:

dσ E + E ⋅ exp( -t )
dε = 0 t τrel
Abbildung 29: Spannungsrelaxation

Beim Kriechen wird der Körper innerhalb einer definier-


ten Zeit t1 mit einer Spannung σ0 belastet und die Rück-
stellung (Retardation) ε(t) beobachtet (Abbildung 30):

ε(t) =ε0 + εt ⋅ exp(-t/τret)

Dabei ist τret die Zeit bis zu der die Reaktion auf die
Beanspruchung bis auf ein e-tel des Anfangswerts ab-
geklungen ist und εt die von den Retardationsvorgängen
abhängige Dehnung.

Nach dem Voigt-Kelvin-Modell kann man sich im Fall


des Kriechens vorstellen, dass sich nach Aufprägen
Abbildung 30: Kriechen und Kriecherholung
einer konstanten Spannung die Federelemente gemäß
ihrer Federkonstanten dehnen. Anschließend wird das
In der Realität verhalten sich Kunststoffe wesentlich
Dämpfungsglied gedehnt und die Gesamtdehnung
komplizierter, so dass zur Beschreibung des visko-
nimmt zu. Nach der Entspannung relaxieren zunächst
elastischen Verhaltens sogenannte Retardations- und
die Federelemente (σ0/E0) und im Anschluss daran geht
Relaxationsspektren aufgenommen werden müssen.
das Dämpfungselement in seine Ruhelage zurück. Bei

36 technisches.Handbuch
Dies begründet sich daraus, dass die Rückstellvorgän- Die Phasenverschiebung δ ist bei ideal elastischen
ge durch komplexe Wechselwirkungen aufgrund der Körpern 0° und beträgt bei ideal viskosen Flüssigkeiten
unterschiedlichen Bindungsverhältnisse innerhalb des 90°. Der komplexe Ansatz ergibt einen E-Modul, der
Kunststoffes hervorgerufen werden. Da die Relaxations- ebenfalls in der komplexen Zahlenebene dargestellt wird:
zeiten der Kunststoffe auf molekulare Bewegungen
dσ E = E΄+ iE΄΄
zurückzuführen sind, hängen sie von der Temperatur dε =
ab und genügen wie die meisten thermisch aktivierten
Prozesse der Arrhenius-Gleichung: E΄kennzeichnet die bei jeder Schwingung elastisch
gespeicherte Energie und wird daher als Speichermodul
τ = B ⋅ exp( W ) bezeichnet:
k⋅T
ω2 ⋅ τ2rel
In obiger Gleichung bedeuten B eine materialspezifische E΄= E0 + Et ⋅ 5
1 - ω2 ⋅ τ2rel
Konstante, W die Aktivierungsenergie, k die Boltzmann-
Konstante und T die absolute Temperatur. Somit ist es E΄΄kann in eine Energie umgerechnet werden, die der
möglich, durch die Wahl der Temperatur oder der Zeit irreversibel dissipierten Energie entspricht und wird
gleiche mechanische Verhältnisse zu schaffen, oder, an- daher als Verlustmodul definiert:
ders ausgedrückt, durch die Prozessführung bei erhöhter
ω2 ⋅ τ2rel
Temperatur eine Zeitraffung vorzunehmen. Aus obiger E΄΄= Et ⋅
1 - ω2 ⋅ τ2rel
Beschreibung ist ersichtlich, dass bei der kurzzeitigen
Prüfung, wenn also die Prüfzeit wesentlich geringer ist Der Quotient aus E΄΄und E΄ist gleich dem Tangens δ und
als die Reaktionszeit, oder bei der Tieftemperaturprü- ergibt den Verlustfaktor d:
fung, wenn die Molekülbewegungen eingefroren sind,
keine Viskoelastizität auftritt. In diesem Fall verhält sich d = tan δ
der Werkstoff linearelastisch.
Die Konsequenz dieses Schwingungsverhaltens linear-
Analog zur Zug- oder Biegebelastung folgt die Reaktion viskoelastischer Werkstoffe ist die Tatsache, dass sich
eines viskoelastischen Körpers bei einer dynamischen ein solches Material zwar mechanisch reversibel, jedoch
Belastung ebenfalls verzögert. Daher tritt eine Phasen- thermodynamisch irreversibel verhält und somit Ener-
verschiebung zwischen der aufgeprägten Spannung und gie verbraucht. Kunststoffe besitzen somit ein hohes
der Dehnung auf. In komplexer Schreibweise lauten die Dämpfungspotential, das in der Technik als Schallschutz
Gleichungen für die sinusförmige Spannung σ(t) und genutzt werden kann.
Dehnung ε(t):

σ(t) = σ0 ⋅ exp(iωt) und


ε(t) =ε0 ⋅ exp(iωt + δ)

technisches.Handbuch 37
5.1.1 Mechanische Eigenschaften der Thermoplaste

Thermoplaste bestehen aus längeren, wenig verzweigten


Polymerketten, die chemisch nicht miteinander verbunden
sind. Die einzelnen Kettenmoleküle sind physikalisch
über die sogenannten Van-der-Waals-Kräfte miteinander
verbunden, so dass ihre Bindungen reversibel sind.
Daher fließen sie auch bei höheren Temperaturen und
können miteinander verschweißt werden.

Thermoplaste können in amorpher und teilkristalliner


Form vorliegen. Die Kristallinität entsteht in unterschied- Abbildung 31: Änderung des spezifischen Volumens mit der
Temperatur
lich stark ausgeprägten Bereichen, in denen sich die
Kettenmoleküle parallel zueinander anordnen. Amorphe
und teilkristalline Thermoplaste kann man anhand ihrer Teilkristalline Thermoplaste besitzen zwischen TG und
unterschiedlichen elastischen Eigenschaften in Abhän- der Kristallitschmelztemperatur TS eine geringere Tem-
gigkeit von der Temperatur erkennen. peraturabhängigkeit. Erst oberhalb von TS sinken die
mechanischen Werte stark ab und der Werkstoff beginnt
Amorphe Thermoplaste besitzen bei Temperaturen zu erweichen bzw. zu schmelzen.
oberhalb der Glasübergangstemperatur TG nur noch eine
geringe Festigkeit und einen niedrigen E-Modul, der mit Teilkristalline Thermoplaste besitzen in der Regel eine
der Temperatur rasch sinkt. Im Bereich des Glasüber- hohe Reißdehnung, die bis zu 800 % betragen kann (z.B.
gangs erweichen die amorphen Thermoplaste. PE). Ihr E-Modul ist relativ niedrig und kann sogar bei
Raumtemperatur unter 200 MPa liegen. Zudem neigen
Die Glasübergangstemperatur ist als diejenige Tempe- Thermoplaste zum Kriechen, das insbesondere bei hö-
ratur definiert, bei der das Leerstellenvolumen einfriert. heren Temperaturen problematisch sein kann. Weiterhin
Dieses Leerstellenvolumen ermöglicht eine gewisse freie besitzen Thermoplaste aufgrund der chemisch-physika-
Beweglichkeit der Moleküle bzw. Molekülketten. Daher lischen Bindungsverhältnisse eine hohe Dämpfung, so
wird das Leerstellenvolumen häufig als freies Volumen dass diese Werkstoffe beispielsweise gute mechanische
bezeichnet. Dämpfungsglieder darstellen.

Das Gesamtvolumen eines Kunststoffes besteht aus


dem Leerstellenvolumen VL, dem Schwingungsvolumen
VS und dem Volumen des Moleküls VM. Nach Erreichen
des Glasübergangs ändert sich nur noch das Schwin-
gungsvolumen VS (Abbildung 31).

38 technisches.Handbuch
Thermoplaste Zugfestigkeit E-Modul Reißdehnung Kerbschlagzähigkeit
MPa MPa % kJ/m2
PVC-U 50 – 65 3.000 20 -50 2–5
CPVC 75 3.500 10 – 15 2
PE-HD 20 – 30 700 – 1.200 400 – 800 6 – 15
PP-H 25 – 40 1.000 – 1.300 70 – 500 3–9
PVDF 50 – 60 2.400 20 – 80 22
ECTFE 32 – 40 1.700 200 – 300 -
FEP 20 – 30 350 – 500 250 – 350 -
PFA 15 – 30 600 – 700 100 – 250 -

Tabelle 5: Mechanische Eigenschaften einiger Thermoplaste

5
5.1.2 Der Zugversuch Dehnungen (∆ε = 0,25 - 0,05 = 0,2) der Tangenten- oder
Sekantenmodul berechnet:
Beim unidirektionalen Zugversuch nach DIN EN ISO
527 wird ein Probekörper mit je nach Herstellungsart σ0,25 - σ0,05
E=
definierten Abmessungen unter einer optional wählbaren 0,2
Geschwindigkeit bis zum Bruch gedehnt.
Bei der Durchführung der Prüfung ist auf eine sorgfältige
Probenvorbereitung zu achten, da durch schiefe Ein-
Die maximal erreichte Spannung vor Eintritt des Fließens
spannung oder auch schiefe Proben Scherkräfte wirken,
wird als Streckspannung σy bezeichnet. Die dazuge-
die das Messergebnis meist zu kleineren Werten hin
hörige Dehnung wird Streckdehnung εy genannt. Die
verändern. Auch Kerben oder Einbuchtungen an den Pro-
Zugspannung, bei der der Bruch eintritt, ist die Bruchfes-
benoberflächen beeinflussen das Messergebnis negativ.
tigkeit σb und die dazu korrespondierende Dehnung die
Um den Einfluss der Einspannung zu verringern, kann
Bruchdehnung εb. Die Zugspannung, bei der das erste
die Zugprobe an den Enden mit verdickten Endstücken
Spannungsmaximum auftritt wird als Zugfestigkeit σm be-
hergestellt werden, die die Druckkräfte der Einspann-
zeichnet. So kann die Zugfestigkeit σm je nach Werkstoff
vorrichtung aufnehmen. Gleiches erzielt man bei der
der Bruchfestigkeit σb (z.T. amorphe Thermoplaste) oder
Verwendung von Schulterstäben.
der Streckspannung σy (z.B. teilkristalline Thermoplaste)
entsprechen.
Teilkristalline Werkstoffe wie PE, PP und PVDF weisen
meist eine ausgeprägte Streckgrenze und hohe Reißdeh-
Der Kurzzeit-Zugmodul wird aus der Steigung der
nung auf (Abbildung 32), während amorphe Thermoplas-
Spannungs-Dehnungskurve ermittelt. Dabei werden die
te wie PVC eine höhere Streckspannung, aber geringere
Spannungen zu den Dehnungen von 0,05 % und
Reißfestigkeit und Reißdehnung zeigen (Abbildung 33).
0,25 % bestimmt und aus dem Quotienten der Differenz
der Spannungen (Δσ = σ0,25% - 0,05%) und der Differenz der

technisches.Handbuch 39
Abbildung 32: Schematische Darstellung einer Spannungs-Dehnungskurve eines teilkristallinen Thermoplasts

Abbildung 33: Spannungs-Dehnungskurve mit Zugfestigkeit σS, Reißfestigkeit σB und den dazugehörigen Dehnungen für amorphe
Thermoplaste

In Abbildung 34 ist der Kurzzeit-E-Modul verschiedener der steile Abfall des E-Moduls oberhalb von 60 °C zu
SIMONA® Thermoplaste in Abhängigkeit von der Tem- erkennen.
peratur aufgeführt. In diesem Prinzip-Diagramm sind
die hohe Steifigkeit von PVC bei Raumtemperatur sowie

40 technisches.Handbuch
PVC-CAW

PVC-MZ

PVDF

PP-H

PE- 5
HD

Abbildung 34: Kurzzeit-Elastizitäts-Modul von SIMONA© Thermoplasten in Abhängigkeit von der Temperatur

F · lv
5.1.3 Der Biegeversuch Dreipunktbiegung: M=
4
Der Drei- und Vierpunkt-Biegeversuch nach DIN EN ISO
178 und DIN EN ISO 14125 wird in der Technik am F · lA
Vierpunktbiegung: M=
häufigsten angewendet, da er sich durch eine einfache 2
Probenform und Prüfung auszeichnet. Die Beurteilung
Dabei beträgt 2 lA die Differenz zwischen der unteren
und Auswertung der Spannungs-Dehnungskurve ist
und oberen Stützweite. Das Widerstandsmoment ergibt
jedoch etwas komplizierter.
sich aus der Breite B und Höhe H der Probe:

Die Biegespannung σb ist der Quotient aus Biegemoment B · H2


W=
M und Biegewiderstand W: 6

M Daraus ergibt sich die Biegespannung σb zu:


σb =
W
3 · F · lV
Dreipunktbiegung: σb =
M ergibt sich aus der Kraft F und dem Auflagerabstand lv: 2 · B · H2

technisches.Handbuch 41
3 · F · lA 4·f·H
Vierpunktbiegung: σb = Vierpunktbiegung: ε=
B · H2 I2B

Der E-Modul wird folgendermaßen berechnet: Analog zum Zugversuch ist auch beim Biegeversuch auf
eine sorgfältige Probenpräparation zu achten, da auch
σb - σb
E= hier Oberflächenrisse das Messergebnis stark beeinflus-
2 1

ε2 - ε1
sen.
Dabei errechnet sich die Randfaserdehnung aus der
Durchbiegung f mit lB = obere Stützweite:

6·f·H
Dreipunktbiegung: ε=
I2V

Abbildung 35: Schematischer Aufbau des Dreipunkt- und Vierpunkt-Biegeversuchs

42 technisches.Handbuch
5.1.4 Der Druckversuch

Der Druckversuch nach DIN EN ISO 604 wird in der Regel


dann verwendet, wenn der in der Praxis eingesetzte
Werkstoff hauptsächlich einer Druckbelastung unterliegt.
Als Prüfkörper werden rechtwinklige Prismen, Zylinder
oder Rohre verwendet. Um das Abplatzen der Druckflä-
chen bei spröden Kunststoffen zu verhindern, werden sie
in sogenannte Kappen gesteckt, die den Werkstoff seit-
lich abstützen. Zur Beurteilung von dünneren Werkstü-
cken wie Platten werden auch Schulterstäbe verwendet.

Abbildung 36: Der Torsionsschwingversuch 5


Die Prüfung erfolgt mit konstanter Kraft- oder Dehnrate,
die von der Länge der Probe abhängt. Die Berechnung
Die Proben können einen runden oder eckigen Quer-
der Druckfestigkeit, des E-Moduls und der Stauchung
schnitt besitzen. Sie werden an beiden Enden in die
erfolgt analog zum Zugversuch.
Vorrichtung eingespannt, wobei ein Ende mit der
Schwungscheibe verbunden ist.
Bei der Probenpräparation ist auf die Planparallelität der
Stirnflächen zu achten, um Scherbelastungen in Kombi-
Die Schwungscheibe wird zu Beginn der Messung um ei-
nation mit der Stauchung zu vermeiden. Gerade spröde
nen bestimmten Winkel α ausgelenkt, der klein gehalten
Werkstoffe reagieren sehr empfindlich auf derartige Be-
wird, um die Probe nicht über Gebühr zu belasten. Nun
lastungen, so dass das Messergebnis verfälscht würde.
lässt man das System frei schwingen und die Schwing-
amplitude A wird als Funktion der Zeit t aufgezeichnet.
Aus der Abnahme der Amplitude mit der Zeit aufgrund
5.1.5 Der Torsionsschwingversuch
der inneren Reibung (gedämpfte Schwingung) ergibt sich
Mit Hilfe des Torsionspendel-Verfahrens nach DIN EN ISO das logarithmische Dekrement Λ, indem der Quotient
6721 können die elastischen, viskoelastischen, energie- aus den Amplituden zweier aufeinanderfolgender
und entropieelastischen Eigenschaften eines Werkstoffes Schwingungen An und An+1 gebildet wird:
über einen großen Temperaturbereich bestimmt werden.
An
Λ=
An+1

technisches.Handbuch 43
Der Torsionsschwingversuch eröffnet vielfältige Möglich-
x keiten, einen Werkstoff näher zu charakterisieren und
A1
seine Grenzen festzulegen. Es hat sich daher in der Prüf-
A2
A3 A4 technik die Messung der dynamischen Eigenschaften
t in Abhängigkeit von der Temperatur und der Anregungs-
frequenz etabliert. Aus diesen Messungen entstehen
Kennfelder, die den Werkstoff näher beschreiben.

Eine der einfacheren Varianten stellt die Definition der


Abbildung 37: Gedämpfte Schwingung
Glasübergangstemperatur TG von Kunststoffen dar. Es
werden dazu die Moduln G′ und G″ bestimmt. Deren
Das logarithmische Dekrement Λ ist eng mit der Dämp-
Schnittpunkt über der Abszisse bezeichnet man als
fung d verknüpft:
Glasübergang.
Λ

( )
d=
Λ2
π· 1+
4 · π2
5.1.6 Der Ring- und Segmentscherversuch

Aus dem Trägheitsmoment I, der Probenlänge L, der Pro- Um die interlaminare Haftung oder die Haftung eines
benbreite b, der Probendicke a und der Eigenfrequenz f0, Liners mit der Verstärkungsschicht eines Rohres zu mes-
die sich aus dem zeitlichen Verlauf der Schwingungskur- sen, wird der Ringscherversuch oder der Segmentscher-
ve ergibt, wird der Schubmodul G berechnet: versuch nach der DIN 53769-1 verwendet.

(
G = 4 · π2 · I · f02 · 1 +
Λ2
4 · π2 ) ·
( 3·L
b · a3 · (1 - 0,63 ·
a
b
) ) Der Ringscherversuch (Abbildung 38) geht von einem
30 mm langen Rohrstück aus, bei dem ein Ende auf der
Länge von 5 mm bis zur Mitte der Rohrwand oder beim
1
mit I = · m · r2 Liner-GFK-Rohr bis zum Liner von außen abgedreht wird.
2
Das andere Ende wird in gleicher Weise jedoch von innen
Dabei ist m die Masse und r der Radius der Schwung- abgedreht. Die Ringscherfestigkeit τR ergibt sich aus der
scheibe. gemessenen Versagenskraft F und der Haftfläche
2 ⋅ π ⋅ r ⋅ h:
Da der Verlustfaktor d gleich dem Tangens des Phasen-
F
winkels δ ist, kann bei bekanntem G der Speichermodul τR =
2⋅π⋅r⋅h
G′ und der Verlustmodul G“ berechnet werden:

G′ = G ⋅ cos δ
G″ = G ⋅ sin δ

44 technisches.Handbuch
5

Abbildung 38: Der Ringscherversuch Abbildung 39: Der Segmentscherversuch

Beim Segmentscherversuch (Abbildung 39) wird lediglich 5.1.7 Der Stirnzugversuch


ein Segment des Rohres geprüft. Dieses Segment wird
Der Stirnzugversuch nach DIN 53766-1 stellt unter an-
erzeugt, indem ein Rohrstück mit der Länge von 20 mm
derem eine Möglichkeit dar, die Haftfestigkeit zwischen
längs zur Zylinderachse eingekerbt wird und somit Seg-
dem Auskleidungswerkstoff und dem Traglaminat zu
mente der Breite b entstehen.
beurteilen. Demnach wird eine Versuchsprobe mit einem
Durchmesser von 30 mm auf die entsprechenden Zug-
Mit Hilfe eines Stempels, dessen Breite der Segment-
stempel aufgeklebt oder aufgeschweißt, so dass die Zy-
breite entspricht, wird das Segment des Rohrstücks auf
linderachse des Versuchskörpers senkrecht zur Laminat-
Druck belastet. Das Segment ist dabei auf der Unterlage
Ebene steht (Abbildung 40). Diese Anordnung wird dann
so angeordnet, dass es nach unten frei abscheren kann.
im Zugversuch bis zum Bruch belastet. Die Haftfestigkeit
Die Segmentscherfestigkeit τs ergibt sich dann zu:
σh ergibt sich aus der gemessenen maximalen Kraft Fmax
F pro Fläche A0:
τs =
b·h
Fmax
σh =
A0

technisches.Handbuch 45
Abbildung 40: Probenanordnung zur Messung der Haftfestigkeit Abbildung 41: Schlagbiegeversuch nach Charpy
(Probekörper Form A)

5.1.8 Prüfung der Kerbschlagzähigkeit Gemessen wird die vom Probekörper absorbierte Schlag-
arbeit. Man unterscheidet zwischen den Kenndaten für
Kunststoffe sind im Allgemeinen wesentlich schlag- und
Schlag- und Kerbschlagzähigkeit.
kerbschlagempfindlicher als andere konventionelle Werk-
stoffe, wie z.B. Stahl. Der Begriff „Schlagempfindlichkeit“
charakterisiert das unterschiedliche Werkstoffverhalten
5.1.9 Prüfung der Schlagzähigkeit
bei statischer (ruhender) und schlagartiger Beanspru-
chung. Darunter versteht man eine Kraft, die mit hoher Die Schlagzähigkeit wird mit Hilfe eines ungekerbten
Geschwindigkeit kurzzeitig auf einen Körper wirkt. Das Probekörpers ermittelt. Einige SIMONA® Werkstoffe
Verhalten bei schlagartiger Beanspruchung kann mit weisen bei dieser Prüfung (Raumtemperatur: 23 °C)
unterschiedlichen Prüfverfahren untersucht werden. keinen Bruch auf. Es kann also auch keine Brucharbeit
angegeben werden. In der Datenübersicht in Kapitel 4
Im europäischen Raum wird der Schlagbiegeversuch finden Sie deshalb die Angabe „ohne Bruch“. In solchen
nach DIN EN ISO 179 angewandt und die Kerbform nach Fällen wird daher zur Differenzierung bevorzugt die zuvor
Charpy verwendet. beschriebene Kerbschlagzähigkeit herangezogen. Die
Prüfung der Schlagzähigkeit erhält jedoch dann eine
Mit Hilfe eines Pendelschlagwerkes nach DIN 51222 wird besondere Aussagefähigkeit, wenn äußere Einflüsse,
der Probekörper einer schlagartigen 3-Punkt-Biegebean- wie z.B. UV-Licht oder Chemikalien, eine Versprödung
spruchung unterworfen (Abbildung 41). bewirken.

46 technisches.Handbuch
Aufschlussreich ist vor allem die Abhängigkeit der giger Schlagzähigkeits- bzw. Kerbschlagzähigkeitswerte
Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von der Temperatur. eine Aussage über die unteren Einsatztemperaturen des
Bei sehr tiefen Temperaturen werden im Allgemeinen entsprechenden Werkstoffes gemacht werden. Das wird
Sprödbrüche erzielt, bei höheren Temperaturen jedoch in besonderem Maße durch das Diagramm in Abbildung
Verformungsbrüche. So kann anhand temperaturabhän- 42 verdeutlicht.

PE-HD
5
PVDF PP-H
Kerbschlagzähigkeit

PVC-U

Temperatur in °C

Abbildung 42: Kerbschlagzähigkeit als Funktion der Temperatur

Hohe Werte der Kerbschlagzähigkeit = hohe Zähigkeit


Niedrige Werte der Kerbschlagzähigkeit = hohe Sprödigkeit

technisches.Handbuch 47
5.1.10 Oberflächenhärte zeiten angesetzt werden. Je nach Werkstoff können zwei
unterschiedliche Prüfkörpertypen verwendet werden: Typ
Zur Untersuchung der Oberflächenhärte eines Werkstof-
A für weiche Materialien und Typ D für härtere.
fes werden üblicherweise statische Verfahren verwen-
det. Bei der Härtemessung wird der Widerstand einer
SIMONA® Materialien werden hauptsächlich nach dem
Werkstoffoberfläche gegenüber dem Eindringen eines
Shore D Verfahren geprüft. Die Prüfdauer dabei beträgt
härteren Körpers (Stahlkugel, Stahlkegel oder Diamant-
15 sec.
kegel) gemessen oder die Werkstoffverdrängung durch
den eingedrungenen Körper bestimmt. Die Härte eines
Werkstoffes ist ein Maß der Steifigkeit, wobei die Härte
5.1.11 Verschleißeigenschaften
außerhalb des elastischen Werkstoffverhaltens ermittelt
wird und somit nicht mit dem E-Modul ins Verhältnis Als Verschleiß bezeichnet man den Abtrag von Material
gesetzt werden kann. aus einer Oberfläche durch mechanische Beanspru-
chungen. Die Beschreibung des Abtrages des Materials
aus einer Oberfläche ist sehr komplex und hängt zum
5.1.10.1 Kugeldruckhärte H nach DIN EN ISO 2039-1 einen mit der Impulsübertragung der auf die Oberfläche
auftreffenden Teilchen und zum anderen mit den Adhä-
Eine Kugel (d = 5 mm) drückt mit einer definierten Kraft
sionseigenschaften der Oberfläche zusammen. Es wird
für die Dauer von 30 Sekunden auf die Werkstoffober-
daher zunächst in Reibungsverschleiß, Strahlerosion,
fläche. Die Kugeldruckhärte errechnet sich aus der Prüf-
Gleitverschleiß und Kavitationsverschleiß unterschie-
kraft F in N und der Oberfläche A in mm2 des Eindrucks
den. Der Verschleiß ist dabei noch davon abhängig, ob
in der Werkstoffoberfläche:
die Verschleißteilchen trocken oder in einer Flüssigkeit
F wirken.
H=
A
So vielfältig wie die Verschleißformen, so vielfältig sind
auch die Prüfmethoden zur Ermittlung der Verschleißfes-
5.1.10.2 Härte nach Shore D gemäß DIN EN ISO 868 tigkeit eines Werkstoffes. Dabei ist noch zu beachten,
dass der Verschleiß zum einen vom Material und zum
Das Prüfverfahren nach Shore gestattet eine schnelle
anderen von den Versuchsbedingungen abhängt. Somit
Bestimmung der Härte von Kunststoffen und Hartgummi.
ist zur Beurteilung des Verschleißes immer das Tribo-
Dabei wird ein spitzer Prüfkörper mit einer definierten
system, bestehend aus dem Material, dem Verschleiß-
Spitze und Kraft für gewisse Zeit in den zu prüfenden
mittel und den Versuchsparametern, mit einzubeziehen.
Werkstoff hineingedrückt.
Gängige Prüfverfahren sind das Reibradverfahren, das
Stift-Scheibe-Experiment, der Strahlverschleiß und der
Das Messgerät setzt den Widerstand gegenüber dem
Sand-Slurry-Test, um nur einige zu nennen.
Eindringen des Prüfkörpers in die entsprechenden Härte-
werte um. Als Prüfkriterium können verschiedene Prüf-

48 technisches.Handbuch
Beim Reibradverfahren rotiert eine ebene und runde Gemäß einschlägiger Literatur ist der Verschleiß µv von
Platte unter zwei mit Schmirgelleinen bespannten, frei den mechanischen und adhäsiven Eigenschaften eines
drehbaren Rollen. In der DIN 53754 sind die Anpress- Werkstoffes abhängig. Qualitativ hängt er von den Rei-
kraft der Rollen mit 5,4 N und die Rotationsgeschwin- bungskoeffizienten f, dem E-Modul, der Streckgrenze σs
digkeit des Tellers mit 55 min definiert. Die Höhe des
-1
und der Streckdehnung εs ab:
Verschleißes wird aus der Massen- bzw. Volumenabnah-
f 1
me der Platte pro Zeiteinheit bestimmt. µv ~ ·
E σs · εs

Das Stift-Scheibe-Experiment ist zur Messung des Gleit- Der Reibungskoeffizient f setzt sich aus einem adhäsiven
verschleißes entwickelt worden und besteht aus einer Teil fad und einem deformativen Teil fdef additiv zusammen.
rotierenden Reibplatte, auf die die Probe in Stiftform mit
definierter Kraft gedrückt wird. Wieder wird die Mas- Der adhäsive Reibungskoeffizient fad ist eine Funktion der 5
sen- oder Volumenabnahme als Maß des Verschleißes Scherfestigkeit τs, dem Anpressdruck p, dem Elasizitäts-
verwendet. modul E und der Oberflächengüte β:

Die Ermittlung des Strahlverschleißes erfolgt durch die


Bestrahlung einer Probeplatte mit Teilchen definierter
fad =
τs
p [ ( )]
· 1 - exp -β ·
p
E

Größe und Geschwindigkeit. Der Vorteil dieses Verfah- Der deformative Reibungskoeffizient fdef ist von den me-
rens besteht in seiner Variationsbreite. So kann bei- chanischen Eigenschaften des Reibguts Γ, dem Anpress-
spielsweise zu dem Strahlgut eine Flüssigkeit gegeben druck p, dem E-Modul und dem Verlustfaktor tan δ der
werden, um die Wirkung unterschiedlicher Schmiermittel Probe abhängig:
mit einzubeziehen. Zusätzlich kann der Verschleiß in
p
Abhängigkeit vom Einstrahlwinkel gemessen werden. fdef = Γ · · tan δ
E
Nachteilig ist jedoch die Abhängigkeit des Verschleißes
von der Versuchsdauer, da mit zunehmender Erosion Daraus wird ersichtlich, dass der Verschleiß eines Werk-
ein Loch entsteht, dessen geometrische Eigenschaften stoffes in erster Näherung von 1/E2 abhängt:
nichts mit der ebenen Platte gemein haben.

Der Sand-Slurry-Test besteht aus einem Topf mit einem


μv ~ ( E2
+
E2 )
τs · β · p Γ · p · tan δ
s
1
·σ ·ε
s

Sand-Wassergemisch im definierten Verhältnis, in dem


die Proben mit vorgegebener Geschwindigkeit rotieren.
Aufgrund des doppelwandigen Verschleißtopfes kann zu-
dem die Temperaturabhängigkeit des Verschleißes ermit-
telt werden. Durch die Wahl des Verschleißmediums sind
somit sehr praxisnahe Untersuchungen des Verschleißes
von durchströmten Bauteilen wie Rohren durchführbar.

technisches.Handbuch 49
Die Verschleißfestigkeit wird somit um den Faktor 4 er- Die Verschleißfestigkeit hängt u.a. in erheblichem Maße
höht, wenn der E-Modul um die Hälfte sinkt. Die Streck- vom Molekulargewicht des polymeren Werkstoffes ab.
grenze σs und die Streckdehnung εs wirken dagegen nur Mit der Höhe des Molekulargewichtes steigt die Ver-
linear auf den Verschleiß. Als Konsequenz folgt hieraus, schleißfestigkeit des Materials an. Von den SIMONA®
dass aufgrund der bis zu 200-fach höheren Reißdeh- Halbzeugen weist SIMONA® PE 1000 die höchste Ver-
nung von Thermoplasten (z.B. PE) diese gegenüber Duro- schleißfestigkeit auf.
plasten und einigen Stählen einen niedrigeren Verschleiß
aufweisen. Die Prüfapparatur des Sand-Slurry-Tests macht es
möglich, den Einfluss der Temperatur auf das Verschleiß-
verhalten zu untersuchen. Dabei wurde festgestellt,
5.1.11.1 Der Sand-Slurry-Test dass mit steigender Temperatur die Verschleißfestigkeit
erheblich zunimmt (Abbildung 44), da Thermoplaste zwar
Für die Simulation des Verschleißes in Rohrleitungen
mit der Temperatur weicher werden (sinkender E-Modul),
durch wässrige Festkörpergemische mit turbulenten
aber die Reißdehnung und Dämpfung überproportional
Strömungsverhältnissen eignet sich der Sand-Slurry-Test
steigen.
recht gut. Er stellt experimentell keine hohen Anforde-
rungen, gestattet aber dennoch eine genügend genaue
Differenzierung zwischen verschiedenen Thermoplasten.

Die Versuchsanordnung zu diesem Test (Abbildung 43)


besteht aus parallel angeordneten Reihen von nebenei-
nanderliegenden Verschleißbehältern aus Chromnickel-
stahl, die mit einer Aufschlämmung aus zwei Gewichts-
teilen Wasser und drei Gewichtsteilen Quarzsand der
Körnung zwischen 0,5 mm und 1,5 mm gefüllt sind.
In diesem Behälter rotieren quaderförmige Proben 24
Stunden lang mit konstanter Drehzahl.

Die Prozesstemperatur lässt sich zwischen 20 °C und


80 °C frei wählen. Für niedrige Messtemperaturen,
z.B. 20 °C, wird die beim Rotieren der Proben an den
Verschleißtöpfen entstehende Wärme durch Kühlen
Abbildung 43: Prinzipieller Aufbau des Sand-Slurry-Tests
abgeführt. Zusätzlich ist die Apparatur mit einer Wärme-
isolierung ausgestattet, um eine konstante Temperatur
bis 80 °C zu gewährleisten.

50 technisches.Handbuch
5

Abbildung 44: Relativer Verschleiß von Thermoplasten als Funktion der Temperatur

5.2 Thermische Eigenschaften Die Wärme, die eine Energieform darstellt, wird mit
Schallgeschwindigkeit transportiert, die stoffspezifisch
5.2.1 Wärmeleitung
und vom E-Modul und der Dichte abhängig ist.
Die Wärmeleitung bezeichnet einen Vorgang, bei dem
Wärme innerhalb eines Stoffes von Ort A zu Ort B trans- Aufgrund der geringen Dichte und der niedrigen Schall-
portiert wird. geschwindigkeit sowie der niedrigen Wärmekapazität im
Vergleich zu Metallen (die Wärmekapazität nimmt mit
Dabei wird die Wärme immer von den Zonen höherer der elektrischen Leitfähigkeit zu) sind reine Kunststoffe
Temperatur zu Zonen niedrigerer Temperatur übertragen. im Allgemeinen schlechte Wärmeleiter und somit gute
Der Wärmeaustausch zwischen diesen Zonen findet, thermische Isolatoren.
wenn er ungestört ablaufen kann, solange statt, bis sich
ein Ausgleich eingestellt hat und der Körper eine einheit-
liche Temperatur aufweist.

technisches.Handbuch 51
Material Wärmeleitfähigkeit l 5.2.1.2 Wärmeleitfähigkeit
[W/(m  K)]
Die Wärmeleitfähigkeit λ, auch Wärmeleitzahl genannt,
Kunststoff Polyethylen, PE 0,50
ist ein temperaturabhängiger Kennwert, der die Fähigkeit
Polyamid, PA 0,30

Polyurethan, PU 0,25
eines Materials, Wärme in seinem Inneren zu transportie-

Polypropylen, PP 0,23 ren, zahlenmäßig erfasst. Sie wird in W/(m ⋅ K) angegeben.


Polyvinylchlorid, PVC 0,17 Die Wärmeleitfähigkeit kann mit Hilfe von Füllstoffen
Metalle Silber 429 verbessert werden, wenn diese eine höhere Wärmeleit-
Kupfer, rein 400 fähigkeit besitzen. Häufig werden dazu Kohlenstoffstaub,
Aluminium, rein 236 Graphit aber auch Metallfasern oder Metallpulver einge-
Messing 120 setzt.
Eisen 80

Tabelle 6: Wärmeleitfähigkeit l einiger Werkstoffe Besitzen die Füllstoffe anisotrope thermische Eigen-
schaften und die Möglichkeit, sich im Werkstoff zu orien-
tieren, so erhält auch der gefüllte Kunststoff anisotrope
5.2.1.1 Wärmekapazität
thermische Eigenschaften. Dies kann beispielsweise bei
Die Wärmekapazität c wird in J/K angegeben und sagt Kunststoffen beobachtet werden, die mit Graphit gefüllt
aus, um wie viel °C bzw. K sich die Temperatur eines sind. Graphit ist thermisch anisotrop und orientiert sich
Körpers erhöht, wenn man ihm eine bestimmte Wärme aufgrund der Plättchenform und der Herstellbedingun-
zuführt. gen oftmals in Fließrichtung innerhalb des Werkstoffes.

Die spezifische Wärmekapazität C beschreibt die Fä-


higkeit eines Körpers, Wärme zu speichern. Sie gibt an, 5.2.2 Wärmedurchgang
wie viel Wärme ein Material bei Temperaturänderung
Um die Wärmeübertragung durch eine Wand zu berech-
aufnimmt bzw. abgibt. Die Maßeinheit wird in J/(kg · K)
nen, sind neben der Wärmeleitung noch die Wärmeüber-
angegeben. Die spezifische Wärmekapazität ist eine
gangskoeffizienten innerhalb und außerhalb der Wand
stoffspezifische Größe, die jedoch von verschiedenen
sowie der Wärmedurchgangskoeffizient notwendig.
Parametern, wie z.B. der Temperatur, abhängig ist. Aus
Der Wärmestrom j ergibt sich aus:
diesem Grund wird die spezifische Wärmekapazität für
ein Material oft bei einer bestimmten Temperatur ange-
j = U · A · ΔT
geben.

mit U = Wärmedurchgangskoeffizient
A = Fläche der Wand
ΔT = Temperaturdifferenz

52 technisches.Handbuch
Der Wärmedurchgangskoeffizient U (oder auch k-Wert) zwar eine stoffspezifische Materialkonstante, ist jedoch
errechnet sich folgendermaßen: temperaturabhängig (Abbildung 45) und wird mit steigen-
der Temperatur größer, so dass sich das Volumen eines
1
U= Körpers mit steigender Temperatur überproportional
1/αi + s/λ + 1/ αa
verändert. Oft wird der lineare Ausdehnungskoeffizient
mit s = Wanddicke über den Anwendungstemperaturbereich des Materials
λ = Wärmeleitfähigkeit gemittelt und als „mittlerer thermischer Längenausdeh-
αi,a = Wärmeübergangskoeffizient innen, nungskoeffizient“ angegeben.
außen
Da der lineare Wärmeausdehnungskoeffizient von den
Der Wärmeübergangskoeffizient α bestimmt die Wärme- Bindungsverhältnissen innerhalb eines Werkstoffes
übertragung auf eine Wand und hängt ganz entschei- abhängt, kann er mit den elastischen Eigenschaften und 5
dend von der Art und der Geschwindigkeit des Mediums dem Schmelzpunkt verknüpft werden.
ab. Er ist vom Material der Wand völlig unabhängig. Je
höher der Wärmedurchgangskoeffizient, desto schlechter Die Länge L eines Stabes wächst mit der Temperatur T
ist die Wärmedämmeigenschaft des Stoffes. Umgekehrt, nach folgender Beziehung:
je niedriger der Wärmedurchgangskoeffizient, desto bes-
ser ist die Wärmedämmeigenschaft, bzw. desto höher L = L0⋅(1 + α⋅T)
ist der Wärmedurchgangswiderstand. Der Wärmedurch-
gangskoeffizient hat die Maßeinheit W/(m² · K). Dabei bedeutet L0 die Länge des Stabes bei T = 0 K.
Wird ein Kunststoff mit Füllstoffen oder Fasern ver-
mischt, so ergibt sich im Allgemeinen aus der einfachen
5.2.3 Wärmeausdehnung Mischungsregel der Ausdehnungskoeffizient αc des
gefüllten Kunststoffes:
Werkstoffe verändern bei einer Temperaturänderung
ihre Dimensionen wie Länge, Breite und Höhe und damit
αc = αk · (1 - ϕk) + αf + ϕf
auch ihr Volumen. Da bei einer Temperaturänderung die
Masse des Körpers die gleiche bleibt, sich das Volumen
Dabei sind αk und αf die Ausdehnungskoeffizienten des
aber ändert, ändert sich zwangsläufig auch die Dichte
Kunststoffes und des Füllstoffes sowie ϕk und ϕf die
des Werkstoffes. Bei Erwärmung dehnt sich ein Werk-
Volumenanteile des Kunststoffes und des Füllstoffes.
stoff aus, beim Abkühlen zieht er sich zusammen.

Typische mittlere thermische Ausdehnungskoeffizienten


Die Ursache der Dimensionsänderung wird mit dem
können Tabelle 7 entnommen werden:
Schwingen der Atome in dem Material um einen Gleich-
gewichtspunkt herum erklärt. Mit steigender Temperatur
nimmt die Schwingung der Höhe nach zu, der Werkstoff
dehnt sich aus. Der lineare Ausdehnungskoeffizient ist

technisches.Handbuch 53
Werkstoff α [10-6/K]
Glas 4

Stahl 12

Kupfer 18

Aluminium 24

Polypropylen 160

Polyethylen 180

PVDF 120

ECTFE 80

PVC 80

GFK 20 – 30

CFK 0 – 20

Tabelle 7: Mittlerer thermischer Ausdehnungskoeffizient einiger


Werkstoffe

PE-HD

PVDF

PP-H
PVC-U

Abbildung 45: Linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient als Funktion der Temperatur einiger Thermoplaste

54 technisches.Handbuch
5.2.4 Prüfung der Wärmeformbeständigkeit 5.3 Brandverhalten

Im Gegensatz zu Duroplasten sind die Eigenschaften der Gemäß DIN 4102 wird in nicht brennbare (Klasse A) und
Thermoplaste sehr stark temperaturabhängig. Bei hohen brennbare Baustoffe (Klasse B) unterschieden. Kunst-
Temperaturen gehen Thermoplaste in den plastischen stoffe sind ohne Ausnahme zu letzteren zu zählen.
Zustand über. Deshalb ist es für einen Konstrukteur bzw.
Verarbeiter von Thermoplasten sehr wichtig, einen unge- Die Klasse B wird eingestuft in:
fähren Richtwert über die Grenztemperatur hinsichtlich
der Formstabilität eines Werkstoffes zu erhalten. Die J B1 schwer entflammbar
bei diesen Prüfungen ermittelten Temperaturen dürfen J B2 normal entflammbar
jedoch nicht als maximale Einsatztemperaturen angese- J B3 leicht entflammbar
hen werden, weil dabei z.B. mechanische Eigenschaften
5
keine Berücksichtigung finden. Zur Einhaltung der Brandschutzverordnungen werden
in Deutschland für öffentliche Gebäude, Messen, usw.
Bei der Prüfung der Wärmeformbeständigkeit von Kunst- Materialien vorgeschrieben, die die Schwerentflammbar-
stoffen wird hauptsächlich auf zwei Verfahren zurückge- keit (B1) nach DIN 4102 erfüllen.
griffen:

1. Vicat (DIN EN ISO 306) 5.3.1 Brandprüfung nach DIN 4102


2. Heat Distorsion Temperature (HDT) (ISO 75)
Für Baustoffe mit Ausnahme von Wandbekleidungen und
Bodenbelägen, die in der DIN 4102 separat behandelt
Wir können die Wärmeformbeständigkeit unserer
werden, stellt die B1-Prüfung im Prinzip den Brand
Thermoplaste nach beiden Verfahren bestimmen.
eines Gegenstandes in einer Ecke eines Raumes dar.
Hierbei muss die Wärmeabgabe an den Raum und die
Die Vicat-Temperatur ist die Temperatur, bei der die
Brandausbreitung begrenzt sein. Die B1-Prüfung findet
Vicat-Nadel (Spitze ca. 1 mm² Querschnittsfläche) unter
im Brandschacht statt. Dieser ist quadratisch und ins-
einer bestimmten Belastung und einer definierten Heiz-
gesamt ca. 2.500 mm hoch. An jede Seite des quadrati-
rate 1 mm in den Werkstoff eingedrungen ist.
schen Brandschachtes wird in einer bestimmen Höhe je
eine Probe senkrecht so befestigt, dass der Abstand des
Bei der Ermittlung der Heat Distorsion Temperature
quadratischen Brenners, der sich unterhalb der Proben
(HDT) wird ein Probekörper in einem Ölbad hochkant
befindet, 25 mm ± 1 mm zur Probe beträgt. Die Beflam-
auf zwei Lager aufgelegt. Mittig zwischen diesen beiden
mung findet über einen Zeitraum von 10 Minuten statt.
Lagern wird der Probekörper mit einer definierten Kraft
Bei der Auswertung des Versuchs werden unter anderem
belastet. Das Ölbad wird mit einer bestimmten Heizrate
die verbleibende Restlänge der Probekörper, das eventu-
aufgeheizt. Die Temperatur, bei der der Probekörper eine
elle Abtropfverhalten und die mittlere Rauchgastempera-
Durchbiegung von 1 mm aufweist, wird als HDT abgele-
sen und angegeben.

technisches.Handbuch 55
tur beurteilt. Hierbei dürfen bestimmte Grenzwerte nicht zentration in einem Sauerstoff-Stickstoff-Gemisch an,
überschritten werden. bei der die Verbrennung unterhalten wird. Das bedeutet,
dass nur bei einem Sauerstoffbedarf ≤ 20,8 % (Sauer-
Die B1-Prüfung für Baustoffe gilt als bestanden, wenn stoffgehalt in der Atmosphäre) mit Hilfe einer Zündquelle
diese Brandschachtprüfung und die Anforderungen nach eine Entzündung erfolgt und ein Weiterbrennen nach
B2 (stellt die Beanspruchung z.B. durch eine Streichholz- Entfernen dieser Zündquelle möglich ist.
flamme dar) bestanden sind.
In Tabelle 8 sind Sauerstoffindizes und Einstufungen
Die Fähigkeit, die Brandschachtprüfung zu bestehen, zum Brandverhalten aufgeführt, die durch unterschiedli-
nimmt bei gleichem Material mit steigender Plattendicke che Prüfverfahren ermittelt wurden:
ab.
J DIN 4102 in der Brandschachtanlage

Ein weiteres Beurteilungskriterium ist die Angabe des J DIN 53438 durch Kanten- (K) und

Sauerstoffindexes (LOI = Limiting Oxygen Index, DIN EN Flächenbeflammung (F)


ISO 4589). Diese Zahl gibt die Mindestsauerstoffkon- J UL 94 (US-Prüfnorm)

Werkstoff Brandverhalten Sauerstoffindex Bewertung Bewertung


nach DIN 4102 nach ASTM nach UL 94 nach DIN 53438
Klasse* 2863 Klasse* Klasse
PE-HD B2 18
PE-EL B2 18
PP-H B2 18
PP-B B2 18
PPs B1 28 F1 K1
PVC B1 40 V0
PVDF B1 60 V0
ECTFE B1 52

*
Details zur Verfügbarkeit der Prüfzeugnisse siehe Kapitel 4 Werkstoffkennwerte

Tabelle 8: Beurteilung des Brandverhaltens

56 technisches.Handbuch
5.3.2 SBI-Test nach DIN EN 13823

Der SBI-Test (Single Burning Item) ist als neuer Test im


europäischen Raum eingeführt und wird die nationalen
Brandtests nach einer noch zu bestimmenden Über-
gangsfrist ablösen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses
technischen Handbuches gab es in der Bauregelliste
des DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) noch keine
Anforderung bezüglich SBI an die Bauprodukte.

Die DIN EN 13823 beschreibt die Prüfungen zum


Brandverhalten von Bauprodukten, während die DIN
5
EN 13501-1 die Klassifizierung von Bauprodukten und
Bauarten zu ihrem Brandverhalten behandelt. Letztere
wird auf drei Kategorien von Bauprodukten angewendet,
die getrennt behandelt werden:

1. auf Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen


Abbildung 46: Schematische Darstellung des SBI-Tests
und Rohrisolierungen,
2. auf Bodenbeläge und
Während des Tests werden kalorimetrische Messungen
3. auf Rohrisolierungen.
und Daten des Rauchgases aufgezeichnet und an Hand
dieser Aufzeichnungen die Einteilung in die in der DIN EN
Der Test beurteilt im Prinzip, welchen Beitrag ein
13501-1 aufgeführten Klassifizierungen vorgenommen.
bestimmtes Bauprodukt zu einem sich entwickelnden
Brand leistet. Dabei wird angenommen, dass der Brand
In der DIN EN 13501-1 sind insgesamt sieben Brand-
von einem in einer Ecke stehenden, brennenden Gegen-
klassen zur Einteilung der einzelnen Bauprodukte auf-
stand ausgelöst wird, so wie in Abbildung 46 dargestellt.
geführt. Die Klassen A1 und A2 betreffen ausschließlich
nichtbrennbare Stoffe. Für brennbare Baustoffe wurden
Der Test besteht aus zwei Wänden 0,5 m x 1,5 m und
die Klassen B, C, D, E und F kreiert.
1,0 m x 1,5 m, die rechtwinklig zueinander angeordnet
sind und in Metallrahmen positioniert werden.

technisches.Handbuch 57
Wichtige Kenngrößen für Produkte, die im SBI-Test klas- Falls im Kleinbrennertest das Papier durch brennend
sifiziert werden, sind: abtropfende Partikel entzündet wird, muss dieses
Produkt automatisch in d2 eingestuft werden. Damit hat
J die Feuerausbreitung (fire growth rate, FIGRA) dieses Produkt aber auch den Kleinbrennertest nicht
J die totale Wärmefreisetzung (total heat release, THR) erfüllt und wird automatisch in Klasse F eingestuft. Eine
J die seitliche Flammenausbreitung (lateral flame entscheidende Änderung des SBI-Tests zu nationalen
spread, LFS) Testmethoden sollte die Einführung eines Tests für Pro-
J die Rauchentwicklung (smoke growth rate, SMOGRA) dukte und ihre Endanwendungen sein. Die meisten sonst
J die totale Rauchentwicklung (total smoke production, üblichen Tests konzentrierten sich auf die Klassifizierung
TSP) der Werkstoffe. Dabei sollte ebenfalls beachtet werden,
J die Entstehung von brennend abfallenden Tropfen/ dass Produkte, die sich bis heute ohne erkennbare
Partikeln Sicherheitsmängel im Markt behauptet haben und als
brauchbar klassifiziert wurden, auch weiterhin in diesen
Für die Klassen B bis D sind sämtliche dieser Kriterien Anwendungen Verwendung finden dürfen. Ungeachtet
näher definiert. Für die Klasse E, die als Einstieg in den aller Vorbehalte wird es nach Einführung des SBI-Tests
SBI-Test zu werten ist, muss lediglich der Kleinbrenner- notwendig sein, sämtliche Produkte, die bislang als Bau-
test EN ISO 11925-2 (vergleichbar DIN 4102 B2) erfüllt produkte mit besonderen Brandeigenschaften eingesetzt
werden. Erfüllt ein Produkt die Klasse E nicht, so ist ein wurden, erneut zu testen und zuzulassen.
weitergehender SBI-Test nicht möglich. In der Klasse F
sind keine Kriterien zu erfüllen. Das Bauprodukt wird
ebenfalls in die Klasse F eingestuft, wenn Klasse E nicht 5.3.3 Brandtest nach FM 4910
erreicht wird.
Speziell für die Halbleiterindustrie bestehen hohe Anfor-
derungen an den Brandschutz, da Produktionsausfälle
Die Rauchentwicklung SMOGRA wird in drei Stufen
enorme Kosten verursachen. „Factory Mutual Global“ ist
eingeteilt:
ein amerikanischer Industrieversicherer, der untersucht,
ob Kunststoffe mit einer geringen Brandlast als Konst-
J s1 = SMOGRA ≤ 30 m2 ⋅ s-2, TSP ≤ 50 m2
ruktionswerkstoff in der Halbleiterindustrie eingesetzt
J s2 = SMOGRA ≤ 180 m2 ⋅ s-2, TSP ≤ 200 m2
werden können.
J s3 = erfüllt weder s1 noch s2

Die Brandlast wird in einem sogenannten „small scale


Das Ereignis von brennend abfallenden Tropfen wird
test“ ermittelt. Er besteht aus einem speziellen Ofen
ebenfalls in drei Stufen charakterisiert:
(Glasröhre), in dem die Proben verbrannt werden. Die
entstehenden Gase werden während des Brandvorgangs
J d0 = keine brennenden Tropfen innerhalb 600 s
analysiert und dienen der Beurteilung des Kunststoffes.
J d1 = keine brennenden Tropfen für länger als 10 s
Als Kriterien gelten:
innerhalb 600 s
J d2 = weder d0 noch d1

58 technisches.Handbuch
J der Ausbreitungsindex (Fire Propagating Index), Klasse V0 (höchste Anforderung), V1 oder V2 (niedrigste
FPI ≤ 6 Anforderung) eingestuft. Tritt während des Versuchs ein
J die Rauchentwicklung (Smoke Damage Index) brennendes Abtropfen auf und entzündet die darunter-
SDI ≤ 0,4 liegende Watte, so kann dieses Material, unabhängig von
J die Korrosionswirkung (Corrosion Damage Index) den anderen Messwerten, nicht mehr in Klasse V0 oder
CDI ≤ 1,1 V1 eingestuft werden. Im Gegensatz zu der Brandprüfung
nach DIN 4102 B1, nimmt die Fähigkeit eines Materials
Viele Halbzeughersteller werden verpflichtet, einen Nach- die UL 94 V0 zu erreichen, mit steigender Wanddicke
weis über die Eignung ihres Halbzeugs gemäß FM 4910 zu. Aus diesem Grund gilt die Prüfung für alle Dicken
vorzulegen, damit dieses Material in Reinräumen der des gleichen Materials als bestanden, die oberhalb der
Halbleiterindustrie eingesetzt werden kann. geprüften Materialdicke liegen. Ist z.B. ein 1 mm dicker
Die SIMONA AG hat die Zertifizierung für PVDF Rohre, Probekörper nach dem UL 94 V-Test in die Klasse V0 5
Formteile, Platten und Schweißdrähte sowie für CPVC eingestuft, steht auf dem Prüfzeugnis bei der Material-
Platten aus einem FM 4910 zertifizierten Rohstoff vor- dicke ≥ 1 mm.
liegen.
Erreicht der Kunststoff mindestens die Klassifizierung UL
94 V2, können weitere Prüfungen und dann auch Klassi-
5.3.4 Brandprüfungen nach UL 94 fizierungen durchgeführt werden, wie:

Auf dem US-amerikanischen Markt gelten die Prüfungen


J 5VB: fünfmalige Beflammung mit jeweils 5 Sekunden
nach dem UL 94 Standard. UL steht dabei für das Test-
eines vertikal eingespannten Probekörpers, wobei
labor „Underwriters Laboratories“. Danach werden die
kein Abtropfen zulässig ist
Brandeigenschaften von Kunststoffen unter verschiede-
J 5VA: wie 5VB, mit zusätzlichem Test eines horizon-
nen Bedingungen untersucht und beurteilt.
tal eingespannten Probekörpers, wobei weder ein
Abtropfen, noch die Bildung von Brandlöchern mit
In dem Versuch UL 94 HB (HB = Horizontal Burning) wird
einem Durchmesser von > 1 mm zulässig ist
die Brenngeschwindigkeit über eine bestimmte Strecke
in Abhängigkeit der Plattendicke eines horizontal ein-
Da sich der Prüfaufbau für die Einstufung nach der DIN
gespannten Kunststoffprobekörpers bestimmt. In dem
4102 von dem der UL 94 unterscheidet, ist eine generelle
Versuch UL 94 V (V = Vertical) wird der Probekörper, der
Aussage „wenn das Material die B1 besteht, besteht es
senkrecht über einem Wattebausch eingespannt ist, für
auch die UL 94 V0“ oder umgekehrt, nicht möglich und
2 x 10 Sekunden beflammt.
nicht zulässig. Gleiches gilt auch für Brandprüfungen an-
Gemessen werden die Nachbrennzeit nach der Beflam-
derer Länder, wenn diese eigene Prüfvorschriften haben.
mung, die Summe der Nachbrennzeiten (10 Probekör-
per), das Nachbrennen und Nachglühen, das eventuelle
Abtropfverhalten und die Menge des abgebrannten
Materials. Je nach Ergebnis wird der Kunststoff in die

technisches.Handbuch 59
5.4 Permeation Die Menge, die ein Werkstoff absorbieren kann, ist von
der chemischen Struktur des Werkstoffes abhängig. Ge-
Kunststoffe sind aufgrund ihrer geringen Dichte für Gase
rade Kunststoffe neigen jedoch dazu, insbesondere Lö-
und Flüssigkeiten im Vergleich zu Metallen und Minerali-
semittel in erhöhtem Maße zu absorbieren und aufgrund
en verhältnismäßig durchlässig. Der Stofftransport durch
dessen zu quellen.
eine Membran heißt Permeation, wobei unter einer
Membran eine Schicht verstanden wird, die dem Trans-
Die Diffusion wird mit Hilfe des 1. und 2. Fick‘schen
port eines Gases oder einer Flüssigkeit einen merklichen
Gesetzes beschrieben. Das 1. Fick‘sche Gesetz besagt,
Widerstand entgegensetzt. Die Permeation setzt sich aus
dass sich eine Massenstromdichte j = dm/dt, d.h. die
der Adsorption, der Absorption, der Diffusion und der
Masse der Teilchen m, die durch eine konstante Fläche A
Desorption zusammen. Unter Adsorption versteht man
pro Zeiteinheit diffundiert, mit der Zunahme des Konzen-
das Anlagern eines Stoffes an der Oberfläche einer Mem-
trationsgefälles dc/dx erhöht:
bran. Dringen Gase oder Flüssigkeiten nicht allein zur
Oberfläche einer Membran vor, sondern lösen sich auch dc
j = -D · A ·
in der Membran, so spricht man von Absorption. Die Dif- dx
fusion beschreibt den Transport eines Stoffes durch die
Die Konstante D wird als Diffusionskonstante bezeichnet.
Membran zur gegenüberliegenden Grenzfläche. Die De-
sorption ist die Umkehrung der Adsorption und bedeutet
Das 2. Fick‘sche Gesetz besagt, dass die zeitliche Ände-
die Abgabe eines Stoffes aus der Membranoberfläche an
rung der Konzentration dc/dt proportional der örtlichen
die Umgebung.
Änderung der Massenstromdichte dj/dx ist:

Die Adsorption kann für kleine Konzentrationen und dc dj


= -D ·
monomolekulare Schichten anhand der Henryschen dt dx
Isotherme beschrieben werden, in der die an der Ober-
Herrscht zwischen den beiden Seiten einer Membran der
fläche adsorbierte Menge c proportional zum Partial-
Dicke dx = s und Fläche A die Konzentrationsdifferenz
druck p des Adsorbens ist:
∆c, so diffundiert durch die Membran ein Massenstrom:

c=S·p
∆m ∆c
=D·A· s
∆t
mit S = Sorptionskonstante

Ersetzt man nun c durch die Druckdifferenz ∆p = p2 - p1


Für höhere Konzentrationen wird die Langmuir Isotherme
zwischen der Membran und führt die Permeationskons-
verwendet.
tante P = D ⋅ S ein, so erhält man:
S·p
c=
1+S·p ∆m ∆p
=P·A· s
∆t

60 technisches.Handbuch
P errechnet sich dann zu: Liegen mehrere Folien hintereinander, so ergibt sich der
resultierende Permeationskoeffizient P zu:
∆m · s
P=D·S=
A · ∆t · ∆p Si
1 1 n
=
Pges Sges
· Σ
i=1 Pi
Die Diffusion, Sorption und folglich auch die Permeation
sind eine Funktion der Temperatur und gehorchen der
Arrhenius-Beziehung: n = Anzahl der Schichten
Sges = Gesamtdicke der Membran
D = D0 · exp ( )
- ED
R·T
Si
Pi
=
=
Dicke der i-ten Einzelschicht
Permeation der i-ten Schicht

S = S0 · exp ( )
- ES
R·T
5.5 Wasseraufnahme
5

P = P0 · exp ( )
- EP
R·T
Die Werkstoffe PE, PP, PVDF und ECTFE sind wasserab-
weisend. Eine Quellung und somit eine Änderung der
Dimensionsstabilität erfolgt nicht. Bei 24-stündiger Was-
R ist in obigen Formeln die allgemeine Gaskonstante.
serlagerung nach DIN 53495 wird lediglich eine geringfü-
Die Konstanten D0, S0 und P0 sind Materialkonstanten
gige Wasseraufnahme festgestellt (< 0,1 Ma.-%).
und in der Regel unabhängig von der Temperatur T, den
Aktivierungsenergien Ei (i = D, S, P) und der Konzentra-
Bei PVC ist eine minimal höhere Wasseraufnahme bei
tion c des Absorbens in der Membran. Kennzeichnend
Wassereinlagerung gegeben. Eine Änderung der Maße
in obiger Berechnung des Permeationsgleichgewichtes
erfolgt dabei nicht. Die mechanischen Werte ändern sich
ist, dass die Absorption vernachlässigt wird, da bei der
nur geringfügig. Für die meisten Anwendungsfälle ist dies
Betrachtung ein stationäres Gleichgewicht vorausgesetzt
ohne Bedeutung.
wird.

Vorsicht ist jedoch beim Schweißen oder beim Tiefziehen


In Elastomeren ist die Diffusion jedoch abhängig von der
geboten, wenn das zu verarbeitende Material Feuchtig-
Konzentration c, so dass obige Gleichungen nicht mehr
keit aufgenommen hat. Die Gefahr der Feuchtigkeitsauf-
in dieser einfachen Form über längere Zeiträume gelten.
nahme steigt mit der Lagerdauer und mit dem Rußgehalt
des Materials (z.B. PE-EL). Beim Erhitzen von Materiali-
Die experimentelle Bestimmung der Permeationskons-
en, die Feuchtigkeit aufgenommen haben, kann es bei
tanten P kann durch die Messung der Masse, die durch
der Verarbeitung (Schweißen bzw. Tiefziehen) zu einer
die Membran permeiert, als Funktion der Zeit t bestimmt
Blasenbildung kommen. Falls dies auftritt, so kann durch
werden.
Trocknen des Schweißdrahts oder des Halbzeugs Abhilfe
geschaffen werden.

technisches.Handbuch 61
5.6 Elektrische Eigenschaften ralien, die mit metallischen oder halbleitenden Werk-
stoffen beschichtet sind. Sie eigenen sich jedoch häufig
5.6.1 Elektrische Leitfähigkeit
lediglich für dünne Schichten wie Anstriche.
Kunststoffe sind nicht nur gute thermische sondern auch
gute elektrische Isolatoren. Der spezifische Widerstand,
der sich gemäß dem Ohmschen Gesetz nach R = U/I 5.6.2 Dielektrische Eigenschaften
berechnen lässt (R = elektrischer Widerstand, U = Span-
Betrachtet man einen Plattenkondensator (Abbildung
nung, I = Strom), beträgt für Kunststoffe 1010 bis 1020
47), der aus zwei parallel zueinander aufgebauten,
Ω⋅cm. Interessant ist, dass sich der Widerstand eines
metallischen Platten besteht, so kann dieser mit Hilfe
Kunststoffes aufgrund von Polarisationsvorgängen mit
einer angelegten Spannung aufgeladen werden. Die im
der Zeit stetig zu niedrigeren Werten verändert. Daher
Kondensator gespeicherte Ladung Q ist proportional zur
liest man den Wert des Oberflächenwiderstandes gemäß
angelegten Spannung U:
DIN IEC 60093, Abs. 10.2 eine Minute nach Anlegen der
Gleichspannung ab.
Q=C⋅U

Bei einigen speziellen Anwendungen ist jedoch zumin-


Die Konstante C wird als Kapazität bezeichnet und ist
dest eine geringe elektrische Leitfähigkeit wünschens-
proportional zur Plattenfläche A und umgekehrt propor-
wert. Es handelt sich hierbei häufig um die Ableitung von
tional zum Plattenabstand d:
elektrostatischen Aufladungen in explosionsgeschützten
Räumen. Hier kann man sich, ähnlich wie bei der thermi- A
C = ε0 ·
schen Leitfähigkeit, mit elektrisch leitenden Füllstoffen d
helfen. Sie müssen jedoch in so großer Menge einge-
Die Konstante ε0 wird als Dielektrizitätskonstante des
mischt werden, dass zwischen den einzelnen Füllstoff-
Vakuums bezeichnet. Sie beträgt 8,9 ⋅ 10-12 A ⋅ s ⋅ V-1 ⋅ m-1.
teilchen ein Kontakt entsteht, der den Strom weiterleitet.
Außerdem muss gesichert sein, dass die Füllstoffe einen
Befindet sich zwischen den Platten ein Werkstoff, ein „Di-
Kontakt nach außen haben. Ist dieser Kontakt nach
elektrikum“, so ändert sich die Kapazität des Kondensa-
außen oder innen nicht gewährleistet, so ergibt sich eine
tors in Abhängigkeit von den dielektrischen Eigenschaf-
elektrische Leitfähigkeit erst bei höheren Spannungen,
ten des Werkstoffes:
bei der die Durchschlagfestigkeit der Kunststoffschich-
ten zwischen Umgebung und Füllstoff oder zwischen den A
C = ε0 · εr ·
Füllstoffen überschritten wird. Als Füllstoffe eignen sich d
alle elektrisch leitenden Werkstoffe wie Graphite, Ruße
Die Konstante εr wird als relative Dielektrizitätszahl
und Metalle. Im Handel werden aber auch zunehmend
bezeichnet und ist der Quotient aus der Kapazität mit
leitfähige Pigmente angeboten. Sie bestehen aus Mine-
Dielektrikum CDielektrikum und der Kapazität im Vakuum
CVakuum:

62 technisches.Handbuch
ten entgegengesetzte Ladungen gegenüberstehen und
CDielektrikum
εr = das elektrische Feld innerhalb des Kondensators um den
CVacuum
Faktor 1/εr herabgesetzt wird.

Durch ein Dielektrikum erhöht sich in der Regel die Die Dielektrizitätszahl ist dann wichtig, wenn es um den
Kapazität eines Kondensators, d.h. εr ist für viele Werk- Einsatz eines Werkstoffes im Hochfrequenzfeld geht.
stoffe größer als 1. Durch die Wechselfelder werden die Dipolmomente im
elektrischen Feld bewegt (Umpolarisation) und es kommt
Wird die Spannungsquelle vom Kondensator entfernt, so zur Erwärmung des Dielektrikums. Die relative Dielektri-
bleibt die Gesamtladung aufgrund der Energieerhaltung zitätszahl wird daher analog der mechanischen Dämp-
konstant und die Spannung, die an den Kondensator- fung in komplexer Weise dargestellt:
platten zu messen ist, sinkt durch ein zwischen den 5
Platten befindliches Dielektrikum. εr = εr΄+ iεr΄΄

Die Dielektrizitätskonstante εr΄kennzeichnet dabei den


reversiblen Anteil und εr΄΄den irreversiblen Dämpfungs-
anteil. Bei der Strom-Spannungskurve eines verlustfreien
Kondensators eilt die Spannung dem Strom um 90°
voraus. Mit dielektrischem Verlust eilt die Spannung
dem Strom nur noch mit dem Winkel ϕ = 90° – δ voraus.
Abbildung 47: Kondensatoranordnung mit Polarisationsladun- Der Wert tan δ wird Verlustfaktor genannt und gehorcht
gen; a) ohne Dielektrikum; b) mit Dielektrikum
folgender Beziehung:

εr΄΄
Der Grund dieser Erscheinung ist mit Hilfe des atomaren tan δ =
ε r΄
Aufbaus verschiedener Substanzen zu erklären. Viele
Stoffe besitzen aufgrund der chemischen Bindungen per- Da die dielektrischen Verlustfaktoren vieler ungefüll-
manente oder induzierte elektrische Dipolmomente. Die- ter Kunststoffe unter 10-3 liegen, eignen sie sich ganz
se Dipolmomente, auch Polarisationsladungen genannt, besonders für die elektrische Isolation im Hochfrequenz-
lassen sich in einem elektrischen Feld, wie es innerhalb bereich.
eines Kondensators herrscht, orientieren. Man spricht in
diesem Fall von der Polarisierbarkeit des Dielektrikums.
Die Dipole orientieren sich durch Influenz nun derart,
dass den Oberflächenladungen an den Kondensatorplat-

technisches.Handbuch 63
5.6.3 Elektrische Durchschlagfestigkeit Ed nach 5.6.5 Elektrostatische Aufladung
DIN 53481 / VDE 0303-1
Innerhalb vieler Einsatzbereiche werden SIMONA®
Aufgrund häufiger Anwendungen im elektrotechnischen Thermoplaste Belastungen in Form von mehr oder
Bereich ist es besonders wichtig, eine Aussage darüber weniger starker Reibung ausgesetzt. Dabei kann es zu
zu erhalten, bis zu welcher Wechselspannung eine elek- elektrostatischen Aufladungen kommen. Aufgrund des
trische Isolation gewährleistet ist, bevor der Werkstoff verhältnismäßig hohen Oberflächenwiderstandes fließen
zerstört wird. die Ladungen an der Oberfläche nur sehr langsam ab
und lösen eventuell Funkenentladungen aus (Explosions-
Die Durchschlagfestigkeit ist das Verhältnis von Durch- gefahr). Gleichzeitig wird durch die statische Aufladung
schlagspannung Ud (Spannung, die den zu prüfenden Staub angezogen, was die Oberfläche bei bestimmten
Werkstoff zerstört) und Probendicke. Die Durchschlag- Anwendungsfällen unansehnlich machen kann. Abhilfe
spannung und somit auch die Durchschlagfestigkeit sind wird dadurch geschaffen, dass die Leitfähigkeit des
spezifische Stoffeigenschaften. Sie sind weiterhin von Werkstoffes entweder durch Zugabe von Antistatika
der Probendicke, der Umgebungstemperatur, dem Luft- (innere Ausrüstung) oder durch eine Oberflächenmodi-
druck und der Geschwindigkeit der Spannungssteigerung fizierung erhöht wird. Antistatische SIMONA® Thermo-
abhängig. Dabei zeigt sich ein nicht lineares Verhalten plaste sind ausschließlich mit einer inneren Ausrüstung
von Plattendicke zur Durchschlagfestigkeit. versehen, die eine langjährige Wirkung gewährleistet. Wir
weisen bei dieser Art antistatisch ausgerüsteter Thermo-
plaste darauf hin, dass die genannten Eigenschaften von
5.6.4 Elektrische Kriechstromfestigkeit nach der Luftfeuchte abhängig sind.
DIN 53480 / VDE 0303-1

Bei Verwendung unmodifizierter Thermoplaste für


elektrotechnische Anwendungen (z.B. im elektrotechni-
schen Schaltschrankbau) sind bei ständigem Gebrauch
Verschmutzungen nicht auszuschließen. Diese können
die Grundlage für das Entstehen von Kriechströmen
auf der Oberfläche des isolierenden Materials bilden.
Sichtbares Zeichen solcher Ströme sind sogenannte
Kriechspuren, die aufgrund thermischer Zersetzung des
betroffenen Isolierstoffes entstehen (Verkohlung oder
wellenartige Aushöhlung). Als Kriechstromfestigkeit wird
die Widerstandsfähigkeit des betreffenden Stoffes gegen
Kriechspurbildung bezeichnet.

64 technisches.Handbuch
6 Chemische Eigenschaften

In der chemischen Industrie werden Kunststoffe in der Kontakt mit stark oxidierend wirkenden Medien, wie z.B.
Regel wegen ihrer chemischen Resistenz gegenüber Chromsäure oder Chlor. Weniger gut geeignet ist PVDF
chemisch aggressiven Medien eingesetzt. Dies bedeutet, im alkalischen Bereich, wie z.B. bei Natronlauge. PVDF
dass sich die Kunststoffe unter Einwirkung von bestimm- kann bei Anwesenheit von Alkalien innerhalb kurzer Zeit
ten Medien nicht soweit verändern dürfen, dass ihre mit dem Auftreten von Spannungsrissen reagieren. Die
Funktionsfähigkeit eingeschränkt wird. chemische Widerstandsfähigkeit von ECTFE liegt in der
Regel oberhalb der von PVDF. Im Gegensatz zu PVDF
Im Allgemeinen nimmt die Intensität des chemischen zeigt ECTFE auch eine gute Widerstandsfähigkeit bei
Angriffs bei Erhöhung von Temperatur und Konzentration alkalischen Medien. In der Regel steigt die chemische
sowie mit zunehmender Einwirkungsdauer zu. Widerstandsfähigkeit mit dem Fluoranteil im Kunststoff-
molekül.
Kunststoffe gehören zu den organischen Werkstoffen 5
und haben daher relativ niedrige Bindungskräfte, die Bei der Auswahl eines Kunststoffes für eine bestimmte
durch entsprechende Chemikalien negativ beeinflusst Anwendung müssen nicht nur das Medium, sondern
werden können. Neben den chemischen Medien können auch weitere Parameter bekannt sein, wie z.B.:
Veränderungen der Kunststoffe auch durch UV-Licht, 6
Wärme und Sauerstoff oder auch durch die Kombination J Einzelchemikalie oder Mischung

dieser Einflussfaktoren hervorgerufen werden. Die Folge J Konzentration des Mediums

wird eine vorzeitige Alterung und damit eine verkürzte J Anwendungstemperatur (Schwankungen)

Lebensdauer sein. J mechanische Belastung wie z.B. Druck,


dynamische Belastung
Bedingt durch die unterschiedliche atomare Zusammen- J Einwirkdauer (dauernd / kurzzeitig)

setzung der verschiedenen Kunststoffmoleküle differie- J Innen- oder Außeneinsatz

ren auch deren chemische Widerstandsfähigkeiten. So J Einsatz in einem Ex-Bereich

reagieren Polyolefine (Kunststoffe, die nur aus Kohlen- J Kontakt mit Lebensmitteln

stoff und Wasserstoff aufgebaut sind, wie z.B. PE und J Anforderungen an eine bestimmte Brandklasse

PP, siehe Kapitel 3.1 und 3.2) mit oxidierend wirkenden J Anforderungen an andere Zulassungen

Medien, wie z.B. Chromsäure, mit einer Materialversprö- J Abrasion

dung bis hin zum Auftreten von Spannungsrissen. Gegen- J Diffusion

über Alkalien, wie z.B. Natronlauge, ist PE bei Raumtem-


peratur sehr gut geeignet. PVC-U (weichmacherfreies Wenn ein Medium den Kunststoff schädigt, kann sich
PVC) ist gut geeignet für den Kontakt mit oxidierend diese Schädigung unterschiedlich äußern, wie z.B. durch:
wirkenden Medien, wie z.B. Wasserstoffperoxid oder 96
%-iger Schwefelsäure. Gegenüber vielen Lösungsmitteln, J Massenzunahme (meist Quellung)

wie z.B. Aceton, ist PVC-U in der Regel nicht oder nur J Massenabnahme bis hin zum Auflösen

eingeschränkt geeignet. PVDF ist gut geeignet für den J Verfärbung (bei Fluorkunststoffen muss dies nicht
mit einer Schädigung einhergehen)

technisches.Handbuch 65
J Versprödung / Bildung von Spannungsrissen Eine Aussage zur Bestimmung der Beständigkeit gegen
J Vernetzung umgebungsbedingte Spannungsrissbildung (ESC) liefert
die DIN EN ISO 22088.
Liegen keine Erfahrungswerte zum Verhalten des Kunst-
stoffes gegenüber dem Medium vor, kann kurzfristig nur Die eben erwähnten Normen zur Bestimmung der
eine Abschätzung erfolgen. Für eine genauere Aussage chemischen Widerstandsfähigkeit und zur Bestimmung
ist ein Einlagerungsversuch, entweder im Labor oder vor der umgebungsbedingten Spannungsrissbildung können
Ort, notwendig. bei einer Materialeinlagerung keinen zahlenmäßigen
Messwert liefern, um den Einfluss des Mediums auf den
Zur Beurteilung der chemischen Widerstandsfähigkeit Thermoplast bei der rechnerischen Behälterauslegung zu
von Thermoplasten gibt es verschiedene Normen, berücksichtigen.
wie z.B.:
Um den Einfluss des Mediums auf die Auslegung eines
J ISO 4433 Thermoplast-Behälters berücksichtigen zu können, hat
J DIN 16888 man den Faktor chemische Resistenz fCR eingeführt.
J DIN EN ISO 175 Bei der Behälterauslegung wird der chemische Abminde-
rungsfaktor A2I (Abminderung Stabilität und Verformung)
Nach diesen Normen werden die Probekörper span- bzw. A2B (Abminderung Spannung) berücksichtigt. Der
nungsfrei eingelagert. Eine Aussage zu einem möglichen A2-Faktor stellt dabei den Kehrwert des Faktors der che-
spannungsrissauslösenden Effekt ist daher nach diesen mischen Resistenz fCR dar: A2 = 1/fCR.
Normen nur eingeschränkt bis gar nicht möglich.
Dieser Faktor gibt die Auswirkung einer Chemikalie auf
Die SIMONA Halbzeuge können im hauseigenen Labor
®
den Thermoplasten im Verhältnis zu Wasser an. Der Fak-
gemäß der ISO 4433 geprüft und beurteilt werden. Als tor ist immer ≥ 1. Ist der Faktor 1, bedeutet dies, dass
Maßstab für die Beurteilung der chemischen Wider- die Chemikalie auf den Thermoplast so wirkt wie Wasser.
standsfähigkeit dienen Änderungen der Masse und der Bestimmt wird er nach der DIN 16889.
mechanischen Eigenschaften (E-Modul, Streckspannung,
Dehnung bei Streckspannung und Reißdehnung). Die In der veröffentlichten Liste der chemischen Wider-
chemischen Beständigkeiten sind in unserer Datenbank standsfähigkeit der SIMONA® Werkstoffe sind in der
SIMCHEM aufgeführt (www.simchem.de). Regel einzelne Chemikalien aufgeführt. In der Praxis
werden in den überwiegenden Fällen Mischungen von
Um eine mögliche spannungsrissauslösende Eigenschaft verschiedenen Chemikalien eingesetzt, die nicht in die-
eines zu prüfenden Mediums beurteilen zu können, wer- ser Liste aufgeführt sind. In diesen Fällen bitten wir Sie,
den bei unseren Einlagerungen zusätzlich unter Span- sich für eine Materialempfehlung mit unserem Technical
nung gesetzte Probekörper mit in das jeweilige Medium Service Center in Verbindung zu setzen.
eingelagert.

66 technisches.Handbuch
7 Sonstige Eigenschaften

7.1 Physiologische Unbedenklichkeit Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit


(EFSA) ist die Institution für die Bewertung von Anträgen
7.1.1 Kontakt mit Lebensmitteln nach Europäischen
zur Aufnahme neuer Stoffe in die Positivliste der Verord-
Richtlinien
nung (EU) 10/2011. Es wird vor allem eine gesundheitli-
In Europa gibt es strenge gesetzliche Regelungen für che Beurteilung von Substanzen, die aus Materialien auf
Materialien, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln Lebensmittel übergehen, durchgeführt.
in Kontakt zu kommen. Für alle im Lebensmittelkontakt
eingesetzten Materialien (nicht nur Kunststoffe) gibt es Generell gilt: Je mehr von einer Substanz auf Lebensmit-
zunächst einmal eine sogenannte Rahmenverordnung. tel übergeht, desto größer ist der Umfang der Daten, die
Aktuell ist das die am 27. Oktober 2004 vom Europäi- für eine Bewertung vorgelegt werden müssen, und desto
schen Parlament und dem Rat der EU verabschiedete schwieriger wird die Lebensmittelzulassung.
Verordnung (EG) Nr. 1935/2004.
Die wichtigsten Inhalte der Verordnung (EU) 10/2011
Prinzipiell gilt für alle Materialien, die mit Lebensmitteln sind:
in Kontakt kommen, dass aus ihnen nach Möglichkeit
keine Stoffe auf die Nahrungsmittel übergehen dürfen. J eine Positivliste für die Ausgangsstoffe (Monomere)
6
Ist dies dennoch der Fall, ist in Artikel 3 der EU-Verord- und eine Substanzliste für die Hilfsstoffe (Additive),
nung 1935/2004 die Menge der migrierenden Bestand- die zur Herstellung von Kunststoffen verwenden
teile wie folgt festgelegt: werden dürfen
J Migrationsverfahren basierend auf Grenzwerten
J es darf zu keiner Gefährdung der menschlichen und Reinheitsspezifikationen 7
Gesundheit kommen, J Herstellung nach EU 2023/2006 (GMP = Good-
J es darf zu keiner unvertretbaren Veränderung der Manufacturing-Process)
Zusammensetzung der Lebensmittel kommen und J Chargen-Rückverfolgung und die daraus resultieren-
J es darf zu keiner Beeinträchtigung der geschmackli- de Konformitätserklärung mit der Bestätigung der
chen und geruchlichen Eigenschaften des Lebensmit- oben genannten Anforderungen
tels kommen.

In der Verordnung (EU) 10/2011 (früher 2002/72/EG)


gibt es eine sogenannte Positivliste, in der alle zugelas-
senen Materialien/Additive gelistet sind. Diese neue
EU-Verordnung 10/2011 ist seit dem 1. Mai 2011 gültig
und Bestandteil der EU-Verordnung 1935/2004.

technisches.Handbuch 67
Die von SIMONA nach oben genannten Kriterien her- 7.1.2 Kontakt mit Trinkwasser
gestellten, von unabhängigen Instituten auf Migration
Die europäische Trinkwasserrichtlinie stellt den höchsten
geprüften und nachfolgend genannten Werkstoffe sind
internationalen Standard dar. Die Trinkwasser-Richtlinie
grundsätzlich für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet:
der Europäischen Union (EU Richlinie 98/83/CE) legt
fest, dass Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch
J PE-HD (natur, schwarz)
frei von Krankheitserregern und Keimen und hinsicht-
J PE 100 (natur, schwarz)
lich Geschmack, Geruch und Aussehen („rein und klar“)
J PE 500 (natur, schwarz, grün, dunkelblau, hellblau,
einwandfrei sein muss.
rot, gelb, rotbraun, grau)
J PE 1000 (natur, schwarz, grün, dunkelblau)
Die Qualität des Trinkwassers in Deutschland wird durch
J PP-H natur, PP-H AlphaPlus®
die Trinkwasserverordnung TrinkwV 2001 (mit Änderun-
J PP weiß 9002
gen aus 2012) geregelt. In ihr sind alle Anforderungen
J PVDF
an kurz oder langfristige Installationen enthalten. Sie
J PVC-LZ
stellt die Umsetzung der EG-Richtlinie 83/98 (CELEX Nr:
J SIMOPOR-LZ
398L0083) in nationales Recht dar.

Untersuchungen von SIMONA® ECTFE am Fresenius-


Zur hygienischen Bewertung organischer Materialien
Institut in Taunusstein haben ergeben, dass ECTFE den
im Kontakt mit Trinkwasser gibt das Umweltbundesamt
Empfehlungen der Kunststoffkommission des BgVV
(UBA) Leitlinien in Form verschiedener Empfehlungen
entspricht. Eine BgVV- oder FDA-Zulassung wurde bisher
heraus.
jedoch nicht beantragt.

Die Leitlinien des Umweltbundesamtes zur hygienischen


Dagegen sind elektrisch leitfähige Werkstoffe oder
Beurteilung von organischen Materialien im Kontakt mit
mittels halogenhaltiger Flammschutzmittel schwerent-
Trinkwasser wurden erstmals als KTW-Empfehlungen im
flammbar eingestellte Werkstoffe nicht für den Kontakt
Jahr 1977 veröffentlicht. Inzwischen sind die KTW-Emp-
mit Lebensmitteln zugelassen.
fehlungen durch verschiedene neue Leitlinien des UBA
ersetzt. Die Prüfungen unterteilen sich in eine Prüfung
Weitere Informationen bezüglich Lebensmittelzulassun-
nach KTW-Empfehlung bzw. KTW-Prüfleitlinie und eine
gen sind auf der Homepage des BfR (Bundesinstitut für
Prüfung nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 270.
Risikobewertung) unter www.bfr.bund.de und der Home-
page der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsi-
Bei der Prüfung gemäß KTW handelt es sich um eine
cherheit) unter www.efsa.europa.eu/de zu finden.
Prüfung am Endprodukt. Das in drei Intervalle unter-
teilte, einheitliche Verfahren wird nach praxisnaher
Vorbehandlung (u.a. Vorwässern und Spülen) direkt am
Produkt durchgeführt. Die Gesamtdauer des Prüfverfah-

68 technisches.Handbuch
rens beträgt 10 Tage. Im Wesentlichen werden hierbei 7.2 Strahlenbeständigkeit
die Parameter
Die Wirkung energiereicher Strahlen auf Kunststoffe ist
nicht von der Strahlenart, sondern ausschließlich von
J äußere Beschaffenheit (u.a. Klarheit, Färbung,
der Höhe der Strahlendosis abhängig (Ausnahme: bei
Geruch, Geschmack),
sehr schweren Teilchen wie α-Teilchen, Protonen, etc.).
J Abgabe von organisch gebundenen Kohlenstoffen
Durch Bestrahlung in Umgebungsatmosphäre ergeben
(TOC) und
sich wesentlich kürzere Standzeiten als unter Ausschluss
J Chlorzehrung
des Luftsauerstoffes. Die für die Standzeit ausschlag-
überprüft.
gebenden Dosiswerte können Tabelle 9 entnommen
werden.
Bei der Prüfung nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 270
handelt es sich um eine reine Materialprüfung. Der zu
Werkstoff Höchstzulässige Dosis bei Langzeit-
prüfende Gegenstand wird über die gesamte Prüfdauer Dosis beanspruchung
Mrad * Mrad *
in einem permanent vom Prüfwasser durchströmten Be-
PE-HD 10 1
cken eingelagert. Die Gesamtdauer der Prüfung beträgt
PP 3 0,1
6 Monate. Nach 3 bzw. 6 Monaten wird der Prüfkörper PVC 60 6
entnommen und auf sein mikrobiologisches Langzeitver- PVDF 40 20
halten (u.a. Bewuchsbildung) untersucht. E - CTFE 200 50

Tabelle 9: Strahlenbeständigkeit
Eine KTW und DVGW-W 270 Untersuchung haben wir für
folgende SIMONA® Materialien durchgeführt: * 104 J/kg = 1 Mrad
7

J PE 100 Da die für den Menschen tödliche Strahlendosis ca.


J PP-H AlphaPlus ®
0,0006 Mrad beträgt, können überall dort, wo sich der
J PP-C lichtgrau Mensch ungefährdet aufhält, selbstverständlich alle
J PVC-DS-TW bekannten Kunststoffe eingesetzt werden.
J SIMOLUX

Weitere Informationen sind auf der Webseite des


Umweltbundesamtes unter www.umweltbundesamt.de,
speziell die Leitlinie unter www.umweltbundesamt.de/
sites/default/files/medien/374/dokumente/ktw_leit-
linie_070316.pdf, und der Webseite des DVGW (Deut-
scher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.) unter
www.dvgw.de/465.html. zu finden.

technisches.Handbuch 69
8 Langzeiteigenschaften

8.1 Prüfverfahren empfindlich auf derartige Medien.


Mittels eines Zeitstandzugversuchs wird auch der
Vergleicht man die mechanischen Eigenschaften un-
Kriechmodul gemessen. Mit zunehmender Zeit verändert
terschiedlicher Thermoplaste, so beziehen sich diese
sich die Steigung der Spannungs-Dehnungs-Kurve zu
Vergleiche auf die Kurzzeiteigenschaften (z.B. Zähigkeit,
geringeren Werten. Die Kriechmoduln unterschiedlicher
Festigkeit). Thermoplaste neigen jedoch bei einer
Thermoplaste können der Richtlinie DVS 2205-1 ent-
mechanischen Belastung zum Kriechen. Ihre mechani-
nommen werden.
schen Eigenschaften sind somit zeitabhängig.

Daher werden bei der Konstruktion eines Bauteiles die


Kriecheigenschaften berücksichtigt, indem die Kennda-
ten aus Zeitstanduntersuchungen eingesetzt werden.
Hierbei handelt es sich um den sogenannten Kriechmo-
dul und die Zeitstandfestigkeit. Bei den Sicherheitsfak-
toren wird zudem der Langzeitschweißfaktor berück-
sichtigt.

Zur Messung der Langzeiteigenschaften stehen unter-


schiedliche Messmethoden zur Verfügung.

8.1.1 Zeitstandzugversuch

Im Zeitstandzugversuch wird eine Probe mit definierten


Abmessungen dauerhaft unter Zug belastet. Dabei ist
Abbildung 48: Kriechmodul von PE 100 für 25 Jahre
darauf zu achten, dass die Bedingungen wie Temperatur,
Kraft und Medium konstant gehalten werden.
8.1.2 Zeitstandinnendruckversuch
Die Zeit bis zum Versagen unter definierter Last wird als
Zur Charakterisierung von Rohren wird der Zeitstandin-
Kenngröße festgehalten. Unterschiedliche Belastungen
nendruckversuch verwendet. Dabei werden Rohre oder
führen dann zu einer Kurvenschar, die den Werkstoff hin-
Rohrleitungsteile mit Wasserfüllung unter Innendruck
sichtlich dieser Belastung charakterisiert. Vergleicht man
belastet. Durch die Variation von Druck und Temperatur
geschweißte und ungeschweißte Proben, so ergibt sich
erhält man eine Kurvenschar, anhand welcher die Druck-
aus dem Quotienten der Langzeitschweißfaktor. Um die
belastbarkeit eines Werkstoffes abgelesen werden kann
Prüfzeiten zu minimieren, werden auch spannungsriss-
(siehe DVS 2205-1). Aus diesem Versuch leiten sich
fördernde Medien anstatt Wasser verwendet. Kerbemp-
auch die Bezeichnungen für die PE-Typen ab. PE 100
findliche Werkstoffe wie PE 63 und PE 80 reagieren sehr
bedeutet zum Beispiel, dass nach einer Belastung von

70 technisches.Handbuch
50 Jahren mit Wasser bei 20 °C eine Mindestfestigkeit In Zukunft sollen weitere Prüfvarianten, je nach Probe-
des Werkstoffes von 10 MPa zu erwarten ist. körperdicke, in die DVS übernommen werden. Hierzu
zählt z.B. der 2-Notch Creep Test (2NCT) (DVS 2203-4
Vergleicht man geschweißte Rohrleitungen mit un- Beiblatt 4).
verschweißten des gleichen Typs, so kann hiermit die
Langzeitfestigkeit der Verbindungstechnik überprüft und
der Langzeitschweißfaktor bestimmt werden. 8.1.4 Zeitstandkurven

Zeitstandkurven stellen Bruchkurven dar, deren Lage


neben dem Werkstoff ganz erheblich von der mechani-
8.1.3 Full-Notch-Creep-Test (FNCT)
schen Belastung und der Temperatur abhängt.
Das Versagen von Probekörpern oder Bauteilen erfolgt
immer an mehr oder weniger ausgeprägten Fehlern oder Zeitstandversuche erfolgen im Allgemeinen mit fünf
Inhomogenitäten des Werkstoffes. Da diese Fehler bei Probekörpern, die einer konstant bleibenden Belastung
sehr homogenen Werkstoffen wie den Thermoplasten und Temperatur ausgesetzt werden. Die Zeit bis zum
sehr gering sind, verlängern sich in der Regel die Prüfzei- Versagen des Probekörpers (Bruch) wird als Standzeit re-
ten. Im Zeitstandversuch werden bei Temperaturen bis gistriert, aus allen ermittelten Standzeiten der Mittelwert
40 °C in der Regel bis zu 10.000 Stunden durchgeführt. gebildet und in das (doppelt logarithmische) Zeitstand-
Dies entspricht etwa einer Betriebszeit von mehr als diagramm eingetragen. Dieses Verfahren wird für unter-
einem Jahr bei einem 24h-Betrieb. schiedliche Belastungen bei immer gleicher Temperatur
durchgeführt. Später ergeben sich aus diesen gemittel-
Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Charakterisie- ten Standzeiten mit einer Summenhäufigkeit von 97,5 %
rung des Werkstoffes auch durch die Bruchmechanik er- die Mindeststandzeiten und durch lineare Regression
folgen kann. Dabei geht man von einer gekerbten Probe dann die Mindestzeitstandkurve.
aus, die dann unter Zugbelastung wesentlich schneller
8
versagt, als eine ungekerbte Probe. Beim FNCT geht man Viele Zeitstandkurven sind für Standzeiten >104 h gestri-
von einer rechteckigen Probe mit einer scharfen umlau- chelt dargestellt, weil für diese Zeiten keine Versuchser-
fenden Kerbe aus, die in einer Tensidlösung unter Zug gebnisse vorliegen. Im Gegensatz dazu verfügt man über
belastet wird. Um die Prüfzeit bei PE Werkstoffen weiter eine Zeitstanderfahrung von mehr als 25 Jahren bei
zu verkürzen, erfolgt der Test bei 80 °C unter einer Last PE-HD, PP-H, PVC-U und PVDF. Zeitstandkurven für Rohre
von 4 MPa. Die Mindestanforderung (nach DVS 2205-1, der genannten Standardwerkstoffe sind in der DVS
BB1) für die Standzeit beträgt z.B. bei PE 80 100 Stun- 2205-1 abgedruckt. Früher ist der gestrichelte Verlauf
den, bei PE 100 300 Stunden und bei PE 100 RC sogar durch Extrapolation/Interpolation (für bestimmte Tem-
8.760 Stunden. peraturen) nach dem Gesetz von Arrhenius entstanden.
Bei dem Verfahren geht man davon aus, dass durch die
Weitere Informationen zur FNCT-Prüfung finden Sie in der Experimente bei erhöhter Temperatur auf das Verhalten
DVS 2203-4 Beiblatt 2. bei niedriger geschlossen werden kann. Inzwischen sind

technisches.Handbuch 71
bei den meisten Materialien nur noch durchgezogene Wie wird mit Zeitstandkurven gearbeitet?
Linien zu finden. Mit Hilfe der Zeitstandkurve (siehe Abbildung 49) kann
bei vorgegebener Lebensdauer t1 und Betriebstempera-
Materialalterung, die sich durch Werkstoffversprödung tur T eines Bauteiles die Belastungshöhe grundsätzlich
auswirkt, schränkt die Möglichkeit, Zeitstandkurven zu ermittelt werden (Bruchkurve Wasser: K = 5 N/mm²).
extrapolieren, ein. Ein heranzuziehendes Kriterium für
Alterung ist z.B. die Abnahme der Reißdehnung um einen Die ermittelten Spannungswerte berücksichtigen jedoch
bestimmten Prozentsatz. Da jedoch werkstoffspezifische nicht die tatsächlichen Belastungen in der Praxis, her-
Grenzwerte bislang noch nicht festgelegt worden sind, vorgerufen durch mehr oder weniger aggressive Medien
wird auf die Angabe der Altersgrenzlinie in den Zeitstand- sowie Schweißverfahren. Diese müssen gesondert er-
diagrammen verzichtet. Nachfolgend ist eine PE 100 mittelt werden (s.a. DVS 2205-1, DIBt-Medienliste). Jene
Zeitstandkurve zu sehen. Betriebsbedingungen spiegeln sich in einer imaginären

Abbildung 49: Zeitstandkurve PE 100

72 technisches.Handbuch
Kurve (siehe Abbildung 50) wieder. Im gezeigten Beispiel Gleichzeitig lässt sich aus einem Zeitstanddiagramm die
ist der Spannungswert σA = 3 N/mm². tatsächliche Lebensdauer t2 eines Bauteiles ermitteln.
Hier im Beispiel ist die maximale Betriebsbelastung
σzul = 1,5 N/mm².

log σ
Bruchkurve Wasser imaginäre Kurve unter Berück-
sichtigung von Schweißung und
chem. Resistenz

K(t,σ) = 5 N/mm2

σA = 3 N/mm2
Alterungskurve

σzul. = 1.5 N/mm2

8
log t
t1 t2

Abbildung 50: Arbeiten mit der Zeitstandkurve

technisches.Handbuch 73
8.1.5 Isochrone Spannungs-Dehnungs-Diagramme Was bedeutet das für die Praxis?
Da Thermoplaste beim Langzeiteinsatz sowohl Spannun-
Isochrone Spannungs-Dehnungs-Diagramme gehören zu
gen abbauen als auch zu mehr oder weniger ausge-
den aussagekräftigsten Diagrammen. Mit ihnen lassen
prägtem Kriechen neigen, lassen sich mit Hilfe der
sich zeitabhängige Spannungs- und Verformungsände-
isochronen Spannungs-Dehnungsschaubilder die o.a.
rungen (auf den Linien gleicher Einsatzdauer = Isochrone)
Verhaltensweisen bei Einsatzbeginn eines Werkstoffes
für den Retardations- und Relaxationsfall ermitteln. Auch
im Voraus abschätzen.
der Kriechmodul als Funktion von Zeit und Spannung
kann einfach errechnet werden. Für Bauteile, die einer
konstanten Belastung ausgesetzt sind, ergeben sich aus
dem Schnittpunkt mit Isochronaten (Zeit, Temperaturab-
hängigkeit; siehe Beispiel PE 100-Kurven) und Spannung
die zeitabhängigen Dehnwerte. Dabei sollten jedoch nur
die zulässigen Dehnwerte berücksichtigt werden. Beim
Relaxationsfall, also bei konstanter Deformation, neh-
men die Spannungen im Werkstoff zeitabhängig ab.

Abbildung 52: Relaxations- und Retardationsschnitte im


isochronen Spannungs-Dehnungsschaubild in schematischer
Dartstellung

Auf der vertikalen Relaxationsgeraden kann abgelesen


werden, wie lange es dauert, ein bestimmtes Maß an
Spannung abzubauen, die durch äußere Belastungen in
den Werkstoff gebracht wurde. Der Punkt A im Diagramm
Abbildung 51: Isochrones-Spannungs-Dehnungs-Diagramm von
PE 100 für 23 °C zeigt bei 10n Stunden einen bestimmten Spannungswert
im Werkstoff, der sich bei 10n+6 Stunden im Punkt B
deutlich reduziert hat.

74 technisches.Handbuch
Andererseits ist es möglich, mit Hilfe der waagerechten gefundenen Zeitstandwerten wird abhängig von den
Retardationsgeraden bei konstant anliegender äußerer chemischen Einflüssen der Füllmedien die maximal
Belastung zu ermitteln, um welchen Betrag sich ein zulässige Spannung eines Bauteiles ermittelt.
Thermoplast bei unterschiedlichen Einsatzzeiten dehnt
(kriecht). Im Punkt C weist der Werkstoff bei 10n Stunden 2. Verformung (z.B. Dehnung):
eine geringere Dehnung auf als in Punkt D bei längeren Der charakteristische Kennwert ist der sogenann-
Einsatzzeiten (10 n+6
Stunden). te Kriechmodul Ec. Dabei handelt es sich um den
Quotienten aus Spannung und Gesamtdehnung. Der
Kriechmodul ist zeit- und temperaturabhängig und
8.2 Statische Berechnungen kann mittels sogenannter Kriechkurvendiagramme
(siehe Beiblätter der DVS 2205-1) ermittelt werden.
Unsere technischen Service-Abteilungen (das Techni-
cal Service Center sowie die Anwendungstechnik der
3. Steifigkeit
Division Rohre und Formteile) erstellen auf Wunsch
Bei sehr großflächigen Bauteilen ist die Steifigkeit der
statische Berechnungen für Behälter entsprechend den
verwendeten Kunststoffe der entscheidende Faktor
Richtlinien des Deutschen Verbands für Schweißen und
für die Ermittlung der erforderlichen Wanddicken. Wird
verwandte Verfahren e.V. (DVS) 2205-1, 2 und 5 sowie
die Durchbiegung der Behälterwand mit den nach 1.
entsprechende statische Nachweise für Rohre nach den
bzw. 2. berechneten Wanddicken zu groß, so muss ein
Richtlinien der Abwassertechnischen Vereinigung ATV A
Großteil der äußeren Belastung durch Membrankräfte,
127, ATV M 127 und der DVS 2210. Diese Statiken für
d.h. Zugkräfte, aufgefangen werden. In solchen Fällen
thermoplastische Bauteile werden von unabhängigen
ist eine Erhöhung der Wanddicke erforderlich. Dies
Prüfstellen als prüffähig anerkannt.
führt zu einer Erhöhung der Plattensteifigkeit und zu
einer Minimierung der auftretenden Spannungen.
Bei der Auslegung von Bauteilen und Behältern aus ther-
moplastischen Kunststoffen spielt deren zeit- und tempe-
Auch bei der Auslegung von Rohren erfolgt ein Stabili- 8
raturabhängiges Eigenschaftsprofil eine entscheidende
tätsnachweis zur Ermittlung des Sicherheitsabstandes
Rolle. Grundsätzlich erfolgt die Berechnung auf der Basis
zwischen kritischer Last und tatsächlich vorhandener
von Langzeitwerten. In Abhängigkeit von der Belastungs-
Belastung. Dies geschieht unter Berücksichtigung der
art sind im Allgemeinen drei Kriterien zu berücksichtigen:
Einflüsse von vertikaler Gesamtlast (Erd- und Verkehrs-
last), äußerem Wasserdruck (Grundwasser) sowie
1. Maximal zulässige Spannung:
Überlagerung von vertikaler Gesamtlast und äußerem
Die Berechnung erfolgt unter der Bezugnahme auf die
Wasserdruck.
Zeitstandfestigkeit K (t,T) des verwendeten Werkstof-
fes (siehe Beiblätter der DVS 2205-1). Diese stellt
Um die Abwicklung dieser besonderen Serviceleistung
die Langzeitfestigkeit von thermoplastischen Werk-
unserer anwendungstechnischen Abteilung zu erleich-
stoffen als Funktion der Zeit t und der Temperatur T
tern, stellen wir Ihnen gerne Fragebögen zur statischen
unter Einwirkung des Mediums Wasser dar. Aus den

technisches.Handbuch 75
Auslegung von Behältern, Schächten und Rohrleitungen
zum Download auf unserer Homepage zur Verfügung
(www.simona.de/download). Fragen zu den Einsatzmög-
lichkeiten der unterschiedlichen SIMONA® Kunststoffe
werden Ihnen unsere Mitarbeiter gerne im Vorfeld
beantworten.

8.3 Werkstoffe im prüfzeichenpflichtigen


Behälterbau

Nach § 62 und § 63 (seit 2010) des deutschen Was-


serhaushaltsgesetzes (WHG) unterliegen Anlagen bzw.
Anlagenteile zum Lagern, Abfüllen bzw. Umschlagen von
boden- und wassergefährdenden Flüssigkeiten bestimm-
ten Herstellungs- bzw. Überwachungsregeln. Diese sind
u.a. in den Bau- und Prüfgrundsätzen (BPG) des Deut-
schen Instituts für Bautechnik (DIBt), Berlin, festgehal-
ten. Insbesondere Anlagen bzw. Behälter aus thermo-
plastischen Kunststoffen dürfen entsprechend der BPG
nur aus Halbzeugen gefertigt werden, deren Rohstoffe
vom DIBt zugelassen sind.

Entsprechend den Bau- und Prüfgrundsätzen unterliegen


SIMONA® Halbzeuge strengen Kriterien der Werkstoff-
auswahl und -verarbeitung. Nur laufend überwachte
Grundstoffe gelangen in den Verarbeitungsprozess, der
ebenfalls einer kontinuierlichen Überwachung unterwor-
fen ist. Als Grundlage der Überwachung dient die DIN
EN lSO 9001. Weiterhin unterliegen SIMONA® Produk-
te der Fremdüberwachung durch das Süddeutsche
Kunststoffzentrum (SKZ) in Würzburg, den Technischen
Überwachungsverein TÜV Süddeutschland sowie den
Kunststoffrohrverband KRV (bis 2003 der GKR Bonn).
Dies gewährleistet die gewohnt hohe Qualität der von der
SIMONA AG produzierten Produkte.

76 technisches.Handbuch
9 Kunststoffphysik

9.1 Spannungsarten Im Allgemeinen gilt, dass Druckeigenspannungen vor-


wiegend dort auftreten, wo eine höhere Abkühlgeschwin-
Alle Kunststoffhalbzeuge und alle aus ihnen gefertigten
digkeit vorliegt. Zugeigenspannungen treten vorwiegend
Bauteile besitzen ein Eigenspannungspotential, das nicht
dort auf, wo eine niedrigere Abkühlgeschwindigkeit
auf das Einwirken äußerer Kräfte zurückzuführen ist. Es
vorliegt.
handelt sich dabei um innere Spannungen, die durch
den Herstellprozess hervorgerufen werden.

Die im Extruder plastifizierte Kunststoffschmelze wird


durch einen Spalt des Breitschlitzwerkzeugs in den
Walzenspalt des Glättwerks hineinextrudiert. Die bereits
leicht abgekühlte Schmelze wird darin unterhalb der
Schmelztemperatur abgekühlt, damit die vom Werkzeug Abbildung 53: Spannungsorientierungen
vorgegebene Form erhalten bleibt. Durch die Kühlung
des Extrudats von außen entsteht ein Temperaturgra- Beim Spritzgießen treten zudem Nachdruckeigenspan-
dient zwischen der Außenschicht und dem Innern des nungen auf, die durch zu hohen Druck auf das Formteil
Halbzeugs. Die innere Schicht des Halbzeugs wird nun während des Abkühlens entstehen können. Dies kann
ebenfalls langsam abkühlen und die Wärme nach außen oftmals durch geeignete Entlüftungsöffnungen vermie-
abgeben. Durch die bereits erstarrte Außenhülle wird das den werden. Treten überhöhte Eigenspannungen in
Volumen konstant gehalten. Die Innenschicht versucht einem Spritzgussteil auf, so zeigt sich dies entweder in
jedoch aufgrund der hohen thermischen Dehnung zu einer erhöhten Schwindung oder an einer Gestaltände-
schrumpfen, was durch die starre Außenschicht behin- rung während der Warmlagerung.
dert wird. Durch diesen Prozess verbleiben im Halbzeug
innere Spannungen (Abkühlspannungen), die bei der Bei der Abkühlung von teilkristallinen Thermoplasten
Verarbeitung beobachtet werden können. Eine Platte mit (Abkühlung von der Schmelze her in den thermoplasti-
8
hohen Eigenspannungen verbiegt sich beispielsweise schen Bereich hinein) kristallisiert der Werkstoff aus.
während der Erwärmung. Bei dickwandigen Rohren kann Dabei findet eine Volumenkontraktion statt. Bei ungleich-
man die Höhe der Eigenspannungen auch daran erken- mäßiger Abkühlung erfolgt ein zeitlich unterschiedlicher
nen, dass die Rohrenden einen geringeren Radius als die Kristallisationsablauf mit einer Verspannung der Gefüge-
Rohrmitte besitzen. teile (Kristallisationseigenspannungen). 9

Ein zweiter Grund für die inneren Spannungen liegt in Einbettungseigenspannungen höherer Art sind aus-
der Verstreckung der Moleküle während der Extrusion schließlich im mikroskopischen (sehr kleinen) Bereich
(Orientierungsspannungen). Dieser Anteil ist aber im des Werkstoffes oder im submikroskopischen Bereich,
Vergleich zu den Abkühlspannungen in der Regel als d.h. im Bereich der Atome und Moleküle, zu finden.
gering einzustufen.

technisches.Handbuch 77
J Eigenspannungen im mikroskopischen Bereich beim Ur- oder Umformen entstehenden Eigenspannungs-
= Spannungen in der Umgebung von Füllstoffparti- potentiales nimmt zu mit
keln oder Farbpigmenten
J Eigenspannungen im submikroskopischen Bereich J steigender Abkühlgeschwindigkeit
= Spannungen an den Grenzen der kristallinen J steigender Differenz des spezifischen Volumens
Bereiche bei Sphärolitbildung (diese Art von Eigen- (bzw. Dichte), die während des Prozesses auftritt
spannungen ist z.B. bei dem Werkstoff Polypropylen
von Bedeutung) In Abbildung 54 ist schematisch das spezifische Volumen
in Abhängigkeit der Temperatur für amorphe und teilkris-
Von allen bisher genannten Arten kommt den Abkühlei- talline Thermoplaste aufgezeigt.
genspannungen besondere Bedeutung zu. Die Höhe des

Abbildung 54: Abhängigkeit des spezifischen Volumens von der Temperatur; links: amorphe Thermoplaste; rechts: teilkristalline
Thermoplaste

78 technisches.Handbuch
9.2 Verminderung der Eigenspannungen 20 Min/mm betragen. Anschließend erfolgt die Abküh-
lung, die sehr sorgfältig und langsam durchgeführt wer-
Vor allem teilkristalline Thermoplaste besitzen stark
den soll. Empfehlenswert ist eine Abkühlrate von 5 K/
unterschiedliche spezifische Volumina zwischen
(min · Wanddicke in mm). Beim Abkühlen muss jedoch
Schmelz- und Raumtemperatur. Um das daraus resultie-
nicht in jedem Fall bis auf Raumtemperatur abgekühlt
rende Eigenspannungsniveau so gering wie möglich zu
werden. In der Regel kann das Halbzeug bereits bei
halten, sollte die Umformtemperatur nur knapp oberhalb
einer Temperatur von 40 °C aus dem Ofen entnommen
des Kristallitschmelzbereiches liegen. Oft lässt die Ur-
werden.
bzw. Umformtechnik keine gezielte Beeinflussung der
eigenspannungsbildenden Parameter zu. Abhilfe bietet
Im Allgemeinen gilt: Je höher die Temperatur, desto
hier die Möglichkeit einer nachträglichen Wärmebehand-
geringer sollte die Abkühlgeschwindigkeit sein.
lung mittels Tempern. Um hierbei den größtmöglichen
Erfolg zu erzielen, sollten eine Reihe von Einflussgrößen
Tempern von Kunststoffteilen ist generell nur dann sinn-
beachtet werden, da die Wärmebehandlungstemperatur
voll, wenn eine Formänderung infolge Wärmedehnung
werkstoffabhängig gewählt werden muss.
unbehindert erfolgen kann. Ist dies nicht der Fall (z.B.
Kunststoffplatte in Metallrahmen fest eingespannt), so
J Amorpher Werkstoff: Tempern nahe der Glasüber-
stellen sich dort Wärmespannungen ein. Der Zeitpunkt
gangstemperatur
für den Tempervorgang ist deshalb innerhalb eines Ferti-
J Teilkristalliner Werkstoff: Tempern ca. 10 bis 20 K
gungsablaufes sorgfältig auszuwählen.
unterhalb der Kristallitschmelztemperatur

Vollstäbe aus thermoplastischen Polymeren sind meist


Bei Werkstoffen mit hohem Orientierungszustand muss
mit einem hohen Eigenspannungspotential behaftet. Bei
die Wärmebehandlungstemperatur geringer angesetzt
der spanenden Bearbeitung sollten zuerst nur Rohlinge
werden. Bei hohen Temperaturen entstehen eventuelle
gefertigt werden, da sich eigenspannungsbedingte
Rückstellkräfte, die zu geringen Verformungen führen
Deformationen einstellen und nach dem Tempervorgang
können. Die Temperdauer wird durch die Dicke des zu
weiter verändern.
tempernden Körpers und die Lage des Spannungsprofils
im Wandquerschnitt bestimmt.
Liegt der Rohling in nahezu spannungsfreiem Zustand
vor, wird durch sachgemäß ausgeführte Arbeitsgänge
Die Wärmebehandlung sollte in eine Aufwärm-, eine Hal- 9
(um weitere Verformungen zu vermeiden) auf Endmaß
te- und eine Abkühlphase unterteilt werden. Die Aufwär-
gefertigt. Der spannungsarme Zustand des Bauteiles
mung kann relativ rasch erfolgen, wenn an der Oberflä-
erlaubt relativ enge Fertigungstoleranzen.
che Druckspannungen vorhanden sind. Hier genügt eine
Aufheizgeschwindigkeit von 20 K/(Min · Wanddicke in
Beim Tempern von Rohren muss die Wärme möglichst
mm). Die Haltezeit ist von der Dicke des Halbzeugs und
innen und außen zu- bzw. abgeführt werden können.
dem Druck der Umgebungsluft abhängig. Bei Normal-
Da vor allem Rohre aus PP-Homopolymerisat mit einem
druck sollte die Zeit der maximalen Temperatur etwa

technisches.Handbuch 79
hohen Potential an Eigenspannungen behaftet sind, von der Temperatur. Während der E-Modul mit steigender
werden alle SIMONA® PP Rohre spannungsarm in einem Temperatur abfällt, nimmt der lineare Ausdehnungsko-
Inline-Prozess getempert. Durch diese Wärmebehand- effizient zu. Da sich diese gegenläufigen Tendenzen im
lung kann die Belastbarkeit erheblich gesteigert werden. Allgemeinen jedoch nicht kompensieren, kann das Pro-
dukt aus E-Modul und Ausdehnungskoeffizient nicht als
Auch beim Tiefziehen können Abkühleigenspannungen Konstante betrachtet werden. Außerdem werden bei der
eingefroren werden, die dann die Verarbeitungs- und obigen Abschätzung Relaxationsprozesse nicht berück-
Nachschwindung beeinflussen. Günstig sind hierbei hohe sichtigt. Erfolgt der Temperaturanstieg aber langsam, so
Werkzeugtemperaturen und geringe Abkühlgeschwindig- haben dabei entstehende Wärmespannungen die Mög-
keiten. lichkeit, sich durch Relaxation teilweise abzubauen.

Gerade dieser Effekt der Spannungsrelaxation kann bei


9.3 Wärmespannungen mehreren Wechseltemperaturzyklen den Spannungs-
haushalt eines Bauteiles grundsätzlich verändern. Da
Wird die thermische Dehnung (Dilatation) eines Körpers
die Spannungsrelaxation jenseits der Glastemperatur
durch äußere Zwänge behindert, so entstehen Wärme-
(amorphe Thermoplaste) bzw. des Kristallitschmelzberei-
spannungen.
ches (teilkristalline Thermoplaste) sehr schnell erfolgt,
besitzt die obengenannte Gleichung nur unterhalb dieser
Die Größe der jeweiligen Wärmespannungen lässt sich
Temperaturgrenze Gültigkeit.
mit folgender Gleichung leicht abschätzen:

Zur Verdeutlichung wird der Wärmespannungsverlauf


σW = ±E · α · ΔT
als Funktion der Zeit eines in die Zugprüfmaschine
eingespannten Probekörpers bei mehreren Wechsel-
σW = Wärmespannung
temperaturzyklen aufgetragen (Abbildung 55). Dabei
E = Elastizitätsmodul
sollen zwecks Vereinfachung die Temperaturänderungen
α = mittlere thermische Ausdehnungskoeffizient
sprungartig erfolgen (im Allgemeinen technisch nicht
ΔT = Temperaturdifferenz
realisierbar).

Die Gleichung zeigt, dass sich Spannung und Tempe-


raturdifferenz zueinander proportional verhalten. Die
Praxis hat jedoch gezeigt, dass z.B. die beim Aufheizen
eines Körpers entstehenden Druckwärmespannungen
geringer sind als die zuvor überschlägig errechneten.
Dabei nehmen die Abweichungen zwischen tatsächli-
cher und errechneter Wärmespannung mit steigender
Temperatur zu. Ursache dafür ist eine Abhängigkeit des
E-Moduls und des linearen Ausdehnungskoeffizienten

80 technisches.Handbuch
Abbildung 55: Spannungsverlauf bei Wechseltemperaturen

Wird der in der Zugprüfmaschine fest eingespannte mäßig nahezu gleich groß wie die beim Aufheizvorgang.
Probekörper mit einer Temperatur belastet, so stellt sich Bedingt durch den Relaxationsprozess in der warmen
mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung (Kunststoff ist Phase wird zum Zeitpunkt t4 ein Spannungsniveau er-
ein schlechter Wärmeleiter) eine Druckspannung σW ein. reicht, das unterhalb des Ausgangsniveaus liegt.
9
Zum Zeitpunkt t1 befindet sich der Prüfling mit seinem
gesamten Querschnitt auf dem Temperaturniveau T1. Bei Der Probekörper weist jetzt nach dem ersten Wechsel-
konstantem Temperaturverlauf setzen bei t2 Relaxations- temperaturzyklus Zugeigenspannungen auf. Im Zeitin-
prozesse ein, d. h. die Spannung nimmt degressiv über tervall t4 bis t5 wird die Temperatur weiterhin konstant
die Zeit ab. Zum Zeitpunkt t3 wird das ursprüngliche Tem- gehalten. Auch im kalten Bereich findet eine, jedoch
peraturniveau T0 wiederhergestellt. Die Spannungsän- wesentlich geringere, Spannungsrelaxation statt. Dabei
derung Δσ zwischen dem Zeitpunkt t2 und t3 ist betrags- ist die Relaxationsgeschwindigkeit in Abhängigkeit zur

technisches.Handbuch 81
Temperatur zu sehen. Dies erklärt das höhere Zugspan- fall klaffende Risse in der Auskleidung sichtbar, so ist
nungspotential nach dem zweiten Wechseltemperaturzy- dies ein eindeutiger Indikator für das Versagen infolge
klus. übergroßer Wärmespannungen.

Tendenziell ist schon jetzt zu erkennen, dass nach wei- In der Praxis kann das Wissen über solche Vorgänge
teren Wechseltemperaturzyklen eine stetige Verlagerung wesentlich zur Ursachenfeststellung bei eventuellen
der Wärmespannung aus dem Druck in den Zugspan- Schadensfällen beitragen.
nungsbereich stattfindet. Die dabei maximal erreichbare
Zugspannung hat ebenfalls den Betrag von σW. Hier ein typisches Beispiel für einen Schadensfall, bei
dem zu hohe Wärmespannungen zum Versagen des
Nach unendlich vielen Zyklen wird sich jetzt die Wärme- Materials geführt haben:
spannung immer zwischen dem Spannungsnullniveau
und σW bewegen. Das bedeutet, dass bei Erreichen der J ein geschädigtes Bauteil zeigt klaffende Risse

Maximaltemperatur im Betriebszyklus niemals Zug- J das Bauteil war einem oder mehreren Wechsel-

spannungen zu finden sein werden, sondern dann ein temperaturzyklen ausgesetzt


Spannungsnullniveau vorliegt. J das Bauteil war senkrecht zur Rissausbreitung in
seiner Wärmedehnung behindert
Bei Wechseltemperaturzyklen, deren maximale Tem-
peratur T1 unterhalb der Einfriertemperatur eines Aufgrund der entstehenden Wärmespannungen ist daher
Werkstoffes liegt, bedarf es etlicher Zyklen bzw. eines jeder Versuch zwecklos, Eigenspannungen, die zwischen
Zyklus mit langanhaltend hoher Temperatur, um die zwei festen Punkten eines Teiles herrschen, durch Tem-
Spannungskurve gänzlich in den Zugspannungsbereich pern beseitigen zu wollen, da im Gegenteil die schädli-
zu verlagern. Anders verhält es sich bei Erwärmung des chen Zugspannungen bedingt durch Wärmespannungen
Werkstoffes oberhalb der Einfriertemperatur. Hier bauen noch zunehmen (das kann auch für Verbundbauteile
sich oberhalb dieses Nullniveaus die Druckspannungen gelten).
so schnell ab, dass schon nach kurzer Zeit ein ausgegli-
chenes Spannungsniveau erreicht wird. Erfolgt jetzt eine Orientierungen
Abkühlung, so entsteht eine sehr hohe Zugspannung. Eigenspannungen entstehen durch eine energieelasti-
Diese ist umso höher, je höher sich die Temperatur sche Deformation, d.h. Atomabstände und Valenzwinkel
während der Warmphase eingestellt hat (σW = f(ΔT)). Der verändern sich durch Einbringen von z.B. thermischer
soeben beschriebene Vorgang ist in Abbildung 55 im Energie. Es erfolgt dabei eine Änderung der inneren
Zeitintervall t9 bis t12 dargestellt. Energie und somit auch des Volumens. Im Gegensatz
dazu bleibt das Volumen bei der Orientierung konstant.
Wärmespannungen in der Praxis Diese Orientierung der Moleküle wird entweder verur-
Werden z.B. bei einer Behälterauskleidung oder einem sacht durch:
Verbundbehälter (GFK-Thermoplast) in einem Schadens-

82 technisches.Handbuch
J Schubkräfte, wie sie beim Fließen von Schmelzen in SIMONA produziert auf Anfrage Platten, die speziell für
Kanälen (Extrudieren), zwischen bereits erstarrten das Tiefziehen geeignet sind. Solche Platten besitzen ein
Kunststoffwandungen (Spritzgießen) oder zwischen hohes Orientierungsniveau. Dies hat folgenden Grund:
Walzen (Kalandrieren) auftreten
J Dehnkräfte, wie sie z.B. beim Zugversuch, bei der Beim Tiefziehen wird die kalte Platte in einen Metall-
Blasfolienextrusion oder im Einlaufbereich von Düsen rahmen fest eingespannt. Die durch die Erwärmung
bzw. an Querschnittverengungen entstehen verursachte Wärmedehnung wird in axialer Richtung
behindert, hervorgerufen durch die feste Einspannung.
Kühlen solche durch Schub- oder Dehnkräfte orientierten Aus diesem Grund beginnt sich die Platte zu wellen.
Kunststoffschmelzen über den Kristallitschmelzbereich Beim Überschreiten der Glastemperatur (amorphe
bzw. die Glastemperatur hinweg ab, so frieren diese Thermoplaste) bzw. der Kristallschmelztemperatur (teil-
Orientierungen ein und die Moleküldeformation bleibt kristalline Thermoplaste) beginnen entropieelastische
unterhalb der Einfriertemperatur erhalten. Erst oberhalb Rückstellkräfte zu wirken. Die Makromoleküle haben
dieser Einfriertemperatur nehmen die Moleküle wieder das Bestreben, den Zustand größter Entropie und somit
ihre statistisch ungeordnete Knäuelgestalt ein, wenn „Unordnung/Knäueligkeit“ einzunehmen. Die gereckten,
nicht Kräfte für das Aufrechterhalten der Deformation orientierten Makromoleküle ziehen sich wieder zusam-
sorgen. Wird ein orientierter Probekörper in eine Kraft- men. Die Wellenbildung geht zurück, die Platte spannt
messeinrichtung eingespannt (z.B. Zugprüfmaschine) sich. Erst mit weitersteigender Temperatur wirken sich
und über die Einfriertemperatur hinaus erwärmt, so die viskosen Eigenschaften der Schmelze aus und es
treten (Zug-) Kräfte auf, die umso größer werden, je stär- wird Stützluft benötigt, um die Platte nahezu eben zu
ker der Stab orientiert ist. Deshalb wird des Öfteren im halten.
Zusammenhang mit der Orientierung auch von „eingefro-
renen Spannungen“ gesprochen. Beim nun folgenden eigentlichen Tiefziehen wird der
Werkstoff wieder mehr oder weniger stark verstreckt.
Hier entsteht häufig eine Verwechslung mit dem Begriff Das Tiefziehteil besitzt eine größere Oberfläche und im
„Eigenspannungen“ (siehe Kapitel 9.1 Spannungsarten), Allgemeinen eine geringere Wanddicke als die Ausgangs-
die beim Abkühlen von Schmelzen entstehen. Orien- platte. Es findet erneut eine Orientierung statt.
tierungen und Eigenspannungen sind jedoch in ihrer
Entstehung und auch in ihrer Auswirkung grundsätzlich Ist die eigentliche Formung beendet, wird das tiefgezoge-
9
verschieden. ne Teil aus wirtschaftlichen Gründen möglichst schnell
abgekühlt. Hierbei frieren die beim Verstrecken einge-
Dieser Unterschied lässt sich am Beispiel eines dick- brachten Orientierungen infolge von Dehnkräften ein. So
wandigen Tiefziehteiles aufzeigen. Dickwandige Platten kann unter Umständen das Tiefziehteil einen höheren
besitzen einen annäherungsweise parabelförmigen Orientierungsgrad besitzen als die Ausgangsplatte. Be-
Abkühleigenspannungsverlauf mit Druckspannungen dingt durch die schroffe Abkühlung, die aus verfahrens-
auf den Außenseiten und Zugspannungen im Zentrum. technischen Gründen im Allgemeinen einseitig erfolgt

technisches.Handbuch 83
(eine Werkzeugkühlung ist beim Tiefziehen selten zu fin- Schlagzähigkeit (auf Richtung der Probenentnahme
den), werden zusätzlich Abkühleigenspannungen in das bezogen) an: an║ > an,isotrop > an┴
Tiefziehteil eingebracht. Werkzeugseitig entstehen beim Wärmespannung α: α║ > αisotrop > α┴
Abkühlprozeß Zugeigenspannungen, da hier die Abkühl-
geschwindigkeit geringer ist als auf der gegenüberliegen- Mit ║ = parallel zur Orientierungsrichtung (Extrusionsrich-
den, der Kühlung zugewandten Seite. Diese wird später tung) und ┴ = senkrecht zur Orientierungsrichtung (quer
Druckeigenspannungen aufweisen. Die Spannungsver- zur Extrusionsrichtung).
teilung des Tiefziehteiles verläuft demnach linear, im
Gegensatz zum parabelförmigen Eigenspannungsprofil Die Zunahme der mechanischen Festigkeit in Orientie-
der Ausgangsplatte. rungsrichtung erklärt sich dadurch, dass bei äußeren
Belastungen hier primär die Hauptvalenzbindungen die
Wie beim Tiefziehprozess, können sich auch bei jedem äußeren Kräfte aufnehmen müssen, während dies bei
anderen Umformungsprozess sowohl der Eigenspan- Beanspruchung in Querrichtung durch die zwischenmo-
nungs- als auch der Orientierungszustand ändern (z.B. lekularen Verbindungen oder Nebenvalenzbindungen
Abkantschweißen, Warmbiegen etc.). geschieht.

Da die Entropieelastizität erst bei Temperaturen über der


9.4 Einfluss von Orientierungen auf die Eigenschaften Einfrier- bzw. Kristallitschmelztemperatur einsetzt, ist es
von Kunststoffen nicht möglich, durch konventionelles Tempern Orientie-
rungen zu beseitigen. Die entropieelastischen Rückstell-
Orientierungen an extrudierten Kunststoffhalbzeugen
kräfte kommen erst jenseits dieser Temperaturgrenzen
besitzen meist eine Vorzugsrichtung. So ist z.B. der
zum Tragen.
Orientierungsgrad bei extrudierten Platten in Extrusions-
richtung größer als quer dazu. Gepresste Platten hinge-
gen besitzen nur sehr geringe Orientierungen, da beim
9.5 Schrumpf
Pressen keine Fließvorgänge der Schmelze stattfinden.
Das Verhalten von gepressten Platten ist daher nahe- Eine andere gebräuchliche Bezeichnung für den
zu isotrop, d.h. sie weisen in allen Richtungen gleiche Schrumpf ist der „Memory Effekt“, der besonders beim
Eigenschaften auf. Dagegen verhalten sich orientierte Vorgang des Extrudierens sichtbar wird. Bei der Extrusion
Kunststoffhalbzeuge anisotrop, so dass ihre physikali- eines Stranges vergrößert dieser seinen Umfang und
schen Eigenschaften richtungsabhängig sind. verkürzt sich etwas.

Die mechanischen Eigenschaften sind generell in Orien- Die in der ruhenden Schmelze ursprünglich verknäuelten
tierungsrichtung höher als quer dazu. In Bezug auf die und verschlauften Moleküle werden im Extruder infolge
Wärmedehnung tritt der gleiche Fall auf. einer Scherbelastung orientiert und gestreckt. Nach
Verlassen der Düse versuchen sie, diese aufgezwungene
Festigkeit σB: σB║ > σB,isotrop > σB┴ Orientierung rückgängig zu machen, d.h. sie möchten

84 technisches.Handbuch
ihre ursprüngliche Gestalt wieder einnehmen (Memory 9.7 Einflüsse auf die Bauteilfestigkeit
Effekt).
9.7.1 Kerbwirkung

Durch eine schnelle Abkühlung der Kunststoffschmelze Bei der Berechnung von Bauteilspannungen wird meist
werden die Moleküle daran gehindert, ihren verknäuel- von einem gleichförmigen (Zug-) bzw. linearen (Biege-)
ten Zustand wieder einzunehmen und ein größerer Anteil Spannungsverlauf über den gesamten Querschnitt aus-
der Orientierung bleibt erhalten, d.h. er wird „eingefroren“. gegangen (Abbildung 56).

Bei Erwärmung bis oder über die „Einfriertemperatur“ Am real beanspruchten Bauteil existieren solche gleich-
hinaus setzt wieder der obige Memory Effekt ein. förmigen Lastverteilungen jedoch nicht.

9.6 Schwindung

Wie bei jedem Werkstoff vergrößert sich auch das


Volumen der Kunststoffe mit steigender Temperatur,
besonders beim Übergang in den Schmelzzustand.
Umgekehrt verkleinert sich das Volumen beim Erkalten.
Da diese Erscheinung bei allen Verarbeitungsverfahren
auftritt, muss der Volumenkontraktion, besonders bei
der Herstellung von Kunststoff-Formteilen, Rechnung
getragen werden, wenn hierbei eine hohe Maßhaltigkeit
erreicht werden soll.
Abbildung 56: Theoretische Betrachtung der gleichförmigen
Spannungsverteilung
Bei der konstruktiven Berücksichtigung der Schwin-
dungsmaße wird zwischen Verarbeitungsschwindung
Inhomogenitäten im Werkstoff, Füllstoffe, Kratzer in
(VS) und Nachschwindung (NS) unterschieden. Als Ver-
der Oberfläche, Kerben und Kanten beeinflussen die
arbeitungsschwindung bezeichnet man den Unterschied
Spannungsverteilung ganz erheblich. An den Flanken
zwischen dem Maß eines kalten Thermoformwerkzeugs
solcher inneren bzw. äußeren Kerben entsteht aufgrund
und dem des erkalteten Thermoformteiles nach 16 9
der geometrischen Inhomogenität eine Spannungsspitze
Stunden Lagerung im Normklima der Verarbeitung (nach
(Abbildung 57).
DIN 16742). In der Praxis wird jedoch meist nach 24
Stunden gemessen. Danach setzt die Nachschwindung
Diese Spannungserhöhung ist stets größer als die rech-
ein, die sich über Stunden und sogar Tage erstrecken
nerische (Effektiv- oder Nenn-) Spannung bei Annahme
kann. Dieser Vorgang ist der Unterschied zwischen dem
einer linearen Spannungsverteilung. Die Spannungsspit-
Maß des erkalteten und dem des gleichen, einer Warm-
ze wird durch die Größe der Kerbe, den Rundungsradius
lagerung ausgesetzten Pressteiles.
im Kerbgrund und die Beanspruchungsart beeinflusst.

technisches.Handbuch 85
Die nach elastizitätstheoretischen Berechnungen auf-
tretenden Spannungen sind von der Kerbtiefe und dem
Kerbradius abhängig. Diese zu beurteilen und in der
rechnerischen Auslegung von Bauteilen zu berücksich-
tigen, setzt bei Kunststoffen große Erfahrung voraus.
Die Elastizitätstheorie und die Bruchmechanik, die die
geometrische Inhomogenität von Werkstoffen behandelt,
wurde für rein elastische Materialien entwickelt. Somit
sind diese Überlegungen nur bedingt auf Thermoplaste
übertragbar.

9.7.2 Schweißen von Thermoplasten

Unter Schweißen versteht man das unlösbare Verbinden


von thermoplastischen Kunststoffen unter Anwendung
von Wärme und Druck mit oder ohne Verwendung eines
Zusatzwerkstoffes. Alle Schweißvorgänge finden im
plastischen Werkstoffzustand der Fügeflächengrenzbe-
reiche statt. Dort verknüpfen und verschlingen sich die
Fadenmoleküle der gegeneinandergedrückten Fügeteile
zu einer homogenen Werkstoffverbindung.
Abbildung 57: Spannungsverteilung an gekerbten Proben

Wie in Abbildung 57 zu erkennen, kann die Kerbwirkung 9.7.2.1 Verschweißbarkeit von Werkstofftypen
durch möglichst stetige Übergänge klein gehalten wer-
Grundsätzlich können nur Kunststoffe der gleichen Art,
den. Je tiefer und schärfer die Kerbe ausgebildet wurde,
also z.B. PP mit PP, und innerhalb dieser nur solche mit
desto höher wird die Spannungsspitze am Kerbgrund
gleichem oder ähnlichem (benachbartem) Molekular-
sein.
gewicht und gleicher Dichte miteinander verschweißt
werden, wobei die Einfärbung unberücksichtigt bleiben
Für das Verhalten eines Bauteiles unter Betriebsbean-
kann. Dies bedeutet, dass bestimmte Werkstoffe grund-
spruchung ist demnach nicht allein die Festigkeit eines
sätzlich nur innerhalb einer bzw. zweier benachbarter
Werkstoffes, sondern auch die konstruktive Gestaltung
Schmelzindexgruppen mit ausreichender Sicherheit
und Oberflächengüte verantwortlich. Da die äußere
miteinander verschweißt werden können.
Gestalt und die innere Homogenität des Werkstoffes die
Bauteilfestigkeit stark beeinflussen, spricht man auch
von der Gestaltfestigkeit.

86 technisches.Handbuch
Die Schmelzindexgruppen der Werkstoffe können den PVDF
Formmassenbezeichnungen (PE nach DIN EN ISO Wie bereits erwähnt, existieren im Markt zwei ver-
17855-1, PP nach DIN EN ISO 19069-1, PVC-U nach schiedene Polymerisationsverfahren: Emulsions- und
DIN EN ISO 1163-1, Fluorpolymere nach DIN EN ISO Suspensions-PVDF. Die DVS-Richtlinie 2207-15 be-
12086-2) entnommen werden. Hart- und Weichpoly- handelt sowohl das Heizelementstumpf- wie auch das
ethylen können nicht miteinander verschweißt werden. Heizelementmuffenschweißen von extrudierten Rohren,
Eine Ausnahme hierzu bildet z.B. die Möglichkeit einer Formteilen und Platten. Diese Richtlinie beschreibt die
ausreichenden Verbindung durch Schweißen von PVC-U Schweißeignung von PVDF unabhängig vom Herstellver-
mit Acrylglas (PMMA). fahren. Wenn die Dichte zwischen 1,7 und 1,8 g/cm3
und der Schmelzindex MFR (230/5) zwischen 1,0 und
Bei PE-HD wird zwischen PE 63, PE 80 und PE 100 un- 25 g/10 min. liegt, kann von einer uneingeschränkten
terschieden, die grundsätzlich miteinander verschweißt Schweißeignung ausgegangen werden.
werden können. Bei PP wird zwischen PP-H, PP-B und
PP-R unterschieden, die ebenfalls miteinander ver- ECTFE
schweißt werden können. Für den Werkstoff PVDF gibt es Da es sich beim ECTFE um ein verhältnismäßig neues
zurzeit keine Norm bzw. Typeneinteilung. Am Markt sind Material handelt und somit die Langzeitkennwerte noch
hier jedoch zwei Polymerisationsverfahren bekannt, mit nicht komplett nachgewiesen sind, ist es in den DVS-
denen der Rohstoff PVDF hergestellt werden kann. Ob- Richtlinien noch nicht komplett zu finden. Die Kennwerte
wohl die Eigenschaften im Detail teilweise unterschied- für das Warmgasziehschweißen sind in der DVS 2207-3,
lich sind, trifft dies nicht auf das Schweißen zu. Beiblatt 3 gelistet.

PE-HD
Materialien mit einer Schmelzmassefließrate MFR 9.7.2.2 Schweißverfahren
(190/5) 0,2 - 1,7 g/10 min. sind für die Schweißung
Die verschiedenen Schweißmethoden zum Verbinden
geeignet. Dies bedeutet, dass die Schmelzeviskosität bei
thermoplastischer Kunststoffbauteile unterscheiden
der Erwärmung sehr ähnlich ist. Diese Aussage ist in DVS
sich im Wesentlichen in der Art, wie die Wärme in die
2207-1 enthalten und wurde auch vom DVGW (Deut-
Schweißzone gebracht wird.
scher Verband für Gas und Wasser) in einer Verlautba-
rung bestätigt.
9
PP-H, PP-B, PP-R
Die Schweißbarkeit ist innerhalb der Schmelz-Masse-
fließrate MFR (230/2,16) 0,2 - 0,6 g/10 min. bezie-
hungsweise MFR (190/5) 0,4 - 1,0 g/10 min. gegeben.
Diese Aussage können Sie in der DVS 2207-11 nachle-
sen.

technisches.Handbuch 87
Im industriellen Maßstab haben sich folgende Schweiß- In der Abbildung 58 sind vier verschiedene Eckverbin-
verfahren etabliert: dungen unterschiedlicher Gestaltung aufgezeigt. Werden
diese Eckverbindungen einer Biegebeanspruchung aus-
J Warmgasziehschweißen gesetzt, so zeigt sich, dass rechtwinklige Eckverbindun-
J Warmgasfächelschweißen gen generell wesentlich ungünstiger sind als gerundete
J Warmgasextrusionsschweißen Ecken mit Fügestellen außerhalb der Rundung. Rundun-
J Heizelementstumpfschweißen gen erlauben immer eine günstige Spannungsverteilung
J Heizelementmuffenschweißen und ergeben eine bis zu 10-fach höhere Gestaltfestigkeit
J Heizwendelschweißen als konventionelle rechtwinklige Eckverbindungen.
J Reibschweißen

Für weitere Details sei an dieser Stelle auf die DVS 2207
verwiesen, die eine genaue Beschreibung der einzelnen
Schweißverfahren enthält und auch auf die einzelnen
Schweißnahtformen eingeht.

Eine kleine Einführung zum Thema bietet auch unsere


work.info „Schweißen“, welche Sie auf unserer Webseite
unter www.simona.de/download herunterladen können.
Abbildung 58: Schweißnahtfestigkeit als Funktion der Schweiß-
nahtlage bei Eckverbindungen

9.7.2.3 Gestaltfestigkeit
T-förmige Verbindungen zeigen bei einseitig geschweiß-
Grundlage einer guten Schweißnahtqualität ist die
ter Naht ein erheblich ungünstigeres Verhalten als bei
Beachtung der rohstoffbedingten Einflüsse, der Her-
zweiseitiger Schweißung (Abbildung 59).
stell- bzw. Verarbeitungsbedingungen der Halbzeuge
sowie der optimalen Fügezonenausbildung. Innere und
Wichtig ist auch hier, dass auf der Zugseite des bean-
äußere Kerben sowie ungünstige Wanddickenübergänge
spruchten Teiles keine Kerben vorhanden sind. Kehlnäh-
ergeben eine Gestaltfestigkeit, die teilweise wesentlich
te stellen eine gewisse Rundung dar. Diese verringern die
unter der eigentlichen Werkstofffestigkeit liegen kann.
Spannungsüberhöhung, so dass sich eine hohe Gestalt-
Schweißverbindungen stellen in jedem Fall eine Inhomo-
festigkeit ergibt.
genität dar. Da Schweißnähte in den meisten Fällen nicht
abgearbeitet werden, ergeben sich zudem auch Unregel-
mäßigkeiten an der Oberfläche, welche die Gestaltfestig-
keit negativ beeinflussen können.

88 technisches.Handbuch
9.7.2.4 Lage von Schweißnähten
In den folgenden Gestaltungsdarstellungen sind die Er-
kenntnisse aus vorherigen Erläuterungen zu praktischen
Beispielen umgesetzt. Detailliertere Ausführungen sind
in den schweißtechnischen Gestaltungsgrundsätzen der
DVS 2205-3 zu finden.

Bei tragenden Nähten oder bei Kehlnähten sind die


Schweißnähte so zu dimensionieren, dass die erforder-
Abbildung 59: Schweißnahtfestigkeit als Funktion der Schweiß- lichen Querschnitte zur Kraftübertragung ausreichen.
nahtlage bei T-förmigen Verbindungen
Stumpfstöße sind vorzuziehen. V-Nähte sind an der
Wurzel gegenzuschweißen. Übergänge im Kraftverlauf
In Abbildung 60 sind Verbindungen dargestellt, die einer sind bei Stumpfstößen unterschiedlicher Wanddicken
Zugbeanspruchung ausgesetzt werden. Im Nahtbereich anzustreben (Abbildung 61).
entstehen Zug- bzw. Scherspannungen. Eine abgear-
beitete V-Naht ergibt eine hohe Gestaltfestigkeit, da
keinerlei geometrische Inhomogenität vorliegt. Bei ein-
fachen Laschenverbindungen (untere Zeile in Abbildung
60) entstehen sowohl Schub- und Zugkräfte als auch
Biegemomente in der Schweißnaht. Die Gestaltfestigkeit
ist sehr gering. Im Gegensatz dazu erlaubt die doppelte
Laschenverbindung (obere Zeile in Abbildung 60) eine
gleichmäßige Verteilung der Kräfte. Diese Verbindungs-
art besitzt eine hohe Gestaltfestigkeit. Gleiches gilt für
Kreuzverbindungen. Die höchste Schweißnahtfestigkeit Abbildung 61: Einfluss der Schweißnaht bei Querschnitts-
änderung
ergibt sich somit bei der oberen doppelten Laschenver-
bindung.
Schweißnähte sollten aus der Ecke herausgezogen
werden. Rundungen bei Eckverbindungen ergeben einen
9
günstigeren Kraftverlauf (Abbildung 62).

Abbildung 60: Verbindung von Platten in einer Ebene

technisches.Handbuch 89
9.8 Spannungen
Eckstoß
Beim Verschweißen von Thermoplasten bilden sich
in Abhängigkeit vom Schweißverfahren verschiedene
Spannungszustände. Diese bilden sich innerhalb der
Schweißnaht quer, längs und bei dickeren Halbzeu-
gen auch senkrecht aus. Hervorgerufen werden diese
Rahmenecke
Spannungen durch örtliches Erwärmen in Verbindung mit
einer ungleichmäßigen Abkühlung.

Beim Erwärmen des Werkstoffes in der Schweißnahtzone


werden durch die thermische Längenänderung Druck-
spannungen aufgebaut, wobei während des Schweiß-
Abbildung 62: Eckengestaltung vorganges eine teilweise Relaxation dieser Spannungen
durch das plastische Verhalten des Werkstoffes statt-
Schweißnahtanhäufungen sind zu vermeiden. gefunden hat. Bei dem nachfolgenden Abkühlen bilden
Nahtkreuzungen sind unzulässig (Abbildung 63). sich Wärmezugspannungen. Während die im Schweiß-
nahtquerschnitt auftretenden Längsspannungen vom
Schweißverfahren unabhängig sind, ist dies bei den
gleichfalls auftretenden Querspannungen nicht der Fall.
Entscheidend für die Höhe der Querspannungen ist, ob
die zu verschweißenden Platten fest eingespannt sind
oder ob sie frei beweglich sind.
Kreuzungen unzulässig 1,2 = Reihenfolge der
Schweißungen
Beim Warmgasschweißen ist der Schweißnahtaufbau
für die Höhe der Querspannung verantwortlich. Aufgrund
der bereits erwähnten Spannungsrelaxation entstehen
Wärmezugspannungen im Anfangsbereich. Mit weiter
fortschreitendem Schweißen bildet sich im gesamten
Schweißnahtbereich die gleichfalls fortschreitende
falsch richtig Zugspannung aus. Aufgrund der Spannungsrelaxation
bauen sich im Anfangsbereich der Schweißnaht die Zug-
Anschluss von Versteifungen spannungen zunächst leicht ab, mit Fortschreiten des
Schweißvorganges jedoch wieder auf. Das heißt, eine
Abbildung 63: Schweißnahtanhäufungen Warmgasschweißnaht weist in Längsrichtung lediglich
Zugspannungen auf, womit das Wölben der geschweiß-
ten Platten zu erklären ist (schematische Darstellungen:
Abbildungen 64 & 65).

90 technisches.Handbuch
σlängs

Heizelementschweißen Schweißrichtung
σquer Warmgasschweißen
σquer
Spannung
σzug
σdruck
r
e
qu

längs

Abbildung 64: Verlauf der Schweißspannungen über die Länge der Schweißnaht beim Heizelementstumpf- und Warmgasschweißen
(nach Menges)

technisches.Handbuch 91
Nahtmitte

längs

quer
σzug
Spannung

σdruck

Warmgasschweißnaht
mit Zusatzwerkstoff
r
e

Heizelementstrumpf-
qu

schweißnaht
längs

Abbildung 65: Verlauf der Schweißspannungen über dem Schnitt senkrecht zur Schweißnaht. Die Höhe der Querspannungen bei der
Heizelementstumpfnaht ist stark von der Höhe und Dauer des Schweißdruckes abhängig (nach Menges)

92 technisches.Handbuch
9.9 Spannungsrissbildung

Sämtliche thermoplastische Werkstoffe neigen mehr


oder weniger zur Spannungsrissbildung. Vor allem die
amorphen Thermoplaste wie Polystyrol und PMMA sind
sehr anfällig gegenüber Spannungsrissen, die wegen
der meist glasklaren Struktur dieser Kunststoffe optisch
leicht wahrgenommen werden können. Bei eingefärb-
ten, teilkristallinen Thermoplasten sind Spannungsrisse
oft nicht zu erkennen, so dass dann ausschließlich die
Auswirkungen, wie Leckagen, auf sie hindeuten. Auch bei
Metallen ist dieses Phänomen bekannt. Dort spricht man
von Spannungsrisskorrosion, verursacht durch mechani-
sche Beanspruchung im Zusammenwirken mit chemi-
schen bzw. elektrochemischen Vorgängen.

Abbildung 66: Rissbildung in einem Kunststoff


Die Spannungsrisse in Kunststoffen hingegen beruhen
primär auf physikalischen Vorgängen, so dass bei Kunst-
Drei physikalische Effekte beeinflussen die Spannungs-
stoffen besser von Spannungsrissbildung gesprochen
rissbildung in Kombination mit an der Oberfläche wirken-
werden sollte. Innerhalb eines Risses kommt es zu einer
den mechanischen Spannungen:
starken Verstreckung der Moleküle, die an den Rissflan-
ken verankert sind und der Rissöffnung entgegenwirken.
1. Benetzung
Zum Auftreten von Spannungsrissen an Kunststoffteilen
2. Quellung
bedarf es zweier auslösender Faktoren, die beide zusam-
3. Diffusion
men auftreten müssen:

Durch die auftretenden Zugspannungen an der Oberflä-


1. Das Teil muss unter Zug- oder Biegebeanspruchung
che eines Bauteiles entstehen „Crazes“ (Fließzonen), die
stehen.
noch keine größere Werkstoffeschädigung darstellen. Es
2. Es bedarf der Anwesenheit eines für diesen Werkstoff
handelt sich um Bereiche stark verstreckter Molekülket-
rissauslösenden Mediums. 9
ten, deren Enden in amorphen Bereichen verankert sind
und somit der Rissöffnung entgegenwirken (Abbildung
66). Das Auftreten von Crazes bedeutet nicht notwen-
digerweise eine Schädigung des Materials, jedoch eine
Schwachstelle im Gefüge. Durch Benetzung und Diffu-

technisches.Handbuch 93
sion gelangt nun das angreifende Medium in oberflä- 9.9.1 Eigenspannungen
chennahe Fließzonen und dringt dort bis zum Kerbgrund
In den Anfängen der Kunststofftechnik wurden Platten
vor. Dort entsteht durch physikalische Wechselwirkung
aus Thermoplasten ausschließlich im Pressverfahren
eine Verminderung der Bindungskräfte. Dieser Vorgang
hergestellt. Mit der Einführung der Extrusionstechnik
begünstigt die Beweglichkeit der Makromoleküle, so
konnte durch dieses kontinuierliche Verfahren die Pro-
dass die wirkenden äußeren oder inneren Spannungen
duktivität und Wirtschaftlichkeit erhöht werden. Heute
durch die Bildung neuer oder das Anwachsen bestehen-
sind Extrusionsplatten nicht nur im PVC-Sektor von we-
der Fließzonen abgebaut werden. Es kommt zu einem
sentlicher Bedeutung. Extrudierte Thermoplaste können
Risswachstum.
bis zu Wanddicken von 50 mm gefertigt werden.

Hohe Temperaturen begünstigen im Allgemeinen die


Die Eigenschaften einer extrudierten Platte sind in und
Bildung von Spannungsrissen. Quellung und Diffusion
quer zur Extrusionsrichtung unterschiedlich. Dies trifft
bewirken ebenfalls eine Beschleunigung der Rissausbrei-
auf die mechanischen, wie auch auf die thermischen
tung.
Eigenschaften zu. Auch das Spannungsniveau einer
extrudierten Platte ist höher als das einer gepressten
Im chemischen Apparatebau tritt die Spannungsriss-
Platte. Daher bietet eine gepresste Platte überall dort
gefährdung in der Regel nur in Kombination mit Medi-
Vorteile, wo bei der Anwendung ein geringes Eigenspan-
um und mechanischen Spannungen auf. Mechanisch
nungsniveau notwendig ist oder isotrope mechanische
unbelastete Halbzeuge, wie Platten oder Rohre, sind
Eigenschaften gefordert werden. Das geringe Eigen-
nicht gefährdet. Besonders gefährdet sind vielmehr
spannungsniveau bietet ebenfalls Vorteile hinsichtlich
Füge- und Umformbereiche, in denen hohe Restspan-
der Spannungsrissbildung und der Formstabilität eines
nungen verbleiben. Vor allem Warmgasschweißnähte
Bauteiles nach der mechanischen Verarbeitung.
und kaltgebogene Halbzeuge sind aufgrund des hohen
Eigenspannungsniveaus häufig von Sapnnungsrissen
Gepresste Platten Extrudierte Platten
betroffen. Stumpfschweißnähte, warmgebogene Kanten
Eigenspannungen gering vorhanden
und Abkantschweißungen sind dagegen weniger kritisch. Orientierungen nicht vorhanden vorhanden
Anisotropie* nicht vorhanden vorhanden
Um die Gefahr der Spannungsrissbildung zu reduzieren, Rückstellung bei gering groß
Temperaturen nahe
ist am besten eine nachträgliche Wärmebehandlung KSB** bzw. Glastem-
peratur
(Tempern) geeignet, deren Temperatur bei teilkris-
Fertigungstoleranzen groß klein
tallinen Thermoplasten um ca. 20 °C unterhalb des
Kristallitschmelzpunktes liegt, bei amorphen dagegen
* Anisotropie = Eigenschaften unabhängig der
knapp unterhalb der Glastemperatur. Die erforderlichen
Belastungsrichtung
Wärmebehandlungszeiten hängen von der Wanddicke
** KSB = Kristallitschmelzbereich
der Materialien ab.
Tabelle 10: Eigenschaftsvergleich von gepressten und
extrudierten Platten

94 technisches.Handbuch
9.10 Berechnung der zulässigen Kaltbiegeradien σ=E·ε

Bei der Herstellung von stehenden Rundbehältern wer-


In der einschlägigen Literatur sind Angaben über den Re-
den die Zylindermäntel meist kalt gebogen und anschlie-
laxationsmodul nur schwer zu finden. Ersatzweise kann
ßend stumpf verschweißt. Ein nach diesem Verfahren
der Kriechmodul herangezogen werden.
gefertigter Zylindermantel ist mit Zugspannungen auf der
Außenseite und Druckspannungen auf der Innenseite
Beim Kaltbiegen von PE ist darauf zu achten, dass die
behaftet. In der Mitte des Wandquerschnittes liegt die
Dehnung von 1 % nicht überschritten wird. Bei den Werk-
„neutrale Faser“, die ihre ursprüngliche Länge beibehält.
stoffen PP, PVDF und ECTFE sollten jedoch kritischere
Durch das viskoelastische Verhalten thermoplastischer
Maßstäbe angelegt werden. Anhaltswerte für zulässige
Kunststoffe klingen diese Spannungen mit der Zeit in-
Kaltbiegeradien unter verschiedenen Randfaserdehnun-
folge der Relaxation ab. Je geringer der Biegeradius und
gen in Abhängigkeit von der Wanddicke, welche auch
je größer die Wanddicke, desto höher wird die kritische
für den Behälterbau nach DVS angenommen werden
Zugspannung auf der Außenhaut. Mit der nachfolgend
müssen, finden Sie in Tabelle 11.
aufgezeigten Methode lässt sich die Größe der Randfa-
serspannungen näherungsweise quantifizieren.
Werkstoff Randfaserdehnung ε
PE-HD 1,00
Um die Größe der Randfaserdehnung zu ermitteln, wird PP-H 0,50
die Dehnung in Höhe der neutralen Faser und Randfaser PP-B 0,75
errechnet. Das geschieht mit einer, für diese Zwecke PP-R 1,00

umgeformten, Gleichung: PVDF 0,50


PVC-U 0,20
50 CPVC 0,10
εR = ·s
r Anmerkung: Für PE 63, PE 80 und PE 100 darf der Wert für PE-HD
verwendet werden.
Die Randfaserdehnung εR verteilt sich demnach propor- Tabelle 11: Tolerierbare Randfaserdehnung
tional zur Wanddicke s und umgekehrt proportional zum
Biegeradius r. Werden auf diese Weise Randfaserdeh- Werden aufgrund konstruktionsbedingter Erfordernisse
nungen < 0,2 % ermittelt, so kann über das Hookesche geringere Biegeradien benötigt, so empfehlen wir warm
Gesetz auf die vorhandene Randfaserspannung ge- zu biegen (Temperatur ist werkstoffabhängig).
schlossen werden. Dehnungen < 0,2 % liegen im linear- 9
viskoelastischen Bereich. Hier verhalten sich Spannung Generell gilt, dass unmittelbar bei der Fertigung ei-
und Dehnung proportional. Mit dem E-Modul werden nes kaltgebogenen Teiles die Randfaserspannung am
Zeit- und Temperatureinfluss berücksichtigt. Aus diesem höchsten ist und dann zeitabhängig relaxiert. Daher
Grund muss der E-Modul in die Gleichung des Hooke- ist beim Kaltbiegen immer darauf zu achten, dass die
schen Gesetzes als Relaxationsmodul eingesetzt werden. Verformungsgeschwindigkeit gering und konstant bleibt.
Das Hookesche Gesetz lautet: Ruckartige Verformungen können spontane Spannungs-
spitzen erzeugen, die eventuell zum Bruch führen.

technisches.Handbuch 95
Wird einem Körper eine konstante Deformation aufge- Licht, Wärme, Feuchtigkeit sowie Erosion durch Schnee,
zwungen, so ergibt sich eine Materialbeanspruchung, de- Regen, Hagel, Staub, Sand oder auch Chemikalieneinwir-
ren Betrag in den ersten 100 Stunden stärker abnimmt kung. Zusammengefasst werden diese Vorgänge als äu-
als im Bereich zwischen der 100sten und der 1.000sten ßere Ursachen der Alterung, thermodynamisch instabile
Stunde. Daher sollten solche, der Relaxation unterlie- Zustände dagegen als innere Ursachen bezeichnet.
genden Bauteile unmittelbar nach der Lastaufgabe nicht
zusätzlichen Beanspruchungen, wie z.B. Schlagbean- Chemische Einflüsse können im Laufe der Zeit zu einer
spruchung, unterzogen werden. Für PVC-U gilt allgemein, Änderung der Molekülstruktur oder Molekülgröße des
dass im Behälterbau fast keine Kaltbiegung zulässig ist. Werkstoffes bzw. bei Mehrphasen-Kunststoffen zur
In Tabelle 12 sind die Kaltbiegeradien in Abhängigkeit Änderung einer Komponente des Werkstoffes führen
von Randfaserdehnung und Wanddicke am Beispiel von und dadurch die Eigenschaft des Materials ändern. Bei
PE 100 zu finden. physikalischen Vorgängen wird der Aggregatzustand
oder das Konzentrationsverhältnis der Komponenten
Randfaserdehnung = 1,0 % bei Mehrstoffsystemen verändert. Durch Erosion oder
Wanddicke zulässiger Biegeradius gegebenenfalls Auskreidung von Pigmenten ändert sich
s
die Oberflächenstruktur eines Bauteiles, was unter Um-
2 mm 0,100 m
ständen zu einer Minderung der Gestaltfestigkeit führen
3 mm 0,150 m

4 mm 0,200 m
kann.

5 mm 0,255 m

6 mm 0,300 m Als Alterungsindikatoren können folgende physikali-


8 mm 0,400 m schen oder technologischen Messgrößen herangezogen
10 mm 0,500 m werden:
12 mm 0,600 m

15 mm 0,750 m J Zugfestigkeit
20 mm 1,00 m J Reißdehnung
25 mm 1,25 m J Schlagzähigkeit
30 mm 1,50 m J Viskosität

Tabelle 12: Kaltbiegeradien für PE 100 J Farbzahl


J Oberflächenglanz

9.11 Alterung

Kunststoffe unterliegen, wie auch andere Werkstoffe, 9.11.1 Alterungsprozesse durch Licht
der Alterung. Unter Alterung versteht man die Gesamt-
9.11.1.1 Photolyse
heit aller irreversibel ablaufenden chemischen und phy-
sikalischen Vorgänge in einem Werkstoff während eines Beim Außeneinsatz absorbieren Kunststoffe Licht in
bestimmten Zeitraumes. Das sind z.B. Einwirkung von Abhängigkeit der Wellenlängen. Vor allem die UV-Anteile

96 technisches.Handbuch
des Sonnenlichtes sind in der Lage, eine Spaltung Weitere Alterungsprozesse beziehen sich auf innere Vor-
der Hauptvalenzbindungen oder eine Abspaltung von gänge, die durch eine Abweichung vom thermodynami-
Bestandteilen des Makromoleküls (z.B. HCl-Abspaltung schen Gleichgewicht hervorgerufen werden. Bei teilkris-
bei PVC) zu bewirken. Dieser Vorgang wird Photolyse tallinen Thermoplasten kann unter Umständen unterhalb
genannt. Durch Absorption des Lichtes und dessen der Kristallitschmelztemperatur eine Nachkristallisation
Umwandlung in Wärme heizt sich der Kunststoff auf. Die stattfinden, wobei der Werkstoff im Allgemeinen härter
hierdurch bedingte Temperaturerhöhung im Werkstoff und spröder wird. Auch bei amorphen Thermoplasten ist
kann beträchtlich sein und einen thermischen Abbau unterhalb der Glastemperatur bedingt durch entropie-
(Wärmealterung) auslösen. elastische Effekte eine Änderung der Molekülkonstrukti-
on möglich. Dies hat eine Erhöhung des E-Moduls, eine
geringere Dehnbarkeit und vermehrte Quellbarkeit zur
9.11.1.2 Photooxidation Folge.

Im Gegensatz zur Photolyse, bei der kurzwelliges UV-Licht


der auslösende Faktor ist, sind es bei der Photooxidation
9.11.3 Prüfung der Alterung
die langwelligen Anteile des Lichtes. Sauerstoff besitzt
die Eigenschaft, in die Kunststoffoberfläche einzudiffun- Die Änderungen der mechanischen Eigenschaften, der
dieren, um dort im Zusammenwirken mit langwelligem Viskosität, des Glanzes oder der Farbe können als Krite-
Licht eine komplizierte Folge von Radikalreaktionen rien für die Alterung herangezogen werden. Das eigent-
auszulösen. Dies hat gleichzeitig eine Veränderung des liche Problem stellt die Prognostizierung des Alterungs-
Molekulargewichtes zur Folge. Die durch Absorption verhaltens bei neuentwickelten Werkstoffrezepturen dar.
des Lichtes bedingte Temperaturerhöhung beschleunigt Dafür wurden Geräte entwickelt (z.B. das QUV-Testgerät),
zusätzlich die Photooxidation. mit denen eine künstliche Bewitterung von Kunststoff-
proben vorgenommen werden kann. Hierbei erfolgt eine
Simulierung der Licht-, Feuchte- und Wärmeeinwirkung,
9.11.2 Sonstige Alterungsprozesse wodurch eine künstliche sowie eine beschleunigte
Alterung der Kunststoffproben erreicht werden. Eine
Einflüsse wie Regen, Schnee, Hagel, Staub und Sand be-
Intensivierung der alterungsauslösenden Einflüsse
wirken eine Erosion der Kunststoffoberfläche. Eine Ver-
modifiziert jedoch die verschiedenen Alterungsprozesse
schmutzung der Oberfläche, wenn sie nicht abgetragen
in unterschiedlicher Weise. Aus diesem Grund sollte jede 9
wird, wirkt dabei der Lichteinwirkung entgegen. Staub
Kurzzeitprüfung mit Freibewitterungsversuchen einher-
kann zum Beispiel eine Schutzschicht gegen Lichteinwir-
gehen. Je zeitraffender eine Prüfung ist, desto schlechter
kung bilden (s.a. oxidische Deckschicht bei Aluminium).
ist gewöhnlich auch ihre Korrelation zur Praxis.
Durch feine Haarrisse an der Oberfläche des Kunststoff-
teiles kann Wasser eindringen und bei Gefrieren eine
Vergrößerung dieser Risse bewirken.

technisches.Handbuch 97
Alterungsverhalten der wichtigsten UV-Strahlungsintensität und UV-Belastungsdauer mit ≥
SIMONA® Thermoplaste 2mm festzulegen.“ Rußstabilisierte PP-Typen, wie z.B.
SIMONA® PP-EL, weisen ein günstiges Alterungsverhalten
Polyethylen bei Außeneinsatz auf. Aufgrund dieser Stabilisierung
In Hinblick auf UV-Strahlung zeigen z.B. unstabilisier- liegt die Festigkeit des unbewitterten Materials jedoch
tes SIMONA® PE-HD natur oder SIMONA® PE 100 natur tiefer als bei SIMONA® PP-H AlphaPlus® und SIMONA®
schon nach wenigen Monaten Außenbewitterung einen PP-H natur.
deutlichen Abfall von Zugfestigkeit und Reißdehnung.
Hochmolekulares naturfarbenes PE, z.B. SIMONA® PE Polyvinylchlorid
500 oder SIMONA® PE 1000, verhält sich geringfügig Generell gehört PVC in unstabilisiertem Zustand eben-
günstiger. Naturfarbenes PE ist somit für den Außenein- falls zu den mäßig beständigen Kunststoffen. Schon
satz nicht, bzw. nur bedingt geeignet. Eine ausgezeichne- nach einjähriger Bewitterungszeit sind eine merkliche
te UV-Stabilität und somit ein günstiges Alterungsverhal- Vergilbung und ein Abfall der Schlagzähigkeit festzu-
ten weisen SIMONA® PE HD schwarz, SIMONA® PE 100 stellen. Der Standardwerkstoff für den chemischen
schwarz und SIMONA PE-EL auf. Diese Werkstoffe sind
®
Apparatebau, SIMONA® PVC-CAW, ist nur in weißer
mit Ruß stabilisiert und es liegen langjährige positive (eventuell auch in hellgrauer und elfenbeinfarbener)
Erfahrungen bezüglich des Alterungsverhaltens vor. Einstellung für den längeren Außeneinsatz geeignet.
Alle anderen Farbeinstellungen, wie z.B. dunkelgrau,
Polypropylen absorbieren das Sonnenlicht sehr stark und können sich
Naturfarbene, UV-unstabilisierte PP-Typen (SIMONA ®
über die Grenztemperatur von 60 °C hinaus erwärmen.
PP-H natur) verhalten sich ähnlich wie unstabilisiertes Somit stellt hier insbesondere die Wärmeformbeständig-
PE. Bereits nach wenigen Monaten Außeneinsatz ist keit ein Problem dar. Für einen langjährigen Außenein-
ein merklicher Abfall der mechanischen Eigenschaften satz ist vor allem SIMONA® PVC-MZ COLOR zu empfehlen.
zu beobachten. SIMONA® PP-H AlphaPlus® ist vor allem
wärmestabilisiert und für Anwendungen bei Temperatu- Polyvinylidenfluorid
ren bis 100 °C geeignet. Im Außeneinsatz zeigt dieser Der Werkstoff PVDF hat eine sehr gute Alterungsbestän-
Werkstoff schon nach kurzer Zeit farbliche Veränderun- digkeit. Es bestehen sowohl für die naturfarbene Type
gen, nach ca. einem Jahr Außeneinsatz sind Auskrei- SIMONA® PVDF als auch für SIMONA® PVDF-EL keine
dungen und ein teilweiser Abbau der mechanischen Bedenken für den langjährigen Außeneinsatz.
Eigenschaften zu beobachten. In der DVS 2210-1 ist
ein Passus für einen möglichen Außeneinsatz von PP zu Ethylenchlortrifluorethylen
finden: „Sofern die Einsatzdauer der Rohrleitung aus PP ECTFE gehört ebenso wie PVDF zu den Fluorkunststoffen
im Freien auf < 10 Jahre begrenzt ist, kann die unter UV- und weist daher eine gute Widerstandsfähigkeit gegen-
Strahlung eingesetzte Bildung einer Oxidschicht durch über UV-Strahlen auf. Deshalb kann SIMONA® ECTFE
einen rechnerischen Wanddickenzuschlag aufgefangen auch für langjährige Anwendungen im Außenbereich
werden. Der Wanddickenzuschlag ist in Abhängigkeit der empfohlen werden.

98 technisches.Handbuch
10 Rechtliche Hinweise und Beratung

Rechtliche Hinweise Beratung

Mit Erscheinen einer neuen Ausgabe verlieren frühere Unsere anwendungstechnische Beratung erfolgt nach
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10

technisches.Handbuch 99
11 Abbildungs-, Tabellen- und Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Strukturmodell eines amorphen Thermoplasts 9


Abbildung 2: Strukturmodell eines teilkristallinen Thermoplasts 9
Abbildung 3: Mechanische Eigenschaften amorpher Thermoplaste 12
Abbildung 4: Mechanische Eigenschaften teilkristalliner Thermoplaste 13
Abbildung 5: Strukturmodell eines Duroplasts 14
Abbildung 6: Additionsreaktion eines Epoxids 15
Abbildung 7: Syntheseschema einer Methylenphenolgruppe als Strukturelement
bei einem klassischen Phenoplast aus Phenol und Formaldehyd 16
Abbildung 8: Verschiedene schematische Darstellungsweisen für Polyethylen 17
Abbildung 9: PE hoher Dichte 17
Abbildung 10: PE niedriger Dichte 17
Abbildung 11: Schematische Darstellung der Eigenschaften von PE-HD in
Abhängigkeit von der Molekülkettenlänge 18
Abbildung 12: Schematische Darstellung von PP 18
Abbildung 13: Schematische Darstellung eines isotaktischen PP 18
Abbildung 14: Schematische Darstellung eines syndiotaktischen PP 18
Abbildung 15: Schematische Darstellung eines ataktischen PP 19
Abbildung 16: Schematische Darstellung von PVC-U 20
Abbildung 17: Schematische Darstellung von PVDF 21
Abbildung 18: Schematische Darstellung von ECTFE 22
Abbildung 19: Schematische Darstellung von ETFE 23
Abbildung 20: Schematische Darstellung von PFA 23
Abbildung 21: Schematische Darstellung von PETG 24
Abbildung 22: Schematische Darstellung von PLA 24
Abbildung 23: Durch Wasserstoffbrücken vernetzte Polyamide; a) Polyamid 4.6;
b) Poly(p-phenylenterephthalamid) (PPTA) 25
Abbildung 24: Schematische Darstellung von PMMA 25
Abbildung 25: Schematische Darstellung von PC aus Phosgen und Bisphenol A 26
Abbildung 26: Spannungs-Dehnungs-Diagramm 34
Abbildung 27: Funktionsprinzip des Scherversuchs 35
Abbildung 28: Mechanische Modelle des viskoelastischen Körpers 35
Abbildung 29: Spannungsrelaxation 36
Abbildung 30: Kriechen und Kriecherholung 36
Abbildung 31: Änderung des spezifischen Volumens mit der Temperatur 38

100 technisches.Handbuch
Abbildung 32: Schematische Darstellung einer Spannungs-Dehnungs-
kurve eines teilkristallinen Thermoplasts 40
Abbildung 33: Spannungs-Dehnungskurve mit Zugfestigkeit σS, Reißfestigkeit
σB und den dazugehörigen Dehnungen für amorphe Thermoplaste 40
Abbildung 34: Kurzzeit-Elastizitäts-Modul von SIMONA Thermoplasten in
©

Abhängigkeit von der Temperatur 41


Abbildung 35: Schematischer Aufbau des Dreipunkt- und Vierpunkt-Biegeversuchs 42
Abbildung 36: Der Torsionsschwingversuch 43
Abbildung 37: Gedämpfte Schwingung 44
Abbildung 38: Der Ringscherversuch 45
Abbildung 39: Der Segmentscherversuch 45
Abbildung 40: Probenanordnung zur Messung der Haftfestigkeit
(Probekörper Form A) 46
Abbildung 41: Schlagbiegeversuch nach Charpy 46
Abbildung 42: Kerbschlagzähigkeit als Funktion der Temperatur 47
Abbildung 43: Prinzipieller Aufbau des Sand-Slurry-Tests 50
Abbildung 44: Relativer Verschleiß von Thermoplasten als Funktion der Temperatur 51
Abbildung 45: Linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient als Funktion der
Temperatur einiger Thermoplaste 54
Abbildung 46: Schematische Darstellung des SBI-Tests 57
Abbildung 47: Kondensatoranordnung mit Polarisationsladungen;
a) ohne Dielektrikum; b) mit Dielektrikum 63
Abbildung 48: Kriechmodul von PE 100 für 25 Jahre 70
Abbildung 49: Zeitstandkurve PE 100 72
Abbildung 50: Arbeiten mit der Zeitstandkurve 73
Abbildung 51: Isochrones-Spannungs-Dehnungs-Diagramm von PE 100 für 23 °C 74
Abbildung 52: Relaxations- und Retardationsschnitte im isochronen
Spannungs-Dehnungsschaubild in schematischer Dartstellung 74
Abbildung 53: Spannungsorientierungen 77
Abbildung 54: Abhängigkeit des spezifischen Volumens von der Temperatur;
links: amorphe Thermoplaste; rechts: teilkristalline Thermoplaste 78
Abbildung 55: Spannungsverlauf bei Wechseltemperaturen 81
Abbildung 56: Theoretische Betrachtung der gleichförmigen Spannungsverteilung 85
Abbildung 57: Spannungsverteilung an gekerbten Proben 86
Abbildung 58: Schweißnahtfestigkeit als Funktion der Schweißnahtlage
bei Eckverbindungen 88

11

technisches.Handbuch 101
Abbildung 59: Schweißnahtfestigkeit als Funktion der Schweißnahtlage bei
T-förmigen Verbindungen 89
Abbildung 60: Verbindung von Platten in einer Ebene 89
Abbildung 61: Einfluss der Schweißnaht bei Querschnittsänderung 89
Abbildung 62: Eckengestaltung 90
Abbildung 63: Schweißnahtanhäufungen 90
Abbildung 64: Verlauf der Schweißspannungen über die Länge der Schweißnaht
beim Heizelementstumpf- und Warmgasschweißen (nach Menges) 91
Abbildung 65: Verlauf der Schweißspannungen über dem Schnitt senkrecht
zur Schweißnaht. Die Höhe der Querspannungen bei der Heizelement-
stumpfnaht ist stark von der Höhe und Dauer des Schweißdruckes
abhängig (nach Menges) 92
Abbildung 66: Rissbildung in einem Kunststoff 93

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Auswahl an Thermoplasten und die (möglichen) zugehörigen Monomere 10


Tabelle 2: Kenndaten von PE 17
Tabelle 3: Molekulargewicht in g/mol 17
Tabelle 4: Eigenschaften unterschiedlicher Thermoplaste 23
Tabelle 5: Mechanische Eigenschaften einiger Thermoplaste 39
Tabelle 6: Wärmeleitfähigkeit l einiger Werkstoffe 52
Tabelle 7: Mittlerer thermischer Ausdehnungskoeffizient einiger Werkstoffe 54
Tabelle 8: Beurteilung des Brandverhaltens 56
Tabelle 9: Strahlenbeständigkeit 69
Tabelle 10: Eigenschaftsvergleich von gepressten und extrudierten Platten 94
Tabelle 11: Tolerierbare Randfaserdehnung 95
Tabelle 12: Kaltbiegeradien für PE 100 96

102 technisches.Handbuch
Literaturverzeichnis

J Wolfgang Retting: Mechanik der Kunststoffe, Hanser Verlag


J Saechtling: Kunststoffhandbuch, Hanser Verlag
J Stephan/Mayinger: Thermodynamik, Springer Verlag
J Michaeli/Brinkmann/Lessenich-Henkys: Kunststoffbauteile
werkstoffgerecht konstruieren, Hanser Verlag
J KRV: Kunststoffrohrhandbuch, Vulkan Verlag Essen
J Menges: Werkstoffkunde Kunststoffe, Hanser Verlag
J Ehrenstein: Mit Kunststoffen konstruieren, Hanser Verlag
J Frank/Biederbrink: Kunststoff-Kompendium, Vogel-Verlag
J Lechner, Gehrke, Nordmeier: Makromolekulare Chemie,
Birkhäuser Verlag, 3. Auflage, 2003
J DVS Taschenbuch „Fügen von Kunststoffen“

Autoren

Konstantin Birt
Mathias Conrad
Dieter Eulitz
Philipp Kuhn
Dr. René Stangenberg
Marco Stallmann

Die genannten Autoren der aktuellen Ausgabe


bedanken sich hiermit bei allen Kollegen, die
an früheren Ausgaben des vorliegenden Doku-
mentes mitgearbeitet und somit das Wissens-
fundament für diese Ausgabe gelegt haben.
Darüber hinaus bedanken wir uns bei allen
im Quellenverzeichnis genannten Werken und
deren Herausgebern dafür, dass wir entspre-
chende Zitate übernehmen durften.

11

technisches.Handbuch 103
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