Technisches - Handbuch SIMONA Kunststoffe
Technisches - Handbuch SIMONA Kunststoffe
Technisches - Handbuch SIMONA Kunststoffe
Handbuch
SIMONA® Kunststoffe
Kunststoff – die wohl vielseitigste und bedeutungsvollste
Werkstoffgruppe des 20. und 21. Jahrhunderts, ohne die unsere
heutige Welt nicht funktionieren würde.
Kunststoffe lösen heute Probleme in den unterschiedlichsten
Bereichen, von Industrie und Technik über Fahrzeugbau und
Konsumgüter bis hin zur Medizintechnik.
Inhalt
1
technisches.Handbuch
5.3 Brandverhalten 55 9 Kunststoffphysik 77
5.3.1 Brandprüfung nach DIN 4102 55 9.1 Spannungsarten 77
5.3.2 SBI-Test nach DIN EN 13823 57 9.2 Verminderung der Eigenspannungen 79
5.3.3 Brandtest nach FM 4910 58 9.3 Wärmespannungen 80
5.3.4 Brandprüfungen nach UL 94 59 9.4 Einfluss von Orientierungen auf
5.4 Permeation 60 die Eigenschaften von Kunststoffen 84
5.5 Wasseraufnahme 61 9.5 Schrumpf 84
5.6 Elektrische Eigenschaften 62 9.6 Schwindung 85
5.6.1 Elektrische Leitfähigkeit 62 9.7 Einflüsse auf die Bauteilfestigkeit 85
5.6.2 Dielektrische Eigenschaften 62 9.7.1 Kerbwirkung 85
5.6.3 Elektrische Durchschlagfestigkeit Ed 9.7.2 Schweißen von Thermoplasten 86
nach DIN 53481 / VDE 0303-1 64 9.7.2.1 Verschweißbarkeit unterschiedlicher
5.6.4 Elektrische Kriechstromfestigkeit Werkstofftypen 86
nach DIN 53480 / VDE 0303-1 64 9.7.2.2 Schweißverfahren 87
5.6.5 Elektrostatische Aufladung 64 9.7.2.3 Gestaltfestigkeit 88
9.7.2.4 Lage von Schweißnähten 89 6
6 Chemische Eigenschaften 65 9.8 Spannungen 90
9.9 Spannungsrissbildung 93
7 Sonstige Eigenschaften 67 9.9.1 Eigenspannungen 94
7.1 Physiologische Unbedenklichkeit 67 9.10 Berechnung der zulässigen
7.1.1 Kontakt mit Lebensmitteln nach Kaltbiegeradien 95
7
Europäischen Richtlinien 67 9.11 Alterung 96
7.1.2 Kontakt mit Trinkwasser 68 9.11.1 Alterungsprozesse durch Licht 96
7.2 Strahlenbeständigkeit 69 9.11.1.1 Photolyse 96
9.11.1.2 Photooxidation 97 8
8 Langzeiteigenschaften 70 9.11.2 Sonstige Alterungsprozesse 97
8.1 Prüfverfahren 70 9.11.3 Prüfung der Alterung 97
8.1.1 Zeitstandzugversuch 70
8.1.2 Zeitstandinnendruckversuch 70 10 Rechtliche Hinweise und Beratung 99
9
8.1.3 Full-Notch-Creep-Test (FNCT) 71
8.1.4 Zeitstandkurven 71 11 Abbildungs-, Tabellen- und
8.1.5 Isochrone Spannungs-Dehnungs- Literaturverzeichnis 100
Diagramme 74
8.2 Statische Berechnungen 75 10
8.3 Werkstoffe im prüfzeichenpflichtigen
Behälterbau 76
11
technisches.Handbuch
1 Vorwort
1
Kunststoff – ein Begriff, der unserer Tage durchaus mit Als Hersteller von thermoplastischen Kunststoffpro-
unterschiedlichen Emotionen belegt wird: Einerseits im dukten wie Halbzeugen, Rohren und Formteilen sowie
Zuge von Umweltschutzdiskussionen (Stichwort „ma- Fertigteilen und Bauteilkomponenten sind auch wir bei
rine littering“) als eher negative Entwicklung in unse- der SIMONA AG ständig auf der Suche nach neuen An-
rer Zivilisation, andererseits als die wohl vielseitigste wendungen und Produkten.
und bedeutungsvollste Werkstoffgruppe des 20. und Die SIMONA AG wurde 1857 als lederverarbeitende
21. Jahrhunderts, ohne die unsere heutige Welt nicht Industrie der Gebrüder Simon gegründet. Unsere Firmen-
funktionieren würde. Kunststoffe lösen heute Probleme geschichte spiegelt die Entwicklung der Industriegesell-
in den unterschiedlichsten Bereichen, von Industrie und schaft wider. Die Produktpalette wandelte sich infolge
Technik über Fahrzeugbau und Konsumgüter bis hin zur der veränderten weltwirtschaftlichen Bedingungen und
Medizintechnik. der technischen Innovation grundlegend. Es vollzog sich
Dabei ist der Ursprung des Kunststoffes – also eines ein Wechsel vom Naturstoff Leder hin zu hochwertigen
Stoffes, der kein natürliches Element, sondern ein Kunststoffhalbzeugen, die auf definierten, industriell
künstlich hergestelltes Produkt ist – bereits Ausgang des hergestellten synthetischen Polymeren basieren.
19. Jahrhunderts zu finden. Ob Naturkautschuk oder aus Dieser Paradigmenwechsel im Unternehmen konnte
Zellulose hergestellte Derivate („Zelluloid“) – der, heute nicht zuletzt deshalb erfolgreich gemeistert werden,
wieder durch intensives Marketing im Rahmen von Nach- weil wir als Pionier im Bereich der Kunststoffhalbzeuge
haltigkeits- und Umweltschutzdiskussionen geprägte, gemeinsam mit unseren Kunden viele der heutigen
„Biokunststoff“ war geboren. Später dann kamen weitere, Anwendungen entwickelt haben und immer noch wei-
auch heute noch gebräuchliche Massenkunststoffe terentwickeln. Unser Unternehmen hat sich an dieser
hinzu, welche petrochemisch – also auf Mineralölbasis – Stelle also nicht nur durch eine hohe Material- und
hergestellt wurden und werden. Verfahrenskompetenz, sondern auch durch eine hohe
So wurde PVC bis Mitte der 20er Jahre im Labor entwi- Detailkenntnis der jeweiligen Anwendungen sowie deren
ckelt und erblickte erst ca. 1930 das industrielle Licht. Auswirkungen und Zusammenhänge mit dem Material
Nach dieser Zeit wurden die ersten PVC-Rohre herge- an sich ausgezeichnet. Im hier vorliegenden Handbuch
stellt. Mitte der 40er Jahre war dann die Geburtsstunde haben wir diese Material- und Anwendungskompetenz
von Polyethylen und Polypropylen. In den 50er Jahren zusammengefasst und wenden uns damit an Sie als
wurden daraus die ersten Industriegüter gefertigt. Die unsere Kunden. Also an Personen, die sich – wie wir bei
fluorierten Kunststoffe wie Teflon (PTFE) wurden eben- SIMONA – dem Werkstoff Kunststoff und dessen vielsei-
falls in dem letztgenannten Zeitraum industriell eingesetzt. tigsten und flexiblen Anwendungsmöglichkeiten verbun-
Den größten Boom jedoch erlebten die Kunststoffe nach den fühlen und sich dadurch stets neu begeistern lassen
dem zweiten Weltkrieg als wichtiger Grundpfeiler der können. Es soll Ihnen Nachschlagewerk, Schulungsunter-
fortschreitenden Industrialisierung. Dabei sind weder die lage und Ideengeber zugleich sein.
Entwicklung spezieller Kunststoffe noch das Entdecken In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude mit
neuer Anwendungen für diese Werkstoffgruppe am Ende. diesem Handbuch und freuen uns über jegliche Rück-
Gerade für spezialisierte oder funktionalisierte Bauteile meldungen Ihrerseits.
werden stets neue Werkstoffgruppen entwickelt und zur
Serienreife gebracht. SIMONA AG
Technical Service Center/Anwendungstechnik
technisches.Handbuch 7
2 Chemische Grundlagen der Kunststoffe
Die Natur kennt zahlreiche Biopolymere, doch die denen sie zusammengesetzt sind. Zusätzlich unter-
heutzutage gebräuchlichen Kunststoffe sind Polymere, teilt man die verschiedenen Kunststoffe anhand ihrer
die synthetisch aus Erdöl, Erdgas und Kohle oder durch temperaturabhängigen mechanischen Eigenschaften in
Umwandlung von Naturprodukten (z.B. Zucker etc.) Thermoplaste, Elastomere und Duroplaste.
hergestellt werden. Sie sind als organische Verbin-
dungen definiert, die aus Makromolekülen mit einer
Molekülmasse von > 104 u (1 u = 1/12 der Masse von 2.1 Thermoplaste
12C) aufgebaut sind. Makromoleküle sind dabei aus
Thermoplaste bestehen aus langgestreckten Polymeren,
Einzelbausteinen, den Monomeren, zusammengesetzt.
die durch sogenannte „van der Waalssche Bindungen“
Für die Makromoleküle werden auch die Bezeichnungen
untereinander verbunden sind. Diese rein physikali-
Oligomere und Polymere verwendet, die sich durch ihre
schen Bindungen beruhen auf der Wechselwirkung von
Molmassen bzw. Kettenlängen unterscheiden:
elektrischen Dipolen, so wie sich entgegengesetzte
magnetische Pole anziehen und gleichartige Pole absto-
Oligomere = 1.000 – 10.000
ßen. Die Stärke, oder genauer ausgedrückt, die Energie
Polymere = > 10.000
der Bindung hängt in diesem Fall von der Polarität der
Makromoleküle ab. Allgemein bezeichnet man diese
Die obige Definition ist derart allgemein, dass sogar
Wechselwirkungen als Dispersionskräfte, die in London-,
viele natürliche Werkstoffe zu den Kunststoffen gehö-
Debye- und Keesomkräfte unterschieden werden und
ren. Hierzu zählen Holz, Leder, Baumwolle, Wolle, Hanf,
deren Bindungsenergie in der genannten Reihenfolge
Seide uvm., die teilweise seit Menschengedenken als
ansteigt. Die Bindungsenergie W ist dabei umgekehrt
Werkstoffe genutzt werden. Weiterhin muss zwischen
proportional der sechsten Potenz des Abstands r der
biologischen und synthetischen Polymeren unterschie-
Moleküle zueinander:
den werden. Die meisten Biopolymere basieren auf
Polysachariden, also Vielfachzuckern, wohingegen syn-
W ~ r-6.
thetische Kunststoffe zum großen Teil auf der Fähigkeit
des Kohlenstoffatoms, homöopolare Bindungen (Atom-
Die van der Waalsschen Kräfte sind eine Sonderklasse
bindungen) zu bilden, basieren. Diese Bindungsart kann
der Keesomkräfte, wobei die Wasserstoffbrückenbin-
hochgradig stabil sein, wie das Beispiel des Diamanten
dung wiederum zu den van der Waalskräften zählt.
zeigt, bei dem ausschließlich Kohlenstoffatome im Gitter
Qualitativ kann die Bindungsenergie durch die Schmelz-
angeordnet sind. Kunststoffe bestehen in der Regel aus
temperatur, die Zugfestigkeit oder den Elastizitätsmodul,
Kohlenstoff und Wasserstoff, welche jedoch auch durch
der jedoch im energieelastischen Bereich liegen muss,
andere Elemente wie Sauerstoff, Stickstoff oder Haloge-
charakterisiert werden. Aufgrund der rein physikalischen
ne ersetzt werden können.
Bindung können die einzelnen Makromoleküle bei ge-
nügender Wärmezufuhr aneinander abgeschert werden,
Wie oben bereits erwähnt, erfolgt die systematische
ohne dass der Verband zerstört wird. Der Thermoplast
Einteilung der Kunststoffe anhand der Monomere, aus
erweicht und schmilzt bei höheren Temperaturen. Dieser
8 technisches.Handbuch
2
technisches.Handbuch 9
Kunststoff Monomer Monomerformel
Polyethylen (PE) Ethylen
CH3 Cl F F F R O F
H2C CH2 H2C R = CnF
F F F F F F
Alkene mit der Summenformel CnH2n werden auch als (High Density) und PE-UHMW (Ultra High Molecular
Olefine bezeichnet und die daraus gebildeten Makro- Weight).
moleküle als Polyolefine. Aus Tabelle 1 gehören somit
lediglich Polyethylen und Polypropylen zu den Polyolefinen. PE-LD wird im Hochdruckverfahren bei 1.000 – 3.000 bar
Die in Tabelle 1 angegebenen Monomere reagieren und 150 – 300 °C hergestellt, wobei stark verzweigte
miteinander, indem die Doppelbindung aufgebrochen Ketten gebildet werden.
wird und somit die C-Atome, die zuvor durch eine Doppel-
bindung miteinander verbunden waren, jeweils eine freie PE-HD entsteht im Mitteldruckverfahren durch Lösemit-
Valenz (Bindung) bilden, an die sich weitere Monomere telpolymerisation in Xylol bei 150 – 180 °C und einem
anlagern können. Dieser Vorgang wird auch als Poly- Druck von etwa 35 bar als weitgehend lineare Ketten.
merisation und die entstandenen Makromoleküle als
Polymere bezeichnet. PE-UHMW wird im Niederdruckverfahren mit Ziegler-
katalysatoren bei 20 – 150 °C und 2 – 50 bar zu nahe-
Durch diesen Reaktionsmechanismus ist auch verständ- zu unverzweigten linearen Ketten hergestellt.
lich, dass sich aus den Monomeren in der Regel unver-
zweigte Makromoleküle bilden, die im Verband aufgrund
der unterschiedlichen physikalischen Wechselwirkungen 2.1.1 Amorphe Thermoplaste ohne Seitengruppen
geordnet oder ungeordnet vorliegen können. Liegt eine
Die amorphen Thermoplaste bestehen aus ungeordneten
Ordnung vor, d.h. sind die Moleküle parallel angeordnet,
Molekülketten als räumliche Struktur. Dieses Gefüge
so spricht man von einer Kristallinität. Sie liegt in vielen
beeinflusst entscheidend die Eigenschaften des Werk-
Fällen nicht im gesamten Werkstück vor, so dass es sich
stoffes. Er ist unter anderem transparent und zeigt beim
hier um einen teilkristallinen Werkstoff handelt. Die
thermischen Verarbeiten aufgrund fehlender (Nach-)
Höhe der Kristallinität wird durch den Einbau von Sei-
Kristallisation weniger Schrumpf und Schwindung als
tenketten oder -molekülen stark beeinflusst. In solchen
ein teilkristalliner Werkstoff. Ein amorpher Thermoplast
Fällen wird häufig ein teilkristalliner Thermoplast gebil-
(Abbildung 1) wird unterhalb der Glasübergangstempe-
det. Weiterhin kann die Kristallisation durch den Einbau
ratur TG eingesetzt. Hier verhält sich dieser Werkstoff
von Fremdmonomeren in der Kette (Copolymerisation)
linear-elastisch. Mit weiter abnehmender Temperatur
vollständig verhindert werden. Ein Beispiel hierfür ist
reagiert der Thermoplast sehr schlagempfindlich. Ober-
das aus Ethylen und Propylen aufgebaute Copolymerisat
halb von TG fängt der amorphe Thermoplast an stark zu
EPDM, das durch den Einbau von 30 % Propylen amorph
fließen und verliert seine Gebrauchseigenschaften.
(nicht kristallin) erstarrt.
technisches.Handbuch 11
linearelastisch visko-elastisch plastisch 2.1.2 Amorphe Thermoplaste mit Seitengruppen
E
σs Diese Werkstoffgruppe weist im Gegensatz zur vorheri-
Schmelze
gen schon bei sehr tiefen Temperaturen den Glaszustand
Für PVC-U liegt die Gebrauchstemperatur zwischen 0°C Typische Werkstoffe aus dem SIMONA® Halbzeug-
und 60°C. Die Verarbeitung, wie beispielsweise die programm sind die schlagzäheren Materialien:
Umformung, erfolgt in der Regel oberhalb von TG. Im Tem-
peraturbereich über dem Fließtemperaturbereich beginnt J SIMONA® PVC-MZ-COLOR
12 technisches.Handbuch
2
Materials ergeben sich aus dem zähen Verhalten durch J SIMONA® PP-H AlphaPlus® / SIMONA® PP-H natur
ne Anteile.
TG FT ZT
J höhere Festigkeit
σs = Streckspannung
εR = Reißdehnung Teilkristalline Werkstoffe dagegen haben eine
FT = Fließtemperaturbereich
ZT = Zersetzungstemperaturbereich J höhere Dehnfähigkeit
J höhere Schlagzähigkeit
technisches.Handbuch 13
Es ist anzumerken, dass die Eigenschaften und das unterscheidet bei den Duroplasten u.a. zwischen unge-
Verhalten von Kunststoffen wie Thermoplasten stark sättigten Polyesterharzen, Epoxidharzen, Phenacrylathar-
von den verwendeten Additiven beeinflusst werden. Die zen, Phenolharzen, Furanharzen und Melaminharzen.
obengenannten Eigenschaften sind insoweit als wertfrei
anzusehen, weil ihre Beurteilung anwendungs- und pro-
duktabhängig ist. Dazu sollen die nachfolgenden Kapitel 2.2.1 Ungesättigte Polyesterharze (UP)
weitere Informationen vermitteln.
Ungesättigte Polyesterharze werden in der Regel durch
eine Schmelzkondensation aus ungesättigten bi- oder
polyfunktionellen Carbonsäuren oder deren Anhydriden,
2.2 Duroplaste
gesättigten Dicarbonsäuren und Dialkoholen gebildet.
Duroplaste entstehen aus niedermolekularen Reaktions- Die Doppelbindungen der ungesättigten Carbonsäuren
harzen, die bei der Zugabe von chemischen Verbindun- verbleiben in den kondensierten Harzen als reaktive
gen (Härtern), Zufuhr von Wärme, Druck oder Licht- Stellen für die spätere Vernetzung. Die gesättigten Säure-
energie irreversibel miteinander chemisch zu einem verbindungen regulieren die Kettenlänge, die Reaktivität
dreidimensionalen Netzwerk reagieren (Abbildung 5). und die physikalischen wie auch chemischen Eigenschaf-
ten des Duroplastes. Der Name Polyester bezieht sich
auf die Estergruppen in den Makromolekülen.
Diese Reaktion wird auch als Vernetzungsreaktion be- Die Namensgebung der einzelnen Polyester schließt häu-
zeichnet. Als Ausgangsstoff verwendet man in der Regel fig den Namen des Glykols und/oder der Carbonsäure
lineare, niedermolekulare Reaktionsharze, die zusätzli- mit ein. So existieren o-Phthalsäure-Polyester, Bisphenol-
che reaktive Gruppen oder Doppelbindungen enthalten A-Polyester oder auch Terephthalsäure-Polyester, um nur
und somit weiter reagieren können (vernetzen). einige Beispiele zu nennen.
Aufgrund der chemischen Bindungen in vernetzten Die Polyester liegen meist zähflüssig oder fest vor und
Duroplasten können sie im Gegensatz zu den thermo- werden daher für die weitere Verarbeitung in Lösemitteln
plastischen Werkstoffen nicht geschmolzen und auch (z.B. Styrol) gelöst, die ebenfalls eine Doppelbindung
nicht miteinander verschweißt werden. Sie werden daher enthalten. Die linearen Polyesterketten werden dann
in unterschiedlichsten Industriezweigen eingesetzt. Man über Monomere, die gleichzeitig als Lösemittel für diese
14 technisches.Handbuch
OH
O
O OH
HO CH2
OH
H O
N
H3N
NH3
O
HO
O
O
O
2
OH
Harze dienen, miteinander vernetzt. Bei der Wahl der R
R R' +
+ R
Monomere muss darauf geachtet werden, dass der H
O OH
Polyester darin gut löslich ist und die Geschwindigkeit
Epoxid
der Selbstpolymerisation des reaktiven Lösemittels (Re-
aktivverdünner) geringer ist als die Copolymerisation mit Abbildung 6: Additionsreaktion eines Epoxids
dem UP-Harz. Das technologisch wichtigste Lösemittel ist
Styrol. Die Härtung eines Epoxidharzes erfolgt durch eine Poly-
additionsreaktion, wobei die Polymerisation der Epoxid-
Es können aber auch andere Reaktivverdünner einge- gruppen von untergeordneter Bedeutung ist. Als Härter
setzt werden, wie beispielsweise Methylmethacrylat, werden Carbonsäureanhydride und Polyamine verwen-
Diallylphthalat oder Triallylcyanurat, die jedoch dann det. Die Härter werden dabei in der Regel in das fertige
andere Eigenschaften der Polyestermischung und des Produkt eingebaut, so dass die Dosierung des Härters im
ausgehärteten Polyesters bewirken. Die Polymerisation äquimolaren Verhältnis bezüglich der reaktiven Gruppen
von ungesättigten Polyestern wird durch Radikale ausge- von Harz und Härter vorgenommen wird [2].
löst, die von organischen Peroxiden geliefert werden. Die
Peroxide zerfallen in der Wärme oder durch Beschleuni- Da Epoxidharze häufig hochviskos sind, werden zur
ger katalysiert auch bei Raumtemperatur zu Radikalen, besseren Verarbeitung reaktive Verdünner zugesetzt,
die die vorhandenen Doppelbindungen des Reaktivver- die selbst Epoxidgruppen besitzen und somit an der Ver-
dünners und des Polyesters öffnen. In der Industrie wird netzungsreaktion teilnehmen können. Somit werden die
als Härter häufig das Methylethylketonperoxid (MEKP) Eigenschaften eines Epoxidharzes ganz entscheidend
verwendet. von dem Härter und dem verwendeten Reaktivverdünner
mitbestimmt.
Die bei der Reaktion freiwerdende Energie in Form von
Wärme unterstützt die Radikalbildung. Die dabei entste-
hende Temperatur kann bis über 200 °C betragen und 2.2.3 Phenacrylatharze (PHA) oder Vinylester-
in extremen Fällen sogar zur Zerstörung des Polyesters harze (VE)
führen, wenn die Reaktionswärme nicht genügend
Vinylesterharze werden aus einem Epoxidharz und einer
schnell abgeführt wird.
ungesättigten organischen Säure gebildet. Sie werden
heute auch als Phenacrylatharze bezeichnet.
technisches.Handbuch 15
O
O
OH CH3
O
O
O OH
HO CH2 O
OH
H2C CH3
O
CH3
H O
N
H3N
NH3
CH3
O O
HO OH
O
O CH3 Cl Cl
O
Doppelbindungen infolge von Oxidation oder Haloge-
nierung von untergeordneter Bedeutung ist. Daher sind OH OH
O
R Vinylesterharze
ausgehärtete R
widerstandsfähiger gegen
+ H R' R +
H H
O Angriff als ungesättigte Polyesterharze
einen chemischen OH
oder auch Epoxidharze. n
Epoxid
Als Monomer für die Vernetzung wird in der Regel, analog 2.3 Elastomere
zu den ungesättigten Polyesterharzen, Styrol verwendet,
Elastomere sind im Gegensatz zu Duroplasten nur
in dem das Phenacrylatharz gelöst ist. Es können aber
schwach vernetzt. Sie sind nicht schmelzbar, aber schon
auch andere Monomere mit einer Doppelbindung wie
bei tiefen Temperaturen dehnbar und elastisch verform-
bei den UP-Harzen verwendet werden. Die Härtung der
bar. Elastomere wie Natur- und Silikonkautschuk sowie
VE-Harze erfolgt analog der der UP-Harze durch Wärme,
synthetische Elastomere wie z.B. Polyisobutylen finden
Peroxide oder Strahlung, die zur Bildung freier Radikale
unter anderem Anwendung als Reifen oder Dichtungen.
führt. Als Peroxid wird häufig Methylethylketonperoxid
(MEKP) und als Beschleuniger Cobaltoctoat und Amine
Im folgenden Verlauf werden nur noch Thermoplaste
wie Dimethylanilin eingesetzt.
beschrieben.
16 technisches.Handbuch
3 Allgemeine Beschreibung der SIMONA® Thermoplaste
3.1 Polyethylen (PE) Diese Verzweigungen spiegeln den Grad der Kristallinität
wieder, d.h. je geringer deren Anzahl, desto höher die
Polyethylen weist von allen Kunststoffen die einfachste
Kristallinität. Gleichzeitig bedeutet jedoch eine steigen- 3
Molekülstruktur auf, und zwar durch die Aneinanderrei-
de Kristallinität eine höhere Dichte und einen höheren
hung von CH2-Segmenten.
Kristallitschmelzbereich.
H2 H2 H2
H2 H2 H H H H H H H H
C C CC C
C C C C C Kristallinität
C C C
DichteC C C C C
Schmelzbereich
H2 H2 H2 H2 H2 % g/cm3 °C
40 – 50 H H H – 0,94
H H H
130 –H145 H
H2 H2 H2 H2 H2 H H
PE-LD
H H H H H H
0,92
C CHC C C C
C 3 CH
C 3 CH
C 3 CH
C 3 CH
PE-HD 60 – 80 0,95 – 0,97 130 – 145
C 3 C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2 Cl Cl
Tabelle 2: Kenndaten von PE F F
H H H H H H H H H H H
H H H H H
H2 H2 FF F F F F F
H3 CCH3 CCH3 CH CH CH CH CH CH CH CH F F F F F F F
C C C Zur Beurteilung von Verhaltensweisen verschiedener
Cl Cl
H2 H2 H2 HC CH C HC CH
3
C HC CH
3
C HC CH
3
C
3 F F
Polyethylene wird die Kettenlänge eines Moleküls mit
H H H H H H H H H H H H F H H H Cl F
F F
H H H CH3 H H H CH3 F F F dem daraus resultierenden mittleren Molekulargewicht
C C C C F F F F F C CF F F
F
C C C C
C C8: Verschiedene
C C C schematische M (Summe der Atomgewichte aller in einem Molekül
ClC C C
Abbildung Darstellungsweisen
H CH3 H CH3 für PolyethylenCl F F H n H H n F F m
F 3H H H H CH F enthaltenen Atome) herangezogen.
H CH 3H H H H Cl F
H FH H F CH F3 C C F F Es ist anzumerken, dass es verschiedene Methoden gibt,
F F F H H H FH H CH F 3H H C C C C
C C C C AbhängigFvomHHerstellungsverfahren kann Polyethylen das Molekulargewicht zu bestimmen (z.B. Lichtstreuung,
C C C nC C C C C H H n FF FF m F F
H CH3 H H hoher und niedriger Dichte hergestellt werden. Beide Osmose, Viskosität, rechnerisch H nach
H Margolies).
F F Diese
H CH HH CH H H ClH F H CH
3 3 3
unterscheiden sich in der Anzahl der Verzweigungen F
verschiedenen F
Verfahren C jedoch
können C Cunterschied-
C
H CH3 H H C C C C F F
(Abbildung 9 und Abbildung F 10). F liche Molmassen bei gleichemHWerkstoff H n Fergeben.F m
C C C C H H n FFF m F H H F F
H H H CH3 F F F F O CH3
F F C C C C M möglich M technisch
C C C C F F O
O H H n F F m
gebräuchlich
F F PE-LD Cl 5.000
Cl – 50.000
Cl Cl Cl20.000 – 50.000
F F O F H HF FF m F CH3 n O
F O CH3 PE-HD 6.000 – 4.000.000 ca. 100.000
F F CnF2n+1 Cl C
O
C C
C F F O
PE-HMW 500.000 – 1.000.000 500.000
Abbildung 9: PE Hhoher
H Dichte
n F F m
F m CH3 Cl Cl Cl Cl Cl PE-UHMW > 1.000.000 ca. 4.500.000 –
n O 10.500.000
O O
H in g/mol
Tabelle 3: Molekulargewicht
N
MN < 10.000 = wachsartig N
Cl Cl Cl Cl Cl H H
n Abkürzungserklärung: O
O O O
H O O
OH N LD = Low Density
H
N O N N
H HDH N = High Density N
O n O H = High Molecular Weight H
O O HO O
HMW O
H O O O
OH
Abbildung
N 10: PE niedriger Dichte n H UHMW = Ultra High Molecular Weight
N O N N
H HN N H
n O H H N
O O
O n O O
H N
N H H H
N N N H
H H N N
O O O
CH3 O
O O
technisches.Handbuch
O O N O 17
H H N
H N3 H H H
N CH N N
O n
O O
CH3 O O
Ein steigendes Molekulargewicht verursacht eine höhere 3.2 Polypropylen Homopolymer (PP-H)
Viskosität der Schmelze. In Abbildung 11 sind die Eigen-
Im Gegensatz zum symmetrischen Molekülaufbau des
schaftsveränderungen in Abhängigkeit vom Molekularge-
PE befindet sich im monomeren Baustein des Polypro-
wicht schematisch dargestellt.
pylens eine CH3-Gruppe (Methylen-Seitengruppe). Diese
kann im Zuge der Polymerisation räumlich verschieden
Elektrische Eigenschaften
angeordnet sein. H2 H2 H2 H2 H2
C C C C C
C C C C C
Chemische Widerstandsfähigkeit H2 H2 H2 H2 H2
H H H H H CH3 H H
F
SIMONA F
Kunststoffhalbzeuge aus PP werden vielfach
®
C C C C C C C C F F
im chemischen Apparatebau,H H F im
hauptsächlich F Innen-
H CH3 H CH3 H H H CH3 C C 0 °CCundC100 °C
einsatz,F bei Temperaturen
F zwischen
F F
Abbildung 15: Schematische Darstellung eines ataktischen PP eingesetzt. Dabei wird geradeHim oberen
H n FTemperaturbe-
F m
reich eine höhere Steifigkeit gewünscht, welche durch
F F F F O CH3
Für die technischen Anwendungen ist das isotaktische O den Einsatz eines Homopolymers erbracht werden kann.
C C C C O
PP als vorrangig anzusehen, da mit steigender Isotaktizi-
O F F F m CH3 Cl Cl Cl Cl Cl
n O
tät eine Zunahme von Kristallinitätsgrad, Schmelzpunkt,
CnF2n+1Steifigkeit
Zugfestigkeit, l und Härte erfolgt. SIMONA® 3.3 Polypropylen Copolymer (PP-C)
PP-H natur und PP-H AlphaPlus Halbzeuge bestehen
®
technisches.Handbuch 19
H2 H2 H2 H H H H H H H H
C C C
C C C C C C C C C C C
2 H2 H2 H2
H H H H H H H H
Schmelzindexbereiches oder Füllstoffanteiles) kann PP-H 2. Suspensions-Polymerisat (S-PVC)
mit PP-B oder PP-R kombiniert bzw. verschweißt werden. Wird das Monomer in einem nicht mischbaren Medium
Cl Cl
F F (oft Wasser) dispergiert und ein monomerlöslicher
F F FDarüber
F hinaus gibt es weitere
F Konstitutionsmöglichkei-
F Initiator zugesetzt, spricht man von Suspensions-
F F F F F F
ten eines Copolymers, wie z.B. alternierende Copolymere polymerisationen. Die Polimerisation findet in den
oder Pfropfcopolymere. Neben PP-C sind Acrylnitril-Buta- dispergierten Monomertröpfchen statt. Das Endpro-
H H Cl F
dien-Styrol (ABS), Styrol-Acrylnitril (SAN) oder Butylkaut- dukt ist transparent, universell einsetzbar und besitzt
C C C C
schuk technisch weit verbreitete Copolymere. gute elektrische Isolatoreigenschaften.
n H H n F F m
3. Emulsions-Polymerisat (E-PVC)
F 3.4 Polyvinylchlorid
F (PVC-U) Im Gegensatz zur Suspensionspolymerisation werden
F F H H F F bei der Emulsionspolymerisation ein wasserlöslicher
PVC-U ist ein Homopolymer mit wenig verzweigten Makro-
F F C C C C Initiator und Emulgatoren zugesetzt. Daher kann es
F molekülketten
F mit der Molmasse M zwischen 40.000
H H n F F m zu einer Trübung aufgrund des bei der Polymerisation
und 150.000.
notwendigen Emulgatorgehaltes kommen. Bei
PVC wird, ebenso wie die Polyolefine, als Homo- und Co-
Die seitlichen Chloratome stehen räumlich ungeordnet
polymerisat hergestellt. Die gebräuchlichen Copolymeri-
O (ataktisch) an den O
H Molekülketten. Die großen Chlorato- satkomponenten sind Vinylacetat und Acrylnitril. Copoly-
N
me verhindern eine Parallel-Lagerung
N N der Hauptketten.
H H merisate sind zäher, flexibler und schlagunempfindlicher
n Oist somit nicht möglich. Dies erklärt
Eine Kristallisation
als Homopolymerisate.
die amorphe Molekülstruktur.
O O
H
N Da reines PVC kein ausgewogenes Eigenschaftsbild
N N
H Je nach Herstellungsverfahren des PVCHunterscheidet
O besitzt und bei der Weiterverarbeitung durch Extrudie-
man zwischen drei Polymerisationstypen:
ren, Kalandrieren oder Spritzgießen zur thermischen
H Zersetzung neigt, muss es durch Zugabe von Verarbei-
N
1. Masse-Polymerisat (M-PVC)
O tungshilfsmitteln und Modifiern aufbereitet werden.
Bei einer Substanz- oder Massepolymerisation wird
O Diese Additive sind z.B. UV-und Thermostabilisatoren,
N
das Vinylchlorid mit einem Initiator versehen und
H H
N H Weichmacher, Gleitmittel, Pigmente, Füllstoffe, Schlag-
N
ohne ein Lösungsmittel polymerisiert. Aufgrund des
O zähmodifier und eventuell auch Antistatika.
O geringen Gehaltes an Polymerisationshilfsmitteln wird
O
N Reinheit erreicht. Daher kann ein sol-
eine sehr hohe
H H SIMONA verarbeitet ausschließlich Hart-PVC (PVC-U =
N ches PVC-U zur Herstellung von optisch hochwertigen
PVC unplasticized). Von Weich-PVC (PVC-P =
O Endprodukten verwendet werden.
20 technisches.Handbuch
PVC-plasticized) wird dann gesprochen, wenn das Mate- oberhalb von 60 °C und ist insbesondere gegenüber
rial (Mischung von PVC mit anderen Polymerisaten) mehr Chlorangriff resistenter. Technisch hat es sich in vielen
als 20 % Weichmacher enthält. Weich-PVC weist bei Bereichen der chemischen Industrie und im Bereich 3
Umgebungstemperatur ein elastomerähnliches Verhalten Heißwasserrohre etabliert.
auf und ist damit zäh und sehr flexibel. Die wichtigsten
Anwendungsgebiete sind Kabelummantelungen und H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H H
C C C C C
Folien. 3.6 C C C C (PVDF)
Polyvinylidenfluorid C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2
H Thermo-
PVDF gehört zu der Gruppe der teilfluorierten H H H H H H
In einschlägigen Normen und Richtlinien werden neben
CH3 CH3 CH3 CH3 CH3 plaste.
PVC-U noch weitere weichmacherfreie PVC-Typen, wie Cl Cl
F F
z.B. PVC-HI, genannt. H H H H H H H H
F F F F F F F
C C C C C C C C F F F F F F F
Bei den PVC-HI (High Impact) Sorten handelt es sich um
H CH3 H CH3 H CH3 H CH3
erhöht- bis hochschlagzähe Typen. Sie entstehen durch F H H H Cl F
Abmischen von PVC-U mitHweichelastischen
H H CH3 H H H CH3
Stoffen C C C C C C
(Schlagzähmodifiern) aufCBasis
C vonCPAE, C PE-C,
C EVAC,
C C VAC C F H n H H n F F m
CHum
etc. Es handelt sich dabeiHsomit 3 H einen
H zweiphasigen
H CH3 H H
Abbildung 17: Schematische Darstellung von PVDF
Werkstoff bestehend aus einem PVC-Homopolymer und
H H H H H CH3 H H
einem Schlagzähmodifier. Die Art und die Menge des F F
C C C C C C C C F
Wie PVC kann das teilkristalline PVDFFsowohl durchHH F F
eingesetzten Schlagzähmodifiers hängen von den zu er-
H CH3 H CH3 H H H CH3 Emulsions- als auch durch Suspensionspolymerisation C C C C
reichenden Eigenschaften ab. In der Regel werden bis zu F F
F
hergestellt werden. Die Fachliteratur F
bezeichnet dieH H
12 % Modifier eingesetzt. SIMONA® bietet als schlagzäh n F F m
Emulsionspolymerisation als wichtiges Polymerisations-
modifiziertes PVC SIMONA PVC-MZ-COLOR in verschie-
®
O CH
F F F F verfahren,3das in der organischen Chemie auch als eines
denen Farben an.
C C C C O
der O
bedeutendsten großtechnischen Verfahren gilt.
O F F F m CH3 Cl Cl Cl Cl Cl
n O
Durch sehr hohe Modifizierungsanteile muss man in
CnF2n+1 l Fluorkunststoffe werden aufgrund ihrer hohen chemi-
der Regel einige Einschränkungen hinsichtlich der
schen Widerstandsfähigkeit und thermischen Stabilität
chemischen Widerstandsfähigkeit und der thermischen
im Anlagenbau und als Druckrohrleitungen insbesondere
Beständigkeit machen. O O
in der chemischen Industrie eingesetzt. IhreHEigenschaf-
N
ten sind vom jeweiligenN Fluorgehalt abhängig. Je größer N
H H
O
n höher werden z.B. die Dauerge-
der Fluoranteil, desto
3.5 Nachchloriertes Polyvinylchlorid (CPVC) O
OH O Flammwidrigkeit und die chemi-
brauchstemperatur, die O
H
PVC-U kann mit speziellen Verfahren nachchloriert O sche Widerstandsfähigkeit. N
N N
mit einem O
werden, so dass ein PVC HO Chloranteil größer H H
O
O als PVC-U,
60 % entsteht. Es ist schwerer verarbeitbar
n
SIMONA® PVDF weist einen Fluorgehalt von etwa
besitzt dagegen aber eine erhöhte thermische Stabilität 57 % auf, der die hohe chemische Resistenz bis zu
H
N
O
O
N
H H
N H
O N
CH3 O
O
technisches.Handbuch
O O
21 O
N
H H
CH3 N
n
Temperaturen von 120 °C gewährleistet. Die chemische versehen, welches eine mechanische Verankerung des
Widerstandsfähigkeit ist jedoch sehr stark vom jeweili- Klebstoffes an der Kunststoffplatte gewährleistet. Solche
gen Medium abhängig. Schwächen zeigt PVDF lediglich textilen Gewebe sind meist aus Polyester, Polypropylen,
im alkalischen Bereich, wenn der pH-Wert oberhalb von Aramid oder Glasfaser gefertigt.
10 liegt.
Die chemische Widerstandsfähigkeit von ECTFE liegt in
der Regel zwischen der von PVDF und PTFE. Entgegen
3.7 Ethylenchlortrifluorethylen (ECTFE) dem PVDF weist das ECTFE aber eine gute chemische
Widerstandsfähigkeit im alkalischen Bereich oberhalb
ECTFE gehört, genau wie das erwähnte PVDF, zu den teil-
des pH-Wertes von 10 auf.
fluorierten Thermoplasten. Bei diesem Werkstoff handelt
H2 H H H H H H H H
H sichH umHeinHCopolymer
H H aus H Ethylen
H und Chlortrifluor-
C es
C C C C C C C C C Weiterhin zeichnet sich ECTFE durch einen niedrigen Per-
C C Das C Comonomer-Verhältnis
C C C C C beträgt annähernd
H2 ethylen.
H H H H H H H H meationskoeffizienten aus, der sich gerade im Verbund-
H H H H H H H H
1:1.
bau vorteilhaft auswirkt. Genauso wie PVDF ist ECTFE
Cl Cl für den UV-A und UV-B-Bereich transparent, so dass kein
F Cl F Cl
F F
chemischer Abbau durch Licht in diesem Frequenzbe-
F F F
F F F FF F reich stattfindet.
F F F
22 H
H
technisches.Handbuch
N
O N
O
O
N O
H N
PETG
H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H H H
C C C C C
C C C C C C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2
H H H H H H H H
H2 H H H H H H H H
C Cl Cl
C C C C C C C C C F F
H H2
HF H F H FH HF HF H H F F
C F F F F F F F
CH3
F H Cl Cl
F F H H Cl F
CH3 C C
F F F F C C C C
C F F H n F F
H H n F F m
H
H H Cl F
H
C FC C CF Vorteil dieses Werkstoffes ist die hohe Reinheit, so dass
C F F H H F F
H H n F F m in Grenzfällen hoher Reinheitsanforderungen, z.B. in der
CH3 C C C C
F F
F F Halbleitertechnologie, PFA als eine der wenigen Alternati- 3
H H n F F m
ven zum Einsatz kommt.
F
O F CH3 H H F F
F F O C C C C Es ist zu beachten, dass unterschiedliche PFA-Typen
FO H H H H H2
H H n F F Cl Cl Cl Cl Cl H sich
H in H ihrer
H Einsatzfähigkeit,
H H H Hwie
2 2 2 2 erhältlich sind, welche
CH3 n O m C C C C C
C C C C C
z.B. der maximalenCEinsatztemperatur,
C C C Cunterscheiden C C C
H2 H2 H2 H2 H2
Abbildung 19: Schematische Darstellung von ETFE H H HwirdHhierbei
können. Die Differenzierung H nach
H der H Länge
H
der Seitenkette getroffen (Variable n; vgl. Abbildung 20).
Cl Cl Cl CH Cl 3 CHCl 3 CH3 CH3 CH3
O O Üblich sind Kettenlängen mitCln = 1 oder Cl n = 3. Ist n = 1
H F F
H Perfluoralkoxy
3.9 H NH H HCopolymer N
H H (PFA) H spricht man von MFA, wohingegen man bei n = 3 von
N
H F F F F F
C Cn C C C C C O C F H F F F spricht.
PFA F Chemisch gesehenFsind F beide PFA-Modifi-
F
F
Der bekannteste vollfluorierte Thermoplast ist PTFE (Po-
H CHO kationen. Mit SIMONA® PFA-M und SIMONA® PFA bietet
3H CH H CH3 H technischenCH3 O
OH O 3 das in vielen
lytetrafluorethylen),
H
Bereichen
F H
H SIMONA sowohl MFA als auchHPFAHan. Cl F
N aufgrund
H H seiner HN CH H
chemischenH H NCH und der hohen
Resistenz
N3 3 C C N
H C C C C
H
Temperatureinsatzgrenze bis etwa 260 °C verwendet H
OC C C C C C C C O F H n In Tabelle 4 sind die mechanischen
wird. H H n F F m im
Eigenschaften
H DerCH3Nachteil
H H dieses H CH Materials
3 H Hbesteht darin, dass
O Vergleich zu anderen Werkstoffen aufgeführt. Die hohe
H
es unter Normalbedingungen nicht geschweißt H werden
NH H H H H CH H H N Steifigkeit zeichnet PVDF als idealen Konstruktionswerk-
kann. Aus diesem Grund N O 3 ein PTFE-Abkömmling
wurde
F F
CO C Cder die
entwickelt, C hoheCH chemische
C C CResistenz O und Ein-
stoff
F für hohe Ftechnische Ansprüche
H H
aus. Zudem besitzt
F F
H CH H CH H H NH CH dieser Werkstoff eine hohe Kerbschlagzähigkeit, die
3H 3
satztemperatur mit einer guten H Schweißeignung
3 vereint. F F C C C C
N H F bis zu Temperaturen
auch F von -30 °C noch relativ hoch
O H N
N O H H n F F m
O O ausfällt, so dass die Gebrauchseigenschaften bei niedri-
O O
F FO F F N O CH3 gen Temperaturen erhalten bleiben.
N H H
n H C CH N C C O
O
N Cl Einheit
Cl ClPE-HDCl PVC- Cl PVDF PFA
O O F F
O F m CH 3 n O CAW
O
N CnF2n+1Ol Dichte g/cm3 0,95 1,44 1,78 2,17
H H Fluorgehalt % 0 0 57 76
N
Abbildung 20: Schematische Darstellung von PFA Streckspannung MPa 23 58 56 14
O O O
Dehnung bei %
H 9 4 10 50
24 technisches.Handbuch
C C C C C C C C F H n H
H CH3 H H H CH3 H H
H H H H H CH3 H H
F F
C C C C C C C C F F H
H CH3 H CH3 H H H CH3 C
F F
F F
H
F F F F O CH3
C C C C O
O
H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H HO HF Cl Cl Cl C
F F m CH3 n O
C
H2 C C
H2 C C
H2 C C
H2 C C
H2 C H
C H
C H
C H
C H
C H
C HC FC
C H
C H2 C H2 C H2 C H2 C H2 n 2n+1 l
C C C C C C C C C C C C C
H2 H2 H2 H2 H2 H H H H H H H H
H H H H H H H H
Cl Cl O
F F H
Cl Cl N
H 3.12 Polyamide (PA) Viele Polyamide zeichnen sich durch eine hohe N Festig-
F F F F F F F H
H F F F F F F F n O
C F F keit, Steifigkeit und Zähigkeit aus, besitzen eine gute
F Polylamide,
F F auch
F bekannt
F als Nylon, F
basieren auf F
Amid- O
C 3
CH F F F F F F F O
F H gruppen, welche untereinander sogenannte
Chemikalienbeständigkeit,
OH einen hohen Verschleiß- 3
H
CH3 H H Wasser-
Cl F O N
CH3 F
C H
C widerstand und gute Gleiteigenschaften sowie N Verarbeit-
stoffbrücken ausbilden können, die C H H anderem
unterC Cl C
C Ffür O H
CH3
C HO barkeit, sind jedoch vor allem bei hohen Temperaturen O
C
F C
H n C C C C
Eigenschaften wie z.B. Festigkeit vonHgroßer
H n Bedeutung
F F m O
C
H F H n n
hydrolyseempfindlich.
H H nhinter
sind. Die nachfolgende Zahlenkombination F denF m
H H
H N
Polyamiden gibt die Größe bzw. Kettenlänge der Grund- O
H F F
C bausteine F des Diamins
also F H Dicarbonsäure
und der H F F bzw.
F F 3.13 Polymethylmethacrylat (PMMA) N
C 3
CH F F H H F Amid)
F an. H H
F die desFLactamsC(cyclisches
bei nur einer Zahl C C C N
CH3 F F O
F F C
H C C C
HKlasse O
Technisch bedeutsame
F F
Vertreter dieser n F teilkris-
F m PMMACH3ist in der Regel ataktisch und amorph. Es ist glas-
O
talliner thermoplastischer Polymere H sind
H z.B.
n FPA 6.6
F mund O O
klar und transmittiert Licht sogar besser als Mineralglas.
O CH3 N
H H
O CH3 OPA 6.10 oder PA 6 und PA 12. Aromatische Polyamide PMMACH3kann eingefärbt werden und ist witterungsbestän-
N
n
O
Owerden auch als Polyaramide
Cl Cl bezeichnet.
Cl Cl Cl dig.
CH3 O n O O
CH3 Cl Cl Cl Cl Cl
n O
a) CH3
O O
O O
H
O N O
N H N CH3
H N H n
n N O N
H H
nO O O Abbildung 24: Schematische Darstellung von PMMA
OH H
O N O
OH N H N
H N H
N O N Im Handel wird PMMA meist unter dem Namen Acrylglas
H H
n O vertrieben. Hauptanwendungsgebiete sind Scheiben
n b) H oder Scheinwerferabdeckungen, Total- und Teilprothesen
N
O H in der Zahnmedizin oder optische Bauteile wie Brillen-
N
O O
N oder Uhrgläser.
H H O
N N H
O H H N
N O H
O O N
O O O
O N 3.14 Polycarbonat (PC)
H H O
O N N
n H H Polycarbonate sind formal Polyester der Kohlensäure. Sie
n N
O
sind in der Regel amorph und deshalb auch transparent.
O
Sie können jedoch eingefärbt werden und zeichnen sich
Abbildung 23: Durch Wasserstoffbrücken vernetzte Polyamide;
a) Polyamid 4.6; b) Poly(p-phenylenterephthalamid) (PPTA) durch hohe Festigkeit, Schlagzähigkeit und Härte aus.
Polycarbonate finden unter anderem Verwendung als
Material für Datenträger wie CDs, DVDs oder BluRays
oder als Verglasung für Visiere und Gewächshäuser.
technisches.Handbuch 25
O F F F m CH3 n O
CnF2n+1 l
O O
H
N
N N
H H
n O
O
OH O O
H
O N
O N N
HO H H
O
O n
H
N
O
O
N
H H
N H
O N
CH3 O
O
O O O
N
H H
CH3 N
n
Abbildung 25: Schematische Darstellung von PC aus Phosgen O
und Bisphenol A
CH3
PolycarbonateOfinden
O sich im SIMONA Produktpro-
®
26 technisches.Handbuch
4 Werkstoffkennwerte
Alle SIMONA® Produkte zeichnen sich durch ihr hohes andere Fertigungsverfahren hergestellt wurden, ist nur
Qualitätsniveau aus. Die Konstanz dieses hohen Niveaus bedingt gegeben.
wird durch ständige Eigen- und Fremdüberwachung 3
unserer Produkte sichergestellt. Die in den technischen Datenblättern aufgeführten
Kennwerte sollen es dem Anwender ermöglichen, für ei-
J Überwachung von Zeitstandprüfungen an Rohren nen bestimmten Anwendungsfall den Werkstoff mit dem
durch das Süddeutsche Kunststoffzentrum (SKZ), günstigsten Eigenschaftsprofil zu ermitteln. Zur Dimensi-
4
Würzburg und den TÜV Süd, München. onierung von Bauteilen können jedoch nur einige dieser
J Überwachung von Untersuchungen bei Medienein- Werte herangezogen werden. Im Fall der statischen
wirkung auf thermoplastische Werkstoffe durch das Bemessung von Rohrleitungen und Behältern sind neben
Institut für Kunststoffe des TÜV Süd, München. den hier aufgeführten Daten noch die Langzeitkennwerte
J Überwachung von extrudierten und gepressten Form- zu berücksichtigen. Diese findet der Leser in den ein-
stoffen aus Thermoplasten für den prüfzeichenpflich- schlägigen Normen und der DVS 2205 sowie DVS 2210.
tigen Behälterbau durch das Institut für Kunststoffe
des TÜV Süd, München. Die Daten sind Richtwerte des jeweiligen Werkstoffes
und können in Abhängigkeit von Verarbeitungsverfahren
Diese Maßnahmen sind für den prüfzeichen- bzw. ab- und Probekörperherstellung variieren. Im Regelfall han-
nahmepflichtigen Behälterbau von besonderer Bedeu- delt es sich um Durchschnittswerte von Messungen an
tung. Seit dem 1. Juni 2002 gilt zudem die europäische extrudierten Platten in 4 mm Dicke. Bei ausschließlich
Druckgeräterichtlinie gemäß der Richtlinie EG 97/23. im Pressverfahren hergestellten Platten handelt es sich
Zur Abnahme eines Druckgeräts müssen abhängig von im Regelfall um Messungen an Platten in 20 mm Dicke.
der Gefahrenklasse für Halbzeuge Abnahmeprüfzeug- Abweichungen sind möglich, wenn Platten in diesen
nisse 3.1 vorgelegt werden. Die Kenndaten der Halb- Dicken nicht verfügbar sind. Bei kaschierten Platten
zeuge müssen an der Charge geprüft und entsprechend beziehen sich die technischen Kennwerte auf die unka-
bescheinigt werden. schierten Basisplatten. Die Angaben lassen sich nicht
ohne Weiteres auf andere Produkttypen (wie z.B. Rohre,
Im Rahmen der laufenden Kontrollen durch die werks- Vollstäbe) des selben Werkstoffes oder die weiterverar-
eigene Qualitätssicherung gemäß DIN EN ISO 9001 beiteten Produkte übertragen. Die Eignung von Mate-
werden alle wichtigen mechanischen, thermischen und rialien für einen konkreten Verwendungszweck ist vom
optischen Eigenschaften überprüft und dokumentiert. Verarbeiter bzw. Anwender zu prüfen. Die technischen
Die Dokumentation der gemessenen Daten dienen der Kennwerte sind lediglich eine Planungshilfe. Insbeson-
statistischen Auswertung und Selbstkontrolle. Die in den dere stellen sie keine zugesicherten Eigenschaften dar.
technischen Datenblättern angegebenen Kenndaten Weitere Informationen erhalten Sie in unserem Technical
stellen Durchschnittswerte aus diesen langjährigen Un- Service Center unter [email protected].
tersuchungen dar. Eine Übertragbarkeit dieser Kennwer-
te auf andere Wanddicken oder auf Halbzeuge, die durch
technisches.Handbuch 27
4.1 PE
Werkstoffkennwerte
DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,96 0,96 0,96 0,95
1183
DIN EN ISO
Streckspannung MPa 23 23 23 23
527
DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 100 1 100 1 100 1 100
527
DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch
179
DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 25 21 16 16
179
DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa 40 40 43 43
2039-1
DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 64 64 65 65
868
Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient
Temperatur-
°C –50 bis +80 –50 bis +80 –50 bis +80 –50 bis +80
einsatzbereich
Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Laugen und Lösungsmitteln
fähigkeit
Physiologisch
BfR ✔ ✔ ✔ ✔
unbedenklich
Lebensmittel- EU ✔ ✔ ✔ ✔
konformität FDA — ✔ — ✔
Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis
28 technisches.Handbuch
Werkstoffkennwerte
DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,99 0,95 0,93
1183
DIN EN ISO
Streckspannung MPa
527
26 28 19 4
Dehnung bei Streck- DIN EN ISO
% 7 8 11
spannung 527
DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 300 1 100 700
527
DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch
179
DIN EN ISO
6 — —
179
Kerbschlagzähigkeit kJ/m 2
DIN EN ISO
— 18 180
11542-2
DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa 50 — 30
2039-1
DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 67 65 60
868
Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4 1,8 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient
DIN EN ISO
Vicat B °C — 80 82
306
Temperatur-
°C –20 bis +80 –100 bis +80 –260 bis +80
einsatzbereich
Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Laugen und Lösungsmitteln
fähigkeit
Physiologisch
BfR — ✔ ✔
unbedenklich
Lebensmittel- EU — ✔ ✔
konformität FDA — ✔ ✔
Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis
technisches.Handbuch 29
4.2 PP
Werkstoffkennwerte
SIMONA®
SIMONA® SIMONA® SIMONA® SIMONA®
PP-H
PP-H natur PP-C PP-EL-S PPs
AlphaPlus®
DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,91 0,90 0,91 1,17 0,95
1183
DIN EN ISO
Streckspannung MPa 33 32 26 25 32
527
DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 700 1 400 1 200 1 400 1 600
527
DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch ohne Bruch
179
DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 9 7 45 5 6
179
DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa — — 50 66 70
2039-1
DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 72 70 67 70 72
868
Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4 1,6 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient
Temperatur-
°C 0 bis +100 0 bis +100 –20 bis +80 0 bis +80 0 bis +100
einsatzbereich
Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Laugen und Lösungsmitteln
fähigkeit
Physiologisch
BfR ✔ ✔ ✔ — —
unbedenklich
Lebensmittel- EU ✔ ✔ — — —
konformität FDA ✔ ✔ ✔ — —
Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis
Prüfzeugnis verfügbar
30 technisches.Handbuch
4.3 PVC hart
Werkstoffkennwerte
SIMONA®
SIMONA® SIMONA® SIMONA® SIMONA®
CPVC CORZAN
PVC-CAW PVC-MZ-COLOR PVC-GLAS PVC-KYRNIT®
Industrial Grade
DIN EN ISO
Dichte g/cm3 1,44 1,42 1,37 1,52 1,39
1183
DIN EN ISO
4
Streckspannung MPa 58 55 73 51 63
527
DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 3 300 3 100 3 300 2 500 3 100
527
DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 — — — ohne Bruch ohne Bruch
179
DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 4 8 3 8 4
179
DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 82 82 84 80 81
868
Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 0,8 x 10–4 0,8 x 10–4 0,8 x 10–4 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient
DIN EN ISO
Vicat B °C 74 74 66 112 75
306
DIN 4102 B1: 1 – 4 mm B1: 1 – 4 mm B1: 1 – 4 mm B1 B1
Temperatur-
°C 0 bis +60 –20 bis +60 0 bis +60 –40 bis +95 0 bis +60
einsatzbereich
Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren und Laugen
fähigkeit
Physiologisch
BfR — — — — —
unbedenklich
Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis
Prüfzeugnis verfügbar
technisches.Handbuch 31
4.4 PVC geschäumt
Werkstoffkennwerte
DIN EN ISO
Dichte g/cm3 0,55 0,50 0,47 0,58 0,67
1183
DIN EN ISO
Streckspannung MPa 16 15 15 16 18
527
DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 900 850 600 1 000 1 100
527
DIN EN ISO
Biege-E-Modul MPa 1 100 1 000 930 1 400 1 400
178
DIN EN ISO
Schlagzähigkeit kJ/m2 12 12 12 12 19
179
DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 35 32 30 35 70
868
Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4 0,7 x 10–4 0,83 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient
B2
DIN 4102 B1: 1 – 19 mm — B2 B2
B1: 10 mm
NF P
Brandverhalten M1: 3 – 10 mm M1: 2 – 10 mm — — M1: 10 mm
92-501
Temperatureinsatz-
°C 0 bis +60 0 bis +60 0 bis +60 0 bis +60 0 bis +60
bereich
Chem. Widerstands-
sehr gut im Kontakt mit vielen Säuren, Reinigungsmitteln und Alkoholen
fähigkeit
Physiologisch
BfR — — — — —
unbedenklich
Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis
Prüfzeugnis verfügbar
auf Anfrage
Prüfzeugnis ab Ende 2016
32 technisches.Handbuch
4.5 PETG, PVDF, ECTFE, PFA
Werkstoffkennwerte
DIN EN ISO
Dichte g/cm3 1,27 1,78 1,68 2,15
1183
DIN EN ISO
Streckspannung MPa
527
52 55 31 15 4
Dehnung bei Streck- DIN EN ISO
% 4,5 8 4 —
spannung 527
DIN EN ISO
Zug-E-Modul MPa 1 900 1 950 1 650 450
527
DIN EN ISO
Kerbschlagzähigkeit kJ/m2 10 12 ≥ 100 ohne Bruch
179
DIN EN ISO
Kugeldruckhärte MPa 97 120 56 —
2039-1
DIN EN ISO
Shorehärte D (15 s) 78 78 67 55
868
Mittlerer thermi-
ISO
scher Längenaus- K–1 — 1,3 x 10–4 1,0 x 10–4 1,4 x 10–4
11359-2
dehnungskoeffizient
Temperatur-
°C –40 bis +65 –30 bis +140 –40 bis +150 –190 bis +260
einsatzbereich
Physiologisch
BfR ✔ ✔ — —
unbedenklich
Lebensmittel- EU ✔ ✔ — —
konformität FDA ✔ ✔ — ✔
Eigeneinschätzung ohne Prüfzeugnis
Prüfzeugnis verfügbar
technisches.Handbuch 33
5 Physikalische Eigenschaften
5.1 Mechanische Eigenschaften Aus dem unidirektionalen Zugversuch kann man durch
Auftragung der gemessenen Spannung gegen die Deh-
In der Mechanik unterscheidet man grob zwischen
nung aus der Steigung der Kurve den E-Modul bestim-
elastischen und plastischen Verformungen der Werk-
men. Die innerhalb der Hookeschen Gerade erzeugte
stoffe. Existiert zwischen der Spannung, die auf einen
Dehnung ist reversibel und bildet sich mit der Abnahme
Körper wirkt, und der daraus resultierenden Dehnung ein
der äußeren Belastung wieder auf den Ursprungszustand
linearer Zusammenhang, so erfüllt dieser Werkstoff das
zurück. Ein ähnlicher Zusammenhang besteht bei der
Hookesche Gesetz und er verhält sich linearelastisch:
Scherbeanspruchung zwischen der Schubspannung τ
und der durch sie hervorgerufenen Winkeländerung γ,
σ=E.ε
wobei G als Schubmodul bezeichnet wird:
τ=γ⋅G
G= E
2(1+ν)
Abbildung 26: Spannungs-Dehnungs-Diagramm
Hierbei steht ν für die Querkontraktionszahl oder auch
Dabei stehen σ für die am Werkstück wirkende Span- Poissonzahl. Die Poissonzahl ist der Betrag des Quotien-
nung (Kraft pro Fläche), ε für die Dehnung (relative ten aus der Querkontraktion ∆D/D0 (D0 = Probendurch-
Längenzunahme bezogen auf die Ausgangslänge ∆L/L0) messer, ∆D = Änderung des Durchmessers) und der
und E für den Elastizitätsmodul, der auch als Steifigkeit Dehnung ∆L/L0 und ist in der Regel kleiner als 0,5. Dies
bezeichnet wird. Metallische und keramische Werkstoffe bedeutet, dass bei einer Belastung des Werkstoffes eine
verhalten sich im Bereich kleiner Dehnungen (0,2 % mehr oder weniger große Volumenzunahme zu verzeich-
Dehngrenze) linearelastisch. nen ist.
34 technisches.Handbuch
der Vorgeschichte ist. Für die Berechnung des linearvis-
koelastischen Zustandes geht man davon aus, dass der
Kunststoff aus in Reihe und parallel geschalteten Federn
und Dämpfern aufgebaut ist.
Die Relaxationszeit τrel ist die Zeit, nach der die Reaktion
Unter Viskoelastizität versteht man die zeitabhängige
auf ein e-tel (e ≈ 2,7183) des Anfangswertes abgeklun-
Elastizität eines Werkstoffes. Dies bedeutet, dass ein
gen ist. Nach dem Maxwell-Modell (Abbildung 28) kann
Kunststoff bei einer spontanen mechanischen Belastung
man sich vorstellen, dass bei einer plötzlichen Dehnung
verzögert reagiert. Als Konsequenz daraus ergibt sich,
eine Spannung durch die Federkräfte aufgebaut wird
dass die mechanischen Größen eines viskoelastischen
und anschließend durch die Dehnung des Dämpfungs-
Werkstoffes keine Konstanten mehr darstellen, sondern
gliedes relaxiert.
zeitabhängig werden. Die Ursache dieses Verhaltens ist
mit den Rückstellvorgängen in und zwischen den Ketten-
molekülen zu erklären. Sie laufen diffusionsgesteuert ab
und sind somit zeitabhängig. Das Abklingen der Reaktion
eines viskoelastischen Körpers erfolgt asymptotisch, so
dass sie in der Realität nie vollständig abgeschlossen ist
und die Deformation in jedem Augenblick eine Funktion
technisches.Handbuch 35
konstanter Dehnrate (ε = const.) ist die Steigung der
Spannungs-Dehnungskurve in der Form von der Zeit ab-
hängig, dass mit abnehmender Dehngeschwindigkeit die
Kurve stärker nach unten gekrümmt ist, da den Relaxati-
onsvorgängen mehr Zeit zum Abbau der Spannungen zur
Verfügung steht:
dσ E + E ⋅ exp( -t )
dε = 0 t τrel
Abbildung 29: Spannungsrelaxation
Dabei ist τret die Zeit bis zu der die Reaktion auf die
Beanspruchung bis auf ein e-tel des Anfangswerts ab-
geklungen ist und εt die von den Retardationsvorgängen
abhängige Dehnung.
36 technisches.Handbuch
Dies begründet sich daraus, dass die Rückstellvorgän- Die Phasenverschiebung δ ist bei ideal elastischen
ge durch komplexe Wechselwirkungen aufgrund der Körpern 0° und beträgt bei ideal viskosen Flüssigkeiten
unterschiedlichen Bindungsverhältnisse innerhalb des 90°. Der komplexe Ansatz ergibt einen E-Modul, der
Kunststoffes hervorgerufen werden. Da die Relaxations- ebenfalls in der komplexen Zahlenebene dargestellt wird:
zeiten der Kunststoffe auf molekulare Bewegungen
dσ E = E΄+ iE΄΄
zurückzuführen sind, hängen sie von der Temperatur dε =
ab und genügen wie die meisten thermisch aktivierten
Prozesse der Arrhenius-Gleichung: E΄kennzeichnet die bei jeder Schwingung elastisch
gespeicherte Energie und wird daher als Speichermodul
τ = B ⋅ exp( W ) bezeichnet:
k⋅T
ω2 ⋅ τ2rel
In obiger Gleichung bedeuten B eine materialspezifische E΄= E0 + Et ⋅ 5
1 - ω2 ⋅ τ2rel
Konstante, W die Aktivierungsenergie, k die Boltzmann-
Konstante und T die absolute Temperatur. Somit ist es E΄΄kann in eine Energie umgerechnet werden, die der
möglich, durch die Wahl der Temperatur oder der Zeit irreversibel dissipierten Energie entspricht und wird
gleiche mechanische Verhältnisse zu schaffen, oder, an- daher als Verlustmodul definiert:
ders ausgedrückt, durch die Prozessführung bei erhöhter
ω2 ⋅ τ2rel
Temperatur eine Zeitraffung vorzunehmen. Aus obiger E΄΄= Et ⋅
1 - ω2 ⋅ τ2rel
Beschreibung ist ersichtlich, dass bei der kurzzeitigen
Prüfung, wenn also die Prüfzeit wesentlich geringer ist Der Quotient aus E΄΄und E΄ist gleich dem Tangens δ und
als die Reaktionszeit, oder bei der Tieftemperaturprü- ergibt den Verlustfaktor d:
fung, wenn die Molekülbewegungen eingefroren sind,
keine Viskoelastizität auftritt. In diesem Fall verhält sich d = tan δ
der Werkstoff linearelastisch.
Die Konsequenz dieses Schwingungsverhaltens linear-
Analog zur Zug- oder Biegebelastung folgt die Reaktion viskoelastischer Werkstoffe ist die Tatsache, dass sich
eines viskoelastischen Körpers bei einer dynamischen ein solches Material zwar mechanisch reversibel, jedoch
Belastung ebenfalls verzögert. Daher tritt eine Phasen- thermodynamisch irreversibel verhält und somit Ener-
verschiebung zwischen der aufgeprägten Spannung und gie verbraucht. Kunststoffe besitzen somit ein hohes
der Dehnung auf. In komplexer Schreibweise lauten die Dämpfungspotential, das in der Technik als Schallschutz
Gleichungen für die sinusförmige Spannung σ(t) und genutzt werden kann.
Dehnung ε(t):
technisches.Handbuch 37
5.1.1 Mechanische Eigenschaften der Thermoplaste
38 technisches.Handbuch
Thermoplaste Zugfestigkeit E-Modul Reißdehnung Kerbschlagzähigkeit
MPa MPa % kJ/m2
PVC-U 50 – 65 3.000 20 -50 2–5
CPVC 75 3.500 10 – 15 2
PE-HD 20 – 30 700 – 1.200 400 – 800 6 – 15
PP-H 25 – 40 1.000 – 1.300 70 – 500 3–9
PVDF 50 – 60 2.400 20 – 80 22
ECTFE 32 – 40 1.700 200 – 300 -
FEP 20 – 30 350 – 500 250 – 350 -
PFA 15 – 30 600 – 700 100 – 250 -
5
5.1.2 Der Zugversuch Dehnungen (∆ε = 0,25 - 0,05 = 0,2) der Tangenten- oder
Sekantenmodul berechnet:
Beim unidirektionalen Zugversuch nach DIN EN ISO
527 wird ein Probekörper mit je nach Herstellungsart σ0,25 - σ0,05
E=
definierten Abmessungen unter einer optional wählbaren 0,2
Geschwindigkeit bis zum Bruch gedehnt.
Bei der Durchführung der Prüfung ist auf eine sorgfältige
Probenvorbereitung zu achten, da durch schiefe Ein-
Die maximal erreichte Spannung vor Eintritt des Fließens
spannung oder auch schiefe Proben Scherkräfte wirken,
wird als Streckspannung σy bezeichnet. Die dazuge-
die das Messergebnis meist zu kleineren Werten hin
hörige Dehnung wird Streckdehnung εy genannt. Die
verändern. Auch Kerben oder Einbuchtungen an den Pro-
Zugspannung, bei der der Bruch eintritt, ist die Bruchfes-
benoberflächen beeinflussen das Messergebnis negativ.
tigkeit σb und die dazu korrespondierende Dehnung die
Um den Einfluss der Einspannung zu verringern, kann
Bruchdehnung εb. Die Zugspannung, bei der das erste
die Zugprobe an den Enden mit verdickten Endstücken
Spannungsmaximum auftritt wird als Zugfestigkeit σm be-
hergestellt werden, die die Druckkräfte der Einspann-
zeichnet. So kann die Zugfestigkeit σm je nach Werkstoff
vorrichtung aufnehmen. Gleiches erzielt man bei der
der Bruchfestigkeit σb (z.T. amorphe Thermoplaste) oder
Verwendung von Schulterstäben.
der Streckspannung σy (z.B. teilkristalline Thermoplaste)
entsprechen.
Teilkristalline Werkstoffe wie PE, PP und PVDF weisen
meist eine ausgeprägte Streckgrenze und hohe Reißdeh-
Der Kurzzeit-Zugmodul wird aus der Steigung der
nung auf (Abbildung 32), während amorphe Thermoplas-
Spannungs-Dehnungskurve ermittelt. Dabei werden die
te wie PVC eine höhere Streckspannung, aber geringere
Spannungen zu den Dehnungen von 0,05 % und
Reißfestigkeit und Reißdehnung zeigen (Abbildung 33).
0,25 % bestimmt und aus dem Quotienten der Differenz
der Spannungen (Δσ = σ0,25% - 0,05%) und der Differenz der
technisches.Handbuch 39
Abbildung 32: Schematische Darstellung einer Spannungs-Dehnungskurve eines teilkristallinen Thermoplasts
Abbildung 33: Spannungs-Dehnungskurve mit Zugfestigkeit σS, Reißfestigkeit σB und den dazugehörigen Dehnungen für amorphe
Thermoplaste
In Abbildung 34 ist der Kurzzeit-E-Modul verschiedener der steile Abfall des E-Moduls oberhalb von 60 °C zu
SIMONA® Thermoplaste in Abhängigkeit von der Tem- erkennen.
peratur aufgeführt. In diesem Prinzip-Diagramm sind
die hohe Steifigkeit von PVC bei Raumtemperatur sowie
40 technisches.Handbuch
PVC-CAW
PVC-MZ
PVDF
PP-H
PE- 5
HD
Abbildung 34: Kurzzeit-Elastizitäts-Modul von SIMONA© Thermoplasten in Abhängigkeit von der Temperatur
F · lv
5.1.3 Der Biegeversuch Dreipunktbiegung: M=
4
Der Drei- und Vierpunkt-Biegeversuch nach DIN EN ISO
178 und DIN EN ISO 14125 wird in der Technik am F · lA
Vierpunktbiegung: M=
häufigsten angewendet, da er sich durch eine einfache 2
Probenform und Prüfung auszeichnet. Die Beurteilung
Dabei beträgt 2 lA die Differenz zwischen der unteren
und Auswertung der Spannungs-Dehnungskurve ist
und oberen Stützweite. Das Widerstandsmoment ergibt
jedoch etwas komplizierter.
sich aus der Breite B und Höhe H der Probe:
technisches.Handbuch 41
3 · F · lA 4·f·H
Vierpunktbiegung: σb = Vierpunktbiegung: ε=
B · H2 I2B
Der E-Modul wird folgendermaßen berechnet: Analog zum Zugversuch ist auch beim Biegeversuch auf
eine sorgfältige Probenpräparation zu achten, da auch
σb - σb
E= hier Oberflächenrisse das Messergebnis stark beeinflus-
2 1
ε2 - ε1
sen.
Dabei errechnet sich die Randfaserdehnung aus der
Durchbiegung f mit lB = obere Stützweite:
6·f·H
Dreipunktbiegung: ε=
I2V
42 technisches.Handbuch
5.1.4 Der Druckversuch
technisches.Handbuch 43
Der Torsionsschwingversuch eröffnet vielfältige Möglich-
x keiten, einen Werkstoff näher zu charakterisieren und
A1
seine Grenzen festzulegen. Es hat sich daher in der Prüf-
A2
A3 A4 technik die Messung der dynamischen Eigenschaften
t in Abhängigkeit von der Temperatur und der Anregungs-
frequenz etabliert. Aus diesen Messungen entstehen
Kennfelder, die den Werkstoff näher beschreiben.
( )
d=
Λ2
π· 1+
4 · π2
5.1.6 Der Ring- und Segmentscherversuch
Aus dem Trägheitsmoment I, der Probenlänge L, der Pro- Um die interlaminare Haftung oder die Haftung eines
benbreite b, der Probendicke a und der Eigenfrequenz f0, Liners mit der Verstärkungsschicht eines Rohres zu mes-
die sich aus dem zeitlichen Verlauf der Schwingungskur- sen, wird der Ringscherversuch oder der Segmentscher-
ve ergibt, wird der Schubmodul G berechnet: versuch nach der DIN 53769-1 verwendet.
(
G = 4 · π2 · I · f02 · 1 +
Λ2
4 · π2 ) ·
( 3·L
b · a3 · (1 - 0,63 ·
a
b
) ) Der Ringscherversuch (Abbildung 38) geht von einem
30 mm langen Rohrstück aus, bei dem ein Ende auf der
Länge von 5 mm bis zur Mitte der Rohrwand oder beim
1
mit I = · m · r2 Liner-GFK-Rohr bis zum Liner von außen abgedreht wird.
2
Das andere Ende wird in gleicher Weise jedoch von innen
Dabei ist m die Masse und r der Radius der Schwung- abgedreht. Die Ringscherfestigkeit τR ergibt sich aus der
scheibe. gemessenen Versagenskraft F und der Haftfläche
2 ⋅ π ⋅ r ⋅ h:
Da der Verlustfaktor d gleich dem Tangens des Phasen-
F
winkels δ ist, kann bei bekanntem G der Speichermodul τR =
2⋅π⋅r⋅h
G′ und der Verlustmodul G“ berechnet werden:
G′ = G ⋅ cos δ
G″ = G ⋅ sin δ
44 technisches.Handbuch
5
technisches.Handbuch 45
Abbildung 40: Probenanordnung zur Messung der Haftfestigkeit Abbildung 41: Schlagbiegeversuch nach Charpy
(Probekörper Form A)
5.1.8 Prüfung der Kerbschlagzähigkeit Gemessen wird die vom Probekörper absorbierte Schlag-
arbeit. Man unterscheidet zwischen den Kenndaten für
Kunststoffe sind im Allgemeinen wesentlich schlag- und
Schlag- und Kerbschlagzähigkeit.
kerbschlagempfindlicher als andere konventionelle Werk-
stoffe, wie z.B. Stahl. Der Begriff „Schlagempfindlichkeit“
charakterisiert das unterschiedliche Werkstoffverhalten
5.1.9 Prüfung der Schlagzähigkeit
bei statischer (ruhender) und schlagartiger Beanspru-
chung. Darunter versteht man eine Kraft, die mit hoher Die Schlagzähigkeit wird mit Hilfe eines ungekerbten
Geschwindigkeit kurzzeitig auf einen Körper wirkt. Das Probekörpers ermittelt. Einige SIMONA® Werkstoffe
Verhalten bei schlagartiger Beanspruchung kann mit weisen bei dieser Prüfung (Raumtemperatur: 23 °C)
unterschiedlichen Prüfverfahren untersucht werden. keinen Bruch auf. Es kann also auch keine Brucharbeit
angegeben werden. In der Datenübersicht in Kapitel 4
Im europäischen Raum wird der Schlagbiegeversuch finden Sie deshalb die Angabe „ohne Bruch“. In solchen
nach DIN EN ISO 179 angewandt und die Kerbform nach Fällen wird daher zur Differenzierung bevorzugt die zuvor
Charpy verwendet. beschriebene Kerbschlagzähigkeit herangezogen. Die
Prüfung der Schlagzähigkeit erhält jedoch dann eine
Mit Hilfe eines Pendelschlagwerkes nach DIN 51222 wird besondere Aussagefähigkeit, wenn äußere Einflüsse,
der Probekörper einer schlagartigen 3-Punkt-Biegebean- wie z.B. UV-Licht oder Chemikalien, eine Versprödung
spruchung unterworfen (Abbildung 41). bewirken.
46 technisches.Handbuch
Aufschlussreich ist vor allem die Abhängigkeit der giger Schlagzähigkeits- bzw. Kerbschlagzähigkeitswerte
Schlag- und Kerbschlagzähigkeit von der Temperatur. eine Aussage über die unteren Einsatztemperaturen des
Bei sehr tiefen Temperaturen werden im Allgemeinen entsprechenden Werkstoffes gemacht werden. Das wird
Sprödbrüche erzielt, bei höheren Temperaturen jedoch in besonderem Maße durch das Diagramm in Abbildung
Verformungsbrüche. So kann anhand temperaturabhän- 42 verdeutlicht.
PE-HD
5
PVDF PP-H
Kerbschlagzähigkeit
PVC-U
Temperatur in °C
technisches.Handbuch 47
5.1.10 Oberflächenhärte zeiten angesetzt werden. Je nach Werkstoff können zwei
unterschiedliche Prüfkörpertypen verwendet werden: Typ
Zur Untersuchung der Oberflächenhärte eines Werkstof-
A für weiche Materialien und Typ D für härtere.
fes werden üblicherweise statische Verfahren verwen-
det. Bei der Härtemessung wird der Widerstand einer
SIMONA® Materialien werden hauptsächlich nach dem
Werkstoffoberfläche gegenüber dem Eindringen eines
Shore D Verfahren geprüft. Die Prüfdauer dabei beträgt
härteren Körpers (Stahlkugel, Stahlkegel oder Diamant-
15 sec.
kegel) gemessen oder die Werkstoffverdrängung durch
den eingedrungenen Körper bestimmt. Die Härte eines
Werkstoffes ist ein Maß der Steifigkeit, wobei die Härte
5.1.11 Verschleißeigenschaften
außerhalb des elastischen Werkstoffverhaltens ermittelt
wird und somit nicht mit dem E-Modul ins Verhältnis Als Verschleiß bezeichnet man den Abtrag von Material
gesetzt werden kann. aus einer Oberfläche durch mechanische Beanspru-
chungen. Die Beschreibung des Abtrages des Materials
aus einer Oberfläche ist sehr komplex und hängt zum
5.1.10.1 Kugeldruckhärte H nach DIN EN ISO 2039-1 einen mit der Impulsübertragung der auf die Oberfläche
auftreffenden Teilchen und zum anderen mit den Adhä-
Eine Kugel (d = 5 mm) drückt mit einer definierten Kraft
sionseigenschaften der Oberfläche zusammen. Es wird
für die Dauer von 30 Sekunden auf die Werkstoffober-
daher zunächst in Reibungsverschleiß, Strahlerosion,
fläche. Die Kugeldruckhärte errechnet sich aus der Prüf-
Gleitverschleiß und Kavitationsverschleiß unterschie-
kraft F in N und der Oberfläche A in mm2 des Eindrucks
den. Der Verschleiß ist dabei noch davon abhängig, ob
in der Werkstoffoberfläche:
die Verschleißteilchen trocken oder in einer Flüssigkeit
F wirken.
H=
A
So vielfältig wie die Verschleißformen, so vielfältig sind
auch die Prüfmethoden zur Ermittlung der Verschleißfes-
5.1.10.2 Härte nach Shore D gemäß DIN EN ISO 868 tigkeit eines Werkstoffes. Dabei ist noch zu beachten,
dass der Verschleiß zum einen vom Material und zum
Das Prüfverfahren nach Shore gestattet eine schnelle
anderen von den Versuchsbedingungen abhängt. Somit
Bestimmung der Härte von Kunststoffen und Hartgummi.
ist zur Beurteilung des Verschleißes immer das Tribo-
Dabei wird ein spitzer Prüfkörper mit einer definierten
system, bestehend aus dem Material, dem Verschleiß-
Spitze und Kraft für gewisse Zeit in den zu prüfenden
mittel und den Versuchsparametern, mit einzubeziehen.
Werkstoff hineingedrückt.
Gängige Prüfverfahren sind das Reibradverfahren, das
Stift-Scheibe-Experiment, der Strahlverschleiß und der
Das Messgerät setzt den Widerstand gegenüber dem
Sand-Slurry-Test, um nur einige zu nennen.
Eindringen des Prüfkörpers in die entsprechenden Härte-
werte um. Als Prüfkriterium können verschiedene Prüf-
48 technisches.Handbuch
Beim Reibradverfahren rotiert eine ebene und runde Gemäß einschlägiger Literatur ist der Verschleiß µv von
Platte unter zwei mit Schmirgelleinen bespannten, frei den mechanischen und adhäsiven Eigenschaften eines
drehbaren Rollen. In der DIN 53754 sind die Anpress- Werkstoffes abhängig. Qualitativ hängt er von den Rei-
kraft der Rollen mit 5,4 N und die Rotationsgeschwin- bungskoeffizienten f, dem E-Modul, der Streckgrenze σs
digkeit des Tellers mit 55 min definiert. Die Höhe des
-1
und der Streckdehnung εs ab:
Verschleißes wird aus der Massen- bzw. Volumenabnah-
f 1
me der Platte pro Zeiteinheit bestimmt. µv ~ ·
E σs · εs
Das Stift-Scheibe-Experiment ist zur Messung des Gleit- Der Reibungskoeffizient f setzt sich aus einem adhäsiven
verschleißes entwickelt worden und besteht aus einer Teil fad und einem deformativen Teil fdef additiv zusammen.
rotierenden Reibplatte, auf die die Probe in Stiftform mit
definierter Kraft gedrückt wird. Wieder wird die Mas- Der adhäsive Reibungskoeffizient fad ist eine Funktion der 5
sen- oder Volumenabnahme als Maß des Verschleißes Scherfestigkeit τs, dem Anpressdruck p, dem Elasizitäts-
verwendet. modul E und der Oberflächengüte β:
Größe und Geschwindigkeit. Der Vorteil dieses Verfah- Der deformative Reibungskoeffizient fdef ist von den me-
rens besteht in seiner Variationsbreite. So kann bei- chanischen Eigenschaften des Reibguts Γ, dem Anpress-
spielsweise zu dem Strahlgut eine Flüssigkeit gegeben druck p, dem E-Modul und dem Verlustfaktor tan δ der
werden, um die Wirkung unterschiedlicher Schmiermittel Probe abhängig:
mit einzubeziehen. Zusätzlich kann der Verschleiß in
p
Abhängigkeit vom Einstrahlwinkel gemessen werden. fdef = Γ · · tan δ
E
Nachteilig ist jedoch die Abhängigkeit des Verschleißes
von der Versuchsdauer, da mit zunehmender Erosion Daraus wird ersichtlich, dass der Verschleiß eines Werk-
ein Loch entsteht, dessen geometrische Eigenschaften stoffes in erster Näherung von 1/E2 abhängt:
nichts mit der ebenen Platte gemein haben.
technisches.Handbuch 49
Die Verschleißfestigkeit wird somit um den Faktor 4 er- Die Verschleißfestigkeit hängt u.a. in erheblichem Maße
höht, wenn der E-Modul um die Hälfte sinkt. Die Streck- vom Molekulargewicht des polymeren Werkstoffes ab.
grenze σs und die Streckdehnung εs wirken dagegen nur Mit der Höhe des Molekulargewichtes steigt die Ver-
linear auf den Verschleiß. Als Konsequenz folgt hieraus, schleißfestigkeit des Materials an. Von den SIMONA®
dass aufgrund der bis zu 200-fach höheren Reißdeh- Halbzeugen weist SIMONA® PE 1000 die höchste Ver-
nung von Thermoplasten (z.B. PE) diese gegenüber Duro- schleißfestigkeit auf.
plasten und einigen Stählen einen niedrigeren Verschleiß
aufweisen. Die Prüfapparatur des Sand-Slurry-Tests macht es
möglich, den Einfluss der Temperatur auf das Verschleiß-
verhalten zu untersuchen. Dabei wurde festgestellt,
5.1.11.1 Der Sand-Slurry-Test dass mit steigender Temperatur die Verschleißfestigkeit
erheblich zunimmt (Abbildung 44), da Thermoplaste zwar
Für die Simulation des Verschleißes in Rohrleitungen
mit der Temperatur weicher werden (sinkender E-Modul),
durch wässrige Festkörpergemische mit turbulenten
aber die Reißdehnung und Dämpfung überproportional
Strömungsverhältnissen eignet sich der Sand-Slurry-Test
steigen.
recht gut. Er stellt experimentell keine hohen Anforde-
rungen, gestattet aber dennoch eine genügend genaue
Differenzierung zwischen verschiedenen Thermoplasten.
50 technisches.Handbuch
5
Abbildung 44: Relativer Verschleiß von Thermoplasten als Funktion der Temperatur
5.2 Thermische Eigenschaften Die Wärme, die eine Energieform darstellt, wird mit
Schallgeschwindigkeit transportiert, die stoffspezifisch
5.2.1 Wärmeleitung
und vom E-Modul und der Dichte abhängig ist.
Die Wärmeleitung bezeichnet einen Vorgang, bei dem
Wärme innerhalb eines Stoffes von Ort A zu Ort B trans- Aufgrund der geringen Dichte und der niedrigen Schall-
portiert wird. geschwindigkeit sowie der niedrigen Wärmekapazität im
Vergleich zu Metallen (die Wärmekapazität nimmt mit
Dabei wird die Wärme immer von den Zonen höherer der elektrischen Leitfähigkeit zu) sind reine Kunststoffe
Temperatur zu Zonen niedrigerer Temperatur übertragen. im Allgemeinen schlechte Wärmeleiter und somit gute
Der Wärmeaustausch zwischen diesen Zonen findet, thermische Isolatoren.
wenn er ungestört ablaufen kann, solange statt, bis sich
ein Ausgleich eingestellt hat und der Körper eine einheit-
liche Temperatur aufweist.
technisches.Handbuch 51
Material Wärmeleitfähigkeit l 5.2.1.2 Wärmeleitfähigkeit
[W/(m K)]
Die Wärmeleitfähigkeit λ, auch Wärmeleitzahl genannt,
Kunststoff Polyethylen, PE 0,50
ist ein temperaturabhängiger Kennwert, der die Fähigkeit
Polyamid, PA 0,30
Polyurethan, PU 0,25
eines Materials, Wärme in seinem Inneren zu transportie-
Tabelle 6: Wärmeleitfähigkeit l einiger Werkstoffe Besitzen die Füllstoffe anisotrope thermische Eigen-
schaften und die Möglichkeit, sich im Werkstoff zu orien-
tieren, so erhält auch der gefüllte Kunststoff anisotrope
5.2.1.1 Wärmekapazität
thermische Eigenschaften. Dies kann beispielsweise bei
Die Wärmekapazität c wird in J/K angegeben und sagt Kunststoffen beobachtet werden, die mit Graphit gefüllt
aus, um wie viel °C bzw. K sich die Temperatur eines sind. Graphit ist thermisch anisotrop und orientiert sich
Körpers erhöht, wenn man ihm eine bestimmte Wärme aufgrund der Plättchenform und der Herstellbedingun-
zuführt. gen oftmals in Fließrichtung innerhalb des Werkstoffes.
mit U = Wärmedurchgangskoeffizient
A = Fläche der Wand
ΔT = Temperaturdifferenz
52 technisches.Handbuch
Der Wärmedurchgangskoeffizient U (oder auch k-Wert) zwar eine stoffspezifische Materialkonstante, ist jedoch
errechnet sich folgendermaßen: temperaturabhängig (Abbildung 45) und wird mit steigen-
der Temperatur größer, so dass sich das Volumen eines
1
U= Körpers mit steigender Temperatur überproportional
1/αi + s/λ + 1/ αa
verändert. Oft wird der lineare Ausdehnungskoeffizient
mit s = Wanddicke über den Anwendungstemperaturbereich des Materials
λ = Wärmeleitfähigkeit gemittelt und als „mittlerer thermischer Längenausdeh-
αi,a = Wärmeübergangskoeffizient innen, nungskoeffizient“ angegeben.
außen
Da der lineare Wärmeausdehnungskoeffizient von den
Der Wärmeübergangskoeffizient α bestimmt die Wärme- Bindungsverhältnissen innerhalb eines Werkstoffes
übertragung auf eine Wand und hängt ganz entschei- abhängt, kann er mit den elastischen Eigenschaften und 5
dend von der Art und der Geschwindigkeit des Mediums dem Schmelzpunkt verknüpft werden.
ab. Er ist vom Material der Wand völlig unabhängig. Je
höher der Wärmedurchgangskoeffizient, desto schlechter Die Länge L eines Stabes wächst mit der Temperatur T
ist die Wärmedämmeigenschaft des Stoffes. Umgekehrt, nach folgender Beziehung:
je niedriger der Wärmedurchgangskoeffizient, desto bes-
ser ist die Wärmedämmeigenschaft, bzw. desto höher L = L0⋅(1 + α⋅T)
ist der Wärmedurchgangswiderstand. Der Wärmedurch-
gangskoeffizient hat die Maßeinheit W/(m² · K). Dabei bedeutet L0 die Länge des Stabes bei T = 0 K.
Wird ein Kunststoff mit Füllstoffen oder Fasern ver-
mischt, so ergibt sich im Allgemeinen aus der einfachen
5.2.3 Wärmeausdehnung Mischungsregel der Ausdehnungskoeffizient αc des
gefüllten Kunststoffes:
Werkstoffe verändern bei einer Temperaturänderung
ihre Dimensionen wie Länge, Breite und Höhe und damit
αc = αk · (1 - ϕk) + αf + ϕf
auch ihr Volumen. Da bei einer Temperaturänderung die
Masse des Körpers die gleiche bleibt, sich das Volumen
Dabei sind αk und αf die Ausdehnungskoeffizienten des
aber ändert, ändert sich zwangsläufig auch die Dichte
Kunststoffes und des Füllstoffes sowie ϕk und ϕf die
des Werkstoffes. Bei Erwärmung dehnt sich ein Werk-
Volumenanteile des Kunststoffes und des Füllstoffes.
stoff aus, beim Abkühlen zieht er sich zusammen.
technisches.Handbuch 53
Werkstoff α [10-6/K]
Glas 4
Stahl 12
Kupfer 18
Aluminium 24
Polypropylen 160
Polyethylen 180
PVDF 120
ECTFE 80
PVC 80
GFK 20 – 30
CFK 0 – 20
PE-HD
PVDF
PP-H
PVC-U
Abbildung 45: Linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient als Funktion der Temperatur einiger Thermoplaste
54 technisches.Handbuch
5.2.4 Prüfung der Wärmeformbeständigkeit 5.3 Brandverhalten
Im Gegensatz zu Duroplasten sind die Eigenschaften der Gemäß DIN 4102 wird in nicht brennbare (Klasse A) und
Thermoplaste sehr stark temperaturabhängig. Bei hohen brennbare Baustoffe (Klasse B) unterschieden. Kunst-
Temperaturen gehen Thermoplaste in den plastischen stoffe sind ohne Ausnahme zu letzteren zu zählen.
Zustand über. Deshalb ist es für einen Konstrukteur bzw.
Verarbeiter von Thermoplasten sehr wichtig, einen unge- Die Klasse B wird eingestuft in:
fähren Richtwert über die Grenztemperatur hinsichtlich
der Formstabilität eines Werkstoffes zu erhalten. Die J B1 schwer entflammbar
bei diesen Prüfungen ermittelten Temperaturen dürfen J B2 normal entflammbar
jedoch nicht als maximale Einsatztemperaturen angese- J B3 leicht entflammbar
hen werden, weil dabei z.B. mechanische Eigenschaften
5
keine Berücksichtigung finden. Zur Einhaltung der Brandschutzverordnungen werden
in Deutschland für öffentliche Gebäude, Messen, usw.
Bei der Prüfung der Wärmeformbeständigkeit von Kunst- Materialien vorgeschrieben, die die Schwerentflammbar-
stoffen wird hauptsächlich auf zwei Verfahren zurückge- keit (B1) nach DIN 4102 erfüllen.
griffen:
technisches.Handbuch 55
tur beurteilt. Hierbei dürfen bestimmte Grenzwerte nicht zentration in einem Sauerstoff-Stickstoff-Gemisch an,
überschritten werden. bei der die Verbrennung unterhalten wird. Das bedeutet,
dass nur bei einem Sauerstoffbedarf ≤ 20,8 % (Sauer-
Die B1-Prüfung für Baustoffe gilt als bestanden, wenn stoffgehalt in der Atmosphäre) mit Hilfe einer Zündquelle
diese Brandschachtprüfung und die Anforderungen nach eine Entzündung erfolgt und ein Weiterbrennen nach
B2 (stellt die Beanspruchung z.B. durch eine Streichholz- Entfernen dieser Zündquelle möglich ist.
flamme dar) bestanden sind.
In Tabelle 8 sind Sauerstoffindizes und Einstufungen
Die Fähigkeit, die Brandschachtprüfung zu bestehen, zum Brandverhalten aufgeführt, die durch unterschiedli-
nimmt bei gleichem Material mit steigender Plattendicke che Prüfverfahren ermittelt wurden:
ab.
J DIN 4102 in der Brandschachtanlage
Ein weiteres Beurteilungskriterium ist die Angabe des J DIN 53438 durch Kanten- (K) und
*
Details zur Verfügbarkeit der Prüfzeugnisse siehe Kapitel 4 Werkstoffkennwerte
56 technisches.Handbuch
5.3.2 SBI-Test nach DIN EN 13823
technisches.Handbuch 57
Wichtige Kenngrößen für Produkte, die im SBI-Test klas- Falls im Kleinbrennertest das Papier durch brennend
sifiziert werden, sind: abtropfende Partikel entzündet wird, muss dieses
Produkt automatisch in d2 eingestuft werden. Damit hat
J die Feuerausbreitung (fire growth rate, FIGRA) dieses Produkt aber auch den Kleinbrennertest nicht
J die totale Wärmefreisetzung (total heat release, THR) erfüllt und wird automatisch in Klasse F eingestuft. Eine
J die seitliche Flammenausbreitung (lateral flame entscheidende Änderung des SBI-Tests zu nationalen
spread, LFS) Testmethoden sollte die Einführung eines Tests für Pro-
J die Rauchentwicklung (smoke growth rate, SMOGRA) dukte und ihre Endanwendungen sein. Die meisten sonst
J die totale Rauchentwicklung (total smoke production, üblichen Tests konzentrierten sich auf die Klassifizierung
TSP) der Werkstoffe. Dabei sollte ebenfalls beachtet werden,
J die Entstehung von brennend abfallenden Tropfen/ dass Produkte, die sich bis heute ohne erkennbare
Partikeln Sicherheitsmängel im Markt behauptet haben und als
brauchbar klassifiziert wurden, auch weiterhin in diesen
Für die Klassen B bis D sind sämtliche dieser Kriterien Anwendungen Verwendung finden dürfen. Ungeachtet
näher definiert. Für die Klasse E, die als Einstieg in den aller Vorbehalte wird es nach Einführung des SBI-Tests
SBI-Test zu werten ist, muss lediglich der Kleinbrenner- notwendig sein, sämtliche Produkte, die bislang als Bau-
test EN ISO 11925-2 (vergleichbar DIN 4102 B2) erfüllt produkte mit besonderen Brandeigenschaften eingesetzt
werden. Erfüllt ein Produkt die Klasse E nicht, so ist ein wurden, erneut zu testen und zuzulassen.
weitergehender SBI-Test nicht möglich. In der Klasse F
sind keine Kriterien zu erfüllen. Das Bauprodukt wird
ebenfalls in die Klasse F eingestuft, wenn Klasse E nicht 5.3.3 Brandtest nach FM 4910
erreicht wird.
Speziell für die Halbleiterindustrie bestehen hohe Anfor-
derungen an den Brandschutz, da Produktionsausfälle
Die Rauchentwicklung SMOGRA wird in drei Stufen
enorme Kosten verursachen. „Factory Mutual Global“ ist
eingeteilt:
ein amerikanischer Industrieversicherer, der untersucht,
ob Kunststoffe mit einer geringen Brandlast als Konst-
J s1 = SMOGRA ≤ 30 m2 ⋅ s-2, TSP ≤ 50 m2
ruktionswerkstoff in der Halbleiterindustrie eingesetzt
J s2 = SMOGRA ≤ 180 m2 ⋅ s-2, TSP ≤ 200 m2
werden können.
J s3 = erfüllt weder s1 noch s2
58 technisches.Handbuch
J der Ausbreitungsindex (Fire Propagating Index), Klasse V0 (höchste Anforderung), V1 oder V2 (niedrigste
FPI ≤ 6 Anforderung) eingestuft. Tritt während des Versuchs ein
J die Rauchentwicklung (Smoke Damage Index) brennendes Abtropfen auf und entzündet die darunter-
SDI ≤ 0,4 liegende Watte, so kann dieses Material, unabhängig von
J die Korrosionswirkung (Corrosion Damage Index) den anderen Messwerten, nicht mehr in Klasse V0 oder
CDI ≤ 1,1 V1 eingestuft werden. Im Gegensatz zu der Brandprüfung
nach DIN 4102 B1, nimmt die Fähigkeit eines Materials
Viele Halbzeughersteller werden verpflichtet, einen Nach- die UL 94 V0 zu erreichen, mit steigender Wanddicke
weis über die Eignung ihres Halbzeugs gemäß FM 4910 zu. Aus diesem Grund gilt die Prüfung für alle Dicken
vorzulegen, damit dieses Material in Reinräumen der des gleichen Materials als bestanden, die oberhalb der
Halbleiterindustrie eingesetzt werden kann. geprüften Materialdicke liegen. Ist z.B. ein 1 mm dicker
Die SIMONA AG hat die Zertifizierung für PVDF Rohre, Probekörper nach dem UL 94 V-Test in die Klasse V0 5
Formteile, Platten und Schweißdrähte sowie für CPVC eingestuft, steht auf dem Prüfzeugnis bei der Material-
Platten aus einem FM 4910 zertifizierten Rohstoff vor- dicke ≥ 1 mm.
liegen.
Erreicht der Kunststoff mindestens die Klassifizierung UL
94 V2, können weitere Prüfungen und dann auch Klassi-
5.3.4 Brandprüfungen nach UL 94 fizierungen durchgeführt werden, wie:
technisches.Handbuch 59
5.4 Permeation Die Menge, die ein Werkstoff absorbieren kann, ist von
der chemischen Struktur des Werkstoffes abhängig. Ge-
Kunststoffe sind aufgrund ihrer geringen Dichte für Gase
rade Kunststoffe neigen jedoch dazu, insbesondere Lö-
und Flüssigkeiten im Vergleich zu Metallen und Minerali-
semittel in erhöhtem Maße zu absorbieren und aufgrund
en verhältnismäßig durchlässig. Der Stofftransport durch
dessen zu quellen.
eine Membran heißt Permeation, wobei unter einer
Membran eine Schicht verstanden wird, die dem Trans-
Die Diffusion wird mit Hilfe des 1. und 2. Fick‘schen
port eines Gases oder einer Flüssigkeit einen merklichen
Gesetzes beschrieben. Das 1. Fick‘sche Gesetz besagt,
Widerstand entgegensetzt. Die Permeation setzt sich aus
dass sich eine Massenstromdichte j = dm/dt, d.h. die
der Adsorption, der Absorption, der Diffusion und der
Masse der Teilchen m, die durch eine konstante Fläche A
Desorption zusammen. Unter Adsorption versteht man
pro Zeiteinheit diffundiert, mit der Zunahme des Konzen-
das Anlagern eines Stoffes an der Oberfläche einer Mem-
trationsgefälles dc/dx erhöht:
bran. Dringen Gase oder Flüssigkeiten nicht allein zur
Oberfläche einer Membran vor, sondern lösen sich auch dc
j = -D · A ·
in der Membran, so spricht man von Absorption. Die Dif- dx
fusion beschreibt den Transport eines Stoffes durch die
Die Konstante D wird als Diffusionskonstante bezeichnet.
Membran zur gegenüberliegenden Grenzfläche. Die De-
sorption ist die Umkehrung der Adsorption und bedeutet
Das 2. Fick‘sche Gesetz besagt, dass die zeitliche Ände-
die Abgabe eines Stoffes aus der Membranoberfläche an
rung der Konzentration dc/dt proportional der örtlichen
die Umgebung.
Änderung der Massenstromdichte dj/dx ist:
c=S·p
∆m ∆c
=D·A· s
∆t
mit S = Sorptionskonstante
60 technisches.Handbuch
P errechnet sich dann zu: Liegen mehrere Folien hintereinander, so ergibt sich der
resultierende Permeationskoeffizient P zu:
∆m · s
P=D·S=
A · ∆t · ∆p Si
1 1 n
=
Pges Sges
· Σ
i=1 Pi
Die Diffusion, Sorption und folglich auch die Permeation
sind eine Funktion der Temperatur und gehorchen der
Arrhenius-Beziehung: n = Anzahl der Schichten
Sges = Gesamtdicke der Membran
D = D0 · exp ( )
- ED
R·T
Si
Pi
=
=
Dicke der i-ten Einzelschicht
Permeation der i-ten Schicht
S = S0 · exp ( )
- ES
R·T
5.5 Wasseraufnahme
5
P = P0 · exp ( )
- EP
R·T
Die Werkstoffe PE, PP, PVDF und ECTFE sind wasserab-
weisend. Eine Quellung und somit eine Änderung der
Dimensionsstabilität erfolgt nicht. Bei 24-stündiger Was-
R ist in obigen Formeln die allgemeine Gaskonstante.
serlagerung nach DIN 53495 wird lediglich eine geringfü-
Die Konstanten D0, S0 und P0 sind Materialkonstanten
gige Wasseraufnahme festgestellt (< 0,1 Ma.-%).
und in der Regel unabhängig von der Temperatur T, den
Aktivierungsenergien Ei (i = D, S, P) und der Konzentra-
Bei PVC ist eine minimal höhere Wasseraufnahme bei
tion c des Absorbens in der Membran. Kennzeichnend
Wassereinlagerung gegeben. Eine Änderung der Maße
in obiger Berechnung des Permeationsgleichgewichtes
erfolgt dabei nicht. Die mechanischen Werte ändern sich
ist, dass die Absorption vernachlässigt wird, da bei der
nur geringfügig. Für die meisten Anwendungsfälle ist dies
Betrachtung ein stationäres Gleichgewicht vorausgesetzt
ohne Bedeutung.
wird.
technisches.Handbuch 61
5.6 Elektrische Eigenschaften ralien, die mit metallischen oder halbleitenden Werk-
stoffen beschichtet sind. Sie eigenen sich jedoch häufig
5.6.1 Elektrische Leitfähigkeit
lediglich für dünne Schichten wie Anstriche.
Kunststoffe sind nicht nur gute thermische sondern auch
gute elektrische Isolatoren. Der spezifische Widerstand,
der sich gemäß dem Ohmschen Gesetz nach R = U/I 5.6.2 Dielektrische Eigenschaften
berechnen lässt (R = elektrischer Widerstand, U = Span-
Betrachtet man einen Plattenkondensator (Abbildung
nung, I = Strom), beträgt für Kunststoffe 1010 bis 1020
47), der aus zwei parallel zueinander aufgebauten,
Ω⋅cm. Interessant ist, dass sich der Widerstand eines
metallischen Platten besteht, so kann dieser mit Hilfe
Kunststoffes aufgrund von Polarisationsvorgängen mit
einer angelegten Spannung aufgeladen werden. Die im
der Zeit stetig zu niedrigeren Werten verändert. Daher
Kondensator gespeicherte Ladung Q ist proportional zur
liest man den Wert des Oberflächenwiderstandes gemäß
angelegten Spannung U:
DIN IEC 60093, Abs. 10.2 eine Minute nach Anlegen der
Gleichspannung ab.
Q=C⋅U
62 technisches.Handbuch
ten entgegengesetzte Ladungen gegenüberstehen und
CDielektrikum
εr = das elektrische Feld innerhalb des Kondensators um den
CVacuum
Faktor 1/εr herabgesetzt wird.
Durch ein Dielektrikum erhöht sich in der Regel die Die Dielektrizitätszahl ist dann wichtig, wenn es um den
Kapazität eines Kondensators, d.h. εr ist für viele Werk- Einsatz eines Werkstoffes im Hochfrequenzfeld geht.
stoffe größer als 1. Durch die Wechselfelder werden die Dipolmomente im
elektrischen Feld bewegt (Umpolarisation) und es kommt
Wird die Spannungsquelle vom Kondensator entfernt, so zur Erwärmung des Dielektrikums. Die relative Dielektri-
bleibt die Gesamtladung aufgrund der Energieerhaltung zitätszahl wird daher analog der mechanischen Dämp-
konstant und die Spannung, die an den Kondensator- fung in komplexer Weise dargestellt:
platten zu messen ist, sinkt durch ein zwischen den 5
Platten befindliches Dielektrikum. εr = εr΄+ iεr΄΄
εr΄΄
Der Grund dieser Erscheinung ist mit Hilfe des atomaren tan δ =
ε r΄
Aufbaus verschiedener Substanzen zu erklären. Viele
Stoffe besitzen aufgrund der chemischen Bindungen per- Da die dielektrischen Verlustfaktoren vieler ungefüll-
manente oder induzierte elektrische Dipolmomente. Die- ter Kunststoffe unter 10-3 liegen, eignen sie sich ganz
se Dipolmomente, auch Polarisationsladungen genannt, besonders für die elektrische Isolation im Hochfrequenz-
lassen sich in einem elektrischen Feld, wie es innerhalb bereich.
eines Kondensators herrscht, orientieren. Man spricht in
diesem Fall von der Polarisierbarkeit des Dielektrikums.
Die Dipole orientieren sich durch Influenz nun derart,
dass den Oberflächenladungen an den Kondensatorplat-
technisches.Handbuch 63
5.6.3 Elektrische Durchschlagfestigkeit Ed nach 5.6.5 Elektrostatische Aufladung
DIN 53481 / VDE 0303-1
Innerhalb vieler Einsatzbereiche werden SIMONA®
Aufgrund häufiger Anwendungen im elektrotechnischen Thermoplaste Belastungen in Form von mehr oder
Bereich ist es besonders wichtig, eine Aussage darüber weniger starker Reibung ausgesetzt. Dabei kann es zu
zu erhalten, bis zu welcher Wechselspannung eine elek- elektrostatischen Aufladungen kommen. Aufgrund des
trische Isolation gewährleistet ist, bevor der Werkstoff verhältnismäßig hohen Oberflächenwiderstandes fließen
zerstört wird. die Ladungen an der Oberfläche nur sehr langsam ab
und lösen eventuell Funkenentladungen aus (Explosions-
Die Durchschlagfestigkeit ist das Verhältnis von Durch- gefahr). Gleichzeitig wird durch die statische Aufladung
schlagspannung Ud (Spannung, die den zu prüfenden Staub angezogen, was die Oberfläche bei bestimmten
Werkstoff zerstört) und Probendicke. Die Durchschlag- Anwendungsfällen unansehnlich machen kann. Abhilfe
spannung und somit auch die Durchschlagfestigkeit sind wird dadurch geschaffen, dass die Leitfähigkeit des
spezifische Stoffeigenschaften. Sie sind weiterhin von Werkstoffes entweder durch Zugabe von Antistatika
der Probendicke, der Umgebungstemperatur, dem Luft- (innere Ausrüstung) oder durch eine Oberflächenmodi-
druck und der Geschwindigkeit der Spannungssteigerung fizierung erhöht wird. Antistatische SIMONA® Thermo-
abhängig. Dabei zeigt sich ein nicht lineares Verhalten plaste sind ausschließlich mit einer inneren Ausrüstung
von Plattendicke zur Durchschlagfestigkeit. versehen, die eine langjährige Wirkung gewährleistet. Wir
weisen bei dieser Art antistatisch ausgerüsteter Thermo-
plaste darauf hin, dass die genannten Eigenschaften von
5.6.4 Elektrische Kriechstromfestigkeit nach der Luftfeuchte abhängig sind.
DIN 53480 / VDE 0303-1
64 technisches.Handbuch
6 Chemische Eigenschaften
In der chemischen Industrie werden Kunststoffe in der Kontakt mit stark oxidierend wirkenden Medien, wie z.B.
Regel wegen ihrer chemischen Resistenz gegenüber Chromsäure oder Chlor. Weniger gut geeignet ist PVDF
chemisch aggressiven Medien eingesetzt. Dies bedeutet, im alkalischen Bereich, wie z.B. bei Natronlauge. PVDF
dass sich die Kunststoffe unter Einwirkung von bestimm- kann bei Anwesenheit von Alkalien innerhalb kurzer Zeit
ten Medien nicht soweit verändern dürfen, dass ihre mit dem Auftreten von Spannungsrissen reagieren. Die
Funktionsfähigkeit eingeschränkt wird. chemische Widerstandsfähigkeit von ECTFE liegt in der
Regel oberhalb der von PVDF. Im Gegensatz zu PVDF
Im Allgemeinen nimmt die Intensität des chemischen zeigt ECTFE auch eine gute Widerstandsfähigkeit bei
Angriffs bei Erhöhung von Temperatur und Konzentration alkalischen Medien. In der Regel steigt die chemische
sowie mit zunehmender Einwirkungsdauer zu. Widerstandsfähigkeit mit dem Fluoranteil im Kunststoff-
molekül.
Kunststoffe gehören zu den organischen Werkstoffen 5
und haben daher relativ niedrige Bindungskräfte, die Bei der Auswahl eines Kunststoffes für eine bestimmte
durch entsprechende Chemikalien negativ beeinflusst Anwendung müssen nicht nur das Medium, sondern
werden können. Neben den chemischen Medien können auch weitere Parameter bekannt sein, wie z.B.:
Veränderungen der Kunststoffe auch durch UV-Licht, 6
Wärme und Sauerstoff oder auch durch die Kombination J Einzelchemikalie oder Mischung
wird eine vorzeitige Alterung und damit eine verkürzte J Anwendungstemperatur (Schwankungen)
reagieren Polyolefine (Kunststoffe, die nur aus Kohlen- J Kontakt mit Lebensmitteln
stoff und Wasserstoff aufgebaut sind, wie z.B. PE und J Anforderungen an eine bestimmte Brandklasse
PP, siehe Kapitel 3.1 und 3.2) mit oxidierend wirkenden J Anforderungen an andere Zulassungen
wie z.B. Aceton, ist PVC-U in der Regel nicht oder nur J Massenabnahme bis hin zum Auflösen
eingeschränkt geeignet. PVDF ist gut geeignet für den J Verfärbung (bei Fluorkunststoffen muss dies nicht
mit einer Schädigung einhergehen)
technisches.Handbuch 65
J Versprödung / Bildung von Spannungsrissen Eine Aussage zur Bestimmung der Beständigkeit gegen
J Vernetzung umgebungsbedingte Spannungsrissbildung (ESC) liefert
die DIN EN ISO 22088.
Liegen keine Erfahrungswerte zum Verhalten des Kunst-
stoffes gegenüber dem Medium vor, kann kurzfristig nur Die eben erwähnten Normen zur Bestimmung der
eine Abschätzung erfolgen. Für eine genauere Aussage chemischen Widerstandsfähigkeit und zur Bestimmung
ist ein Einlagerungsversuch, entweder im Labor oder vor der umgebungsbedingten Spannungsrissbildung können
Ort, notwendig. bei einer Materialeinlagerung keinen zahlenmäßigen
Messwert liefern, um den Einfluss des Mediums auf den
Zur Beurteilung der chemischen Widerstandsfähigkeit Thermoplast bei der rechnerischen Behälterauslegung zu
von Thermoplasten gibt es verschiedene Normen, berücksichtigen.
wie z.B.:
Um den Einfluss des Mediums auf die Auslegung eines
J ISO 4433 Thermoplast-Behälters berücksichtigen zu können, hat
J DIN 16888 man den Faktor chemische Resistenz fCR eingeführt.
J DIN EN ISO 175 Bei der Behälterauslegung wird der chemische Abminde-
rungsfaktor A2I (Abminderung Stabilität und Verformung)
Nach diesen Normen werden die Probekörper span- bzw. A2B (Abminderung Spannung) berücksichtigt. Der
nungsfrei eingelagert. Eine Aussage zu einem möglichen A2-Faktor stellt dabei den Kehrwert des Faktors der che-
spannungsrissauslösenden Effekt ist daher nach diesen mischen Resistenz fCR dar: A2 = 1/fCR.
Normen nur eingeschränkt bis gar nicht möglich.
Dieser Faktor gibt die Auswirkung einer Chemikalie auf
Die SIMONA Halbzeuge können im hauseigenen Labor
®
den Thermoplasten im Verhältnis zu Wasser an. Der Fak-
gemäß der ISO 4433 geprüft und beurteilt werden. Als tor ist immer ≥ 1. Ist der Faktor 1, bedeutet dies, dass
Maßstab für die Beurteilung der chemischen Wider- die Chemikalie auf den Thermoplast so wirkt wie Wasser.
standsfähigkeit dienen Änderungen der Masse und der Bestimmt wird er nach der DIN 16889.
mechanischen Eigenschaften (E-Modul, Streckspannung,
Dehnung bei Streckspannung und Reißdehnung). Die In der veröffentlichten Liste der chemischen Wider-
chemischen Beständigkeiten sind in unserer Datenbank standsfähigkeit der SIMONA® Werkstoffe sind in der
SIMCHEM aufgeführt (www.simchem.de). Regel einzelne Chemikalien aufgeführt. In der Praxis
werden in den überwiegenden Fällen Mischungen von
Um eine mögliche spannungsrissauslösende Eigenschaft verschiedenen Chemikalien eingesetzt, die nicht in die-
eines zu prüfenden Mediums beurteilen zu können, wer- ser Liste aufgeführt sind. In diesen Fällen bitten wir Sie,
den bei unseren Einlagerungen zusätzlich unter Span- sich für eine Materialempfehlung mit unserem Technical
nung gesetzte Probekörper mit in das jeweilige Medium Service Center in Verbindung zu setzen.
eingelagert.
66 technisches.Handbuch
7 Sonstige Eigenschaften
technisches.Handbuch 67
Die von SIMONA nach oben genannten Kriterien her- 7.1.2 Kontakt mit Trinkwasser
gestellten, von unabhängigen Instituten auf Migration
Die europäische Trinkwasserrichtlinie stellt den höchsten
geprüften und nachfolgend genannten Werkstoffe sind
internationalen Standard dar. Die Trinkwasser-Richtlinie
grundsätzlich für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet:
der Europäischen Union (EU Richlinie 98/83/CE) legt
fest, dass Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch
J PE-HD (natur, schwarz)
frei von Krankheitserregern und Keimen und hinsicht-
J PE 100 (natur, schwarz)
lich Geschmack, Geruch und Aussehen („rein und klar“)
J PE 500 (natur, schwarz, grün, dunkelblau, hellblau,
einwandfrei sein muss.
rot, gelb, rotbraun, grau)
J PE 1000 (natur, schwarz, grün, dunkelblau)
Die Qualität des Trinkwassers in Deutschland wird durch
J PP-H natur, PP-H AlphaPlus®
die Trinkwasserverordnung TrinkwV 2001 (mit Änderun-
J PP weiß 9002
gen aus 2012) geregelt. In ihr sind alle Anforderungen
J PVDF
an kurz oder langfristige Installationen enthalten. Sie
J PVC-LZ
stellt die Umsetzung der EG-Richtlinie 83/98 (CELEX Nr:
J SIMOPOR-LZ
398L0083) in nationales Recht dar.
68 technisches.Handbuch
rens beträgt 10 Tage. Im Wesentlichen werden hierbei 7.2 Strahlenbeständigkeit
die Parameter
Die Wirkung energiereicher Strahlen auf Kunststoffe ist
nicht von der Strahlenart, sondern ausschließlich von
J äußere Beschaffenheit (u.a. Klarheit, Färbung,
der Höhe der Strahlendosis abhängig (Ausnahme: bei
Geruch, Geschmack),
sehr schweren Teilchen wie α-Teilchen, Protonen, etc.).
J Abgabe von organisch gebundenen Kohlenstoffen
Durch Bestrahlung in Umgebungsatmosphäre ergeben
(TOC) und
sich wesentlich kürzere Standzeiten als unter Ausschluss
J Chlorzehrung
des Luftsauerstoffes. Die für die Standzeit ausschlag-
überprüft.
gebenden Dosiswerte können Tabelle 9 entnommen
werden.
Bei der Prüfung nach dem DVGW-Arbeitsblatt W 270
handelt es sich um eine reine Materialprüfung. Der zu
Werkstoff Höchstzulässige Dosis bei Langzeit-
prüfende Gegenstand wird über die gesamte Prüfdauer Dosis beanspruchung
Mrad * Mrad *
in einem permanent vom Prüfwasser durchströmten Be-
PE-HD 10 1
cken eingelagert. Die Gesamtdauer der Prüfung beträgt
PP 3 0,1
6 Monate. Nach 3 bzw. 6 Monaten wird der Prüfkörper PVC 60 6
entnommen und auf sein mikrobiologisches Langzeitver- PVDF 40 20
halten (u.a. Bewuchsbildung) untersucht. E - CTFE 200 50
Tabelle 9: Strahlenbeständigkeit
Eine KTW und DVGW-W 270 Untersuchung haben wir für
folgende SIMONA® Materialien durchgeführt: * 104 J/kg = 1 Mrad
7
technisches.Handbuch 69
8 Langzeiteigenschaften
8.1.1 Zeitstandzugversuch
70 technisches.Handbuch
50 Jahren mit Wasser bei 20 °C eine Mindestfestigkeit In Zukunft sollen weitere Prüfvarianten, je nach Probe-
des Werkstoffes von 10 MPa zu erwarten ist. körperdicke, in die DVS übernommen werden. Hierzu
zählt z.B. der 2-Notch Creep Test (2NCT) (DVS 2203-4
Vergleicht man geschweißte Rohrleitungen mit un- Beiblatt 4).
verschweißten des gleichen Typs, so kann hiermit die
Langzeitfestigkeit der Verbindungstechnik überprüft und
der Langzeitschweißfaktor bestimmt werden. 8.1.4 Zeitstandkurven
technisches.Handbuch 71
bei den meisten Materialien nur noch durchgezogene Wie wird mit Zeitstandkurven gearbeitet?
Linien zu finden. Mit Hilfe der Zeitstandkurve (siehe Abbildung 49) kann
bei vorgegebener Lebensdauer t1 und Betriebstempera-
Materialalterung, die sich durch Werkstoffversprödung tur T eines Bauteiles die Belastungshöhe grundsätzlich
auswirkt, schränkt die Möglichkeit, Zeitstandkurven zu ermittelt werden (Bruchkurve Wasser: K = 5 N/mm²).
extrapolieren, ein. Ein heranzuziehendes Kriterium für
Alterung ist z.B. die Abnahme der Reißdehnung um einen Die ermittelten Spannungswerte berücksichtigen jedoch
bestimmten Prozentsatz. Da jedoch werkstoffspezifische nicht die tatsächlichen Belastungen in der Praxis, her-
Grenzwerte bislang noch nicht festgelegt worden sind, vorgerufen durch mehr oder weniger aggressive Medien
wird auf die Angabe der Altersgrenzlinie in den Zeitstand- sowie Schweißverfahren. Diese müssen gesondert er-
diagrammen verzichtet. Nachfolgend ist eine PE 100 mittelt werden (s.a. DVS 2205-1, DIBt-Medienliste). Jene
Zeitstandkurve zu sehen. Betriebsbedingungen spiegeln sich in einer imaginären
72 technisches.Handbuch
Kurve (siehe Abbildung 50) wieder. Im gezeigten Beispiel Gleichzeitig lässt sich aus einem Zeitstanddiagramm die
ist der Spannungswert σA = 3 N/mm². tatsächliche Lebensdauer t2 eines Bauteiles ermitteln.
Hier im Beispiel ist die maximale Betriebsbelastung
σzul = 1,5 N/mm².
log σ
Bruchkurve Wasser imaginäre Kurve unter Berück-
sichtigung von Schweißung und
chem. Resistenz
K(t,σ) = 5 N/mm2
σA = 3 N/mm2
Alterungskurve
8
log t
t1 t2
technisches.Handbuch 73
8.1.5 Isochrone Spannungs-Dehnungs-Diagramme Was bedeutet das für die Praxis?
Da Thermoplaste beim Langzeiteinsatz sowohl Spannun-
Isochrone Spannungs-Dehnungs-Diagramme gehören zu
gen abbauen als auch zu mehr oder weniger ausge-
den aussagekräftigsten Diagrammen. Mit ihnen lassen
prägtem Kriechen neigen, lassen sich mit Hilfe der
sich zeitabhängige Spannungs- und Verformungsände-
isochronen Spannungs-Dehnungsschaubilder die o.a.
rungen (auf den Linien gleicher Einsatzdauer = Isochrone)
Verhaltensweisen bei Einsatzbeginn eines Werkstoffes
für den Retardations- und Relaxationsfall ermitteln. Auch
im Voraus abschätzen.
der Kriechmodul als Funktion von Zeit und Spannung
kann einfach errechnet werden. Für Bauteile, die einer
konstanten Belastung ausgesetzt sind, ergeben sich aus
dem Schnittpunkt mit Isochronaten (Zeit, Temperaturab-
hängigkeit; siehe Beispiel PE 100-Kurven) und Spannung
die zeitabhängigen Dehnwerte. Dabei sollten jedoch nur
die zulässigen Dehnwerte berücksichtigt werden. Beim
Relaxationsfall, also bei konstanter Deformation, neh-
men die Spannungen im Werkstoff zeitabhängig ab.
74 technisches.Handbuch
Andererseits ist es möglich, mit Hilfe der waagerechten gefundenen Zeitstandwerten wird abhängig von den
Retardationsgeraden bei konstant anliegender äußerer chemischen Einflüssen der Füllmedien die maximal
Belastung zu ermitteln, um welchen Betrag sich ein zulässige Spannung eines Bauteiles ermittelt.
Thermoplast bei unterschiedlichen Einsatzzeiten dehnt
(kriecht). Im Punkt C weist der Werkstoff bei 10n Stunden 2. Verformung (z.B. Dehnung):
eine geringere Dehnung auf als in Punkt D bei längeren Der charakteristische Kennwert ist der sogenann-
Einsatzzeiten (10 n+6
Stunden). te Kriechmodul Ec. Dabei handelt es sich um den
Quotienten aus Spannung und Gesamtdehnung. Der
Kriechmodul ist zeit- und temperaturabhängig und
8.2 Statische Berechnungen kann mittels sogenannter Kriechkurvendiagramme
(siehe Beiblätter der DVS 2205-1) ermittelt werden.
Unsere technischen Service-Abteilungen (das Techni-
cal Service Center sowie die Anwendungstechnik der
3. Steifigkeit
Division Rohre und Formteile) erstellen auf Wunsch
Bei sehr großflächigen Bauteilen ist die Steifigkeit der
statische Berechnungen für Behälter entsprechend den
verwendeten Kunststoffe der entscheidende Faktor
Richtlinien des Deutschen Verbands für Schweißen und
für die Ermittlung der erforderlichen Wanddicken. Wird
verwandte Verfahren e.V. (DVS) 2205-1, 2 und 5 sowie
die Durchbiegung der Behälterwand mit den nach 1.
entsprechende statische Nachweise für Rohre nach den
bzw. 2. berechneten Wanddicken zu groß, so muss ein
Richtlinien der Abwassertechnischen Vereinigung ATV A
Großteil der äußeren Belastung durch Membrankräfte,
127, ATV M 127 und der DVS 2210. Diese Statiken für
d.h. Zugkräfte, aufgefangen werden. In solchen Fällen
thermoplastische Bauteile werden von unabhängigen
ist eine Erhöhung der Wanddicke erforderlich. Dies
Prüfstellen als prüffähig anerkannt.
führt zu einer Erhöhung der Plattensteifigkeit und zu
einer Minimierung der auftretenden Spannungen.
Bei der Auslegung von Bauteilen und Behältern aus ther-
moplastischen Kunststoffen spielt deren zeit- und tempe-
Auch bei der Auslegung von Rohren erfolgt ein Stabili- 8
raturabhängiges Eigenschaftsprofil eine entscheidende
tätsnachweis zur Ermittlung des Sicherheitsabstandes
Rolle. Grundsätzlich erfolgt die Berechnung auf der Basis
zwischen kritischer Last und tatsächlich vorhandener
von Langzeitwerten. In Abhängigkeit von der Belastungs-
Belastung. Dies geschieht unter Berücksichtigung der
art sind im Allgemeinen drei Kriterien zu berücksichtigen:
Einflüsse von vertikaler Gesamtlast (Erd- und Verkehrs-
last), äußerem Wasserdruck (Grundwasser) sowie
1. Maximal zulässige Spannung:
Überlagerung von vertikaler Gesamtlast und äußerem
Die Berechnung erfolgt unter der Bezugnahme auf die
Wasserdruck.
Zeitstandfestigkeit K (t,T) des verwendeten Werkstof-
fes (siehe Beiblätter der DVS 2205-1). Diese stellt
Um die Abwicklung dieser besonderen Serviceleistung
die Langzeitfestigkeit von thermoplastischen Werk-
unserer anwendungstechnischen Abteilung zu erleich-
stoffen als Funktion der Zeit t und der Temperatur T
tern, stellen wir Ihnen gerne Fragebögen zur statischen
unter Einwirkung des Mediums Wasser dar. Aus den
technisches.Handbuch 75
Auslegung von Behältern, Schächten und Rohrleitungen
zum Download auf unserer Homepage zur Verfügung
(www.simona.de/download). Fragen zu den Einsatzmög-
lichkeiten der unterschiedlichen SIMONA® Kunststoffe
werden Ihnen unsere Mitarbeiter gerne im Vorfeld
beantworten.
76 technisches.Handbuch
9 Kunststoffphysik
Ein zweiter Grund für die inneren Spannungen liegt in Einbettungseigenspannungen höherer Art sind aus-
der Verstreckung der Moleküle während der Extrusion schließlich im mikroskopischen (sehr kleinen) Bereich
(Orientierungsspannungen). Dieser Anteil ist aber im des Werkstoffes oder im submikroskopischen Bereich,
Vergleich zu den Abkühlspannungen in der Regel als d.h. im Bereich der Atome und Moleküle, zu finden.
gering einzustufen.
technisches.Handbuch 77
J Eigenspannungen im mikroskopischen Bereich beim Ur- oder Umformen entstehenden Eigenspannungs-
= Spannungen in der Umgebung von Füllstoffparti- potentiales nimmt zu mit
keln oder Farbpigmenten
J Eigenspannungen im submikroskopischen Bereich J steigender Abkühlgeschwindigkeit
= Spannungen an den Grenzen der kristallinen J steigender Differenz des spezifischen Volumens
Bereiche bei Sphärolitbildung (diese Art von Eigen- (bzw. Dichte), die während des Prozesses auftritt
spannungen ist z.B. bei dem Werkstoff Polypropylen
von Bedeutung) In Abbildung 54 ist schematisch das spezifische Volumen
in Abhängigkeit der Temperatur für amorphe und teilkris-
Von allen bisher genannten Arten kommt den Abkühlei- talline Thermoplaste aufgezeigt.
genspannungen besondere Bedeutung zu. Die Höhe des
Abbildung 54: Abhängigkeit des spezifischen Volumens von der Temperatur; links: amorphe Thermoplaste; rechts: teilkristalline
Thermoplaste
78 technisches.Handbuch
9.2 Verminderung der Eigenspannungen 20 Min/mm betragen. Anschließend erfolgt die Abküh-
lung, die sehr sorgfältig und langsam durchgeführt wer-
Vor allem teilkristalline Thermoplaste besitzen stark
den soll. Empfehlenswert ist eine Abkühlrate von 5 K/
unterschiedliche spezifische Volumina zwischen
(min · Wanddicke in mm). Beim Abkühlen muss jedoch
Schmelz- und Raumtemperatur. Um das daraus resultie-
nicht in jedem Fall bis auf Raumtemperatur abgekühlt
rende Eigenspannungsniveau so gering wie möglich zu
werden. In der Regel kann das Halbzeug bereits bei
halten, sollte die Umformtemperatur nur knapp oberhalb
einer Temperatur von 40 °C aus dem Ofen entnommen
des Kristallitschmelzbereiches liegen. Oft lässt die Ur-
werden.
bzw. Umformtechnik keine gezielte Beeinflussung der
eigenspannungsbildenden Parameter zu. Abhilfe bietet
Im Allgemeinen gilt: Je höher die Temperatur, desto
hier die Möglichkeit einer nachträglichen Wärmebehand-
geringer sollte die Abkühlgeschwindigkeit sein.
lung mittels Tempern. Um hierbei den größtmöglichen
Erfolg zu erzielen, sollten eine Reihe von Einflussgrößen
Tempern von Kunststoffteilen ist generell nur dann sinn-
beachtet werden, da die Wärmebehandlungstemperatur
voll, wenn eine Formänderung infolge Wärmedehnung
werkstoffabhängig gewählt werden muss.
unbehindert erfolgen kann. Ist dies nicht der Fall (z.B.
Kunststoffplatte in Metallrahmen fest eingespannt), so
J Amorpher Werkstoff: Tempern nahe der Glasüber-
stellen sich dort Wärmespannungen ein. Der Zeitpunkt
gangstemperatur
für den Tempervorgang ist deshalb innerhalb eines Ferti-
J Teilkristalliner Werkstoff: Tempern ca. 10 bis 20 K
gungsablaufes sorgfältig auszuwählen.
unterhalb der Kristallitschmelztemperatur
technisches.Handbuch 79
hohen Potential an Eigenspannungen behaftet sind, von der Temperatur. Während der E-Modul mit steigender
werden alle SIMONA® PP Rohre spannungsarm in einem Temperatur abfällt, nimmt der lineare Ausdehnungsko-
Inline-Prozess getempert. Durch diese Wärmebehand- effizient zu. Da sich diese gegenläufigen Tendenzen im
lung kann die Belastbarkeit erheblich gesteigert werden. Allgemeinen jedoch nicht kompensieren, kann das Pro-
dukt aus E-Modul und Ausdehnungskoeffizient nicht als
Auch beim Tiefziehen können Abkühleigenspannungen Konstante betrachtet werden. Außerdem werden bei der
eingefroren werden, die dann die Verarbeitungs- und obigen Abschätzung Relaxationsprozesse nicht berück-
Nachschwindung beeinflussen. Günstig sind hierbei hohe sichtigt. Erfolgt der Temperaturanstieg aber langsam, so
Werkzeugtemperaturen und geringe Abkühlgeschwindig- haben dabei entstehende Wärmespannungen die Mög-
keiten. lichkeit, sich durch Relaxation teilweise abzubauen.
80 technisches.Handbuch
Abbildung 55: Spannungsverlauf bei Wechseltemperaturen
Wird der in der Zugprüfmaschine fest eingespannte mäßig nahezu gleich groß wie die beim Aufheizvorgang.
Probekörper mit einer Temperatur belastet, so stellt sich Bedingt durch den Relaxationsprozess in der warmen
mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung (Kunststoff ist Phase wird zum Zeitpunkt t4 ein Spannungsniveau er-
ein schlechter Wärmeleiter) eine Druckspannung σW ein. reicht, das unterhalb des Ausgangsniveaus liegt.
9
Zum Zeitpunkt t1 befindet sich der Prüfling mit seinem
gesamten Querschnitt auf dem Temperaturniveau T1. Bei Der Probekörper weist jetzt nach dem ersten Wechsel-
konstantem Temperaturverlauf setzen bei t2 Relaxations- temperaturzyklus Zugeigenspannungen auf. Im Zeitin-
prozesse ein, d. h. die Spannung nimmt degressiv über tervall t4 bis t5 wird die Temperatur weiterhin konstant
die Zeit ab. Zum Zeitpunkt t3 wird das ursprüngliche Tem- gehalten. Auch im kalten Bereich findet eine, jedoch
peraturniveau T0 wiederhergestellt. Die Spannungsän- wesentlich geringere, Spannungsrelaxation statt. Dabei
derung Δσ zwischen dem Zeitpunkt t2 und t3 ist betrags- ist die Relaxationsgeschwindigkeit in Abhängigkeit zur
technisches.Handbuch 81
Temperatur zu sehen. Dies erklärt das höhere Zugspan- fall klaffende Risse in der Auskleidung sichtbar, so ist
nungspotential nach dem zweiten Wechseltemperaturzy- dies ein eindeutiger Indikator für das Versagen infolge
klus. übergroßer Wärmespannungen.
Tendenziell ist schon jetzt zu erkennen, dass nach wei- In der Praxis kann das Wissen über solche Vorgänge
teren Wechseltemperaturzyklen eine stetige Verlagerung wesentlich zur Ursachenfeststellung bei eventuellen
der Wärmespannung aus dem Druck in den Zugspan- Schadensfällen beitragen.
nungsbereich stattfindet. Die dabei maximal erreichbare
Zugspannung hat ebenfalls den Betrag von σW. Hier ein typisches Beispiel für einen Schadensfall, bei
dem zu hohe Wärmespannungen zum Versagen des
Nach unendlich vielen Zyklen wird sich jetzt die Wärme- Materials geführt haben:
spannung immer zwischen dem Spannungsnullniveau
und σW bewegen. Das bedeutet, dass bei Erreichen der J ein geschädigtes Bauteil zeigt klaffende Risse
Maximaltemperatur im Betriebszyklus niemals Zug- J das Bauteil war einem oder mehreren Wechsel-
82 technisches.Handbuch
J Schubkräfte, wie sie beim Fließen von Schmelzen in SIMONA produziert auf Anfrage Platten, die speziell für
Kanälen (Extrudieren), zwischen bereits erstarrten das Tiefziehen geeignet sind. Solche Platten besitzen ein
Kunststoffwandungen (Spritzgießen) oder zwischen hohes Orientierungsniveau. Dies hat folgenden Grund:
Walzen (Kalandrieren) auftreten
J Dehnkräfte, wie sie z.B. beim Zugversuch, bei der Beim Tiefziehen wird die kalte Platte in einen Metall-
Blasfolienextrusion oder im Einlaufbereich von Düsen rahmen fest eingespannt. Die durch die Erwärmung
bzw. an Querschnittverengungen entstehen verursachte Wärmedehnung wird in axialer Richtung
behindert, hervorgerufen durch die feste Einspannung.
Kühlen solche durch Schub- oder Dehnkräfte orientierten Aus diesem Grund beginnt sich die Platte zu wellen.
Kunststoffschmelzen über den Kristallitschmelzbereich Beim Überschreiten der Glastemperatur (amorphe
bzw. die Glastemperatur hinweg ab, so frieren diese Thermoplaste) bzw. der Kristallschmelztemperatur (teil-
Orientierungen ein und die Moleküldeformation bleibt kristalline Thermoplaste) beginnen entropieelastische
unterhalb der Einfriertemperatur erhalten. Erst oberhalb Rückstellkräfte zu wirken. Die Makromoleküle haben
dieser Einfriertemperatur nehmen die Moleküle wieder das Bestreben, den Zustand größter Entropie und somit
ihre statistisch ungeordnete Knäuelgestalt ein, wenn „Unordnung/Knäueligkeit“ einzunehmen. Die gereckten,
nicht Kräfte für das Aufrechterhalten der Deformation orientierten Makromoleküle ziehen sich wieder zusam-
sorgen. Wird ein orientierter Probekörper in eine Kraft- men. Die Wellenbildung geht zurück, die Platte spannt
messeinrichtung eingespannt (z.B. Zugprüfmaschine) sich. Erst mit weitersteigender Temperatur wirken sich
und über die Einfriertemperatur hinaus erwärmt, so die viskosen Eigenschaften der Schmelze aus und es
treten (Zug-) Kräfte auf, die umso größer werden, je stär- wird Stützluft benötigt, um die Platte nahezu eben zu
ker der Stab orientiert ist. Deshalb wird des Öfteren im halten.
Zusammenhang mit der Orientierung auch von „eingefro-
renen Spannungen“ gesprochen. Beim nun folgenden eigentlichen Tiefziehen wird der
Werkstoff wieder mehr oder weniger stark verstreckt.
Hier entsteht häufig eine Verwechslung mit dem Begriff Das Tiefziehteil besitzt eine größere Oberfläche und im
„Eigenspannungen“ (siehe Kapitel 9.1 Spannungsarten), Allgemeinen eine geringere Wanddicke als die Ausgangs-
die beim Abkühlen von Schmelzen entstehen. Orien- platte. Es findet erneut eine Orientierung statt.
tierungen und Eigenspannungen sind jedoch in ihrer
Entstehung und auch in ihrer Auswirkung grundsätzlich Ist die eigentliche Formung beendet, wird das tiefgezoge-
9
verschieden. ne Teil aus wirtschaftlichen Gründen möglichst schnell
abgekühlt. Hierbei frieren die beim Verstrecken einge-
Dieser Unterschied lässt sich am Beispiel eines dick- brachten Orientierungen infolge von Dehnkräften ein. So
wandigen Tiefziehteiles aufzeigen. Dickwandige Platten kann unter Umständen das Tiefziehteil einen höheren
besitzen einen annäherungsweise parabelförmigen Orientierungsgrad besitzen als die Ausgangsplatte. Be-
Abkühleigenspannungsverlauf mit Druckspannungen dingt durch die schroffe Abkühlung, die aus verfahrens-
auf den Außenseiten und Zugspannungen im Zentrum. technischen Gründen im Allgemeinen einseitig erfolgt
technisches.Handbuch 83
(eine Werkzeugkühlung ist beim Tiefziehen selten zu fin- Schlagzähigkeit (auf Richtung der Probenentnahme
den), werden zusätzlich Abkühleigenspannungen in das bezogen) an: an║ > an,isotrop > an┴
Tiefziehteil eingebracht. Werkzeugseitig entstehen beim Wärmespannung α: α║ > αisotrop > α┴
Abkühlprozeß Zugeigenspannungen, da hier die Abkühl-
geschwindigkeit geringer ist als auf der gegenüberliegen- Mit ║ = parallel zur Orientierungsrichtung (Extrusionsrich-
den, der Kühlung zugewandten Seite. Diese wird später tung) und ┴ = senkrecht zur Orientierungsrichtung (quer
Druckeigenspannungen aufweisen. Die Spannungsver- zur Extrusionsrichtung).
teilung des Tiefziehteiles verläuft demnach linear, im
Gegensatz zum parabelförmigen Eigenspannungsprofil Die Zunahme der mechanischen Festigkeit in Orientie-
der Ausgangsplatte. rungsrichtung erklärt sich dadurch, dass bei äußeren
Belastungen hier primär die Hauptvalenzbindungen die
Wie beim Tiefziehprozess, können sich auch bei jedem äußeren Kräfte aufnehmen müssen, während dies bei
anderen Umformungsprozess sowohl der Eigenspan- Beanspruchung in Querrichtung durch die zwischenmo-
nungs- als auch der Orientierungszustand ändern (z.B. lekularen Verbindungen oder Nebenvalenzbindungen
Abkantschweißen, Warmbiegen etc.). geschieht.
Die mechanischen Eigenschaften sind generell in Orien- Die in der ruhenden Schmelze ursprünglich verknäuelten
tierungsrichtung höher als quer dazu. In Bezug auf die und verschlauften Moleküle werden im Extruder infolge
Wärmedehnung tritt der gleiche Fall auf. einer Scherbelastung orientiert und gestreckt. Nach
Verlassen der Düse versuchen sie, diese aufgezwungene
Festigkeit σB: σB║ > σB,isotrop > σB┴ Orientierung rückgängig zu machen, d.h. sie möchten
84 technisches.Handbuch
ihre ursprüngliche Gestalt wieder einnehmen (Memory 9.7 Einflüsse auf die Bauteilfestigkeit
Effekt).
9.7.1 Kerbwirkung
Durch eine schnelle Abkühlung der Kunststoffschmelze Bei der Berechnung von Bauteilspannungen wird meist
werden die Moleküle daran gehindert, ihren verknäuel- von einem gleichförmigen (Zug-) bzw. linearen (Biege-)
ten Zustand wieder einzunehmen und ein größerer Anteil Spannungsverlauf über den gesamten Querschnitt aus-
der Orientierung bleibt erhalten, d.h. er wird „eingefroren“. gegangen (Abbildung 56).
Bei Erwärmung bis oder über die „Einfriertemperatur“ Am real beanspruchten Bauteil existieren solche gleich-
hinaus setzt wieder der obige Memory Effekt ein. förmigen Lastverteilungen jedoch nicht.
9.6 Schwindung
technisches.Handbuch 85
Die nach elastizitätstheoretischen Berechnungen auf-
tretenden Spannungen sind von der Kerbtiefe und dem
Kerbradius abhängig. Diese zu beurteilen und in der
rechnerischen Auslegung von Bauteilen zu berücksich-
tigen, setzt bei Kunststoffen große Erfahrung voraus.
Die Elastizitätstheorie und die Bruchmechanik, die die
geometrische Inhomogenität von Werkstoffen behandelt,
wurde für rein elastische Materialien entwickelt. Somit
sind diese Überlegungen nur bedingt auf Thermoplaste
übertragbar.
Wie in Abbildung 57 zu erkennen, kann die Kerbwirkung 9.7.2.1 Verschweißbarkeit von Werkstofftypen
durch möglichst stetige Übergänge klein gehalten wer-
Grundsätzlich können nur Kunststoffe der gleichen Art,
den. Je tiefer und schärfer die Kerbe ausgebildet wurde,
also z.B. PP mit PP, und innerhalb dieser nur solche mit
desto höher wird die Spannungsspitze am Kerbgrund
gleichem oder ähnlichem (benachbartem) Molekular-
sein.
gewicht und gleicher Dichte miteinander verschweißt
werden, wobei die Einfärbung unberücksichtigt bleiben
Für das Verhalten eines Bauteiles unter Betriebsbean-
kann. Dies bedeutet, dass bestimmte Werkstoffe grund-
spruchung ist demnach nicht allein die Festigkeit eines
sätzlich nur innerhalb einer bzw. zweier benachbarter
Werkstoffes, sondern auch die konstruktive Gestaltung
Schmelzindexgruppen mit ausreichender Sicherheit
und Oberflächengüte verantwortlich. Da die äußere
miteinander verschweißt werden können.
Gestalt und die innere Homogenität des Werkstoffes die
Bauteilfestigkeit stark beeinflussen, spricht man auch
von der Gestaltfestigkeit.
86 technisches.Handbuch
Die Schmelzindexgruppen der Werkstoffe können den PVDF
Formmassenbezeichnungen (PE nach DIN EN ISO Wie bereits erwähnt, existieren im Markt zwei ver-
17855-1, PP nach DIN EN ISO 19069-1, PVC-U nach schiedene Polymerisationsverfahren: Emulsions- und
DIN EN ISO 1163-1, Fluorpolymere nach DIN EN ISO Suspensions-PVDF. Die DVS-Richtlinie 2207-15 be-
12086-2) entnommen werden. Hart- und Weichpoly- handelt sowohl das Heizelementstumpf- wie auch das
ethylen können nicht miteinander verschweißt werden. Heizelementmuffenschweißen von extrudierten Rohren,
Eine Ausnahme hierzu bildet z.B. die Möglichkeit einer Formteilen und Platten. Diese Richtlinie beschreibt die
ausreichenden Verbindung durch Schweißen von PVC-U Schweißeignung von PVDF unabhängig vom Herstellver-
mit Acrylglas (PMMA). fahren. Wenn die Dichte zwischen 1,7 und 1,8 g/cm3
und der Schmelzindex MFR (230/5) zwischen 1,0 und
Bei PE-HD wird zwischen PE 63, PE 80 und PE 100 un- 25 g/10 min. liegt, kann von einer uneingeschränkten
terschieden, die grundsätzlich miteinander verschweißt Schweißeignung ausgegangen werden.
werden können. Bei PP wird zwischen PP-H, PP-B und
PP-R unterschieden, die ebenfalls miteinander ver- ECTFE
schweißt werden können. Für den Werkstoff PVDF gibt es Da es sich beim ECTFE um ein verhältnismäßig neues
zurzeit keine Norm bzw. Typeneinteilung. Am Markt sind Material handelt und somit die Langzeitkennwerte noch
hier jedoch zwei Polymerisationsverfahren bekannt, mit nicht komplett nachgewiesen sind, ist es in den DVS-
denen der Rohstoff PVDF hergestellt werden kann. Ob- Richtlinien noch nicht komplett zu finden. Die Kennwerte
wohl die Eigenschaften im Detail teilweise unterschied- für das Warmgasziehschweißen sind in der DVS 2207-3,
lich sind, trifft dies nicht auf das Schweißen zu. Beiblatt 3 gelistet.
PE-HD
Materialien mit einer Schmelzmassefließrate MFR 9.7.2.2 Schweißverfahren
(190/5) 0,2 - 1,7 g/10 min. sind für die Schweißung
Die verschiedenen Schweißmethoden zum Verbinden
geeignet. Dies bedeutet, dass die Schmelzeviskosität bei
thermoplastischer Kunststoffbauteile unterscheiden
der Erwärmung sehr ähnlich ist. Diese Aussage ist in DVS
sich im Wesentlichen in der Art, wie die Wärme in die
2207-1 enthalten und wurde auch vom DVGW (Deut-
Schweißzone gebracht wird.
scher Verband für Gas und Wasser) in einer Verlautba-
rung bestätigt.
9
PP-H, PP-B, PP-R
Die Schweißbarkeit ist innerhalb der Schmelz-Masse-
fließrate MFR (230/2,16) 0,2 - 0,6 g/10 min. bezie-
hungsweise MFR (190/5) 0,4 - 1,0 g/10 min. gegeben.
Diese Aussage können Sie in der DVS 2207-11 nachle-
sen.
technisches.Handbuch 87
Im industriellen Maßstab haben sich folgende Schweiß- In der Abbildung 58 sind vier verschiedene Eckverbin-
verfahren etabliert: dungen unterschiedlicher Gestaltung aufgezeigt. Werden
diese Eckverbindungen einer Biegebeanspruchung aus-
J Warmgasziehschweißen gesetzt, so zeigt sich, dass rechtwinklige Eckverbindun-
J Warmgasfächelschweißen gen generell wesentlich ungünstiger sind als gerundete
J Warmgasextrusionsschweißen Ecken mit Fügestellen außerhalb der Rundung. Rundun-
J Heizelementstumpfschweißen gen erlauben immer eine günstige Spannungsverteilung
J Heizelementmuffenschweißen und ergeben eine bis zu 10-fach höhere Gestaltfestigkeit
J Heizwendelschweißen als konventionelle rechtwinklige Eckverbindungen.
J Reibschweißen
Für weitere Details sei an dieser Stelle auf die DVS 2207
verwiesen, die eine genaue Beschreibung der einzelnen
Schweißverfahren enthält und auch auf die einzelnen
Schweißnahtformen eingeht.
9.7.2.3 Gestaltfestigkeit
T-förmige Verbindungen zeigen bei einseitig geschweiß-
Grundlage einer guten Schweißnahtqualität ist die
ter Naht ein erheblich ungünstigeres Verhalten als bei
Beachtung der rohstoffbedingten Einflüsse, der Her-
zweiseitiger Schweißung (Abbildung 59).
stell- bzw. Verarbeitungsbedingungen der Halbzeuge
sowie der optimalen Fügezonenausbildung. Innere und
Wichtig ist auch hier, dass auf der Zugseite des bean-
äußere Kerben sowie ungünstige Wanddickenübergänge
spruchten Teiles keine Kerben vorhanden sind. Kehlnäh-
ergeben eine Gestaltfestigkeit, die teilweise wesentlich
te stellen eine gewisse Rundung dar. Diese verringern die
unter der eigentlichen Werkstofffestigkeit liegen kann.
Spannungsüberhöhung, so dass sich eine hohe Gestalt-
Schweißverbindungen stellen in jedem Fall eine Inhomo-
festigkeit ergibt.
genität dar. Da Schweißnähte in den meisten Fällen nicht
abgearbeitet werden, ergeben sich zudem auch Unregel-
mäßigkeiten an der Oberfläche, welche die Gestaltfestig-
keit negativ beeinflussen können.
88 technisches.Handbuch
9.7.2.4 Lage von Schweißnähten
In den folgenden Gestaltungsdarstellungen sind die Er-
kenntnisse aus vorherigen Erläuterungen zu praktischen
Beispielen umgesetzt. Detailliertere Ausführungen sind
in den schweißtechnischen Gestaltungsgrundsätzen der
DVS 2205-3 zu finden.
technisches.Handbuch 89
9.8 Spannungen
Eckstoß
Beim Verschweißen von Thermoplasten bilden sich
in Abhängigkeit vom Schweißverfahren verschiedene
Spannungszustände. Diese bilden sich innerhalb der
Schweißnaht quer, längs und bei dickeren Halbzeu-
gen auch senkrecht aus. Hervorgerufen werden diese
Rahmenecke
Spannungen durch örtliches Erwärmen in Verbindung mit
einer ungleichmäßigen Abkühlung.
90 technisches.Handbuch
σlängs
Heizelementschweißen Schweißrichtung
σquer Warmgasschweißen
σquer
Spannung
σzug
σdruck
r
e
qu
längs
Abbildung 64: Verlauf der Schweißspannungen über die Länge der Schweißnaht beim Heizelementstumpf- und Warmgasschweißen
(nach Menges)
technisches.Handbuch 91
Nahtmitte
längs
quer
σzug
Spannung
σdruck
Warmgasschweißnaht
mit Zusatzwerkstoff
r
e
Heizelementstrumpf-
qu
schweißnaht
längs
Abbildung 65: Verlauf der Schweißspannungen über dem Schnitt senkrecht zur Schweißnaht. Die Höhe der Querspannungen bei der
Heizelementstumpfnaht ist stark von der Höhe und Dauer des Schweißdruckes abhängig (nach Menges)
92 technisches.Handbuch
9.9 Spannungsrissbildung
technisches.Handbuch 93
sion gelangt nun das angreifende Medium in oberflä- 9.9.1 Eigenspannungen
chennahe Fließzonen und dringt dort bis zum Kerbgrund
In den Anfängen der Kunststofftechnik wurden Platten
vor. Dort entsteht durch physikalische Wechselwirkung
aus Thermoplasten ausschließlich im Pressverfahren
eine Verminderung der Bindungskräfte. Dieser Vorgang
hergestellt. Mit der Einführung der Extrusionstechnik
begünstigt die Beweglichkeit der Makromoleküle, so
konnte durch dieses kontinuierliche Verfahren die Pro-
dass die wirkenden äußeren oder inneren Spannungen
duktivität und Wirtschaftlichkeit erhöht werden. Heute
durch die Bildung neuer oder das Anwachsen bestehen-
sind Extrusionsplatten nicht nur im PVC-Sektor von we-
der Fließzonen abgebaut werden. Es kommt zu einem
sentlicher Bedeutung. Extrudierte Thermoplaste können
Risswachstum.
bis zu Wanddicken von 50 mm gefertigt werden.
94 technisches.Handbuch
9.10 Berechnung der zulässigen Kaltbiegeradien σ=E·ε
technisches.Handbuch 95
Wird einem Körper eine konstante Deformation aufge- Licht, Wärme, Feuchtigkeit sowie Erosion durch Schnee,
zwungen, so ergibt sich eine Materialbeanspruchung, de- Regen, Hagel, Staub, Sand oder auch Chemikalieneinwir-
ren Betrag in den ersten 100 Stunden stärker abnimmt kung. Zusammengefasst werden diese Vorgänge als äu-
als im Bereich zwischen der 100sten und der 1.000sten ßere Ursachen der Alterung, thermodynamisch instabile
Stunde. Daher sollten solche, der Relaxation unterlie- Zustände dagegen als innere Ursachen bezeichnet.
genden Bauteile unmittelbar nach der Lastaufgabe nicht
zusätzlichen Beanspruchungen, wie z.B. Schlagbean- Chemische Einflüsse können im Laufe der Zeit zu einer
spruchung, unterzogen werden. Für PVC-U gilt allgemein, Änderung der Molekülstruktur oder Molekülgröße des
dass im Behälterbau fast keine Kaltbiegung zulässig ist. Werkstoffes bzw. bei Mehrphasen-Kunststoffen zur
In Tabelle 12 sind die Kaltbiegeradien in Abhängigkeit Änderung einer Komponente des Werkstoffes führen
von Randfaserdehnung und Wanddicke am Beispiel von und dadurch die Eigenschaft des Materials ändern. Bei
PE 100 zu finden. physikalischen Vorgängen wird der Aggregatzustand
oder das Konzentrationsverhältnis der Komponenten
Randfaserdehnung = 1,0 % bei Mehrstoffsystemen verändert. Durch Erosion oder
Wanddicke zulässiger Biegeradius gegebenenfalls Auskreidung von Pigmenten ändert sich
s
die Oberflächenstruktur eines Bauteiles, was unter Um-
2 mm 0,100 m
ständen zu einer Minderung der Gestaltfestigkeit führen
3 mm 0,150 m
4 mm 0,200 m
kann.
5 mm 0,255 m
15 mm 0,750 m J Zugfestigkeit
20 mm 1,00 m J Reißdehnung
25 mm 1,25 m J Schlagzähigkeit
30 mm 1,50 m J Viskosität
9.11 Alterung
Kunststoffe unterliegen, wie auch andere Werkstoffe, 9.11.1 Alterungsprozesse durch Licht
der Alterung. Unter Alterung versteht man die Gesamt-
9.11.1.1 Photolyse
heit aller irreversibel ablaufenden chemischen und phy-
sikalischen Vorgänge in einem Werkstoff während eines Beim Außeneinsatz absorbieren Kunststoffe Licht in
bestimmten Zeitraumes. Das sind z.B. Einwirkung von Abhängigkeit der Wellenlängen. Vor allem die UV-Anteile
96 technisches.Handbuch
des Sonnenlichtes sind in der Lage, eine Spaltung Weitere Alterungsprozesse beziehen sich auf innere Vor-
der Hauptvalenzbindungen oder eine Abspaltung von gänge, die durch eine Abweichung vom thermodynami-
Bestandteilen des Makromoleküls (z.B. HCl-Abspaltung schen Gleichgewicht hervorgerufen werden. Bei teilkris-
bei PVC) zu bewirken. Dieser Vorgang wird Photolyse tallinen Thermoplasten kann unter Umständen unterhalb
genannt. Durch Absorption des Lichtes und dessen der Kristallitschmelztemperatur eine Nachkristallisation
Umwandlung in Wärme heizt sich der Kunststoff auf. Die stattfinden, wobei der Werkstoff im Allgemeinen härter
hierdurch bedingte Temperaturerhöhung im Werkstoff und spröder wird. Auch bei amorphen Thermoplasten ist
kann beträchtlich sein und einen thermischen Abbau unterhalb der Glastemperatur bedingt durch entropie-
(Wärmealterung) auslösen. elastische Effekte eine Änderung der Molekülkonstrukti-
on möglich. Dies hat eine Erhöhung des E-Moduls, eine
geringere Dehnbarkeit und vermehrte Quellbarkeit zur
9.11.1.2 Photooxidation Folge.
technisches.Handbuch 97
Alterungsverhalten der wichtigsten UV-Strahlungsintensität und UV-Belastungsdauer mit ≥
SIMONA® Thermoplaste 2mm festzulegen.“ Rußstabilisierte PP-Typen, wie z.B.
SIMONA® PP-EL, weisen ein günstiges Alterungsverhalten
Polyethylen bei Außeneinsatz auf. Aufgrund dieser Stabilisierung
In Hinblick auf UV-Strahlung zeigen z.B. unstabilisier- liegt die Festigkeit des unbewitterten Materials jedoch
tes SIMONA® PE-HD natur oder SIMONA® PE 100 natur tiefer als bei SIMONA® PP-H AlphaPlus® und SIMONA®
schon nach wenigen Monaten Außenbewitterung einen PP-H natur.
deutlichen Abfall von Zugfestigkeit und Reißdehnung.
Hochmolekulares naturfarbenes PE, z.B. SIMONA® PE Polyvinylchlorid
500 oder SIMONA® PE 1000, verhält sich geringfügig Generell gehört PVC in unstabilisiertem Zustand eben-
günstiger. Naturfarbenes PE ist somit für den Außenein- falls zu den mäßig beständigen Kunststoffen. Schon
satz nicht, bzw. nur bedingt geeignet. Eine ausgezeichne- nach einjähriger Bewitterungszeit sind eine merkliche
te UV-Stabilität und somit ein günstiges Alterungsverhal- Vergilbung und ein Abfall der Schlagzähigkeit festzu-
ten weisen SIMONA® PE HD schwarz, SIMONA® PE 100 stellen. Der Standardwerkstoff für den chemischen
schwarz und SIMONA PE-EL auf. Diese Werkstoffe sind
®
Apparatebau, SIMONA® PVC-CAW, ist nur in weißer
mit Ruß stabilisiert und es liegen langjährige positive (eventuell auch in hellgrauer und elfenbeinfarbener)
Erfahrungen bezüglich des Alterungsverhaltens vor. Einstellung für den längeren Außeneinsatz geeignet.
Alle anderen Farbeinstellungen, wie z.B. dunkelgrau,
Polypropylen absorbieren das Sonnenlicht sehr stark und können sich
Naturfarbene, UV-unstabilisierte PP-Typen (SIMONA ®
über die Grenztemperatur von 60 °C hinaus erwärmen.
PP-H natur) verhalten sich ähnlich wie unstabilisiertes Somit stellt hier insbesondere die Wärmeformbeständig-
PE. Bereits nach wenigen Monaten Außeneinsatz ist keit ein Problem dar. Für einen langjährigen Außenein-
ein merklicher Abfall der mechanischen Eigenschaften satz ist vor allem SIMONA® PVC-MZ COLOR zu empfehlen.
zu beobachten. SIMONA® PP-H AlphaPlus® ist vor allem
wärmestabilisiert und für Anwendungen bei Temperatu- Polyvinylidenfluorid
ren bis 100 °C geeignet. Im Außeneinsatz zeigt dieser Der Werkstoff PVDF hat eine sehr gute Alterungsbestän-
Werkstoff schon nach kurzer Zeit farbliche Veränderun- digkeit. Es bestehen sowohl für die naturfarbene Type
gen, nach ca. einem Jahr Außeneinsatz sind Auskrei- SIMONA® PVDF als auch für SIMONA® PVDF-EL keine
dungen und ein teilweiser Abbau der mechanischen Bedenken für den langjährigen Außeneinsatz.
Eigenschaften zu beobachten. In der DVS 2210-1 ist
ein Passus für einen möglichen Außeneinsatz von PP zu Ethylenchlortrifluorethylen
finden: „Sofern die Einsatzdauer der Rohrleitung aus PP ECTFE gehört ebenso wie PVDF zu den Fluorkunststoffen
im Freien auf < 10 Jahre begrenzt ist, kann die unter UV- und weist daher eine gute Widerstandsfähigkeit gegen-
Strahlung eingesetzte Bildung einer Oxidschicht durch über UV-Strahlen auf. Deshalb kann SIMONA® ECTFE
einen rechnerischen Wanddickenzuschlag aufgefangen auch für langjährige Anwendungen im Außenbereich
werden. Der Wanddickenzuschlag ist in Abhängigkeit der empfohlen werden.
98 technisches.Handbuch
10 Rechtliche Hinweise und Beratung
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10
technisches.Handbuch 99
11 Abbildungs-, Tabellen- und Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
100 technisches.Handbuch
Abbildung 32: Schematische Darstellung einer Spannungs-Dehnungs-
kurve eines teilkristallinen Thermoplasts 40
Abbildung 33: Spannungs-Dehnungskurve mit Zugfestigkeit σS, Reißfestigkeit
σB und den dazugehörigen Dehnungen für amorphe Thermoplaste 40
Abbildung 34: Kurzzeit-Elastizitäts-Modul von SIMONA Thermoplasten in
©
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technisches.Handbuch 101
Abbildung 59: Schweißnahtfestigkeit als Funktion der Schweißnahtlage bei
T-förmigen Verbindungen 89
Abbildung 60: Verbindung von Platten in einer Ebene 89
Abbildung 61: Einfluss der Schweißnaht bei Querschnittsänderung 89
Abbildung 62: Eckengestaltung 90
Abbildung 63: Schweißnahtanhäufungen 90
Abbildung 64: Verlauf der Schweißspannungen über die Länge der Schweißnaht
beim Heizelementstumpf- und Warmgasschweißen (nach Menges) 91
Abbildung 65: Verlauf der Schweißspannungen über dem Schnitt senkrecht
zur Schweißnaht. Die Höhe der Querspannungen bei der Heizelement-
stumpfnaht ist stark von der Höhe und Dauer des Schweißdruckes
abhängig (nach Menges) 92
Abbildung 66: Rissbildung in einem Kunststoff 93
Tabellenverzeichnis
102 technisches.Handbuch
Literaturverzeichnis
Autoren
Konstantin Birt
Mathias Conrad
Dieter Eulitz
Philipp Kuhn
Dr. René Stangenberg
Marco Stallmann
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technisches.Handbuch 103
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