Kunststoffe PDF
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Wintertrimester 2011
Inhaltsverzeichnis
1 Chemie der organischen Baustoffe 7
1.1 Allgemeines 7
1.2 Kohlenwasserstoffe 7
2.1 Allgemeines 14
2.2 Begriffe 15
3.1 Bildungsmechanismen 18
3.1.1 Polymerisation 18
3.1.2 Polykondensation 18
3.1.3 Polyaddition 19
3.3 Zustandsbereiche 21
2
3.3.1 Glaszustand 21
3.3.3 Gummielastizität 22
3.4.1 Thermoplaste 23
3.4.2 Duroplaste 24
3.4.3 Elastomere 25
4.1.1 Weichmacher 29
4.1.2 Lösungsmittel 29
4.1.3 Farbstoffe 29
4.1.4 Antistatika 29
4.2 Herstellvorgang 30
4.2.1 Thermoplaste 30
4.2.2 Duroplaste 31
4.2.3 Elastomere 31
3
5.1 Thermoplaste 34
5.1.12 Polyester 36
5.2 Duroplaste 36
5.3 Elastomere 37
5.3.5 Polysulfid 38
4
6.1 Einfluss von Belastungsgeschwindigkeit und Temperatur auf das Kurzzeitverhalten
39
6.2.1 Kurzzeitverhalten 41
6.2.2 Langzeitverhalten 42
6.2.3 Dauerschwingverhalten 44
6.3 Wasseraufnahme/Chemikalienbeständigkeit 45
6.4 Alterungsverhalten 46
6.5 Brandverhalten 47
8.4 Schaumkunststoffe 54
8.5 Sandwichelemente 55
8.7 Fugenbänder 56
8.8 Lager 57
9.1.1 Imprägnierungen 60
9.1.2 Versiegelungen 61
9.1.3 Beschichtungen 61
5
9.2 Verpressen von Rissen und Fehlstellen 61
9.4 Fugenmassen 63
11 Literatur 66
6
1 Chemie der organischen Baustoffe
1.1 Allgemeines
Als organische Chemie wird die Chemie der Stoffe verstanden, die Kohlenstoffverbindungen
enthalten. Ausgenommen hiervon ist unter anderem der Kohlenstoff selbst, Carbide, Carbona-
te, Kohlenstoffmonoxid und –dioxid. Kohlenstoffverbindungen spielen im Bauwesen sowohl
als Hilfsstoffe (Lösung- und Verdünnungsmittel, Füllstoffe, Zusatzmittel) als auch direkt als
Baustoffe (Holz, Kunststoffe, bitumenhaltige Bindemittel) eine nicht zu unterschätzende Rol-
le [Lit 1].
Neben Kohlenstoff sind nur noch wenige Elemente am Aufbau der organischen Verbindungen
beteiligt, so etwa H, O, N, S und P, selten noch Halogenide. Dennoch gibt es viel mehr be-
kannte organische (~ fünf Millionen) als anorganische Verbindungen (~ 500000). Diese Viel-
falt liegt in den besonderen Eigenschaften des Kohlenstoffs begründet. Der Kohlenstoff kann
sich nämlich als große Ausnahme praktisch unbegrenzt mit sich selber verbinden zu Ketten,
Ringen, Netzen, Brücken etc.
1.2 Kohlenwasserstoffe
Der Begriff Kohlenwasserstoffe ist eine allgemeine Bezeichnung für eine Klasse organischer
Verbindungen (häufig auch abgekürzt mit KW oder CxHy), die sich ausschließlich aus Koh-
lenstoff und Wasserstoff zusammensetzen. Die meisten Vertreter der Kohlenwasserstoffe zäh-
len zu den einfachsten organischen Verbindungen. Deshalb lassen sie sich als Stamm-
substanzen aller anderen organischen Verbindungen auffassen. Ab drei Kohlenstoffatomen
können sie entweder
• offenkettig (aliphatisch oder azyklischen) (z.B. n-Butan) (Bild 2) oder
• ringförmig (alizyklischen) (z.B. Cyclohexan) (Bild 3)
miteinander verbunden sein. Die ringförmigen Verbindungen lassen sich nochmals unterteilen
in alizyklische und aromatische (benzoide) Kohlenwasserstoffe.
7
Bild 3: Zyklische Kohlenwasserstoffe als einfacher Ring (Benzol)
Bei den offenkettigen Verbindungen mit mehr als einem Kohlenstoffatom sind die Kohlen-
stoffatome innerhalb des Moleküls zu einer Kette miteinander verknüpft. Diese kann je nach
Art eine oder mehrere Verzweigungen aufweisen. Bei den zyklischen Kohlenwasserstoffen
sind die Kohlenstoffatome zu einem oder mehreren geschlossenen Ringen angeordnet. Ali-
zyklische Ringe entsprechen in ihrer Bindung und ihren Eigenschaften den aliphatischen Koh-
lenwasserstoffen. Die aromatischen Ringe besitzen besondere Bindungsstrukturen.
Diese zwei Gruppen lassen sich nochmals anhand ihres chemischen Verhaltens in gesättigte
und ungesättigte Verbindungen unterteilen. Der Zusatz „gesättigt” bedeutet, diese Kohlen-
wasserstoffe enthalten keine Mehrfachbindungen – im Gegensatz dazu sind bei den „un-
gesättigten” Verbindungen Doppel- und Dreifachbindungen im Molekül vorhanden. Eine be-
sondere Rolle nehmen in diesem Zusammenhang die so genannten aromatischen Kohlen-
wasserstoffe ein (z.B. Benzol, Toluol oder Anthracen).
Erdöl enthält eine Vielzahl gesättigter Kohlenwasserstoffe. Erdölprodukte wie Benzin, schwe-
res Heizöl, Schmieröl, Rohvaseline (Petrolat) und Petroleum bestehen hauptsächlich aus Ge-
mischen von leichteren flüssigen bis hin zu festen Paraffinkohlenwasserstoffen.
8
1.2.2 Alkene (Olefine)
Die Alkene oder Olefine werden aus offenkettigen Kohlenwasserstoffen mit einer Doppel-
bindung zwischen zwei Kohlenstoffatomen gebildet. Die allgemeine Formel für die Reihe
lautet CnH2n, wobei n der Anzahl der Kohlenstoffatome im Molekül entspricht. Wie in der
Alkanreihe sind die Verbindungen mit wenig Kohlenstoffatomen Gase, dann folgen Flüssig-
keiten, die schwereren Vertreter liegen in fester Form vor. Die Olefine sind chemisch aktiver
als die gesättigten Verbindungen. Sie reagieren leicht mit Stoffen wie den Halogenen, deren
Atome sich an die Doppelbindungen anlagern können. In Naturprodukten treten Olefine über-
haupt nicht auf. Dafür entstehen sie bei der trockenen Destillation komplexer natürlicher
Stoffe, beispielsweise Kohle, sowie in großen Mengen bei der Erdölraffination, insbesondere
bei den Crackverfahren (Steamcracker). Die ersten Olefine in dieser Reihe sind Ethylen
(Ethen) (C2H4) (Bild 5), Propylen (Propen) (C3H6) und Buthylen (Buthen) (C4H8).
Die Diene enthalten zwei Doppelbindungen im Molekül, diese liegen zwischen Paaren von
Kohlenstoffatomen (allgemeine Formel CnH2n-2). Sie sind mit den komplexen Kohlenwasser-
stoffen in Naturkautschuk verwandt und spielen u.a. eine wichtige Rolle bei der Herstellung
von Synthesekautschuk und Kunststoffen. Bedeutende Vertreter der Diene in der chemischen
Verfahrenstechnik sind Butadien (1,3-Butadien) (C4H6) und Isopren (2-Methylbutadien)
(C5H8).
9
Bild 8: Herstellung von Vinylchlorid aus Ethin und Chlorwasserstoff
Einige der ungesättigten cyclischen Kohlenwasserstoffe mit der allgemeinen Formel C10H16
findet man in bestimmten aromatischen Naturölen, die aus Pflanzenmaterialien destilliert
werden. Dazu gehören beispielsweise Pinen (in Terpentinöl) und Limonen (in Zitronen- und
Orangenölen). Der Oberbegriff für diese Stoffklasse ist Terpene.
Der Grundbaustein aller aromatischen Verbindungen ist Benzol (vgl. Bild 3). Der Benzolring
ist ein ebenes, völlig regelmäßiges Sechseck, der vereinfacht mit abwechselnd einfacher und
doppelter Bindung zwischen den Kohlenstoffmolekülen dargestellt wird. Der wirkliche Zu-
stand liegt zwischen den beiden in Bild 9 (links und Mitte) gezeigten Kekulé-Formeln. Koh-
lenwasserstoffe mit mindestens einem Benzolring werden als Arene bezeichnet.
Die Oxidation kann solange weitergeführt werden, bis man am Ende nur noch Kohlendioxid
und Wasser als die „normalen“ Verbrennungsprodukte der Kohlenwasserstoffe erhält.
10
Bild 10: Oxidationsprodukt der Aliphaten (von links: Methan, Methanol, Methanal, Amei-
sensäure)
Die Oxidation erzeugt so genannte funktionelle Gruppen. Dieser Begriff bezeichnet ein A-
tom oder eine Atomgruppierung, die ein Wasserstoffatom einer Stammverbindung ersetzen
kann. Die funktionelle Gruppe verleiht einer Verbindungsklasse charakteristische physikali-
sche und chemische Eigenschaften und wird deshalb auch charakteristische Gruppe genannt,
z.B. die Alkoholgruppe -OH. Ursache der veränderten Eigenschaften sind in der Regel die
Unterschiede in der Elektronegativität zwischen den Heteroatomen (Nichtkohlenstoffatomen)
wie O, N, S und den Kohlenstoffatomen. Aus diesen Unterschieden resultieren Polaritäten im
Molekül [Lit 1].
Der Einfluss der funktionellen Gruppe auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften
der Verbindung wird bei den Alkoholen besonders deutlich, da die OH-Gruppe deren Mole-
küle „wasserähnlich“ macht. Diese Ähnlichkeit geht bei den höheren Alkoholen und mit zu-
nehmender Kettenlänge verloren und es überwiegt der hydrophobe Einfluss.
Ester werden auch durch Umesterung aus anderen Estern oder aus Olefinen hergestellt. Durch
Hydrolyse (Verseifung) können Ester in Säure und Alkohol zurückgespalten werden. Viele
Ester sind fruchtartig riechende Flüssigkeiten. Glycerinester von Fettsäuren treten in der Na-
tur als Fette, Öle und Wachse auf. Phthalsäureester haben als Weichmacher, der Methylester
der Terephthalsäure hat bei der Herstellung von Polyestern Bedeutung
Da Ester durch Laugen zerstört werden, können Speisefette, die ebenfalls Ester darstellen,
durch den alkalischen Beton oder Mörtel verseift werden. Der Calciumanteil des Bindemittels
wird dabei gelöst und in Form organischer Salze gebunden. Der Beton wird angegriffen.
Polymere im direkten Kontakt mit Beton und Mörtel müssen daher verseifungsbeständig sein
(wichtig für Kleber, Haftbrücken usw.).
13
2 Einführung in die Kunststoffe [Lit 8]
2.1 Allgemeines
Die Verwendung von Kunststoffen im Bereich der Technik umfasst sehr unterschiedliche
Bereiche. Bild 17 zeigt, wie sich Kunststoffe die 2001 in Deutschland verbrauchten 8,9 Mio. t
auf die verschiedenen Einsatzgebiete verteilen. Innerhalb der einzelnen Branchen haben die
einzelnen Kunststoffe eine sehr unterschiedliche Bedeutung (Bild 18).
Sonstiges
Landwirtschaft 16% Verpackung
2% 29%
Möbel
7%
Haushaltswaren
5%
Elektro/Elektronik
8% Bau
Fahrzeugindustrie
24%
9%
Verpackung
Bau
Fahrzeug-
industrie
Elektro/
Elektronik
Sonstiges
PE-LD PE-HD PP PS EPS PVC ABS+ PMMA PA PET Sonst. Duropl. PUR
SAN Thermo- Kunst.
plaste
Bild 18: Menge der wichtigsten verarbeiteten Kunststoffe in Deutschland nach Branchen
und Kunststoffen (2001) [Lit 11]
In der Bauindustrie werden Kunststoffe beispielsweise im Bereich des Wärmeschutzes, Kor-
rosionsschutz, Isolation, Rohrleitungen, usw. verwendet (Bild 19). Eine stetig wachsende Be-
14
deutung ergibt sich im Bereich ingenieurmäßig zu bearbeitender Konstruktionen und Bauteile,
obwohl der mengenmäßige Anteil gegenüber den herkömmlichen Baustoffen für tragende
Bauteile gering ist.
Sonstiges Rohre
22% 29%
Dämmung /
Isolierung
25% Profile
24%
Bild 19: Typische Anwendungen der Kunststoffe im Bauwesen in Deutschland (2001) [Lit
11]
2.2 Begriffe
Kunststoffe sind hochmolekulare, vorwiegend organische Stoffe, die entweder synthetisch
oder durch Umwandlung von Naturstoffen gewonnen werden.
Am Aufbau der Kunststoffe sind vorwiegend die Elemente Kohlenstoff C, Wasserstoff H und
Sauerstoff O beteiligt. Weitere Elemente für wichtige Kunststoffgruppen sind:
Kunststoffe werden einerseits in fester vollsynthetisierter Form als Fertigprodukt oder als
Halbzeug geliefert, andererseits in flüssiger, noch nicht vollsynthetisierter Form als Kunstharz
oder Reaktionsharz. Diese härten erst auf der Baustelle durch chemische Reaktion aus. Zu
dieser zweiten Gruppe zählen die Fugenmassen und Ortschäume sowie gewisse Anstrich- und
Klebstoffe.
15
2.3 Allgemeine technische Merkmale
Kunststoffe haben zum Teil sehr deutlich voneinander abweichende Eigenschaften. Ge-
meinsame Merkmale der meisten Kunststoffe sind:
• geringe Dichte und Wärmeleitfähigkeit,
• große Zugfestigkeit, geringer Elastizitätsmodul,
• große Temperaturdehnung,
• große Diffusionsdichtigkeit und chemische Beständigkeit,
• großes elektrisches Isolationsvermögen,
• ausgeprägte Temperaturabhängigkeit des mechanischen Verhaltens,
• Brennbarkeit. Nur wenige Kunststoffe sind unbrennbar, viele jedoch schwer ent-
flammbar,
• gut einfärbbar,
• niedrige zulässige Gebrauchstemperatur.
Das mechanische Verhalten von Proben aus Polyethylen (PE), Acrylglas (PMMA) und glas-
faserverstärkten Reaktionsharzen (GFK) gegenüber konventionellen Baustoffen ist in Bild 20
beispielhaft dargestellt.
16
Bild 21: Kurzzeitfestigkeit verschiedener Baustoffe bei unterschiedlicher Temperatur
[Lit 8]
Die Langzeitfestigkeit von Kunststoffen ist erheblich kleiner als die Kurzzeitfestigkeit und
wird von erhöhter Temperatur und Umwelteinflüssen wie UV-Strahlung, Ozon, Chemikalien
beeinträchtigt. Dieser Vorgang wird als Alterung bezeichnet. Für die mechanischen Eigen-
schaften können daher im strengeren Sinne keine Kennwerte angegeben werde, sondern nur
Kennfunktionen. Die Dauerschwingfestigkeit wird erst oberhalb von 2·107 Lastwechseln
erreicht, sofern überhaupt ein Grenzwert vorhanden ist (vgl. Kapitel 6.2.3). Infolge der
inneren Dämpfung erwärmt sich der Kunststoff unter der Schwingung.
17
3 Aufbau der Kunststoffe
3.1 Bildungsmechanismen
Kunststoffe werden in der Regel synthetisiert, indem gleichartige Grundbausteine, die Mo-
nomere, zu kettenförmigen, verzweigten oder vernetzten Makromolekülen, den Polymeren,
zusammengefügt werden. Dabei können die Monomere aus zwei oder mehr verschieden-
artigen Stoffen aufgebaut sein. Der Polymerisationsgrad gibt an, aus wie vielen Monomer-
molekülen ein Makromolekül im Durchschnitt besteht.
3.1.1 Polymerisation
Bei der Polymerisation reagieren viele kleine gleichartige Moleküle zu sehr großen Molekü-
len. Die Monomere für Polymerisationen besitzen immer mindestens eine C-C-
Doppelbindung. Mehr als eine reaktionsfähige Doppelbindung pro Monomer ist allerdings
sehr selten. Die beiden C-Atome an der Doppelbindung können Wasserstoff, andere Atome
oder auch ganze Atomgruppen tragen. Technisch werden fast ausschließlich Monomere ver-
wendet, bei denen nur ein H-Atom durch ein anderes Atom oder eine meist recht kleine A-
tomgruppe substituiert ist [Lit 11].
Ein Beispiel für die Polymerisation ist Polyethylen. Im gasförmigen Ethylen (Ethen) C2H4
werden die Doppelbindungen aufgebrochen und es entsteht Polyethylen (Polyethen) (CnH2n)
(Bild 22).
3.1.2 Polykondensation
Monomere für Polykondensationen sind bifunktional, das heißt, jedes Monomer besitzt zwei
meist gleichartige, reaktionsfähige Gruppen. Es bedeutet gleichzeitig, dass in der Regel Paare
von zwei unterschiedlichen Monomeren benötigt werden, also zum Beispiel ein Diol
(zweiwertiger Alkohol, z. B. Glykol) und eine Dikarbonsäure (z. B. Terephthalsäure). Aus
18
solch einem Paar entsteht ein sehr großer Molekülkomplex, im vorliegenden Fall das Poly-
ester Polyethylenterephthalat (PET).
Die Verbindungen der Monomere werden durch das Umlagern von Wasserstoffatomen oder
Öffnen von Ringen ermöglicht. Hierbei werden von beiden Molekülarten Atome ab-
gespalten, die sich chemisch vereinigen und meist als Gase entweichen. Wegen dieser Ab-
spaltung flüchtiger Stoffe ist diese Reaktionsart im Gegensatz zur Polymerisation kein um-
kehrbarer Vorgang. Beispiel: Glykol C2H4(OH)2 (blaues Rechteck in (Bild 23)) reagiert mit
Terephthalsäure C6H4(COOH)2 (rotes Rechteck in (Bild 23)) unter Wasserabspaltung zu Poly-
ester.
3.1.3 Polyaddition
Hierbei verbinden sich Moleküle von zwei unterschiedlichen Stoffen zu sehr großen Molekü-
len, wobei Atome ihren Platz wechseln, ohne dass hierbei ein Stoff abgespalten wird. Für
die Beschreibung der Reaktion sind nur die funktionellen Gruppen von Bedeutung. Der Rest
der Moleküle kann „eingekapselt“ werden (Bild 24). Die in Bild 24 gezeigten Strukturen mit
ihren „eingekapselten“ Mittelteilen stehen für beliebige Diole bzw. Diisocyanate.
19
Für die Polyaddition werden zwei Reaktionskomponenten benötigt, die in einem genau ab-
gestimmten Mischungsverhältnis vorliegen müssen. Die Reaktion läuft nur oberhalb einer
gewissen Temperaturschwelle von selbst ab und kann durch Abkühlen unter diese
Temperaturschwelle eingefroren werden. Wird die Temperatur wieder angehoben, so kann die
Reaktion weiter ablaufen.
In Tabelle 1 sind die Ausgangsbedingungen und das Ergebnis der drei Bildungsmechanismen
zusammengefasst.
Die Reaktion wird durch Wärme, Druck, Strahlung oder/und Katalysatoren gestartet. Die bei
der Reaktion frei werdende Wärme ist je nach Polymertyp unterschiedlich hoch. Bild 25 zeigt,
wie sich eine Probe aus kalt härtendem Reaktionsharz bei der Polyaddition erwärmt und ver-
festigt. Läuft die Reaktion schon bei Temperaturen oberhalb von ca. +10 °C ab, wird von ei-
ner Kalthärtung gesprochen.
Die Atome schwingen unter Wärmeeinfluss. Bei genügend hohen Temperaturen überträgt
sich diese atomare Bewegung auf die Moleküle. Dadurch werden Kettensegmente und Ver-
netzungspunkte zu Schwingungen angeregt, ohne dabei den Schwerpunkt des Gesamt-
moleküls zu verlagern, der Kunststoff wird weicher, d.h., er setzt einer mechanischen Be-
anspruchung geringeren Widerstand entgegen. Bei weiterer Steigerung der Temperatur
werden die Wärmeschwingungen bei einem nicht vernetzten Kunststoff so stark, dass sich der
Stoff wie eine hochviskose Flüssigkeit verhält.
3.3 Zustandsbereiche
Kunststoffe schmelzen nicht bei einer bestimmten Temperatur, sondern erweichen allmählich
über einen bestimmten Temperaturbereich. Es liegen keine eindeutigen Aggregatzustände vor,
vielmehr werden im Wesentlichen vier Zustandsbereiche hinsichtlich des thermisch-
mechanischen Verhaltens unterschieden.
3.3.1 Glaszustand
Bei tiefen Temperaturen herrscht Mikro-Brown’sche Molekularbewegung, d.h. die Schwin-
gungsbewegung von Atomen und Molekülteilen um ihre Ruhelage, sind so gering, dass man
von einem „eingefrorenen“ Zustand oder Glaszustand spricht. Hierbei sind die makro-
molekularen Stoffe glasartig hart und spröde.
21
3.3.2 Übergangsbereich (Glasübergang)
Mit zunehmender Temperatur setzten Kunststoffe einer mechanischen Beanspruchung gerin-
geren Widerstand entgegen und können nur noch einen Teil der eingebrachten Energie spei-
chern. Als Übergangsbereich bezeichnet man die Temperaturspanne, in der die Abnahme der
Steifigkeit und die Zunahme der Verformbarkeit mir höherer Temperatur überproportional
ansteigen. Andere Namen dafür sind Einfrierbereich oder Erweichungsbereich.
Die starke Änderung der mechanischen Eigenschaften ist besonders bei amorphen Thermo-
plasten und weitmaschig vernetzten Elastomeren offenkundig. Eng vernetzte Duroplaste ha-
ben keine derartig ausgeprägte Zunahme der Verformbarkeit. Teilkristalline Thermoplaste
verhalten sich in ihren kristallinen Bereichen elastisch.
3.3.3 Gummielastizität
Das mechanische Verhalten weitmaschig vernetzter amorpher Kunststoffe ist oberhalb der
Glasübergangstemperatur vorwiegend „gummielastisch“. Diese Stoffe verhalten sich bei me-
chanischer Beanspruchung etwa so, wie es am ausgeprägtesten bei Elastomeren bereits bei
Temperaturen im Bereich des Nullpunkts ist. In Bild 27 ist zu erkennen, dass oberhalb eines
bestimmten Temperaturbereiches das Raumnetzmolekül (a) beweglich und stark verformbar
(b) ist.
Bild 27: Schematische Darstellung des Molekülaufbaus eines weitmaschig vernetzten Po-
lymers
22
3.4 Einteilung der Kunststoffe nach Struktur und temperaturabhängigem
Verhalten
3.4.1 Thermoplaste
Diese Kunststoffe bestehen aus physikalisch untereinander gebundenen linearen oder ver-
zweigten Molekülketten. Bei Raumtemperatur sind sie hart und erweichen bei Erwärmung,
bis sie schmelzen. Man unterscheidet amorphe und teilkristalline Thermoplaste mit teilweise
zu Bündeln geordneten Fadenmolekülen.
Liegen die Molekülketten ungeordnet vor, so ist der Kunststoff amorph und lichtdurchlässig
bis glasklar. Ihre physikalischen Eigenschaften sind nach allen Richtungen hin gleichartig
(isotrop). Amorphe Thermoplaste befinden sich bei Raumtemperatur im Glaszustand (Bild
28). Zu diesen Kunststoffen gehören unter anderem Polystyrol (PS), Polyvinylchlorid (PVC)
und Polycarbonat (PC).
23
Bild 29: Temperaturabhängiges Festigkeits- und Verformungsverhalten teilkristalliner
Thermoplaste [Lit 7]
3.4.2 Duroplaste
Der Werkstoff besitzt eng vernetzte Makromoleküle. Bei Raumtemperatur sind sie hart.
Durch Erwärmen können sie zwar erweichen und dadurch einen Steifigkeitsverlust von bis zu
zwei Zehnerpotenzen aufweisen. Sie zersetzen sich, ohne zuvor zu schmelzen (Bild 30).
Anhand der Schubmodulkurven können die Kunststoffe in die Gruppen der Thermoplaste,
Duroplaste und Elastomere eingeteilt werden. Die Kurven werden im Torsionsschwingversu-
25
chen ermittelt. Ein Schluss auf die für eine Bemessung maßgebenden Verformungsmoduln E
und G, die für die quasistatische Beanspruchung gelten, ist nur bedingt möglich.
Aus thermischer Sicht lassen sich Kunststoffe danach unterscheiden, ob sie in der Wärme
formbar und fügbar sind oder nicht, ob ihre Struktur also aus linearen oder vernetzten Mole-
külketten besteht. Kunststoffe mit linearen Ketten können wiederholt aufgeschmolzen wer-
den.
Vernetzte Kunststoffe können sich auch bei nur geringer Vernetzung nicht mehr verflüssigen
sondern nur noch zersetzen.
26
Kunststoffe können auch im Hinblick auf ihren Anwendungsbereich nach ihrer Temperatur-
beständigkeit unterteilt werden.
• Hochtemperaturkunststoffe weisen eine Dauergebrauchstemperatur von über 150 °C
auf und haben ein hohes thermisch-mechanisches Eigenschaftsniveau. Für höchste
Anwendungstemperaturen geeignete Kunststoffe (Polyimid (PI), Polybenzimidazol
(PBI), PTFE) sind nicht schmelztechnisch verarbeitbar. Die Herstellung von Teilen
erfolgt durch Sintern.
• Konstruktionskunststoffe sind dauerhaft bei Temperaturen zwischen 100 °C und
150 °C einzusetzen. Sie weisen gute mechanische Eigenschaften und eine gute
Chemikalienbeständigkeit auf.
• Standardkunststoffe können bei Temperaturen unter 100 °C dauerhaft eingesetzt wer-
den.
Die in Bild 33 dargestellte Kunststoffpyramide zeigt auf Basis der genannten Kriterien eine
detaillierte Übersicht über die Temperaturbeständigkeit thermoplastischer Kunststoffe.
Der Vernetzungsgrad und damit das mechanische Verhalten kann auch bei vergleichbarer
chemischer Zusammensetzung unterschiedlich sein. Thermoplaste sind i.d.R. nicht vernetzt.
Acrylharz Thermoplast / Thermoelast
Polyester Thermoplast (gesättigt) / Duroplast (ungesättigt)
Polyurethan Thermoplast / Elastomer / Duroplast
Silikon Fluid / Elastomer
Die Gestalt, Größe und Anordnung der Makromoleküle wirken sich aus auf:
• Einfrier- bzw. Schmelztemperatur
• Festigkeit und Zähigkeit
• Quellbarkeit und Löslichkeit beim Eindringen kleinerer Moleküle (Lösungsmittel)
zwischen die Ketten
28
4 Verarbeitung und Lieferformen
4.1 Hilfs- und Zusatzstoffe
Die Grundsubstanzen der Kunststoffe werden von wenigen Chemiefirmen erzeugt. Formulie-
rer und Konfektionierer stellen aus Grundsubstanzen die verarbeitungsfähigen Produkte her.
Dabei werden Hilfs- und Zusatzstoffe verwendet.
4.1.1 Weichmacher
Weichmacher sind schwer flüchtige Flüssigkeiten, deren Moleküle durch Nebenvalenzen an
die Kunststoffmoleküle gebunden werden. Sie verringern die Wechselwirkungskräfte zwi-
schen den Makromolekülen, setzen dadurch die Erweichungstemperatur und somit die Sprö-
digkeit und Härte der Kunststoffe herab [Lit 9]. Harte Thermoplaste können durch Zusatz
niedermolekularer Produkte (äußere Weichmacher) oder durch Anregung zur Ausbildung
kurzer Seitenketten (innere Weichmacher) so modifiziert werden, dass ihr Glasübergangs-
bereich zu tiefen Temperaturen (unterhalb der Gebrauchstemperatur) verschoben wird.
Als Weichmacher dienen hochsiedende Ester der Phthalsäure, Phosphorsäure usw., z.B. Dioc-
tylphthalat, Trichlorethylphosphat.
4.1.2 Lösungsmittel
So werden Flüssigkeiten bezeichnet, die einen relativ niedrigen Siedepunkt besitzen und an-
dere Stoffe erweichen oder ganz auflösen können, ohne diese chemisch zu verändern. Bei
geringen Schichtdicken verdunsten sie wieder aus der Lösung.
4.1.3 Farbstoffe
Kunststoffe werden im Allgemeinen mit anorganischen Pigmenten oder solchen organischen
Farbstoffen, die sich durch eine hohe chemische und thermische Beständigkeit auszeichnen,
in der Masse vor der Polymerisation eingefärbt. Selten ist das Färben der Fertigerzeugnisse
möglich (z.B. bei wasserquellbarem Material bzw. Fasern) [Lit 9].
4.1.4 Antistatika
Dies sind leitende Stoffe (z.B. Polyglycolether, quartäre Ammoniumverbindungen u.a.), die
den Kunststoffen zugesetzt werden, damit sich diese nicht elektrostatisch aufladen.
29
4.1.6 Flammschutzmittel [Lit 9]
Diese Mittel setzen die Entflammbarkeit des Kunststoffes herab. Die Mittel wirken durch das
Abschirmen des Sauerstoffs vom Brandherd, das Beeinflussen der Zersetzung des Kunststoffs
oder des Verbrennungsmechanismus. Die gewünschte Wirkung wird durch Halogenver-
bindungen des Chlors und Broms erzielt, wobei die bromhaltigen Verbindungen eine über-
ragende Bedeutung besitzen. Daneben werden auch Phosphorverbindungen und Aluminium-
hydroxid sowie als synergetische Verstärkung zu den Halogenverbindungen Antimontrioxid
eingesetzt.
4.2 Herstellvorgang
4.2.1 Thermoplaste
Die Kunststoffindustrie polymerisiert die Thermoplaste und liefert sie anschließend als Gra-
nulat oder Pulver zu den verarbeitenden Betrieben. Dort werden sie mit Hilfsstoffen ab-
gemischt und zu Fertigprodukten oder Halbzeugen weiterverarbeitet (Bild 34). Für Lacke,
Klebstoffe und Betonzusätze kann das Polymerisat auch in organischen Lösungsmitteln gelöst
oder in Wasser dispergiert werden und am Bauwerk durch Verdunsten physikalisch erhärten.
30
Bild 34: Herstellung und Verarbeitung von Kunststoffbauelementen [Lit 4]
4.2.2 Duroplaste
Bei diesen Kunststoffen darf die Vernetzung erst bei der endgültigen Formgebung stattfinden,
da nach der Reaktion keine spannungslose Formgebung mehr möglich ist (Bild 34). Eine
mögliche Vereinfachung besteht lediglich darin, dass teilweise vorpolymerisierte Molekül-
ketten hergestellt werden, die dann im Bauteil in einem zweiten Reaktionsablauf vernetzen.
Zur Vernetzung eines Duroplasten sind stets mehrere Grundsubstanzen erforderlich (Stamm-
komponente, Katalysator, Härter und Beschleuniger). Der Formulierer mischt diese Grund-
substanzen so, dass nur noch zwei Komponenten für das reaktionsfähige Gemisch erforderlich
sind. Die unter normalen Temperaturverhältnissen meist flüssige oder zähflüssige, eventuell
vorpolymerisierte Stammkomponente (A) wird üblicherweise als Harz (Reaktionsharz, Flüs-
sigharz, Kunstharz) bezeichnet, während die Komponente (B), die pulverartig, pastös oder
flüssig sein kann, als Härter bezeichnet wird. Der ausgehärtete, vernetzte Duroplast wird
ebenfalls als Harz bezeichnet.
Die B-Komponente kann bei entsprechender Formulierung auch durch Stoffe gebildet wer-
den, die in der Umwelt vorhanden sind, z.B. die Luftfeuchte.
4.2.3 Elastomere
Sie werden aus vernetzungsfähigen thermoplastischen Kautschukpolymeren vulkanisiert und
als Fertigprodukt auf die Baustelle geliefert (z.B. Gummilager, Dichtungsbahnen o. Ä.).
Als Vulkanisation wurde ursprünglich das von C. N. Goodyear 1844 patentierte Verfahren
bezeichnet, Kautschuk zusammen mit Schwefel zu erhitzen und so gegen chemische,
atmosphärische und mechanische Einflüsse widerstandsfähiger zu machen. Dabei werden die
Makromoleküle des Kautschuks mit Doppelbindungen mit Hilfe von Katalysatoren zur Re-
aktionsbeschleunigung (z. B.: Zinkoxid (ZnO) und 2-Mercaptobenzothiazol (MBT)) über
Schwefelbrücken vernetzt (Bild 35), so dass die Moleküle sich nicht mehr frei gegeneinander
31
bewegen können. Die plastischen Eigenschaften des Kautschuks gehen verloren und das ent-
stehende Gummi verhält sich elastisch. Bei Kautschuk ohne Doppelbindung (z. B. Silikon-
kautschuk) müssen Peroxide oder energiereiche Strahlung (γ-Strahlen) zum Vulkanisieren
eingesetzt werden [Lit 2, Lit 13].
Die Möglichkeit der Mischung ist auch zwischen Kunststoffen und Naturstoffen (z.B. Teer-
EP oder Ethylen-(Copolymerisat)-Bitumen ECB) gegeben. Diese Mischungen werden nur
werksmäßig und nicht auf der Baustelle hergestellt.
Als Pressmassen bezeichnet man feste vorgeformte Mischungen aus Duroplasten und Zu-
satzstoffen. Man spricht von Verbundstoffen, wenn der Anteil an Feststoffen größer als der
des Kunststoffes ist (z.B. faserverstärkte Kunststoffe).
Anstrich- und Klebstoffe haften filmbildend auf dem Untergrund. Ihre Werkstoffbasis sind
sowohl Thermoplaste als auch elastomer-, oder duroplast- vernetzende Harze.
32
5 Kunststoffe im Bauwesen [Lit 8]
Tabelle 3: Richtwerte für die physikalische Eigenschaft einiger Baustoffe [Lit 7]
Max. Ge- Anhaltswerte bei Raum-
brauchs- temperatur
Wärme- Wärme-
Dichte tempera-
Kunststoff- Kurz- dehnzahl leitzahl Zug- Druck- E-
tur
bezeichnung bezeichnung festigkeit festigkeit Modul
Polytetra-
PTFE 2,2 250 70 - 180 0,233 13 – 27 - 400
fluorethylen
4000 -
Phenolharz PF, Pressmasse 1,4 – 2,0 100 - 150 15 - 50 0,523 15 - 45
15000
22000 –
Zum Beton 2,1 – 2,4 250 - 1000 5 - 14 2,1 0,7 – 4,0 10 - 55
39000
Vergleich
Stahl 7,8 200 - 500 10 - 17 60 370 -1800 210000
1
ohne mechanische Beanspruchung
2
unverstärkt
33
5.1 Thermoplaste
Verwendung: Folien, Bahnen, Vliese, Behälter, Rohre, Profile, Halbzeuge, Umhüllung von
Spannstahl ohne Verbund
Durch den Einbau von 10 bis 60 % Weichmacher wird PVC-P (früher: Weich-PVC) erzeugt.
Sein Glasübergang liegt deutlich unter dem Gefrierpunkt. Es hat eine hohe Dämpfung und
Kriechneigung. Nachteilig ist, dass die Weichmacher verseifen, ausdiffundieren und bei Be-
rührung mit anderen Thermoplasten in diese abwandern können.
Brandverhalten: PVC-U ist schwer entflammbar und brennt nur in der Flamme. PVC-P
brennt nach Entzündung weiter. Über 150 °C beginnt die Abspaltung
von HCl (Salzsäure), sodass bei Kontakt mit Stahl Lochfraßkorrosion
34
auftreten kann. Nach PVC-Bränden ist auf eine mögliche spätere Kor-
rosion der Bewehrung im Beton zu achten. Die Brandgase sind gesund-
heitsschädlich.
Verwendung: Platten, (z.B. Münchner Olympiazeltdach), Profile und Formteile wie z.B.
Lichtkuppeln, Rohre
35
Polyamide können teilkristallin eingestellt werden. Die mechanischen Eigenschaften reichen
so von zäh und weich bis hart, reißfest und abriebfest. PA ist relativ wärmebeständig
(+100 °C). Die Festigkeit kann durch Recken um den Faktor 5 gesteigert werden.
5.1.12 Polyester
Gesättigte Polyester werden für Fasern, Vliese (in Bitumenbahnen und Geotextilien), Gewebe
und Seile verwendet.
5.2 Duroplaste
36
Verwendung: als Anstrich, Beschichtung und Klebstoff, bevorzugtes Bindemittel für Repara-
turmörtel
Einkomponenten-PUR härtet mit Luftfeuchte als Reaktionspartner aus. Es wird z.B. für Fu-
genmassen und schnell härtende Kleber (Sekundenkleber) verwendet.
Verwendung: Gießharz, Hart- und Weichschäume, Ortschaum bei Montage von Ausbau-
teilen, Fugenmassen, Beschichtungen, Lacke
5.3 Elastomere
Elastomere entstehen durch vulkanisieren aus Kautschuk
37
5.3.3 Siliconkautschuk (SIR)
Silicium ist wie Kohlenstoff vierwertig. Es kann über Sauerstoffbrücken polymerisiert wer-
den. Die Seitenvalenzen des Siliciums sind mit organischen Resten besetzt. Je nach Art der
Ausgangsstoffe, Besetzung der Seitenvalenzen, Polymerisations- und vernetzungsgrad, kön-
nen ölige, pastenartige oder kautschukartige Silicone hergestellt werden. Die Vulkanisate
zeichnen sich aus durch geringe Änderung der Eigenschaften über einen Bereich von –50 °C
bis +180 °C, das hydrophobe Verhalten und die gute chemische Beständigkeit. Sie haben ge-
gen Stahl eine niedrige Reibung.
5.3.5 Polysulfid
Polysulfid ist ein Kautschuk auf Schwefelbasis z.B. für Fugenmassen, (Firmenbezeichnung:
Thiokol)
38
6 Eigenschaften und Prüfung von Kunststoffen
Kunststoffe haben ein viskoelastisches Verformungsverhalten, welches von der Temperatur
sowie der Beanspruchungsgeschwindigkeit und Beanspruchungsdauer abhängig ist. Tempera-
tur- und Umwelteinwirkung verändern die Eigenschaft durch Altern.
Im Druck-, Zug- und Biegeversuch werden immer Last und Verformung gemessen:
Die Proben sollen unabhängig vom Ausmaß der Verformung (Duroplaste: 1 mm/m, Elasto-
mere 10000 mm/m) in ca. 1 min versagen.
Schlagversuche dienen zur Beurteilung der Schlagzähigkeit. Bei Folien als Durchstoßver-
such.
Oberflächenhärte: Bei Thermoplasten und Duroplasten misst man mit Kugeleindruck, bei
Elastomeren bzw. weichgemachten Kunststoffen misst man mit Nadeleindruck (Shore-Härte).
Die Härte ist ein Anhaltswert für den Verformungsmodul.
39
Einige unvernetzte Thermoplaste haben ähnlich wie warm gewalzter Stahl einen Fließbereich
(Bild 36). Bei der Fließspannung orientieren sich die Molekülketten des Polymers, sodass es
bei nochmaliger Belastung einem teilkristallinen Kunststoff ähnlich wird. Ein Kunststoff mit
dieser Eigenschaft (z.B. PMMA) lässt sich durch Recken in eine oder zwei Richtungen wär-
mestabiler und steifer machen. Durch Erwärmen kann die mechanisch aufgebrachte Dehnung
wieder rückgängig gemacht werden (z. B. Schrumpffolie).
Wie Bild 37 zeigt, führt eine Verringerung der Belastungsgeschwindigkeit zu ähnlich niedri-
gen Verformungsmodulen und großen Bruchdehnungen wie eine erhöhte Temperatur.
Bild 37: Einfluss der Temperatur bzw. der Belastungs- oder Dehngeschwindigkeit Ab-
hängigkeit auf die Spannungs-Dehnungs-Linien eines Kunststoffs [Lit 10]
Kunststoffe werden meist bei 23 °C / 50 % r.F. untersucht. Mit höherer Temperatur sinkt bei
Thermoplasten und Duroplasten bereits unter kurzzeitig wirkenden Lasten die Festigkeit (vgl.
Bild 38), die Dehnung nimmt zu, obgleich die Kunststoffe sich immer noch im Glaszustand
befinden. Bei Einwirkung hoher Temperaturen (im Glaszustand und darüber) sind die Festig-
keiten sehr niedrig.
Die linearen Temperaturdehnzahlen liegen zwischen ca. 0,03 und 0,23 mm/(m·K). Sie sind
damit 3 bis 20 mal höher als bei Stahl oder Beton.
40
Bild 38: Kurzzeitfestigkeit einiger Thermoplaste in Abhängigkeit von der Temperatur
[Lit 10]
6.2.1 Kurzzeitverhalten
Dynamischer Schubmodul: Er wird im Torsionsschwingungsversuch nach DIN EN ISO 6721
bestimmt (Bild 39). Eine kleine Kunststoffprobe wird mit einer Torsionsschwingung belastet.
Die Dämpfung der Schwingung wird bestimmt. Die Probe befindet sich dabei in einer Tempe-
rierkammer, deren Temperatur in Stufen verändert wird.
Bei weichen Kunststoffen, oberhalb des Glasübergangs und bei Elastomeren ist μ annähernd
0,5, unterhalb des Glasübergangs etwa 0,35.
6.2.2 Langzeitverhalten
Viskoelastische Stoffe kriechen unter Dauerlast und brechen in einer endlichen Zeit, wenn die
Dauerlast zu hoch ist. Die Kurzzeitfestigkeit ist größer als die Zeitstandfestigkeit und diese
wiederum ist größer als die Dauerstandfestigkeit. Der viskose Anteil der Verformung ist bei
thermoelastischen Kunststoffen sehr stark ausgeprägt. Schon bei geringer Spannung treten
deutliche Kriechverformungen bestehend aus viskosen und viskoelastischen Anteilen auf.
42
Bild 41: Zeitdehnlinien von PP [Lit 10]
Trägt man verschiedene Zeitstandfestigkeiten in Abhängigkeit von Standzeit und Prüf-
temperatur auf, so erhält man eine Schar affiner Kurven (Bild 42).
Zum Beispiel wird bei σ = 4 N/mm2 und T = 80 °C eine Standzeit von 50 h ermittelt, bei σ =
3 N/mm2 und T = 80 °C betrage sie 200 h und bei σ = 15 N/mm2 und T = 20 °C betrage sie
1 h. Durch Eintragen der Werte in das Diagramm und Ergänzen der Kurven lässt sich dann
angenähert voraussagen, dass bei T = 20 °C und einer geforderten Standzeit von ca. 50 Jahren
eine Spannung σ = 6,5 N/mm2 aufgebracht werden darf. Beträgt σ nur 5 N/mm2, so beinhaltet
diese Extrapolation noch einen theoretischen Sicherheitsbeiwert von ν = 1,3. Die Kurzzeitfes-
tigkeiten bei verschiedenen Temperaturen müssen für diese Extrapolation bekannt sein.
Durch das Füllen der Kunststoffe, z.B. mit Gesteinsmehl oder Sand (vgl. Kapitel 4.1.7), wer-
den bei Druckbelastung die Zeitstandfestigkeit erhöht und das Kriechen vermindert. Die Zug-
festigkeit wird durch das Füllen vermindert.
6.2.3 Dauerschwingverhalten
Die Wöhlerkurve nähert sich bei Kunststoffen keiner eindeutigen Asymptote an, d.h., die
Schwingfestigkeit nimmt auch nach hohen Lastwechselzahlen noch weiter ab (Bild 43 und
Bild 44). Eine echte Dauerschwingfestigkeit liegt damit nicht vor.
44
Bild 44: Wöhlerkurven von Glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK)
Wichtig für das Schwingverhalten sind die Belastungsgeschwindigkeit (Frequenz) und die
Temperatur (Eigenerwärmung wegen hoher Dämpfung und geringer Wärmeleitfähigkeit (Bild
45)). Kerbempfindliche Kunststoffe haben eine geringe Dauerschwingfestigkeit.
6.3 Wasseraufnahme/Chemikalienbeständigkeit
Der Einfluss von Feuchte auf einen Kunststoff kann ggf. bereits allein durch die Änderung
seiner Masse oder Maße nach einer Wasserlagerung nachgewiesen werden. Von einem Ko-
chen bei dieser Lagerung erwartet man eine Zeitrafferwirkung.
45
Allgemein haben Kunststoffe eine gute chemische Beständigkeit. Thermoplaste sind be-
ständiger gegen Säuren und Laugen, Duroplaste beständiger gegen organische Lösungsmittel.
Richtwerte sind Tabelle 4 zu entnehmen. Die Industrie liefert für jeden Kunststoff Beständig-
keitstabellen, die anhand der Ergebnisse von Lagerungsversuchen (oft nur über Wochen oder
Monate) in verschiedenen Medien aufgestellt wurden.
Treibstoffgem.
Halogene (tr.)
Kunststoff
oxidierend
Flusssäure
Mineralöl
Alkohole
Fette, Öl
schwach
schwach
Ketone
Benzol
Benzin
CKW
Äther
Ester
stark
stark
HD + + - + - + + + + + { ) { ) ) )
PE
LD + + - + - + + { { { - - - * - { *
PP + + - { * + + + ) ) { * * ) { + +
PIB + + { + { + + + - { - - - - - -
U + + ) ) { + + + - - - * - + * + +
PVC
P + ) { - + { { - - - - - * - { {
PMMA + + { { { + + { - - { - - + - + +
PVAC - - - - - ) )
hart + ) { ) - + + + - - - - - { - { +
PS
Schaum
PTFE + + + + + + + + + + + + + + + + +
PA - - - - - + { + + + + + + + + + +
UP - { * * * { * ) * - - - * + + + +
EP + + - ) + ) ) + { ) + { + + + + +
hart { - { * + - ) { * + { + + { + {
PUR
Schaum + { - - - { { ) - - ) - * + { + +
SI + - - - + ) * * + - - { { { )
MF { - + - + + + + + + + + + +
PF, Pressmasse + - + - + + + + + + + + + +
(+) : beständig ()) : bedingt beständig bis beständig ({) : bedingt beständig
(*) : bedingt unbeständig bis unbeständig (-) : unbeständig
6.4 Alterungsverhalten
Zeitraffende Alterungsuntersuchungen werden im Labor mit zyklischer, künstlicher Be-
witterung (Temperatur, Luftfeuchte, Beregnung und Bestrahlung mit UV- oder Xenon-
46
Lampen, die einen dem Tageslicht ähnlichen UV-Anteil aufweisen) durchgeführt. Aus-
lagerungsversuche im Freien sind sehr zeitaufwendig, lassen aber die Beständigkeit besser
beurteilen. Auslagerungsart und Expositionsrichtung sind zu berücksichtigen.
Die Ungewissheit über die Quantifizierung der Alterung stellt trotz vielfältiger Unter-
suchungen noch immer ein großes Hindernis für eine zielsichere Verwendung neuer Kunst-
stoffe in tragenden Bauteilen dar.
6.5 Brandverhalten
Fast alle Kunststoffe sind brennbar, einige sind leicht (Klasse B 3), andere normal (B 2) oder
schwer entflammbar (B 1). Das muss besonders beim Einsatz im Hochbau berücksichtigt
werden. Auch wenn im Brandfall offene Flammen nicht direkt auf den Kunststoff einwirken,
können dennoch Schäden entstehen, wenn der Kunststoff wegen seiner niedrigen Wärme-
standfestigkeit (50 °C bis 150 °C, PTFE 250 °C) seine Gebrauchsfähigkeit verliert. Gegen-
über Stahl wirkt sich bei Kunststoffen allerdings wie bei Holz die geringe Wärmeleitung
günstig aus. In bestimmten Fällen sind Kunststoffe ungünstig, die brennend abtropfen können.
Die Viskosität wird mit dem Rotationsviskosimeter ermittelt. Sie wird indirekt mit dem Ab-
sinken einer Kugel durch eine Harzsäule oder dem Auslaufen einer Harzmenge durch eine
Düse gemessen. Bild 47 zeigt den Viskositätsverlauf von EP-Harzen bei isothermen Ver-
suchsbedingungen.
47
Bild 46: Härtungsverlauf bei Polyesterharz (schematisch)
48
7 Bemessung von Bauteilen
7.1 Bemessung mit abgeminderten Festigkeitswerten
Für den Einsatz von Kunststoffen in Tragwerken und selbsttragenden Elementen müssen sie
einer gesicherten rechnerischen Bemessung zugänglich sein. Ein möglicher Ansatz wird in
folgender Form angegeben.
R 1
zul σ = ⋅
A1 ⋅ A2 ⋅ A3 ⋅ A4 ν
Darin bedeuten
zul σ zulässige Spannung
R Kurzzeitfestigkeit
Ai Abminderungsbeiwerte für Festigkeitsverluste infolge Kriechen, Alterung,
erhöhter Temperatur, Produktionsschwankung
ν Sicherheitsbeiwert
Eine entsprechende Gleichung kann für den Verformungsmodul aufgestellt werden.
Aus Laborergebnissen wurden z.B. für GF-UP (glasfaserverstärkte Polyester) folgende Ab-
minderungsbeiwerte hergeleitet:
Al (Kriechen) 1,4 …. 3,4
A2 (Alterung) 1,1 …. 1,6
A3 (Temperatur) 1,1 …. 1,8
A4 (Produktionsschwankung) 1,1 …. 1,5
Al · A2 · A3 · A4 1,9…14,7
Um den Einfluss des Kriechens zu erfassen, wird ein so genannter Kriechmodul Ec benutzt
(Bild 48). Bei seiner Ermittlung wird die Kurzzeitdehnung um die Kriechdehnung erhöht. Aus
einem Kriechversuch (Bild 40 und Bild 41) lassen sich so die Kriechmodullinien (Bild 49)
errechnen.
49
Bild 48: Definition des Kriechmoduls
Ihre Verformbarkeit im gummielastischen Zustand ist selbst nach Versprödung noch erheb-
lich größer als in den angrenzenden Bauteilen. Die Druckfestigkeit eines Lagers ist so groß,
dass die angrenzenden Bauteile zerstört werden, bevor der Gummi aufreißt. Die Temperatur-
abhängigkeit der Elastomere in handelsüblicher Qualität ist zudem im Bereich von ca. -30 °C
bis +70 °C technisch gesehen vernachlässigbar.
50
8 Halbzeuge und Fertigprodukte für das Bauwesen
8.1 Fertigteile aus Thermoplasten
Hochbau, Ausbau des Rohbaues
• Außenwandbekleidungen aus PVC-U,
• Dacheindeckungen aus schwer entflammbar eingestellten Kunststoffen (z.B. PVC-P)
oder aus mit nicht brennbaren Stoffen verstärkten Kunststoffen (z.B.: GFK).
• Fensterrahmen, Rollladen, Balkonbekleidungen aus PVC-U, Fensterscheiben, Ober-
lichter, Lichtkuppeln, Lichtwände, Gewächshäuser aus PMMA (gereckt und un-
gereckt) oder PC, Dichtungsprofile (vgl.Kapitel 8.6).
Innenausbau
• Dübel aus PA,
• Sanitärartikel aus PVC-U, PP, PS, PMMA,
• Fußbodenbeläge aus PVC-P, PVC-U, PA, Polyester und PUR.
Ein optimales Tragverhalten des Verbundwerkstoffes wird erreicht, wenn der E-Modul der
Faser um ein Vielfaches größer als der des Kunststoffes und die Bruchdehnung des Kunst-
stoffes größer als die der Faser ist (Bild 51). Die Verbundpartner müssen untereinander
chemisch und thermisch verträglich sein.
Die Fasern werden in Strängen meist zu 3000 bis 20000 Stück gebündelt. Solche Stränge
(Rovings) können direkt in die Harzmatrix eingebettet werden. Liegen alle Fasern in einem
Bauteil in einer Richtung, spricht man von unidirektionaler Rovingverstärkung. Werden
Stränge miteinander zu einem Gewebe verwebt oder werden die Stränge zu kurzen Stückchen
zerschnitten und zu einem regellosen Filz gepresst, spricht man von Gewebe- bzw. Matten-
verstärkung.
Als Bindemittel wird hauptsächlich Polyesterharz (GF-UP) verwendet. Nicht eingefärbt ist
GFK transparent und deshalb für raumabschließende, lichtdurchlässige Elemente geeignet.
52
Die Bauteile können folgendermaßen hergestellt werden:
• Verstärkung durch Matten oder Gewebe, im Handauflegeverfahren bzw. maschinelles
Pressen bei relativ einfachen Formen,
• Wickeln von Rotationskörpern, Verstärkung - im Umfang durch Rovings, in Achsrich-
tung durch Gewebe - ermöglicht hohen Glasgehalt bis zu 80 %,
• Kontinuierliches Pressen für Platten und Stäbe,
• Faserspritzen auch für relativ kompliziert geformte Bauteile - Harz, Härter und kurz
geschnittene Fasern treffen erst an der Spritzpistole zusammen - ermöglicht nur gerin-
gen Glasgehalt.
Die Eigenschaften der Bauteile hängen - wie bei Holz - vom Last-Faserwinkel ab: Matten
haben keine bevorzugte Tragrichtung, Gewebe tragen in zwei Richtungen, Rovings in eine.
Im Bereich des Massivbaus wurden kleinere vorgespannte Bauwerke ausgeführt, die mit
GFK-Stäben bewehrt sind. In Bild 52 sind die Spannungs-Dehnungs-Linien eines Spannstahls
der Güte St 1470/1670 und eines Hochleistungs-Verbundwerkstoffes (HLV) dargestellt.
Beide Werkstoffe weisen eine vergleichbare Zugfestigkeit auf. Völlig unterschiedlich ist da-
gegen ihr Spannungs-Dehnungs-Verhalten: Während der Stahl ein elastisch-plastisches Ver-
halten zeigt, bleibt der HLV-Werkstoff bis zum Bruch elastisch. Durch die sehr unterschied-
lichen E-Moduln weichen die Dehnungen bereits im Bereich der Gebrauchsspannungen deut-
lich voneinander ab. Die positive Konsequenz einer größeren Dehnung ist, dass Betonver-
kürzungen aus Kriechen und Schwinden für die HLV-Spannbewehrung von untergeordneter
Bedeutung sind.
Lokale Verstärkungen von Massivbauten wurden auch schon in GFK ausgeführt. Anstelle des
nicht unbedingt alkaliresistenten GF-UP benutzt man hierzu GF-EP.
8.4 Schaumkunststoffe
Im Prinzip lassen sich alle Kunststoffe aufschäumen. Es gibt harte und weichelastische
Schaumstoffe. Ortschäume sind zäh bis spröd hart vernetzte Einkomponentenschäume aus
den Rohstoffen PUR und UF, die erst am Bauwerk aufgeschäumt werden. Als Hartschäume
sind gebräuchlich:
Polystyrol
Polystyrol (PS-Hartschaum ist ein geschlossenzelliger, zäh harter Schaumstoff) Dämmplatten
aus Polystyrol-Hartschaum sind alterungsbeständig, verrottungsfest und nehmen nur wenig
Wasser auf. Durch Lösungsmittel und Temperaturen über 110 °C kann er zerstört werden.
Nach dem Herstellungsverfahren werden unterschieden:
• Dämmplatten aus Partikelschaum, die aus Blöcken geschnitten bzw. im Brandver-
fahren kontinuierlich gefertigt werden. In elastischer Einstellung sind diese Platten
für den Trittschallschutz geeignet.
• Automatenplatten aus Partikelschaum, die bereits bei der Fertigung ihre endgültige
Form erhalten.
• Extrudierte Polystyrol-Hartschaumplatten, die im Strangpressverfahren hergestellt
werden und an ihrer dichten, glatten Oberfläche erkenntlich sind.
Hartschaumdämmplatte gibt es in Form von expandiertem Polystyrol (EPS) und als ex-
trudierte Polystyrolplatten (XPS). PS-Schaum wird auch als aufgeblähtes Granulat z.B. als
leichte organische Körnung im Beton verwendet.
Polyurethan
Polyurethan (PUR)-Hartschaum ist ein überwiegend geschlossenzelliger, zäh harter Schaum-
stoff. Polyurethan-Ortschaum wird an der Baustelle hergestellt, vernetzt mit Wasser als Re-
aktionspartner (Verwendbarkeit wird durch die Baufeuchte nicht gestört) und wird z. B. für
die Dämmung von Flachdächern sowie für die Montage von Türzargen und Fensterrahmen
verwendet.
Durch die Zellstruktur haben Schäume eine äußerst geringe Rohdichte (10 bis 100 kg/m3), ein
hohes Dämmvermögen (0,015 bis 0,05 W/(m·K)) (Bild 53) und eine hohe Luftschall-
absorption. Wasseraufnahme (0 % bis 15 %) und Dampfdiffusion (μ = 5 bis 900) hängen vor-
wiegend von der Zellstruktur (offen oder geschlossen) ab.
Festigkeiten und Verformungsmodule sind generell niedrig und u. a. proportional zur Roh-
dichte. Die Druckspannungen bei 10 % Stauchung liegen bei den harten Schaumstoffen je
nach Kunststoff und Dichte zwischen 0,01 N/mm2 (UF) und 1,0 N/mm2 (PUR), die Zugfes-
tigkeiten zwischen 0,1 N/mm2 und 3,0 N/mm2 und die Elastizitätsmoduln (Biegeversuch)
zwischen 5 N/mm2 und 50 N/mm2.
54
Bild 53: Wärmeleitfähigkeit von EPS-Hartschaum in Abhängigkeit von der Temperatur
Frische Schäume brechen an ihren Grenzflächen. Sie erhalten dadurch eine dichte Außenhaut,
eine gute Verklebung zu angrenzenden Festkörpern und eine feinere Zellstruktur im Außen-
bereich (Integralschaum).
Als Weichschäume werden Erzeugnisse auf der Basis von PUR, PVC, PE z.B. für das Hin-
terfüllen von Fugenmassen verwendet.
8.5 Sandwichelemente
Für flächige biegebeanspruchte Bauteile (Fassadenelemente, Trennwände, Dachplatten, In-
dustrietore) bietet es sich an, harte Schaumstoffe als Stützkern zwischen die Deckschichten in
der Druck- und Zugzone einzusetzen. Mit geringer Eigenlast können so große Biegemomente
aufgenommen werden. Als Deckschichten werden Bleche, Faserlaminate oder Holzwerkstoffe
benutzt. Die Deckschichten werden entweder auf den Kern geklebt oder der selbsthaftende
Schaum wird zwischen den Deckschichten aufgeschäumt.
Die einzelnen Bahnen (außer EPDM) können heiß oder z.T. auch kalt (durch Lösungsmittel)
verschweißt werden. Verklebungen von verstärkten Folien sind empfindlich bei Zugbe-
anspruchung, da die Gewebeverstärkungen nicht verbunden werden.
Folien sollen bei Verwendung im Freien bei Temperaturen von -30 °C nicht versteifen und
bei +80 °C nicht fließen.
55
Abdichtungen sind flächige, wasser- und dampfsperrende Dachabdichtungen, Grundwasser-
abdichtungen, Abdichtungen von Deponien, Dämmen, Tunneln und Baugruben.
Bitumenbeständige Bahnen (stets schwarz eingefärbt) können mit Bitumen geklebt werden.
Zur Vermeidung von extremer UV- und IR-Einwirkungen können Abdichtungen von Flach-
dächern mit Kies abgedeckt werden.
Geotextilien werden im Erd- und Wasserbau verlegt. Das sind meist wasserdurchlässige Vlie-
se oder Gewebe, z.B. unter den Schotterlagen beim Eisenbahnbau, unter Tragschichten von
Straßen oder zur Befestigung von Böschungen, Dämmen und Ufern. Das Vlies oder Gewebe
wirkt als Filter bzw. als Bewehrung. Wasser wird gefiltert und abgeleitet, das Aufsteigen oder
Ausspülen von Feinstteilen des Bodens verhindert. Bei Dämmen aus schlechtem Schutt-
material oder bei weichem Untergrund werden erhebliche Zugspannungen aufgenommen und
über Reibung in die Schüttungen abgetragen. Die Fasern der Geotextilien bestehen z.B. aus
linearen Polyestern, PE oder PP.
8.7 Fugenbänder
Bei jedem größeren Bauwerk sind Dehnungs- und Arbeitsfugen unvermeidlich. Zur Ab-
dichtung der Fugen in Massivbau gegen Grund- und Oberflächenwasser kann der Einbau von
Fugenbändern erforderlich sein. Sie müssen der Fugenbewegung ohne Beeinträchtigung der
Dichtung und ohne Überbeanspruchung des Betons elastisch folgen können. Werkstoffe
PVC-P (schweißbar), Elastomer (Verbindungen durch Vulkanisieren).
Fugenbänder sind genormt. Sie werden bereits beim Betonieren im Bereich der Arbeits- und
Bewegungsfugen eingesetzt. Je nach Lage im Bauteil und der zu erwartenden Bewegungs-
größe sind sie unterschiedlich geformt (Bild 54).
56
8.8 Lager
Lager werden aus Elastomeren hergestellt, die hauptsächlich aus drei Arten von Kautschuk
vulkanisiert werden.
Elastomer aus:
• Naturkautschuk (NR) (R=Rubber): Nicht sehr alterungsbeständig (Ozon- und UV-
Angriff) gut brennbar und in der Flamme schmelzend.
• Chloroprenkautschuk (CR): Seit 60 Jahren bekannt, sehr alterungsbeständig, schwer
entflammbar. In der Kälte früher versteifend als Naturkautschuk.
• Ethylen-Propylen-Terpolymer-Kautschuk (EPDM): Verhalten ähnlich wie CR, in
den Festigkeiten etwas schlechter, in der Kälte etwas besser, billig, schlechte Vulkani-
sationshaftung auf Stahl, Verwendung in Baulagern nur unbewehrt.
Das seitliche Ausweichen von Elastomer bei Druckbeanspruchung kann außer durch Be-
wehrung (Bild 56) auch dadurch verhindert werden, dass man das Material in einem
stählernen "Topf” mit beweglichem, abgedichtetem "Deckel" einschließt (Bild 57). Die
Elastomerplatte verhält sich bei hohen Drücken wie eine inkompressible Flüssigkeit. Bei
Drehung des Deckels um die Kippachse des Lagers bewegt sich das Elastomer von den höher
belasteten zu den niedriger belasteten Bereichen.
Bild 55: Verformungen von Bild 56: Stauchung von Elastomerlagern bei glei-
Elastomerlagern cher Vertikalkraft
57
Bild 57: Topflager (Prinzip) [Lit 6]
Elastomere werden im Temperaturbereich von -30 bis +70 °C als Baulager eingesetzt (Bild
58). Die Temperaturabhängigkeit ist technisch gesehen in diesem Bereich vernachlässigbar.
Gleitlager im Hochbau und Gleitfolien z.B. unter Behältern und Eisstadien nutzen in ein-
facher bis einfachster Ausführung die geringe Reibung zwischen verschiedenen Thermo-
plasten bzw. Duroplasten. Gebräuchlich sind die Gleitpaarungen PVC/PVC, PE/PE,
PTFE/UP. Voraussetzung ist eine völlig ebene Gleitfläche.
59
9 Am Bauwerk erhärtende Kunststoffe
9.1 Oberflächenschutz von porösen Baustoffen
Die Schutzmaßnahmen sollen die Aufnahme von flüssigem Wasser und von Schadstoffen,
z.B. Chlorid, die im Wasser transportiert werden, behindern. Bei Stahlbetonbauten sollen sie
den CO2-Zutritt bremsen, da die trocken liegenden Bauteile sonst rascher carbonatisieren
würden. Sie sollen aber andererseits, besonders bei Hochbauten, den Transport von Wasser-
dampf möglichst wenig beeinträchtigen. Wasseranreicherungen hinter der Beschichtung kön-
nen zu Frostschäden führen.
9.1.1 Imprägnierungen
Imprägnierungen bilden keinen geschlossenen Film, die Poren sind nicht gefüllt, die Korn-
spitzen nicht überdeckt. Imprägnierungen werden in Form von sehr niedrig viskosen, oft mit
Lösungsmitteln versetzten Kunststoffen durch Spritzen oder Streichen aufgebracht. Das Im-
prägnierungsmittel dringt in festen Beton nur wenige Millimeter ein, überzieht die Innen-
wandungen der Poren mit einem dünnen Film, ohne an der Oberfläche eine Sperrschicht zu
bilden. Der zu schützende Baustoff bleibt dabei dampfdurchlässig. Die meisten Mittel wirken
Wasser abstoßend (hydrophob). Unter günstigsten Voraussetzungen kann eine Beständigkeit
der Imprägnierung von mehr als 10 Jahren erwartet werden.
Siloxane (Siliconharze, Silicone) sind hoch polymere, hydrophobierende Stoffe mit einem
SiO-Gerüst. Sie können in mehreren Arbeitsgängen aufgetragen werden, gelten nicht als ge-
sundheitsschädlich und greifen andere Baustoffe nicht korrodierend an.
Silane sind chemisch gesehen die Monomere der polymeren Siloxane. Sie sind im Gegensatz
zu diesen in Lösungsmitteln löslich. Eine gewisse Untergrundfeuchte und auch Alkalität sind
für die chemischen Reaktionen von Vorteil. Die Silanmonomere vernetzen auf der Baustoff-
oberfläche und gehen gleichzeitig mit dem Baustoff echte chemische Bindungen ein.
60
Lösungsmittelhaltige Kunstharze vor allem auf der Basis von PMMA und EP haben keine
hydrophoben Eigenschaften. Mischungen davon mit hydrophoben Stoffen können dagegen
einen wenig widerstandsfähigen, grobporigen Untergrund gleichzeitig verfestigen und hydro-
phobieren.
9.1.2 Versiegelungen
Versiegelungen bilden einen geschlossenen Film (bis 0,3 mm Dicke). Sie dringen in die o-
berste Schicht des Baustoffes ein und bilden eine mehr oder weniger diffusionsdichte, ab-
schließende Haut. Versiegelungsmittel müssen sehr niedrig viskos sein, Auftrag durch Sprit-
zen oder Streichen. Zur Anwendung kommen Reaktionsharze, z.B. EP.
9.1.3 Beschichtungen
Beschichtungen sind an der Baustoffoberfläche haftende Überzüge, die in flüssiger Form, ein
oder mehrschichtig aufgestrichen, aufgespritzt oder aufgespachtelt werden. Der Untergrund
muss zunächst vorbereitet (gesäubert) werden (Richtlinie für Schutz und Instandsetzen von
Betonbauteilen des DAfStb). Meistens ist zunächst eine Grundierung (Primer) erforderlich.
Dickere Beschichtungen können mit Steinmehl oder Sand abgemagert werden (vgl. Kapitel
9.3). Die Kunststoffe können dabei in dispergierter, gelöster oder reiner Form aufgebracht
verwendet werden:
• Lösungen von Thermoplasten (z.B. Acrylat, Chlorkautschuk, PVC) hohe Sperr-
wirkung gegen CO2, bei Acrylat geringe Sperrwirkung gegen Wasserdampf,
• Dispersionen von Thermoplasten (z.B. Vinylacetat, Vinylpropionat): geringe Sperr-
wirkung gegen CO2,
• Duroplaste (Reaktionsharze) mit/ohne Lösungsmittel.
61
• gelartige, durch Wasser reversibel quellende Stoffe auf der Grundlage von Acrylaten,
• harte Massen auf Zementbasis, oft kunststoffmodifiziert.
Es handelt sich also ausschließlich - bei Kunststoffen wie bei Zementleim bzw. -suspensionen
um reaktive Zweikomponentensysteme.
Sie werden sehr niedrig viskos eingestellt und können bei genügend langer Topfzeit unter der
Wirkung von Verpressdruck und Kapillarität Risse bis auf 50 μm Breite sicher ausfüllen. Für
einen guten Verpresserfolg müssen die Risse trocken sein.
Ähnlich wie beim Zementbeton soll mit möglichst wenig Harz ein gut verdichtbarer Beton
bzw. Mörtel erzeugt werden. Mischungen oberhalb ca. 1:10 sind nur mit schwerem Gerät zu
verdichten. Bild 60 zeigt exemplarisch den Einfluss des Mischungsverhältnisses auf die er-
zielbaren Festigkeitswerte.
62
Bild 60: Festigkeiten von Epoxidharzmörtel in Abhängigkeit vom Mischungsverhältnis
Die Verarbeitungszeiten (Topfzeiten) hängen von Einstellung (Formulierung), Ansatzmenge
und Temperatur ab. Die Topfzeiten können wenige Minuten bis mehrere Stunden betragen.
Reaktionsmörtel mit dichtem Gefüge sind dampfdicht. Wenn sie als Beschichtungen auf-
getragen werden, kann die mechanisch-thermische Beanspruchung des Verbundsystems durch
das Produkt E · αt · ΔT von Beschichtung und Beton abgeschätzt werden.
9.4 Fugenmassen
Die Massen haben plastische bis elastische Eigenschaften. Während bei rein plastischen Mas-
sen Spannungen schnell abgebaut werden und bei Verformungen der sog. Kaugummieffekt
(Bild 61) eintritt, haben rein elastische Massen den Nachteil, dass bei ihnen Spannungen nicht
abgebaut werden, wodurch die Bindeflächen zu den angrenzenden Bauteilen stark be-
ansprucht werden.
Gebräuchlich sind elastoplastische Ein- oder Zweikomponenten-Massen auf der Basis von
Polyurethan, Silicon und Polysulfid. Ihre Erhärtung erfolgt entweder durch physikalische
Trocknung oder Vernetzung. Fugenmassen erreichen im Normversuch an kleinen Probe-
körpern Dehnungen bis zu 1000 %. In der Fuge am Bauwerk, bei der die Fugenmasse in
Fugenlängsrichtung praktisch starr eingespannt ist und bei der Langzeiteffekte (vgl. Kapitel
6.2.2) und IR/UV-Einwirkung (vgl. Kapitel 0) hinzukommen, darf eine Dehnung von 20 %
nicht überschritten werden.
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Bild 61: Kaugummi-Effekt an einer Fugendichtungsmasse mit hohem plastischem Anteil
Wichtig für die Dehnbarkeit sind annähernd quadratische Verfüllquerschnitte und Zwei-
flankenhaftung (Bild 62).
EP-Harze sind wegen hoher Alkalibeständigkeit und geringem Reaktionsschwund für Kle-
bungen im Betonbau besonders geeignet. Für die Vorbereitung des Untergrundes und Aus-
führung der Klebearbeiten sind dieselben Bedingungen zu beachten wie bei Beschichtungen
(vgl. Kapitel 9.1.3).
Ein EP-System ist derzeitig in Deutschland für Verklebungen zwischen Stahl und Beton bei
vorwiegend ruhender Belastung (außen liegende Bewehrung) zugelassen. Brücken in Seg-
mentbauweise und mit Stahllaschen verstärkte Brücken sind seit rund 25 Jahren bekannt.
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10 Arbeits- und Umweltschutz
Ergänzende Hinweise für den Umgang mit Reaktionsharzen, Klebstoffen und Lösungsmitteln
im Bauwesen: Während der Verarbeitung von Reaktionsharzen ist die Haut vor direktem
Kontakt mit Harz und Härter zu schützen. Daneben sind Schutzbrillen und - wenn in mangel-
haft entlüfteten Innenräumen gearbeitet wird - Schutzmasken zu tragen. Offene Flammen sind
von den Gebinden fernzuhalten. Kopfschmerzen, in ernsteren Fällen Übelkeit oder Erbrechen
weisen auf Vergiftungen durch Einatmen von Dämpfen hin. Bei mehrfachem Hautkontakt
bzw. beim häufigen Einatmen können Allergien auftreten.
In ausgehärteter Form gelten Reaktionsharze bei Raumtemperatur beim Kontakt mit der Haut
oder mit Wasser als physiologisch unbedenklich. Im Brandfall werden demgegenüber giftige
und brennbare Pyrolysedämpfe abgespalten.
Beim Umgang mit reinen Lösungsmitteln ist deren hohe Flüchtigkeit (besonders im Som-
mer!) und deren oft sehr niedriger Flamm- bzw. Zündpunkt zu beachten.
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11 Literatur
Lit 1: Benedix, R.: Bauchemie. Einführung in die Chemie für Bauingenieure. 3. Auf-
lage, B.G. Teubner Verlag / GWV Fachverlage GmbH, ISBN 3-519-20226-3,
2006
Lit 2: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG: Der Brockhaus multimedial
2006
Lit 4: Dimmig, A.: Baustoffe für den Bautenschutz und die Betoninstandsetzung. Vor-
lesungsfolien, F.A. Finger-Institut für Baustoffkunde, Weimar, 2003
Lit 11: Verband Kunststofferzeugende Industrie e.V. (VKE): Wirtschaftsdaten und Gra-
fiken zu Kunststoffen, 15.01.2004
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