Statuspapier Quelltermberechnung-1
Statuspapier Quelltermberechnung-1
Statuspapier Quelltermberechnung-1
n
)
(r -r )
i
2 2
i-1
i=2 t-t *i
lB
( TB -Tfl )
n
(
QB =
lB
i=2
rB c p, B
Quelltermberechnung
bei strungsbedingten
Stoff- und Energiefreisetzungen
in der Prozessindustrie
Methodenbersicht und
industrielle Anwendung
IMPRESSUM
Bearbeiter/Autoren
Dipl.-Ing. Heinz Ballast ehemals Currenta GmbH & Co. OHG, Leverkusen
Dipl.-Ing. Rubens Ballenweg BASF SE, Ludwigshafen
Dipl.-Ing. Peter Bordin Landesamt fr Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV)
NRW, Essen
Dr.-Ing. Jrn Buhn Bayer Technology Services GmbH, BTS-OSS-PPS-MPR, Leverkusen
Dipl.-Ing. Margit Hahn Evonik Industries AG, Marl
Dr.-Ing. Bernd Schalau BAM Bundesanstalt fr Materialforschung und -prfung, Berlin
Prof. Dr. Axel Schnbucher (Vorsitz) Universitt Duisburg-Essen; Campus Essen
Dr.-Ing. Ulrich Seifert Fraunhofer-Institut fr Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik
UMSICHT, Oberhausen
Dr.-Ing. Frank Westphal Consilab Gesellschaft fr Anlagensicherheit mbH, Frankfurt am Main
Dr.-Ing. Klaus Wrsdrfer Horst Weyer & Partner GmbH, Dren
Herausgeber
ProcessNet-Fachgemeinschaft Anlagen- und Prozesssicherheit
Vorsitzender: Prof. Dr. Norbert Pfeil, BAM Berlin
Geschftsstelle
Dr.-Ing. K. Mitropetros, DECHEMA e.V.
Verantwortlich fr den Inhalt jedes Beitrags in diesem Buch ist der jeweilige Autor. Die Benutzung dieses
Buches und die Umsetzung der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrcklich auf eigenes Risiko.
ISBN: 978-3-89746-135-2.
inhaltsverzeichnis
2 Freisetzungsflchen 2-1
2.2 Zweck der Ermittlung und Festlegung von Freisetzungsflchen 2-1
2.3 Ermittlung von Freisetzungsflchen 2-1
2.4 Ermittlung von Leckflchen 2-2
2.4.1 Einflussfaktoren auf die Gre von Leckflchen 2-4
2.4.2. Leck-vor-Bruch-Kriterium 2-5
2.4.3. Methoden zur Ermittlung von Leckflchen 2-9
2.4.4. Probabilistik zur Ermittlung von Leckflchen 2-22
2.4.5. Beispiele zur Ermittlung von Leckflchen 2-24
Gesetzliche Anforderungen zu Freisetzungsflchen 2-28
Literatur 2-30
Formelzeichen 2-33
1
inhaltsverzeichnis
2
inhaltsverzeichnis
3
vorbemerkung
1.1 Vorbemerkung
Im vorliegenden Statuspapier werden Modelle zur Berechnung von Quelltermen bei der strungs-
bedingten Freisetzung von Stoffen zur Verfgung gestellt, deren physikalische Grundlagen erlu-
tert, Einsatzbereiche im Vergleich zu experimentellen Untersuchungen diskutiert und exemplari-
sche Berechnungen gezeigt. Mit den vorgestellten Modellen werden der Stand der Modellierung
in der Industrie im deutschsprachigen Raum dargestellt und darber hinausgehend auch aktuelle
Modelle der Wissenschaft vorgestellt. Der Fokus liegt auf der Anwendung von relativ einfachen,
handhabbaren Formeln. Das Statuspapier soll durch die vergleichende Diskussion verschiedener
Anstze und Modelle dem Anwender Entscheidungsmglichkeiten erffnen, eine der jeweiligen
Fragestellung angepasste Berechnungsmethode auszuwhlen.
In der VDI-Richtlinie 3783, Blatt 4 (Okt. 2004) sind mgliche Freisetzungspfade beschrieben und
Gleichungen zur Emissionsmodellierung angegeben, die die realen Vorgnge jedoch zumeist stark
vereinfachen bzw. nur prinzipielle Hinweise zur Beschreibung eines Freisetzungsvorgangs liefern.
1.1-1
vorbemerkung
Das Statuspapier richtet sich an Ingenieure und Naturwissenschaftler, die in der Prozessindust-
rie, in Forschungseinrichtungen, Universitten und Hochschulen insbesondere in den Bereichen
Verfahrensentwicklung, Planung, Umweltschutz und Anlagensicherheit ttig sind. Weitere Interes-
senten sind verantwortliche Anlagenbetreiber, staatliche berwachungs- und Genehmigungsstel-
len, Berufsgenossenschaften, unabhngige Prf- und Beratungsinstitute sowie Ingenieurbros fr
Anlagensicherheit.
1.1-2
einleitung
1.2 Einleitung
Verschiedentlich ist es erforderlich, die Freisetzung von Stoffen aus Behltern, Rohrleitungen und
Anlagen modellhaft zu beschreiben, unter anderem zur Beurteilung der mglichen Auswirkungen
von Strungen des bestimmungsgemen Betriebs einer Anlage, von Entspannungsvorgngen
oder von Freisetzungen aus Sicherheitsventilen oder Berstscheiben. Derartige Betrachtungen
sind insbesondere bei Anlagen erforderlich, die den erweiterten Pflichten der Strfall-Verordnung
unterliegen.
Bei den genannten Fragestellungen werden Modelle zur Beschreibung der Emissionsquelle,
Modelle der atmosphrischen Ausbreitung, Beurteilungswerte fr die resultierenden Immissionen
sowie Modelle fr Brand- und Explosionsauswirkungen bentigt. Das vorliegende Statuspapier
beschftigt sich vorrangig mit Modellen zur Berechnung von Quelltermen, wie die Freisetzungsra-
te von Flssigkeiten, Gasen und Aerosolen in Masse pro Zeiteinheit sowie von Energie pro Zeitein-
heit und die Freisetzungsflche, das freigesetzte Volumen und die Position der Emissionsquelle.
In der folgenden Abbildung wird eine bersicht der physikalischen Vorgnge bei der Freisetzung
von Stoffen unter verschiedenen Freisetzungsbedingungen gegeben.
Bevor der freigesetzte Massenstrom berechnet werden kann, mssen Angaben ber die Leckfl-
chen vorliegen. Hierzu werden im Kapitel 2 des Statuspapiers Hinweise und Berechnungsanstze
vorgestellt. Im Kapitel 3 werden dann die Gleichungen fr die Berechnung der Massenstrme bei
der Freisetzung von Flssigkeiten und Gasen aus einer Umschlieung angegeben. Hierbei werden
die in der Abbildung dargestellten unterschiedlichen Stoffeigenschaften und Betriebszustnde bei
der Freisetzung bercksichtigt.
Gase werden im Allgemeinen in Anlagen unter Druck gehandhabt. Bei einem Versagen der Um-
schlieung (Leck, Riss) oder dem Ansprechen von Druckentlastungseinrichtungen kommt es zu
einem impulsbehafteten Austritt als Freistrahl. Durch den Freistrahl wird die Position der Emis-
sionsquelle mageblich beeinflusst. Daher werden im Kapitel 4 des Statuspapiers verschiedene
Freistrahlmodelle vorgestellt und bewertet.
Bei der Freisetzung aus der Flssigphase kann es zu einer Flashverdampfung und zur Bildung
von Aerosolen kommen. Hierdurch wird der Anteil des freigesetzten Stoffes, der sich am Boden in
einer Lache sammelt, festgelegt. Im Kapitel 5 werden Modelle und experimentelle Untersuchun-
gen zur Flashverdampfung und Aerosolbildung vorgestellt. Modelle zur Berechnung des Verdamp-
fungs- bzw. Verdunstungsmassenstroms aus einer Flssigkeitslache werden im Kapitel 6 behandelt.
1.2-1
1.1-3
einleitung
Kommt es bei der Freisetzung von brennbaren Flssigkeiten und Gasen zu einer Zndung, so
werden gas- und partikelfrmige Brandprodukte sowie thermische Energie freigesetzt. Im Kapitel
7 werden Beziehungen zur Berechnung von Quelltermen bei offenen Brnden von Flssigkeiten
und Gasen angegeben. Hinweise zur Bestimmung von Quelltermen bei Feststoffbrnden sowie
zur Bildung von (toxischen) Schadstoffen knnen dem Kapitel 8 entnommen werden. Abschlie-
end wird im Kapitel 9 des Statuspapiers auf Quellterme bei Explosionen eingegangen.
Verdunstung
TB < TS
Freisetzung
Unter Druck
eines Gases
Geringer
Schnittstelle
Austrittsimpuls /
zum Brand
Freisetzung mit
(Abbildung 7.1)
Hindernissen
1.2-2
2. freisetzungsflchen
2 Freisetzungsflchen
In diesem Kapitel werden verschiedene Ursachen und Arten von ffnungen einer Umschlieung,
wie z. B. eine Leckage eines Druckgertes, und Abschtzungen und Annahmen fr diese Frei-
setzungsflchen dargestellt. Als Ursachen fr Leckagen werden verschiedene Strungsszenari-
en betrachtet. Zur Abschtzung der Leckflchen werden Modelle aus der Literatur zusammen-
gestellt, deren Grundlagen, Anwendungsbereiche und exemplarische Abschtzungen erlutert.
Im Hinblick auf gesetzliche Anforderungen, wie der Strfall-Verordnung (12. Verordnung zur
Durchfhrung des Bundes-Immissionsschutz-Gesetzes / 12. BImSchV StrfallV [2.16.1/2.16.2]),
knnen Abschtzungen von Leckflchen zur Betrachtung von Strungen des bestimmungs-
gemen Betriebes herangezogen werden. Bei den sogenannten Dennoch-Strflle und
Exzeptionellen Strflle gem StrfallV (siehe z. B. Leitfaden KAS-18 Bauleitplanung und
GS-26 Schadensbegrenzung bei Dennoch-Strfllen [2.17.1, 2.17.2]) werden im Allgemeinen
definierte Leckflchen ohne spezifischen Anlagenbezug verwendet (siehe auch Abschnitt 2.4 /
Abbildung 2.4).
1. Abriss einer flexiblen Rohrleitung oder einer Schlauchleitung, z. B. an Fll- oder Entleerstellen,
2. berfllen, berlaufen oder Auslaufen eines (Transport-)Behlters,
3. Versagen bzw. Undichtigkeit lsbarer Verbindungen, z. B. einer Dichtung in einer Flansch-
verbindung,
2-1
2. freisetzungsflchen
Eine weitere Art von Freisetzungsflchen knnen Flssigkeitslachen darstellen, die sich nach
einem Stoffaustritt aus einer Umschlieung beispielsweise auf einer Bodenflche ausgebildet
haben. Diese werden in einem separaten Kapitel behandelt.
Fr die Beispiele Nr. 1. bis 5., in denen Anlagenteile zur Atmosphre ffnen, ergibt sich die
Flche der Freisetzungsffnung aus dem freien Querschnitt, wie z. B. dem Querschnitt einer
angeschlossenen Schlauchleitung oder dem Entlastungsquerschnitt eines Sicherheitsventils
oder einer Berstscheibe.
Die Einflussgren auf Leckflchen und das Leck-vor-Bruch-Kriterium, die vielen Methoden
zugrunde liegen, werden in den Abschnitten 2.3.1 und 2.3.2 beschrieben.
2-2
2. freisetzungsflchen
Unter dem mikroskopischen Aspekt, z. B. im Fall von Fehlern innerhalb des Werkstoffs, wird
auf Grundlage der Bruchmechanik die Energiebilanz gezogen aus
Basierend auf diesen Kriterien der makroskopischen oder mikroskopischen Spannungs- oder
Energiebilanz eines Bauteils knnen das Wachstum von Anrissen und die Leckflchen bei dem
Wanddurchbruch dieser Risse berechnet werden. Des Weiteren kann damit rechnerisch ber-
prft werden, ob dieses Bauteil Leck-vor-Bruch-Verhalten aufweist, d. h. ob sich im eventuellen
Leckagefall zunchst eine kleine stabile Leckffnung ausbildet, bevor das gesamte Bauteil ver-
sagt. Dieses Leck-vor-Bruch-Verhalten wird im Abschnitt 2.3.2 erlutert.
den Werkstoffeigenschaften,
2-3
2. freisetzungsflchen
Die Erkennungsmglichkeiten aufgrund der Eigenschaften und der Massenstrme der frei-
gesetzten Stoffstrme hngen unter anderem ab
von der Erkennbarkeit der Stoffe durch Betriebspersonal, z. B. entsprechend der Geruchs-
schwelle oder der Sichtbarkeit der austretenden Stoffe,
Folglich sind Einzelfallbetrachtungen zur Ermittlung der Leckflchen durchzufhren, die auch
die Eigenschaften und das Gefhrdungspotential der gehandhabten Stoffe bercksichtigen.
2-4
2. freisetzungsflchen
Art, Qualitt und Intervalle von Kontrollen und Wartungen der Anlagenkomponenten. Die
Qualifikation des Bedienungs- und Wartungspersonals und des Anlagenlufers hat einen
wesentlichen Einfluss auf die frhzeitige Erkennung eventueller Schdigungen und Leckagen.
2.3.2. Leck-vor-Bruch-Kriterium
Sicherheitstechnisch relevante Anlagenteile werden grundstzlich so ausgelegt, hergestellt
und geprft, dass sowohl lokales als auch globales Versagen verhindert wird. Eine zustzliche
Sicherheitsreserve ergibt sich bei der Anwendung des Leck-vor-Bruch-Kriteriums, das auf
bruchmechanischen Grundlagen beruht.
Die durch die Ausbreitung von Rissen infolge wechselnder Beanspruchung auftretenden Lec-
kagen und Brche knnen nicht mit der herkmmlichen Festigkeitsberechnung, sondern nur
mit der Bruchmechanik erfasst werden. Das Versagensverhalten von Bauteilen kann mit Hilfe
der Bruchmechanik beurteilt werden.
Wird bei der Rissverlngerung mehr Energie frei gesetzt als der Aufbau neuer Bruchflchen
erfordert, tritt instabiles Risswachstum auf. Fr linear-elastisches Werkstoffverhalten und
elastisch-plastisches Werkstoffverhalten gelten verschiedenartige Werkstoffkennwerte als
Grenzwerte.
2-5
2. freisetzungsflchen
tisches Werkstoffverhalten vor. Das Risswachstum erfolgt langsamer, da die Neubildung der
plastischen Zone an der Rissspitze bei elastisch-plastischem Werkstoffverhalten mehr Energie
als bei linear-elastischem Werkstoffverhalten verbraucht.
Mit der lokalen Energiebilanz kann die Rissentstehung und -ausbreitung beschrieben werden.
In linear-elastischen, nicht verformungsfhigen Werkstoffen tritt ein lokales Versagen ein, wenn
die bruchmechanische Beanspruchung der Rissspitze, der sogenannte Spannungsintensitts
faktor, die kritische Bruchzhigkeit als lokalen Festigkeitskennwert berschreitet. Bei duktilen
Werkstoffen mit einem groen Anteil plastischer Verformung beim Risswachstum, also bei
elastisch-plastischem Werkstoffverhalten, tritt lokales Versagen durch plastische Instabilitt
bei Verringerung des tragenden Querschnitts ein, d. h. durch berschreiten der plastischen
Grenzlast.
Risswachstum
Ausgehend von Werkstoff-Inhomogenitten, wie z. B. Kerben oder Korrosionsstellen innerhalb
der Wandung eines Druckbehlters, knnen durch die Spannungskonzentration an dieser Stel-
le neue Oberflchen im Werkstoff gebildet werden, durch die ein Ausgangsriss entstehen kann.
Bei einer lokalen berbeanspruchung im Bereich der Rissspitze kann der Riss je nach Werk-
stoffeigenschaften und Betriebsbedingungen stetig wachsen (siehe Abbildung 2.1). Infolge zu-
nehmender oder wechselnder Beanspruchung erfolgt dieses Risswachstum langsam und stabil
in Lngen- und Tiefenrichtung.
Bei Erreichen der kritischen Risstiefe tritt lokale Instabilitt ein: Das bedeutet, dass der Riss
ohne weitere Beanspruchung instabil weiter wchst, bis er die Wand durchbricht. So entsteht
ein kleines stabiles Leck.
Bei zunehmender oder wechselnder Beanspruchung wchst dieser Durchriss langsam und sta-
bil in Lngsrichtung weiter. Wird die kritische Risslnge des Durchrisses erreicht, schlgt das
Risswachstum pltzlich ohne weitere Beanspruchung - in schnelles instabiles Wachstum um.
Dies fhrt zur globalen Instabilitt, d. h. zum Bauteilversagen der gesamten Anlagenkomponen-
te, z. B. zum Aufreien eines Behlters oder einer Rohrleitung.
Ist die Belastung von Rissen mit unterkritischer Rissgre stationr, d. h. nimmt nicht zu und ist
nicht alternierend, findet kein Risswachstum statt.
Das Risswachstum, die kritischen Rissgren und infolgedessen die Versagensart von Anlagen-
komponenten hngen im Wesentlichen von den Werkstoffeigenschaften, der Bauteilgeometrie
und den Bauteilabmessungen ab. Bei sprden Werkstoffen ist der Anteil der plastischen Verfor-
mung bei der Rissausbreitung und beim Bruch geringer. Dies fhrt zu schnellerem Risswachs-
tum und zu schnellerer globaler Instabilitt. Bei zhen Werkstoffen wachsen Risse durch die
Neubildung der plastischen Zone an der Rissspitze langsamer.
2-6
2. freisetzungsflchen
Leck-vor-Bruch-Verhalten
Eine Anlagenkomponente zeigt Leck-vor-Bruch-Verhalten, wenn ein Leck, d. h. eine lokale
Instabilitt, vor dem Aufreien der gesamten Komponente, d. h. einer globalen Instabilitt, auf-
tritt (siehe Abbildung 2.1):
In diesem Fall entsteht beim Durchbruch einer Wandung zunchst ein stabiler Durchriss, ein
kleines Leck. Die Risslnge beim Erreichen der kritischen Risstiefe (entsprechend der lokalen
Instabilitt) ist kleiner als die kritische Risslnge (entsprechend der globalen Instabilitt).
Bei zunehmender oder wechselnder Beanspruchung wchst dieser Durchriss, diese Leckage,
langsam und stabil weiter. Werden keine Manahmen ergriffen, kann dies zum Erreichen der
kritischen Risslnge, d. h. zu eventuellem globalem Bauteilversagen, fhren.
Leck-vor-Bruch-Kriterium
Die Anforderungen des Leck-vor-Bruch-Kriteriums gehen ber die des Leck-vor-Bruch-Verhal-
tens hinaus. Zustzlich gilt, dass der Zeitraum zwischen einem lokalen Bauteilversagen (einem
kleinen, stabilen Leck) und ggf. einem globalen Versagen (instabilem Risswachstum, z. B. mit
Aufreien eines Bauteils Bruch) ausreichend lang sein muss und Gegenmanahmen recht-
zeitig wirksam werden:
Eine Leckage muss in dem Zeitraum zwischen Leck und Bruch sicher und rechtzeitig
erkannt werden,
und
es mssen rechtzeitig geeignete Manahmen getroffen werden, die ein unzulssiges weiteres
Risswachstum, d. h. ein globales Versagen, sicher verhindern.
Die sichere und rechtzeitige Leckerkennung ist mittels technischer und / oder organisatorischer
Manahmen, z. B. mittels Gaswarngerten und qualifizierten Anlagenlufern, sicherzustellen.
Fr den Fall einer Leckage sind rechtzeitig wirksame Vorkehrungen festzulegen und umzuset-
zen, beispielsweise die Auerbetriebnahme und Instandsetzung der undichten Anlagenkompo-
nente. Mit diesen Manahmen wird das Leck-vor-Bruch-Kriterium erfllt, wenn fr die Anlagen-
komponente selbst das Leck-vor-Bruch-Verhalten nachgewiesen ist.
Voraussetzungen fr Leck-vor-Bruch-Verhalten
Die Wahrscheinlichkeit des Leck-vor-Bruch-Verhaltens von Anlagenkomponenten wird erhht,
wenn im Wesentlichen die folgenden Voraussetzungen erfllt sind:
[2.22, 2.26]
2-7
2. freisetzungsflchen
Geeignete Prfungen bei der Herstellung der Werkstoffe und der Anlagenkomponenten, um
herstellungsbedingte Fehlstellen weitestgehend zu verhindern (siehe z. B. [2.11]), in Verbin-
dung mit wiederkehrenden Prfungen whrend des Lebenslaufes dieser Komponenten, um
eventuelle Schdigungen, wie Korrosionserscheinungen, rechtzeitig zu erkennen und ihnen
entgegenzuwirken.
Mittels geeigneter zerstrungsfreier Prfungen kann festgestellt werden, ob Schdigungen
aufgetreten sind und in welchem Ausma sie sich gegebenenfalls ausdehnen. Bei Druckge-
rten, die ohne Mngel einer Wasserdruckprfung unterzogen wurden, kann davon ausge
gangen werden, dass eventuell vorhandene Risse zum Zeitpunkt der Prfung und bis zur
nchsten Prfung unterkritisch sind und somit in diesem Zeitintervall im normalen Betrieb
ein stabiles Risswachstum eintritt [2.8, 2.24]. Der Beginn und das Fortschreiten von Schdi-
gungen knnen mit einer Wasserdruckprfung jedoch nicht festgestellt werden.
Kontrolle, Wartung und Prfung der Anlagen im laufenden Betrieb durch qualifiziertes, einge-
wiesenes Personal, um eventuelle Fehlerquellen von Anlagenkomponenten und unzulssige
Beanspruchungen und Betriebsbedingungen mglichst frhzeitig zu erkennen und zu besei-
tigen.
2-8
2. freisetzungsflchen
Abbildung 2.1: Charakteristisches Leck vor Bruch Diagramm: Ermdungsbruch bei Wechselbeanspru-
chung und kritischen Rigren fr einen zhen Werkstoff und eine bestimmte Belastung
(F. Westphal, M. Hahn, 1989)
Einige dieser Methoden basieren auf der Leckentstehung durch das Wachstum von Anrissen
in Werkstoffen und dem Leck-vor-Bruch-Verhalten von Anlagenkomponenten (siehe Abschnitt
2.3.2). Bei den angegebenen Leckflchen handelt es sich um lokale stabile Leckagen, z. B. bei
2-9
2. freisetzungsflchen
einem Wanddurchbruch eines Risses, nicht um Leckflchen bei einem globalen Versagen, z. B.
bei einem Aufreien oder Bersten von Anlagenkomponenten.
Mithilfe von Beispielrechnungen dieses Modells wurden Nomogramme erstellt, aus denen die
Leckflche in Abhngigkeit von den Geometriedaten der Zylinder-Stutzen-Verbindung, dem
Innendruck und Werkstoffkennwerten (u. a. dem Elastizittsmodul) entnommen werden kann.
Voraussetzungen fr die Anwendung dieses Modells sind die berprfung und Besttigung,
dass das Leck-vor-Bruch-Verhalten fr die betrachtete Anlagenkomponente gegeben ist (siehe
Abschnitt 2.3.2 Leck-vor-Bruch-Verhalten).
2-10
2. freisetzungsflchen
Die mit diesem Modell ermittelte Leckflche kann als Eingangsgre fr Auswirkungsbetrach-
tungen genutzt werden, wenn nicht nur das Leck-vor-Bruch-Verhalten, sondern auch das Leck-
vor-Bruch-Kriterium erfllt wird, d. h. die rechtzeitige Erkennung und Wirksamkeit von Gegen-
manahmen sichergestellt sind.
2.3.3.1.4. Erluterungen
Fr ein Beispiel eines DN 100-Stutzenabzweiges von einem DN 400-Rohr, beide aus nicht-
rostendem Stahl 1.4492, mit Wanddicken von 10 bzw. 20 mm, ergibt sich unter einem inneren
berdruck von 100 bar eine berechnete Leckflche von 1,8 mm.
Die Ausfhrung und Geometrie der untersuchten Druckbehlter sind nicht angegeben. Es ist
davon auszugehen, dass es sich um zylindrische Behlter ohne signifikante Stutzenabzweige
handelt.
2-11
2. freisetzungsflchen
Die fr diese Beispiele ermittelten Leckflchen betragen 70 bis ca. 100 mm.
Die Ermittlung der Leckflchen fr andere Parameter ist in dieser Literaturstelle nicht darge-
stellt.
2.3.3.3.4. Erluterungen
Ein Vergleich beispielsweise mit der Leckflchenermittlung anhand der Literaturstelle [2.1] ist
nicht mglich, da sich diese auf Zylinder-Stutzen-Verbindungen bezieht und in dem Gutachten
dieser Literaturstelle von W. Brtz [2.2] Rohrleitungen betrachtet werden. Angaben zu Rohrlei-
tungsabzweigen enthlt das Gutachten von W. Brtz nicht.
2-12
2. freisetzungsflchen
Die Gre der Risse, die im Allgemeinen auftreten, geben die Autoren entsprechend eines
Vortrages von H. Grfen bei dem GVC-/DECHEMA-Arbeitsausschuss Sicherheitsgerechtes
Auslegen von Chemieapparaten in 01.1986 mit einer Spaltweite von ca. 0,1 mm und einer
Lnge von ca. 50 mm an. Unter der Annahme eines Rechteckquerschnitts ergbe sich eine
Leckflche von ca. 5 mm2.
In einem weiteren Bericht gehen Friedel und Westphal [2.5] von empirischen Leckabmessun-
gen aus, die in der Regel ca. 0,1 bis 1 mm Breite und ca. 10 bis 100 mm Lnge, entsprechend
hufigen kritischen Risslngen, aufweisen.
In der Studie wird ein Grenzkriterium zum pltzlichen Versagen von Behltern angegeben.
Spontanes Bauteilversagen ist demnach erst bei sehr langen Rissen in der Behlterwand zu
erwarten. Das wren, abhngig von Risstiefe und vorherrschender Spannung, Risslngen von
2-13
2. freisetzungsflchen
400 bis 500 mm und darber. Spontanes Entstehen derartig langer Risse ist praktisch auszu-
schlieen. Eine Rissentstehung durch zyklischen Betrieb mit vielen Lastwechseln wrde im
Rahmen der wiederkehrenden inneren Prfungen bemerkt werden.
Bei inneren Leckagen ist davon auszugehen, dass sie nur in Einzelfllen auszuschlieen sind.
Die relevanten Einflussgren (siehe auch Abschnitt 2.3.1) werden dargelegt.
Eine mantelseitige Leckage eines wrmebertragenden Apparates wird als sehr selten beurteilt
und die Mglichkeit des eventuellen Ausschlusses bei wirksamen Prfungen in Betracht gezo-
gen. Voraussetzung ist die Vermeidung mechanischer Einwirkungen von auen.
Unter diesen Voraussetzungen kann die Leckflche von 20 mm aufgrund von Erfahrungswer-
ten auch fr sehr seltene mantelseitige Leckagen an Wrmebertrgern abgeschtzt werden,
wenn ein Leitungsabriss durch mechanische Einwirkungen von auen ausgeschlossen werden
kann.
2-14
2. freisetzungsflchen
zuverlssige und rechtzeitige Leckdetektion vor ernsten Auswirkungen (z. B. Druck, Tempe-
ratur, Stand, Konzentrationsberwachung) und Mglichkeit von geeigneten Gegenmanahmen,
Mglichkeit der Abschottung des Wrmebertragers von anderen Anlagenteilen bei Strungen.
Diese Leckflche stellt den kleinsten Freisetzungsquerschnitt dar, der unter den Annahmen in
der Verffentlichung in der Praxis sicher detektiert werden kann, um anschlieend den Schutz
von Mensch und Umwelt zu gewhrleisten.
2-15
2. freisetzungsflchen
Als Fazit wird in diesem Artikel die Leckflche von 20 mm fr Apparate unter moderatem
Innendruck als ausreichend konservativ beurteilt.
Das Leck-vor-Bruch-Verhalten wird anhand der Berechnung des Risswachstums eines soge-
nannten Ausgangsfehlers und der kritischen Rissgren gem der Bruchmechanik berprft
und besttigt. Auf dieser Basis werden wahrscheinliche und maximale Leckflchen der bruch-
mechanisch ermittelten Durchrisse berechnet. Dazu werden Modelle zur Leckflchenberech-
nung verglichen und bewertet. Anhand von Beispielberechnungen fr typische druckfhrende
Behlter und Rohrleitungen der chemischen Industrie wird die physikalisch/werkstofftechni-
sche Plausibilitt der Grenordnung vorhandener Abschtzungen und Annahmen fr Leckfl-
chen besttigt.
Fr typische Bauteile knnen Nomogramme zur Abschtzung von Leckflchen erstellt werden.
Anhand der dargestellten bruchmechanischen Berechnungen knnen
realistische Leckflchen
fr die voraussichtliche Durchrisslnge (Leck) infolge des Wachstums eines realistischen
Ausgangsfehlers ermittelt werden und
konservative Leckflchen
fr die kritische Risslnge als Grenzwert fr das Aufreien/globale Bauteilversagen abge-
schtzt werden, d. h. als Grenze zwischen Leck-vor-Bruch- und Bruch-vor-Leck-Verhalten.
2-16
2. freisetzungsflchen
Unter statischen Bedingungen ist die Bewegung der Rissoberflchen eines Durchrisses ver
nachlssigbar gering. Wechselwirkungen zwischen dynamischer Bewegung der Rissober
flchen und transienten Strmungskrften des austretenden Mediums sind nicht signifikant.
Bei dnnwandigen Anlagenkomponenten ist der dynamische Einfluss auf die Leckflche ver
nachlssigbar. In diesem Artikel werden statische Leckflchen fr annhernd unbewegliche
Rissoberflchen betrachtet.
d a
--- = C x ( D K ) n(2.2)
dN
Berechnung der Leckflche:
Modelle zur Leckflchenberechnung liegen fr linear-elastisches und elastisch-plastisches
Werkstoffverhalten vor. Einige Modelle beinhalten Korrekturen fr die plastische Verformung
an der Rissspitze und das Beulen der Bauteile infolge der Oberflchenkrmmung.
Fr linear-elastisches Werkstoffverhalten mit vernachlssigbarer plastischer Deformation an
der Rissspitze gibt es im Wesentlichen die Modelle von G. R. Irwin und D. S. Dugdale [2.20,
2.23, 2.28]. Weitere Modelle bercksichtigen den Einfluss des Beulens und ggf. der plasti-
schen Verformung: das KWU-Small-Scale Yielding Modell von Kastner [2.28, 2.29], das
Modell von Wthrich jeweils basierend auf den Modellen von Irwin (Wthrich I.) und
Dugdale (Wthrich II) [2.28, 2.31] und das KWU-DLECK-Modell von Bartholom [2.30].
2-17
2. freisetzungsflchen
bercksichtigen, ergeben sich Leckflchen in der gleichen Grenordnung. Das Modell, das
am konservativsten bezglich der maximalen Leckflche und somit bezglich der ungnstig-
sten Auswirkungen der Stofffreisetzungen ist, ist das KWU-DLECK-Modell (siehe Abschnitt
2.3.5, Abbildung 2.2). Daher wurden die nachfolgenden Berechnungen von Leckflchen mit
diesem Modell durchgefhrt.
die Betrachtungen gelten nicht im Fall von Schdigungen des Bauteils und des Aus
gangsrisses z. B. durch Korrosion, Erosion (gegebenenfalls auch Flchenabtrag) und / oder
mechanische Einwirkungen.
2.3.3.8.4. Erluterungen
Die Beispielberechnungen (siehe Abschnitt 2.3.5) zeigen im Wesentlichen zwei wichtige Aus-
wirkungen der variierten Parameter auf die Leckflche:
Die Zunahme der Einflussgre Beulen infolge der Oberflchenkrmmung, die durch ab-
nehmenden Radius und vermindertes Verhltnis zwischen Wanddicke und Radius charak-
terisiert wird, fhrt aufgrund der greren Rissaufweitung zu einer strkeren Zunahme der
Leckflchen mit zunehmender Risslnge.
2-18
2. freisetzungsflchen
Die Freisetzungsflche wird gem Abschnitt 7.1.24 der TRB 801 Nr. 25 Anlage wie folgt abge-
schtzt:
Bei dieser Formel handelt es sich um eine Zahlenwertgleichung mit folgenden Kurzzeichen und
Einheiten:
A = Freisetzungsquerschnitt in [mm]
DN = Nennweite der Rohrleitung in [mm] gem DIN EN 764-1, Abschnitt 3.18 [2.14]
Implizite Randbedingungen dieser TRB 801 Nr. 25 Anlage sind die Auslegung, Herstellung
und erstmalige und wiederkehrende Prfung der Behlter gem den brigen TRB und den
AD-Merkblttern bzw. dem nachfolgenden AD2000-Regelwerk [2.11, 2.12].
Die Technischen Regeln Druckbehlter, TRB [2.12], z. B. der Reihe 801 Besondere Druckbe-
hlter, wurden bisher nicht zurckgezogen und noch nicht durch Technische Regeln zur Be-
triebssicherheitsverordnung ersetzt. Anforderungen der Technischen Regel TRB 801 Nr. 25 fr
Druckbehlter fr nicht korrodierend wirkende Gase oder Gasgemische wurde als Merkblatt
AD HP 801 in das AD 2000-Regelwerk [2.11] bernommen, mit dem Beschaffenheitsanforde-
rungen zur Druckgerte-Richtlinie umgesetzt werden knnen. Die Anlage zur TRB 801 Nr. 25
2-19
2. freisetzungsflchen
mit Vorgaben zur Leckflchenabschtzung wurde jedoch nicht mit bernommen. Somit knnen
diese TRB zunchst weiterhin als Erkenntnisquelle genutzt werden.
2.3.3.9.4. Erluterungen
Die rechnerische Abschtzung des Freisetzungsquerschnitts wird in Abschnitt 7.1.24 der TRB
801 Nr. 25 Anlage in Verbindung mit einer Berechnung fr den flssigen Ausflussmassenstrom
angegeben (siehe Kapitel 3 Stofffreisetzung aus einer Umschlieung).
2.3.3.10. Technische Regel wassergefhrdender Stoffe (TRwS) / Arbeitsblatt DWA-A 785: Bestim-
mung des Rckhaltevermgens bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvor
kehrungen R1 [2.36.2]
Fr Behlter, Rohre und Formstcke wird in dieser Technischen Regel eine Obergrenze fr die
Abschtzung einer Leckflche von 10-4 m = 100 mm angegeben. Bei Armaturen wird eine
Leckflche nicht bercksichtigt, wenn deren Gehuse bestimmten Technischen Regeln, z. B.
den Technischen Regeln Rohrleitungen TRR [2.13] entsprechen. Anderenfalls ist als Leckflche
die maximale Flche der Durchlassffnungen anzusetzen.
Bei Flanschverbindungen ist keine Leckage zu betrachten, wenn diese so ausgefhrt sind,
dass die Dichtungen nicht aus ihrem Sitz gedrckt werden knnen, z. B. als Flansche mit Nut/
Feder, Vor-/Rcksprung oder bei Verwendung metallarmierter oder kammprofilierter Dichtun-
gen. Werden diese Bedingungen nicht eingehalten, jedoch besondere Anforderungen an An-
fahrvorgnge eingehalten und Druckste bei der Rohrleitungsauslegung bercksichtigt, ist die
Leckflche nach der Formel 2.1 zu ermitteln. Anderenfalls ist die Leckflche gem der Formel
2.3 abzuschtzen:
2-20
2. freisetzungsflchen
Das Purple Book enthlt Methoden zur Risikoberechnung fr gefhrliche Stoffe, die auf ver-
fgbaren Modellen und Daten beruhen. Diese grundstzlich probabilistische Vorgehensweise
enthlt auch einen deterministischen Aspekt: Leckagehufigkeiten werden fr verschiedene
Anlagenkomponenten vorgegeben, wie Druckbehlter, drucklose Lagerbehlter oder Rohrlei-
tungen. Diese betrachteten Anlagenkomponenten schlieen auch die verbundenen Rohrlei-
tungen ein. Eine Differenzierung nach der Ausfhrung (z. B. Werkstoffen), Betriebsparametern
(Druck, Temperatur), Qualittsniveau oder mglichen schdigenden Einflssen erfolgt nicht. Die
Qualitt des Managements wird ebenso nicht bercksichtigt.
eine Leckflche mit einem Durchmesser von 10% der nominalen Nennweite bei Rohrleitun-
gen (maximal DN 50), entsprechend einer Leckflche von max. ca. 20 mm.
2-21
2. freisetzungsflchen
Sowohl die Gre von Leckflchen als auch deren Eintrittswahrscheinlichkeiten hngen von
vielfltigen Einflussfaktoren ab (siehe Abschnitt 2.3.1), unter anderem von
Insbesondere bei der Betrachtung von Leckflchen von Prozessanlagen der chemischen Indu-
strie ist zu bercksichtigen, dass diese Parameter, vor allem die Anlagen- und Betriebsparame-
ter, wie Werkstoffe, Betriebsmedien und Prozessbedingungen, in groen Bandbreiten variieren.
Im Einzelfall ist daher zu beurteilen, ob die Randbedingungen, unter denen bestimmte statisti-
sche Daten ermittelt wurden, bekannt und nachvollziehbar dokumentiert sind und ob diese Da-
ten auf die Randbedingungen des zu betrachtenden Einzelfalls bertragbar sind.
Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Leckagen bzw. von Leckagen bestimmter Gre
wird im Wesentlichen durch die folgenden weitergehenden Bedingungen beeinflusst:
Art, Umfang und Prfung der Sicherheitskonzeption mit Manahmen zur Anlagen- und Pro-
zess-Sicherheit,
Gewinnen, Nutzen und sinnvolles Umsetzen von Erkenntnissen und Erfahrungen bei
Herstellung, Betrieb und Prfung von Anlagen.
2-22
2. freisetzungsflchen
Die Dokumentation und Auswertung der relevanten, vorangehend angegebenen Daten der
Leckagen und der signifikanten Einflussfaktoren sind notwendig, um eine entsprechende repr
sentative und belastbare Statistik zu erstellen. Diese Parameter sind sowohl bei der Erfassung
als auch bei der Auswertung der Betriebserfahrungen zu bercksichtigen. Die Zusammenstel-
lung der Daten mit statistischen bzw. deduktiven Betrachtungsverfahren ist eine notwendige
Voraussetzung.
Beispiele fr die Erfassung und Auswertung generischer Daten sind in [2.43 2.47] zusammen-
gestellt.
Fr die Erfassung und Auswertung von Ausfllen von Komponenten, z. B. Leckagen, im
Rahmen von anlagenspezifischen Betriebserfahrungen, werden technische Anlagendaten
(einschlielich derer Komponenten), Ereignisdaten und Daten ber Betriebszeiten der Kom
ponenten bentigt. Bei der Verwendung von generischen Betriebserfahrungen muss generell
darauf geachtet werden, dass eine Vergleichbarkeit der Komponenten hinsichtlich folgender
Merkmale gegeben ist [2.41.2]:
Ausfallverhalten,
Komponententyp,
Konstruktion,
Hersteller.
Bei der Ermittlung von Ereignishufigkeiten sind die folgenden beispielhaften Probleme zu be-
rcksichtigen [2.41.3]:
Statistiken zu Durchschnittsdaten haben ggf. geringe Relevanz, denn je kritischer ein Stoff
ist, desto ausgefeilter sind das Design und die verhindernden Manahmen.
2-23
2. freisetzungsflchen
Die Ermittlung generischer Daten und die probabilistische Vorgehensweise zur quantitativen
Betrachtung von Leckagen, deren Ursachen und Auswirkungen werden in diesem Dokument
nicht detailliert behandelt.
Fr das Beispiel der Undichtigkeit einer druckfhrenden Rohrleitung kann die Gre einer ver-
nnftigerweise nicht auszuschlieenden Leckage fr einen stabil wachsenden Riss in der Au-
enwandung ermittelt werden, der durch lokale berbeanspruchung entstanden ist.
Um die maximale Gre einer Leckage abzuschtzen, kann davon ausgegangen werden, dass
ein grerer Riss bis zum Durchbruch durch die Auenwandung noch stabil fortschreitet, eine
Leckage verursacht und gerade noch nicht zum Bersten der Rohrleitung fhrt.
Im Rahmen einer nderung eines Druckbehlters erfolgte eine nicht erkannte, geringfgige
mechanische Beschdigung in Form einer schmalen risshnlichen Kerbe. Aufgrund der sehr
geringen Tiefe und Breite (< 0,1 mm) war diese Oberflchenungnze durch die anschlieend
2-24
2. freisetzungsflchen
Aufgrund der sogenannten Inkubationszeit bis zum Beginn einer Lochfrakorrosion, die
grundstzlich nicht vorhersehbar ist, war die Lochfrakorrosion bei der letzten regelmigen
wiederkehrenden Prfung noch nicht vorhanden.
Diese Leckage ist wegen der kleinen Leckflche festigkeitsmig nicht relevant.
Aufgrund der geringen Geruchsschwelle des in dem Behlter gehandelten Stoffes wurde der
freigesetzte, durch die Dmmung hindurch tretende Leckagestrom kurzfristig durch das Be-
triebspersonal (Anlagenlufer) erkannt und der Druckbehlter unmittelbar abgesperrt und
entleert.
Die Leckage hatte eine Gre entsprechend einem quivalenten Durchmesser von ca. 5 mm,
d. h. mit einer Leckflche von ca. 20 mm.
Fr dieses Beispiel der Leckflche wird im nachfolgenden Kapitel 3 Stofffreisetzung aus einer
Umschlieung jeweils ein Berechnungsbeispiel fr den Massenstrom einer unterkhlten
Flssigkeit und eines Gas-Flssigkeits-Gemisches dargestellt.
2-25
2. freisetzungsflchen
1. Fr das Beispiel eines kugelfrmigen Bodens eines Druckbehlters aus ferritischem Stahl
mit einem Durchmesser von 1 600 mm (Abbildung 2.2) wurde zunchst die kritische Riss-
lnge gem den in dem Abschnitt 2.3.3.8 ausgefhrten Werkstoffeigenschaften und den
Grenzbedingungen fr globales Versagen errechnet. Fr diese Grenze zwischen Leck-vor-
Bruch- und Bruch-vor-Leck-Verhalten ergibt sich bauteil- und werkstoff-spezifisch eine
kritische Risslnge von 300 mm. Fr diese maximale Risslnge, bis zu der gerade noch
ein stabiles Leck entstehen kann, wurden die Leckflchen ermittelt. Dazu wurden gem
dem oben angegebenen KWU-DLECK-Modell Leckflchen in Abhngigkeit von den va-
riierten Einflussfaktoren Innendruck und Geometrieparametern des Bauteils, d. h. Durch-
messer und Wanddicke, berechnet. Bei einem inneren berdruck von 100 bar z. B. wur-
den Leckflchen von ca. 120 bis 140 mm berechnet. Die spezifischen Randbedingungen
sind jeweils in Einzelfallbetrachtungen zu bercksichtigen.
2. Als weiteres Beispiel werden Leckflchen fr verschiedene Rohre aus ferritischem Stahl
in Abhngigkeit von der Risslnge berechnet (Abbildung 2.3). Dabei werden wiederum die
Einflussfaktoren Beanspruchung, d. h. Innendruck mit 16 und 40 bar , und Geometrie-
parameter, d. h. Wanddicke und Durchmesser mit den Nennweiten DN 15 und DN 200,
variiert.
Realistische Leckflchen werden bei der Betrachtung eines Durchrisses abgeschtzt, der
durch Wachstum und Wanddurchbruch eines nicht detektierten Ausgangsfehlers entsteht.
Fr einen konservativ abgeschtzten Ausgangsriss von 10 mm Lnge und 1 mm Tiefe
in Rohren aus ferritischem Stahl mit den Nennweiten DN 15 und DN 200 unter innerem
berdruck von 16 und 40 bar fhrt die bis zu einem Wanddurchbruch durchgefhrte Be-
rechnung des Rissfortschritts gem Abschnitt 2.3.3.8 zu einer Durchrisslnge von 10,2
bis 11,8 mm. Die anschlieende Leckflchenberechnung fr eine realistische Durchriss-
lnge von ca. 10 mm ergibt in diesem Beispiel Leckflchen zwischen ca. 0,01 bis 0,2 mm.
2-26
2. freisetzungsflchen
Abbildung 2.2: Leckflchen fr einen Durchri mit kritischer Rilnge nach verschiedenen Modellen,
abhngig von der normierten Membranspannung fr einen Kugelboden eines Behlters aus ferritischem
Stahl 1.0562 (Margit Hahn, 1989)
Abbildung 2.3: Leckflchen nach G. Bartholome et al. (KWU-DLECK) in Abhngigkeit von der Rilnge fr
Rohre aus ferritischem Stahl 1.0345 mit Nennweiten von 15 und 200 mm bei Innendrcken von 16 und 40 bar
(Margit Hahn, 1989)
2-27
2. freisetzungsflchen
2-28
2. freisetzungsflchen
Das Versagen einer gesamten Anlagenkomponente, wie das Aufreien oder Bersten, die so-
genannte globale Instabilitt (siehe Abschnitt 2.3.2 Leck-vor-Bruch-Kriterium), entspricht der
Betrachtung von sogenannten Dennoch-Strfllen oder insbesondere Exzeptionellen Str-
fllen gem der StrfallV bzw. dem Leitfaden SFK GS 26 [2.17.2] der ehemaligen Strfall-
kommission (bergegangen in die Kommission fr Anlagensicherheit KAS) (siehe Abbildung 2.4).
Je nach Anwendungszweck kann in besonderen Fllen (z. B. fr die Szenarien von Dennoch-
Strfllen, Exzeptionellen Strfllen oder fr das Land-Use-Planning die Abschtzung
grerer Leckflchen unter Annahme anderer Randbedingungen sinnvoll und notwendig sein
(siehe Leitfaden SFK GS 26). Fr Dennoch-Strflle kann die Vollzugshilfe zur StrfallV
vom Mrz 2004 des BMU [2.18] und fr das Land-Use-Planning der Leitfaden KAS-18 fr die
Bauleitplanung (Empfehlungen fr Abstnde zwischen Betriebsbereichen nach der Strfall-
Verordnung und schutzbedrftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung Umsetzung 50
BImSchG [2.17.1]) als Erkenntnisquelle genutzt werden.
2-29
2. freisetzungsflchen
bisher nicht zurckgezogen und noch nicht durch Technische Regeln zur Betriebssicherheits-
verordnung ersetzt. Somit knnen diese TRB zunchst weiterhin als Erkenntnisquelle genutzt
werden.
2.5. Literatur
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Lecks in druckbelasteten Komponenten, Forschungsjournal Verfahrenstechnik, Heft 1 (1990)
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3Rinternational, 28. Jahrgang, Heft 7, Aug. 1989
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[2.8] Strohmeier, K.: Leckanalyse bei der Anwendung der Strfall-Verordnung;
Chem.-Ing.-Tech. 62 (1990), No. 12
[2.9] Richtlinie 97/23/EG des Europischen Parlamentes und des Rates zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten ber Druckgerte (RL 97/23/EG: Druckgerterichtlinie)
vom 29.05.1997, zuletzt gendert am 29.09.2003
[2.10.1] Betriebssicherheitsverordnung: Verordnung ber Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der
Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, ber Sicherheit beim
Betrieb berwachungsbedrftiger Anlagen und ber die Organisation des betrieblichen
Arbeitsschutzes / BetrSichV)
[2.10.2] TRBS: Technische Regeln fr Betriebssicherheit
[2.11] AD 2000-Regelwerk, Herausgeber: Verband der TV e. V., Berlin
[2.12] TRB: Technische Regeln Druckbehlter
(Technische Regeln zur inzwischen zurckgezogenen Druckbehlterverordnung)
[2.12.1] TRB 610: Aufstellung von Druckbehltern zum Lagern von Gasen, zuletzt gendert 05.2002
[2.12.2] TRB 801 Nr. 25 Anlage Flssiggaslagerbehlteranlagen, Stand: August 2001
[2.13] TRR: Technische Regeln Rohrleitungen
(Technische Regeln zur inzwischen zurckgezogenen Druckbehlterverordnung)
[2.14] DIN EN 764-1: Druckgerte Teil 1: Terminologie Druck, Temperatur, Volumen, Nennweite,
Ausgabe September 2004
[2.15] Gesetz zum Schutz vor schdlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,
Gerusche, Erschtterungen und hnliche Vorgnge (Bundes-Immissionsschutzgesetz
BImSchG), 21.07.2011
[2.16.1] EU Directive 96/82/EG, 2003/105/EG (Seveso II)
2-30
2. freisetzungsflchen
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2. freisetzungsflchen
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shell-and-tube heat exchangers, IChemE Hazards XVI Conference, Manchester 2001
[2.36.1] Deutscher Verband fr Wasserwirtschaft und Kulturbau e. V. (DVWK), Regel zur Wasserwirt-
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[2.36.2] Technische Regel wassergefhrdender Stoffe (TRwS) Arbeitsblatt DWA-A 785: Bestimmung
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2-32
2. freisetzungsflchen
2.6. Formelzeichen
Indices
Fr die Risslnge oder Risstiefe:
i beginnend
c kritisch
cL kritisch, bei lokaler Instabilitt
cG kritisch, bei globaler Instabilitt
2-33
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Bei den hier betrachteten Fluiden handelt es sich um Flssigkeiten und Gase unter verschiede-
nen Betriebsbedingungen, die wie folgt unterscheiden werden:
verdichtete Gase,
Flssigkeiten.
Ein Stoff liegt als Gas vor, wenn seine Temperatur T hher als die thermodynamisch kritische
Temperatur Tkr ist. Unterhalb der kritischen Temperatur kann der Stoff gasfrmig vorliegen,
wenn der Druck p geringer als der Sttigungsdampfdruck pv (T) ist. Die Erhhung des Druckes
ber den Sttigungsdampfdruck bei der Betriebstemperatur fhrt zu einer Kondensation.
Ein Stoff liegt als Flssigkeit vor, wenn seine Temperatur zwischen der Phasengleichgewichts
temperatur Ts zum aktuell herrschenden Druck und der Schmelztemperatur TSch liegt. Als Un-
terkhlung wird die Differenz zwischen tatschlicher Flssigkeitstemperatur und der Phasen
gleichgewichtstemperatur zum aktuell herrschenden Druck bezeichnet.
Mit dem Begriff druckverflssigte Gase werden Stoffe bezeichnet, die als Zweiphasensystem
und unter berdruck in einem Behlter vorliegen. Die Gas- und die Flssigphase befinden sich
im thermodynamischen Gleichgewicht, wobei die Betriebstemperatur zwischen der kritischen
Temperatur und der Tripelpunkttemperatur liegen muss.
Neben den Fluideigenschaften und den Prozessbedingungen hngt der Massenstrom bzw. die
Quellrate auch wesentlich von
der Lage der Ausstrmffnung (Gas/Dampfraum oder im flssigkeitsbenetzten Teil des Be-
hlters) und somit von der Phasenzusammensetzung und
Form der Ausstrmffnung, z. B. kurzer Stutzen, Blende, Rohrleitung oder Riss ab.
3-1
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
3.1.1. Ausstrmffnungen
Die Festlegung der Ausstrmffnung ist zunchst unabhngig von der Art des Behlters (Rhr-
kessel, Kolonne, Verdampfer, Tank usw.). Grundstzlich ist zu unterscheiden, ob die ffnung
sich im Gasraum oder im Flssigkeitsraum befindet.
Befindet sich im Behlter ein komprimiertes Gas, so strmt in der Regel Gasphase aus, bis der
berdruck im Behlter abgebaut worden ist. Bei einer gengend schnellen Entspannung kann
es in der Praxis wegen der nherungsweise adiabat isentrop verlaufenden Zustandsnderung
im Inneren des Behlters immer zu einer gravierenden Temperaturabsenkung kommen.
Durch diese kann sich auch bei zunchst mit Gas gefllten Behltern durch Kondensation im
Nassdampfgebiet ein Zweiphasengemisch ausbilden.
Befindet sich im Behlter ein druckverflssigtes Gas oder eine Flssigkeit unter hherem
Betriebsdruck so strmt nach der ffnung des Lecks bzw. des Sicherheitsventils zunchst
nur Gas oder Dampf aus. Bei einem durch eine groe Ausstrmffnung verursachten groen
Druckabfall wrde die Flssigkeit im Behlter nach der schlagartig einsetzenden Entspan
nungsverdampfung bzw. der (zustzlichen) Entlsung eines Gases heftig aufwallen, so dass
zumindest zeitweilig auch bei einer gasraumseitigen Ausstrmffnung ein Zweiphasengemisch
aus Gas und Flssigkeit austreten kann.
Bei einer kleinen Ausstrmffnung wrde es dagegen bei einer Einphasenstrmung von Gas
bleiben, da der Druckabfall im Behlter relativ langsam erfolgt und die pro Zeiteinheit durch
Entlsung oder Verdampfung gebildete Gasmenge vergleichsweise gering ist und das thermo
dynamische Gleichgewicht zwischen den Phasen praktisch immer erhalten bleibt.
Art der Wrmezufuhr: bei einer ueren Wrmezufuhr ber die Behlterwand, z.B. durch
Beheizung oder Feuer, kommt es zu einer ungleichmigen Blasenverteilung im Behlter
whrend es bei einer inneren Wrmefreisetzung, z.B. eine chemische Reaktion, eher eine
gleichmige Gasverteilung vorliegt. Bei der Druckentlastung ber ein Leck steht die ge-
samte Flssigkeit als Wrmereservoir zur Verfgung. In der Regel entstehen die Blasen aber
bevorzugt an Siedekeimen an der Behlterwand.
3-2
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Schaumfhigkeit des Systems. Ein Stoffsystem, dass zum Schumen neigt, wird auch bei
nur geringen Fllgraden zu einer Zweiphasenstrmung in der Ausstrmffnung fhren.
Viskositt: Auch fr viskose Stoffsysteme (> 100 mPa s) ist bekannt, dass es durch die Be-
hinderung der Phasenseparation eher zu einem vollstndigen Aufwallen kommt als bei dnn-
flssigen Medien.
Fllgrad: Die Fllhhe im Behlter ist der wesentliche Parameter, der das Auftreten einer
Zweiphasenstrmung bei der gasraumseitigen Druckentlastung eines Behlters bestimmt.
Dabei ist zu beachten, dass die Bedingungen in kugelfrmigen Behltern anders sind als
z.B. in stehenden oder liegenden zylindrischen Behltern.
In erster Nherung lsst sich der Gasgehalt am Eintritt in die Ausstrmffnung bei einer gas-
raumseitigen Druckentlastung mit der Modellvorstellung eines homogenen Flssigkeits-Gas-
Gemisches im Behlter beschreiben. Dabei wird vorausgesetzt, dass Gas und Flssigkeit im
Behlter gleichmig verteilt sind und damit der Massendampfanteil x0 berall gleich ist. Diese
Modellvorstellung, die zu einer oberen Abschtzung fr den mitgerissenen Flssigkeitsanteil
fhrt, wird z.B. auch fr eine konservative Auslegung von Entlastungseinrichtungen [3.1] her-
angezogen.
Der Massengasanteil vor der Ausstrmffnung lsst sich wie folgt berechnen:
(3.1)
(3.2)
Nur bei sehr groer Unterkhlung strmt eine nicht-verdampfende Flssigkeit aus. Ansonsten
fhrt bei unter hherem Druck stehenden Behltern die Verdampfung der Flssigkeit bzw. die
Entlsung eines Gases aus der Flssigkeit zur Bildung eines Zweiphasengemisches in der Aus-
strmffnung bzw. bei groem Siedeverzug erst in der Umgebung.
In der Praxis treten je nach Strungsfall sehr unterschiedliche Formen von Ausstrmffnungen
auf. Fr die Bestimmung von Quellraten ist dabei das Lnge zu DurchmesserVerhltnis der ff-
nung wesentlich. Charakteristisch sind die folgenden Formen:
Wanddurchrisse und
3-3
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Dsenartige ffnung
Bei dsenartigen ffnungen wird die Abweichung des realen Massenstroms vom dem durch
eine ideale Dse austretenden Massenstroms durch eine Ausflussziffer beschrieben. Die glei-
che Vorgehensweise wird auch bei der Freisetzung aus einem Sicherheitsventil angewendet.
Hier werden von den Herstellern Ausflussziffern fr Gase und fr Flssigkeiten angegeben.
Risse in Wnden
Ein Wanddurchriss in einem Behlter oder einer Rohrleitung weist zwar nur eine kurze Str-
mungsweglnge (entspricht der Wanddicke) auf, die Strmung verhlt sich jedoch eher wie die
durch eine Rohrleitung, da das Lnge/Durchmesser-Verhltnis bei typischen Rissweiten von 0,1
bis 0,5 mm in der Grenordnung von 10 100 liegt. Der Massenstrom wird somit wie bei einer
Rohrleitung wesentlich durch den Druckverlust lngs des Strmungswegs und damit durch die
Rauhigkeit der Risswnde beeinflusst. Wanddurchrisse zeichnen sich durch zufllig auftreten-
de Schlitzformen und innere Wandrauhigkeiten aus. Der sich ausbildende Strmungsweg wird
dabei entscheidend vom Werkstoff und der Entstehungsgeschichte des Risses beeinflusst. In
der Literatur sind allerdings nur wenige brauchbare Angaben ber Abmessungen, Formen und
insbesondere Wandrauhigkeiten von realen Rissen aufgefhrt.
Die in [3.2] dargestellte Datenlage macht deutlich, dass im Prinzip fr den Einzelfall Aussagen
ber die Rissgeometrie und evtl. auch ber die zu erwartende Wandrauhigkeit gemacht werden
kann, aber eine sinnvolle allgemeingltige Aussage nicht getroffen werden kann. Aus diesem
Grund wird der Massenstrom durch einen Riss in erster Nherung unter Verwendung einer Aus-
flussziffer abgeschtzt.
3.2. Modellierung
3.2.1. Vereinfachungen
Stationre Ausstrmvorgnge
Das Ausstrmen durch eine Ausstrmffnung in der Wand eines Behlters ist prinzipiell im-
mer ein instationrer Vorgang, weil sich mit fortlaufender Zeit der Behlterdruck und damit das
3-4
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
treibende Druckgeflle ndern. Ein Berechnungsmodell fr Quellraten msste also auch den
transienten Verlauf des durch die ffnung hervorgerufenen Druckentlastungsvorgangs als Ein-
gabegre beinhalten. Dies ist aber aufwndig, weil dann zustzlich die Kenntnis des transien-
ten Druckverlaufs im Behlter erforderlich wre, der im Extremfall wiederum vom Aufwallen der
Flssigkeit bzw. dem Druckwiederanstieg durch Verdampfung, Gasentlsung oder gar Gas-
freisetzung durch eine chemische Reaktion abhngt. Bei der Bestimmung der Quellraten soll
deshalb von der im Hinblick auf die Gre der Quellrate konservativen Annahme eines whrend
der gesamten Ausstrmzeit konstanten Stagnationsdrucks bzw. Behlterinnendrucks vor der
Ausstrmffnung ausgegangen werden. Die so berechneten Quellraten sind dann immer gr-
er als die tatschlich auftretenden, da der Druck im Behlter durch die ausstrmende Quellra-
te stetig abnehmen wrde.
Stoffeigenschaften
Das betrachtete Fluid soll aus einem (reinen) Stoff bestehen, dass heit die Stoffeigenschaften
vor der Ausstrmffnung sind konstant. In der Ausstrmffnung knnen sich die Stoffwerte
und der Dampfgehalt entsprechend dem Druckabfall ndern. Grundstzlich werden chemische
Reaktionen, die whrend der Freisetzung lngs des Strmungswegs auftreten knnten, nicht
betrachtet. Die Gleichungen knnen auch angewendet, wenn bei Systemen aus mehreren
Komponenten, die Stoffwerte in einen fiktiven Reinstoff umgewandelt werden. Insbesondere
bei verdampfenden oder gasentlsenden Systemen sind aber Phasengleichgewichte zu beachten.
Eine hhere Viskositt (>100 mPa s) der Flssigkeit fhrt zu einer Verringerung des Massen-
stroms und wird bei den folgenden Betrachtungen nicht bercksichtigt.
Die beschriebenen Modelle wurden unter folgenden Annahmen hergeleitet und sollten bei Ab-
weichungen von diesen Annahmen nur unter grter Vorsicht angewendet werden:
keine Reaktionen lngs des Strmungswegs (wenn durch die Reaktion der Gasgehalt oder
die Eigenschaften des Fluids nicht signifikant gendert werden, sind Reaktionen zulssig)
3-5
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Modell konservativ abgeschtzt wird. So kann es z. B. auch bei einer Freisetzung im Gasraum
eines Behlters durch das Aufschumen der Flssigkeit zu einem Austritt eines Zweiphasenge-
misches kommen. Wenn die Flssigphase durch einen geringen Dampfdruck ein geringes Ge-
fhrdungspotential hat, ist die Betrachtung einer reinen Gasphasenstrmung eine konservative
Abschtzung.
Ausstrmffnung Ausstrmffnung
im Gasraum im Flssigkeitsraum
Gasstrmung Zweiphasen- Flssigkeit Zweiphasen-
strmung strmung
Kompressible, rei- Homogenes Bernoulli Homogenes
Rohrleitung bungsbehaftete Gleichgewichts- Gleichung mit Gleichgewichts
Gasstrmung modell mit Druck Druckverlusten modell mit Druck
verlusten (DIERS) verlusten (DIERS)
(3.2.2.2) (3.2.2.3) (3.2.2.6) (3.2.2.3)
Gl. (3.3)
Der gasfrmige Massenstrom aus einem unter berdruck p0 stehenden Behlter durch eine
ffnung ins Freie oder in eine Abblaseleitung (Index 1) lsst sich nach den z. B. in der ISO
4126-7 angegebenen Beziehungen berechnen:
Gl. (3.4)
3-6
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Gl. (3.5)
ergibt sich die Ausflussfunktion y aus
(3.6)
(3.7)
Ein Verfahren zur Berechnung des Druckverlustes in einer Rohrleitung ist z. B. in [3.4] beschrie-
ben. Zur Berechnung der Druckverluste wird das Rohrleitungssystem zunchst in einstrngige
Rohrleitungsabschnitte mit konstantem Durchmesser und in bergangsstcke wie Rohr
querschnittsnderungen und T-Stcke aufgeteilt. Die Zustandsgren am Anfang und am Ende
dieser Abschnitte werden dann aus den Erhaltungsgleichungen fr Masse, Impuls und Energie
bestimmt. Hierbei werden die Betriebsbedingungen am Eintritt in die Rohrleitung als konstant
zum Zeitpunkt der Entlastung vorausgesetzt. Darber hinaus wird eine stationre Strmung
ohne Wrmeaustausch mit der Umgebung angenommen und die Wrmekapazitt des Gases
zumindest abschnittsweise als konstant angesetzt.
Unter diesen Voraussetzungen ist es mglich die Mach-Zahlen (Verhltnis der lokalen Ge-
schwindigkeit zur Schallgeschwindigkeit) am Anfang und am Ende einzelner Rohrleitungsab
schnitte zu bestimmen. Aus der Mach-Zahl lassen sich dann wiederum die Zustandsgren in
dem jeweiligen Strmungsquerschnitt ermitteln:
Temperatur (3.7)
Druck (3.8)
Dichte (3.9)
3-7
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Geschwindigkeit (3.10)
Bei der Berechnung des gasfrmigen Massenstroms durch die Rohrleitung wird zunchst als
Gegendruck der Umgebungsdruck angenommen. Mit diesem Massenstrom wird die Mach-
Zahl am Austritt einer Rohrleitung nach
(3.11)
berechnet. Als Nebenbedingung ist zu beachten, dass in einer Rohrleitung die Mach-Zahl den
Wert 1 nicht berschreiten kann. Daraus ergeben sich die folgenden Mglichkeiten:
Der Druck am Ende der Rohrleitung ist gleich dem Umgebungsdruck und die Machzahl ist
< 1 (unterkritische Strmung).
Die Machzahl im Austritt betrgt 1. Es liegt eine kritische Strmung vor und der dazugehrige
Druck wird berechnet.
Der Druckverlust der Rohrleitung wird aufbauend auf den Zustandsgren und der Strmungs-
geschwindigkeit am Ende der Rohrleitung entgegen der Strmungsrichtung berechnet. Hierzu
gibt es zwei Verfahren:
(3.12)
Die Mach-Zahl am Eintritt des Rohrleitungselementes lsst sich aus der oben genannten Be-
ziehung fr den Massenstrom in Abhngigkeit vom Druck berechnen. Ist der Druckverlust von
der Geschwindigkeit am Eintritt des Rohrleitungselementes abhngig, so muss die Berechnung
iterativ durchgefhrt werden. Mit diesem Berechnungsverfahren werden fr alle Rohrleitungs-
elemente die Druckverluste und Strmungsgeschwindigkeiten berechnet. Hieraus ergibt sich
der Druck am Eintritt des ersten Rohrleitungselementes. Formeln zur Berechnung der Druck-
verluste von Rohrleitungselementen in Abhngigkeit von der Strmungsgeschwindigkeit kn-
nen z. B. [3.5] entnommen werden.
3-8
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
(3.13)
Der Index 1 bezieht sich auf den Eintritt in die Rohrleitung und der Index 2 auf den Austritt.
Diese Beziehung gilt nur fr einen Rohrleitungsabschnitt mit konstantem Durchmesser. Auf die
Bestimmung der Rohrreibungszahl l und der Widerstandsbeiwerte von Rohrleitungselementen
zEinbauten wird im Kapitel 3.2.2.7 nher eingegangen.
Bei einer Rohrverengung wird die Strmung bis auf einen engsten Strmungsquerschnitt (vena
contracta) eingeschnrt. Die Berechnung dieser Einschnrung ist wie bei der Durchstrmung
von Blenden sehr komplex, da der Durchmesser der vena contracta u.a. wesentlich vom
Druckverhltnis p1/p2 abhngt. Auch ist es mglich, dass sich in der vena contracta Ma =1 ein-
stellt. Fr kleine Drucknderungen lsst sich Mai,max aus folgender Gleichung berechnen:
Rohrverengung (3.16)
Der Index 1 bezieht sich auf den Eintritt in die Rohrerweiterung oder -verengung und der Index
2 auf den Austritt.
Aus der Mach-Zahl am Eintritt in die Abblaseleitung wird der Druck des Sicherheitsventils be-
rechnet.
3-9
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
(3.20)
mit (3.21)
Der zweiphasige Massenstrom , der durch die Rohrleitung strmt, wird mit dem im Kapitel
3.2.2.4 beschriebenen Verfahren bestimmt und dann wie folgt normiert:
(3.22)
unterkritische Strmung
kritische Strmung
mit (3.23)
(3.24)
Prinzipiell lassen sich die angegebenen Gleichungen auch fr ein druckverflssigtes Gas an-
wenden, das am Eintritt in die Rohrleitung gerade im Gleichgewichtszustand vorliegt.
3-10
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Fr die Berechnung der Quellraten werden jedoch konservative, obere Abschtzungen der
maximalen Mengenstrme bentigt. Effekte, wie Siedeverzug und Schlupf zwischen den
Phasen fhren in der Realitt zu einer Vergrerung der Zweiphasenmengenstrme gegenber
den nach dem homogenen Gleichgewichtsmodell berechneten. Dies wirkt sich insbesondere
bei leicht unterkhlter oder gerade siedender Flssigkeit bzw. bei Zweiphasengemischen mit
niedrigen Dampfgehalten vor der Ausstrmffnung aus. In zahlreichen Verffentlichungen
(z.B. Sozzi & Sutherland [3.8]) wurde gezeigt, dass je nach Art der Ausstrmffnung bis zu
5 mal grere Zweiphasenmengenstrme auftreten knnen als nach dem homogenen
Gleichgewichtsmodell berechnet.
(3.25)
3-11
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Das mittlere spezifische Volumen v0 des Zweiphasengemisches wird in Abhngigkeit vom Str-
mungsmassengasanteil und den spezifischen Volumina der Flssigphase vf,0 und der Gas-
phase vg,0 berechnet:
(3.26)
(3.27)
Der Exponent a wird in Abhngigkeit von der Freisetzungsart bzw. dem durchstrmten Anlage-
teil festgelegt:
a = 0,4 Sicherheitsventil
(3.28)
(3.29)
(3.30)
(3.31)
(3.32)
(3.33)
(3.34)
(3.35)
festgelegt wird.
3-12
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
3.2.2.5. Bernoulli-Gleichung
(3.36)
Bei stark unterkhlter, nicht-verdampfender Flssigkeit kann die aus einer ffnung in die Um-
gebung austretende Massenstromdichte wie folgt berechnet werden [3.10]:
(3.37)
Hierbei wird die Druckdifferenz zwischen dem Druck vor der ffnung (Ruhedruck im Behlter)
und der Umgebung betrachtet.
Wird eine stark unterkhlte, nicht-verdampfender Flssigkeit ber eine lngere Rohrleitung ggf.
mit Einbauten freigesetzt, so ist der Druckverlust bei der Berechnung der Quellrate zu berck-
sichtigen. Die Quellrate lsst sich aus der Bernoulli Gleichung mit Verlustglied [3.11] berechnen:
(3.38)
Diese Beziehung gilt fr Rohrleitungen mit konstantem Durchmesser und muss daher ggf. fr
verschiedene Rohrleitungsabschnitte getrennt berechnet werden. Der Druckverlust teilt sich auf
in den Druckverlust der geraden Leitungsabschnitte
(3.39)
Und dem Druckverlust, der aus der Durchstrmung von Rohrleitungseinbauten, wie Krmmer,
Abzweigstcken, Querschnittsvernderungen und Armaturen.
(3.40)
3-13
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
In den vorherigen Abschnitten wird zur Berechnung des Massenstroms in den verschiedenen
Gleichungen entweder eine Ausflussziffer (fr kurze Ausstrmffnungen) oder ein Strmungs-
widerstandsbeiwert (fr lngere Rohre) bentigt. In den folgenden Abschnitten werden
Hinweise zur Abschtzung dieser Werte gegeben.
3.2.2.7.1. Ausflussziffer
Die Ausflussziffer liegt z.B. fr einen abgerissenen Rohrstutzen im Bereich von 0,62 (scharf
kantig) bis 0,92 (runde Dse) (siehe Kuchling [3.12]). Bei schlitzfrmigen Wanddurchrissen
kann sie deutlich geringer sein [3.2].
Bei Sicherheitsventilen sind die Ausflussziffern fr Gase und Flssigkeiten in Abhngigkeit vom
Verhltnis Ansprechdruck p0 zu Gegendruck p1 in der Regel aus der Bauteilprfung bekannt.
Die dort angegebene zuerkannte Ausflussziffer muss allerdings um den Faktor 0,9 zurck
korrigiert werden, um den tatschlichen maximalen Massenstrom durch das Sicherheitsventil
zu erhalten.
Die Ausflussziffer a hngt bei Zweiphasenstrmung nicht nur von der Art der Ausstrm
ffnung, sondern auch von der Strmungsform ab. Generell erhlt man ein konservatives
Ergebnis fr die maximale Quellrate, wenn die Ausflussziffer gleich eins gewhlt wird. Bei der
Freisetzung aus Sicherheitsventilen wrde man die Ausflussziffer fr reine Gasstrmung
zugrunde legen, die in der Regel grer als die fr Flssigkeitsstrmung ist.
Bei der Freisetzung aus einem Leck mit Durchmessern in der Gre von 1 bis 100 mm ist eine
Ausflussziffer von 0,8 realistisch.
Bei kleineren Lecks wie einem Wanddurchriss mit (quivalenten kreisrunden ) Durchmessern
kleiner als 1 mm, kann die Ausflussziffer kleiner gewhlt werden, z.B. 0,5.
(3.43)
3-14
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Die fr turbulente Rohrstrmungen Red > 2320 kann die Rohrreibungszahl l z. B. durch die
Formel von Prandtl-Colebrook
(3.44)
berechnen. Alternativ wird auch die Gleichung von Chen [3.13] verwendet:
(3.45)
3-15
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Fr den Fall, dass der Freisetzungsmengenstrom durch eine Armatur, z.B. ein Regelventil
begrenzt wird, lsst sich der Widerstandsbeiwert aus dem meistens bekannten Kvs-Wert der
Armatur berechnen. Die Gleichung dazu lautet:
3.3. Beispiele
3.3.1. Leck in der gasraumseitigen Entnahmeleitung eines Ammoniak-Verdampfers
Aus einem Verdampfer wird Ammoniak ber eine gasraumseitige Entnahmeleitung in einen
Reaktor gespeist. Die Temperatur im Verdampfer betrgt 20 C, was einem Dampfdruck des
Ammoniaks von 8,55 bar abs. entspricht. Die Entnahmeleitung DN10 (Innendurchmesser
10 mm) ist bis zur angenommenen Leckstelle 30 m lang. Als Leck wird der vollstndige Abriss
der Leitung unterstellt, so dass sich ein ffnungsquerschnitt von 78 mm ergibt.
Fr die Berechnung des Freisetzungsmengenstroms wird davon ausgegangen, dass der Druck
im Verdampfer konstant bleibt. Das Auftreten einer Zweiphasenstrmung wird nicht angenom-
men, da der Verdampfer nur teilweise gefllt ist und durch die Anordnung des Dampfdoms eine
zuverlssige Abscheidung von Tropfen, die bei der Verdampfung entstehen, gewhrleistet ist.
Es kann also von einer reinen Ammoniak-Dampfstrmung ber die Entnahmeleitung ausge
gangen werden.
Fr die Berechnung des Mengenstroms knnen die Gleichungen fr die kompressible, rei-
bungsbehaftete Gasstrmung aus dem Abschnitt 3.2.2.2 herangezogen werden, wobei der
3-16
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Fr den Fall, dass der Verdampfer bei hheren Fllgraden betrieben wrde, knnte es durch
das Aufwallen der Flssigkeit auch zu einer Zweiphasenstrmung aus Dampf und mitge
rissener Flssigkeit durch die Entnahmeleitung kommen. In diesem Fall mssten die Frei
setzungsmengenstrme mit den Gleichungen aus Abschnitt 3.2.2.3 berechnet werden.
Als Leck wird ein vollstndiger Abriss der Leitung angenommen. Die Rohrleitungslnge bis zur
Leckstelle soll 20 m betragen.
Der Zustand am Eintritt in die Entnahmeleitung ist gerade siedende Flssigkeit. Infolge des
Druckabfalls bis zur Leckstelle kommt es lngs des Strmungswegs durch die Verdampfung
zu einer Zweiphasenstrmung mit stndig zunehmendem Dampfgehalt.
Der Freisetzungsmengenstrom aus dem Sicherheitsventil kann mit den Gleichungen aus
Abschnitt 3.2.2.1 berechnet werden.
3-17
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
dass der Druckverlust in der Rohrleitung gegenber dem Druckabfall ber die Berstscheibe in
erster Nherung vernachlssigt werden kann. Der Mengenstrom durch die Berstscheibe kann
dann mit den Gleichungen fr eine Dse mit Korrektur durch einen Ausflussbeiwert ( = 0,8)
berechnet werden.
Der Reaktor ist zu 80 % gefllt. Das Reaktionsgemisch neigt zum Schumen, so dass von einem
homogenen Aufwallen des Behlterinhalts ausgegangen werden muss. Der volumetrische
Dampfgehalt am Eintritt in die Abblaseleitung betrgt dann 20 % (Gl. 3.1). Mit den Stoffwerten
fr Methanol:
ergibt sich aus Gleichung 3.2 ein Massendampfgehalt von 0,11 %. Der Mengenstrom durch die
Berstscheibe kann dann nach den Gleichungen im Abschnitt 3.2.2.4 berechnet werden. Hier
liegt also schon vor der Berstscheibe eine Zweiphasenstrmung vor, deren Dampfgehalt infolge
des Druckabfalls ber die Berstscheibe zunimmt.
Fr den Fall, dass die Entlastungsffnung im Flssigkeitsraum des Reaktors liegt, wrde vor
der ffnung eine gerade siedende Flssigphase vorliegen, die dann durch die Verdampfung
lngs des Ausstrmwegs zu einer Zweiphasenstrmung fhrt. Auch in diesem Fall kann der
Mengenstrom mit den in Abschnitt 3.2.2.4 angegebenen Gleichungen berechnet werden.
3.4. Fazit
Die Berechnung von Freisetzungsmengenstrmen ist immer stark vereinfachenden Annahmen
verbunden, wenn der Aufwand fr die Berechnung in einem vernnftigen Rahmen gehalten
werden soll. Diese Annahmen sollten so gewhlt werden, dass in jedem Fall konservative, aber
nicht zu unrealistische Ergebnisse erzielt werden. Konservativ bedeutet im Hinblick auf die Be-
wertung von Strfallauswirkungen, dass die Mengenstrme eher zu gro berechnet werden.
Mit den angegebenen Gleichungen, die auf vernnftigen physikalischen Annahmen beruhen
und mit denen die wesentlichen physikalischen Effelte bercksichtigt werden, kann der Men-
genstrom aus einer Behlter- oder Rohrleitungsffnung, der als Quellterm fr eine anschlieen-
de Ausbreitungsrechnung benutzt werden soll, auch fr den komplexen Fall einer Zweiphasen-
strmung mit hinreichender Genauigkeit berechnet werden.
3-18
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
3.5. Symbolverzeichnis
Symbol Beschreibung
A Austrittsflche [m]
cpf Spezifische Wrmekapazitt der Flssigphase [J/(kg K)]
cpg Spezifische Wrmekapazitt der Gasphase [J/(kg K)]
d Rohrdurchmesser [m]
Gg Massenstromdichte gasfrmig [kg/(m s)]
hv Verdampfungsenthalpie [J/kg]
k Rauhigkeitswert [m]
Ma Mach-Zahl [-]
p Druck [Pa]
p0 Ruhedruck [Pa]
pc Kritischer Druck [Pa]
pv Sttigungsdampfdruck [Pa]
pu Umgebungsdruck [Pa]
Dp Druckdifferenz [Pa]
T Temperatur [K]
Tkr Kritische Temperatur [K]
Ts Siedetemperatur [K]
TSch Schmelztemperatur [K]
T0 Ruhetemperatur [K]
R Spez. Gaskonstante [J/(kg K)]
v Spezifisches Volumen [m/kg]
VBehlter Behltervolumen [m]
VGasraum Volumen der Gasphase in einem Behlter [m]
x0 Massengasgehalt [-]t
Strmungsmassengasanteil [-]
3-19
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
Symbol Beschreibung
ag Ausflussziffer fr Gasstrmung [-]
r0 Ruhedichte gasfrmig [kg/m]
rf Flssigkeitsdichte [kg/m]
rg Dichte der Gasphase [kg/m]
e Anteil der Gasphase am Behltervolumen [-]
y Ausflussfunktion [-]
k Isentropenexponent [-]
l Rohrreibungszahl [-]
n kinematische Viskositt [m/s]
z Widerstandsbeiwert von Rohrleitungselementen [ ]
h dynamische Viskositt [Ns/m]
w Kompressibilittsfaktor [-]
3-20
3. Stofffreisetzung aus einer UmschlieSSung
3.6. Literatur
[3.1] ISO 4126-10: Safety devices for protection against excessive pressure
Part 10: Sizing of safety valves for gas/liquid two-phase flow
[3.2] Westphal, F.: Berechnungsmodell fr die Leckraten aus Rissen in Wnden
druckfhrender Apparate und Rohrleitungen. Dissertation Dortmund 1991.
[3.3] DIN EN ISO 4126-7: Sicherheitseinrichtungen gegen unzulssigen berdruck
Teil 7: Allgemeine Daten (ISO/DIS 4126-7:2009); Deutsche Fassung
prEN ISO 4126-7:2009, Beuth Verlag GmbH, Berlin
[3.4] Friedel, L., Schmidt, J.: Auslegung langer gasdurchstrmter Sicherheitsventil-
Abblaseleitungen. T Bd. 33 (1992) Nr. 5 165-171
[3.5] E. Fried, I. E. Idelchik; Flow Resistance: A Design Guide For Engineers;
Hemisphere Publishing Corporation; 1989
[3.6] Leung, J.C., Grolmes, M.A., AICHE J. 33 (1987) Nr. 3, 524-527
[3.7] Schmidt, J., Westphal, F. : Praxisbezogenes Vorgehen bei der Auslegung von Sicher-
heitsventilen und deren Abblaseleitungen fr die Durchstrmung mit Dampf/Flssig-
keits-Gemischen Teil 2. Chem.-Ing.Tech. 69 (1997), S 1074-1091
[3.8] G.L. Sozzi, W.A. Sutherland: Critical flow of saturated and subcooled water at high
pressure. General Electric Report NEDO-13418, July 1975.
[3.9] R. Diener, J. Schmidt: Sizing of throttling device for gas/liquid two-phase flow.
Part 1: Safety valves. Process Safety Progress 23 (2004) 4, 335-344.
Part 2: Control valves, orifices and nozzles. Process Safety Progress 24 (2005) 1,
29-37.
[3.10] L. Friedel; Grundlagen der Druckentlastung/Stand der Erkenntnisse. Vortrag im
Seminar Druckentlastung-Rckhaltung gefhrlicher Stoffe (TAA); BPU,
01.12. - 02.12.1994
[3.11] Bswirth, L.: Technische Strmungslehre. Vieweg Verlag, 1993
[3.12] Kuchling; Taschenbuch der Physik; Fachbuchverlag Leipzig-Kln, 1994
[3.13] Chen, N.H.: An explicit equation for friction factor in pipe. Ind. Eng. Chem. Fundam.
18 (1979) 3, 296-297.
[3.14] VDI-Wrmeatlas. Springer Verlag Berlin Heidelberg.
[3.15] Schmidt, J., Egan, S.: Case studies of sizing pressure relief valves for two-phase flow.
Chem. Eng. Technol. 32 (2009) 2, 263-272.
[3.16] Schmidt, J.: Sizing of nozzles, venturis, orifices and safety valves for initially sub-
cooled gas/liquid two-phase flow the HNE-DS-method. Forsch. Ingenieurwes.
71 (2007), 47-58.
[3.17] Schmidt, J.: Auslegung von Schutzeinrichtungen fr wrmebertragende Apparate.
Chem.-Ing.-Techn. 81 (2009), 1-2, 79-95.
[3.18] Schmidt, J.: Auslegung von Sicherheitsventilen bei einer Druckentlastung von
Gas/Flssigkeitsmischen nach ISO 4126-10. Techn. Sicherheit 1 (2011) 6, 37-45.
3-21
4. Freistrahl eines Gases
Gase werden im Allgemeinen in Anlagen unter Druck gehandhabt. Bei einem Versagen der
Umschlieung (Leck, Riss) oder dem Ansprechen von Druckentlastungseinrichtungen kommt
es dann zu einem impulsbehafteten Austritt als Freistrahl. Dabei wird durch die Einmischung
von Umgebungsluft die Geschwindigkeit und die Konzentration mit zunehmendem Abstand
vom Freisetzungsort verringert. Handelt es sich hierbei um brennbare Gase, so ist die Entfer-
nung, in der die untere Explosionsgrenze unterschritten wird, fr das Explosionsschutzkonzept
interessant. Bei toxischen Gasen ist vor allem der Ort bzw. die Hhe ber Erdgleiche relevant,
die durch den Freistrahl erreicht wird, bevor der Impuls abgebaut worden ist und die Gas-
wolke dann mit der Umgebungsluft weiter transportiert wird. Bei Auftriebsstrahlen werden im
Vergleich zur Luft leichtere Gase z. B. aus Schornsteinen oder bei Brnden freigesetzt. Die
Strmung entssteht hierbei weniger aus dem Austrittsimpuls am Freisetzungsort, als durch den
Auftrieb des Gases.
Im Rahmen des Statuspapiers wird der Freistrahl mit behandelt, da der Endpunkt des Freistrahls
die Position des Quellterms fr die Berechnung der impulsfreien Gasausbreitung z. B. mit der
VDI Richtlinie 3783 Blatt 1 [4.1] festlegt.
In den folgenden Kapiteln werden einige empirische Modelle und ein Modell mit vereinfachten
Differentialgleichungen (Integralmodell) vorgestellt. Durch die Bewertung der Einsatzmglich
keiten der empirischen Modelle soll die Mglichkeit erffnet werden, mit einfachen Mitteln Aus-
sagen ber die Abmessungen des Freistrahls zu erhalten. Integralmodelle bentigen entspre-
chende Berechnungsprogramme und CFD-Programme zur Strmungsberechnung stellen zwar
den Stand der Wissenschaft dar, werden aber bei Auswirkungsbetrachtungen auf Grund des
Rechenaufwandes im Verhltnis zur geforderten Genauigkeit nur wenig eingesetzt.
Bei allen Freistrahlmodellen wird davon ausgegangen, dass die Freisetzungsffnung kreisfr-
mig ist und der Freistrahl sich ungehindert (ohne Strmungshindernisse) ausbreiten kann. Die
Austrittsgeschwindigkeit muss bei den impulsbehafteten Freistrahlen deutlich grer als die
Windgeschwindigkeit in der Umgebung sein.
4-1
4. Freistrahl eines Gases
y y
U8
U8
x
x
4-2
4. Freistrahl eines Gases
In den Bildern 4.1 und 4.2 sind vier Freistrahlkonfigurationen fr eine senkrechte Gasfreiset-
zung dargestellt. Es ist hierbei zu unterscheiden
Bei einer Freisetzung in ruhende Umgebung verdnnt sich ein leichtes oder dichteneutrales
Gas mit zunehmender Entfernung vom Freisetzungsort. Bei einem Schwergas wird eine maxi-
male Hhe erreicht, nach der der Austrittsimpuls abgebaut worden ist. Durch die Schwerkraft
strmt das Gas dann in Richtung Boden. Im Rahmen von Worst-Case Berachtungen knnen
diese Szenarien relevant werden, wenn z. B. die maximalen Abmessungen der unteren Znddi-
stanz gefragt sind, denn bei einer Freisetzung in eine Windstrmung wird die maximal ereichte
Hhe geringer sein. Bei Gasfreisetzungen mit Windeinfluss ist als Besonderheit zu erwhnen,
dass Schwergasstrahlen mit hohem Massenstrom mit relevanten Konzentrationen bis unter die
Freisetzungshhe fallen knnen. In diesen Fllen ist dann ggf. eine nachfolgende Schwergas
berechnung durchzufhren.
Chen und Rodi [4.2] haben eine Vielzahl von experimentellen Untersuchungen und die daraus
resultierenden Modelle fr senkrechte Freistrahlen (siehe Bild 4.3) in ruhende Umgebung mit
Austrittsgeschwindigkeiten unterhalb der Schallgeschwindigkeit ausgewertet.
4-3
4. Freistrahl eines Gases
(4.1)
(4.2)
(4.3)
Hierbei bedeuten
Fr [-] Froude-Zahl
r [kg/m] Dichte
y [m] Senkrechter Abstand vom Austritt
D [m] Durchmesser des Austritts
g [m/s] Erdbeschleunigung = 9,81 m/s
u [m/s] Geschwindigkeit
c* [-] Dimensionslose Konzentration bzw. Temperatur
T [K] Temperatur
c [kg/m] Konzentration
Indizes
0 Werte am Austritt
c Werte in der Strahlmitte
Werte der Umgebungsluft
4-4
4. Freistrahl eines Gases
Fr einen senkrechten Freistrahl eines Schwergases in ruhende Umgebung wird nur eine
Beziehung fr die maximale Freistrahlhhe angegeben:
(4.4)
Giesbrecht, Seifert und Leuckel [4.19] haben ebenfalls eine Beziehung fr die maximale Frei
strahlhhe des senkrechten Freistrahls eines Schwergases in ruhende Umgebung entwickelt:
(4.5)
Hierbei bedeuten
4-5
4. Freistrahl eines Gases
Hoehne und Luce [4.3] haben senkrechte Freistrahlen mit Methan, Ethan, Butan und Heptan in
queranstrmende Luft eingeleitet und die Konzentrationsprofile vermessen. Unter den beiden
Randbedingungen
(4.6)
Fr T0 > 366 K :
(4.7)
Fr T0 < 366 K :
(4.8)
4-6
4. Freistrahl eines Gases
(4.9)
wobei das in Bild 4.1 dargestellte Koordinatensystem verwendet wird. Weiterhin werden die
folgenden dimensionslosen Gren eingefhrt:
(4.10)
Hierbei bedeuten
Indizes
0 Werte am Austritt
Werte der Umgebungsluft
Hoot, Meroney und Peterka [4.4] haben bei den durchgefhrten Experimenten schwere Gase
unterschiedlicher Dichte als senkrechte Freistrahle mit laminarer Queranstrmung untersucht.
4-7
4. Freistrahl eines Gases
Es wurden die Aufschlagpunkte der Schwergase auf dem Boden, die maximale Steighhe und
die Konzentrationen an diesen beiden Punkten ermittelt. Daraus wurde das folgende Modell
entwickelt (Formulierung nach [4.16]):
Maximale Steighhe:
(4.11)
Hierbei bedeuten
r [kg/m] Dichte
x [m] Abstand vom Austritt in Windrichtung
y [m] Abstand vom Austritt quer zur Windrichtung
h [m] Hhe
D [m] Durchmesser des Austritts
u [m/s] Geschwindigkeit
c [kg/m] Konzentration
Fr [-] Froude-Zahl
g [m/s] Erdbeschleunigung = 9,81 m/s
Indizes
0 Werte am Austritt
Werte der Umgebungsluft
s Werte am maximalen Steigpunkt
a Werte am Aufschlagpunkt
4-8
4. Freistrahl eines Gases
4.1.1.5. Briggs
Briggs [4.5] hat verschiede Modell zur Berechnung von Auftriebsstrahlen zusammengestellt
und im Vergleich zu experimentellen Daten bewertet. Es werden die folgenden Beziehungen zur
Berechung der berhhung des Auftriebsstrahls empfohlen.
(4.16)
Stabile Temperaturschichtung:
(4.17)
4-9
4. Freistrahl eines Gases
Hierbei bedeuten
Nach der VDI-Richtlinie 3783 Blatt 1 [4.1] sind fr die Ausbreitungsbereichnung von strfallbe-
dingten Stofffreisetzungen nur quivalente Wrmeemissionen grer 6 MW zu bercksichtigen.
Die berhhung ber die Freisetzungshhe hngt von der Stabilitt der temperaturschichtung
ab. Fr labile, indifferente und stabile Schichtungen werden die folgenden Gleichungen ange-
geben.
Labile Temperaturschichtung:
(4.18)
Indifferente Temperaturschichtung:
(4.19)
4-10
4. Freistrahl eines Gases
Stabile Temperaturschichtung:
(4.20)
Hierbei darf die berhhung bei stabiler Schichtung die berhhung bei indifferenter Schich-
tung nicht berschreiten.
(4.21)
Hierbei bedeuten
Dh [m] berhhung
[MW] quivalente Wrmeemission
x [m] Abstand vom Freisetzungsort
u [m/s] Geschwindigkeit in Freisetzungshhe
hs [m] Freisetzungshhe
cp [MWs/m] Spezifische Wrmekapazitt
r [kg/m] Dichte
[m/s] Volumenstrom am Austritt
M [kg/mol] Molare Masse
TGas [K] Gastemperatur
Tu [K] Umgebungstemperatur = 293 K
Schatzmann [4.6] hat ein Modell zur Berechnung von Freistrahlen entwickelt, dass sowohl fr
im Vergleich zur Luft dichteneutraler und leichter Gase [4.7] als auch fr schwere Gase (z. B.
Propan) [4.8] eingesetzt worden ist. Im Bild 4.4 ist das im Modell verwendete Koordinaten
system dargestellt.
4-11
4. Freistrahl eines Gases
Uu
S
S0 x
D
Massenbilanz
(4.22)
Impulsbilanz in s-Richtung
(4.23)
4-12
4. Freistrahl eines Gases
(4.24)
Komponentenbilanz
(4.25)
Energiebilanz
(4.26)
Die Aufweitung des Freistrahls mit zunehmender Lauflnge s wird durch eine sogenannte En-
trainment Funktion E beschrieben. Hier sind mehrere Anstze bekannt. Schatzmann verwendet
(4.27)
Teixeira-Miranda [4.17] haben den folgenden Ansatz entwickelt, der gegenber der Formulie-
rung von Schatzmann in einigen Fllen Vorteile bringen soll [4.18]:
(4.28)
4-13
4. Freistrahl eines Gases
Die Anfangsgeschwindigkeit uj des Freistrahls an der Austrittstelle mit der Flche Ae wird unter
Bercksichtigung der Massen- und Impulserhaltung nach Entspannung auf Umgebungsdruck
berechnet. Der Massenstrom und der Druck im Austrittsquerschnitt pe berechnet sich aus
den Beziehungen zur Massenstromberechnung bei Gasen.
(4.29)
Aus der Bernoullischen Gleichung lassen sich dann die Dichte und damit der Durchmesser am
Anfang des Freistrahls berechnen:
(4.30)
Das Freistrahlmodell ist als so genanntes Einstoff-System formuliert, wobei die Temperatur des
quivalenten Kalt- oder Warmluftstrahl mit der individuellen Gaskonstante fr Luft RL berechnet
wird.
(4.31)
(4.32)
(4.33)
4-14
4. Freistrahl eines Gases
Nachdem die Differentialgleichungen in Strmungsrichtung integriert worden sind, ist die Lage
der Freistrahlmittellinie, die Geschwindigkeit, die Temperatur und Konzentration entlang der
Linie bekannt. ber die vorausgesetzte Gau-Verteilung der Gren innerhalb des Freistrahls
knnen die Werte neben der Freistrahlmittellinie berechnet werden:
(4.34)
Das Modell von Schatzmann kann fr die Berechnung von Freistrahlen in ruhender und beweg-
ter Atmosphre (Windgeschwindigkeit > 0) eingesetzt werden. Es wird aber davon ausgegan-
gen, dass die Windgeschwindigkeit konstant ist und die Turbulenz der Auenstrmung keinen
Einfluss auf den Freistrahl hat.
4-15
4. Freistrahl eines Gases
Mit dem Programmpaket FRED wurden auch in einer Verffentlichung des DVGW [4.11] die
explosionsgefhrdeten Bereiche an Ausblaseffnungen von Leitungen zur Atmosphre an
Gasanlagen berechnet.
Birch u.a. [4.12] haben senkrechte Freistrahle in ruhender Umgebung vermessen. Es wurden
die folgenden Randbedingungen angegeben:
Gas: Erdgas
Molare Masse: 17,32 g/mol
k 1,35
Durchmesser 2,7 mm
Druck Fall 1 1,14 barabs
Druck Fall 2 3,5 barabs
Ausflussziffer 0,85
4-16
4. Freistrahl eines Gases
Fr die Berechnungen knnen bei der Unterschallstrmung des Testfalls 1 die Modelle von
Rodi und Schatzmann eingesetzt werden. Die Berechnung der berschallstrmung (Testfall 2)
kann aufgrund der Einschrnkung des Gltigkeitsbereiches des empirischen Modells nur noch
mit dem Modell von Schatzmann durchgefhrt werden. In den folgenden beiden Bildern 4.5
und 4.6 sind die gemessenen Konzentrationen (Volumenanteile) der Freistrahle fr die beiden
Flle im Vergleich zu den Berechnungen dargestellt.
4-17
4. Freistrahl eines Gases
Keagy und Weller [4.13] haben senkrechte Freistrahle mit Stickstoff, Kohlendioxid und Helium
in ruhender Umgebung unter folgenden Randbedingungen vermessen:
In den folgenden Bildern 4.7 bis 4.9 sind die Konzentrationen der Freistrahle fr die drei Stoffe
dargestellt. Bei Helium und Stickstoff knnen die Modelle von Rodi und Schatzmann eingesetzt
werden. Kohlendioxid hat eine etwas grere Dichte als Luft und daher kann das empirische
Modell hier nicht angewendet werden.
Beim Helium Freistrahl berschtzt das Modell von Rodi die Konzentration deutlich, whrend
beim Stickstoff-Strahl eine gute bereinstimmung erzielt wird. Daraus kann geschlossen wer-
den, dass das Modell eher fr dichteneutrale Gase eingesetzt werden sollte, aber immer eine
konservative Abschtzung ergibt. Die Ergebnisse des Integralmodells von Schatzmann ergibt in
allen drei Fllen eine gute bereinstimmung.
4-18
4. Freistrahl eines Gases
4-19
4. Freistrahl eines Gases
Fink [4.14] hat einen waagerechten Luft-Strahl in eine turbulente Luftstrmung gleicher Rich-
tung strmen lassen, wobei der Turbulenzgrad der Auenstrmung variiert worden ist. Es wur-
de die Geschwindigkeit des Freistrahls in Abhngigkeit von der Strmungslnge gemessen.
Gas: Luft
Windgeschwindigkeit U: 7 m/s
Verhltnis Austrittsgeschwindigkeit V zu Windgeschwindigkeit U 3,1
Turbulenzgrad der Auenstrmung 1 % und 4 %
Durchmesser 6 mm
4-20
4. Freistrahl eines Gases
Da es sich bei diesem Testfall um einen waagerechten Freistrahl in eine parallele Auenstrmung
handelt, knnen die empirischen Modelle von Rodi bzw. Hoehne und Luce nicht eingesetzt
werden. Im Bild 4.10 sind die Messungen der Geschwindigkeit auf der Freistrahlmittellinie fr
zwei Turbulenzgrade der Auenstrmung im Vergleich zu Berechnungen mit dem Schatzmann
Modell dargestellt. Die Berechnungen liefern im Vergleich zu den Messungen eher konservative
Ergebnisse. Da im Schatzmann Modell die Turbulenz der Ausenstrmung nicht bercksichtigt
wird, wird im Vergleich zu den Messungen mit grerem Turbulenzgrad eine zu geringe Einmi-
schung von Luft in den Strahl und damit eine geringere Geschwindigkeitsabnahme berechnet.
Bei der Verwendung der Eintrainment Funktion von Teixeira-Miranda ist die Einmischung in den
Strahl zu gering. In den bisher durchgefhrten Berechnungen ergaben sich vernachlssigbare
Unterschiede zwischen den beiden Entrainment-Modellen. Im vorliegenden Fall ist der Schatz-
mann-Ansatz vorzuziehen und wird daher auch fr die weiteren Berechnungen verwendet.
Hoehne und Luce [4.3] haben senkrechte Freistrahle mit Seitenwind fr verschiedene Kohlen
wasserstoffe vermessen. Das Verhltnis der Austrittsgeschwindigkeit zu Windgeschwindigkeit
wurde hierbei in einem weiten Bereich variiert, wobei die Austrittsgeschwindigkeit maximal die
Schallgeschwindigkeit erreicht hat. Fr Butan und Methan werden im Folgenden Vergleichs-
rechnungen durchgefhrt.
4-21
4. Freistrahl eines Gases
Gas: Butan
Molare Masse: 58.12 g/mol
Verhltnis Austrittsgeschwindigkeit V zur Windgeschwindigkeit U 24,3
Durchmesser 3,18 mm
Gastemperaturen (Cold Jet, fr T0 < 366 K) 2 C 22C
Dichteverhltnisse zur Umgebungsluft 2.02 2.15
Im Bild 4.11 ist der Verlauf der Strahlmittellinie und im darauf folgenden Bild 4.12 die Konzen
trationsverteilung (Volumenanteil) der maximalen Freistrahlkonzentration fr das empirische
Modell von Hoehne / Luce und fr das Integralmodell von Schatzmann dargestellt.
Das Modell von Hoehne / Luce zeigt erwartungsgem eine gute bereinstimmung mit
den Messungen, das es an diese angepasst worden ist. Es ist aber festzustellen, dass die
Freistrahlhhe berschtzt wird, was im Zusammenhang mit einer impulsfreien Ausbreitungs-
berechnung fr toxische Gase keine konservative Abschtzung ist. Das Integralmodell von
Schatzmann ergibt eher konservative Eregebnisse mit etwas zu groen Konzentrationen und
einer geringeren berhhung.
4-22
4. Freistrahl eines Gases
4-23
4. Freistrahl eines Gases
Fr Methan sind von Hoehne und Luce nur die normierten Messergebnisse c* ber s* und y*
ber s* aus mehreren Messreihen verffentlicht worden. In den Messreihen wurden das Ver-
hltnis Austrittsgeschwindigkeit zu Windgeschwindigkeit, die Gastemperatur, der Durchmesser
der Dse und die Gastemperatur variiert (siehe folgenden Tabelle).
Gas: Methan
Molare Masse: 16,04 g/mol
Verhltnis Austrittsgeschwindigkeit V zu Windgeschwindigkeit U 13 71
Durchmesser 3,18 mm
Gastemperaturen (Cold Jet, fr T0 < 366 K) -14 C 17C
Dichteverhltnisse zur Umgebungsluft 0,56 0,62
Fr die in der Tabelle aufgefhrten Berechnungsparameter, die sich in den gemessenene Be-
reichen befinden, sind die in den folgenden beiden Bildern 4.13 und 4.14 dargestellten Berech-
nungen durchgefhrt worden. Hierbei wurde festgestellt, dass auch bei den Berechnungen mit
dem Modell von Schatzmann mit unterschiedlichem Verhltnisen der Austrittsgeschwindigkeit
zur Windgeschwindigkeit aufgrund der normierten Auftragung die Berechnungsergebnisse zu-
sammenfallen.
4-24
4. Freistrahl eines Gases
Bild 4.14: Verlauf der Konzentration auf der Strahlmittellinie beim senkrechten Methan Freistrahl
4-25
4. Freistrahl eines Gases
Bei dem Freistrahl mit einem leichten Gas wird der Verlauf der Strahlmittellinie beim empiri-
schen Modell von von Hoehne / Luce besser getroffen als bei Butan. Das Schatzmann Modell
liefert wieder etwas zu geringe Hhen im Vergleich zu den Messungen. Whrdend beim Butan
Freistrahl das Schatzmann Modell ber die gesamte Freistrahllnge zu hohe Konzentrationen
berechnet hat, liegt bei Methan fr grere Entfernungen eine gute bereinstimmung mit dem
Messungen vor.
Donat [4.15] hat Freistrahle mit Seitenwind fr verschiedene Gasgemische, die schwerer als
Luft sind, vermessen. Hierbei wurden unter Anderem die Dichte der Gase und der Austrittswin-
kel variiert. Durch den Einbau von Rauhigkeitselementen in den Windkanal wurden drei Grenz-
schichtstrmungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeitsprofilen erzeugt. Die Geschwindig-
keitsprofile wurden an das Potenzgesetz angepasst:
(4.35)
Die Experimente 1 und 2 wurden mit Kohlendioxid unter den in der folgenden Tabelle aufge-
fhrten Randbedingungen durchgefhrt. Es wurden Konzentrationsprofile und der Konzentra-
tionverlauf in Bodennhe in einer Hhe von 5,8 mm gemessen.
Gas: Kohlendioxid
Molare Masse: 44,01 g/mol
Austrittshhe hs 70 mm
Durchmesser 5,8 mm
Austrittsgeschwindigkeit 4,38 m/s
Windgeschwindigkeit an der Austrittsstelle u(hs) 0,84 m/s
Gasdichte 1,88 kg/m
Dichte der Luft 1,20 kg/m
Verhltnis Gasdichte zur Luftdichte 1,56
Exponent des Geschwindigkeitsprofils n
Experiment 1: 0.16
Experiment 2: 0,28
Austrittsrichtung 90 (senkrecht)
4-26
4. Freistrahl eines Gases
In den Bildern 4.15 und 4.16 sind die gemessenen Verlufe der Freistrahlmittellinie und der
Konzentration (Volumenanteil) im Vergleich zum Schatzmann-Modell dargestellt. Das Modell
berechnet wie auch schon im Testfall Hoehne / Luce eine zu geringe Steighhe des Freistrahls.
Nach Erreichen der maximalen Steighhe fllt der Freistrahl in Richtung Boden. Dies ist darauf
zurckzufhren, dass in diesem Modell die Auenturbulenz nicht bercksichtigt wird und bei
den in diesem Fall vorliegenden geringen Geschwindigkeitsdifferenzen kaum noch eine Ver-
dnnung des Freistrahls stattfindet. Der Aufschlagpunkt auf den Boden liegt in der Nhe der
Messwerte, aber die Konzentration ist um ein vielfaches zu hoch.
4-27
4. Freistrahl eines Gases
Bild 4.16: Verlauf der Konzentration auf der Strahlmittellinie beim senkrechten CO2 Freistrahl
In der folgenden Tabelle sind die Messungen von Donat im Vergleich zu den Berechnungen
mit dem empirischen Modell von Hoot, Meroney und Perterka (HMP) eingetragen. Das Modell
berechnet eine etwas zu geringe maximale Steighhe und eine etwas zu groe Entfernung des
Maximums vom Freisetzungsort. Gravierender ist aber die zu hohe Konzentration im Scheitel-
punkt der Freistrahlmittellinie.
Tabelle 4.1: Vergleich der Berechnungen mit den Experimenten von Donat
4-28
4. Freistrahl eines Gases
4.2. Literatur
[4.1] VDI-Richtlinie 3783 Blatt 1; Ausbreitung von strfallbedingten Freisetzungen Sicherheitsanalyse,
Beuth Verlag GmbH
[4.2] Chen, C.J. and Rodi, W.: Vertical turbulent buoyant jets a review of experimental data.
The Science and Applications of Heat and Mass Transfer; Pergamon Press; Vol.4, (1980)
[4.3] V.O. Hoehne, R.C. Luce: The Effects of Velocity, Temperature and Molecular Weight on
Flammability Limits in Wind-Blown Jets of Hydrocarbon gases. 35th Midyear Meeting of the
American Petroleum Institutes Division of Refining. Vol. 50, 1057-1081 (1970).
[4.4] Hoot, G.T.; Meroney, R.N.; Peterka, J.A.. Wind tunnel tests of negatively buoyant plumes.
Meteorology Laboratory - EPA-650/3-74-003. (1973)
[4.5] Briggs, G.A.; Plume Rise. TID 25075, Clearinghouse of fedaral Scientific and Technical
Information, Springfield, Virginia (1969)
[4.6] M. Schatzmann; Auftriebsstrahlen in natrlichen Strmungen Entwicklung eines mathe
matischen Modells; Dissertation Uni. Karlsruhe, (1976)
[4.7] M. Schatzmann; An Integral Model of Plume Rise; Atmospheric Environment Vol. 13,
721-731(1979)
[4.8] M. Schatzmann; Ausbreitung von Propangas - Freistrahlen aus innenliegenden 1-Sicherheits-
ventilen von Behltern nach DIN 4680 / 4681; Gutachten im Auftrag des DVFG; (1990)
[4.9] Userguide AEROPLUME, HGSystem, www.hgsystem.com/user_guide/aeroplum.html
[4.10] Havens, J.; Spicer, T. TECJET: An Atmospheric Dispersion Model. Risk Analysis 10, Nr. 3,
459-460.
[4.11] DVGW Hinweis G 442, Explosionsgefhrdete Bereiche an Ausblaseffnungen von Leitungen
zur Atmosphre an Gasanlagen, (2006).
[4.12] A.D. Birch D.R. Brown, M.G. Dodson, F. Swaffield: The structure an conzentration Decay of
High Pressure Jets of Natural Gas. In: Combustion Science and Technology 36, 249-261,
(1984)
[4.13] Keagy, W.R., Weller, A.E.: A Study of Freely Expanding Inhomogeneos Jets. In: Heat Transfer
and Fluid Mech. Inst., Vol 2, 89-98, (1949)
[4.14] L. Fink: Der axialsymmetrische Strahl in einer turbulenten Grundstrmung. Sonderforschungs-
bereich 80 Ausbreitungs- und Transportvorgnge in Strmungen, Universitt Karlsruhe,
Bericht: SFB 80/ET/21, (1974).
[4.15] Donat, J.: Windkanalexperimente zur Ausbreitung von Schwergasstrahlen. Dissertation
Universitt Hamburg (1996).
[4.16] CPR 14E; Methods for calculation of physical effects (Yellow Book);
Committee for the Prevention of Disasters, The Hague (2005)
[4.17] Teixeira, M. Miranda, P.: On the Entrainment Assumption in Schatzmanns Integral Plume
Model. Applied Scientific Research 57. 15-42 (1997)
[4.18] Schatzmann, M.: persnliche Mitteilung
[4.19] Giesbrecht, H., Seifert, H., Leuckel, W.: Dispersion of vertical free jets. Heavy Gas and Risk
Assessment II, (Herausgeber: Hartwig, S.), 103-106 (1983)
4-29
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
In diesem Beitrag soll die Entspannungsverdampfung und das Verdunsten und Ausregnen von
Trpfchen betrachtet werden (Punkte 5.3 und 5.4).
Bei Leckagen von Flssigkeiten wird unterschieden, ob die Flssigkeit unterkhlt oder berhitzt
ist. Beide Zustnde unterscheiden sich wie folgt:
berhitzt: Temperatur der Flssigkeit > Siedetemperatur bei Umgebungsdruck
unterkhlt: Temperatur der Flssigkeit < Siedetemperatur bei Umgebungsdruck
Bei unterkhlten Flssigkeiten zerfllt der Strahl durch aerodynamische Krfte nach einer
gewissen Strecke in Tropfen. Aus diesen Tropfen verdunstet Flssigkeit in die Umgebung. Die
Tropfen khlen ab. Das Dampf/Luft-Gemisch hat eine Mischtemperatur, die von der momentanen
Flssigkeitstemperatur, der Verdampfungsenthalpie und der Menge der eingesaugten Luft
abhngt.
Es ergibt sich eine Flugbahn des Strahls und der Tropfen, die unterschiedlich sein knnen. In
Abhngigkeit von der Hhe der Leckstelle ber dem Boden, der Austrittsrichtung, dem Stoff
und der Tropfengre knnen Tropfen verdunsten, bevor sie auf den Boden auftreffen. Tropfen,
die auf den Boden auftreffen, bilden eine Lache, aus der zeitlich verzgert ein weiterer Anteil
verdunstet. Bei diesen Vorgngen entstehen Tropfen unterschiedlicher Gre, die sich in der
Flugbahn und dem Ausma der Verdunstung unterscheiden.
5-1
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Dadurch verdunstet ein grerer Anteil als bei wenig berhitzten Flssigkeiten. Zusammen mit
dem Anteil, der bei der Entspannung verdampft, gibt es einen greren luftgetragenen Quell-
strom. Das Ausregnen von Tropfen ist geringer oder findet gar nicht statt.
5.2. Experimente
Es gibt viele Versuche zur Zerstubung von Flssigkeiten. Die berwiegende Mehrzahl be-
schftigt sich mit Zerstubungsvorgngen in Apparaten, hufig im Zusammenhang mit Diese-
leinspritzung und Verbrennungsprozessen. Die Anzahl der Versuche, die sich mit Leckagen von
Flssigkeiten im Freien und dem Ausregnen befassen, ist gering. Folgende Versuche sollen zur
Illustration und Validierung vorgestellt werden:
Ecole Nationale Superieure des Mines St. Etienne (ENSM-SE) 2005: Wasser, Butan
JIP: Cardiff University / INERIS 2005 ff: Wasser, Cyclohexan, Benzin, Butan, Propan
5-2
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
berhitzung: Differenz zwischen Temperatur der Flssigkeit und Siedetemperatur bei Umgebungsdruck
Die Daten sind aus [5.1] entnommen. Die Flssigkeit wurde unter Stickstoffdruck gehalten und
die Leitung vom Behlter zur Dse so kurz wie mglich ausgefhrt, um Sieden zu vermeiden.
Die Flssigkeit wurde waagrecht in einer Hhe von 1,22m freigesetzt. Der Durchmesser der
Dse betrug typisch 6,35mm, bei einzelnen Versuchsreihen auch 3,2mm und 12,7mm. Es
wurde der Massenstrom aus der Dse bestimmt. Durch Auffangen der Flssigkeit in Wannen
wurde eine Auffangrate pro Experiment ermittelt. Dabei wurde nicht nach dem Ort des Auf-
treffens unterschieden. Bei den Versuchen mit Wasser und CFCl3 wurden in separaten Experi-
menten Tropfengrenverteilungen bestimmt. Eine Auswertung der Tropfengrenverteilung in
Bezug auf das Ausregnen wurde nicht durchgefhrt. Der experimentell beobachtete Anteil an
ausgeregneter Flssigkeit (Capture Efficiency), aufgetragen ber der berhitzung (Liquid
Superheat), ist in Abb5.1 abgebildet. Der ausgeregnete Anteil nimmt ab mit zunehmender
berhitzung. Das Ausma des Ausregnens hngt in der gewhlten Darstellung vom jeweiligen
Stoff ab.
5-3
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Die Versuchseinrichtung bestand aus einem Vorratsgef, das 8,8l Propan (99,5% Propan,
0,5% Butan) unter Sttigungsdruck enthielt. Das Propan wurde ber eine senkrecht nach unten
gerichtete Leitung (Lnge 0,66m, Durchmesser 12mm) in einen 2,5m3 groen, evakuierten
Expansionsbehlter entspannt. Die Gre war so bemessen, da der Druck im Expansionsbe-
5-4
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
hlter nicht ber 1barabs anstieg. An einem Paar von 200mm langen Fenstern am Eintritt der
Leitung in den Expansionsbehlter wurde der Strahl mit einer Hochgeschwindigkeitskamera
(100Bilder/s) aufgenommen und die Teilchengeschwindigkeit und grenverteilung mit einem
Phase Doppler Particle Analyzer (PDPA) gemessen.
Druck [bar] 5 11 17
Siedetemperatur [C] 1 1,86 30,93 49,77
berhitzung [K] 1 44,17 73,24 92,08
Dsendurchmesser [mm] 2/5/8
1 berechnet aus Dampfdruckkurve, Siedetemperatur bei 1bar abs 42,31C
Die Gren wurden auf der Strahlachse in einem Abstand von 30, 60 und 95mm von der Dse
gemessen. Messungen mit greren Dsendurchmessern, bei hohen Drcken und nahe an der
Dse waren sehr schwierig und teilweise unmglich wegen der hohen Tropfenkonzentration.
Mit dem Dsendurchmesser 8mm wurden nur bei 5bar und 95mm Abstand 1 Parameter-
satz von 9 - gute Ergebnisse erhalten. Die Parameter sind in den Tabellen 1 3 zusammenge-
fat.
p1 [bar] 5 11 17
x [mm] 30 60 95 30 60 95 30 60 95
Vm [m/s] 41,85 25,87 17,25 34,39 16,15 25,36 - 23,52 24,24
D32 [m] 49,5 38,5 35,8 - 30,2 25,2 - 26,6 23,7
D10 [m] 34,8 26,7 24,6 - 23,7 16,4 - 18,8 17,1
Events/s 1697 8134 7415 3715 2076 15940 - 2532 5092
Valid [%] 69 89 93 100 84 85 - 88 84
HV [V] 310 300 310 350 300 320 - 300 315
p1 [bar] 5 11 17
x [mm] 30 60 95 30 60 95 30 60 95
Vm [m/s] 36,71 35,81 29,03 31,91 26,02 31,84 - - 24,51
D32 [m] - 48,5 52,8 - 312 27,0 - - 29,8
D10 [m] - 37,4 41,7 - 25,0 18,5 - - 22,5
Events/s 1355 273 1007 162 271 3505 - - 2101
Valid [%] 25 77 59 99 75 71 - - 78
HV [V] 350 290 310 350 300 320 - - 300
5-5
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Tab. 5.5: STEP - Messungen neben der Achse, Dse 2mm, Druck 11bar
x [mm] 60 95
R [mm] 0 9 14 0 10 20
Vm [m/s] 26,15 30,92 20,00 25,36 30,15 18,45
D32 [m] 30,2 28,6 24,7 25,2 24,9 23,8
D10 [m] 23,7 22,2 17,6 16,4 15,9 14,1
Events/s 2076 5982 12804 15940 55904 23582
Valid [%] 84 87 91 85 84 88
5-6
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Mit steigendem Druck nimmt die Zahl der Tropfen zu wegen der strkeren Verdampfung an der
Dse. Die Geschwindigkeit nimmt zu, der Durchmesser ab. Bei grerem Durchmesser der
Dse wurde eine hhere Geschwindigkeit und ein grerer Teilchendurchmesser gefunden.
Mit zunehmender Entfernung von der Dse nehmen Tropfengre und Geschwindigkeit ab. Die
5-7
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Tropfen werden durch Verdampfung kleiner. Durch den geringeren Durchmesser stellt sich im
Gleichgewicht von Luftwiderstand und Fallbeschleunigung eine geringe Geschwindigkeit ein.
Mit dem radialem Abstand von der Strahlachse nehmen Geschwindigkeit und Tropfengre
ebenfalls ab. Der kleinere Wert der Geschwindigkeit in Tab.5 bei X=60mm, R=0mm ist auf
eine Beeinflussung der Messung zurckzufhren.
Die Hhe der Austrittsffnung ber dem Boden war 1,5m. Die Flssigkeit wurde in
12 Wannen aufgefangen, die in einer Entfernung bis 10m von der Dse angeordnet
waren. Es wurden Temperaturen von 40C bis 180C und Drcke von 1bar bis 13bar
eingestellt. Mit dieser Apparatur wurde das Ausregnen der Flssigkeit bestimmt.
Bei INERIS wurde mit einer Kugel mit 2m3 Volumen und einem Laser-Doppler-Ane-
mometer (PLDA) fr die Tropfen die Verteilungen der Gren und der Geschwindigkeit
bestimmt. Dabei kamen dieselben Dsen und Rohre zum Einsatz wie bei der Bestim-
mung des Ausregnens.
5-8
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Abb. 5.4: Strahl Typ a: Beispiel bei 110,25C, 1,8bar (Dampfdruck 1,45 bar)
Es wurde ein Flssigkeitsstrahl ohne Aufplatzen durch Dampfblasen beobachtet (nicht die gan-
ze Flssigkeit wird an einem Punkt aufgefangen, da der Strahl an den Rand eines Beckens trifft
und etwas spritzt). Je nach Druck liegt der Ort des Auftreffens zwischen 4 und 6m.
5-9
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Abb. 5.5: Strahl Typ b: Beispiel bei 110,45C, 4,8bar (Dampfdruck 1,45 bar)
Der flssige Kern des Strahls zerfllt zunehmend in Tropfen, die ausregnen. Es sind leichte
Dampfschwaden sichtbar. Das Zentrum des Auftreffens ist wegen des hheren Drucks und der
hheren Austrittsgeschwindigkeit weiter von der Dse entfernt als bei Typ a. Der Strahl khlt
um 50 85K ab (Temperaturen 25 60C). Der bergang von Typ a zu Typ b erfolgt flieend.
Typ b scheint typisch zu sein fr den Zerfall durch Impulsaustausch mit der Umgebungsluft.
5-10
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Abb. 5.6: Strahl Typ c: Beispiel bei 170,45C, 8,2bar (Dampfdruck 8,01 bar)
Es ist kein flssiger Kern mehr zu sehen. Der Strahl zerfllt sofort beim Austritt in sehr feine
Tropfen. Der Strahl sieht aus wie Nebel mit feinem Nieselregen darunter.
Type c scheint typisch fr thermischen Zerfall. Ein mechanischer Zerfall kann nicht mehr auftre-
ten, da die Tropfen so klein sind, da sie mechanisch stabil sind.
Bei Typ b und c sind die Flugbahnen der Tropfen und des Strahls unterschiedlich.
5-11
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Beim bergang von Typ a oder Typ b nach Typ c gibt es eine Unstetigkeit, die im folgenden
Diagramm durch senkrechte unterbrochene Striche gekennzeichnet ist. Diese macht sich bei
der ausgeregneten Masse nicht bemerkbar, aber bei der Entfernung, in der die Tropfen auftreffen.
Der ausgeregnete Anteil fllt mit steigender Temperatur im Reservoir ab. Der Einflu des
Vordrucks ist gering. Der verdampfte Anteil ist grer als bei einer reinen Entspannungs
verdampfung.
Bei einer Auftragung der Wachstumsrate einer Blase ber der Weber-Zahl existieren die ver-
schiedenen Strahltypen in unterschiedlichen Gebieten.
(5.1)
5-12
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
(5.2)
; blicherweise (5.3)
Die Weber-Zahl enthlt das Verhltnis von Impulsaustausch zur Oberflchenspannung. Anmer-
kung: Die bliche Definition der Weber-Zahl ist ohne den Faktor 2 im Nenner.
Demnach existieren stabile Flssigkeitsstrahlen (Typ a) bis zu einer Weber-Zahl von 7. Bei
We>9 zerfallen die Strahlen in grerem Abstand von der Dse (Typb).
5-13
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Bei C> 0,088 (T0 TS > 40K) zerfallen die Strahlen unmittelbar an der Dse. Diese Ergebnisse
unterscheiden sich etwas von Brown und York [5.6], bei denen ein Zerfall zwischen We = 8 und
24 auftritt.
Die Tropfengrenverteilungen haben eine hnliche Form wie bei den STEP-Experimenten mit
Propan, allerdings sind die Tropfen grer.
Es fand sich eine kleine Anzahl (ca. 5%) von Tropfen, die grer als 200m war. In den gre-
ren Tropfen kann aber 80% der gesamten Masse enthalten sein. Daher wurden die Verteilungs-
funktionen gewichtet mit der Masse dargestellt.
5-14
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Abb. 5.10: Ecole des Mines St. Etienne: Wasser Tropfengrenverteilung nach Masse
Damit ergeben sich drei Maxima der Verteilungen bei etwa 250m, 450m und 600m.
Das beobachtete Ausregnen kann mit Tropfen <200m nicht erklrt werden, da diese mit dem
Strahl mitgerissen werden. Tropfen in einer Grenordnung von 500m haben eine Flugbahn,
die sich mit den Beobachtungen des Ausregnens deckt.
Die Versuche wurden mit Butan aus Druckflaschen unter Sttigungsbedingungen bei 24C und
2bar durchfhrt. Die Flssigkeit wurde zum einen durch eine kurze Dse mit 5mm Durchmesser
oder durch ein Rohr mit 1,65mm Innendurchmesser und 100mm Lnge entspannt.
Die mittleren Sauter-Durchmesser liegen zwischen 50m und 130m. Mit zunehmendem
Abstand von der Austrittsstelle wird der mittlere Durchmesser grer. Bei kleineren Tropfen ist
5-15
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
die Oberflche im Verhltnis zur Masse grer, was die Verdunstung begnstigt. Eine mgliche
Erklrung ist, da die kleineren Tropfen schneller lngs des Weges verdunsten und grere
Tropfen brigbleiben.
Bei INERIS wurden Experimente mit Butan in einem greren Mastab durchgefhrt.
bergangsbereich
verdampfend
5-16
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Jakob-Zahl (5.8)
(5.9)
Rel0 und Wel0 werden mit den Bedingungen in der Dse gebildet. Alle Stoffwerte werden mit
der Dsentemperatur T0 ermittelt. Der Index Wasser,N bezieht sich auf Wasser bei Normbe-
dingungen (0C 1,013barabs). Die Werte von L/d0 werden wie folgt begrenzt:
Fr L/d0 < 0,1 gilt L/d0 = 0,1, fr L/d0 > 50 gilt L/d0 = 50.
bergangsbereich:
Am Ende des bergangsbereichs (Punkt B) betrgt der Durchmesser 80m. Aus den Formeln
5.4 und 5.5 wird die berhitzung bzw. die Ruhetemperatur fr die Punkte A und B berechnet.
Die Tropfengre wird zwischen beiden Punkten linear interpoliert.
5-17
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
verdampfend:
Der Tropfendurchmesser verringert sich mit wachsender berhitzung mit 0,1m/K, bis ein
Durchmesser von 10m erreicht ist. Dieser Wert wird als Mindestwert konstant gehalten.
5.4.4. Zusammenfassung
Fr verdampfende Freistrahlen wurde das Ausregnen von Flssigkeit fr Wasser, CFCl3, Chlor,
Monomethylamin und Cyclohexan experimentell untersucht.
Tropfengrenverteilungen wurden fr Propan, Butan und Wasser gemessen. Mit Ausnahme
der Messungen im Rahmen von JIP mit Wasser wurde nicht versucht, eine Verteilungsfunktion
anzupassen.
Messungen des Ausregnens und der Tropfengrenverteilung unter vergleichbaren Bedingun-
gen wurden nur an der ENSM mit Wasser durchgefhrt.
5-18
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Im folgenden werden einige einfache Modelle vorgestellt, die mit geringem Aufwand berechnet
werden knnen.
Fauske
(5.10)
Bei der Flashverdampfung knnen Flssigkeitstrpfchen mitgerissen werden, die bei kleinen
Trpfchendurchmessern als Aerosol ohne merkliche Sinkgeschwindigkeit dispergiert bleiben
und/oder rasch verdampfen bzw. verdunsten und sich somit ebenfalls luftgetragen ausbreiten
knnen. Dieser nicht zum Boden absinkende Aerosolanteil kann durch einen Zuschlag auf den
Flash-Anteil bercksichtigt werden. Fr die durch Flash- und Aerosolfreisetzung insgesamt luft-
getragen emittierte Masse ergibt sich damit:
(5.11)
5-19
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Das Modell beruht auf Betrachtungen, welche Vorgnge die Verdampfung limitieren. Folgende
Vorgnge werden betrachtet:
Wrmetransport im Tropfen
(5.12)
(5.13)
(5.14)
(5.15)
(5.16)
5-20
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Bei den nicht flchtigen Freisetzungen (Abb.5.12 oben) fllt auf, da sich die Steigung fr Wasser und fr
Cyclohexan unterscheiden. Dies legt den Schlu nahe, da bei dem Modell bestimmte Einflugren, z.B.
Stoffdaten, nicht erfat werden. Bei den flchtigen Freisetzungen (Abb.5.12 unten) ist die Anpassung gut
mit Ausnahme einer Mereihe fr Monomethylamin.
5-21
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Ein Vergleich des Modells mit den Mewerten zeigt, da fr Wasser und Cyclohexan das Aus-
regnen gut wiedergegeben wird, wenn auch die Steigung der Kurve zu flach ist (Abb.5.12).
Fr Chlor ergibt das Modell sehr gute Ergebnisse. Fr Monomethylamin und CFCl3 wird zu
geringes Ausregnen vorhergesagt. Der Verlauf der Ergebnisse in Abhngigkeit von der ber
hitzung ist anders als die Mewerte.
5-22
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
5.5.3.1. Modellbeschreibung
Da in den Experimenten eine kurze Dse benutzt wurde, wird angenommen, da die Strmung
metastabil ist. Die Massenstromdichte G wird wie folgt berechnet:
(5.17)
Daraus berechnet sich die Strahlgeschwindigkeit uj (diese Umrechnung ist nicht im Artikel auf-
gefhrt):
(5.18)
Nach Verlassen der Dse zerfllt der Strahl durch Luftwiderstand und durch Verdampfung. Un-
ter der Annahme, da der Zerfall durch Luftwiderstand hervorgerufen wird, kann die Erosions-
geschwindigkeit (erosion velocity) nach Epstein und Fauske (1989) abgeschtzt werden:
(5.19)
ue m/s Erosionsgeschwindigkeit
(5.20)
Es ergibt sich nherungsweise folgende Lnge, bis der Strahl zerfallen ist:
(5.21)
Ein vollstndiger Zerfall des Strahls ist mglich, bevor der Strahl auf die Oberflche trifft, falls:
(5.22)
5-23
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
(5.23)
(5.24)
Eine zustzliche Verdunstung der Flssigkeitstropfen fhrt zu einer weiteren Abkhlung. Die
Flssigkeit khlt sich ab, bis die Wrme, die von der eingesaugten Luft eingebracht wird, der
durch Verdunstung abgefhrten Wrme entspricht. Eine Randbedingung ist die Sttigungsbela-
dung der Luft gem dem Dampfdruck bei der vorliegenden Flssigkeitstemperatur. Die Khl-
grenztemperatur wird iterativ bestimmt.
(5.25)
(5.26)
5-24
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
5-25
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Die obere Grenze wird gegeben durch einen Tropfen, der in einem waagrechten Wurf mit einer
Anfangsgeschwindigkeit durch die Umgebungsluft fllt. Fr diesen Tropfen werden durch Inte-
gration der differentiellen Erhaltungsgleichungen fr Masse, Energie und Impuls die Flugbahn,
die Abkhlung und die Verdunstung berechnet. Die Tropfengre wird vorgegeben oder aus
einer kritischen Weber-Zahl von 12 berechnet.
Die untere Grenze wird durch einen Tropfen berechnet, der sich in einem horizontalen Freistrahl
befindet. Die Flssigkeit macht eine adiabate Entspannungsverdampfung durch und der Strahl
weitet sich auf. Das Strahlmodell besteht aus einer Massenbilanz, einer Energiebilanz und einer
Impulsbilanz in horizontaler Richtung. Eine Bewegung in der Senkrechten wird nicht betrachtet.
Weiter wird angenommen, da es keine Relativbewegung der Tropfen zur Gasphase im Strahl
gibt und die Temperatur, Dichte und andere Gren ber dem Strahlradius konstant sind. Die
Gleichungen sind beschrnkt auf die Freisetzung von einem Reinstoff.
Massenbilanz
Massenbilanz um einen verdunstenden Tropfen:
(5.27)
Mit der Annahme, da der Tropfen kugelfrmig ist und die verdunstende Masse durch die Gas-
phase diffundieren mu, kann Gl. 1 angenhert werden durch:
(5.28)
5-26
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
(5.30)
Im Modell wird a=2 und b=0,6 gesetzt. Wenn sich der Tropfen nicht relativ zum umgebenden
Medium bewegt, ist Re=0 und Sh=2. Dies ist der Fall fr einen Tropfen, der vom Strahl getra-
gen wird. Einsetzen von Gl. 1 und 2 ergibt die Massenbilanz fr den Tropfen:
(5.31)
Energiebilanz:
Unter der Annahme, da keine kinetische Energie in Wrme verwandelt wird, ist die nderung
der Enthalpie eines Tropfens gleich der Wrmeverluste durch Konvektion, durch Verdunstung
und durch Strahlung. Unter der Annahme, da die Verlust durch Strahlung vernachlssigbar
klein sind, ergibt sich:
(5.32)
5-27
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
(5.33)
(5.34)
Einsetzen von TT statt T in Gl. 5.27 und 5.28 in Verbindung mit Gl. 5.26 ergibt:
(5.35)
(5.36)
Die Nusselt-Zahl kann wegen der Analogie von Wrme- und Stoffbergang in der gleichen
empirischen Form berechnet werden:
(5.37)
Im Modell wird a=2 und b=0,6 gesetzt. Fr den Fall, da sich der Tropfen nicht bewegt relativ
zum Medium, das ihn umgibt, ist Re=0 und Nu=2. Die Auswirkung des Stefan-Flusses auf
die Nusselt-Zahl wurde durch folgende Gleichung bercksichtigt:
(5.38)
mit: (5.39)
(5.40)
5-28
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
(5.41)
mit: (5.42)
und: (5.43)
(5.44)
Nach mehreren Umformungen erhlt man folgenden Ausdruck fr die Impulsbilanz in x-Richtung:
(5.45)
(5.46)
mit:
(5.47)
(5.48)
(5.49)
(5.50)
5-29
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
(5.51)
(5.52)
(5.53)
Energiebilanz:
(5.54)
(5.55)
(5.56)
(5.57)
(5.58)
(5.59)
Flssigkeit zu Beginn:
(5.60)
Flashanteil zu Beginn:
(5.61)
5-30
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
(5.62)
(5.63)
Die molare Konzentration der Bestandteile der Tropfen in der Gasphase ergibt sich aus:
(5.64)
Die verbleibenden Variablen des Strahls werden mit den brigen Gleichungen bestimmt. Die
Geschwindigkeit des Strahls ist gleich dem Impulsstrom geteilt durch die Massenstromdichte:
(5.65)
Die Dichte der Gasphase (Dampf und eingesaugte Luft) rg ergibt sich aus:
(5.66)
mit: (5.67)
(5.68)
(5.69)
5-31
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Das Modell wird mit Experimenten mit Monomethylamin verglichen (Abb.5.15). Die Experimen-
te sind in [5.22] verffentlicht.
Der Tropfendurchmesser wurde aus der angenommenen kritischen Weber-Zahl von 12 berech-
net. Fr Werte bei geringer berhitzung (6, 9, 10) befinden sich die Mewerte innerhalb der
berechneten oberen und unteren Grenze. Die Tropfengre wird hier durch aerodynamische
Krfte bestimmt, so da die mit der Weber-Zahl berechnete Tropfengre einen guten Wert er-
gibt. Bei zunehmender berhitzung (Versuche 3, 7, 8 und 2) ergibt sich ein bergang von Trop-
fenbildung durch Luftwiderstand und Verdampfung.
5-32
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
Die gemessenen Temperaturen liegen in der Regel unter den berechneten. Als Begrndung
wird angefhrt, da die Tropfen einer Grenverteilung unterliegen. Kleinere Tropfen verdun-
sten schneller und khlen schneller ab.
Auerdem khlen die Tropfen auch dann noch ab, wenn sie schon auf den Temperaturme
fhlern liegen.
5.5.5. Zusammenfassung
Eine Berechnung des Ausregnens aus zweiphasigen Freistrahlen ist mit einfachen Modellen
mglich. Gegenber dem Modell von DeVaull und King ist das Modell von Fauske zu bevorzu-
gen. Die Ergebnisse fr Reinstoffe stimmen zufriedenstellend mit Messungen berein. Bei dem
Modell von Fauske ist keine Annahme zur Tropfengre erforderlich. Das Modell ist aber fr
Gemische nur eingeschrnkt anwendbar, da die Khlgrenztemperatur von den Dampfdrcken
und der Zusammensetzung abhngt.
Das Modell von Papadourakis, Caram und Barner rechnet mit vertretbarem Aufwand die Ver-
dunstung eines frei fallenden Tropfens in Luft und eines Tropfens in einem Strahl. Mit einer ge-
eigneten Thermodynamik knnen damit auch Gemische gerechnet werden. Mit diesem Modell
kann man Berechnungen der Flugweite fr vorgegebene Tropfengren machen. Es sind nur
Parameterstudien mglich, bis zu welchem Durchmesser Tropfen vollstndig verdampfen und
welcher Anteil bei einem bestimmten Durchmesser noch ausregnet.
Mit der Korrelation der Joint Industrial Project gibt es eine Formel zur Berechnung der Trop-
fengre fr unterkhlte Strahlen, verdampfende Strahlen und den bergangsbereich dazwi-
schen, die experimentell mit verschiedenen Reinstoffen belegt ist.
Wnschenswert wren weitere Versuche, die Tropfengrenverteilungen und den Grad des
Ausregnens fr einen weiten Temperatur- und Druckbereich fr Reinstoffe und exemplarische
Gemische bestimmen.
5-33
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
5.6. Formelverzeichnis
a m2/s Temperaturleitfhigkeit der Flssigkeit
C m s-1/2 Wachstumsrate einer Blase
cpl J/(kgK) spezifische Wrmekapazitt der Flssigkeit
d m Durchmesser
D0 m Durchmesser Dse
hvl J/kg Verdampfungsenthalpie
g m/s2 Schwerebeschleunigung
G kg/(sm2) Massenstromdichte
L m Lnge
m kg Masse
mA kg Masse Aerosol
mFl kg Masse Dampf nach Enspannungsverdampfung (Flash)
m0 kg Masse im Ruhezustand
p0 Pa Ruhedruck
pat Pa Umgebungsdruck
s m Strecke
T0 K Temperatur im Ausgangszustand
TKG K Khlgrenztemperatur
TS K Siedetemperatur bei Umgebungsdruck
TU K Umgebungstemperatur
u m/s Geschwindigkeit
ue m/s Erosionsgeschwindigkeit
uS m/s Strahlgeschwindigkeit bei Umgebungsbedingungen
Wair kg/s Lufteinsaugrate
We - Weber-Zahl
xFl kg/kg Massenanteil Dampf nach adiabater Entspannung (Flash)
xv kg/kg Verdunstungsanteil
Z m Strahllnge
a m3/m3 Volumenanteil der Gasphase
ll W/(mK) Wrmeleitfhigkeit der Flssigkeit
rl kg/m3 Dichte der Flssigkeit
rv kg/m3 Dichte des Dampfs
rLuft kg/m3 Dichte der Umgebungsluft
s N/m Oberflchenspannung der Flssigkeit
F kg/kg Flashanteil
A kg/kg Aerosolanteil, bezogen auf den Flashanteil
5-34
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
5.7. Literaturverzeichnis
5.1 Review of RELEASE rainout model and the Center for Chemical Process Safety (CCPS) data
prepared by AEA Technology plc (Susan A Ramsdale, Graham A Tickle) for the Health and
Safety Executive Contract Research Report 277/2000
5.2 Hervieu, E.; Veneau, T.: Experimental determination of the droplet size and velocity distributions
at the exit of the bottom discharge pipe of a liquefied propane storage tank during a sudden
blowdown
J. Loss Prev. Process Ind., Vol. 9, No. 6, pp. 413 425, 1996
5.3 Touil, Abdellah: Modelisation des jets diphasigues liquide vapeur et du Rain-out Dissertation,
Ecole Nationale superieure des Mines Saint-Etienne 2005 n dordre: 348 CD
5.4 Adrian, J.C.; Lerible, R.; Marchand, V.; Hocquet, J.; Bigot, J.-P.: Loss of containment:
experimental aerosol rain-out assessment Loss Prevention and Safety Promotion in the
Process Industries, 10th International Symposium; Stockholm 2001; pp. 1043 1049
5.5 Touil, A.; Bigot, J.-P.; Bonnet, P.; Lacome, J.-M.; Duplantier, S.: Rainout Prediction: Inital
Droplet Diameter Experimental Determination Loss Prevention and Safety Promotion in the
Process Industries 11th International Symposium 2004, Praha, Full text 0923, pp. 3201 3209
5.6 Brown, R.; York, J.L.: Sprays formed by Flashing Liquid Jets AIChE Journal, Vol. 8, pp. 149-153
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5.7 Cleary, V.; Bowen, P.; Witlox, H.: Flashing liquid jets and two-phase droplet dispersion I.
Experiments for derivation of droplet atomisation correlations Journal of Hazardous Materials
142 (2007) pp. 786 - 796
5.8 Witlox, H.; Harper, M.; Bowen, P.; Cleary, V.: Flashing liquid jets and two-phase droplet
dispersion II. Comparison and validation of droplet size and rainout formulations
Journal of Hazardous Materials 142 (2007) pp. 797 - 809
5.9 Witlox, H.W.M.; Harper, M.; Oke, A.; Bowen, P.J.; Kay, P.; Jamois, D.; Proust, C.: Two-phase jet
releases and droplet dispersion: Scaled and large-scale experiments, droplet-size correlation
development and model validation
IChemE Symposium series No. 155, Hazards XXI (2009), pp. 615 - 623
5.10 Witlox, H.W.M.; Harper, M.; Oke, A.; Bowen, P.J.; Kay, P.: Sub-cooled and flashing liquid jets
and droplet dispersion I. Overview and model implementation/validation
J. Loss. Prev. Process Ind. Vol. 23, pp. 831 842 (2010)
5.11 Kay, P.; Bowen, P.J; Witlox, H.W.M.: Sub-cooled and flashing liquid jets and droplet dispersion
II. Scaled experiments and derivation of droplet size correlations
J. Loss. Prev. Process Ind. Vol. 23, pp. 849 856 (2010)
5.12 LIS-Bericht Nr. 115: Ermittlung des Gefhrdungspotentials ereignisbezogener Stofffreisetzungen
unter dem Aspekt der Strfall-Verordnung, Landesanstalt fr Immissionsschutz Nordrhein-
Westfalen, 1994 (zitiert im UBA-Leitfaden [5.13])
5.13 UBA-Forschungsbericht 204 09 228: Ermittlung und Berechnung von Strfallablaufszenarien
nach Magabe der 3. Strfallverwaltungsvorschrift, Oktober 1999 (TV Anlagentechnik GmbH,
TU Berlin)
5.14 VDI-Richtlinie 3783, Blatt 4 (Entwurf), VDI-Verlag, Dsseldorf
5.15 Lees: Loss Prevention in the Process Industrie, Vol. 1, 1980, ISBN 0 408 10697 2
5.16 Pischinger: Referenzszenario Ausbreitung toxischer Gase fr Zwecke der Raumordnung/
Flchenwidmung nach Artikel 12 der Seveso II-Richtlinie (Erstellt im Auftrag der Landesregie-
rungen der Bundeslnder Krnten, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien sowie der
Stadt Linz)
5-35
5. Freisetzungen aus der Flssigphase, Flashverdampfung, Aerosole
5.17 De Vaull, G.E.; King, J.A.: Similarity scaling of droplet evaporation and liquid rain-out following
the release of superheated flashing liquid to the environment
85th Annual Meeting, Air and Waste Management Assoc., Kansas 1992
5.18 Lautkaski, R.: Experimental correlations for the estimation of the rainout of flashing liquid re-
leases Revisited
J. Loss. Prev. Process Ind. Vol. 21, pp. 506 511 (2008)
5.19 Fauske, H.K. Modeling Liquid Rainout from Superheated Jet Releases
FAI Process Safety News, Fall/Winter 1997
5.20 Epstein, M., Fauske, H.K: The Three Mile Island Unit 2 Core Relocation Heat Transfer and
Mechanism
Nuclear Technology, Vol. 87, Dec. 1989, pp. 1021 1035
5.21 Papadourakis, A.; Caram, H. S.; Barner, C. L.: Upper and lower bounds of droplet evaporation
in two-phase jets
J. Loss Prev. Process Ind., Vol. 4, No. 2, pp. 93-101 (1991)
5.22 Lantzy, R.J., Myers, R.D., Pfenning, D.B., Millsap, S.B.: Atmospheric release tests of mono-
methylamine
J. Loss. Prev. Process Ind. Vol. 3, pp. 77 81 (1990)
5-36
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Liegt die Siedetemperatur der Flssigkeit oberhalb der Umgebungstemperatur, so wird sich
die Flssigkeit durch Abgabe von Wrme an die Umgebung abkhlen und es tritt ein Verdun-
stungsprozess ein. Liegt dagegen die Siedetemperatur der Flssigkeit unterhalb der Umge-
bungstemperatur, so wird es durch die Wrmezufuhr, vor allem durch den Boden, ber eine
gewisse Zeit bei gleichbleibender Flssigkeitstemperatur zu einer Verdampfung kommen.
Durch die Abkhlung des Bodens verringert sich in kurzer Zeit aber die Wrmezufuhr so stark,
dass es zu einer Unterkhlung der Flssigkeit aufgrund der Verdampfung kommt.
Bei einer Verdunstung ist der Sttigungsdampfdruck ber der Flssigkeitsoberflche geringer
als der Umgebungsdruck und der daraus resultierende Massenstrom kleiner als bei einer Ver-
dampfung. Die treibende Kraft fr die Verdunstung ist im Wesentlichen das Dampfdruckgeflle
zwischen dem Sttigungsdampfdruck an der Flssigkeitsoberflche und dem Partialdruck in
der Umgebungsluft, whrend bei der Verdampfung nur die zugefhrte Wrmemenge fr den
Massenstrom ausschlaggebend ist.
6-1
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Aus der Energiebilanz um die Flssigkeitslache lsst sich die folgende Differentialgleichung fr
die Temperaturnderung ableiten:
(6.1)
Hierbei bedeuten:
va [kg/s] Verdampfungsmassenstrom
vu [kg/s] Verdunstungsmassenstrom
m [kg] Masse der Flssigkeit in der Lache
T0 [K] Temperatur der ausstrmenden Flssigkeit
Tfl [K] Flssigkeitstemperatur
cp [J/(kg K)] Wrmekapazitt (Index 0: der austretenden Flssigkeit)
hv [J/kg] Verdampfungsenthalpie
pu [Pa] Umgebungsdruck
pA [Pa] Dampfdruck der Flssigkeit
(6.2)
Der Wrmebergangskoeffizient wird aus dem Ansatz fr eine mittlere Nusselt Zahl bei einer
lngs angestrmten ebenen Platte in Abhngigkeit von der Windgeschwindigkeit w berechnet
[6.1]:
6-2
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
(6.3)
Fr die berstrmlnge L wird bei einer runden Lache der Lachendurchmesser angesetzt.
Hierbei bedeuten:
(6.4)
Der Wrmestrom ist von der Zeitdauer abhngig, die die Flssigkeit mit dem Boden Kontakt
hat. Der Bereich, der zuerst mit der Flssigkeit Kontakt hatte, ist schon abgekhlt / erwrmt
und kann nur noch wenig Wrme austauschen, whrend der Auenbereich der sich ausbreiten-
den Lache auf einen Boden bei Umgebungstemperatur trifft.
6-3
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Es wird daher eine kreisfrmige Lache vorausgesetzt, die in Kreisringe (uerer Radius ri, innerer
Radius ri-1) unterteilt wird. Fr jeden Kreisring wird die Zeit seit der Beaufschlagung (t - t*) mit
Flssigkeit betrachtet und dementsprechend der Wrmestrom berechnet. Durch Summation
aller Kreisringe wird anschlieend der gesamte Wrmestrom zum Zeitpunkt t ermittelt:
(6.5)
Hierbei bedeuten:
6.1.3. Wrmestrahlung
Eine umfassende Bercksichtigung der Wrmebertragung durch Strahlung mssen nach
Lebuser [6.4] die folgenden Anteile beinhalten:
Sonneneinstrahlung + Hintergrundstrahlung
(6.6)
Fr die solare Einstrahlung Sonne werden an wolkenlosen Sommertagen Werte von 0,9 bis
1,4 kW/m (meistens 1 kW/m) angegeben. Die Stefan-Boltzmann-Konstante s hat einen Wert
von 5,67051*10-8 W/(m K4).
6-4
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Ist die Siedetemperatur der Flssigkeit kleiner als die Umgebungstemperatur, so ist als Lachen
temperatur am Anfang der Freisetzung die Siedetemperatur anzusetzen. Die gesamte der
Lache zugefhrte Wrme wird zur Verdampfung der Flssigkeit verwendet und die Lachen
temperatur bleibt konstant. Die oben genannte Energiebilanz vereinfacht sich dann zu
(6.7)
Der magebliche Wrmeeintrag in die Lache erfolgt durch den Boden, der aber mit der Zeit
abnimmt. Der Verdampfungsmassenstrom verringert sich damit ebenfalls. Liegt eine Luftstr-
mung vor, so wird durch Konvektion nach einer gewissen Zeit mehr Masse abtransportiert, als
durch die Verdampfung nachgeliefert werden kann. Ab diesem Zeitpunkt verringert sich die
Lachentemperatur und es tritt eine Verdunstung ein.
Kreisfrmige Lache: (6.9)
Nach dem LIS-Bericht Nr. 115 [6.7] knnen zur einfachen Abschtzung des aus einer Lache
verdunsteten Massenstroms im Rahmen von Strfallauswirkungsbetrachtungen z. B. die Be-
rechnungsgleichungen von Clancey [6.8], wie sie in Lees [6.9] angegeben sind, herangezogen
werden:
6-5
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
(6.12)
Fr die charakteristische Lnge Lc wird entweder der Durchmesser der Lache oder bei einer
rechteckigen Lache die Lnge in Windrichtung angesetzt.
Deutsch [6.11] fhrte experimentelle Untersuchungen im Windkanal und im Freien durch, die
leider nicht ausreichend dokumentiert worden sind, um als Grundlage fr Vergleichsrechnun-
gen zu dienen. Aus den Ergebnissen seiner Untersuchungen wurde ein Verdunstungsmodell
abgeleitet, das ber den Exponenten des Windgeschwindigkeitsprofils den Einfluss der Turbu-
lenz auf die Verdunstung mit bercksichtigt. Wie auch in der VDI 3783, Blatt 1 [6.12] wird davon
ausgegangen, dass das Windgeschwindigkeitsprofil als Potenzansatz
(6.13)
dargestellt werden kann. Fr die Profilexponenten m gibt Deutsch folgende Werte an:
Profilexponent m Gelndetyp
0,08 - 0,12 glatt: Eis, Schnee, Wasserflchen
0,13 - 0,18 mig rauh: Grasland, Ackerflchen
0,20 - 0,24 rauh: Waldgebiete, Vorstadt
0,28 - 0,40 sehr rauh: Innenstadtbereiche
(6.14)
6-6
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
In [6.13], Anhang 1 wird vom TV Rheinland (im Weiteren kurz als TV-Modell bezeichnet) fol-
gendes Modell zur Berechnung des Verdunstungsmassenstroms eingesetzt:
(6.15)
Meurer [6.14] schlgt fr die Berechnung des Verdunstungsmassenstroms aus einer rechtecki-
gen Lache eine Kombination aus dem Modell von Clancey [6.8] und einem Modell von Lebuser,
Schecker [6.15] vor:
(6.16)
Fr eine kreisfrmige Lache wird fr die Berechnungen mit dem Modell von Meurer davon aus-
gegangen, dass es sich um eine quadratische Lache mit gleicher Flche handelt.
Im LIS-Bericht Nr. 115 [6.7] werden fr die konservative Abschtzung des Verdunstungs
massenstroms aus einer Lache die von Brtz [6.16] aus der Analogie von Wrme- und Stoff-
transport entwickelte Zahlenwertgleichung angegeben. Der Stoffbergangskoeffizient b wird
aus der Windgeschwindigkeit berechnet, wobei bei Windstille ein minimaler Wert von 2 m/s
vorausgesetzt wird.
(6.17)
In einer neueren Verffentlichung [6.28] ist das Modell von Churchill [6.29] fr den Wrmetrans-
port bei einer ebenen Platte fr die Stofftransportproblematik angepasst worden. Der Vergleich
mit den Messwerten aus [6.17] ergab eine sehr gute bereinstimmung. Die daraus gezogene
Schlussfolgerung, dass es sich bei den Messungen um eine laminare Strmung handelt, ist fr
die herangezogenen Freilandversuche aufgrund der Turbulenz der atmosphrischen Anstrmung
nicht nachvollziehbar.
6-7
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Hierbei bedeuten:
pu [Pa] Umgebungsdruck
pA [Pa] Dampfdruck der Flssigkeit
Tfl [K] Flssigkeitstemperatur
R [kJ/(kg K)] Spezielle Gaskonstante
M [g/mol] molare Masse
u [m/s] Windgeschwindigkeit
uMM [m/Std] Windgeschwindigkeit bei Mackay / Matsugu
x [m] Lachenabmessung in Windrichtung
y [m] Lachenabmessung quer zur Windrichtung
z [m] Hhe ber den Erdboden
za [m] Anemometerhhe (10 m)
Lc [m] charakteristische Lachenabmessung in Windrichtung
d [m] Lachendurchmesser
n [m/s] kinematische Viskositt der Luft
DAB [m/s] Binrer Diffusionskoeffizient des Stoffes in Luft
b [m/s] Stoffbergangskoeffizient
6.2.2. Grenzschichtverfahren
Bisher werden fr die Abschtzung des Verdunstungsmassenstroms hauptschlich empirische
Modelle eingesetzt, die dann mit Ausbreitungsmodellen, wie z. B. der VDI-Richtlinie 3783 Blatt
1, zur Berechnung der toxischen Auswirkungen gekoppelt werden. Bei Lachen brennbarer
Flssigkeiten sind aber auch Angaben zur Gre des explosionsgefhrdeten Bereiches und zur
darin enthaltenen explosionsfhigen Masse erforderlich. Dieser Nahbereich hinter der Lache
lsst sich durch die VDI Richtlinie 3783 Blatt 1 nur ungenau berechnen bzw. Blatt 2 setzt eine
Schwergaswolke voraus. Mit dem Grenzschichtverfahren wird diese Lcke geschlossen, da der
Konzentrationsverlauf oberhalb und in Lee der Lache berechnet wird, so dass entsprechende
Aussagen getroffen werden knnen.
Zur Berechnung der Verdunstung aus einer Flssigkeitslache werden die instationren Grenz-
schichtgleichungen fr eine turbulente Strmung in folgender Formulierung gelst [6.17]:
Kontinuittsgleichung:
(6.18)
6-8
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Impulsbilanz:
(6.19)
Energiebilanz:
(6.20)
Stoffbilanz:
(6.21)
Die drei Differentialgleichungen sind ber die Geschwindigkeiten und die Dichte gekoppelt.
Da mit der Zeit immer mehr Stoff aus der Lache in die Gasphase bergeht, verndert sich auch
die Gaskonzentration in der Luft und somit die Dichte des Gasgemischs. Um dies bercksich-
tigen zu knnen, wird eine mittlere molekulare Masse des Gasgemisches ber folgende Mi-
schungsregel eingefhrt:
(6.22)
Fr die Berechnung der turbulenten Scheinzhigkeit n+ ist der Einsatz eines Turbulenzmodells
erforderlich. Da es sich um ein einfaches zweidimensionales Strmungsproblem handelt, knnen
Null- oder Eingleichungsmodelle eingesetzt werden. Fr die Lachenverdunstung hat sich das
Nullgleichungsmodell von Cebeci-Smith [6.18] als geeignet erwiesen [6.17]. Die gekoppelten
Differentialgleichungen einschlielich des Turbulenzmodells und der Energiebilanz um die Lache
werden numerisch gelst.
6-9
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Hierbei bedeuten:
Als unterer Grenzwert ist die Schichtdicke zu sehen, die sich im Gleichgewichtszustand zwi-
schen der Oberflchenspannung und den Gravitationskrften ergibt. Diese Dicke hc berechnet
sich fr eine Flssigkeit auf glatter Oberflche nach [6.19] wie folgt:
(6.25)
6-10
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Bei realen Freisetzungen auf einem Untergrund mit einer gewissen Oberflchenrauhigkeit ist
eine grere Schichtdicke anzusetzen. In [6.19] sind die in der Tabelle 6.3 dargestellten Werte
fr die minimale Schichtdicke angegeben.
Untergrund hmin
ruhiges Wasser 1,8 mm
Beton, Stein 5 mm
ebener Sand, Kies 10 mm
Farm-, Weideland 20 mm
unebener, sandiger Boden 25 mm
Hierbei bedeuten:
Bei beiden Formulierungen steigt der Lachenradius mit der Zeit an und kann beliebig gro werden.
Bei der Formulierung zur kontinuierlichen Freisetzung ist zu bercksichtigen, dass bei einem
Rckgang des Volumenstroms, z. B. durch Absinken der Fllhhe in einem auslaufenden
6-11
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Behlter, der Radius auf Null zurckgeht. Daher erscheint der Ansatz von Briscoe und Shaw
nur sinnvoll fr einen konstanten Volumenstrom, der fr eine bestimmte Auslaufdauer freigesetzt
wird. Anschlieend daran kann dann die Formulierung fr eine spontane Freisetzung verwendet
werden, wobei fr R0 der Radius am Ende der kontinuierlichen Freisetzung eingesetzt wird.
Schalau hat den Ansatz von Briscoe und Shaw fr eine spontane Freisetzung erweitert, sodass
auch die zeitliche Abhngigkeit des zugefhrten Volumenstroms bercksichtigt werden kann
[6.21], [6.22]. Hierbei wird das Flssigkeitsvolumen in der Lache aus dem zugefhrten Massen-
strom und dem verdampften/verdunsteten Massenstrom berechnet. Hierdurch erhlt man zu
jedem Zeitpunkt das Flssigkeitsvolumen, das aufgrund der Schwerkraft verteilt wird:
(6.28)
Unter der Voraussetzung, dass zum Zeitpunkt t=0 keine Lache vorhanden ist (R0=0), ergibt sich
aus der Formel von Briscoe und Shaw folgende Beziehung fr den Lachenradius:
(6.29)
Die Ausbreitung der Lache wird durch die minimale Schichtdicke begrenzt. Sobald diese er-
reicht wird, berechnet sich der Lachenradius wie folgt:
(6.30)
(6.31)
Der Winkel zwischen der Pool-Oberflche und der Senkrechten zum Boden berechnet sich
nach folgender Zahlenwertgleichung:
(6.32)
Da die Gleichung fr den Lachenradius R(t) nicht direkt lsbar ist, muss ein iteratives Lsungs-
verfahren verwendet werden.
6-12
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Webber [6.25] bercksichtigt bei der Aufstellung der Differentialgleichungen zur Berechnung
des Lachenwachstums im Gegensatz zu Briscoe und Shaw auch die Reibungskrfte infolge
der Viskositt der Flssigkeit. Webber teilt die Lachendicke in einem dynamischen und in einen
statischen Teil auf. Die Dicke des statischen Teils entspricht der minimalen Schichtdicke, wh-
rend der dynamische Anteil H fr die zeitliche nderung des Lachenradius sorgt und durch die
folgenden Gleichungen beschrieben wird:
(6.33)
Nachdem die Lache die maximale Ausdehnung bei der minimalen Schichtdicke erreicht hat
, wird der Lachenradius in Abhngigkeit von der in der Lache vorhandenen Masse, die
(6.34)
6-13
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
A [m] Lachenflche
V [m] Volumen der freigesetzten Flssigkeit
R [m] Lachenradius
R0 [m] Lachenradius zum Beginn der Freisetzung
t [s] Zeit
U [m/s] Radiale Ausbreitungsgeschwindigkeit der Lache
H [m] Mittlere Schichtdicke oberhalb der minimalen Schichtdicke
g [m/s] Erdbeschleunigung
s [-] Formfaktor
hmin [m] Minimale Schichtdicke
m [kg] Masse in der Lache
rfl [kg/m] Flssigkeitsdichte
hfl [Pa s] Dynamische Viskositt der Flssigkeit
s [N/m] Oberflchenspannung
F [m/s] Wiederstandterm
(6.35)
Der hydraulische Radius rh (durchflossene Flche / benetzter Umfang) berechnet sich wie folgt:
(6.36)
Die maximale Breite der ablaufenden Lache fr einen Volumenstrom ergibt sich dann zu
(6.37)
6-14
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Die Manning-Strickler Rauhigkeitsbeiwerte ks knnen der Literatur u.a. [6.27] entnommen werden:
Bodenart ks [m1/3 / s]
Glatt verputzter Beton 90
Stampfbeton 65
Grobe Betonauskleidung, alter Beton 50
Asphalt 70
Geschweites Blech 85
Feiner Kies 50
Grober Kies 35
Schotter 30
Erdkanle und Grben, stark bewachsen 20
Als Lachenlnge kann die Entfernung vom Freisetzungsort bis zu einem Ablauf oder einer Sam-
melrinne angenommen werden. Da sich die maximale Breite erst nach einer gewissen Str-
mungslnge einstellt, ist diese Abschtzung der Lachenflche konservativ.
[m/s] Volumenstrom
6.4. Vergleichsrechnungen
6.4.1. Empirische Verdunstungsmodelle
Habib [6.17] hat experimentelle Freilandversuche zur Lachenverdunstung von Ethanol und Cy-
lohexan durchgefhrt. Durch die natrliche Anstrmung der Lache ist hierbei von einer turbu-
lenten Strmung auszugehen, was auch durch die gemessenen Schwankungsgren der An-
strmung belegt ist. Da das Modell von Deutsch die Mglichkeit bietet die Berechnung an die
Gelndestruktur anzupassen, wird zuerst der Einfluss dieser Einstellmglichkeit im Vergleich
zu den Messergebnissen untersucht. In Bild 6.2 sind die Messergebnisse fr eine Ethanollache
bei 30C und einem Lachendurchmesser von 0,74 m in sehr rauem (Stadtgebiet: BAM-UE) und
in glattem Gelnde (ebenes Versuchsgelnde ohne Bewuchs oder Bebauung: BAM-TTS) im
6-15
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Vergleich zu den Berechnungen mit dem Modell von Deutsch dargestellt. Fr die Vergleichs
rechnungen wurden Profilexponenten von 0,15 fr BAM-TTS und 0,33 fr BAM-UE angenommen.
Bild 6.2: Vergleich der berechneten Werte mit dem Modell von Deutsch fr sehr raues und glattes Gelnde
mit den Messwerten von Ethanol
Die mit dem Modell von Deutsch berechneten Massenstrme fr die beiden Gelndestrukturen
weichen um rund 10 % voneinander ab. Prinzipiell wird damit der auch experimentell festge-
stellte Unterschied im Anstieg des Verdunstungsmassenstroms mit der Windgeschwindigkeit
erfasst. Da aber beide Einstellungen zu einer deutlichen berschtzung der Messwerte fhren,
wird im Folgenden nur noch die Einstellung fr glattes Gelnde verwendet, da diese nher an
den Messwerten liegt.
In den Bildern 6.3 und 6.4 sind die gemessenen Massenstrme fr eine Ethanol- und eine
Cyclohexanlache, im Vergleich mit den berechneten Massenstromverlufen aus den empiri-
schen Modellen aufgetragen. In Bild 6.3 ist weiterhin der gemessene Massenstrom fr eine
Ethanollache bei sehr geringer Windgeschwindigkeit von ca. 0,04 m/s aufgetragen. Dieser
Messwert gibt einen Hinweis auf die untere Grenze des Anwendungsbereiches der empirischen
Modelle. Bis auf das Modell von Brtz berechnen alle Modelle bei Windstille einen Massen-
strom von 0 kg/s. Aus dem Vergleich der Kurvenverlufe mit dem Messwert bei Windstille lsst
sich ableiten, dass diese empirischen Modelle unterhalb einer Windgeschwindigkeit von 1 m/s
keine zuverlssigen Werte mehr liefern. Beim Modell von Brtz msste der minimale Stoffber-
gangskoeffizient bmin auf ca. 6 m/s erhht werden, um den Messwert zu erreichen.
Die Modelle von Meurer, Clancey und dem TV ergeben fr beide Stoffe die besten berein-
stimmungen mit den Messwerten. Die relativen Abweichungen der Modelle untereinander und
6-16
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
zu den Messwerten sind aber von den Stoffeigenschaften abhngig. Insbesondere die Modelle
von Meurer, Clancey und dem TV, die fr Ethanol eine gute Approximation mit einer maxima-
len Abweichung um ca. 20 % liefern, weichen bei Cyclohexan viel deutlicher, im Schnitt um ca.
55 %, von den Messwerten ab.
Bild 6.3: Vergleich der Modelle mit den Messwerten fr eine Ethanollache bei 30 C
Bild 6.4: Vergleich der Modelle mit den Messwerten fr eine Cyclohexanlache bei 30 C
6-17
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Fr hhere Dampfdrcke ist festzustellen, dass ab einem Dampfdruck von 0,8 bar alle Model-
le mit logarithmischer Bercksichtigung des Dampfdruckes sehr stark ansteigen, so dass 0,8
bar als obere Grenze des Anwendungsbereichs der Modelle angesetzt werden sollte. Einzig
die Modelle von Sutton-Pasquill, Clancey und Brtz liefern durch ihre lineare Bercksichti-
gung des Dampfdruckes einen proportionalen Anstieg des Massenstromes bis hin zu 1,0 bar.
Hierbei scheint das Modell von Clancey mit der geringen Steigung am ehesten dem Trend der
Messwerte zu folgen. In Ermangelung von Messwerten im Bereich nahe des Siedepunktes
kann fr hohe Dampfdrcke keine Aussage zur Qualitt der Ergebnisse dieser drei Modelle ge-
macht werden.
Bild 6.5: Vergleich der Modelle mit den Messwerten fr eine Ethanollache bei einer Windgeschwindigkeit von
2,8 m/s und verschiedenen Dampfdrcken
In Tabelle 6.3 ist das Verhltnis von berechnetem zu gemessenem Massenstrom fr die em-
pirischen Modelle bei nahezu gleichem Dampfdruck von Ethanol (0,2938 bar bei 50 C) und
Cyclohexan (0,3007 bar bei 44 C) zusammengestellt. Die Modelle von Mackay-Matsugu und
Deutsch zeigen eine konstante Abweichung zu den Messwerten whrend sich bei den anderen
6-18
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Modellen, die die molare Masse direkt bercksichtigen, die Abweichungen von den Messwer-
ten mit steigender molarer Masse ansteigen.
Tabelle 6.3: Gemessene und berechnete Massenstrme fr eine Ethanol- und Cyclohexanlache
mit 0,74 m Durchmesser bei einem jeweiligen Dampfdruck von 0,3 bar
Ethanol Cyclohexan
Messwert 1,02e-3 [kg/s] 2,33e-3 [kg/s]
Sutton-Pasquill 190 % 230 %
Mackay-Matsugu 225 % 225 %
Deutsch 180 % 180 %
TV 115 % 165 %
Brtz 165 % 235 %
Meurer 110 % 155 %
Clancey 105 % 145 %
Werden die experimentell ermittelten Massenstromdichten (Massenstrom pro Flche) mit den
Berechnungen der empirischen Modelle verglichen (nicht dargestellt), so ist festzustellen, dass
bei fast allen Modellen mit wachsender Lachenflche die Massenstromdichte abnimmt. Die
Ausnahme bildet hierbei das Modell von Brtz, das eine lineare Abhngigkeit von der Lachen-
gre besitzt und somit immer eine konstante Massenstromdichte berechnet. Somit ist zu
erwarten, dass fr reale Lachengren mit einigen Metern Durchmesser der Massenstrom mit
diesem Modell wesentlich berschtzt wird. Es ist weiterhin festzustellen, dass nahezu alle Mo-
delle eine Abnahme der Massenstromdichte von ca. 8 % zwischen den Lachendurchmessern
von 0,5 m und 1,0 m vorhersagen. Lediglich das Modell von Deutsch nhert sich mit einer Ab-
nahme um knapp 16 % dem experimentell festgestellten Wert von ca. 24 % an.
6.4.2. Grenzschichtverfahren
Im Bild 6.6 sind die Berechnungen mit dem Grenzschichtverfahren (GSV) unter Verwendung
des Turbulenzmodells von Cebeci-Smith im Vergleich zu den experimentellen Untersuchungen
von Habib dargestellt. Die berechneten Werte des Grenzschichtverfahrens sind bei beiden
Stoffen etwas grer als die Messwerte und somit eine konservative Abschtzung. Als Einsatz
grenze des Modells ist ein maximaler Dampfdruck der Flssigkeit von ca. 0,8 bar zu nennen.
Im Bild 6.7 sind die mit dem Grenzschichtverfahren berechneten Konzentrationsprofile an der
Hinterkante einer Ethanollache und im Lee der Lache dargestellt. Durch Integration des Kon-
zentrationsprofils ber die Grenzschichtdicke und die Lachenbreite kann die explosionsfhige
Masse berechnet werden.
6-19
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Bild 6.6: Verdunstungsmassenstrme bei einer Lachentemperatur von 30 C im Vergleich zu den Ergebnis-
sen des Grenzschichtverfahrens
Im Bild 6.8 ist die untere Explosionsgrenze von Ethanol (3,1 Vol.-%) ber einer Lache mit einem
Durchmesser von 10 m und einer Temperatur von 60 C sowie im Nachlauf der Lache dargestellt.
Es ist festzustellen, dass die vertikale Ausdehnung von maximal ca. 15 cm des Gefhrdungs
bereiches gering ist. Dies gilt ebenso fr den Bereich in dem die Gemischdichte deutlich h-
her als die der Luft ist und somit ein Schwergaseffekt zu erwarten ist. Die Durchfhrung einer
Schwergasberechnung fr eine Lachenverdunstung ist daher als sehr konservativ anzusehen.
6-20
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Bild 6.8: Untere Explosionsgrenze von Ethanol ber einer Lache (Durchmesser: 10 m) und deren Nachlauf
6-21
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
Das Lachenwachstum wird bei Webber mit einer noch geringeren Ausbreitungsgeschwindigkeit
berechnet. Auffllig ist, dass die minimale Schichtdicke im Berechnungszeitraum von 1800 s
nicht erreicht wird. Dies erscheint bei einer Flssigkeit wie Ethanol nicht plausibel. Beim Modell
von Wu-Schroy wurde das Lachenwachstum whrend der Freisetzungsdauer nach der ange-
geben Beziehung berechnet und anschlieend (> 600 s) als konstant vorausgesetzt. Nach ca.
1700 s wird die minimale Schichtdicke erreicht und der Lachenradius bleibt danach konstant.
Der Einfluss der Modellierung des Lachenwachstums auf den Verdunstungsmassenstrom ist in
den Bildern 6.10 und 6.11 dargestellt. Mit dem Modell von Mackay-Matsugu wurde die Verdun-
stung von Ethanol bei einer Windgeschwindigkeit von 3 m/s berechnet, wobei die Freisetzung
eines Massenstroms von 1 kg/s fr 600 s auf Betonboden unterstellt worden ist. Das Modell
von Schalau erreicht die grte Lachenausdehnung, die sich nach dem Ende der Freisetzung
sofort verringert, da die minimale Schichtdicke schon erreicht worden ist. Dieser Effekt ist auch
bei dem Modell von Wu-Schroy zu erkennen, wobei aber der maximale Lachenradius erst nach
sehr langer Zeit erreicht wird. Das Modell von Webber hingegen berechnet auch nach 1800 s
noch ein geringes Lachenwachstum.
Wie aus Bild 6.11 zu entnehmen ist, sind die Auswirkungen der Modellierung des Lachen-
wachstums auf den Verdunstungsmassenstrom erheblich. Die Unterschiede zwischen den
Berechnungsergebnissen liegen bei diesem Testfall in der Grenordnung, die sich auch zwi-
schen den untersuchten Verdunstungsmodellen ergeben hat.
6-22
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
6-23
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
6.5. Literaturverzeichnis
[6.1] VDI-Wrmeatlas, 10. Auflage, Springer Verlag, (2006)
[6.2] Lebuser, U.; Schecker, H.-G.: Verdampfung von Flssigkeiten aus offenen Lachen, Dechema-
Monographien Band 107, (1987)
[6.3] Wrsdrfer, K.: Beschreibung der thermodynamischen Vorgnge und Wechselwirkungen bei
der Freisetzung von Ammoniak. Dissertation Bergische Universitt Gesamthochschule
Wuppertal; (1994)
[6.4] Lebuser, U.: Experimentelle und theoretische Untersuchungen zur Verdunstung aus
Flssigkeitslachen. Dissertation Uni. Dortmund (1989)
[6.5] Sutton, O.G.:Wind structure and evaporation in a turbulent atmosphere, Proceedings of the
royal society of London, Series A146, (1934)
[6.6] Pasquill, F.: Evaporation from a plane, free liquid surface into a turbulent air Stream,
Proceedings of the royal society of London, Series A182.
[6.7] LIS-Bericht Nr. 115: Ermittlung des Gefhrdungspotentials ereignisbezogener Stofffreisetzungen
unter dem Aspekt der Strfall-Verordnung, Landesanstalt fr Immissionsschutz Nordrhein-
Westfalen, (1994)
[6.8] Clancey, V.J.: The Evaporation and Dispersion of flammable liquid spillages. Chemical Process
Hazards V, 80-98. (1974)
[6.9] Lees, Loss Prevention in the Process Industrie, Vol. 1, 1980, ISBN0408106972
[6.10] Mackay, Matsugu: Evaporation Rates of Liquid Hydrcarbon Spills on Land and Water,
The Canadian Journal of Chemical Engineering, 51. 434-439. (1973)
[6.11] Deutsch, S.: Verdunstung aus Flssigkeitslachen unter atmosphrischen Bedingungen.
Dissertation Uni. Dortmund. (1995)
[6.12] VDI-Richtlinie 3783 Blatt 1; Ausbreitung von strfallbedingten Freisetzungen
Sicherheitsanalyse, Beuth Verlag GmbH
[6.13] TV Anlagentechnik GmbH, TU Berlin: UBA-Forschungsbericht 204 09 228: Ermittlung und
Berechnung von Strfallablaufszenarien nach Magabe der 3. Strfallverwaltungsvorschrift.
(1999 )
[6.14] Meurer, P.: Festlegung einiger Quellparameter fr eine Ausbreitungsrechnung zur
Sicherheitsanalyse. Staub Reinhaltung der Luft, 51. 373-378. (1991)
[6.15] Lebuser, U.; Schecker, H.-G.: Vapourization rates of liquids and liquified gases. 5. Intern.
Symposium Loss prevention in the process industries, Cannes (1986.)
[6.16] Brtz, W.: Sicherheit von Chemieanlagen im Hinblick auf den Nachbarschaftsschutz,
Gutachten im Auftrag des Ministers fr Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes
Nordrhein-Westfalen, (1979)
[6.17] Habib, A.: Instationre Berechnung der Lachenverdunstung mittels eines Grenzschichtverfah-
rens. Dissertation, TU Berlin (2010)
[6.18] Cebeci, T-; Smith, A.M.O.; Analysis of turbulent boundary layers. Academic Press, New York.
(1974)
[6.19] CPR 14E; Methods for calculation of physical effects (Yellow Book);
Committee for the Prevention of Disasters, The Hague. (2005)
[6.20] F. Briscoe, P. Shaw; Prog. Energy Comb. Sci.. (1980)
[6.21] Programm zur numerischen Strfallsimulation ProNuSs 7. www.pronuss.de
6-24
6. Verdunstung und Verdampfung aus einer Lache
6-25
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Bei Gasen und Flssigkeiten bildet sich nach Zndung eine meist ruende Flamme (hufig ein
Poolfeuer), whrend bei Feststoffen zustzlich Schwelbrnde mit einer intensiven Rauchent-
wicklung entstehen knnen.
Brnde von (toxischen) Flssigkeiten, Gasen und Feststoffen knnen grundstzlich im Freien
(d.h. frei bzw. offen brennend) oder in Gebuden (d.h. eingeschlossen brennend) auftreten.
Insbesondere wegen der Flle von Phnomenen erfolgt eine separate Beschreibung von offe-
nen Brnden flssiger und gasfrmiger Brennstoffe (Kap. 7) sowie von Brnden in Gebuden
bzw. Rumen mit festen Brennstoffen (Kap. 8). Die Bildung (toxischer) Schadstoffe sowie die
Abschtzung von deren Bildungsraten bei Feststoffbrnden werden ebenfalls in Kap. 8 behan-
delt. Einige Phnomene bei offenen Brnden sind auch fr eingeschlossene Brnde und umge-
kehrt, von Bedeutung.
7-1
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(a) Poolfeuer
Der brennbare Stoff, meist eine Flssigkeit oder auch ein Feststoff befindet sich in einer relativ
dnnen Schicht auf der Oberflche eines Wasserpools (bei in Wasser nicht - bzw. schwerls
lichen Flssigkeiten) oder in einem Pool bzw. in einer Auffangtasse, die allein mit der Flssigkeit
gefllt ist. Ein Poolfeuer weist also eine Berandung auf.
Die folgenden Typen von Feuern lassen sich vom Typ Poolfeuer ableiten:
(a1) Lachenfeuer
Durch Leckagen oder Verschttung verteilt sich die brennbare Flssigkeit als Lache auf einer
Oberflche [insbes. auf dem Erdboden bzw. Anlagengelnde oder auf Wasser] ohne geometri-
sche Begrenzung. Ein Lachenfeuer weist keine Berandung auf.
(a2) Tankfeuer
Der brennbare Stoff, meist eine Flssigkeit befindet sich in Behltern, z.B. in Einzeltanks,
Tanklagern oder chemischen Reaktoren, Kolonnen, Vorrats- bzw. Zwischenbehltern.
(a3) Boilover-Feuer
Es handelt sich um ein heftig verlaufendes Tankfeuer. Die brennbare Flssigkeit befindet sich
ber einer Schicht von relativ niedrig siedenden Flssigkeiten in einem Tank bzw. Behlter
[z.B. Rohl ber Wasserschichten (Wasserlinsen) im Sumpf eines Lagertanks]. Durch spontane
Verdampfung der niedrig siedenden Flssigkeit, infolge einer vom darber liegenden Tankfeuer
gebildeten Wrmezone in der brennbaren Flssigkeit werden groe Mengen an brennbarer
Flssigkeit unter Bildung eines Feuerballs (s. Punkt (d)) aus dem Tank bzw. Behlter geschleu-
dert.
7-2
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
kann sich entweder eine unverdmmte oder (teil-) verdmmte Gaswolkenexplosion [UVCE,
Unconfined Vapor Cloud Explosion; VCE, Confined Vapor Cloud Explosion] oder ein deflagrativ
brennendes Gaswolken-Feuer bzw. Flashfeuer (UVCF Unconfined Vapor Cloud Fire) ausbilden.
Kommt es zur Erhitzung [z.B. infolge der Wrmestrahlung eines benachbarten Feuers] eines
Tanks bzw. Behlters, der eine unter Druck stehende, brennbare Flssigkeit bzw. ein brennba-
res, verflssigtes Gas enthlt, kann ein BLEVE-Ereignis [Boiling Liquid Expanding Vapor Ex-
plosion] mit i.A. intensiver Druckwelle entstehen, wobei sich der Tank bzw. Behlter in einzelne
Teile (Bruchstcke) zerlegt, so dass zustzlich ein Trmmerflug auftritt.
(d) Feuerball
Durch Zndung einer Gaswolke aus brennbaren Dampf/Luft-Gemischen in Form einer insta-
tionren, turbulenten nicht vorgemischten Flamme, meist mit einer ausgeprgten Druckwelle,
entsteht ein Feuerball.
Abb.7.1: Beispiele von Typen gefhrlicher Feuer infolge strungsbedingter Freisetzungsszenarien brennba-
rer Flssigkeiten und Gase/Aerosole [7.4]
7-3
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.2.2. Zonenmodelle
Die Zonenmodelle basieren auf den differentiellen Erhaltungsgleichungen fr die Gesamtmasse
und die Energie. Die Flamme wird in bestimmte Zonen der Anzahl 2 bis 20 eingeteilt. Die
Rechenzeiten sind i.A. kurz.
7.2.3. Feldmodelle
Die Feldmodelle sind grundstzlich stationr und basieren auf der Lsung der zeitlich-ge-
mittelten Navier-Stokes-Differentialgleichungen (partielle DGLs) mit hufig auch empirischen
Submodellen. Diese Modelle [sog. kalte Modelle] sind meist fr die Vorhersage nicht-reaktiver
Strmungen geeignet. Aufgrund ihrer mathematischen Komplexitt bentigen diese Modelle
jedoch groe Rechenzeiten.
7.2.4. Integralmodelle
Die Integralmodelle stellen einen Kompromiss zwischen den semi-empirischen Modellen und
den Feldmodellen dar. Diese Integralmodelle basieren zunchst auf den gleichen Differenti-
algleichungen wie die Feldmodelle, enthalten jedoch Submodelle fr die Turbulenz, Verbren-
nungsreaktionen und Wrmebertragungsprozesse. Infolge vereinfachender Annahmen
reduzieren sich die partiellen DGLs zu gewhnlichen DGLs , so dass die Rechenzeiten deutlich
kleiner als bei den Feldmodellen werden. Dennoch existiert bis heute kein Integralmodell, das
die Auswirkungen [Konsequenzen] unfallbedingter Feuer angemessen vorhersagt.
7.2.5. CFD-Modelle
Die CFD [Computational Fluid Dynamics] Modelle sind grundstzlich instationr (transient) und
basieren auf den differentiellen Erhaltungsgleichungen fr Gesamtmasse, Speziesmassen, Im-
puls und Energie sowie den zahlreichen Submodellen fr Turbulenz, Reaktionsmechanismen,
Rubildung und thermischer Strahlung.
Die Rechenzeiten sind i.A. relativ gro, knnen jedoch durch Einsatz von Parallelrechnern
(Rechencluster) deutlich verkrzt werden.
Die CFD-Modellierung bzw. CFD-Simulation von Feuern befindet sich in einer sehr erfolgsver-
sprechenden Entwicklung und wird auch vom Autor angewandt
[s. Kap. 7.3.18].
7-4
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.3. Poolfeuer
In Kap. 7.1 werden Pool-, Tank-, Lachen- und Rin-
nenfeuer behandelt, die bei Strungen in verfah-
renstechnischen Anlagen der Prozessindustrie am
hufigsten auftreten. Bei Poolfeuern handelt es sich
um turbulente nicht vorgemischte Flammen, die ber
einem horizontalen Pool brennen, der einen brenn-
baren verdunstenden/verdampfenden Stoff enthlt,
dessen Dampf mit sehr geringem Anfangsimpuls (s.
Abb. 7.2) nach oben strmt.
Transiente Modelle
CFD-Modelle (s. Kap. 7.3.18)
Der unterste Bereich (Lnge in Abb. 7.2) des auftriebsbestimmten Feuers wird auch als klare
Verbrennungszone bezeichnet, die meist nicht mit schwarzem Ru bedeckt ist und bei groen
Durchmessern d eine optisch dicke Schicht darstellt und neben den hot spots die maximale,
ma
spezifische Ausstrahlung SEPcl eines Feuers mit einer hohen Emissionstemperatur aufweist.
7-5
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
In diesen Bereich hinein findet auch eine intensive Ansaugung von Umgebungsluft (Luftentrain-
ment) statt, die infolge der selbst erzeugten Turbulenz sowie verstrkt durch die Windturbulenz
in verschiedene innere Gebiete des Feuers verteilt wird. Im Bereich der klaren Verbrennungs-
zone existiert eine brennstoffreiche Phase, die von einer sichtbaren (gelb leuchtenden) Flam-
menzone umgeben ist. Innerhalb der Hhe cl findet eine vollstndige Verbrennung zu den
(Verbrennungs)Produkten statt, wobei die vertikale Strmungsgeschwindigkeit stark zunimmt,
ebenso wie die vertikalen Flsse von Masse, Impuls und thermischer Energie. Diese Produkte
mischen sich anschlieend mit angesaugter Umgebungsluft und steigen weiter nach oben, wie
in einem thermischen Plume.
Abb. 7.2: Physikalische Vorgnge in adiabatischen Pool-, Lachen- und Tankfeuern, bei flssigen und teilwei-
se bei festen Brennstoffen
Im nchst hheren Bereich (Lnge pul der Pulsationszone in Abb. 7.2) sind die Flammenfronten
zwar mit der Flammenbasis noch verbunden, es liegt jedoch die weniger effiziente Verbrennungs-
zone eines groen Feuers vor mit radialen und axialen Pulsationen infolge der groskaligen
Wirbel der angesaugten Luft. Die Ursachen sind die interne Mischung der unverbrannten und
der partiell verbrannten Flammengase (infolge eines Sauerstoffmangels in Achsennhe des
Feuers) aus Bereich 1 sowie auftriebsbedingte Zirkulationsstrmungen. Innerhalb dieser Pul-
sationszone wird die intermittierende Bildung von schwarzem Ru beobachtet, der das heie
7-6
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Flammeninnere zu verdunkeln beginnt. Im oberen Teil der Pulsationszone erfolgt ein nicht-kon-
tinuierliches Brennen der Flammengase in Ballen, und die Erzeugung/Akkumulation bedeuten-
der Rumengen wird beobachtet.
Im obersten Bereich (Lnge pl der Plumezone in Abb. 7.2) bzw. im Intermittenzbereich des
Feuers liegt eine nicht-kontinuierliche, segregierte Flamme aus statistisch verteilten, unre-
gelmigen Ballen kleiner Brennstoffmengen vor. Auch infolge einer fortgesetzten Lufteinmi-
schung, die zu einer Abnahme von Temperatur, axialer Strmungsgeschwindigkeit sowie der
Spezieskonzentration fhrt, tritt eine Verminderung der thermischen Strahlung auf.
gilt [7.7]:
, mit (7.1a)
und (7.1b)
, mit (7.1c)
sowie (7.1d)
conv nach Gl. (7.15d), nherungsweise aus Gl. (7.15e)
Abb. 7.3: Zur Gesamt-Energiebilanz fr das Abb. 7.4: Zur Energiebilanz an der Phasengrenzflche fr
Bilanzgebiet I zwischen Plume und Flamme das Bilanzgebiet II zwischen klarer Verbrennungszone
sowie Pool/ Tank/Lache und Flssigkeitsoberflche
7-7
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
, (7.2a)
und (7.2b)
. (7.2c)
(b) Bei adiabatischen Poolflammen ist a oder allein vom Wrmerckstrom ( ba,tot)
Bei der kontinuierlichen Freisetzung (Verschttung) von Flssigkeit mit , die schnell
zndet berechnet sich der Durchmesser de der stationr brennenden Lache nach
[7.2, 7.8, 7.9]:
. (7.3)
7-8
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Im stationren Fall, wenn die Abbrandgeschwindigkeit va gleich gro ist wie die flchenbezo-
dass hieraus ein stationres Lachenfeuer resultiert, solange die Freisetzung noch andauert.
Die Berechnungsformel fr de gilt unter den folgenden Annahmen und fr die folgenden Brenn-
stoffe:
(a) Der dominierende Wrmetransport ( ba,tot) zur Lachenflssigkeit erfolgt durch die Flamme.
(b) a = const.
(d) Fr nicht-adiabatische Lachen- und Poolfeuer gltig, wenn der Wrmebergang vom
Substrat auf die Lachenflssigkeit zeitlich konstant (a = const.) ist, was jedoch zu einem
hheren a fhrt. Nherungsweise zutreffend fr LNG, LPG auf Wasser, nicht gltig fr
verflssigte KW auf Land, da hier der Wrmebergang mit zunehmender Zeit abnimmt,
was in Gl. (7.3) nicht bercksichtigt ist.
(f) Die Masse der Lachenflssigkeit bleibt whrend der Verbrennung konstant, d.h. ein Fls-
sigkeitsverlust infolge Perkolation durch den Boden oder infolge einer Teillslichkeit in
Wasser wird nicht bercksichtigt. Allerdings sind die Geschwindigkeiten dieser Effekte fr
die meisten KW i.A. relativ klein im Vergleich zur Abbrandgeschwindigkeit a .
bei Verschttung auf Wasser und geff = g bei Verschttung auf Land.
, (7.4)
7-9
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
mit:
t t / tch : dimensionslose Zeit; tch : charakteristische Zeit
Eine momentane bzw. instationre Freisetzung (Verschttung) fhrt zu einer instationren Lache
und fr den Ausbreitungsdurchmesser d(t) einer Flssigkeit gilt [7.8, 7.9]:
(7.5)
Innerhalb der Zeit tmax wird ein maximaler Durchmesser dmax des Feuers erreicht,
wobei die folgenden Beziehungen gelten:
,(7.6a)
(7.6b)
(a) Die momentane Freisetzung erfolgt bis zur Gleichheit von gravitativer Ausbreitungskraft
und Trgheits- bzw. Widerstandskraft bei Bercksichtigung der Abnahme der Brennstoff-
masse infolge Verbrennung whrend der gesamten Freisetzung.
(b) Ein momentanes instationres Lachenfeuer nimmt in seinem Durchmesser d zu, bis der
gesamte Brennstoff infolge Verbrennung verbraucht oder eine Barriere erreicht ist. Des-
halb existiert dmax nur fr sehr kurze Zeit. Dies bedeutet, dass die Berechnung von dmax-
sehr konservativ ist.
(c) Ein zeitlich gemittelter Lachendurchmesser kann durch Integration erhalten werden:
(7.6c)
(d) Es gelten ansonsten die gleichen Annahmen, wie in den Bemerkungen von Gl. (7.3)
dargestellt.
7-10
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.3.3. Abbrandgeschwindigkeit
Nach Hottel [7.11] gilt fr die Abbrandgeschwindigkeit (burning velocity) allgemein nach Gln.
(7.2b,c) bei Vernachlssigung der folgenden Wrmestrme, d.h. fr :
,(7.8a)
Relativ gut untersucht ist die Abhngigkeit von d, fr die nherungsweise gilt [7.12]:
(a) Entsprechend Gl.(7.2c) gilt fr den ersten Term ba,rad auf der rechten Seite
, der nach Hertzberg [7.15] oder nach Werthen
bach [7.13, 7.14] nherungsweise berechnet werden kann. Der schwierig abschtzbare
Strahlungswrmerckstrom ba,rad wird teilweise von den Brennstoff- und Pyrolysegas-
Ballen absorbiert (s. Abb. 7.2), d.h. es ist zu bercksichtigen, dass < 1 gilt; s. auch
Bemerkung (a) zu Gl. (7.10a).
(b) Die Einstrahlzahl jF,f zwischen Flamme (F) und Flssigkeitsoberflche (f) wird als
konstant angenommen und ist in a,max (jF,f) enthalten.
(c) Die Gltigkeit insbesondere fr: Benzin, Diesel, Kerosin, Transformatorenl, Petroleum
(Messungen von Blinov [7.16]).
(g) Die Abbrandgeschwindigkeit va bzw. die Massenabbrandrate (s. Kap. 7.3.4) sind
fundamentale Schlsselgren zum physikalisch-chemischen Verstndnis eines Pool-,
Lachen- und Tankfeuers.
7-11
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Nach Burgess [7.17] gilt fr a,max nherungsweise (Vernachlssigung von Wrmeleitungs- und
Wrmekonvektionstermen bei groen offenen Feuern) die Zahlenwertgleichung:
, d 1 m (7.8c)
(c) Es gilt .
,(7.8d)
(7.8e)
7-12
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
f ,max
m (-hc,i) q f ,max hv v a,max k k
7-13
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
f ,max
m (-hc,i) q f ,max hv v a,max k k
(a) Gemische, insbesondere mit Komponenten i, deren Flchtigkeiten weit auseinander liegen,
brennen mit einer zeitabhngigen va(t): zu Beginn wird va bestimmt durch die am leichtesten
flchtige Komponente i; zur Hlfte der Brenndauer muss die weniger flchtige Komponen-
te noch bis zum Siedepunkt erwrmt werden; in der Endphase der Verbrennung wird va
durch die hher siedende Fraktion bestimmt.
(b) Die Beziehung (7.8d) basiert auf umfangreichen experimentellen Untersuchungen von
Gemischen aus Unsymmetrischen Dimethyl-Hydrazon (UDMH) und Diethyltriamin (DETA).
JS,UDMH 63 C, JS,DETA 207 C.
(c) Beide Gleichungen (7.8.d,e) geben eine gute Abschtzung von a,max, auch wenn die
Komponenten weit auseinander liegende Siedepunkte aufweisen.
(d) Die Korrelation (7.8d) ist eine recht gute Nherung fr alle flssigen KW, ausgenommen
sind die verflssigten Gase [z.B. LNG, LPG, LEG], deren a,max meist um den Faktor 2
grer ist.
7-14
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(e) In [7.24] sind Gleichungen angegeben fr die Berechnung von a,max in groen Lachen-
und Poolfeuern, basierend auf gro-skaligen Experimenten.
Zuverlssige Messungen liegen jedoch nur fr f,max vor (s. Gl. (7.10a)).
Fr 5 m < d < 10 m nimmt a,max (d) bzw. f,max (d) etwas ab. Ursachen sind:
Schlechtere Durchmischung mit Luft, wodurch eine zunehmend grere kalte Brennstoff-
dampfzone entsteht, sowie niedrigere Flammentemperaturen T und kltere Ruballen
[Ru-Blockierungseffekt] auftreten knnen (s. auch Bemerkungen zu Gl. (7.10a)).
7.3.4. Massenabbrandrate
Fr die fundamentale Schlsselgre Massenabbrandrate [mass burning rate] f eines Einzel-
Lachen-, Pool- und Tankfeuers gilt nach Burgess [7.12, 7.78] die folgende empirische Zahlen
wertgleichung, wenn f,max [s. Gl. (7.10a)] nicht vorliegt:
(7.9)
(b) Gltig allein fr adiabatische Lachen- und Poolfeuer sowie fr Tankfeuer (s. auch Bemer-
kung (e) zu Gln. (7.8.a,b).
Nach [7.12] sowie nach [7.24, 7.54] gilt fr f (d), entsprechend Gl.(7.8b) wenn f,max vorliegt
(z.B. Tab. 7.1):
(a) 1 e-kbd 2eF,f (d) = eF, worin eF,f der effektive Emissionsgrad zwischen Flamme (F) und
Flssigkeit (f) ist [7.15, 7.17]; es gilt fr den strahlungsbestimmten Grenzfall (s. (d)) der
Zusammenhang:
(7.10b)
Die Gln. (7.10a,b) stellen eine Methode zur Bestimmung von eF(d) aus gemessenen Massen
abbrandraten f (d) und f,max dar.
7-15
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(b) Die bedeutendste Gre in Gl. (7.10d) ist die maximale Massenabbrandrate [s. Tab. 7.1]
fr d , die sich mit a,max entsprechend Gl. (7.8c) berechnet nach der Zahlenwert
gleichung:
,(7.10c)
oder mit guter Nherung mit der Zahlenwertgleichung Gl. (7.9). Mit Gl. (7.8d) fr brennbare
Flssigkeitsgemische gilt:
,(7.10d)
(7.10e)
Im Falle unfallbedingter Poolfeuer ist f,max ein Ma fr die Verbrennungsgeschwindigkeit.
Die Gl. (7.10d) korreliert die experimentellen Daten nicht ganz so gut wie die Gl. (7.8d),
deckt jedoch einen weiten Bereich von Brennstoffen ab, z.B. werden auch die verflssig-
ten Gase relativ gut beschrieben.
(c) Neuere Messung [7.24] haben gezeigt, dass die Massenabbrandraten f (d) nicht bereits
bei 1 m [7.11] oder d 5 m [7.24] einen etwa konstanten (Grenz-) Wert ( f,max) errei-
chen, sondern erst bei 9 m (fr Diesel-, Lachen und Poolfeuer [7.26, aus gemessenen
Bestrahlungsstrken E]) oder bei 20 m (fr crude oil (Rohl)-Poolfeuer) [7.25]. Aus Gl.
(7.10a) folgt, dass der etwa konstante Grenzwert ( f,max) bei umso grerem Lachen- und
Pooldurchmesser erreicht wird, je kleiner das Produkt (kb) des brennbaren Stoffes ist.
(d) Nach [7.24, 7.54] werden bei Lachen- und Poolfeuern die folgenden Grenzflle unterschie-
den: konvektiv, laminar (d < 0.05 m);
konvektiv, turbulent (d < 0.2 m); strahlungsbestimmt, optisch dnn (0.2 m < d < 1.0 m)
und strahlungsbestimmt, optisch dick (d > 1.0 m). Die optische Dicke (bzw. optische Tiefe)
einer Flamme ist als kLb oder pgLb bzw. kd oder kH definiert [7.1, 7.15, 7.60, 7.79] und
bewirkt eine Extinktion (Schwchung infolge Absorption und Streuung) der Strahlungs
intensitt LI(s) bzw. L(s) durch die transparente (tF > 0) Flamme [7.1, 7.79]. Es gilt
aF + tF = eF + tF = 1 bzw. tF = 1 eF , wenn die Strahlung nherungsweise weder gestreut
noch reflektiert wird. Fr optisch dnne Flammen oder )
gilt Lb = 4VF/AF. Fr optisch dicke Flammen (kLb > 4.5, tF 0.01) ist Lb = bbl 4VF/AF.
7-16
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Der Windeinfluss (s. Kap. 7.3.5) auf f ist zu bercksichtigen, wenn z.B. /d oder d berechnet
werden sollen [7.26]. Es gilt nach [7.24] die folgende Abhngigkeit von uw:
(7.11)
Die Gl.(7.11) ist die z. Zt. beste verfgbare Formel zur Berechnung des Windeinflusses auf die
Massenabbrandrate , jedoch nicht anwendbar fr Alkohole sowie fr uw 5 m/s, weil unter
diesen Bedingungen das Feuer ausgeblasen werden kann. Ein detaillierter berblick ber Ab-
brandgeschwindigkeiten, abhngig vom Brennstoff, von Brennstoffgemischen, von Brennstoff-
Wassergemischen, von der Temperatur der Brennstoffoberflche, von der Temperaturverteilung
im Brennstoff, von d, von und von ist in [7.55] zu finden. Messungen haben gezeigt
[7.64], dass z.B. bei multiplen Tankfeuern eine Zunahme der Massenabbrandrate des
Einzel-Feuers um den Faktor 2 bis 4 eintritt. Die Ursache ist die Einwirkung der thermischen
Strahlung benachbarter Feuer auf die Brennstoffoberflche des betrachteten Feuers, wodurch
sich die Verdampfungsrate des flssigen Brennstoffes deutlich erhht. Berechnungsgleichungen
hierfr gibt es noch nicht.
dw > d
Die Definition der Flammenlnge ist insbesondere bei ruenden Flammen und instationren
(Lachen-)Feuern nicht einfach. Als zweckmiges Kriterium fr die Flammenlnge nicht-ruen-
der Flammen kann z.B. das Intermittenz-Kriterium nach [7.59] herangezogen werden.
(7.12a)
7-17
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
,(7.12b)
worin fr gilt:
.(7.12c)
Es gibt eine relativ groe Anzahl von hufig benutzten Korrelationen mit jeweils unterschiedlichen
Parametern a, b ,c, die in Tab. 7.2 zusammengestellt sind.
Zu erwhnen ist noch die hufig zitierte Heskestad-Korrelation [7.27], die aus Daten im Labor-
mastab hergeleitet wurde, jedoch fr einen weiten Bereich an Brennstoffen gltig ist [7.26]:
, (7.12d)
mit
.(7.12e)
Es ist zu bemerken, dass bei allen Flammenlngen-Korrelationen fr stationre Feuer die maxi
malen sichtbaren Flammenlngen (H/d)max etwas besser vorhergesagt werden als die zeitlich
gemittelten sichtbaren Flammenlngen
Tab. 7.2: Wichtige empirische Korrelationen zur Abschtzung der dimensionslosen sichtbaren
Flammenlngen nach Gl. (7.12a), mit Hinweisen zu den Gltigkeitsbereichen; :
relative maximale sichtbare Flammenlnge; : relative zeitlich gemittelte sichtbare Flammen
lnge
7-18
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Hufig werden in der Literatur die Moorhouse 1- und auch die Thomas 2- Korrelationen zur
Berechnung von empfohlen, wenn keine Messungen vorliegen.
Als eine besonders wichtige Gre erweist sich die Lnge der klaren Verbrennungszone, die
sich von der Pooloberflche (x = 0) bis zu der Hhe erstreckt, in der mit guter
Nherung der gesamte eingesetzte Brennstoff verbrannt ist.
Die Lnge (d) [s. Abb. 7.2] lsst sich mit empirischen Korrelationen [7.5, 7.6] in Abhngigkeit
von Frf berechnen. So gilt fr die Lnge (d) der klaren Verbrennungszone, die eine lokale
maximale axiale Temperatur Tmax und folglich auch eine maximale spezifische Ausstrahlung
[s. Kap. 7.3.9] des Feuers aufweist, die Beziehung [7.5]:
.(7.12f)
Die folgende Korrelation fr bercksichtigt auch den Einfluss der Art des Brennstoffs
(fr KW-Brennstoff) [7.31] :
(7.12h)
Fr eine grobe Abschtzung von cl und pul gelten auch die folgenden Annahmen:
.
Fr die Hhe (bzw. Lnge) Hpl der Intermittenzzone (Zone 3, s. Abb. 7.2) existiert
die folgende empirische Korrelation [7.33], basierend auf Messdaten von
Heskestad [7.33]:
, fr (7.12i)
.
7-19
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Im Rahmen des validierten Strahlungsmodells OSRAMO II [s. Kap. 7.3.11] gilt fr die Berech-
nung der Lnge der heien, klaren Verbrennungszone die neue Zahlenwertgleichung [7.63]:
(7.12j)
(7.12k)
(7.12l)
Mit Gl.(7.12l) wird angenommen, dass die unbekannte spezifische Ausstrahlung der
klaren, heien Verbrennungszone im Rahmen des validierten Strahlungsmodells OSRAMO II
abgeschtzt wird mit der spezifischen Ausstrahlung der hot spots (hs).
Neue Messungen [7.64] haben gezeigt, dass bei multiplen Feuern in Folge einer deutlichen
Zunahme der Massenabbrandrate die relative maximale Flammenlnge (H/d)max eines indi-
viduellen Feuers deutlich grer ist als die relative Flammenlnge (H/d)max eines Einzel-Feuers
des gleichen Durchmessers wie der Durchmesser der gesamten Matrix des multiplen Feuers.
7.3.6. Flammenneigungswinkel
Zur Abschtzung von zeitlich gemittelten Flammenneigungswinkeln , die stark streuen,
existieren die folgenden zwei Typen von Korrelationen, die in Tab. 7.3 zusammengestellt sind:
als
, fr (7.13a)
sowie als :
(7.13c)
7-20
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Tab. 7.3: Wichtige empirische Korrelationen zur Abschtzung des mittleren Flammenneigungs-
winkels nach Gln. (7.13a,b,c)
Name der a1 b1 c1 d1 e1 Bemerkungen
Korrelation
AGA 1 -0.5 gemessen an LNG Poolfeuern [7.8]
Thomas 0.7 -0.49 gemessen an Holzgitterfeuern [7.28]
Moorhouse 0.86 -0.25 gemessen an groen zylindrischen LNG-
Poolfeuern; uw = uw (10) [7.29]
Muoz 0.96 -0.26 gemessen an Benzin- und Diesel-Poolfeuern
[7.26]
Johnson 0.7 0.428 0.109 [7.34]
Pritchard und 0.666 0.333 0.177 [7.31]
Binding
Rew und 3.13 0.431 0 wird fr kleine Frw berschtzt, da fr
Hulbert Frw 0 bzw. uw 0 die unphysikalische
Bedingung dsin / dFrw vorliegt[7.34]
Moorhouse 1.9 0.339 0.05 gemessen an zylindrischen LNG-Poolfeuern
[7.29]
Aus zeitabhngigen Messungen von q(t,uw) resultiert, dass der Flammenneigungswinkel q sehr
empfindlich (die Flamme ist z.B. instabil und ist nicht stndig in Windrichtung geneigt) gegen-
ber kleinen Windgeschwindigkeiten (fr Frw 0.2 bzw. bzw. ) ist. Gegenber hheren
Windgeschwindigkeiten (fr Frw 0.2 bzw. bzw. ) ist die Flammenneigung dagegen
unempfindlich.
Ein Nachteil der Korrelationen (7.13a,b) ist, dass bei kleinen Windgeschwindigkeiten der Flam-
menneigungswinkel = 0 sein sollte, whrend experimentell [7.26] 15 gefunden wurde
(cos 0.96), was am besten mit der Moorhouse-Korrelation (Tab. 7.3) bereinstimmt.
Die Korrelationen (7.13c) sind fr Flammen bei hheren Windgeschwindigkeiten ermittelt wor-
den und sind deshalb bei Anwendung auf geringe Windgeschwindigkeiten dies ist jedoch
grundstzlich mglich nicht besonders genau.
7.3.7. Flammendrag
Infolge des Windeinflusses neigt sich die
Flamme und berschreitet die Berandung (im
Lee) des Pools oder Tanks. Folglich nhert
sich die Flammenoberflche den leewrts H
benachbarten Objekten unter Zunahme des u ww
bertragenen Wrmestroms.
Dieser Effekt kann bei greren Windge- Lee
schwindigkeiten auch zum Aufprallen der d ww
Flamme auf z.B. einen Nachbartank fhren. d
7-21
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Nach Moorhouse [7.29] gilt die folgende Korrelation, die auf Messungen an zylindrischen LNG-
Poolfeuern basiert:
,(7.14)
mit
Nach [7.35] gelten fr Feuer-Plumezonen im Fall von Einzel-Feuern bei normalen atmosphri-
schen Bedingungen und typischen Brennstoffen die folgenden Massenstrme (x) [kg/s] in
den verschiedenen Hhen x:
fr x>
,(7.15a)
fr x=
,(7.15b)
fr x
.(7.15c)
Der in den Gln. (7. 15a - 15c) auftretende konvektive Wrmestrom conv [kW], der in der
Plumezone abgefhrt wird, berechnet sich nach:
, (7.15d)
7-22
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(7.16a)
(7.16b)
(b) Die Flammentemperatur ist sowohl experimentell als auch theoretisch schwierig zu be-
stimmen, insbes. bereits deshalb weil die Flammentemperatur der Flammenoberflche
nicht homogen ist und die Flamme i.A. kein Schwarzer Strahler ist.
(c) Die physikalisch plausible mittlere spezifische Ausstrahlung SEP ist als eine typisch ab-
geleitete Gre sowohl theoretisch als experimentell (s. z.B. auf der Basis von Gl. (7.26)
aus gemessenen Bestrahlungsstrken E ) ziemlich schwierig zu ermitteln, insbesondere
infolge der Abhngigkeit von der nicht einfach zu messenden Flammenoberflche AF bzw.
Flammenlnge H, s. Gln.(7.16c-f). Dies bedeutet also, dass der Zahlenwert der SEP ent-
scheidend von der Flche AF bzw. der Lnge H bestimmt ist.
(d) Aus den Bemerkungen (a) bis (c) folgt, dass die Gl. (7.16a), die auf dem Stefan-Boltzmann-
Gesetz bei Bercksichtigung des Strahlungsaustausches zwischen Flamme (T) und
ma
Umgebung (Ta) basiert, zur Ermittlung der SEPSFM in der Praxis nur von begrenztem
Nutzen ist.
7-23
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(e) Das SFM wird bisher hufig fr scheinbar konservative Vorhersagen benutzt, obwohl die
Gln. (7.16a,b) auch neuere Messungen [7.39, 7.41] von SEPact (d,f ) nicht vorhersagen.
(f) Die Gln. (7.16a,b) gelten allein fr Einzel-Feuer. Bei multiplen Feuern wird sich die spezi
ma
fische Ausstrahlung SEP deutlich erhhen.
ma ma
Q
Q
SEP (d,f,A F ) rad
= frad (d,f ) c , (7.16c)
AF AF
mit
=m
Q f ,max ( hc )A P q f A P . (7.16d)
c
Aus Gln. (7.16c,d) folgt mit A F = d H(d) + d /4 fr eine als zylinderfrmig angenommene
2
ma f ,max ( hc )
frad (d,f ) m
f ,max ( hc ) A P /A F =
SEP (d,f ) = frad (d) m , (7.16e)
4 H(d) / d + 1
worin ist:
d2 /4 1
AP / AF = = . (7.16f)
d H(d) + d2 /4 4 H(d) / d + 1
ma
Aus den Gln. (7.16c-f) folgt also, dass SEP insbesondere auch von der Flammenoberflche
A F bzw. von der dimensionslosen Flammenlnge H(d) / d abhngig ist, wobei vor allem AF und
A F schwierig zu messende, unsichere Gren sind.
Der Strahlungsanteil frad eines Einzel-Feuers ist der Anteil der thermischen Strahlung am totalen
(Verbrennungs-) Wrmestrom, bei Abwesenheit schwarzer Ruschichten, im Wellenlngen
bereich 0.3 mm l 50 mm und ist definiert als:
ma
c = Qrad
ma
frad rad Q
Q , (7.16g)
q f A P
wobei ein Verbrennungswirkungsgrad von eins angenommen wird.
mit
7-24
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
jedoch bleibt eine Berechnung des Anteils rad(d,f), die groe Unsicherheiten aufweist, bisher
schwierig. Ein erfolgversprechender neuer Modellansatz fr rad(d) ist durch die Gl. (7.21a) ge-
geben. In Tab. 7.4 sind zahlreiche gemessene, mittlere Strahlungsanteile rad(d) fr verschiedene
Brennstoffe und Durchmesser d zusammengestellt. Es ist zu erkennen, dass die mittleren rad(d)
mit dem Durchmesser d meist merklich abnehmen (s. auch Abb. 7.6). Bei greren Feuern ist
der mittlere Strahlungsanteil rad,cl > rad [s. Gl. (7.21a)] der klaren Verbrennungszone zu be-
rcksichtigen. Fr rad,cl liegen bisher keine Messungen vor.
Aceton 130
Benzin 1.22 0.30 bis 0.40
1.53 0.16 bis 0.27
3.05 0.13 bis 0.14
1.0 bis 10.0 0.601 bis 0.10 130
Benzol 0.076 0.35
0.457 0.345
0.76 0.350
1.22 0.360 bis 0.380 130
0.14 bis 0.38
Butan 0.305 0.199
0.457 0.205
0.76 0.269 225
0.27 bis 0.30
Diesel 130
Ethan 0.38 250
Ethanol 0.20 130
H2 (flssig) 0.25 70
Heizl 130
Heptan 200
Hexan 0.2 bis 0.4 200
7-25
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Nach Gl. (7.17a) bedeutet das Modifizierte Solid Flame Modell (MSFM) also, dass der Strah-
lungsanteil rad(d) nach Gl. (7.16g) ber die sichtbare Flammenoberflche A F (bzw. LZ) emittiert
wird [s. auch Bemerkungen zu Gln.(7.17a-h).
7-26
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Wie aus Gl. (7.17a) folgt lsst sich fr 100 kW/m2 sowie fr rad rad,cl
die Hhe (d) cl(d) der gelb leuchtenden heien (Verbrennungs-) Zone fr ruende Einzel-
In Gl. (7.17b) bezieht sich der mittlere Strahlungsanteil rad,cl > rad auf die klare (leuchtende)
Verbrennungszone und nicht auf die gesamte Flamme.
Nach dem MSFM wird cl aus Gl. (7.17b) berechnet, wenn dort nach Gl. (7.16h):
eingesetzt werden, so dass die folgende Zahlenwertgleichung fr die Hhe der klaren Verbren-
nungszone resultiert:
HMSFM
cl /d = 2.5 10 3 frad
exp
f ,max ( hc ) .
(d)m (7.17d)
Eine Variante des MSFM ist ein Zwei-Zonen-Strahlungsmodell mit einer unteren, heien, klaren
Verbrennungszone (LZ) mit und einer oberen (upper) schwarzen Ruzone (SZ) mit
. Die beiden Zonen lassen sich berechnen nach (z.B. in [7.34]:
, und (7.17e)
. (7.17f)
Fr die in Gl. (7.17f) auftretenden Flchenanteile sz(d) der Ruzonen liegen empirisch ermittel-
te Werte vor, die von Pooldurchmesser-Klassen und vom Brennstofftyp abhngig sind (Tab. 7.5)
[7.31, 7.34].
7-27
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Tab. 7.5: Gemessene Flchenanteile sz der Ruzonen (SZ) sowie C / H - Verhltnisse in Pool-
feuern fr verschiedene Brennstoffe
(b) Fr nicht-KW-Poolfeuer sowie fr Poolfeuer mit < 33 kg/kmol lsst sich mit einem
Ein-Zonen-Strahlungsmodell die mittlere berechnen nach folgender TNO-Korrelation
[7.2 (1980), 7.34], in Analogie zu Gl. (7.17a) und basierend auf Messungen an LNG- und
LPG-Poolfeuern:
. (7.18a)
(c) Fr Poolfeuer mit 25 kW / m2 wird die Flamme in die folgenden drei Zonen einge-
teilt [7.34], s. auch Abb. 7.2:
Topzone pl : 10 kW / m2.(7.18d)
7-28
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(d) Nach [7.34] wird fr groe Poolfeuer (mit lngerkettigen KWs) fr d 50 m mit < 25
kW / m2 die Basiszone als eliminiert betrachtet und es werden nur noch die beiden restli-
chen Zonen (Zentrum-, Topzone) bercksichtigt.
(f) Die Gln. (7.17a,h) gelten allein fr Einzel-Feuer. Bei multiplen Feuern werden sich die spe-
zifischen Ausstrahlungen , deutlich erhhen.
(7.19a)
, (7.19b)
mit
, (7.19c)
. (7.19d)
Aus Gln. (7.19a,b) folgt, dass = 140 kW/m2 f(d,f) sowie = 20 kW/m2 f(d,f) gilt.
Auerdem folgt aus Gl. (7.19a):
, fr d 20 m, (7.19e)
so dass fr grere Feuer die heien, leuchtenden spots (Term 1 in Gln. (7.19a,b)) eliminiert
werden.
7-29
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(c) Fr lngerkettige KWs mit < 60 kg/kmol sowie fr ruende Flammen mit
> 60 kg/kmol gilt bei Anwendung von Gln. (7.19a,b) [7.34]:
(7.19f)
7-30
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
OSRAMO II
Mit OSRAMO II berechnet sich die mittlere aktuelle spezifische Ausstrahlung ,
basierend auf den experimentellen Daten groer JP-4-Einzel-Poolfeuer, nach [7.3, 7.7, 7.39]:
, mit (7.20a)
, (7.20b)
den modifizierten, effektiven Durchlass- bzw. Transmissionsgraden der Strukturen i = re, hs, sp:
, (7.20c)
, (7.20d)
, (7.20e)
sowie den Flchenanteilen der Strukturen hot spots (hs) und Ruballen (sp):
. (7.20f)
Mit den physikalischen Parametern und den beiden empirischen Parametern do, a3 in
Gl. (7.20g) resultieren aus den Gln. (7.20a-f) die in Abb. 7.5 dargestellten -, -
und (d)-Kurven fr die hot spots (hs), Ruballen (sp) sowie fr beide Strukturelemente
i = hs, sp zusammen, d.h. die (d)-Kurve fr die gesamte Flamme. In Abb. 7.5 ist die
Abhngigkeit der spezifischen Ausstrahlungen von hot spots ( ) und Ruballen ( )
zu erkennen, die jeweils nach berschreiten eines Maximums konstante -Werte
und erreichen. Es zeigt sich, dass die
hot spots eine um den Faktor 6 hhere maximale aufweisen als die Ruballen. Die nach
Gl.(7.20a) stetige Abnahme der spezifischen Ausstrahlung der gesamten Flamme
resultiert aus den stark durchmesserabhngigen Flchenanteilen asp(d) der Ruballen nach
Gl.(7.20f), die mit grerem Pooldurchmesser d exponentiell zunehmen.
7-31
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Mit den aus Gln. (7.20d,g) berechenbaren Konstanten bi resultieren aus Gl. (7.20e) die charak-
teristischen Lngen der organisierten Strukturen i = re, hs, sp zu:
,
, (7.20h)
7-32
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Abb. 7.6: Mit dem validiert Strahlungsmodell OSRAMO II berechnete und empirisch ermittelte
Strahlungsanteile nach Gl. (7.21a), nach Gl.(7.21b) und nach Gl. (7.17c)
sowie gemessene Zahlenwerte fr Einzel-Poolfeuer unterschiedlicher Brennstoffe.
Fr grere Feuer (d 5 m) spielt die mit einer groen Wahrscheinlichkeit wenig rubedeckte
heie, klare Verbrennungszone [7.63], die eine mittlere Hhe von und einen relativ hohen
Strahlungsanteil aufweist, eine dominante Rolle, wie eine erste Auswertung des
Buncefield-Ereignisses [7.63] gezeigt hat.
Im Rahmen des validierten Modells OSRAMO II resultiert anstelle von mit die
folgende Beziehung [7.63]:
worin gilt:
Anstelle der empirischen Korrelation Gl.(7.17c) sollten die Gln.(7.21a) oder (7.21b) verwendet
werden, die im Rahmen des validierten Modells OSRAMO II abgeleitet wurden und die Mes-
sungen tendenziell besser wiedergeben als die Korrelation Gl.(7.17c).
(7.21d)
7-33
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
OSRAMO III
Mit dem stochastischen Strahlungsmodell OSRAMO III berechnet sich die mittlere spezifische
Ausstrahlung , basierend auf den experimentellen Daten groer JP-4-Einzel-Pool
feuer, nach [7.7, 7.41,7.63]:
, fr d 1 m (7.22a)
oder:
(7.22b)
oder:
(7.22c)
(7.22d)
und
. (7.22e)
Mit OSRAMO III lassen sich aus der empirisch ermittelten (bisher nicht vorhersagbaren) log -
normalen Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (PDF) die Bereiche ,
der hot spots und Ruballen bestimmen [7.7, 7.40, 7.41,7.63]; z.B. gelten fr schwarz ruende
Einzel-Poolfeuer (d = 16 m, JP-4) die Bereiche:
, (7.22f)
7-34
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Abb. 7.7: Histogramm hSEP und log - normale PDF eines JP-4-Einzel-Poolfeuers
(d = 16m)
In Tab. 7.6 sind gemessene -Werte in Abhngigkeit zahlreicher Brennstoffe und vom
Pooldurchmesser d, die gemessenen (Strahlungs)Temperaturen T und gemessenen dimensi-
onslosen Flammenlngen zusammengestellt.
7-35
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Butan 86 (d = 1 m); 1
65 (d = 10 m) 4.84 (d = 1 m); 2.40 (d = 10 m)
225 (max)
Butadien 87 (d = 1 m); 1
68 (d = 10 m) 4.88 (d = 1 m); 2.42 (d = 10 m)
7-36
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
LNG (auf Wasser) 210 bis 280 (8.5 m < d < 15 m) 1500
210 20 ( klein)
220 50 ( gro) (d = 15 m)
178 bis 248 (d = 30 m)
203 (d = 30 m)
185 bis 224 (d = 15 m)
Benzin; Jet B 130 bis 60 (1 m < d < 10 m) 1240; 1.7 (d = 23 m); 1.0 (d = 15 m )
1450 1.9 (d = 6 m)
1200
JP-4 (d = 5.8 m)
Ethanol 1490
7-37
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Das semi-empirische Strahlungsmodell fr Einzel-Poolfeuer nach Raj [7.6] beschreibt die axiale
Abhngigkeit der spezifischen Ausstrahlung, d.h. die lokale (x) mit den folgenden
Beziehungen:
, (7.23a)
und fr :
. (7.23b)
fr (7.23c)
und
fr (7.23d)
Die in Gl. (7.23a) hngt von der Gre (Durchmesser) d des Feuers
ab nach:
, (7.23e)
7-38
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Schlielich berechnet sich mit dem Strahlungsmodell nach Raj [7.6] die
effektive, spezifische Ausstrahlung der Ruzone wie folgt:
, (7.24a)
mit
. (7.24b)
(7.25a)
Nach Gl. (7.25a) erreicht die lokale eines groen Einzel-Poolfeuers bei x=1,
d.h. in der Hhe x = 1/ ein Maximum von:
(7.25b)
, . (7.25c)
Es ist wahrscheinlich, dass die -Werte bedeutend von der (Anfangs-) Reynolds-Zahl des
Poolfeuers abhngen. In OSRAMO II entspricht der Absorptionskoeffizient
der Flammenzonen dem skalierten Absorptionskoeffizienten , wobei ist.
Es wird im Strahlungsmodell Gl. (7.25a) das Vorliegen einer Temperaturspitze innerhalb der
Flammenzone angenommen, so dass fr der Anteil g = 0.36 betrgt.
Als Grenzwert fr den emittierten Wrmestrom pro Einheitslnge des Poolumfangs wird
angegeben [7.5]:
(7.25d)
Aus den Gln. (7.25b,c) folgt, dass in der Hhe x = 42.9 m bzw. bei des LNG-Einzel-
Poolfeuers (d = 35 m) die lokale einen maximalen Wert von = 207 kW/m2
erreichen sollte.
7-39
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.3.13. Bestrahlungsstrke
7.3.13.1. Einstrahlzahl
Ein homogenes, isotropes und stationr brennendes adiabatisches Einzel-Poolfeuer mit der
aktuellen spezifischen Ausstrahlung (average Surface Emissive Power) an der Feuer
oberflche und der Einstrahlzahl jE,F erzeugt an einem beliebig in seiner Umgebung lie-
genden (Empfnger) Flchenelement im horizontalen Abstand Dy vom Poolrand die mittlere
Bestrahlungsstrke :
(7.26)
Die Ermittlung von Einstrahlzahlen jE,F erfolgt nach der grundlegenden Beziehung
[7.2, 7.9, 7.45] :
(7.27a)
, (7.27b)
, (7.27c)
. (7.27d)
7-40
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Eine in der Praxis sehr ntzliche vereinfachte Berechnung der Einstrahlzahl jE,F lsst sich
durchfhren, wenn die Kreiszylindermanteloberflche der Flamme durch eine entsprechende
Rechteckflche ersetzt wird [7.45, 7.46].
Die Annahme eines geneigten elliptischen Zylinders, der die reale Flammenkontur realistischer
als ein Kreiszylinder beschreibt sowie die zugehrigen komplizierteren Berechnungen werden
in [7.34] diskutiert.
Abb. 7.8: Einstrahlzahlen, nach den Gln. (7.27b-d) in Abhngigkeit vom relativen hori-
zontalen Abstand Dy/d sowie von der relativen Flammenlnge /d = a / 2
Die Beziehung Gl. (7.26) lsst sich auch zur Ermittlung der wichtigen Gre verwenden,
wenn aus Radiometermessungen die Bestrahlungsstrken vorliegen, wobei zu
beachten ist, dass die Einstrahlzahl und vor Allem insbesondere von AF bzw. H
abhngig sind (s. auch Kap. 7.3.9).
7-41
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
(7.28b)
Aus den Gln. (7.28a,b) folgt also fr das Fernfeld (Dy/d > 4) :
(7.28c)
, (7.29a)
mit
. (7.29b)
Das PSM hat jedoch einen nur sehr eingeschrnkten Gltigkeitsbereich. Es ist mit groen
Unsicherheiten behaftet und kann nherungsweise fr Gas-Poolfeuer sowie fr (Flssigkeits-)
Lachen-, Pool- und Tankfeuer im Fernfeld angewendet werden.
Fr die Einwirkung der thermischen Strahlung bei groen schwarz ruenden (smoky) Einzel-
Tankfeuern und entsprechend bei groen Einzel-Pool- und Lachenfeuern auf benachbarte
Objekte (z. B. Tankfeuer, nicht gezndeter Tank) oder Personen ist nicht die gesamte Feuer
oberflche magebend, sondern die spezifische Ausstrahlung der heien klaren (nicht
schwarz ruenden) Verbrennungszone mit der relativen Lnge (s. Abb. 7.2). Die relative
Lnge lsst sich allgemein nach Gl. (7.17b) ermitteln und sollte im Rahmen von
OSRAMO II mit der neuen Gl. (7.21c) abgeschtzt werden.
7-42
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Bei Unfllen in Tanklagern treten hufig multiple Tankfeuer auf, wodurch sich infolge einer
Flammenwechselwirkung die Massenabbrandrate um den Faktor 2 bis 4 erhht [7.64].
Dadurch erhht sich wegen entsprechend Gl. (7.17b) auch
die spezifische Ausstrahlung der klaren Verbrennungszone um einen noch nicht
gemessenen Faktor. Bei Bercksichtigung z.B. einer Verdoppelung von gilt mglicherweise
2 180 kW/m wenn fr ein Einzel-Poolfeuer = 180 kW/m2 nach Gl. (7.21b) ange-
nommen wird.
Es ist folglich eine deutliche Zunahme von zu erwarten, wenn die relative Lnge
der klaren Verbrennungszone sowie multiple Feuer betrachtet werden.
Die fr j OSRAMO II aus Gln. (7.26,7.27d) mit / d = 1.7 und / d = 1.0 sowie mit ta = 1,
aE = 1 berechneten Bestrahlungsstrken , sind am Beispiel von Einzel-
Diesel- und Kerosin-Poolfeuer (d = 25 m) in Abb. 7.9 dargestellt. Die berechnete Kurve 3 gilt fr
ein multiples Tankfeuer mit = 2.0.
7-43
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
bei konstanter Leckagerate ein maximaler Lachendurchmesser ein, der zur Berechnung
der Flammenlnge benutzt werden kann.
Das Modell von Cline [7.48] ist nur validiert an Laborexperimenten. Es wird das transiente
Wachstum eines unbegrenzten Lachenfeuers fr zwei Szenarien betrachtet:
Lache brennt von Anfang an,
Lache zndet mit Verzgerung.
Demnach werden die folgenden Gren abgeschtzt oder meist aus Testversuchen ermittelt [7.2]:
Neuere Untersuchungen befassen sich mit der Berechnung des Abbrands von Verschttungen
grerer Mengen an z.B. Rohl und KW auf Wasser.
Fr die Berechnung des Poolfeuerdurchmessers d auf Wasser gibt es das Modell von Cline [7.48].
Die Massenabbrandrate der nicht adiabatischen Lachenfeuern auf Wasser ist infolge des
zustzlichen Wrmeeintrags vom Wasser auf den Brennstoff deutlich hher als bei Lachen-
oder Poolfeuern auf Land. Im Allgemeinen breitet sich die Lache auf Wasser aus. Messungen
von fr z.B. LPG, LNG, Benzin, Rohl, Diesel, jeweils auf Wasser, liegen vor:
, (7.30)
. (7.31)
, (7.32)
Fr die Berechnung der Flammenform, z.B. fr eines Lachenfeuers lsst sich die Formel
fr ein Poolfeuer auf Land anwenden.
Die Berechnung von und erfolgt analog zu den Modellen fr Poolfeuer auf Land.
7-44
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.3.16. Tankfeuer
Tankfeuer knnen insbesondere in Tanklagern auftreten und werden gewhnlich als Poolfeuer
behandelt. Die wesentlichen Unterschiede eines Tankfeuers im Vergleich zu einem Poolfeuer
sind:
(a) Das Flssigkeitsniveau und folglich die Flammenbasis sind erhht. Der flssige Brennstoff
ist von einer Metallwand und einem Metallboden umgeben.
(c) Bei der Berechnung von Einstrahlzahlen j nach der allgemeinen Gleichung Gl. (7.27a) ist
zu beachten [7.1], dass im Fall eines Tankfeuers die Flamme nicht in der Hhe x = 0 [wie
in den Berechnungsformeln Gln. (7.27b,c) angenommen] beginnt, sondern erst in der
Hhe h ber der Grundflche.
(d) Die Anwendung von Poolfeuer-Modellen auf Tankfeuer wird in [7.49], die Wechselwirkung
eines Tankfeuers mit einem benachbarten, ungezndeten Tank in [7.58] und der Wind-
einfluss (Windkanalexperimente) auf eine Reihe hintereinander angeordneter Tankfeuer
(Tanks sind in einer Zeile angeordnet) in [7.50] untersucht.
(e) Bei einem Tankfeuer tritt am Tankrand eine Flammenabsenkung auf, die als die maximale
vertikale Entfernung (Eindringtiefe) definiert ist, die die Flamme (Flammenkontur, -ein-
hllende) vom oberen Tankrand in Richtung Brennstoffoberflche hat. Aus experimentellen
Untersuchungen (Isohexan-Tankfeuer, d = 52 m) hat Lautkaski [7.51] fr die folgende
empirische Korrelation gefunden:
(7.33)
(f) Wenn sich das Flssigkeitsniveau unterhalb des oberen Tankrands befindet, wird oder
von Wrmestrmen (z.B. infolge thermischer Strahlung) zwischen Tankwand und Fls-
sigkeitsoberflche beinflusst.
Es ist zu beachten, dass in Tanklagern hufig multiple Tankfeuer auftreten, deren Gefhrdungs-
potential deutlich hher ist, als das von Einzel-Tankfeuern.
7-45
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.3.17. Rinnenfeuer
Ein anderer Typ von Poolfeuer ist ein Rinnen-, Schlitz- bzw. Kanalfeuer, das infolge eines unfall-
bedingten Auslaufens bzw. einer Verschttung von brennbarer Flssigkeit entstehen kann, die
in eine Rinne oder einen Kanal eintritt [7.1]. Eine charakteristische Eigenschaft derartiger Feuer
ist ein groes Seitenverhltnis I/w.
In [7.29] werden derartige Rinnenfeuer als eine Serie von Einzel-Poolfeuer nherungsweise
modelliert, in bereinstimmung mit kleinskaligen Experimenten [7.52].
Auf der Basis experimenteller LNG-Rinnenfeuern mit I/w 30 [7.53, 7.56] wurden die folgenden
Korrelationen fr die sichtbare Flammenlnge , den Neigungswinkel q sowie fr das Flammen-
drag entwickelt:
(a) Fr windstille Bedingungen (uw 0) ist Fr1 < 0.1, so dass die Geometrie eines Rinnenfeuers
allein von der Breite w abhngig ist.
(b) Fr Fr1 0.25 nimmt mit wachsender Windgeschwindigkeit uw die sichtbare Flammenlnge
ab, der Flammenneigungswinkel q und das Flammendrag dagegen zu.
(c) Fr Fr1 > 0.25 ist die Flammengeometrie unabhngig von uw.
(d) Fr Windrichtungen etwa parallel zur Achse (Lnge l) der Rinne sind diese Korrelationen
nicht streng gltig.
(e) Die Anwendung dieser Korrelationen auf andere Brennstoffe als LNG ist unsicher.
7-46
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.3.18. CFD-Simulation
Die CFD-Vorhersage (CFD: Computational Fluid Dynamics) der Dynamik und der thermischen
Strahlung (SEP) von groen Lachen-, Pool- und Tankfeuern hat in jngster Zeit beachtliche
Fortschritte erzielt [7.43, 7.67, 7.80].
Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass es fr groe Feuer grundstzlich mglich
ist, mit Hilfe der CFD-Simulation die folgenden momentanen und zeitlich gemittelten, ortsab
hngigen Gren vorherzusagen: Strmungsgeschwindigkeiten, Emissionstemperaturen, spe-
zifische Ausstrahlung (SEP), Bestrahlungsstrken (E) sowie Spezieskonzentrationen jeweils mit
und ohne Windeinfluss.
Fr die CFD-Vorhersage der abgeleiteten Schlsselgre SEP ist die Kenntnis bzw. Definition
einer mglichst realistischen Flammenoberflche erforderlich.
In [7.43, 7.67, 7.80] werden drei unterschiedliche Wege beschrieben, die spezifische Ausstrah-
lung (SEP) groer Feuer vorherzusagen.
In Abb. 7.10 sind ein momentanes SEP(x,y,t)-Feld und das zeitlich gemittelte - Feld am
Beispiel eines JP-4 Poolfeuers (d = 16 m) dargestellt. Zu erkennen ist jeweils die klare, heie
Verbrennungszone mit SEP 250 kW/m und 250 kW/m. Auerdem werden die starken
Inhomogenitten von SEP(x,y,t) und (x,y) deutlich.
7-47
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Mit der CFD-Simulation lassen sich auerdem die stark inhomogenen momentanen Temperatur-
felder T(x,y,z,t) und stark inhomogenen zeitlich gemittelten Temperaturfelder (x,y,z) vorhersagen,
die in der Ebene z = 0 in Abb. 7.11 am Beispiel eines JP-4-Poolfeuers (d = 16 m) dargestellt
sind.
t = 14 s
Die CFD-Vorhersage und die OSRAMO II-Vorhersage der mittleren (d, JP-4)-Werte in Ab-
hngigkeit vom Pooldurchmesser d sowie die Messwerte fr unterschiedliche Brennstoffe sind
in Abb. 7.12 dargestellt. Fr Kerosin- und JP-4- sowie fr hnlich ruende Poolfeuer zeigt sich
im Bereich von 0.1 m d 100 m eine sehr gute bereinstimmung zwischen Vorhersage und
Messungen. Fr die anderen Brennstoffe und insbesondere fr LNG liegen derzeit teilweise
noch grere Abweichungen zwischen Vorhersage und Messungen vor. Ein bedeutsames Er-
gebnis aus Abb. 7.12 ist, dass eine eindeutige Abnahme von (d) mit zunehmendem d vor-
liegt. Fr LNG ist eine Abnahme der exp(d)-Kurve wahrscheinlich fr d > 35 m zu erwarten.
Es ist zu beachten, dass die obigen Abweichungen insbesondere auch durch die Unsicherheit
der Messwerte von act,exp bedingt sind, die von der schwierig vorhersagbaren Flammeno-
berflche AF abhngig ist [7.33]. Die Abhngigkeit exp (Brennstoff) kann noch nicht fr alle
der erwhnten Brennstoffe modelliert werden.
Es ist zu erwarten, dass zur Ermittlung von Quelltermen bei groen Feuern die CFD- Simulation
eine stark zunehmende Bedeutung erlangen wird.
7-48
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Abb.7.12: Validierung der CFD- und der OSRAMO II Vorhersagen mit gemessenen mittleren
(d, JP-4) - Werten in Abhngigkeit vom Pooldurchmesser d. Die Abhngigkeit
(Brennstoff) kann noch nicht fr alle erwhnten Brennstoffe modelliert werden.
7-49
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
stchiometrische Verbrennung;
keine Absorption von
zwischen Plume/Flamme und
Brennstoffoberflche;
senkrechte Zylinderflamme
es gilt
fr = 1
7-50
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Massenstrom an CO2
Massenstrom an CO
7-51
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7.5. Formelzeichen
7-52
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7-53
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
f [kg/s] Brennstoff-Massenstrom
[kg (s m2)] Brennstoff-Massenabbrandrate (Brennstoff-Massenver-
dampfungsrate) mit Windeinfluss
[kg (s m2)] Brennstoff-Massenabbrandrate (Brennstoff-Massenver-
dampfungsrate) ohne Windeinfluss
[kg (s m2)] maximale Brennstoff-Massenabbrandrate (Brennstoff-Massen-
verdampfungsrate) ohne Windeinfluss
[kg / kmol] molare Masse eines KW-Brennstoffs
p(x / H) [] Wahrscheinlichkeit dafr, dass zu irgendeinem Zeitpunkt das
Innere des Feuers ohne Rubedeckung in der Hhe x auftritt
bzw. dafr, dass ein maximales SEP vorliegt; 0 p 1
pg [Pa] Partialdruck des strahlenden Flammengases
[kW/m2] Wrmefreisetzungsrate pro Poolflche;
Q* [] Froude-Zahl hnliche charakteristische (Flammen- bzw.
Verbrennungs-) Zahl bzw. dimensionsloser Wrmestrom
[kW] Wrmestrom infolge thermischer Strahlung von der Flamme
in die Umgebung
[kW] Wrmerckstrom infolge thermischer Strahlung von der Pool-
flamme zur Brennstoffoberflche;
[kW] Wrmerckstrom infolge Wrmebergang von der Flamme zur
Brennstoffoberflche;
[kW] Wrmerckstrom infolge Wrmeleitung zwischen Poolrand und
flssigem Brennstoff;
[kW] totaler Wrmerckstrom in Richtung Brennstoffoberflche nach
Gl.(7.2)
[kW] Wrmeleitungsstrom in der brennbaren Flssigkeit
[kW] totale Wrmefreisetzungsrate (Brandleistung) des Feuers bzw.
totaler Wrmestrom infolge der spezifischen Verbrennungs-
enthalpie wenn ein Verbrennungswirkungs-
grad von 1 angenommen wird
[kW] totaler Wrmestrom von der Flamme in die Umgebung: infolge
thermischer Strahlung , Wrmebergang ( ) und
Wrmeleitung
[kW] konvektiver Wrmestrom infolge Auftrieb und Luftentrainment
in der Plumezone; s. auch Gln. (7.15d,e)
[kW] gesamter, erforderlicher Wrmestrom zur Verdampfung ( ),
Erwrmung ( ) des Brennstoffs inklusive Wrmeleitung
( ) innerhalb des flssigen Brennstoffs
[kW] maximaler gesamter Wrmestrom an der Flammenspitze
infolge von Konvektion ( ) und thermischer Strahlung
( ), nach Gl. (7.1c)
7-54
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7-55
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7-56
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
dimensionslose Kennzahlen
[] (Wind-) Froude-Zahl
[] (Wind-) Reynolds-Zahl
7-57
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
Indices
a Umgebung
act aktuell, d.h. mit Bercksichtigung einer teilweisen Bedeckung der Flamme mit
schwarzem Ru
ax axial
bp Siedezustand
ba Rckstrom von Flamme zur Brennstoffoberflche
B Schwarzer Krper
c Verbrennung (combustion)
ch charakteristisch
cl klare Verbrennungszone (clear burning zone), s. Abb. 7.2
e stationr bzw. im Gleichgewicht
eff effektiv
ent Entrainment (Einmischung, Mitreiung) von Umgebungsluft
exp experimentell
E Empfngerflchenelement
f Brennstoff (fuel) oder brennbare Flssigkeit
fp Strukturelement Brennstoffballen (fuel parcel)
F Flamme
h horizontal
hs Strukturelement hot spot
i Stoffkomponente (Spezies); fluiddynamisches Strukturelement
(i = re, oder hs, oder sp, oder fp)
j Modelle SFM, MSFM, Strahlungsmodell nach Mudan (s. Gl. (7.26)),
OSRAMO II, OSRAMO III
KW Kohlenwasserstoffe
L Lache
LS Leuchtende S pots
LZ (Gelb) leuchtende, heie (Verbrennungs) Zone
ma maximal, d.h. ohne Bedeckung mit schwarzem Ru
max Maximum bzw. maximaler Wert einer Gre
pl Plumezone
pul Pulsationszone
P P an Brandprodukten
Pool; Brandprodukt (im Zusammenhang mit Massenstrom m
rad thermische Strahlung
re Strukturelement Reaktions- bzw. Flammenzone
rf freigesetzte (verschttete) Flssigkeit (bzw. Brennstoff)
s schwarze Ruschicht bzw. -zone (smoke)
sp Strukturelement schwarze Ruballen (smoke parcel)
SA schwarze Ruflchen
SZ schwarze Ruzone (Soot Zone)
top Flammenspitze
7-58
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
tot gesamt
v Verdampfung bzw. Brennstoffdampf; vertikal (in Gl. (7.27c))
w Wind
zeitlicher Mittelwert
modifizierte Gre
molare Gre
7-59
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
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7-61
7. Quellterme bei offenen Brnden von Flssigkeiten und Gasen
7-62
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
In Kapitel 8 werden die bei der Verbrennung von Feststoffen auftretenden Quellterme bezglich
der Freisetzung von Stoffen und Energie behandelt. Es werden Hinweise zur Abschtzung der
Freisetzungsrate von Brandprodukten gegeben und Besonderheiten von Brnden in umschlos
senen Strukturen (z.B. in Gebuden) angesprochen.
8.1.1. Verbrennungsformen
Als wesentliche Verbrennungsformen bei Feststoffbrnden zu nennen sind
offene Brnde (Flammenbrnde), englisch flaming combustion,
Schwel- und Glimmbrnde, engl. smouldering combustion, und
Glutbrnde, engl. glowing combustion.
Offene Feststoffbrnde (Flammenbrnde) sind vom Erscheinungsbild her den offenen Gas-
und Flssigkeitsbrnden vergleichbar; in diesem Fall erfolgt in der Flammenzone die Verbren-
nung von Gasen und Dmpfen, die aus dem aufgeheizten und thermisch zersetzten Feststoff
entweichen. Nur wenige Feststoffe wie z.B. Polymethylmethacrylat (PMMA) verbrennen auf
nahezu gleiche Weise wie (verdampfende) Flssigkeiten, indem die Wrmebertragung aus der
Flamme an die Feststoffoberflche zur Spaltung der Polymerkette und somit zur Freisetzung
vorwiegend des Monomerdampfes fhrt. Bei den meisten offen brennenden Feststoffen tritt
hingegen zunchst eine erhebliche thermische Zersetzung des Feststoffs auf, so dass es sich
bei dem gasfrmigen Brennstoff, der in die Flammenzone eintritt, bereits um ein komplexes
Stoffgemisch handelt [8.1].
Die Situation bei der Verbrennung von Holz ist schematisch in Abbildung 1 dargestellt.
Flammenzone
Pyrolysezone
Wrmestrom
unpyrolysiertes
ins Innere
Holz
8-1
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Unter der Einwirkung von Wrmestrahlung aus der Flammenzone werden brennbare Pyrolyse-
gase freigesetzt, die in der Flammenzone unter Lufteinmischung offen verbrennen; gleichzeitig
tritt eine Verkohlung und Aufspaltung der ueren Schicht des festen Brennstoffs ein. Nach
dem vollstndigen Austreiben der Pyrolysegase aus dem Brandgut verbrennt der verkohlte fe-
ste Rckstand in Form eines Glutbrandes.
Schwel- und Glimmbrnde treten in porsen Materialien (Haufwerken, Schttgtern etc.) auf.
Schwelbrnde sind durch niedrige Temperatur und durch Sauerstoffmangel in der Zersetzungs
zone gekennzeichnet, so dass die freigesetzten Zersetzungsprodukte nicht zur Zndung
gelangen und keine offene Flamme auftritt. Die fr die thermische Zersetzung und Schwelgas-
bildung bentigte Wrme wird im Falle eines sich selbst unterhaltenden Schwelbrands durch
Oberflchenoxidation in der verkohlten Zone erzeugt [8.2]. Eine Voraussetzung fr diese Ver-
brennungsform ist, dass die Materialien bei ihrer Erhitzung eine porse Verkohlungszone aus-
bilden und nicht schmelzen.
Schwel- bzw. Glimmbrnde knnen sowohl durch eine Erhitzung der ueren Oberflche des
Feststoffs als auch in Folge einer Selbstentzndung im Inneren eines reaktiven Haufwerks ent-
stehen. Ein Schwelbrand kann in einen offenen Flammenbrand bergehen, wenn die gebilde-
ten, brennbaren Schwelgase an der Oberflche des Feststoffs entzndet werden. Viele Scha-
denfeuer entwickeln sich mit einer anfnglichen Schwelbrandphase [8.1].
Die Verwendung der Begriffe Glimmen und Schwelen erfolgt in der Praxis uneinheitlich.
In der Richtlinie VDI2263 Blatt1 [8.3] wird im Zusammenhang mit der Brennzahlbestimmung
brennbarer Stube das Durchglhen einer Staubschttung (ohne Funkenwurf) als Glimm-
brand bezeichnet, im Unterschied zur Verbrennung mit Funkenwurf oder Flammenerscheinung
(offene Verbrennung). Eine andere Definition verbindet den Begriff des Glimmbrands mit der
glhenden Verbrennung eines Stoffs ohne sichtbare Flamme. Die bei der Selbstentzndung
eines Haufwerks entstehenden, heien Reaktionszonen im Haufwerksinneren werden zudem
oft als Glimmnester bezeichnet.
Als Glutbrand wird eine Feststoffverbrennung bezeichnet, die ohne Schwelgasbildung und
ohne Flammen als oxidative Oberflchenreaktion des Feststoffs abluft und typischerweise bei
der Verbrennung kohlenstoffreicher Feststoffe oder verkohlter Rckstnde auftritt. Ein Beispiel
hierfr ist die Verbrennung von Holzkohle.
Bei der Feststoffverbrennung in einem realen Schadenfeuer finden die beschriebenen Formen
der Verbrennung meistens sowohl nacheinander (bezogen auf eine einzelne Stelle des Brand-
guts) als auch gleichzeitig an verschiedenen Stellen des Brandguts statt. Die grte Quell-
strke in Bezug auf den Wrmestrom und den Quellmassenstrom atmosphrisch freigesetzter
8-2
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Brandprodukte tritt in einem Schadenfeuer generell beim offenen Flammenbrand auf1, der aus
diesem Grunde den Schwerpunkt der hier vorliegenden Betrachtung bildet.
Eine differenziertere Einteilung, angelehnt an die VDI-Richtlinie 6019 Blatt1 [8.5], bercksichtigt
folgende Phasen:
1. Brandentstehungsphase: nach Entzndung linear mit der Zeit zunehmende Brandleistung
2. Fortentwickelte Brandphase: quadratische Zunahme der Brandleistung mit der Zeit
3. Konstante Brandphase (bei lokal begrenzten Brnden): konstante Brandflche und
konstante Brandleistung
4. Kontrollierte Brandphase: konstante bzw. abnehmende Brandflche und Brandleistung
nach Auslsung automatischer Lschanlagen (Sprinkleranlagen)
5. Brandbekmpfung durch die Feuerwehr: linear auf Null zurck gehende Brandleistung
Zur Ermittlung eines Quellterms fr die atmosphrische Ausbreitung werden diejenigen chemi-
schen Reaktionen im Nahbereich des Brandherdes bercksichtigt, die an der Flammenober
flche abgeschlossen sind. Folgereaktionen auf dem weiteren Ausbreitungsweg (z.B. Weiter-
reaktion der Brandgase mit Luftfeuchtigkeit), Agglomerations- und Sedimentationsvorgnge
(z.B. von Rupartikeln) sowie eine mgliche Auswaschung von Stoffen (z.B. durch Regen)
wirken sich als Teilvorgnge der atmosphrischen Ausbreitung aus und sind daher nicht
Gegenstand der Quelltermbeschreibung.
Zur Ermittlung der brandbedingten Quellterme bei Feststoffbrnden bietet sich folgende
Vorgehensweise an:
1. Ermittlung der brandrelevanten Kenndaten des Brandguts (wie z.B. der spezifischen
Verbrennungsenthalpie DhC, der flchenbezogenen Wrmefreisetzungsrate und der
Brandausbreitungsgeschwindigkeit v),
2. Beschreibung des zeitabhngigen Brandverlaufs (Brandflche und/oder Brandleistung),
3. Beschreibung der korrespondierenden zeitabhngigen Emissionsrate der Brandprodukte
1 Eine Ausnahme bilden Feststoffbrnde in umschlossenen Strukturen mit stark eingeschrnkter Luftzufuhr, z.B. Brnde
in Silos und in Deponiekrpern, bei denen die Umschlieung der Schwel- bzw. Glimmbrandzone ber die gesamte
Branddauer weitgehend erhalten bleibt. Die freiwerdenden, nicht entzndeten Schwelgase stellen in diesem Fall den fr
die atmosphrische Ausbreitung relevanten Quellstrom dar.
8-3
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Die Ausbreitung von Brandrauch innerhalb des Brandraums und in Rumen, die in offener Ver-
bindung zum Brandraum stehen, wird durch die auftriebsbedingte Eigendynamik des Rauchs
sowie durch berlagerte uere Einflsse (Gebudelftung, Windeffekte) bestimmt. Die Anord-
nung und Gre von Zustrm- und Abstrmffnungen zur Umgebung sowie die Leistung ggf.
vorhandener Zuluft- oder Absauganlagen wirken sich ebenfalls auf die Rauch- und Wrmeaus-
breitung innerhalb des Gebudes aus. Zur Modellierung dieser Phnomene eignen sich z.B.
Mehrzonenmodelle, in denen Energie- und Stofftransportbeziehungen simultan gelst werden,
und CFD-Codes.
Fr die atmosphrische Ausbreitung des Brandrauches sind in diesem Fall die Abstrmffnun-
gen zur Atmosphre als relevante Grenzflchen zu betrachten und die Kenngren der Rauch-
strmung an diesen Grenzflchen (Temperatur, Massenstrom und Zusammensetzung) fr die
Modellierung der anschlieenden atmosphrischen Ausbreitung zugrunde zu legen. Bei offenen
Brnden hingegen wird blicherweise, wie auch bei Poolbrnden (Kapitel 7), die Grenzflche
fr die Kopplung mit einem Modell der sich anschlieenden atmosphrischen Ausbreitung in
Hhe der Flammenspitzen angesetzt.
8-4
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Der Volumenstrom der Brandgase ist ein auch in der Fachliteratur gelegentlich verwendeter
Begriff zur Beschreibung der Brandproduktbildung. Damit werden allerdings in der Praxis un-
terschiedliche Gren bezeichnet, vgl. nachstehende Tabelle.
Tabelle 8.1: Gebruchliche Angaben zur Beschreibung des Brandgas- bzw. Rauch
volumenstroms
Gre charakteristische Werte (beispielhaft)
Luftverbrauch (auf Normbedingungen umgerech- 8 m3/s Luft je 1 kg/s Abbrandrate*)
net) fr eine theoretisch vollstndige Verbrennung
des Brandguts entsprechend der momentanen
Abbrandrate, z.B. [8.19]
Volumenstrom (real) der Brandgase einschlielich 100 m3/s je 1 kg/s Abbrandrate*)
eingemischter Luft durch einen beliebigen Bezugs-
querschnitt, z. B. in Hhe der Flammenspitzen, (bei 500 C Rauchtemperatur
in Hhe der Rauchschichtuntergrenze oder durch und 30% Strahlungsanteil)
Rauchabzugsffnungen ins Freie
Volumenstrom (rechnerisch), bei dem der frei 1032104 m3/s je 1 kg/s Abbrandrate
gesetzte Brandgasstrom nach Vermischung mit
Umgebungsluft eine bestimmte Konzentration (Grenze der Sichtbeeintrchtigung
oder optische Dichte annehmen wrde bei stark rubildenden Brandgtern)
*) bei einem angenommenen unteren Heizwert des Brandguts von 30 MJ/kg
Die Angabe eines Brandgas- oder Rauchvolumenstroms ist daher als Beschreibung des Quell-
terms der Stofffreisetzung nur bedingt geeignet und erfordert die gleichzeitige Angabe eines
Bezugszustands oder Bezugsquerschnitts sowie die zustzliche Angabe der Konzentration des
jeweiligen Stoffs.
Diese Anstze basieren grtenteils auf empirischen Untersuchungen. Soweit in den Modellan-
stzen auf brandbezogene Stoffkenngren Bezug genommen wird, ist zu beachten, dass
diese Kenngren auf bestimmte Brand- oder Prfszenarien bezogen sind. Eine Vernderung
z.B. der geometrischen Anordnung des Brandguts (vertikale statt horizontale Brandaus
breitung) oder der Ventilationsbedingungen kann signifikante nderungen der Brandkenn
gren zur Folge haben (vgl. [8.6]).
Die vorliegende Betrachtung orientiert sich an einer makroskopischen Beschreibung des Ver-
brennungsvorgangs, welche als Zielgren die (zeitabhngige) Wrmefreisetzungsrate und die
damit verbundenen Massenstrme atmosphrisch freigesetzter Verbrennungsprodukte ergibt.
8-5
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Modelle zur detaillierten Beschreibung der
lokalen Wrme- und Stofftransportvorgnge und der chemischen Reaktionen der Feststoff
verbrennung in der Literatur beschrieben und auch bereits fr die numerische Verbrennungs
simulation (z.B. mit Hilfe von CFD-Modellen) verfgbar gemacht worden sind. Da die Ermittlung
strungsbedingter Quellterme bei Feststoffbrnden in den meisten Fllen auf vergleichsweise
groben Angaben bezglich der Geometrie und Stoffeigenschaften der Brandlast beruht, wird
die detaillierte Verbrennungsmodellierung fr Feststoffbrnde hier nicht nher betrachtet.
Das Schema der hierfr relevanten Vorgnge sieht folgendermaen aus [8.1]:
Lufteinmischung
Brennstoffmassenstrom
Strahlungswrmestrom
Wrmeverluste
Abb. 2: Vorgnge an der Oberflche eines verbrennenden Feststoffs
Aus der Flamme und ggf. zustzlich aus der heien Umgebung wird Strahlungswrme an die
Oberflche des festen Brandguts bertragen. Dieser Wrmestrom bewirkt teilweise die Ver-
dampfung bzw. Pyrolyse des Brandguts und erzeugt einen entsprechenden Brennstoffstrom in
die Flammenzone.
(8.1)
8-6
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Die Brandleistung eines flchenhaften Brandes errechnet sich als Produkt aus der flchen-
bezogenen Abbrandrate , der Brandflche A und der spezifischen Verbrennungsenthalpie
DhC, deren Zahlenwert mit dem unteren Heizwert HU des Feststoffs bereinstimmt:
(8.2)
Zur Bemessung von Anlagen zur Beherrschung der brandbedingt freigesetzten Wrme und
des Rauches werden vor allem zeitabhngige Brandleistungskurven benutzt. Diese beruhen
zumeist auf der flchenbezogene Wrmefreisetzungsrate in kW/m2 und der zeitabhngigen
Brandflche A(t). Unter der empirisch begrndeten Annahme einer konstanten Geschwindigkeit
v, mit der sich ausgehend von einem Anfangsradius 0,5d0 der Radius der brennenden Flche
mit der Zeit auf einem nherungsweise ebenen Brandgut vergrert, ergibt sich ein quadrati-
scher Zusammenhang zwischen Brandleistung und Branddauer (t2-Brand). Somit gilt fr die
fortentwickelte Brandphase:
(8.3)
und
(8.4)
Die mittlere horizontale Brandausbreitungsgeschwindigkeit bei festen Stoffen wird von
Schneider [8.4] auf der Grundlage von Daten der ISO [8.9] wie folgt angegeben:
8-7
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Zur Bemessung von Rauchabzugsanlagen nach DIN 18232 Teil2 [8.10] werden beispielsweise
eine flchenbezogene Wrmefreisetzungsrate (spezifische Brandleistung) von 300 kW/m2
und eine Brandausbreitungsgeschwindigkeit von 2,5mm/s (besonders gering), 4,2mm/s (mit-
tel) oder 7,5mm/s (besonders gro) als Parameter zugrunde gelegt.
Zum Vergleich: Bei Lachen von Flssigkeiten, deren Temperatur die Flammpunkttemperatur
berschreitet, liegt die horizontale Flammenausbreitungsgeschwindigkeit bei ruhender
Umgebung in der Grenordnung der (laminaren) Flammengeschwindigkeit des betreffenden
Dampf-Luft-Gemisches und somit um zwei Zehnerpotenzen hher als die Flammenausbreitungs-
geschwindigkeit auf Feststoffoberflchen, so dass bei Flssigkeitsbrnden praktisch in den
meisten Fllen eine sehr schnelle Brandausbreitung auf die gesamte Oberflche des Brandguts
angenommen werden kann.
(8.5)
(8.6)
Die vorstehenden Beziehungen gelten bei Brnden in Bauwerken nur solange, wie es nicht zum
sogenannten Flashover kommt, d.h. zu einer schnellen Flammenausbreitung auf smtliche
im Brandraum befindlichen festen Brandstoffe. Dieser Effekt markiert den schlagartigen ber-
gang von einem Entstehungsbrand zum Vollbrand und kann nach hinreichender Aufheizung
und thermischer Aufbereitung der Brandlasten durch Wrmestrahlung insbesondere aus einer
heien, deckennahen Rauchschicht eintreten. Zeitlich fllt ein Flashover gem experimenteller
Beobachtung hufig mit dem Erreichen einer Temperatur von 500 bis 600C in der Rauch-
schicht zusammen [8.11] und ist mit einem schlagartigen Anstieg der Temparatur im gesamten
Brandraum bis zur Flammentemperatur verbunden.
8-8
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Grundlegende Erkenntnisse ber die Art und Zusammensetzung der Produkte, die bei der
Verbrennung eines definierten Ausgangsmaterials entstehen, lassen sich durch Laborversuche
mit Mikroverbrennungsapparaturen gewinnen [8.12], z. B. mit der Verbrennungsapparatur nach
DIN53436 [8.13] und mit der VCI-Apparatur [8.14], in denen die Verbrennungsbedingungen
sowohl hinsichtlich der Temperatur als auch des Sauerstoffangebots gezielt eingestellt werden
knnen. Experimentelle Untersuchungen zur Brandproduktbildung werden auch in greren
Versuchsapparaturen durchgefhrt, die von Verbrennungskalorimetern, z. B. dem Cone Calori-
meter nach ISO5660-1 [8.15], bis hin zu Brandprfstnden reichen.
Die folgenden Betrachtungen basieren, soweit nicht anders ausgefhrt, auf der Annahme, dass
das Brandgut die Elemente Kohlenstoff und Wasserstoff enthlt. Dies trifft fr fast alle organi
schen Verbindungen sowie fr brennbare Verpackungsmaterialien zu.
Halogene (F, Cl, Br) im Brandgut reagieren zum jeweiligen Halogenwasserstoff, zustzlich in ge-
ringen Anteilen zu den Halogenen. Chlor reagiert in geringem Umgang zu COCl2 (Phosgen). Bei
Anwesenheit von Chlor oder Brom ist in Spuren die Bildung polyhalogenierter Dibenzodioxine
und Dibenzofurane mglich.
8-9
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Nach Angaben aus [8.16] ist bei Brnden von Pflanzenschutzmitteln mit einer Brandprodukt
bildung entsprechend der nachstehenden Tabelle zu rechnen. Die Angaben beziehen sich auf
Klein- bzw. Entstehungsbrnde. Soweit zutreffend, sind die Bedingungen angegeben, unter denen
die betreffenden Stoffe bei kleinskaligen Untersuchungen in den Brandgasen gefunden wurden.
8-10
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Die Bildung polychlorierter Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und furane (PCDF) wird in Form von To-
xizittsquivalenten (TE) quantifiziert, wobei die einzelnen PCDD-/PCDF-Spezies mit Hilfe von
Wirkfaktoren bewertet, aufsummiert und als 2,3,7,8-TCDD-Wirkquivalente angegeben werden.
Die angenommene Reaktion eines Elements (A) aus dem Brandgut mit einer weiteren, im ber-
schuss vorhandenen Komponente (X) zum charakteristischen Brandprodukt (P) folgt der
Gleichung
(8.7)
(8.8)
Dabei ist xA der Massenanteil des Elements A im Brandgut (in kg/kg); MA und MP sind die
Molmassen der jeweiligen Stoffe (in kg/mol).
8-11
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Die Bildungsrate des Brandprodukts ist dann unmittelbar aus der Abbrandrate des
Brennstoffs oder der Wrmefreisetzungsrate zu berechnen als
(8.9)
(8.10)
Fr die Rubildung unter den Bedingungen eines Brandes mit hohem Luftberschuss (well
ventilated) werden in [8.17] folgende Ausbeutefaktoren angegeben:
Abb. 3: Ruausbeute bei einer Verbrennung mit hohem Luftberschuss, nach [8.17]
8-12
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Die Ruausbeute der Mehrzahl der aufgefhrten Stoffe bei einer Verbrennung mit hohem Luft
berschuss liegt zwischen 0,01 und 0,2.
Der Einfluss der Ventilationsbedingungen auf die Rubildung kann anhand des quivalenz
verhltnisses (equivalent ratio) F nherungsweise durch folgende Gleichung beschrieben
werden [8.17]:
(8.11)
In dieser Gleichung bezeichnet yVC die Ruausbeute bei eingeschrnkter Luftzufuhr (ventilation
controlled) und yWV die Ruausbeute bei einem Brand mit hohem Luftberschuss (well ven-
tilated). Die Koeffizienten a und x sind vom Brandgut abhngig. Das quivalenzverhltnis F
reprsentiert das Verhltnis zwischen dem Luftstrom, welcher zur stchiometrischen Verbren-
nung des Brandguts bei der jeweiligen Abbrandrate des Brandguts bentigt wird, und dem
tatschlich im Brandversuch zugefhrten Luftstrom. Ein quivalenzverhltnis F>1 entspricht
somit unterstchiometrischer Luftzufuhr, F<1 entspricht berstchiometrischer Luftzufuhr; bei
F<<1 liegt ein gut ventilierter Brand vor. Der Wert F=4 markiert die Grenze zur flammenlosen
thermischen Zersetzung des Brandguts.
Fr Holz und fr einige Kunststoffe werden bezglich der Ventilationsabhngigkeit der Ruaus
beute in der Literatur folgende Koeffizienten angegeben:
Material a x
Holz 2,5 1,2
Nylon 1,7 0,8
PE, PP 2,2 1,0
PMMA 1,6 0,6
PS 2,8 1,3
PVC 2,8 1,3
8-13
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
quivalenzverhltnis
Bei einer Verbrennung der aufgefhrten Stoffe steigt die Ruausbeute demnach auf das 1,5-
bis Dreifache, wenn die Luftzufuhr, ausgehend von einem gut ventilierten Brand, bis an die
Grenze der flammenlosen Zersetzung reduziert wird.
Neben der Entstehung chemischer Reaktionsprodukte aus dem Brandgut ist bei einem Schaden-
feuer grundstzlich auch mit der thermischen Freisetzung eines Teils des Brandguts in unver-
brannter Form zu rechnen, sofern dieses eine ausreichend hohe Flchtigkeit besitzt.
Gem [8.16] geht bei einem Brand von Pflanzenschutzmitteln bis zu 1% des Brandguts in
unverbrannter Form in das Brandgas ber (d.h. 10mg/g umgesetztes/verbranntes Produkt).
In [8.7] und [8.8] wird der unverbrannt freigesetzte Anteil des Brandguts fr Substanzen mit
hohem Siedepunkt auf 1 bis 2 %, fr solche mit niedrigem Siedepunkt (bzw. Flammpunkt
<100C) auf bis zu 10 % geschtzt.
8-14
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Angenommen werden die (nahezu) vollstndige Umsetzung des Schwefels zu SO2 und von Chlor
zu HCl sowie die Bildung von TCDD-Toxizittsquivalenten (TE) entsprechend der in Abschnitt
8.4.3 genannten Ausbeute (0,2*10-6 g TE je kg verbranntes Material und je % Chlorgehalt).
Fr die Entstehung von CO und CO2 wird aufgrund guter Ventilation das Stoffmengenverhltnis
2:98 angenommen. Aus Laboruntersuchungen ist fr das Brandgut bekannt, dass 3% des im
Produkt enthaltenen Stickstoffs zu Stickstoffdioxid und 0,2% zu HCN reagieren.
Mit diesen Angaben errechnet sich anhand der Gln. (8.7) und (8.8) die Brandproduktausbeute
wie in Tabelle 8.7 aufgefhrt.
Brandprodukt Ausbeute
Schwefeldioxid 100 mg/g
Chlorwasserstoff 51 mg/g
TCDD-TE 1 10-6 mg/g
Kohlendioxid 1800 mg/g
Kohlenmonoxid 23 mg/g
Stickstoffdioxid 5 mg/g
Cyanwasserstoff 0,2 mg/g
8-15
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Bei lokal begrenzten Brnden innerhalb geschlossener Rume (z.B. Lagerhallen) sammelt sich
der Rauch in einer Schicht unter der Decke. Die mittlere Zusammensetzung und Temperatur
dieser Rauchschicht hngen mageblich von der Aufstiegshhe des Rauches bis zur Unter-
grenze der Rauchschicht und von der Lufteinmischung entlang dieses Aufstiegswegs ab, die
bei solchen Brnden somit auch bei der Ermittlung der Kenngren an den Grenzflchen zur
atmosphrischen Ausbreitung zu bercksichtigen sind.
Zur Beschreibung der Lufteinmischung in die Flammenzone und in die Rauchfahne (Plume) bei
nherungsweise ruhender Umgebung wurden auf der Grundlage theoretischer Betrachtungen
und empirischer Untersuchungen unterschiedliche Plumeformeln abgeleitet. Eine bersicht
ber im Brandschutzingenieurwesen verwendete Plumeformeln gibt Brein [8.18].
In dieser Tabelle ist der Massenstrom der eingemischten Luft in kg/s, der konvektiv im
Plume abgefhrte Wrmestrom in kW, z die vertikale Lngenkoordinate in m und z0 die Hhe
des (virtuellen) Strahlursprungs, die zumeist in der Nhe der Brandgutebene liegt. U bezeichnet
den Umfang des Brandherdes; der Faktor b (als Multiplikator) charakterisiert die Grenzen des
8-16
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
Vertrauensintervalls um den nach der jeweiligen Plumeformel berechneten Wert, welches 80%
der in der Praxis unter gleichen Bedingungen gefundenen Einmisch-Massenstrme einschliet.
Bei einer berlagerung von (turbulenten) Strmungen der Umgebungsluft erhht sich die Ein-
mischung in den Rauchplume um bis zu 50% (Zeilen 1 bis 3 in Tabelle8.8).
Die in Zeile1 der Tabelle aufgefhrte Formel entspricht einer von Zukoski angegebenen Bezie-
hung fr die Lufteinmischung im Fernfeld. Zeile4 enthlt eine von Thomas und Hinkley ange-
gebene Beziehung fr den brandherdnahen Bereich.
Die angegebenen Beziehungen fr die Lufteinmischung sind bei der Formulierung der An-
fangsbedingungen fr die atmosphrische Freisetzung zu bercksichtigen, wenn der Brand in
einem geschlossenen Geude (z.B. Lagerhalle) stattfindet und die Verdnnung und Abkhlung
der Brandgase durch Lufteinmischung zwischen der Flammenzone und der Abzugsffnung im
Dach des Gebudes (= Quellflche der atmosphrischen Ausbreitung) relevant wird. Im Fall
eines kontrollierten Rauchabzugs stellen sich die Hhenlage der Rauchschichtuntergrenze und
der korrespondierende, ins Freie abgefhrte Gesamt-Rauchmassenstrom (Brandprodukte und
eingemischte Luft) in einem dynamischen Gleichgewicht ein. Bei maschineller Entrauchung
(mittels Rauchgasventilatoren) wird der abgefhrte Volumenstrom aufgeprgt. Bei der natrli-
chen Entrauchung sind die strmungswirksamen Querschnitte der Abzugsffnungen und der
Zuluft-Nachstrmffnungen die vorgegebenen ueren Randbedingungen, zu denen sich ein
Gleichgewicht zwischen den (massenstromabhngigen) Strmungsdruckverlusten an den ff-
nungen und der auftriebsbedingten, von der Dicke und Temperatur der Rauchschicht abhngi-
gen treibenden Druckdifferenz einstellt. Eine detaillierte Beschreibung der relevanten Phnome-
ne ist z.B. der VDI-Richtlinie 6019 Blatt2 [8.5] zu entnehmen.
8-17
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
8.6. Literatur
[8.1] Simmons, R. F.: Fire Chemistry.
erschienen in: Cox, G. (Hrsg.): Combustion Fundamentals of Fire, Academic Press, London 1995
[8.2] Drysdale; D. D.: An Introduction to Fire Dynamics (2nd ed.), John Wiley & Sons, Chichester 1998
[8.3] VDI-Richtlinie 2263: Staubbrnde und Staubexplosionen; Gefahren, Beurteilung,
Schutzmanahmen
Blatt 1: Untersuchungsmethoden zur Ermittlung von sicherheitstechnischen Kenngren von
Stuben. VDI, Dsseldorf 1990
[8.4] Schneider, U.: Ingenieurmethoden im Baulichen Brandschutz, Expert Verlag, Renningen 2001
[8.5] VDI-Richtlinie 6019: Ingenieurverfahren zur Bemessung der Rauchableitung aus Gebuden.
Blatt 1: Brandverlufe, berprfung der Wirksamkeit. VDI, Dsseldorf 2005
Blatt 2: Ingenieurmethoden. VDI, Dsseldorf 2009
[8.6] Drysdale, D. D.: Fundamental Fire Properties of Combustible Materials.
Improved Fire- And Smoke Resistant Materials for Commercial Aircraft Interiors, Proceedings,
1995
[8.7] Methods for the determination of possible damage to people and objects resulting from
releases of hazardous materials. CPR 16E, Erste Auflage, Den Haag, 1992
[8.8] Methoden voor het bepalen van mogelijke schaden, Publicatiereeks Gevaarlijke Stoffen 1 (PGS 1)
Den Haag/NL, 2005 http://www.publicatiereeksgevaarlijkestoffen.nl/publicaties/PGS1.html
[8.9] International Standards Organisation: Fire Safety Engineering. Subsystem 4: Detection,
Activation and Suppression, ISO CD 13393, Mai 1997
[8.10] DIN 18232: Rauch- und Wrmefreihaltung
Teil 2: Natrliche Rauchabzugsanlagen (NRA); Bemessung, Anforderungen und Einbau; Nov. 2007
[8.11] Thomas, P. H.: The growth of fire.
erschienen in: Cox, G. (Hrsg.): Combustion Fundamentals of Fire, Academic Press, London 1995
[8.12] Richter, Hans: Schadstoffentstehung bei Brnden mit Chemikalien.
erschienen in: Braunschweiger Brandschutz-Tage 99 (Tagungsband), Institut fr Baustoffe,
Massivbau und Brandschutz, Braunschweig
[8.13] DIN 53436: Erzeugung thermischer Zersetzungsprodukte von Werkstoffen unter Luftzufuhr und
ihre toxikologische Prfung
Teil 1: Zersetzungsgert und Bestimmung der Versuchstemperatur, April 1981
[8.14] Brutigam, A.: Einflsse der Brandgutzusammensetzung und der Verbrennungsbedingungen
auf die Entstehung mittel- und schwerflchtiger organischer Brandrauchinhaltstoffe
Dissertation, Ruhr-Uni Bochum, 2000
[8.15] ISO 5660: Prfungen zum Brandverhalten von Baustoffen Wrmefreisetzung, Rauchentwick-
lung und Masseverlustrate.
Teil 1: Wrmefreisetzungsrate (Cone-Calorimeter-Verfahren), Dez. 2002
[8.16] Auswirkungen von Brnden in Pflanzenschutzmittellgern, Industrieverband Agrar e.V. (IVA),
Frankfurt am Main, 1993
[8.17] SFPE Handbook of Fire Protection Engineering, 3rd Edition,
NFPA, Quincy, Massachusetts, 2002
[8.18] Brein, D.: Anwendungsbereiche und -grenzen fr praxisrelevante Modellanstze zur Bewertung
der Rauchausbreitung in Gebuden (Plume-Formeln); Forschungsstelle fr Brandschutztechnik,
Karlsruhe, Dezember 2001
[8.19] Kaiser, W., et al.: Ermittlung und Berechnung von Strfallablaufszenarien nach Magabe der
3. Strfallverwaltungsvorschrift, UBA-Forschungsbericht 29748 428, Umweltbundesamt, Berlin
2000
8-18
8. Quellterme bei Feststoffbrnden
8.7. Formelzeichen
A [m2] Brandflche
c [1/s] Konstante (Gl. 8.5)
d [m] Durchmesser der Brandflche
HU [kJ/kg] unterer Heizwert
DhC [kJ/kg] spezifische Verbrennungsenthalpie
DhV [kJ/kg] spezifische Enthalpie zur Verdampfung bzw. Pyrolyse des Brennstoffs
M [kg/mol] Molmasse
[kg/s] Massenstrom der eingemischten Luft
[kg/s] Massenstrom der Komponente i
[kg/(m2 s)] flchenbezogene Abbrandrate (Massenabbrandrate)
[kW] Wrmefreisetzungsrate des Brandes (Brandleistung)
[kW] konvektiver Wrmestrom im Rauchstrom (Plume)
[kW/m2] flchenbezogene Wrmefreisetzungsrate
[kW/m2] flchenbezogenen Wrmeeinstrahlung aus der Flamme
[kW/m2] flchenbezogener Verlustwrmestrom
T [K] Temperatur
t [s] Zeit
U [m] Umfang des Brandherdes
v [m/s] Brandausbreitungsgeschwindigkeit
xA [kg/kg] Massenanteil des Elements A im Brandgut
y [kg/kg] Ausbeute
z [m] vertikale Lngenkoordinate
z 0 [m] Hhe des (virtuellen) Strahlursprungs
zF [m] Hhe der Flammenzone
a [] Koeffizient fr die Ventilationsabhngigkeit der Ausbeute (Gl. 8.11)
b [] Multiplikator fr die Grenze des Vertrauensintervalls (80% der Messwerte)
x [] Koeffizient fr die Ventilationsabhngigkeit der Ausbeute (Gl. 8.11)
F [] quivalenzverhltnis (Gl. 8.11)
Indices
0 Anfangszustand
C Verbrennung (combustion)
f Brennstoff (fuel)
F Flamme
i Laufvariable; Komponente
P Brandprodukt
S Ru (soot)
vc unter Luftmangel (ventilation controlled)
wv unter Luftberschuss (well ventilated)
8-19
9. Quellterme bei Explosionen
Im vorliegenden Kapitel werden in kurzer Form diejenigen Aspekte von Explosionen dargestellt,
die im Hinblick auf Quellterme fr Ausbreitungsrechnungen relevant werden knnen.
Ausgehend von einer Emission (in Abhngigkeit von Raum und Zeit) liefert eine Ausbreitungs
rechnung die mittlere Konzentration eines freigesetzten Stoffs (ebenfalls in Abhngigkeit von
Raum und Zeit). Als mgliche Quellen fr Stoffemissionen werden in der Richtlinie VDI3783
Bl.4 auch Explosionen angesprochen. Relevante Emissionsparameter sind in diesem Fall die
freigesetzte (Stoff-)Menge, die Freisetzungsdauer und die Geometrie (Ausdehnung) der Quelle.
Vorangehende Freisetzungen sind von Bedeutung z.B. zur Ermittlung des zusammenhn-
genden Volumens bzw. der in diesem Volumen enthaltenen Brennstoffmasse eines explosi-
onsfhigen Gemisches von Gasen, Dmpfen oder Nebeln mit Luft. Die hierfr mageblichen
Quellterme sind in den vorangehenden Abschnitten dieses Statuspapiers im Detail beschrieben
worden. Das zusammenhngende explosionsfhige Volumen, d.h. das von der UEG-Kontur
eingeschlossene Volumen, lsst sich ermitteln, indem diese Quellterme als Eingangsgren in
Ausbreitungsmodelle eingesetzt werden, die den Nahbereich der Quelle beschreiben und mit
deren Hilfe die UEG-Kontur berechnet werden kann. Hierfr sind insbesondere Ausbreitungs-
modelle relevant, die den atmosphrischen Freistrahl (vgl. Kap. 4 dieses Statuspapiers) und die
Schwergasausbreitung beschreiben.
Die mit einer Explosion einhergehende Freisetzung von Stoffen betrifft zum einen Reaktions
produkte, die bei einer Explosion im Freien entstehen, zum anderen Stoffe, die bei einer Explo-
sion in einem Behlter oder Apparat als Folge einer gezielten ffnung (Explosionsdruckentla-
stung) oder einer unbeabsichtigten ffnung (Versagen der Umschlieung) ins Freie gelangen.
Dies schliet die Freisetzung unverbrannter Ausgangsstoffe ein.
Von einer Explosion verursachte Freisetzungen werden im Wesentlichen durch die Wechsel
wirkung der unmittelbaren Explosionseffekte (Druckwelle, Trmmerwurf, Wrmestrahlung)
mit Strukturen wie z.B. Behltern, Apparaten und Rohrleitungen bestimmt, die sich im
9-1
9. Quellterme bei Explosionen
9-2
lB
QB = ( TB -Tfl
lB
rB c p, B