FunkTions KeraMik 3
FunkTions KeraMik 3
FunkTions KeraMik 3
Funktionskeramik
Professur fr
nichtmetallische Werkstoffe
ETH Zrich
Ausgabe 2001
1
1 :Bi-2212 Hochtemperatur Supraleiter
2 2: Keramikschaum fr SOFC
3 3: Impedanzspektrum einer LSM-Kathode
4: Dnnschicht-Elektrolyt fr Niedertemperatur SOFC
4
Inhaltsverzeichnis
1.1 Die Dielektrizittszahl 4
Kap. 1
1.2 Dielektrische Verluste 6
Lineare Dielektrika 1.3 Polarisationsarten 8
1.4 Der Zusammenhang zwischen der
Dielektrizittszahl und der Polarisation 10
1.5 Frequenz- und Temperaturabhnigkeit 14
1.6 Impedanzspektroskopie 24
5.1 Grundbegriffe 78
Kap. 5
6.1 Grundlagen 98
Anh. A Kap. 6
7.1 bersicht
128
Elektrische Leiter
7.2 Grundlagen
Kap. 7
132
7.3 Metallische Leiter 134
Elektrisch leitfhige 7.4 Defektchemie 137
7.5 Ionische Leiter und Mischleiter
149
keramische Werkstoffe 7.6 Halbleiter
164
7.7 Oberflchen- und 170
Grenzflchenphnomene
und Kohrenzlnge
8.6 Josephson Effekt 198
8.7 Supraleiter im usseren Magnetfeld 201
8.8 Hochtemperatur Supraleiter 209
8.9 Anwendungen 221
Ingenieurkeramik III 1
Funktionskeramiken
Einleitung und berblick
1.Kap
Lineare Dielektrika
Dielektrika sind Isolatoren mit einer Bandlcke die ca. 100 mal grs-
ser als die thermische Energie bei 300 K d.h. > ca. 2.5 eV ist. Sie sind
auch in der Regel durchsichtig (wenn keine Streuung an den Korn-
grenzen vorkommt), d.h. ein Photon von 400 nm Wellenlnge (ca. 3
eV) ist nicht in der Lage ein Elektron-Loch-Paar zu erzeugen. Somit
lsst sich abschtzen, dass die Isolatoren eine Bandlcke von mindes-
tens ~ 2.5 - 3.0 eV haben.
Dies bedeutet nicht, dass mit Dielektrika nichts passiert wenn man sie
in ein elektrisches Feld gibt. Vielmehr bewirkt ein elektrisches Feld
eine Polarisation P des Dielektriums. Unter Polarisation versteht man
eine Verschiebung von Ladungen im Material gegeneinader, z.B.
Elektronen gegenber dem Kern, Anionen gegenber Kationen in ei-
nem Ionekristall oder die Ausrichtung schon vorhandener Dipole, wie
es sie in Wasser gibt.
Zwischen der Polarisation d.h. der Reaktion des Materials auf ein E-
Feld und dem E-Feld kann man lineare (a)und nicht lineare Effekte
(b) beobachten
(a) (b)
Die Schwchung des elektrischen Feldes rhrt daher, dass das Feld des
Kondensators im Dielektrikum ein entgegengesetzt gerichtetes Feld
hervorruft. Dies bedingt, dass das Dielektrikum polarisierbar sein
muss.
Wieso entsteht durch Polarisation im Dielektrikum ein dem usseren
Feld entgegen gerichtetes Feld?
Wie aus Abb. 1.1 zu ersehen ist, kompensieren sich alle Dipolmomen-
te im Innern des Dielektrikums. An den Oberflchen des Dielektri-
kums jedoch, dicht bei den abgrenzenden Kondensatorplatten, entste-
hen Ladungen entgegengesetzten Vorzeichens. Diese Oberflchenla-
Abb. 1.1
dungen erzeugen ein elektrisches Feld, das dem usseren entgegen Die Dipole kompensieren sich im
gerichtet ist und es dadurch schwcht. Die Schwchung wird in Abb. Innern des Dielektrikums. Nur auf
1.2 veranschaulicht. den Oberflchen entsteht Ladung
entgegengesetzten Vorzeichens.
Abb. 1.2
Das Feld im Dielektrikum wirkt
dem Feld des Kondensators entge-
gen und schwcht dieses ab.
Abb. 1.2
6 Ingenieurkeramik III
Abb. 1.3
a) Dielektrische Verluste
b) Kapazitive Zelle
c) Aufladestrom Ic und Verlust-
strom IR , Verlustwinkel
r = r - ir (1.3)
r Realteil von r
r Imaginrteil von r, Verlustziffer
I C r 1 L L Blindleistung
d = tan = = = = (1.5) Lq Wirkleistung
I R r Q Lq
Q Qualittsfaktor (Ver-
hltnis zwischen ge-
speicherter und ver-
lorener Energie)
d = 0 ist der Fall des Kondensators ohne Dielektrikum.
1.3 Polarisationsarten
Elektronenpolarisation:
Die Ladungswolke der Elektronen wird gegenber dem Kern ver-
schoben. Hieraus resultiert ein Dipolmoment. Dies tritt immer auf.
Raumladungspolarisation
Sie tritt auf, wenn im Material in rumlich begrenzten Bereichen freie
Ladungstrger vorhanden sind.
10 Ingenieurkeramik III
Dabei wird die Polarisierbarkeit genannt; sie ist eine fr das jewei-
lige Dielektrikum charakteristische Grsse.
D = 0 E + P (1.7)
D=E (1.8)
mit = o r
D = E = 0 r E = 0 E + P (1.9)
P = (r - 1) 0 E (1.10
P = e 0 E (1.11)
Ingenieurkeramik III 11
P = Ni i (1.12)
i = i Eloc (1.13)
P
E loc = E a + (1.15)
3 0
P
N i i = (1.16)
P
Ea +
3 0
Clausius-Mosotti Glei-
chung r 1 N i i
= (1.17)
r + 2 3 0
Unter dem lokalen Feld versteht man die Summe aus dem usseren
Feld und den Feldern, die durch die Dipole hervorgerufen werden, mit
Ausnahme des betrachteten Dipols.
Um das lokale Feld an einem Atom zu bestimmen, stelle man sich
eine Kugel mit dem Radius R vor, deren Mittelpunkt das entsprechen-
de Atom ist (siehe Abb. 1.5).
Abb. 1.5
Das lokale Feld in einem Die-
lektrikum: Ein Dipol befindet sich
bei A.. Man stelle sich eine Kugel
mit dem Radius R vor, deren Mit- A
telpunkt in A liegt. Die Felder der
Dipole innerhalb der Kugel wer- R
den einzeln berechnet. Das Feld
der Dipole ausserhalb der Kugel
wird durch das makroskopische
Feld angenhert, das sie erzeugt.
Abb. 1.5
Ingenieurkeramik III 13
Wenn R gengend gross gewhlt wird, ist der Beitrag des Materials
ausserhalb der Kugel zu dem lokalen Feld im Zentrum nahezu gleich
dem makroskopischen Feld. Da das Material einheitlich polarisiert ist,
wird das makroskopische Feld durch die Polarisationsladung auf der
Oberflche der Probe und der Oberflche der Kugel erzeugt. Wir be-
trachten die Atome innerhalb der Kugel dagegen als diskrete Dipole
und summieren die Felder, die sie produzieren. Insgesamt wird das
lokale Feld beschrieben durch
Eloc = Ea + E1 + E2 + E3 (1.19)
Ea ist das aussen angelegte Feld, E1 ist das Feld infolge der Polarisati-
onsladung auf der Probenoberflche, E2 ist das Feld infolge der Polari-
sationsladung auf der Kugeloberflche, und E3 ist das Feld infolge der
Dipole innerhalb der Kugel. Ea + E1 bilden das makroskopische Feld
E.
Lorenz berechnete zuerst das Feld E2, das von den Polarisationsladun-
gen auf der Oberflche der Kugel herrhrt. Das elektrische Feld im
Mittelpunkt der Kugel ist dann:
E2 = P/30 (1.20)
2 x x
m 2 + m + m 20 x = Q E 0 exp(it ) (1.20)
t t
dabei ist:
2 x
m 2 = Trgheitskraft
t
x
m = Reibungskraft
t
m0 x
2
= elastische Federkraft
Q = Ladung
E 0 exp(it ) = Wechselfeld mit Anregungsfrequenz
Fr E0 msste man natrlich das lokale Feld einsetzen und nur im Fal-
le eines Gases wre dieses gleich dem angelegten Feld. Im Folgenden
wird angenommen, es handle sich um N wasserstoffhnliche Atome
pro Einheitsvolumen, fr die gilt Q = -e.
e E 0 exp(it )
x (t ) =
m(( 20 2 ) + i )
(1.21)
Der induzierte Dipol (t) (hier komplex!) ist die Auslenkung x(t) mal
der Elementarladung -e
( t ) = N ( e) x ( t ) = E ( t ) (1.22)
Ne 2 1
*
e = 2 (1.23)
m 0 ( 0 ) + i
2
sodass
Ne 2 1
*
r = 1+ 2 (1.24)
m 0 ( 0 ) + i
2
Ne 2 20 2
r 1 = 2 2 2 (1.25)
m 0 ( 0 ) +
2 2
Ne 2
r = 2 2 2 (1.26)
m 0 ( 0 ) +
2 2
1 0
Dies haben wir nun ohne die Bercksichtigung des lokalen Feldes ge-
macht. Bercksichtigen wir dieses nun, bleibt sich alles gleich, ausser
dass sich die Frequenz 0 etwas verschiebt. Fr Ionen wrde fr
Q = z(-e) gelten, mit z gleich der Wertigkeit des Ions.
16 Ingenieurkeramik III
Material r n
2
n Ist die Elektronenpolarisation der einzige Beitrag zu r, so gilt die
C-Diamant 5.7 5.8 2.4 Maxwellsche Beziehung:
Ge 16 16.7 4.09
NaCl 5.9 2.4 1.54
Beitrag von Ionenpolarisation n2 = r (1.28)
H2O 81 1.77 1.33 n = Brechungsindex
Beitrag der Orientierungspolarisation
Aus dieser Beziehung lassen sich fr eine grosse Zahl von Kristallen
empirische Werte der elektrischen Polarisierbarkeit bestimmen.
a) Thermisches Problem
U pot = E = E cos (1.30)
d = 2 sin d (1.31)
zu Abb. 1.7
U E cos
N = A exp d = A exp d (1.32)
kT kT
k Bolzmankonstante
E cos
A exp ( cos ) 2 sin d
kT
= (1.33)
E cos
A exp
kT
2 sin d
1
= coth x
x
1
= coth x = L( x ) (1.34) L(x) = Langevin Funk-
x
tion. Ntzlich bei der
E Beschreibung des St-
mit x =
kT tigungsverhaltens der
Orientierungspolarisa-
Die Funktion L(x) beschreibt das Verhltnis des gemittelten Di- tion
polmoments zum Dipolmoment eines einzelnen Dipols in Ab-
hnigkeit der Temperatur und des E-Feldes. Diese Funktion ist be-
kannt unter dem Namen Langevin Funktion.
Die Langevin Funktion ist in Abb. 1.8 dargestellt. Durch diese
Funktion ausgedrckt ist die Gesamtpolarisation P gegeben durch
18 Ingenieurkeramik III
P = N
P=N L(x)
(1.35)
N Anzahl der Dipole pro Volumen
Abb. 1.8
Die Langevinfunktion beschreibt
die Orientierungsverteilung von
Dipolen, die in einem elektrischen
Feld ausgerichtet werden gegen
die thermische Gleichverteilung
Abb. 1.8
Bei niedrigen Temperaturen und hohen Feldern ist x>1 und L wird
nahezu 1. D.h. alle Dipole sind in Feldrichtung ausgerichtet und die
Polarisation erreicht ihren Maximalwert N. Man sagt, die Polari-
sation sei gesttigt. Bei mittleren Feldern und Raumtemperatur ist
x<<1 und die Langevin Funktion kann durch L(x) = x/3 approxi-
miert werden, wodurch der Festkrper nun als lineares Dielek-
trikum behandelt werden kann.
1
Fr L( x) = x folgt:
3
2
= E
3kT
(1.36)
2
P = N = N E
3kT
P = (r - 1) 0 E (1.10)
P = e 0 E (1.11)
N
= ( r 1) = (1.37)
0
Ingenieurkeramik III 19
b) Zeitliches Problem
Beim Anlegen eines Feldes werden die Dipole durch die Raumla-
dungswolken der anderen Gitterpltze bei der Ausrichtung gehin-
dert. Es dauert einige Zeit bis die Dipole ausgerichtet sind und bis
der Endwert erreicht ist. Nach der Relaxationszeit ist 1-1/e des
Endwertes erreicht. Der Endwert wird bei einer bestimmten Tem-
peratur und E-Feld wie gesehen durch die Langevin-Funktion ge-
geben und wird im folgenden durch ihre lineare Approximation
dargestellt.
Ist nun das lokale elektrische Feld eine zeitliche Funktion, also fre-
quenzabhngig, so wird bei der Relaxationsfrequenz
r r = 1/ eine
Absorption auftreten. Ist >> r tritt ( t ) gar nicht auf, d.h. das
ussere Feld kann mit den Dipolen gar nicht in Wechselwirkung
treten, da es einfach zu schnell ist.
Fr den Fall < r findet eine Wechselwirkung statt und die Re-
laxationsdifferentialgleichung ergibt sich wie folgt:
d ( t ) 2E
+ (t ) = (1.38)
dt 3kT
2 E t
(t ) = 1 exp (1.39)
3kT
2 E 0 e it 1
(t ) = (1.40)
3kT 1 + i
N N 2 E 0 e it
or = ( or i or ) = = (1.41)
0 0 3kT (1 + i )
cos t sin t
or = A
1+ 2 2
cos t sin t
or = A (1.42)
1+ 2 2
N 2 E 0
mit A =
0 3kT
fr 0 ist or=A= or
or=0
fr ist or=0
or=0
Abb. 1.9
Dispersionsvorgang mit Relaxa-
tionsfrequenz (r) und Relax-
ationszeit (R) bei einer Dipol-
Feld-Wechselwirkung. or ist der
Anteil der Orientierung-
spolaristaion an der Gesamt-
r
polarisation (siehe Abb. 1.11).
Abb. 1.9
Q
= 0 exp (1.43)
kT
Pd (t ) 1
t
(
= Pds P (t )
) (1.44)
Pds = ( rs r ) 0 E * (1.46)
rs Dielektrizittszahl fr niedere Frequenzen
r Dielektrizittszahl fr sehr hohe Frequenzen
Pd (t ) 1
= (( rs r ) 0 E * Pd (t )) (1.47)
t
t rs r
Pd (t ) = K exp + E* (1.48)
1 + i 0
rs r
r = 1 +
1 + i
r 1 = rs 2 r 2 (1.49)
1+
r = ( rs r )
1+ 22
d
Abb. 1.10
Die Debye-Relaxation.
d ist der Anteil der Diffusi-
onspolaristaion an der Gesamtpo-
larisation (siehe Abb. 1.11).
Abb. 1.10
Qa
= 0 exp (1.50)
kT
Abb. 1.11
Frequenzabhngigkeit der elektri-
schen Suszeptibilitt und der Ver-
luste in Dielektrika. Die Darste-
llung gibt die Verhltnisse stark
vereinfacht wieder. In der Realitt
treten meist mehrere Polarisatio-
nen des gleichen Grundtyps mit
unterschiedlichen Dispersionsfre-
quenzen auf, so dass sehr kom-
plexe Strukturen entstehen.
Abb. 1.11
24 Ingenieurkeramik III
1.6 Impedanzspektroskopie
1.6.1 Messprinzip
Die Impedanzspektroskopie ist ein dynamisches Messverfahren, bei
dem das zu untersuchende System mit einem frequenzmodulierten
Signal angeregt und die Systemantwort mit der Anregung verglichen
wird. Die nderung in der Amplitude und Phase wird dann protokol-
liert. Es ergibt sich im allgemeinen eine frequenzabhngige, komplexe
bertragungsfunktion ~ (i ) fr das System aus Ausgangssignal divi-
diert durch das Eingangssignal
~
~ X out (i )
(i ) = ~ (1.51)
X in (i )
Bei der Impedanz ist das Eingangssignal die angelegte Spannung und
das Ausgangssignal die Stromantwort. Das heisst, die Impedanz ist der
Impedanz Wechselstromwiderstand eines elektrischen Schaltkreises. Als Admit-
Admittanz tanz wird die Wechselstromleitfhigkeit eines Schaltkreises bezeich-
~
net. Dabei gilt bei Anlegen einer Wechselspannung U = U 0 e it mit
einer festen Winkelfrequenz = 2 und fr einen Strom mit einer
Phasenverschiebung um den Winkel bei dieser Frequenz fr die
Impedanz
~
~ U ( )
Z (i ) = ~ = Z 0 e i (1.52)
I ( )
Ingenieurkeramik III 25
Dabei ist Z0 der Betrag der Impedanz bei dieser Frequenz. Dieser
Term lsst sich in Real- und Imaginrteil aufspalten
~
Z ( ) = Z 0 (cos i sin ) (1.53)
Fr die einfachsten Bauelemente ergeben sich fr beliebige Winkel-
frequenzen die folgenden Impedanzen:
ohmscher Widerstand: Z = U0 / I0
~
Kapazitt: Z ( ) = 1 / iC
~
Induktivitt: Z ( ) = iL
Bei nicht idealen Bauteilen wird zustzlich ein Konstant-Phasen-
Element (CPE: constant phase element) eingefhrt mit:
~
CPE: Z = A /(i ) n
Fr n = 1 und A = 1/C geht dieses CPE in eine ideale Kapazitt, fr n
= 0 und A = R in einen idealen ohmschen Widerstand ber. Fr n = -
1 und A = L erhlt man eine ideale Induktivitt. Fr n = 0.5 erhlt man
die sogenannte Warburg-Impedanz
~
Z W = A +i (1.54)
2 2
Cdl RE RE+RPol Z
Summe ihrer Kehrwerte. Es ergibt sich z.B. fr ein RC-Glied (in Rei-
he geschaltet)
~ 1
Z ( ) = R + (1.55)
iC
in Parallelschaltung ergibt sich fr die Impedanz
~ 1
Z ( ) = (1.56)
1
+ iC
R
Ein weiteres Beispiel fr einen elektrischen Schaltkreis mit dem ent-
sprechenden Impedanzplot ist in Abb. 1.13 dargestellt. Er re-
prsentiert ein elektrochemisches System mit einem Elektrolyt-
widerstand (Re), einer Doppelschichtkapazitt (Cd), einem Ladungs-
transferwiderstand (Rct) und einem Diffusionsschicht (WB).
Abb. 1.13 - Z
Z
Ersatzschaltbild und Impedanzplot
fr einen elektrochemischen Pro- Rct WB
zess mit ohmschen Elektrolyt-
widerstand (RE), Ladungstransfer- RE
widerstand (Rct), Doppelschichtka-
pazitt (Cd) sowie Diffusions-
schicht (WB). Cdl RE RE+Rct Z
1.6.2 Darstellungsarten
Dargestellt wird die Impedanz Z() gewhnlich im Bode Diagramm
oder im Nyquist Diagramm (Complex Plane Plot). Beim Bode Dia-
gramm (Abb. 1.15) wird im allgemeinen der Realteil der Impedanz
und die Phasenlage des Stromsignals ber der Frequenz aufgetragen.
Der Vorteil dieser Auftragung liegt in der Mglichkeit, den Verlauf
der Impedanz ber der Frequenz direkt zu sehen, die Interpretation als
Ersatzschaltbild fllt dagegen schwerer.
Beim Nyquist Diagramm wird auf der Abszisse der Realteil der Impe-
danz, auf der Ordinate der Imaginrteil der Impedanz aufgetragen. Fr
verschiedene Frequenzen ergeben sich unterschiedliche Verhltnisse
zwischen Real- und Imaginrteil, fr ein RC Glied ergibt sich ein typi-
scher Halbkreis wie in Abb. 1.14 gezeigt. Die leichtere Interpretier-
barkeit als Ersatzschaltbild ist ein wesentlicher Vorteil dieser Auftra-
gung, die direkte Ablesbarkeit des Frequenzverlaufes geht allerdings
im Nyquist Diagramm verloren.
Z
- Z
Abb. 1.14
Nyquist Diagramm.
*
|Z|
= =0
RE RE+RPol Z
28 Ingenieurkeramik III
Log |Z|
RE+RPol
Impedanz
RE
0 log
=max
- Phasenwinke
l
=0
Abb. 1.15
Bode Plot.
0 log
Abb. 1.16
Kompleximpedanz
SOFC: Pt-Anode.
Abb. 1.16
Ingenieurkeramik III 29
1.6.3 Beispiel
Es soll mit Hilfe der Impedanzspektroskopie die Sauerstoffionen-
leitfhigkeit von CeO2 dotiert mit 20 mol% Gd2O3 gemessen werden.
Und zwar interessiert uns insbesondere, inwieweit das Korn bzw. die
Korngrenze zum Gesamtwiderstand beitrgt. In Abb. 1.17 ist die Mik-
rostruktur einer solchen Keramik, gesintert bei 1000C, dargestellt.
Man erkennt deutlich die Krner sowie die Korngrenzen.
Eine schematische Darstellung der Probe sowie der Anschlsse ist
ebenfalls in Abb. 1.17 dargestellt. Eine Impedanzmessung dieser Pro-
be bei 149C ergibt das in Abb. 1.18 dargestellte Nyquist Diagramm.
In der selben Abbildung ist das Ersatzschaltbild fr diese Messung
dargestellt, und durch fitten an die experimentell erhaltenen Daten
erhlt man fr den Korn- und Korngrenzwiderstand ca. 600 k und
1.4 M. Der Elektrolytwiderstand wrde erst bei noch tieferen Fre-
quenzen als die hier gemessenen 0.1 Hz auftauchen. Aufgrund der
daraus resultierenden langen Messzeit, wurde in diesem Bereich nicht
gemessen.
Elektrode
Korn Korngrenze
FRA
Abb. 1.17
Mikrostruktur von CeO2(Gd) gesintert bei 1000C (links). Schematische Darstellung der Mikrostruktur (FRA : Fre-
quency Response Analyser) (rechts).
30 Ingenieurkeramik III
Ohm
2.0M
149C RKorn RKorngrenze RElektrode
Z
1.0M
500.0k
2.6k
225 0.1
RKorn RKorngrenze RElektroden
0.0
0.0 500.0k 1.0M 1.5M 2.0M 2.5M
Z Ohm
Abb. 1.18
Nyquist Diagramm einer CeO2(Gd) Probe bei 149C im Frequenz-
bereich von 0.1 2 MHz. Als inset ist das Ersatzschaltbild dargestellt.
Zusammenfassung
Lernkontrolle
2.Kap
Nichtlineare Dielektrika
Nichtlineare Dielektrika knnen sehr grosse Dielektrizittszahlen zei-
gen aufgrund einer spontanen Ausrichtung von elektrischen Dipolen.
Dies tritt zusammen mit einer kristallographischen Phasenumwand-
lung unterhalb einer kritischen Temperatur Tc auf. Die Dipole werden
in Bezirken, die Domnen genannt werden parallel ausgerichtet. Wird
ein elektrisches Feld angelegt, knnen sich die Domnen innerhalb
bestimmter Richtungen ausrichten. Dies ist der Grund fr die sehr
grossen nderungen in der Polarisation. Daher stammt der Name
nichtlineare Dielektrika. Dieses nichtlineare Verhalten ist analog zum
nichtlinearen magnetischen Verhalten der ferromagnetischen Werk-
stoffe. Daher werden bestimmte nichtlineare Dielektrika Ferroe-
lektrika genannt. Die Werkstoffgruppe der Ferroelektrika soll das
Thema des folgenden Kapitels sein.
Mit der Entdeckung des ferroelektrischen Bariumtitanats (BaTiO3)
whrend des zweiten Weltkrieges begann die bis heute andauernde
ra der Funktionskeramiken. Die universellen Eigenschaften der
Ferroelektrika ist der Grund, warum sie heute in nahezu allen
Bereichen der Technik und des Alltags Verwendung finden, wie zum
Beispiel in Kondensatoren, Bewegungsmeldern, Ultraschallgerten,
Lautsprechern, Gasanzndern, Drucksensoren und vielen
elektrooptischen Anwendungen.
Bariumtitanat eignet sich hervorragend als Modell, um die makrosko-
pisch messbaren Phnomene der Ferroelektrika auf mikroskopischer
Ebene zu diskutieren.
34 Ingenieurkeramik III
BaTiO3 gehrt zu der Gruppe der Perowskite. Oberhalb 130C ist die
Einheitszelle kubisch (Abb. 2.1). Die Ba2+-Ionen bilden ein kubisch
primitives Gitter, auf dessen Flchenmitten die O2--Ionen
(r[O2-] = 1.38 ) sitzen. Das Ti4+-Ion sitzt im Zentrum des Sauerstoff-
oktaeders.
Fr Ba-, aber auch Pb- und Sr-Titanate weiten diese Ionen wegen ihrer
Grsse das kfz-Gitter auf, so dass das Ti4+-Ion in der unteren Grenze
der Stabilitt in der oktaedrischen Position ist, d.h. das Ti4+-Ion
(r[Ti4+] = 0.61) ist beinahe kleiner als ein fr diese Oktaederlcke
ideales Ion (Radienverhltnis: ri : ra = 0.414 - 0.732). Thermische An-
regung verursacht eine starke Bewegung des Ti4+-Ion um die Gleich-
gewichtsposition, so dass bei hoher Temperatur die kubische Symmet-
rie vorliegt. Wird die Temperatur unter 130C gesenkt , bilden sich
Abb. 2.1 jedoch zwei Minima im Potentialtopf fr das Ti4+-Ion aus (Abb. 2.2)
Die kubische Elementarzelle von
und die Einheitszelle wird tetragonal verzerrt.
Bariumtitanat. Ba-Ionen sitzen auf
den Ecken der Einheitszelle, Ti im
Zentrum des Sauerstoffoktaeders. Zu tieferen Temperaturen durchluft BaTiO3 drei Phasenumwandlun-
gen von kubisch tetragonal orthorhombisch rhomboedrisch
(Abb. 2.5). Die Temperatur, bei welcher der Phasenbergang kubisch
tetragonal erfolgt, nennt man die Curie-Temperatur Tc.
Nhert man sich von hoher Temperatur Tc, so wird das Ti4+-Ion aus
seiner Lage im Zentrum der Elementarzelle verschoben. Es tritt eine
spontane Verzerrung der kubischen Elementarzelle auf, d.h. der ber-
gang zur tetragonalen Phase findet statt. Fr das Ti4+-Ion existieren
jetzt zwei stabile Lagen in der Oktaederlcke (Abb. 2.2). Dadurch
verschieben sich auch die Sauerstoffanionen leicht. Diese Verschie-
bungen bewirken, dass die Ladungsschwerpunkte des Anionen- bzw.
des Kationengitters nicht mehr zusammenfallen. Es hat sich ein per-
manenter elektrischer Dipol gebildet. Die Curie-Temperatur be-
schreibt also den bergang der Elementarzelle zu einem permanenten
elektrischen Dipol.
Abb. 2.2
Atompositionen in BaTiO3 bei
Annherung an Tc von oben. Die
Grssenordnung fr die Ti4+-
Verschiebung in seiner O2--
Umgebung ist etwa 0.12 , die O2-
-Verschiebung etwa 0.03 .
Es existieren zwei stabile Lagen
fr das Ti-Ion in der tetragonalen
Einheitszelle.
Abb. 2.2
Ingenieurkeramik III 35
Abb. 2.5
Phasenumwandlungen von
Bariumtitanat.
Unterhalb Tc verschiebt sich das
Ti4+-Ion aus dem Zentrum, man
beobachtet eine spontane Polari-
sation der Einheitszelle.
Abb. 2.5
36 Ingenieurkeramik III
Abb. 2.6
nderung der Gitterkonstanten im
BaTiO3 (a) und die damit ver-
knpfte nderung der Dielek- (a)
trizittszahl (b) und der spontanen
Polarisation (c). Es ist zu beach-
ten, dass oberhalb Tc die spontane
Polarisation verschwindet, die
Dielektrizittszahl jedoch nicht.
(b)
(
c)
Abb. 2.6
Ingenieurkeramik III 37
P= (r-1) 0 E (1.10)
P= E locNi i (1.14)
mit Eloc= E + P/30
Ni i= N o (2.1)
E N 0
P= (2.2)
N 0
1
3 0
N 0
0
r 1 = (2.3)
N 0
1
3 0
N 0
1 (2.4)
3 0
(r-1) gegen unendlich geht und somit auch die Polaristion ( Polari-
sationskatastrophe). Hier ist die kritische Temperatur Tc erreicht.
38 Ingenieurkeramik III
C
r = (2.5)
T TC
mit C = Curiekonstante
Der Name wurde von der analogen Gleichung, die fr die ferromagne-
tischen Stoffe gltig ist, bernommen. Die Gligkeit des Gesetzes fr
ein bestimmtes Material wird durch eine Auftragung von 1/r als
Funktion von T berprft (oder umgekehrt).
Abb. 2.7
Die Dielektrizittskonstante auf-
getragen ber 1/(T-TC) im para-
elektrischen Zustand
Abb. 2.7
Ingenieurkeramik III 39
2.3 Mischkristalle
kub.
Abb. 2.8
tetr. Durch Mischkristallbildung unter
den Perowskiten knnen die ver-
schiedenen Umwandlungs-
BaTiO3 PbTiO3 temperaturen ber grosse Bereiche
verschoben werden (BaTiO3-
Abb. 2.8 PbTiO3).
Abb. 2.9
Mischkristallbildung im System
PbZrO3-PbTiO3. Morphotrope
kub. Phasengrenze (fast unabhngig
tetr. von T) bei 45% PbTiO3.
orth.
morphotrophe
Phasengrenze
Abb. 2.9
Wie wir spter sehen werden, ist dies eine wichtige Methode, um Tc
fr bestimmte Anwendungen genau einstellen zu knnen!
40 Ingenieurkeramik III
Abb. 2.10
Vernderung der Umwandlungs-
temperaturen von BaTiO3 durch
Substitutionsmischkristallbildung.
Abb. 2.10
LiNbO3 1210 71 23
Tabelle 2.1 NaNbO3 -200 12 -200
Weitere ferroelektrische Oxide. KNbO3 435 30.3 250
Pb(0.5Sc0.5Nb)O3 90 3.6 18
Pb(0.33Mg0.67Nb)O3 -8 24 -170
Pb(0.33Zn0.67Nb)O3 140 24 125
LiTaO3 665 50 25
PbTa2O6 260 10 25
Pb(0.5Fe0.5Ta)O3 -40 28 170
SrBi2Ta2O9 335 5.8 25
Sm(MoO4)3 197 0.24 50
Eu2(MoO4)3 180 0.14 25
Pb5GeO11 178 4.6 25
SrTeO3 485 3.7 312
Abb. 2.11
Ausrichten der Dipole und Dom-
nen bei Ferroelektrika in einem
usseren -Feld.
Abb. 2.11
Curie-Temperatur:
Abb. 2.12
Vergleich der Polarisierbarkeit im
elektrischen Feld unterhalb und
oberhalb von Tc.
Dazu die Lage des Ti-Ions in der
Elementarzelle.
Abb. 2.12
Abb. 2.13
Doppelte Hystereseschleife der
E Antiferroelektrika
Abb. 2.13
44 Ingenieurkeramik III
Abb. 2.14
Im Vergleich zur Keramik (b), bei
der eine statistische Verteilung der
Krner vorliegt, lsst sich der
Einkristall (a) vollstndig in der
Richtung des usseren Feldes
polarisieren. Dies erlaubt eine
strkere Polarisation des
Einkristalles.
a) b)
Abb. 2.14
Ingenieurkeramik III 45
1. Hohe Dielektrizittskonstante
2. Relativ geringe dielektrische Verluste
3. Hohe Piezoelektrizittskonstante
4. Hoher elektrischer Widerstand
5. Feuchtigkeitsempfindlichkeit
6. Elektro-magnetische Kopplung
7. Hohe pyroelektrische Koeffizienten
8. Teilweise optische Transparenz
9. Hohe elektrooptische Koeffizienten
Ingenieurkeramik III 47
Zusammenfassung
Lernkontrolle
3.Kap
Kondensatorwerkstoffe
In diesem Kapitel beschftigen wir uns mit keramischen Werkstoffen,
die in Kondensatoren Verwendung finden. Kondensatoren sind
elektrische Bauelemente, die zur Speicherung von elektrischer Ladung
und Energie dienen. Die Ladung befindet sich auf zwei einander
gegenberliegenden leitfhigen Platten, die voneinander isoliert sind.
Die Speicherkapazitt von Kondensatoren lsst sich durch isolierende
Materialien (Dielektrika) zwischen den ladungstragenden Flchen um
Zehnerpotenzen erhhen.
Es gibt zahllose Anwendungen fr Kondensatoren. In Elektronen-
blitzgerte beispielsweise speichert ein Kondensator elektrische
Energie, die zur Zndung der Blitzrhre verwendet wird. Ein anderes
Beispiel ist die Verwendung als Bauelement zur Glttung von
gleichgerichtetem Wechselstrom in Netzgerten und Netzteilen, die
aus Wechselstrom Gleichstrom erzeugen. Der grsste Absatz von
Kondensatoren liegt in der Elektronik.
50 Ingenieurkeramik III
Als grobe Regel gilt, dass die Durchschlagfestigkeit (das Feld bei dem
das Dielektrikum leitfhig wird) von Typ I ber II zu Typ III abnimmt.
Ingenieurkeramik III 51
3.1.1 Typ I
Werkstoffe vom Typ I (niedrige Dielektrizittszahl <500) haben als
Basis Titandioxid TiO2 in der stabilen Modifikation Rutil (Rutil-
Keramik), Steatit und Magnesiumtitanat. Auch Porzellan, Glimmer
Al2O3 und Glas bzw. SiO2 werden verwendet.
Abb. 3.1
Temperaturabhnigkeit der Di-
elektrizittszahl einiger Kera-
miken und Glser vom Typ I.
Abb. 3.1
52 Ingenieurkeramik III
3.1.2 Typ II
Grsste Bedeutung als technischer Werkstoff fr Kondensatoren des
Typs II hat das BaTiO3. Wie in Kapitel 2 gesehen, ist dieses Material
im E-Feld sehr gut polarisierbar. Es zeigt sich, dass Ferroelektrika
gerade um die Curie-Temperatur hohe Dielektrizittszahlen aufweisen
(Abb. 3.2). Aber auch bei den restlichen Phasenumwandlungen
durchluft r jeweils ein Maximum.
r ist somit stark temperaturabhngig. Mit steigender Temperatur wirkt
die thermische Bewegung der Ausrichtung des Ti4+-Ions entgegen,
was eine Abnahme von r bewirkt.
Abb. 3.2
Phasenumwandlungen vom
BaTiO3: r durchluft bei den
Phasenumwandlungen ein
Maximum. Bei Tc ist dieser Effekt
am strksten ausgeprgt.
Beispiel eines TypII-Dielektrikums
Abb. 3.2
Abb. 3.3
Durch Verschiebung des
Curiepunkts in Mischkristall-
reihen lsst sich die hchste r in
den Temperatureinsatzbereich
verschieben
Abb. 3.3
Ingenieurkeramik III 53
Abb. 3.4
Das ternre System BaTiO3-
SrTiO3-CaZrO3 mit Werkstoffen (1,
2, 3) um die morphotrope Pha-
sengrenze kubisch/tetragonal mit
hohen Dielektrizittskonstanten.
Abb. 3.4
Abb. 3.5
r besitzt ein temperatur-
abhngiges Maximum, welches mit
abnehmender Korngrsse abflacht.
Abb. 3.6
Die Verringerung der Korngrsse
fhrt ber ein Maximum von r bis
die Ferroelektrizitt verschwindet.
Abb. 3.5 Abb. 3.6
54 Ingenieurkeramik III
Abb. 3.7
90-Domnen in grobkrnigem
(Ba0.8Ca0.2) TiO3 (getzter Schliff
im Auflicht). Durch dreifach
gestaffelte Lamellen wird eine
optimale Ausmittelung der
spontanen Verzerrung erreicht.
Abb. 3.7
Abb. 3.8
Schema der Wechselwirkung der
Polarisation ber Korngrenzen
(links) und der Abschirmung in
stabilisierten Keramik durch
gefangene Ladungen (Traps) an
Korngrenzschichten (rechts).
Abb. 3.8
Abb. 3.9
Sperrschichtkondensatoren
a) Oberflchensperrschichten
b) Korngrenzsperrschichten (a) (b)
Abb. 3.9
Abb. 3.10
3.2 Qualittskriterien
r (1h) ist der Wert, den die Dielektrizittskonstante eine Stunde nach
dem Abkhlen von einer Temperatur oberhalb der Curietemperatur
zeigt; k ist die sogenannte Alterungskonstante in Prozent, t die Zeit in
Stunden. Typische Werte fr k sind etwa 3 bis 5. Das bedeutet, dass
die Kapazitt eines Kondensators, die er 24 h nach seiner Herstellung
aufweist, in 10 Jahren um ca. 10% bis 18% abnehmen wird, sofern er
in diesem Zeitraum nicht mehr erwrmt wrde. Das Erwrmen auf
eine Temperatur oberhalb der Curietemperatur (dies ist z.B. beim
Lten der Fall) wird die Keramik entaltern. Der ursprngliche Wert
der r wird dabei wieder angenommen und der Vorgang der Alterung
fngt von neuem an.
58 Ingenieurkeramik III
Abb. 3.11
Abnahme der Kapazitt in
Prozenten in Abhngigkeit der
Betriebsdauer. Abb. 3.11
12
10
8
C in nF
4
jung
2 gealtert
Abb. 3.12
Verschiebung des Umwandlungs-
0
punktes nach einem Jahr.
10
20
25
30
40
50
60
0
5
-40
-30
-20
-10
T in C
Abb. 3.12
Abb. 3.13
Vielschichtkondensator (MLC).
Abb. 3.13
Abb. 3.14:
Scheiben-Kondensator (Discs).
Abb. 3.14
In denUSA hat sich z.B. der Anteil an MLC von 1974 14 % auf 68 %
in 1984 erhht, mit Zuwachsraten von 20 %/Jahr. Heute werden
weltweit ber 60 Milliarden Stck/Jahr produziert. Moderne
keramische Technologie erlaubt die optimale Ausntzung hoher
Dielektrizittszahlen durch den Aufbau von Kondensatoren in
Vielschichttechnik.
Zusammenfassung
Lernkontrolle
4.Kap
Pyroelektrika
In zahlreichen Anwendungen werden heute Wrmesensoren verwen-
det, so z. B. in Bewegungsmeldern. Diese Anwendungen verlangen
Sensoren, die sehr empfindlich auf Wrmestrahlung reagieren. Eine
Klasse von Werkstoffen, die diese Anforderung erfllen sind die Pyro-
elektrika (Pyro bedeutet im Griechischen Feuer.) Sie detektieren
Wrmestrahlung sehr empfindlich und wandeln diese in ein elektri-
sches Signal um. Auch hierfr lassen sich keramische Werkstoffe ein-
setzen. Ziel dieses Kapitels ist es, die pyroelektrischen Grundlagen zu
vermitteln und deren Anwendungen zu verstehen, z.B. in der Strah-
lungsmesstechnik, Spektroskopie, IR-Holographie und Prozessber-
wachung. Das grsste Anwendungsgebiet ist die Personendetektion,
insbesondere fr Einbruchalarmiergerte. Zu anderen Anwendungen
der Personendetektion gehren automatische Trffner, automatische
Lichtschalter in Treppenhusern, automatisches Einschalten von
Sprechanlagen, Computern, Fernsehern, Heizungen etc. Aufgrund des
geringen Einbauaufwandes und der geringen Stranflligkeit hat die
passive Infrarottechnik mit Pyrodetektoren gegenber aktiven Konzep-
ten, wie Lichtschranken oder Ultraschallmeldern, erhebliche Vorteile.
62 Ingenieurkeramik III
Abb. 4.1
Die Polarisation der Ferroelek-
trika als Funktion der Temperatur.
Fr pyroelektrische Messungen
wird die nderung der Gesam-
tpolarisation mit der Temperatur
gemessen (ps=Ptot/), was der
Steigung der Tangente an die
Kurve entspricht. In der Nhe der
Curie-Temperatur ist die nde-
rung der spontanen Polarisation
am grssten.
Abb. 4.1
Es gibt aber noch eine Reihe anderer Kristalle die spontane Polarisati-
on zeigen, diese lsst sich jedoch nicht durch ein usseres Feld aus-
richten. Das heisst, eine makroskopische Polarisation ist nur in einem
Einkristall messbar. Als Beispiel sei hier der Turmalin genannt.
Chemisch ist Turmalin ein Aluminium-Borosilikat. Die dreizhlige z-
Achse ist die polare Achse. Wird dieser Kristall erwrmt, dehnt er sich
in den verschiedenen Richtungen ungleichmssig aus und die La-
dungsschwerpunkte verschieben sich gegeneinander. Die spontane
Polarisation ist daher auch hier von der Temperatur abhngig (lineare
Pyroelektrika).
D = E + Ps (4.1)
Ingenieurkeramik III 63
D/ = Ps/ + E / (4.2)
= ps + E / = pg
fr E = konst.
ps ps
F= = (4.3)
C r cp r
Die Apparatur zur Messung des Gtefaktors besteht aus dem Pyroe-
lektrikum, dessen Enden ber Elektroden miteinander verbunden sind.
Dieser Aufbau ist vergleichbar mit demjenigen eines Kondensators.
Dabei ist bei der Bestimmung der Gtezahl die Kenntnis der massge-
benden physikalischen Parameter erforderlich. Gewnscht wird ps
gross, damit kleine ein grosses Q im Sensor verursacht.
C = cP sollte klein sein, damit eine kleine Wrmemenge reicht um
den Kristall aufzuwrmen. r sollte klein sein, damit die Spannung U
= Q/C zwischen den Elektroden gross wird, da diese gemessen wird.
Abb. 4.4
Abhngigkeit der Wrmekapazitt
von der Temperatur
Abb. 4.4
Nach dem Gesetz von Dulong und Petit (1819) liegen die molaren
Wrmekapazitten Cv fast aller anorganischen Festkrper im Bereich
der Zimmertemperatur in der Nhe von 3R oder 25 Jmol-1K-1 . Da die
Atome der Festkrper drei Freiheitsgrade besitzen und jedem Frei-
heitsgrad nach der kinetischen Wrmetheorie im Mittel der Betrag
kT an kinetischer und ein gleicher Betrag an potentieller Energie
66 Ingenieurkeramik III
Metalle etwa 6.2 cal.mol-1K-1. Dieser Wert erhht sich mit steigender
Temperatur und ist bei der ersten Phasenumwandlung (eine Struktur-
nderung oder das Schmelzen) bei allen Elementen etwa gleich, nm-
lich ca. 7 cal.mol-1K-1.
Nach der Koppschen Regel ist die molare Wrmekapazitt einer Ver-
bindung gleich der Summe der molaren Wrmekapazitten aller betei-
ligten Atome:
Cp = ini(Cp)i (4.4)
Tc P C F 1010
MATERIAL: r
(C) (C/m2K) (J/cm3K) (C cm/J)
EINKRISTALLE
Tabelle 4.4 LiTaO3 618 170-230 43-54 3.1 - 3.2 1.2 - 1.4
Pyroelektrische Werkstoffe und LiNbO3 1210 60 - 83 28-30 2.9 0.4 - 0.8
ihre massgebenden Eigenschaften
(P=Pb, L=La, B=Bi, F=Fe, SbN 121 650 380 2.1 - 2.3 0.7 - 0.8
C=Ca,Co, Z=Zirkonat, T=Titanat,
W=Wolframat, N=Niobat). Pb3Ge3O11 177 110-160 45 2.0 - 2.5 0.6 - 1.2
KERAMIK
PZT 220-350 200-500 250- 2.4 - 2.6 0.2 - 0.5
550
PLZT 115-230 350-1700 500- 2.6 0.2 - 0.3
3800
PBZT 250 310 235 2.5 0.54
PZFN 250 380 240 2.5 0.63
PCCWT 220 443 230 ca. 3.1 0.61
PCCNT 272 580 220 3.1 0.85
PZT-Polymer 60 30 2.4 0.83
Ingenieurkeramik III 69
PLZT = Pb1-yLayZr1-xTixO3-y/2
= (Pb,La)Zr1-xTixO3
Abb. 4.5
Phasendiagramm der festen L-
sung PbZrO3-PbTiO3. (PK parae-
lektrisch-kubische Phase, FRH
ferroelektrisch-rhomboed-rische
Hochtemperaturphase, FRN ferro-
elektrisch-rhomboedrische Nieder-
temperaturphase, FT ferro-
elektrisch-tetragonale Phase, AO
antiferroelektrisch-rhombische
(pseudo-tetragonale) Phase, AT
antiferroelektrisch-tetragonale
Phase).
Abb. 4.5
70 Ingenieurkeramik III
Abb. 4.6
Abhngigkeit des Pyrokoeffi-
zienten (1,2,3) und des Piezokoeffi-
zienten (1',2',3') von der Zusam-
mensetzung der PZT-Keramik.
Beide Kurvenscharen weisen Ma-
xima nahe der morphotropen Pha-
sengrenze FRH FT auf.
Abb. 4.6
Abb. 4.7
Physikalische Eigenschaften von
PZT 90/10 in Funktion des PbO
Gehaltes
1) Diel. Verluste
2) Dielektrizittskonstante
3) pyroel. EMK
Abb. 4.7
4.3.2 Dotierungen
Die physikalischen Eigenschaften der PZT-Keramik lassen sich mit Dotierung:
kleinen Mengen verschiedenster Zustze weitgehend verndern bzw.
anpassen. Undotierte PZT-Keramik ist ein p-Leiter; die p-Leitung ent- AB(4+)O3
steht wahrscheinlich aufgrund von Pb-Leerstellen. Durch Einbau von
Elementen mit unterschiedlichen Valenzen lassen sich die Leerstellen B13+ B25+
kompensieren bzw. Akzeptor- oder Donatorzustnde erzeugen. Durch
die Dotierung mit kleinen Oxidzustzen lassen sich die massgebenden
Materialeigenschaften, wie auch die Sinterbarkeit der PZT-Keramik
betrchtlich verbessern. Besonders wichtig sind Zustze zur Erniedri-
gung der Dielektrizittskonstante, wie z.B. U3O8.
Das vierwertige B-Atom der Perowskitstruktur (Ti, Zr, Sn) lsst sich
durch eine Kombination zweier Atome ersetzen, deren Ionenradien
sich nicht allzu sehr unterscheiden und bei denen der arithmetische
Durchschnitt ihrer Wertigkeiten 4 betrgt. Es kommen Kombinationen
von drei- und fnfwertigen Metallen (B1 = Fe, Sc; B2 = Nb, Ta;
x = y = 0,5), von zwei- und fnfwertigen Metallen (B1 =
Cu, Zn, Ni, Mg; B2 = Nb, Ta; x = 1/3; y = 2/3) sowie von zwei- und
sechswertigen Metallen (B1 = Co, Cd; B2 = W, Mo; x = y = 0,5) vor.
Abb. 4.8
Modifizierte pyroelektrische Bleiti-
tanat-Keramik.
Abb. 4.8
4.4 Anwendungen
Abb. 4.9
Gespeicherte Wrmeleistung P1
und abgeleitete Wrmeleistung P2
in einem periodisch mit be-
strahlten Pyrosensor.
Abb. 4.9
74 Ingenieurkeramik III
Zusammenfassung
Lernkontrolle
5.Kap
Piezoelektrika
Mit Piezoelektrizitt (griechisch: Druckelektrizitt) wird die Eigen-
schaft eines Werkstoffs bezeichnet, welcher elektrische Ladung an
seiner Oberflche zeigt, wenn mechanische Spannung auf ihn einwirkt
oder umgekehrt ein Werkstoff (Werkstck) seine usseren Abmessun-
gen ndert, wenn an ihn ein elektrisches Feld angelegt wird.
In diesem Kapitel werden die kristallographisch notwendigen Bedin-
gungen gezeigt, die fr Piezoelektrizitt Voraussetzung sind. Ziel ist
es, die Anwendungen von Piezoelektrika in Gasanzndern, Lautspre-
chern, Transformatoren etc. zu verstehen.
78 Ingenieurkeramik III
5.1Grundbegriffe
Abb. 5.2
Polarisation durch mechanische
Deformation eines Quarzkristalls.
Wird Druck auf den Kristall aus-
gebt, so werden die beiden Elekt-
roden elektrisch aufgeladen. Abb. 5.2
Ingenieurkeramik III 79
Abb. 5.4
Dimensionsnderung der Piezo-
keramik beim Polarisieren:
a) vor dem Polarisieren
b) nach dem Polarisieren
c) Piezoelektrische Hystere-
seschleife, wobei V = el. Span-
nung, E = Polarisa-tionsfeld,
S3 = Dehnung
Abb. 5.4
Abb. 5.5
Mechanische Deformation ge-
polter piezoelektrischer Platten
durch ein elektrisches Feld.
a) Dicke und Lnge
b) radial
c) Scherung
d) Biegung
Abb. 5.5
Abb. 5.6
Beispiele von vier Arten des direkten
piezoelektrischen Effektes.
Abb. 5.6
Abb. 5.7:
Piezoeffekte mit ausgezeichneten
Wirkungsrichtungen
Abb. 5.7
Ingenieurkeramik III 83
r11, r33, r55, r12, r13; d33, d31, d15; e11, e33.
Abb. 5.8
Der piezoelektrische Kreisprozess
Kopplungsfaktoren bei piezoelekt-
rischen, pyroelektrischen und
thermoelastischen Effekten
Abb. 5.8
84 Ingenieurkeramik III
Ende der vierziger Jahre wurden die ersten Versuche mit piezoelektri-
schen Bariumtitanatkeramiken durchgefhrt. Ihr wesentlicher Nachteil
ist, dass sie nur in einem relativ schmalen Temperaturbereich anwend-
bar sind (Tc = 120C).
Abb. 0.9
Verlauf der Dielektrizittskon-
stante (r) und des planaren Kopp-
lungskoeffizienten (kp) im System
PbTiO3- PbZrO3
Abb. 0.9
Abb. 5.10:
Piezoelektrische Koeffizienten im
System PbTiO3-PbZrO3
Abb. 5.10
Abb. 5.11
Phasendiagramm des Systems
PbTiO3-PbZrO3-Pb(Mg1/3Nb2/3)O3
Abb. 5.11
2) Gruppe der Weichmacher: La3+, Nd3+, Bi5+, Sb5+, Ta5+, Nb5+, W6+
Abb. 5.12
Einfluss der Polarisationsdauer
auf den radialen Kopplungsfaktor
kr bei Piezolan S. Polarisierendes
Gleichfeld als Parameter.
Abb. 5.12
Abb. 5.13
"Corona Entladungs-Technik" Abb. 5.13
Als Nherung wird die Alterung der Messgrsse Y mit der Beziehung:
len mit der Zeit ab. Unmittelbar nach Abkhlung des Materiales be-
finden sich viele der 90-Wnde in einem quasistabilen Zustand, in
dem sie durch relativ kleine Felder bewegt werden knnen. Im Laufe
der Zeit wandeln sie sich in einen stabilen Zustand um und hren auf,
zur Polarisation des Materiales Beitrge zu leisten. Eine sehr langsame
Bewegung der Domnenwnde fhrt ber eine Energiebarriere zu ei-
nem Minimum der potentiellen Energie.
Abb. 5.14
Verhalten der Piezokeramik bei
mechanischer Belastung
Abb. 5.14
Abb. 5.15
Schematische Darstellung eines
piezoelektrischen Funkengenera-
tors.
Abb. 5.15
Aus Abb. 5.16 ersehen wir die Anwendungen als Klopfsensor und
Piezodrucktaste, aus Abb. 5.17 diejenige als Ultraschallwandler.
Abb. 5.16
a) Klopfsensor
b) Piezodrucktaste (Dehnungs-
messer)
Abb. 5.16
Ingenieurkeramik III 93
Abb. 5.17
Ultraschallwandler mit zwei-
stufiger Resonanztransformation:
Schnittbild und Richtcharakteristik
Abb. 5.17
Abb. 5.18
Struktur eines piezoelektrischen
Transformators
Abb. 5.18
Qm = mechanischer Qualittskoeffizient
k31, k33 = elektromechanische Kopplungskoeffizienten
l= halbe Plattenlnge
t= Plattendicke
Mit einer Last von 100 MW erhlt man eine Verstrkung von
250-300, ein Eingangssignal von 40 V ergibt ca. 10 kV. Piezoelek-
trische Transformer werden als Hochspannungsgeneratoren (z.B.
Fernsehgerte) verwendet. Wichtigste Werkstoffanforderungen sind
hohe mechanische Qualittskoeffizienten Qm von ca. 400 bis 1000 und
grosse elektromechanische Kopplungskoeffizienten k31und k33.
Abb. 5.19
Beispiele fr piezoelektrische Sen-
soren und deren Frequenzbereich
Abb. 5.19
Ingenieurkeramik III 95
Zusammenfassung
Lernkontrolle
6. Kap
Elektrooptische Keramik
Elektrische und magnetische Felder induzieren Vernderungen in den
optischen dielektrischen Koeffizienten ij und im Brechungsindex nij
eines Materials. Dadurch wird die Lichtausbreitung im Material beein-
flusst. Elektrooptische Werkstoffe sind geeignet, elektrische Informa-
tion in optische umzuwandeln.
Hufig sind diese Werkstoffe in der Form von Einkristallen im Ein-
satz, wie z. B. LiNbO3, LiTaO3 oder in Form von Flssigkristallen.
Keramische (polykristalline) Werkstoffe knnen ebenfalls fr elekt-
risch gesteuerte Blenden, Farbfilter oder Modulatoren verwendet wer-
den. Sie sind optisch transparent, haben einen elektrooptischen Koef-
fizienten, schnelle Ansprechzeit, geringen Stromverbrauch, Gedcht-
nis, und knnen in relativ grossen Bauteilen kostengnstig (gegenber
Einkristallen) hergestellt werden.
PLZT Werkstoffe wurden erstmals 1969 hergestellt. La3+-Dotierung in
konventionellen PZT hat sich als aussergewhnlich hilfreich erwiesen,
um Transparenz in Keramik zu erzielen. Um die elektrooptischen Ef-
fekte zu verstehen ist ein Blick auf die Einheitszelle des Perowskits
(ABO3) von Nutzen. Wegen der unterschiedlichen Wertigkeit von
Pb2+ zu La3+ bleiben im PLZT (ABO3) - Perowskit - einige A2+- und
B4+-Pltze leer. In der Mitte der Oktaederlcken sitzen die kleinen
Zr4+ und/oder Ti4+. Wird ein elektrisches Feld angelegt, werden die
Zr4+ und Ti4+ in Richtung des Feldes ausgelenkt und dadurch ndert
sich die Gestalt der Probe (Piezoeffekt). Wird nun weisses Licht
durchgeschickt, wird es im Ferroelektrikum polarisiert, und zwar in
zwei aufeinander senkrecht stehenden Ebenen (Doppelbrechung).
98 Ingenieurkeramik III
6.1Grundlagen
n = c / cM (6.1)
Abb. 6.1
Die Brechungsindizes einiger
Glassorten in Abhngigkeit der
Lichtwellenlnge (Dispersion).
Abb. 6.1
2. Anisotrope Medien:
Abb. 6.2
Lichtbrechung im
a) isotropen Medium
b) anisotropen Medium
Abb. 6.2
Abb. 6.3
Doppelbrechung im Calcit-Kristall
(CaCO3)
Abb. 6.3
100 Ingenieurkeramik III
P = e 0 E (6.2)
mit e als Skalar der elektrischen Suszeptibilitt, womit dann die die-
lektrische Verschiebung D geschrieben wird als
D = 0 E + e 0 E = (1+e) 0 E = E (6.3)
(Di = ij Ej )
D (oder )
Abb. 6.4
Nichtlinearer Zusammenhang
zwischen der dielektrischen Ver- Feldstrke einer
schiebung D und einem an ein optischen Welle
Dielektrikum angelegtem Feld E
E0 E
Vorpolarisation
Abb. 6.4
n = ne - no BE2 R. E2 (6.7)
n = Doppelbrechung
= Wellenlnge des Lichtes [m]
E = el. Feldstrke [V/m]
B = Kerr-Konstante [m/V2]
R=B=
. absolute Kerr-Konstante [m2/V2]
mation der Molekle und der Elektronenhllen der Atome durch das
elektrische Feld. Das elektrische Feld induziert eine nderung der
Dielektrizittskonstante des Materiales und damit auch des Bre-
chungsindex. Die Permittivitt, welche die Polarisierbarkeit be-
schreibt, ist fr den Kerr-Koeffizient die bestimmende Material-
grsse. Fr grosse Kerr-Effekte verwendet man daher Ferroelektrika
oberhalb der Curietemperatur (isotrop). Die Hauptanwendung von
Kerr-Zellen sind Schalter fr kurze Lichtimpulse.
Abb. 6.5
Phasenverzgerung in elektro-
optischer Keramik (offener Zu-
stand bei Halbwellenspannung)
Abb. 6.5
= n t (6.9)
Abb. 6.6
Vektordiagramme der Lichtwellen:
a) geschlossener Zustand
b) offener Zustand
(P1 und P2 sind gekreuzte Polari-
satoren, C1 und C2 sind Polarisati-
onsrichtungen)
Abb. 6.6
Abb. 6.7
Verschiedene Formen von polari-
siertem Licht:
(A) linear,
(B) zirkular,
(C) eliptisch
Abb. 6.8
Die Kerr-Verzgerungstabelle
zeigt die Ordnung der Newton-
schen Farbabstufungen
Dies sind die untescheidbaren Farben, die durch einen Schalter mit
gekreuzten Poalrisatoren und einer PLZT-Keramik erhalten werden.
Werden die Polarisationsfilter parallel angeordnet, so ergeben sich die
Komplementrfarben.
Abb. 6.9
Optische Transmissionskurven
eines typischen Lichtfilters als
Funktion angelegter Spannung.
Die bei verschiedenen Spannungen
beobachtete Farben sind mit Drei-
ecken markiert
Ingenieurkeramik III 107
6.2 Werkstoffe
Abb. 6.10
Phasendiagramm PbTiO3 (PT) -
PbZrO3 (PZ) - La2O3
(FE = ferroelektrisch,
PE = paraelektrisch,
AFE = antiferroelektrisch)
Abb. 6.11
Elementarzelle von
65PbZrO3/35PbTiO3/8La2O3
Abb. 6.12
Verschiedene Typen der Hystere-
sekurven der PLZT-Werkstoffe.
Abb. 6.13
Transparente PLZT-Keramik
Abb. 6.14
Gefge transparenter PLZT-
Keramik
110 Ingenieurkeramik III
Abb. 6.15
Der quadratische Effekt
Abb. 6.16
Der lineare Effekt
Ingenieurkeramik III 111
PR
Abb. 6.17
Der Gedchtnis-Effekt
Es wird mit ca. 3 Ec gepolt und das Feld abgeschaltet. Die Polarisation
realxiert zum Zustand PR. Zwischenzustnde PR1 knnen eingestellt
werden, wenn das Material in den Zustand C gebracht wird und dann
das Feld abgeschaltet wird. Wird dann fr eine bestimmt Zeit das Feld PR
wieder angelegt und die Ladungsverschiebung durch einen Widerstand
kontrolliert, kann der Zustand C fast wieder eingestellt werden. Dies
PR1
kann auch so gefahren werden, dass der Punkt PR1 im Nullpunkt liegt. C
Dieser Effekt wird benutzt, um in Bildplatten Bilder zu speichern.
Licht wird an den Domnen im Material gestreut. Der Domnenzu-
stand wird durch das elektrische Feld E gendert, wenn das Feld 0 ist,
bleibt eine remanente Polarisation. Das Bild kann durch einen Licht-
blitz gelscht werden wenn ein Feld in der positiven Polarisationsrich-
tung angelegt wird.
Einige typische Beispiele fr quadratische und lineare elektrooptische
Anwendungen sowie fr den Memory-Effekt (Lichtstreuung durch
Domnenorientierung) sind in Abb. 6.18 zusammengestellt.
112 Ingenieurkeramik III
Abb. 6.18
Anwendungsmglichkeiten elekt-
rooptischer PLZT-Keramik
a) quadratisch (z.B. kub. Phase)
b) linear
c) Memory-Effekt
Abb. 6.19
PLZT-Lichtschalter als Blendungs-
schutz
Abb. 6.20
Blendungsschutz U.S. Air Force
(flash protective goggles)
Abb. 6.21
Fericon
(A) Aufbau des Displays
(B) Oberflchendeformation
Licht in den Wellenleiter eingespeist und ein Feld angelegt, wird eine
Phasenverschiebung durch das Feld erreicht.
Wird eine Spannung V0 = 5V zwischen den Elektroden angelegt, ent-
steht ein Feld V0/d (d = Dicke des Wellenleiters = 5mm) und = 2
L n / L. Das erzeugte Feld betrgt fr dieses Beispiel 106 V/m, dar-
aus resultiert ein n von 1.85 10-4. Fr eine Phasenverschiebung um
einer Welle mit = 1.5 mm bentigt man also eine Elektrodenlnge L
von 4 mm.
Abb. 6.22b zeigt einen interferometrischen Modulator. Der Lichtstrahl
wird im Wellenleiter in zwei ste geteilt. An einem Teil wird durch
das elektrische Feld eine Phasenverschiebung erzeugt. Dann werden
die beiden Wellen wieder gemischt. Dabei interferieren sie zum modu-
lierten Strahl. Beim Anlegen einer Spannung ber die Elektroden
zweier nebeneinander verlaufenden Wellenleiter wird Energie (z.B.
zeitlich moduliert) von einem Wellenleiterkanal zum anderen einge-
koppelt (Abb. 6.22c).
Im Braggschen Diffraktionsschalter (Abb. 6.22d) ntzt man die
Braggsche Diffraktion in Gebieten mit periodisch wechselndem Bre-
chungsindex zur Ablenkung des Strahles aus. Das Beugungsgitter wird
durch die Elektroden erzeugt.
a)
Abb. 6.22 b)
a) Optische Phasenverschiebung
b) Optischer Modulator
c) Optisch gekoppelter Schalter
d) Optischer Bragg-Schalter
c) d)
Zusammenfassung
1. Bei hheren Feldern knnen die Glieder hherer Ordnung des Bre-
chungsindex nicht mehr vernachlssigt werden.
Lernkontrolle
3. Wie hngt der Brechungsindex allgemein vom Feld ab, das an ein
Material angelegt wird?
Anhang A
Beziehungen zwischen
den nichtlinearen Di-
elektrika
In den vorhergehenden Kapiteln wurden die Ferro-, Pyro- und die Pie-
zoelektrizitt und deren Anwendungen vorgestellt. Es wurde verein-
zelt darauf hingewiesen, dass diese Effekte sehr stark miteinander ge-
koppelt sind und oft gemeinsam auftreten.
In diesem Kapitel sollen die Zusammenhnge der einzelnen Effekte
sowie deren kristallographischer Hintergrund aufgezeigt werden.
118 Ingenieurkeramik III
men: polare Kristalle kann man auch durch einen allseitigen, hydro-
statischen Druck polarisieren.
Eine besonders wichtige Untergruppe der pyroelektrischen Kristalle
bilden Ferroelektrika. Es handelt sich um pyroelektrische Kristalle,
deren spontane Polarisation durch ein usseres elektrisches Feld in
eine andere stabile Lage ausgelenkt oder umgepolt werden kann. Ein
ferroelektrischer Kristall ist also ein pyroelektrischer Kristall mit um-
klappbarer Polarisation.
Die Ferroelektrika sind eine wichtige Klasse der anorganischen, kri-
stallinen, nichtmetallischen Werkstoffe. Sie besitzen sehr hohe die-
lektrische Konstanten, welche von der spontanen Ausrichtung (Polari-
sation) von elektrischen Dipolen herrhren.
Abb. A.1
Gruppen und Untergruppen der 32
Punktgruppen
Abb. A.1
120 Ingenieurkeramik III
Piezoelektrika
(10 Klassen ohne spontane Polarisation und
10 Klassen mit spontaner Polarisation)
Pyroelektrika
(10 Klassen mit spontaner Polarisation)
Ferroelektrika
(Polarisation im E-Feld ausrichtbar
und reversibel)
Abb. A.2
Merksatz: Jeder Ferro ist ein Pyro und jeder Pyro ist
ein Piezo, aber nicht umgekehrt.
Abb. A.3
Einteilung der ferroelektrischen
Funktionswerkstoffe
Abb. A.3
Ingenieurkeramik III 121
Das Heckmann-Diagramm
Im Heckmann-Diagramm stehen die intensiven Zustandsgrssen
Temperatur, Spannung und Feldstrke in den Ecken des usseren
Dreiecks, die extensiven Zustandsgrssen Entropie, Deformation
und Flussdichte (= elektrische Verschiebung) in den Ecken des inne-
ren Dreiecks.
Die intensiven Eigenschaften eines Systems sind Eigenschaften, die
unabhngig von der Menge der Phase sind, z.B. Temperatur, Druck,
Dichte, Dielektrizittskonstante u.a.. Dagegen bezeichnet man die Ei-
genschaften, deren Zahlenwert von der Menge einer Phase ab-
hngt, als extensive Eigenschaften (Masse, Volumen, innere Energie,
Entropie usw.). Bei den sog. idealen Mischphasen (Gase oder Flssig-
keiten) verhalten sich die meisten extensiven Eigenschaften der Kom-
ponenten additiv.
Die Pfeile geben die Richtung von der unabhngigen zu der abhngi-
gen Zustandsgrsse an. Die beim Pfeil notierte Materialkonstante ist
eine partielle Ableitung der Zustandsgrsse, zu welcher der Pfeil hin-
zeigt, nach der Zustandsgrsse, von welcher der Pfeil wegzeigt.
Die kurzen Verbindungslinien der gleichgelegenen Ecken des inneren
und usseren Dreiecks stellen die thermischen, dielektrischen und e-
lastischen Haupteffekte dar. Es handelt sich dabei um Tensoren, die
konjugierte Variablenpaare miteinander verknpfen.
Die dnnen Verbindunglinien stellen gekoppelte Effekte dar. Der Zu-
sammenhang zwischen den thermischen elastischen Zustandsgrssen
wird als thermoelastischer, derjenige zwischen den elastischen und
elektrischen Zustandsgrssen als piezoelektrischer und der zwischen
den thermischen und elektrischen Zustandsgrssen als pyroelektrischer
Effekt bezeichnet.
Die Materialtensoren sind in Pfeilrichtung definiert. Gegen die Pfeil-
richtung kommen die inversen Tensoren zur Anwendung.
122 Ingenieurkeramik III
Abb. A.4
Das Heckmann-Diagramm
Abb. A.4
Beispiele:
Di
- piezoelektrischer Koeffizient: d i =
T
D
- pyroelektrische Koeffizienten: pi = i =
Ei
E
k = k =
Dk
T
- elastische Eigenschaften: C = = S -1 ( E - Modul)
S
T = C S
( Hook' sches Gesetz)
Grundstzlich ist der Zustand eines Kristalls in Bezug auf seine ther-
mischen, elastischen und elektrischen Eigenschaften durch die Angabe
je einer thermischen, elektrischen und elastischen Zustandsgrsse be-
stimmt. Die thermische Grsse ist ein Skalar, die elektrische Grsse
ein Vektor und die elastische Grsse ein symmetrischer Tensor zwei-
ter Stufe.
Zur eindeutigen Bestimmung des Zustandes sind zehn unabhngige
Variablen (eine skalare thermische Grsse, drei Vektorkoor-
dinaten einer elektrischen Grsse und sechs Tensorkoordinaten
einer elastischen Grsse) erforderlich.
Die Matrixdarstellung des Spannungstensors enthlt sechs voneinan-
der unabhngige Tensorkoordinaten (Tij = Tji). In der Diagonalen ste-
Ingenieurkeramik III 123
hen die Normalspannungen T11, T22 und T33, symmetrisch zu ihr die
Schubspannungen T23, T31, T12. Das Hooksche Gesetz schreibt man
Tij = cijkl . Skl, die die Materialeigenschaften beschreibenden Koeffi-
zienten cijkl heissen Elastizittsmodul.
Da drei- und vierstufige Tensoren nicht sehr anschaulich sind, werden
sie wenn immer mglich auf die Form von Matrizen reduziert. Auf-
grund der Symmetrie des Spannungs- und Deformationstensors hat
sich die Anwendung der krzeren Matrixindizes durchgesetzt. Bei
mechanischen Zustandsgrssen und mit ihnen zusammenhngenden
Materialkonstanten ersetzen wir die symmetrischen Tensordoppelindi-
zes mit Matrixeinzelindizes mit den Werten 1 bis 6.
Tabelle A.1
Zuordnung der Matrixeinze-
lindizes zu den Tensordoppel-
indizes
Di = di . T.
Zusammenfassung
Lernkontrolle
2. Zeichnen Sie das Heckmann-Diagramm auf und geben Sie ein Bei-
spiel fr die Verknpfung zweier Zustandsgrssen.
7. Kap
Elektrisch leitfhige
keramische Werkstoffe
Das Spektrum der elektrischen Leitfhigkeit keramischer Werkstoffe
ist sehr weit. Es reicht von perfekten Isolatoren bis zu Supraleitern.
Die transportierten Spezies sind dabei entweder Elektronen respektive
Lcher oder Ionen, wobei es allerdings auch eine weite Klasse von
Mischleitern gibt, die beides transportieren.
Grundstzlich gibt es zwei Gruppen von Phnomenen der elektrischer
Leitfhigkeit, die wir beobachten. Die einen sind auf das Material
selbst zurckzufhren (Bulk), die anderen beruhen auf Grenzflchen
zwischen unterschiedlichen Materialien (Interface). Die Leitfhigkeit
im Volumen ist in der Regel durch das ohmsche Gesetz bestimmt.
Elektrische Phnomene an den Grenzflchen zeigen hufig nichtlinea-
re Strom-Spannungs-Kennlinien.
Das Kapitel 7 ist gegliedert in eine generelle Einleitung zur elektri-
schen Leitfhigkeit im Volumen, sowie der zugehrigen Anwendun-
gen. In einem zweiten Teil folgen Anwendungen, die sich Grenzfl-
cheneffekte zu nutze machen, wie der p-n bergang in Halbleitern
oder die Schottky-Barriere bei Varistoren.
128 Ingenieurkeramik III
7.1. bersicht
Metallische Leiter
In metallischen Leitern sind freie Elektronen (>1028m-3) vorhanden.
j [A/m2]
Halbleiter/Isolatoren
Halbleiter sind Materialien mit einer Ladungstrgerkonzentration von
1019 bis 1023 m-3. Ihre elektronische Leitfhigkeit kommt aufgrund
thermischer Anregung von Ladungstrgern (Elektronen oder Lcher)
zustande (intrinsisch) oder wird durch Dotierung hervorgerufen
(extrinsisch). Bei extrinsischen Halbleitern werden durch die Dotie-
rung Energieniveaus innerhalb der Bandlcke besetzt. Hat ein Material
eine Bandlcke von >2.5 eV, so sprechen wir in der Regel von einem
Isolator.
Halbleiter spielen eine grosse Rolle in der Elektronik, zudem finden
sie Verwendung als selbstregulierende Heizelemente oder als Tempe-
ratursensoren.
Metalle
8
Abb. 7. 2
4 Grssenordnungen der elektri-
Halbleiter schen Leitfhigkeit von Metallen,
0 Halbleitern und Isolatoren als
Funktion der Temperatur.
-4
Isolatoren
-8
-12
-16
500 1000
Halbleiter:
intrinsischer
Ionenleiter/Mischleiter exstrinsischer
Log
tern zugeordnet werden knnen. Sie weisen eine Mischung von Ionen-
leitung und Elektronenleitung auf und werden deshalb als Mischleiter
bezeichnet.
Ionenleiter und Mischleiter werden fr elektrochemische Systeme wie
potentiometrische Sensoren, Batterien oder Brennstoffzellen verwen-
det.
Grenzflchenphnomene
Eine wichtige Klasse keramischer Werkstoffe mit elektrischer Leitf-
higkeit sind Materialien, deren Eigenschaften auf der Existenz von
Grenzflchen mit spezifischen Eigenschaften beruhen. Beispiele hier-
fr sind Varistoren, Bauteile deren Widerstand beim Anlegen einer
bestimmten Spannung pltzlich abnimmt. Auch der p-n-bergang in
Halbleitern, auf dem die moderne Mikroelektronik beruht, gehrt zu
diesen Effekten. Um Grenzflchenphnomene zu verstehen, mssen
wir uns wiederum mit der Defektchemie auseinandersetzen.
Herstellung
Die Herstellung elektrisch leitender Werkstoffe erfordert spezielle
Vorkehrungen bezglich der chemischen Reinheit der verwendeten
Ausgangsstoffe, da jede Kontamination und sei sie auch nur im ppm-
Bereich die Eigenschaften eines Materials grundlegend verndern
kann.
Ingenieurkeramik III 131
Lernkontrolle
7.2.1. Transportgleichungen
Grad des elektrochemischen Ein Werkstoff enthalte eine Dichte n an Ladungstrgern mit der La-
Potentials =treibende dung Q und der Beweglichkeit . Wird dieser einem elektrochemi-
Kraft schen Potentialgradienten ausgesetzt, so erfahren die Ladungs-
= Beweglichkeit trger eine Kraft, durch welche sie beschleunigt werden. Wegen ihrer
v = Driftgeschiwindigkeit Wechselwirkung mit thermisch angeregten Gitterbausteinen werden
sie aber nicht unendlich schnell. Die Kraft, mit der sie am Gitter rei-
ben, ist proportional zu ihrer Geschwindigkeit. Sie driften deshalb
mit einer Driftgeschwindigkeit v, die durch die Wechselwirkung mit
dem Gitter bestimmt wird. Die Teilchenstromdichte jT im betrachte-
ten Werkstoff ist somit gegeben als
jT = n Q [ ]
j = s 1 m 2 C . (7.1)
v = ~ / Q . (7.2)
Fr die elektrische Stromdichte j knnen wir mit Hilfe von Gl. (7.1)
und (7.2) schreiben
j = n Q ~ / Q = n ~ (7.3)
j
=
E E = v
v
=
E
n z qv
= = nzq (7.4)
v
Die Leitfhigkeit ist in aller Regel ein Tensor ij, d.h. der Strom
muss nicht notwendigerweise parallel zum Potentialgradienten sein. In
polykristallinen und nicht texturierten Gefgen kann man jedoch als
skalare Grsse betrachten. In der Folge verwenden wir diese Vereinfa-
chung.
Ingenieurkeramik III 133
= k T ln(c) (7.5)
= + z q (7.6)
Vergleichen wir Gl. (7.3) unter Bentzung von Gl. (7.5) und (7.6), so
stellen wir eine Analogie zum Fickschen Gesetz fest
j = D c , (7.7)
zq
= DT (7.8)
k T
Lernkontrolle
2. Wie gross ist der elektrische Widerstand eines Balkens aus diesem
Material in Lngsrichtung, der eine Breite von 2 mm, eine Hhe
von 7 mm und eine Lnge von 3 cm hat?
7.3.1. Bndermodell
Um die unterschiedlichen elektrischen Eigenschaften elektronischer
Leiter zu verstehen, betrachten wir zunchst das Bndermodell der
Festkrper. Bei diesen spalten sich die Energieniveaus der Elektronen
gemss der Quantenmechanik in Bnder auf. Diese bestehen aus sehr
vielen einander naheliegenden Energieniv,eaus von denen jedes nach
dem Pauli-Prinzip durch zwei Elektronen besetzt werden kann. Elekt-
ronen knnen im Prinzip nur Energieniveaus innerhalb der Bnder
besetzen. Bereiche zwischen den Bndern werden als Energielcken
bezeichnet. Sie enthalten keine Elektronen.
Am absoluten Nullpunkt (T = 0 K) nehmen die Elektronen die tiefsten
Energiewerte ein. Die Grenzenergie zwischen den am absoluten Null-
punkt besetzten und nicht besetzten Zustnden wird als Fermi-
Energie, f , bezeichnet. Sie ist eine Materialkonstante und betrgt ei-
nige Elektronenvolt. Die Lage des Ferminiveaus bezglich der Va-
lenz- bzw. Leitungsbandkante bestimmt nun, ob es sich bei einem Ma-
terial um einen metallischen Leiter, einen Halbleiter oder um einen
Isolator handelt.
Bei Metallen ist das Leitungsband noch nicht voll mit Elektronen be-
setzt. Die Fermi-Energie liegt mitten in einem Band oder zumindest
dort, wo zwei Bnder sich berlappen.
Liegt die Fermi-Energie in einer verbotenen Zone, so ist das Material
zunchst ein Isolator. Jedes Niveau des Valenzbandes ist voll besetzt,
im Leitungsband gibt es entweder keine Elektronen, oder es ist eben-
falls voll besetzt.
Bei kleinen Werten fr die verbotene Zone (Energielcke), EG , bis ca.
2.5 eV kann durch die Wrmeenergie bereits bei Raumtemperatur der
notwendige Energiebetrag aufgebracht werden, um Elektronen ber
die Energielcke aus dem Valenzband in das Leitungsband zu heben.
Dadurch wird elektrische Leitung mglich. Diese Stoffe werden als
Halbleiter bezeichnet.
Ingenieurkeramik III 135
Abb. 7. 5
f LB Relative Anordnung von Leitungs-
und Valenzband (LB, VB), sowie
Ef LB
VB VB Fermienergie und Fermi-
Verteilungsfunktion fr:
a) b)
f() a) Ein Metall mit unvollstndig
f()
besetztem LB.
b) Ein Metall mit Bandberlap-
LB pung.
LB c) Einen Isolator (EG > 2.5 eV).
Ef
Ef d) Einen Halbleiter bei kT>> EG
VB VB und kT~ EG (gestrichelte Linie
fr f()).
c) d)
j = , (7.9)
Tabelle 7.1
Keramische Materialien mit metal- Material Anwendung
lischer elektrischer Leitfhigkeit.
BaPb1-xBixO3 Supraleiter
RuO2 Dickschicht-Elektroden
LaNiO3 Brennstoffzellen-Elektroden
und Interconnectoren
La1-xSrxCoO3
La1-xSrxCrO3
Lernkontrolle
7.4. Defektchemie
7.4.1. Einleitung
Punktdefekte, d.h. Gitterfehlstellen in Festkrpern haben einen gros-
sen Einfluss auf ihre Eigenschaften. Ihre Bildung ist ein reversibler
Vorgang im Sinne des thermodynamischen Gleichgewichts.
7.4.2. Fehlordnungsarten
Betrachten wir zunchst eine reine binre ionische Verbindung. Ist sie
stchiometrisch, so sind vier Grundtypen von Fehlordnungen mglich:
a) Frenkel-Typ . Kationen befinden sich auf Zwischengitterpltzen
und werden durch Leerstellen im Kationengitter kompensiert. Das
Anionengitter bleibt ungestrt (z.B. AgBr).
+ - + - + - -
+
+ - - + + -
a b
+ - + - + - + -
-
Abb. 7. 6
+ - + + - + -
a) Frenkel-Fehlordnung
b) Schottky-Fehlordnung
c)Anti-Frenkel-Fehlordnung
d)Anti-Schottky-Fehlordnung
+ - + - + - + -
Abb. 7. 7
a) Kationendefizit
b) Anionendefizit
+ - ++ - + - c) Kationenberschuss
d) Anionenberschuss
a b
+ - + - + - + -
++
+
+ - - + - + -
-
Hat z.B. in Zirkonoxid das Zirkon-Kation den idealen Ionisierungs- Zr4+ O2- Y3+
grad 4+ (Zr4+), so bedeutet dies in dieser Notation, dass es die Diffe- Zr| 4+ |O2- (Y
| 3+)1-
renz Null zum Gitterplatz besitzt. Wird es jedoch durch Y3+ ersetzt, so O|2- | O
Zr 4+
|
2-
hat dieses die Ladung 1- verglichen zum ideal besetzten Gitterplatz. In O|2- |Zr4+ |O2-
der folgenden Tabelle 7.2 wird ein berblick ber die verwendeten | | |
Symbole gegeben.
Beispiele fr nichtstchiometrische binre Verbindungen sind Nickel-
oxid (Ni1-xO) mit Kationendefizit oder Zinkoxid (Zn1+xO) mit Katio-
nenberschuss.
.
Unter Anwendung der Krger-Vink-Notation knnen wir nun fr
smtliche mglichen Defektreaktionen Reaktionsgleichungen aufstel-
len.
Die wichtigsten Grundstze fr deren Formulierung sind
Ki
Interstitielles Kation, effektive Ladung 4+ ( ....).
''
Ai Interstitielles Anion, effektive Ladung 2- ('').
'
YZr Substituiertes Yttrium-Kation (3+) auf Zirkonplatz (4+)
mit der effektiven Ladung 1- (').
(Ce VO )
'
Ce Assoziierter Defekt (einfach reduziertes Cer-Kation (3+)
auf Ce4+ Platz assoziiert mit einer Sauerstoffleerstelle
(VO ) auf O2- Platz). Der gesamte Defekt hat die Ladung
.
1+ ( ).
e' Elektron
h. Loch
7.4.4. Defektgleichungen
In diesem Kapitel wird gezeigt, wie Gitterdefekte mit demselben For-
malismus behandelt werden knnen wie chemische Produkte und
Edukte. Ziel dieser bung ist es, die Ladungstrgerdichte (und somit
Ingenieurkeramik III 141
Y2 O 3 2YZr
ZrO 2 '
+ 3O xO + VO (7.13)
+ Y2O3
Abb. 7. 8
Einbau von Y2O3 in ZrO2
2[VO ]= [YZr ] .
'
(7.14)
Abb. 7. 9
Partielle Reduktion von CeO2
+1/2O2
Ingenieurkeramik III 143
2[VO ]= [Ce Ce ]
'
(7.16)
(a ) a
2 tration [] bei verdnnten
'
Ce Ce VO
aO 2 Systemen
K= (7.17)
(a ) a
2
CexCe OxO
K= 1
2
[Ce ] p(O
'
Ce
3
2 ) 0.5 oder K = 4 VO p (O 2 ) 0.5 [ ] 3
(7.19)
Wie wir leicht erkennen knnen, ist die Konzentration von reduzier-
tem Cer proportional zu p(O2)-1/6 und die Konzentration der
Sauerstoffleerstellen proportional zu p(O2)-1/6 (Abb. 7.10).
Konzentration [mol/mol]
o
1E-4
150 C
'
[Ce Ce]
1E-5 Abb. 7. 10
.. Konzentration von Sauerstoffleer-
[V O] stellen und CeCe' in reduzierten
CeO2
1E-6
1E-6 1E-5 1E-4 1E-3 0.01 0.1 1 10 100
Sauerstoffpartialdruck [atm]
144 Ingenieurkeramik III
Das zustzliche Elektron des reduzierten Ce3+ ist nur leicht gebunden
und daher sehr beweglich im Gitter. Aufgrund der doppelt so hohen
Konzentration an diesen quasifreien Elektronen verglichen mit Sauer-
stoffleerstellen und der grossen Massendifferenz ist es plausibel, dass
die elektronische Leitfhigkeit dieses Materials um Grssenordnungen
ber der ionischen Leitfhigkeit liegen muss. Wir knnen daher einen
resistiven Sauerstoffsensor konstruieren, bei dem die elektrische Leit-
fhigkeit proportional zu p(O2)-1/6 ist. Allerdings tritt dabei ein Prob-
lem auf: Da die Konzentration von CeCe' sehr klein ist (x in CeO2-x ist x
< 10-3), mssen wir auch Verunreinigungen des Ceroxids bercksich-
tigen. Diese bestehen v.a. aus CaO und sind in der Regel in der Grs-
senordnung von 50 bis 100 ppm vorhanden, d.h. signifikant.
CaO Ca 'Ce
CeO 2 '
+ OOx + VO (7.20)
[V ]= [Ca ]+ [Ce ] .
O
''
Ce
1
2
'
Ce (7.21)
Solange gilt
[Ca ]>> [Ce ] ,
''
Ce
'
Ce (7.22)
o
150 C 100 ppm Ca
[CaCe]; [VO]
1E-4
Sauerstoffpartialdruck [atm]
Ingenieurkeramik III 145
Abb. 7. 12
Akzeptor-Typ Halbleiter.
Die Energieverteilungsfunktion
LB
wird bei erhhten Temperaturen
Akzeptorniveau unschrfer (gestrichelte Linie fr
f
f()).
VB
Wie verhalten sich die Konzen-
trationen von Lchern (in FeO)
und Elektronen (in TiO2) als Funk-
tion des p(O2)? Wie hngen sie
von der Temperatur ab?
TiO2-x, n-Typ Halbleiter. Titanoxid ist (wie brigens auch CeO2-x)
ein n-Typ Halbleiter, d.h. ein sog. Donatortyp. Das Donatorenniveau
liegt dabei knapp unter dem Leitungsbandniveau.
x
2Ti Ti + OxO 2Ti'Ti + VO + 12 O 2 .
TiO 2
(7.24)
Abb. 7. 13
Donator-Typ Halbleiter
LB
f Donatorniveau
VB
Beispiel: Yttrium dotiertes ZrO2. Wie wir oben gesehen haben, wird
Zirkonoxid durch dotieren mit Yttriumoxid zu einem Sauerstoffionen-
leiter (Gl. (7.13) und (7.14)).
Y2 O 3 2YZr
ZrO 2 '
+ 3O xO + VO (7.13)
(fr eine Sauerstoffleerstelle mssen folglich zwei Zr-Atome durch
zwei Y-Atome substituiert werden. Deshalb ist die Konzentration der
Y-Atome auf Zr-Pltzen doppelt so hoch wie Konzentration der Sauer-
stoffleerstellen)
2[VO ]= [YZr ] .
'
(7.14)
Uns interessiert nun das Verhalten von diesem Material bei verschie-
denen Sauerstoffpartialdrcken.
Fall 1: Tiefe Sauerstoffpartialdrcke (p(O2)): hier wird ein Teil von
Zr4+ zu Zr3+ reduziert und das Material zeigt n-Typ Halbleitung
(Gl. (7.25)).
2 VO + 3OOX + 2ZrZr' + 12 O 2
2ZrZrx + 4O Ox ZrO
(Reduktion)(7.25)
2 VO + 2 ZrZr' + 12 O2
2 ZrZrX + OOX ZrO
[ ] [ ]
2 VO = ZrZr' . (7.26)
=
[Zr ] [V ] p
' 2
Zr O
0.5
O2
[Zr ] [O ]
K Re duktion . (7.27)
x 2 x
Zr O
[ ] [ ]
Was sich unter der Annahme, dass ZrZrx , O Ox in erster Nherung
konstant bleibt und der Gl. 7.26, vereinfachen lsst zu:
[ ]
K Re duktion = 0.5 ZrZr' pO0.25 .
3
(7.28)
[e ] ~ p(O )
'
2
-1/6
(7.29)
Ingenieurkeramik III 147
VO + 12 O 2 O Ox + 2h (Oxidation)
ZrO 2
(7.30)
[ ] [ ]
K Ox = h VO
2 1
pO12/ 2 . (7.31)
[h ] = ( K [V ])
Ox
O
1/ 2
pO1/24 (7.32)
Abb. 7. 14
Patterson-Diagramm
Die totale elektrische Leitfhigkeit eines solchen Leiters ist die Sum-
me aller Teil-Leitfhigkeiten. Als Beispiel dient CeO2 mit 20 mol%
SmO1.5 ( Abb. 7.15) und BaTiO3 (Abb.7.16).
148 Ingenieurkeramik III
Abb. 7. 15
Elektrische Leitfhigkeit von
Ce0.8Sm0.2O1.9-x als funktion des pO2
bei verschiedenen Temperaturen.
10
1073 K
tot [S/m]
973 K
-1/6 873 K
1
28 24 20 16 12 8 4 0
-log (pO /atm)
2
Abb. 7. 16
Elektrische Leitfhigkeit von Ba-
TiO3 als funktion des pO2 bei ver-
schiedenen Temperaturen.
Ingenieurkeramik III 149
Abb. 7. 17
Keramische Leiter im Vergleich
Abb. 7. 18
berblick ber die Leitfhigkeit
ionischer Leiter als Funktion der
Temperatur.
1. Intrinsische
2. Extrinsische
3. Intrinsische superionische
Ingenieurkeramik III 151
Na x
+ Cl x
= nil ' + V
VNa
NaCl
(7.33) Cl Na Cl Na Cl Na
Na Cl Cl
Na Cl Na Cl Na Cl
Bei NaCl betrgt die Bildungsenergie dieser Defekte EB = 2,45 eV und Cl Na Cl Cl Na
ihre Konzentration ist nahe des Schmelzpunktes von 801C nur Na Cl Na Cl Na Cl
0,02%. Auch die Aktivierungsenergie der Beweglichkeit liegt mit
Abb. 7. 19
0,65 eV relativ hoch. Die Leitfhigkeit betrgt daher bei dieser Tem-
Schottky-Fehlordung in NaCl.
peratur bloss 0.1 S/m. Gleichzeitig gibt es Leerstellen im
Kationen- wie im Anionengitter.
a b c
0.95 Na Cl
1.85 Cl Na 0.59
0.45
Cl Na Na Abb. 7. 20
Cl
Mglicher Mechanismus der Kati-
Na Cl Cl Cl Cl Cl onenbewegung im NaCl-Gitter.
A/2=2.82
Ag xAg ' + Ag
VAg
AgI
i (7.34)
Gd 2 O 3 2Gd'Ce + 3O xO + VO
CeO2
(7.36)
Abb. 7. 22
Einheitszelle von kubischem Cero-
xid (Fluorit-Struktur).
dunkel: Sauerstoffion
hell: Cerkation
Abb. 7. 23
Ionische Leitfhigkeit verschiede-
ner Oxide mit Fluorit-Struktur als
Funktion der Sauerstoff-
leerstellenkonzentration.
log [ cm ]
-1
-1
AgBr
Abb. 7. 24 -2
-1
berblick ber die Leitfhigkeit -3
AgX Leiter und NaCl als Funktion AgCl
-4 -AgI
der Temperatur NaCl
-5
-6
-7
1.0 1.5 2.0 2.5 3.0
-1
1000/T [K ]
Al
O
Na
Abb. 7. 25
-Aluminiumoxid
0.1
Widerstand [ cm ]
0.01
-1
-1
1E-3
1E-4
1E-5 Na K
Ag
1E-6
Tl
1E-7
173 373573
Temperatur [K]
Abb. 7. 27
Grundflche der hexagonalen Elektrische Widerstand fr -Al2O3
Elementarzelle Keramiken (Einkristalle) dotiert mit
verschiedenen Metalloxyden
Abb. 7. 26
Mgliche Migrationswege des Na+-Iones
Kathode Anode
G = zFE . (7.37)
1/ 2O2 + H2 H 2 O , (7.38)
a(H2 O)
G = G + RT ln
0
. (7.39)
a(H 2 ) a(O 2 )0.5
RT p ( H 2 O)
E = E0 ln , (7.40)
zF p(H 2 ) p(O 2 ) 0.5
p( O 2 ) I
G = RT ln . (7.41)
p(O 2 ) II
RT p(O2 ) II
E= ln I . (7.42)
4F p(O2 )
7.5.5.2. Festelektrolyt-Brennstoffzellen
Brennstoffzellen werden zur elektrochemischen Umsetzung der che-
mischen Energie eines Brenngases mit Luft in elektrische Energie und
Wrme verwendet.
Sie bestehen aus zwei gasdichten getrennten Halbrumen mit Luft
(O2) auf der einen, und dem Brenngas (z.B. H2) auf der anderen Seite.
Getrennt werden diese zwei Gaskammern durch einen Elektrolyten (E)
der z.B. fr Sauerstoffionen leitfhig ist. Elektroden, eine Kathode an
der Luftseite und eine Anode auf der Brennstoffseite, sorgen fr den
An- und Abtransport der elektrischen Ladungen. Wasserstoff will mit
dem Sauerstoff zu Wasser reagieren. Bei hheren Temperaturen (T >
800C) wird der Elektrolyt so gut leitend, dass die Reaktion O2 + H2
-> H2O durch Einschalten der (O2-) Sauerstoffionenleitfhigkeit im
Elektrolyten ermglicht wird. Auf die Kathode mssen Elektronen
hin, von der Anode diese abtransportiert werden. Durch einen usseren
Stromkreis wird dieser Elektronenfluss ermglicht. Er ist genauso
hoch wie mal der Sauerstoffionenfluss im Elektrolyten.
Brennstoffzellen weisen einen hheren Wirkungsgrad als konventio-
nelle Wrme-Kraft-Kopplungs Kraftwerke auf, da sie nicht an den
Carnot-Zyklus gebunden sind. Im Gegensatz zu diesem sind sie nicht
auf eine mglichst grosse Temperaturdifferenz zwischen der Betriebs-
temperatur des Kraftwerks mit der Umgebungsluft angewiesen. Ihr
Wirkungsgrad, , ist nur limitiert durch die Differenz der Enthalpie,
H, die den Energieinhalt der chemischen Reaktion bestimmt und die
158 Ingenieurkeramik III
G
= . (7.43)
H
100
(O ) = (O ) 2F
2 2
(7.44)
respektive (Siehe 7.6)
(O ) = (O ) 2F .
2 2
(7.45)
i
ji = (O2 ) . (7.46) Siehe 7.3 & 7.4
2F
Aus Gl. (7.46) ist ersichtlich, dass der ionische Strom proportional zur
ionischen Leitfhigkeit ist und genau dann verschwindet, sobald die
Differenz des elektrochemischen Potential null ist und damit auch der
Gradient. Es gilt dann (Gl. (7.45)) dass (O2-) = 2F. Dies ist dann
der Fall, wenn kein Ionenstrom fliesst also nur eine elektr. Potential-
differenz durch das chemische Potential aufgebaut wird. In diesem
Fall spricht man von der OCV, der open circuit voltage.
7.5.5.4. Festelektrolyte
Sauerstoffsensoren und Festelektrolyt-Brennstoffzellen bentigen ke-
ramische Festelektrolyte mit mglichst hoher ionischer Leitfhigkeit.
Zustzlich mssen diese Materialien eine hohe Bestndigkeit sowohl
an Luft als auch unter stark reduzierenden Bedingungen aufweisen.
Abb. 7. 30
Es gibt nur wenige Materialien, die diese Bedingungen erfllen. Die Schematischer Aufbau einer Festelekt-
rolyt-Brennstoff-Zelle
am meisten eingesetzten sind tetragonal oder kubisch stabilisiertes
Zirkonoxid (3, resp. 8 mol% Y2O3 stabilisiertes ZrO2). Obwohl es
Materialien mit noch hherer Leitfhigkeit gibt, werden diese bisher
noch kaum eingesetzt, da ihre Stabilitt in reduzierender Umgebung so
gering ist, dass zustzlich zu ionischer auch elektronische Leitfhig-
keit entwickeln (z.B. dotiertes CeO2). Wir beschrnken uns daher im
folgenden auf Zirkonoxidelektrolyte.
Die Dicke des Elektrolyten betrgt bei Brennstoffzellen blicherweise
ca. 200 m, wobei auch Systeme mit Elektrolytdicken von 5 bis 30 Abb. 7. 31
Rasterelektronenmikroskopische Auf-
m in Entwicklung sind. Bei Sauerstoffsensoren betrgt die Dicke der nahme einer Einzelzelle
Elektrolytschicht meist 1 bis 2 mm, da im stromlosen Zustand gearbei-
ted wird und der Spannungsabfall am Elektrolyten die Ansprechzeit
des Sensors kaum beeinflusst.
Die elektrische Leitfhigkeit von kubischem ZrO2 als Funktion von
1/T ist in Abb.7.32 dargestellt.
160 Ingenieurkeramik III
T [C]
900 800 700 600 500 400
3
Abb. 7.32
Schematische Darstellung der 2
Bi
Sauerstoffionenleitfhigkeit ver- 2O
3 -b
1 ase
schiedener Elektrolyte die fr z.B. d GaO
3 -base
log( ) [S/m]
Brennstoffzellen und Sauerstoff- d
0
sensoren eingesetzt werden. CeO
t
2 -bas
-1
ed
ZrO
2 -b
-2
intermediate ase
temperature d
SOFC
-3
0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
103/T [K-1]
Abb. 7.33
Mikrostruktur (REM) einer
La0.8Sr0.2MnO3-Kathode (links),
Platin-Elektrode (Kathode oder
Anode) rechts.
O + H 2 H 2 O + 2e .
2- -
(7.48)
0.5
1.0
Abb. 7.34 0.4
Strom/Spannungskennlinie (? ) 0.8
Zellspannung [V]
Leistung [W/cm ]
sowie Power-Output (o) einer 0.3
typischen Festelektrolytbrennstoff- 0.6
zelle.
0.2
0.4
2
0.2 0.1
900C
in Luft/Wasserstoff
0.0 0.0
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0
2
Stromdichte [A/cm ]
zugefhrte Luftmenge
=
theoretischer Luftbedarf
<1 Brennstoffberschuss
=1 stchiometrische Verbrennung
>1 Sauerstoffberschuss
Abb. 7.35
Abhngigkeit der Sondensignals von
dem -Wert
Ingenieurkeramik III 163
Abb. 7.36
Der Durschnitt einer - Sonde
Lernkontrolle
7.6. Halbleiter
1. Intrinsische Halbleiter
2. Extrinsische Halbleiter
3. Defekthalbleiter
Halbleiter:
intrinsischer
exstrinsischer Intrinsische Halbleiter. Intrinsische Halbleiter sind dadurch charakte-
Log
Dieser Prozess fgt Lcher ins Valenzband ein und erniedrigt das Fer-
mi-Niveau, so dass es knapp oberhalb des Valenzbandes zu liegen
kommt. Man spricht bei einem solchen Halbleiter vom p-Typ. Die
nicht gesttigte Bindung zwischen Akzeptor und Si kann an einer be-
liebigen Stelle sitzen und durch irgendein Elektron gefllt werden, d.h.
das Loch wandert.
Si Si Si Si Si
Si Si Si Al Si
LB
Si Si Si Si Si
Akzeptorniveau
f Si Si Al Si Si
VB
Si Si Si Si Si
Nicht gesttigte
Bindung (Loch)
Abb. 7.37
Bandschemata eines p-Typ
Si Si Si Si Si
(oben) und eines n-Typ Halb-
Si Si Si P Si leiters (unten). Beispiele der
Bindungsverhltnisse fr die
Si Si Si Si Si entsprechende Dotierung von
LB
Silizium mit einem Akzeptor
f Donatorniveau Si Si P Si Si (Al, oben) und einem Donator
(P, unten).
VB Si Si Si Si Si
Nicht gesttigte
Bindung (Elektron)
2Ni Ni + 2O Ox + VNi''
O 2 NiO
(7.49)
Ni Ni
Ni Ni
NiO x
+ h (7.50)
Wir behandeln hier ZnO als Beispiel. Durch Reduktion werden in die-
sem Material Zn-Ionen auf Zwischengitterpltzen gebildet. Das Kris-
tallvolumen nimmt ab. Die Zwischengitterionen wirken als Donatoren,
es entsteht n-Halbleitung.
1
Zn xZn + O Ox Zn ix + O 2
ZnO
(7.51)
2
Zn ix Zn i + e ,
ZnO
(7.52)
1
Zn xZn + O Ox Zn Zn
ZnO x
+ VOx + O2 (7.53)
2
VOx VO + e ,
ZnO
(7.54)
Abb. 7.39
Elektrische Leitfhigkeit eine
Halbleiters mit extrinsischer und Sttigung
log()
(T ) = 0 exp(TB ) . (7.55)
d(ln ) B
R = = 2 (7.56)
dT T
Heissleiter sind meist Spinelle (AB2O4 , wobei A zweiwertig und B
vierwertig ist).
Als Heissleiter werden Spinelle wie z.B. Mn3O4 (Mn2+Mn3+2O4) oder
inverse Spinelle wie NiMn2O4, CoFe2O4 verwendet. Die bergangs-
metalle in dieser Struktur knnen verschiedene Oxidationsstuffen
aufweisen. Kationen mit verschiedenen Valenzen knnen miteinander
Elektronen austauschen. Dieser Valenzaustauch ist fr eine thermisch
aktivierte Leitung verantwortlich.
Abb. 7.40
Valenzaustausch (hoping Lei-
tung) in Heissleiter-Spinellen.
In Abb. 7.41 ist die Einheitszelle eines Spinells dargestellt, sie enthlt
8 Formeleinheiten AB2O4. Im Spinell sind die A2+ Kationen
tetraedrisch koordiniert, die B3+ Kationen oktaedrisch. In inversen
168 Ingenieurkeramik III
Spinell sind A2+ und die Hlfte der B3+ oktaedrisch koordiniert, die
restlichen B3+ tetraedrisch (B(AB)O4).
Abb. 7.41
Kistallstruktur des Spinells. Die
Elementarzelle, die 8 Formelein-
heiten ABO4 enthlt, lsst sich in 8
Unterzellen aufteilen, die sich in
jeder Kristallrichtung abwechseln.
Abb. 7.42
Elektrischer Widerstand einer 8
10
Reihe von Heissleiters als Funkti-
7
on der Temperatur. 10
6
10
500 k
Widerstand []
5
10
50 k
4 5 k
10
500
3
10
50
2
10
1
10
0
10
-60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120
o
Temperatur [ C]
Ingenieurkeramik III 169
Abb. 7. 43
Thermodynamisches Gleichge-
wicht am p-n bergang.
Wie wir wissen, kann mittels eines p-n bergangs ein Gleichrichter
(Diode) aufgebaut werden, d.h. der bergang sperrt den Strom in einer
Richtung fast vollstndig. Um dies zu verstehen betrachten wir zu-
nchst wieder den bergang im thermodynamischen Gleichgewicht,
interpretieren dieses aber jetzt dynamisch. Wir nehmen dabei an, dass
auch im Gleichgewicht ein gewisser Lcher- und Elektronenstrom
fliesst, der aber entgegengesetzt gleich gross ist:
Abb. 7. 44
p-n bergang in thermodynami-
schen Gleichgewicht. Erzeugungs-
und Rekombinationsstrom von
Elektronen und Lchern sind
gleich gross.
p-nbergang in Durchlassrich-
tung. Die n-Seite ligt um qV0 h-
her als die p-Seite. Elektronen
gelangen leichter vom Leitungs-
band (n-Seite) ins Akzeptorniveau
(p-Seite). Der Rekombinati-
onsstrom nimmt zu, whrend der
Erzeugungsstrom gleich gross
bleibt, d.h. es fliesst ein Nettostrom
ber den p-n-bergang.
Abb. 7.45
Spezifischer Widerstand r gegen
Temperatur fr diverse Bariumti-
tanatlegierungen. Substitution von
Barium durch Blei frt zu einem
Anstieg, Zusatz von Strontium zu
einer Erniedrigung der Curietem-
peratur und somit des PTC-Effekts.
D.C. Hill and H.L. Tuller in Ceramic
Materials for Electronics, 2nd Ed.,
R.C. Buchanan, Editor, Marcel Dekker
Inc., NY, USA (1991).
Betrachten wir zwei Krner mit der Fermienergie Ef (K), die ber eine EF
Korngrenze mit der Fermienergie Ef (KG) verbunden sind. In Abb.
7.47 ist ein solcher Korngrenzenbergang dargestellt, wobei hier die
Krner Donator-Halbleiter sind und die Korngrenze ein Akzeptor- Metall Halbleiter Der Kontakt im
Kontakt
Halbleiter ist. Diese Anordnung wird auch als doppelte Schottky- Vakuum Gleichgewicht
Abb. 7.47
Modell fr den Potentialverlauf an
einer Korngrenze eines Halblei-
ters. Die Korngrenze wirkt in die-
sem Modell als Akzeptor, das inne-
re Der Krner auf der linken und
rechten Seite ist ein Donator.
Die Korngrenze ist im Gleichge-
wicht, d.hes wird kein usseres
elektrisches Potential angelegt.
Wenn ber die Korngrenze keine Spannung anliegt, ist die Anordnung
symmetrisch, die Raumladungszone im Inneren der Krner links und
rechts ist gleich breit, dl=dr=d. Die Breite der Korngrenze ist dKG. Die
174 Ingenieurkeramik III
qN D d 2
KG (0) = , (7.57)
2 0
wobei ND die Dichte der Donatoren im Inneren der Krner bezeichnet.
Wichtig ist zu beachten, dass die Hhe der Potentialbarriere an der
Korngrenze invers proportional zur relativen Dielektrizittskonstanten
ist. Wird nun mit Heizen oder durch Stromdurchgang-Aufwrmen
die Phasenumwandlung erreicht, so erhht sich und die KG-Barriere
SP/cm
T/103
wird erniedrigt.
Tetragonal. Kubisch.
Ferroelektrisch Paraelektrisch
TC
KG(0)
KG(0)
Abb. 7.48
Dielektrizittskonstante und der
Spezifische Widerstand von BaTiO3
in der Nhe von der Curie-
Temperatur.
Abb. 7.49
Raumladungen an der Korngrenzen
unterhalb und oberhalb der Curie-
Temperatur.
KG (0)
~ e kT
von . Dies fhrt zu einem starken Anstieg von KG (0) und somit zu
einer Zunahme des Widerstands.
Abb. 7.50
Dotierung von BaTiO3 mit Yttrium.
Bauformen
Tabletten
Pillen
Wabesnstrukturen (Heizelemente)
Anwendungen
Grenztemperatursensoren
selbstregelnde Heizelemente
berlastschutz
Abb. 7.51
PTC-Material Engineering
Durch Messungen mit Mikromani-
pulatoren an einzelnen Korngrenzen und an Einkristallen konnte ge-
zeigt werden, dass der PTC-Effekt an den Korngrenzen lokalisiert ist.
176 Ingenieurkeramik III
7.7.3. Varistoren
Varistoren (von engl. variable resistor) sind halbleitende Materialien
mit einer stark nichtlinearen Strom-Spannungs-Charakteristik. Der
Varistor-effekt beruht wie der PTC-Effekt auf Potentialbarrieren an
den Korngrenzen. Die elektrische Leitfhigkeit eines Varistors ist un-
terhalb einer gewissen angelegten Spannung (ca. 3.2 V pro Korn-
grenze bei ZnO) sehr klein, nimmt oberhalb dieser aber um Grssen-
ordnungen zu.
Der Leitfhigkeitsmechanismus ist hnlich wie beim PTC-Widerstand
(Abb. 7.47). Im Unterschied zu diesem wird aber nicht die nderung
von KG (0) bei TC ausgentzt, sondern das elektrische Feld wird ver-
wendet, um die Potentialbarrieren an den Korngrenzen zu berwinden.
Abb. 7. 52
7.7.3.1. Strom-Spannungs-Kennlinie
Die Strom-Spannungs-Kennlinie von Varistoren ist nichtlinear, bei
niedrigen angelegten Spannungen ist die Leitfhigkeit des Varistors
gering. berschreitet die Spannung jedoch einen kritischen Wert,
nimmt der Widerstand um Grssenordnungen ab.
Abb. 7.53
Abb. 7. 54 I
Kennlinien von Varistoren mit
unterschiedlichen -Werten.
=3
=5
=99
U
ZnO-Varistoren
Materialien
Abb. 7. 55
berspannungsableiter (schema-
tisch)
Abb. 7. 56
Ein Varistor als berspannungs-
schutz.
180 Ingenieurkeramik III
Notizen
Ingenieurkeramik III 181
8.Kap
Supraleitung
Um die Jahrhundertwende wurden grosse Fortschritte in der
Tieftemperaturforschung gemacht. In diesem Umfeld wurde 1911 das
Phnomen Supraleitung vom niederlndischen Experimentalphysiker
Heike Kamerlingh Onnes entdeckt. Onnes, der seine ganze
wissenschaftliche Karriere der Tieftemperaturkhlung widmete,
gelang 1908 als erstem die Verflssigung von Helium bei 4 Kelvin.
Das flssige Helium erlaubte ihm die Durchfhrung von
Experimenten bei Temperaturen, so nahe am absoluten Nullpunkt, wie
sie nie zuvor erreicht wurden.
(Abb. 8.2). Experimente mit Zinn und Blei zeigten bald, dass auch
andere Metalle bei ausreichender Khlung supraleitend werden. Fr
seine Leistung bei der Erforschung des Verhaltens von Metallen in der
Nhe des absoluten Nullpunktes wurde Onnes im Jahre 1913 der
Nobelpreis verliehen.
0.006
Wie schon in der Einleitung taucht im Zusammenhang mit
Supraleitung immer wieder der Begriff kritische Temperatur oder 0.004
Sprungtemperatur TC auf. Diese definiert den Phasenbergang
0.002 R=0
zwischen normal- und supraleitendem Zustand. Tc,onset ist die
Temperatur bei welcher der Widerstand beim Abkhlen vom linearen 0.000
Verhalten abweicht und unterhalb von Tc,R=0 ist kein Widerstand mehr 80 90 100 110 120
messbar (Abb. 8.3). Dazwischen sind weitere Definitionen Temperatur / K
gebruchlich, z.B. ist TC,50 diejenige Temperatur, bei welcher der
Widerstand auf die Hlfte abgesunken ist. Abb. 8.3
Verschiedene Definitionen von TC .
Im Jahr 1933 konnten Meissner und Ochsenfeld zeigen, dass der
supraleitende Zustand neben der Eigenschaft R = 0 zustzlich die
Eigenschaft hat, ein Magnetfeld immer aus seinem Innern zu
verdrngen; das Material erweist sich als perfekter Diamagnet.
Dieser Effekt wird heute kurz Meissner-Effekt genannt: B = 0. An
der Oberflche des Supraleiters (T < TC) werden supraleitende
Abschirm-strme angeworfen, welche ein Magnetfeld erzeugen, dass
im Inneren des Supraleiters das ussere Magnetfeld exakt
kompensiert.
184 Ingenieurkeramik III
Abb. 8.4.
Schematische Darstellung des
Meissner - Effekts in einer supra-
leitenden Kugel, die bei konstan-
tem usserem Magnetfeld abge-
khlt wird. Beim Unterschreiten
der Sprungtemperatur werden die
Induktionsfeldlinien aus der Kugel
herausgedrngt. Bi > 0, T > TC Bi = 0, T < TC
cp Elektronen ~exp(-C/T) ,
was zu einem Sprung in der spezifischen Wrme fhrt (Abb. 8.5).
Abb. 8.5
Spezifische Wrme eines
Supraleiters.
Ingenieurkeramik III 185
Abb. 8.6
Periodensystem der supraleiten-
den Elemente.
Ge
Nb
Ingenieurkeramik III 187
Verbindung TC [K]
Abb. 8.8
Nb3Sn 18 Tieftemperatur Supraletende Verbindungen
Nb3Ge 23 Supraleiter
PbMo6S8 15 Cheverel Phase
NbO 2 Tieftemperatur
NaxWO3 6 oxydische
BaPb1-xBixO3 12 Supraleiter
(LaSr)2CuO4 36 Hochtemperatur
YBa2Cu3O7-x 93 Supraleiter
HgBa2Ca2Cu3O8+x 135
K3C60 19 Fullerene
Cs2RbC60 33
Vor mehr als 20 Jahren stellten A. Sleight und seine Mitarbeiter beim
amerikanischen Chemiekonzern Du Pont einen keramischen
Werkstoff aus Barium, Blei, Wismut und Sauerstoff her. Obwohl seine
Sprungtemperatur bei nur 12 K lag, brachte er J.G. Bednorz und K.A.
Mller auf die Idee, gezielt nach keramischen Supraleitern zu suchen.
Sie leiteten im September 1986 durch ihren Artikel in der Zeitschrift
fr Physik B die Revolution in der Supraleiterforschung ein.
Abb. 8.10
Historische Entwicklung
der kritischen Temperatur.
Ingenieurkeramik III 189
Die Theorie der Supraleitung ist extrem kompliziert und bentigt das
Verstndnis der Quantenmechanik. Die ausfhrliche und vollstndige
Diskussion ber die Quantenmechanik der Supraleitung sprengt den
Rahmen dieses Kapitels. In diesem Abschnitt sollen nur einige
Grundlagen vermittelt werden.
Abb. 8.11
Schematische Darstellung der
Gitterdeformation durch einem
Elektron
.
Nach dieser Theorie sind die Elektronen bei tiefer Temperatur gepaart.
Die Kopplung zwischen ihnen beruht auf ihrer Wechselwirkung mit
dem Kristallgitter. Ein Elektron, das an den Ionen des Gitters
vorbeiwandert, kann dessen Lage verschieben. Dieses Elektron
erzeugt ein Phonon (Abb. 8.11). Die Verformung des Gitters bildet
eine Region mit positiver Ladungsdichte, die wiederum ein zweites
190 Ingenieurkeramik III
Abb. 8.12
Schematische Darstellung der
Elerktron-Phonon-Wechsel-
wirkung, welche fr die Bildung
der Cooper-Paare verantwortlich
ist.
Ingenieurkeramik III 191
Abb. 8.14
Isotopieeffekt in Hg
TC~M-
Abb. 8.15
Energielcke und spezifische
Wrme in Supraleiter
cElektronen ~exp(-/kBT) ,
2=3.5kBTC
Tc<20K Eg~1meV
Tc~100K Eg~5meV (Eg1.2eV fr Si).
Zu beachten gilt es, dass diese Beschreibung, basierend auf der BCS-
Theorie nur auf Tieftemperatur-Supraleiter (TTSL) anwendbar ist.
Eine Theorie, die das Phnomen der Hochtemperatur-Supraleitung
zufriedenstellend erklrt, gibt es zur Zeit noch nicht.
194 Ingenieurkeramik III
Um Verwechslungen vorzu-
beugen werden in der Folge Wir haben bis jetzt gesehen, dass Supraleitung nur unterhalb einer
Magnetfelder durch ihre kritischen Temperatur TC mglich ist. Gleichzeitig wissen wir, dass
magnetische Induktion B
ein usseres Magnetfeld vom Supraleiter verdrngt wird. Es ist
charakterisiert.
anzunehmen, dass auch hier eine kritische obere Grenze besteht;
Es gilt im Vakuum: oberhalb eines kritischen Magnetfeldes wird dieses in den
Supraleiter eindringen und den supraleitenden Zustand zerstren. Um
B = 0 H den verschwindenden elektrischen Widerstand auszuntzen, wollen
wir verlustfrei Strom transportieren. Dabei ist zu beachten, dass jeder
und innerhalb einer Strom ein Magnetfeld aufbaut. Z.B. erzeugt ein Strom I durch einen
Substanz: langen, dnnen Draht ein Feld, dessen Feldlinien konzentrische Kreise
bilden und dessen magnetische Flussdichte B im Abstand R vom
B = 0 (H+M) Leiter gegeben ist durch:
I
B = 0
2 R (8.1)
Abb. 8.16
Der supraleitende Phasenraum
Stromdichte
bergangseben
jc e
Normalzustand
Tc
Temperatur
Magnetfeld
196 Ingenieurkeramik III
3. rot E = - dB/dt
Ein sich zeitlich nderndes Magnetfeld erzeugt um sich herum ein elektrisches Wirbelfeld.
Der elektrische Strom und ein sich zeitliches nderndes elektrisches Feld erzeugen ein
magnetisches Wirbelfeld.
ersetzt man v in Glg. 8.2 mit Hilfe der Definition der Stromdichte
d( j)/dt = E (8.4)
mit
= m / (n e2) (8.5)
rot ( j) = - B (8.6)
und mit
- B + (0/) B = 0 (8.9)
die Eindringtiefe gegen TC hin stark an, das Magnetfeld dringt immer
mehr ein und zerstrt die Supraleitung.
Abb. 8.17
Temperaturabhngigkeit der
Londonschen Eindringtiefe des
usseren Feldes in die Oberflche
eines Supraleiters.
Abb. 8.18
Eindringtiefe und Dichte der
Cooper-Paare an der Grenzflche
normal- supraleitend.
Abb. 8.17 Abb. 8.18
8.6 Josephsoneffekt
Abb. 8.19
Tunneleffekt und Weak links beim
bergang Supraleiter Normal- Metall-Isolator-Metall Tunneleffekt
leiter - Supraleiter.
Nehmen wir an, wir haben zwei Metallstcke die mit einer sehr
dnnen isolierenden Schicht getrennt werden; dann knnen die
Elektronen durch diese Barriere nicht fliessen. Legt man aber ein
Potenzial an, werden die Elektronen an einer Seite des berganges
eine grssere Energie als an der anderer haben. Man bekommt an
beiden Seiten des M-I-M-berganges unterschiedliche Fermi Niveaus.
Die isolierende Barriere knnte dann durchtunnelt werden. Der
Ingenieurkeramik III 199
Abb. 8.20
Der Tunneleffekt und die Strom-
Spannung Charakteristik beim
Metall-Isolator-Metall bergang
Metall-Isolator-Supraleiter Tunneleffekt
Abb. 8.21
Der Tunneleffekt und die Strom-
Spannungs Charakteristik beim
Metall-Isolator-Supraleiter
bergang
Supraleiter-Isolator-Supraleiter Tunneleffekt
Wenn der bergang nicht polarisiert ist (d.h. ohne Spannung) knnen
die Cooper-Paare durch die isolierende Barriere tunneln. Das ist aber
nur dann mglich wenn die Dicke der Barriere kleiner ist als die
Kohrenzlnge. So kann der Strom ber die Barriere ohne Verluste
(Wiederstand gleich Null) fliessen. Der maximale Strom der durch den
bergang fliessen kann (Kritischer Josephson Strom) kann die Werte
1-103 A/cm2 erreichen.
Mit einer Erhhung der Spannung knnte man hnliche Tunneleffekte
wie beim Metall-Isolator-Supraleiter bergang erreichen. Man muss
aber eine Spannung anlegen die den Wert 2/e berschreitet. Die
Cooper-Paare werden dann zerrissen und durchtunneln in den Band
oberhalb der Energielcke.
Abb. 8.22
Der Tunneleffekt und die Strom-
Spannung Charakteristik beim
Supraleiter-Isolator-Supraleiter
bergang
Ingenieurkeramik III 201
Die Materialien fr die <1/2=0.71 nennt man Supraleiter Typ I. Abb. 8.23
Supraleiter Typ I
TC [K] [nm] GL [nm]
Al 1.2 16 1600 0.01
Sn 3.7 34 230 0.16
Pb 7.2 37 83 0.47
Abb. 8.24
Magnetisierungskurve eines
Supraleiters 1. Art
Abb. 8.25
Magnetfeld im Inneren eines
Supraleiters 1. Art als Funktion
des Aussenfeldes. Bc
Die zweite Mglichkeit der Darstellung ist in Abb. 8.25 gezeigt. Hier
wird das resultierende Feld im Inneren des Supraleiters als Funktion
des Aussenfeldes aufgetragen. Solange das externe Feld kleiner als BC
bleibt, ist die Probe supraleitend und das Innenfeld gleich Null. Sobald
die Supraleitung zusammenbricht, dringt das Aussenfeld ein und das
Innenfeld entspricht dem Aussenfeld.
Abb. 8.26
Supraleiter Typ II Solche Supraleiter 1. Art sind technologisch uninteressant, da sie nur
in einer dnnen Oberflchenschicht Stromtransport erlauben.
Abb. 8.27
Magnetisierungskurve eines
Supraleiters 2. Art
Abb. 8.28
Mittleres Magnetfeld im Inneren
eines Supraleiters 2. Art als
Funktion des Aussenfeldes
Abb. 8.28
Abb. 8.27
Abb. 8.29
Abb. 8.29
Flussliniengitter in einem Typ-II-
Supraleiter. Jede magnetische
Flusslinie trgt ein elementares
Flussquantum:
0=h/2e2.0710-15Tm2
Abb. 8.30
STM (Scanning Tunneling
Microscopy) Aufnahme des
Abrikosov-Gitters in NbSe2
Abb. 8.30
Abb. 8.31
Die Struktur der Flussschluche in
einem Supraleiter Typ II
B0 = (0Iges)/(2R) (8.11)
Abb. 8.33
Feldverteilung um einen supra-
leitenden Draht in der Meissner-
Phase ohne Belastungsstrom.
Bgesamt = 2 Ba + B0 (8.13)
Abb. 8.34
Wirkung der Lorentzkraft auf
Flussschluche in der Shubnikov-
Phase.
Abb. 8.35
Die Defekten im Kristallgitter (z.B.
Verunreinigungen) die nicht
supraleitend sind, knnen die
Flusslinien verankern. Das
verhindert die Flusslinienbewegung,
solange die Stromdichte einen
kritischen Wert jC nicht
berschreitet
FL-Festkrper im Bereich
Bc1(T)<B<Bm(T) sind die FL fest
verankert.
FL bilden regulres Abrikosov-
Gitter. Der SL kann einen
Transportstrom j<jc verlustfrei
tragen.
8.8.1 La2-xSrxCuO4
Abb. 8.38
Kristallstruktur des La2-xSrxCuO4
Die TC betrgt 35K. Noch hhere Werte erreicht man wenn Lanthan
mit Strontium (statt mit Barium) substituiert wird. Die kritische
Temperatur ist in dieser Verbindung von der Strontium- bzw.
Bariumkonzentration abhngig. Bei der Dotierung, werden statt
dreiwertigen Lanthankationen zweiwertige Strontium Katione in das
Gitter eingebaut. Die Sauerstoffleerstellen werden wiederum mit den
Sauerstoffatomen aus der Gas Phase besetzt. Die Lcher die dabei
entstehen knnen gehen dann in die CuO2-Schichten ber.
x
2SrO 2SrLa + 2O O + VO
x
VO+ 0.5O2 O O+ 2h
Abb. 8.39
Phasen-Diagram fr
La2-xSrxCuO4
Ingenieurkeramik III 211
8.8.2 YBa2Cu3O7-x
Abb. 8.40
Kristallstruktur des YBa2Cu3O7-x
Abb. 8.41
Kritische Temperatur fr
YBa2Cu3O7-x
Die Synthese von YBa2Cu3O7-x ist relativ einfach. Man benutzte als
Ausgangsmaterialien Y2O3, BaCO3 und CuO. Die Synthese findet bei
~930oC statt:
8.3
Abb. 8.43
Anisotropie der Eindringtiefe und
Kohrenzlnge in YBa2Cu3O7-x C ab [] c [] ab [] c []
und Bi2Sr2Ca2Cu3O10. YBa2Cu3O7 93 1500 6000 15 4
Bi2Sr2Ca2Cu3O10 110 2000 10000 13 2
Ingenieurkeramik III 213
8.8.3 Bi-Sr-Ca-Cu-O
Abb. 8.44
Strukturen der Bi-Sr-Ca-Cu-Oxide
Zusammensetzungen mit ihrer
kritischen Temperatur
CuO-Schicht
Isolierende BiO-Schichten
2201 (TC = 20 K) 2212 (TC = 95 K) 2223 (TC = 110 K)
In Abb. 8.40 sind drei Beispiele aus der Bi-Familie aufgezeichnet, die
alle 2 isolierende Schichten aber eine, zwei oder drei CuO2-Schichten
beeinhalten. Die ausgeprgte Schichtstruktur der keramischen
Supraleiter dominiert auch deren Eigenschaften (z.B. TC).
hnlich wie bei Y123, sind die TC Werte von der
Sauerstoffkonzentration abhngig (Abb. 8.45).
Abb. 8.45
TC Abhngigkeit von der
Sauerstoffkonzentration in
Bi2Sr2Ca1Cu2O10.
214 Ingenieurkeramik III
8.8.4 Hg-Ba-Ca-Cu-O
Abb. 8.46
Kristallstrukturen von
HgBa2Can-1CunO2n+2
Verbindungen
Abb. 8.47
Die Abhngigkeit der
Sprungtemperatur TC in
HgBa2Can-1CunO2n+2 von n -
Zahl derCuO2-Schichten.
Abb. 8.51
LD50- Giftdosis in mg per kg des
Krpers, welche tdlich fr 50%
der Population ist. Ausgerechnet
auf Grund der Daten fr die
Metalloxyden
8.8.7 Herstellung
Die Herstellungsverfahren der keramischen Supraleiter werden
unterschieden nach der Geometrie des Endproduktes. Wir
unterscheiden Dnnfilme, Dickfilme, Drhte (Bnder) oder
Massivteile. Hierbei werden die verschiedensten bereits bekannten
Methoden angewendet von denen die wichtigsten in der Folge kurz
skizziert werden.
Abb. 8.53
YBCO-Dnnfilm, hergestellt
mittels des IBAD-Prozesess.
Abb. 8.55
Kritische Stromdichte nehmen fr
Bi-2212 Filme mit der Dicke ab.
Der gesamte Strom der durch ein
Film fliessen kann (per cm der
Breite) nimmt aber zu.
Abb. 8.56
Schema des Powder-in-tube
Prozesses (PIT).
Abb. 8.57
Entwicklung der kritischen
Stromdichte whrend der
neunziger Jahre.
8.9 Anwendungen
8.9.1 bersicht
Supraleiter sind in verschiedensten Gebieten der Technik und der
Naturwissenschaften einsetzbar. Sie ermglichen durch den
Nullwiderstand und den Meissner-Effekt neuartige Gerte
(Strombegrenzer, Energiespeicher, Hochfeldmagnete) oder machen
bestehende Gerte effizienter (Transformatoren, Kabel, Motoren).
Durch die hohen Herstellungs-, Material- und Khlkosten, konnten
sich bis jetzt jedoch nur einige wenige Anwendungen fr Supraleiter
kommerziell durchsetzen. Heliumgekhlte Tieftemperatursupraleiter
(intermetallische Verbindungen) werden eingesetzt als Magnete in
Teilchenbeschleunigern, NMR-Tomographen oder SQUIDs zur
Messung kleinster Magnetfelder. Von den vielen mglichen
Anwendungen fr die keramischen Hochtemperatursupraleiter sind bis
heute (1999) einzig die Stromzufhrungen vom Normalleiter zum
Tieftemperatursupraleiter von kommerziellem Nutzen.
Abb. 8.59
Entwiclung der Uhrfrequenz fr
Logische Schaltelemente
Elektronik:
Mikrowellenfilter
Schalt- und Speicherelemente
Industrie:
Magnetische Lager
Energie:
Motoren & Generatoren
SMES (superconducting magnetic energy storage) zur
kurzfristigen Energiespeicherung
Abb. 8.60
Flywheel
Abb. 8.61
SMES Prinzip
Abb. 8.62
SMES Prototyp
224 Ingenieurkeramik III
Abb. 8.63
Ein supraleitendes berttragungskabel
Abb. 8.64
Ein Durchschnitt eines
supraleitenden Band. Man
sieht viele Filamente aus
dem supraleitendem
Material im Silbermantel.
Ingenieurkeramik III 225
Transformatoren
Strombegrenzer
Abb. 8.64
Resistiver Strombegrenzer
Abb. 8.65
Induktiver Strombegrenzer
Literatur
W. Buckel, Supraleitung.
VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim, 1990.
Bourdillon and N.X. Tan Bourdillon, High Temperature
Superconductors: Processing and Science.
San Diego, Academic Press, Inc., 1994.
T.P. Sheahen, Introduction to High-temperature
Superconductivity.
Plenum Press, New York and London, 1994