Zumthor

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DER ARCHITEKT

PETER ZUMTHOR

AUF DER UFNAU


Wer ist Peter Zumthor?

Peter Zumthor kam 1943 als Sohn eines Schreinermeisters


in Basel auf die Welt. Wie sein Vater war er fasziniert vom
Werkstoff Holz und lernte Möbelschreiner. Erst später bildete
er sich autodidaktisch weiter zum Architekten, zuletzt am
Pratt Institute of New York. Während zehn Jahren arbeitete
er als Denkmalpfleger des Kantons Graubünden.

Heute zählt Peter Zumthor zu den Architekten mit Weltruhm,


die der Schweiz einen Ruf als eine der führenden
Architektur-Nationen bescherten. Er wurde mit vielen Preisen
geehrt, u.a. 1998 mit dem Carlsberg Architecural Prize in
Kopenhagen und 1999 mit dem Mies-van-der-Rohe-Preis in
Barcelona, beides überaus bedeutende Architekturpreise.
Zumthor ist Mitglied der Akademie der Künste in Berlin,
Ehrenmitglied des Bundes deutscher Architekten und
Ehrenmitglied des Royal Institute of British Architects.

Anders als bei Ikonen wie Herzog & Demeuron, Mario Botta
oder weiteren vielgefragten Schweizer Architektenstars
beruht Zumthors Ruf nicht auf Monumentalität, sondern auf
der Zurückhaltung und Subtilität, mit der er auf seinen
Schaffensort eingeht. Etwas vom Bemerkenswertesten an
ihm ist, dass er mit wenigen, z.T. unscheinbaren Werken zu
internationaler Berühmtheit gelangte. Ganz im Sinn des
Arbeits-Credos, das auch Grundsatz des Ufnau-Konzepts ist:
Weniger ist mehr, dafür gut.

Peter Zumthors ganzheitliche Denk- und Gestaltungsweise


hat überdies Nebeneffekte, die sich auf die Umgebung
positiv auswirken. Ein Beispiel dafür ist das Bündner
Bergdorf Vrin, für das Zumthor Ende der 70er-Jahre ein
Siedlungsinventar erstellte und - zusammen mit dem
Architekten Gion A. Caminada - konkrete Vorschläge zur
Verbesserung der Dorfentwicklung machte. Seither erlebte
das Dorf einen qualitativen Aufschwung sondergleichen. Die
Abwanderung und Überalterung wurden gestoppt, ohne dass
die Ortschaft sich an den Tourismus verkaufen musste. Als
erstes Dorf wurde Vrin mit dem Wakker-Preis des
Schweizerischen Heimatschutzes ausgezeichnet.

Peter Zumthor selber sagt über seine Arbeit: „Wenn ich


darüber nachdenke, mit welchen ästhetischen Absichten ich
Häuser entwerfe, stelle ich fest, dass meine Gedanken um
Themen kreisen wie Ort, Material, Energie, Präsenz,
Gedächtnis, Erinnerung und Bild - oder auch Bildhaftigkeit,

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Stimmung, Verdichtung, Konzentration und Dauer. Im
Verlaufe der Arbeit versuche ich, diese Begriffe vor dem
Hintergrund der Bauaufgabe mit konkretem Inhalt zu füllen.
Dabei stelle ich mir vor, dass das, was ich entwerfe, Teil
eines Ortes, Teil einer Umgebung werden soll, dass es
gebraucht und geliebt, entdeckt und vererbt, verschenkt,
verlassen und vielleicht auch gehasst - kurz, dass es, in
einem weit gefassten Sinn des Wortes, bewohnt werden
soll.“ (Aus: Peter Zumthor, „Häuser“, siehe Bild)

Was soll Peter Zumthor auf der Ufnau ausführen?


Peter Zumthors Auftrag auf der Ufnau ist bescheiden und
wird allein schon aus diesem Grund kaum ein prunkvolles
Architekten-Denkmal. Es ist einer der kleinsten Aufträge, den
Zumthor je ausführte. Mit dieser Aufgabe wird jedoch des
Architekten ausserordentliche Fähigkeit, sich in über lange
Zeit gewachsene Situationen einzufühlen, erlebbar werden.

Peter Zumthor soll einen Ersatz schaffen für den Anbau am


barocken Gasthaus „Zu den zwei Raben“. Der schopfartige
Anbau stammt von der Landi-Ausstellung 1939. Er wurde der
Bedeutung des Ortes und der Qualität des übrigen
Gebäudeensembles nie gerecht, da er von Anfang an
provisorischen Charakter hatte.

Der hölzerne Annex


umfasst eine
Grundfläche von ca.
100 m2 Grundmass
und beinhaltet im
Erdgeschoss die
Selbstbedienung, einen
Teil der Küche und
sanitäre Anlagen. Im
Obergeschoss befindet
sich ein Saal, im Dachgeschoss sind Personalzimmer
untergebracht. Alle für den Betrieb der Gaststätte nötigen
Anlagen sind in sehr schlechtem Zustand und genügen den
hygienischen Anforderungen nicht mehr. Nicht zuletzt um
dem Gasthaus seine ursprünglichen, sehr harmonischen
Proportionen wiederzugeben, soll dieser Anbau entfernt
werden.

Peter Zumthor soll als Ersatz für diesen Anbau etwa in


gleichem Umfang einen Neubau erstellen, der sich gut in das
bestehende Gebäudeensemble einfügt. Die Grundfläche des
neuen Gebäudes kann nur minimal vergrössert werden, da

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das Raumplanungsgesetz Erweiterungen nur in höchst
eingeschränktem Mass erlaubt. Es ist erklärte Absicht der
Konzeptgruppe, mit dem Neubau einen Akzent zu setzen,
der nicht durch seine Ausmasse, sondern durch die hohe
Qualität auffällt. Die Denkmalpflege des Kantons Schwyz
begrüsst mit Nachdruck das Vorhaben und wird es
unterstützen.

Darüber hinaus soll Peter Zumthor die Umbauten im


Gasthaus „Zu den zwei Raben“ und dem Arnstein beratend
begleiten. Er wird mitwirken bei der sanften Gestaltung des
Gartens. Ebenso soll er bei der Sanierung der Wege und der
Umgebung gestalterisch mitwirken.

Welche Werke hat Peter Zumthor geschaffen?


Viele traditionelle Bauten im Büdnerland, die eine
Umgestaltung erfuhren, tragen Zumthors Handschrift. Seine
Liebe zum handwerklichen Detail und sein grosses
Verständnis für gewachsene Strukturen
machten ihn früh zur gefragten
Persönlichkeit. Zu den Werken, die seinen
Ruf weit über die Kantonsgrenzen trugen,
gehört die kleine Kapelle Sogn-Benedetg
im Bündner Dorf Sumvitg und das
Thermalbad in Vals. Das Thermalbad Vals
ist das erste Bauwerk in der Schweiz, das
bereits kurz nach seiner Fertigstellung
unter Denkmalschutz gestellt wurde. Für
grosses internationales Aufsehen
sorgten Zumthors Schweizer Pavillon an
der Weltausstellung in Hannover und
das Kunsthaus Bregenz am Ufer des
Bodensees. Alle diese Werke gelten
heute - trotz oder vielleicht wegen ihrer
ruhigen Ausstrahlung - als Meilensteine in der
zeitgenössischen Architektur weltweit.

Seit Jahren ist Peter Zumthor hauptsächlich im Ausland


engagiert. Aufträge in der Schweiz konnte er aus
Termingründen kaum mehr ausführen. Zur Zeit arbeitet er an
mehreren Grossprojekten. Zum einen am Neubau des
erzbischöflichen Diözesan-Museum in Köln. Ein weiteres
Grossprojekt ist das Berliner Informationszentrum
„Topografie des Terrors“, für das er den 1. Preis des
international ausgeschriebenen Wettbewerbs gewann.
Grössere Projekte in Skandinavien und Holland sind in
Vorbereitung.

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Was ist so aussergewöhnlich an Peter Zumthor?

Zumthors Thema ist die innere Ruhe. Trotzdem stehen seine


Bauten in einem intensiven Dialog mit der gewachsenen
Umgebung. Dieses Zwiegespräch hat nichts Geschwätziges,
sondern verströmt etwas von jener heiteren
Selbstverständlichkeit und Gelassenheit, die alte
Beziehungen haben können. Nicht zu Unrecht wird Zumthor
als Zen-Meister unter den Architekten bezeichnet. Orte wie
die Ufnau stehen in grossem Einklang mit seiner
Schaffenskraft.

Dabei ist Peter Zumthor alles andere als elitär oder


abgehoben. In seiner Arbeitsweise scheint immer seine
Herkunft und ihre Verpflichtung durch: Zumthor ist
Handwerker, Schreiner, eine Kenner der technischen
Anforderungen und der Materialien, mit denen er arbeitet.
Nie ist er intellektuell im Sinn von dem Boden entfremdet.
Nie ist er laut und pompös. Seine Arbeiten sind streng
durchdacht. Und sie sind „edel“, weil sie der Qualität bis in
die letzte Schraube verpflichtet sind. Aus diesem Geist
entstehen Werke von grosser Zeitlosigkeit. Solche Qualität
hat ihren Preis, sie ist aber nicht überteuert. Weil sie die Kraft
hat, die Zeiten zu überdauern.

Peter Zumthors Bauten entstehen aus einer intensiven


Auseinandersetzung mit dem Ort, mit der Umgebung und
den Menschen. Der Architekt hat eine grosse Liebe zur
Musik und ist ein hervorragender Zuhörer. Wie wenige
berühmte Architekten sitzt er nicht in einem Elfenbeinturm,
sondern bewegt sich lieber auf dem Boden, auf dem er
arbeiten soll, mitten unter den Leuten, für die er bauen wird.
Nicht zuletzt aus diesem Grund ist Zumthor bekannt für seine
Konsensbereitschaft und die Fähigkeit, bei Konflikten
kreative und konstruktive Lösungen anzubieten.

Warum ist Peter Zumthor der Richtige für die Insel Ufnau?

Die Ufnau ist ein besonderer Ort und von absoluter


Einmaligkeit. Sie trägt eine Geschichte und Tradition, wie es
nur wenige Flecken auf Schweizer Boden haben. Seit
tausenden von Jahren ist sie eine „isola sacra“, ein heiliger
Ort, ein Kultplatz. Die Mönche des Klosters Einsiedeln hüten
seit dem Jahr 965 diese Stelle mit grosser Sorgfalt.

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Die Konzeptgruppe Ufnau erachtet es zusammen mit dem
Kloster Einsiedeln und dem Gemeinderat Freienbach als
wichtige Aufgabe, das Vermächtnis dieser alten Zeiten und
den Geist der Insel nach bestem Wissen und Gewissen zu
schützen. Sie hat daher einen der bestausgewiesenen
Schweizer Architekten angefragt, ob er die baulichen
Eingriffe mitgestalten und begleiten würde. Zumthor ist nicht
zuletzt auch wegen seiner Erfahrungen als Denkmalpfleger
besonders geeignet für diese Aufgabe. Zur grossen Freude
der Konzeptgruppe hat der Architekt seine Mitarbeit
zugesagt - eine kleine Sensation. Es ist ein
bemerkenswertes Verdienst der Gemeinde Freienbach, den
vielgefragten Architekten in die Schweiz zurückzuholen.
Zumthors Engagement wird dazu beitragen, den Ruf
Freienbachs als offene, qualitätsbewusste Gemeinde und
attraktiven Standort schweizweit zu festigen.

Mit Peter Zumthors Zusage ist ein Meilenstein des Projekts


gesetzt. Durch ihn werden die im Gestaltungskonzept
deklarierten Grundwerte der Insel unter einen gut sitzenden
Architektenhut vereint:

Einfachheit, Zeitlosigkeit, Ausstrahlung und Gastfreundschaft


im Zeichen der Stille.

Oder mit den Worten Peter Zumthors: „Es gibt für mich ein
schönes Schweigen von Bauten, das ich verbinde mit
Begriffen wie Gelassenheit, Selbstverständlichkeit, Dauer,
Präsenz und Integrität, aber auch Wärme und Sinnlichkeit;
sich selber sein, ein Gebäude sein, nicht etwas darstellen,
sondern etwas sein.“ (Aus: Peter Zumthor, „Architektur
denken“)

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Angaben zu Peter Zumthor

Biografisches
1943 geboren in Basel
1958 Berufslehre, Ausbildung als Möbelschreiner
1963 Kunstgewerbeschule Basel, Ausbildung als
Gestalter
1966 Pratt Institute, New York, Gaststudent Architektur
und Design
1968 Architekt Kantonale Denkmalpflege Graubünden
1978 Lehrauftrag Universität Zürich, Siedlungspflege und
Siedlungsinventarisation
1979 Eigenes Architekturbüro in Haldenstein,
Graubünden
1988 Gastprofessor am SCI-ARC Southern California
Institute of Architecture, Santa Monica
1989 Gastprofessor Technische Universität München
Workshopleiter Sommerakademie Graz
1994 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin
1996 Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Architekten,
BDA
1996 Professor an der Accademia di architettura,
Università della Svizzera italiana, Mendrisio
1999 Kenzo Tange Visiting Professor of Architecture,
Graduate School of Design, Harvard University
2000 Honorary Fellowship of the Royal Institute
of British Architects

Wichtigste Bauten

. Überbauung archäologische Ausgrabungsstätte


Chur 1985-1986
. Atelier Zumthor, Haldenstein 1985-1986
. Kapelle Sogn Benedetg, Graubünden 1985-1988
. Alterssiedlung Masans, Chur 1989-1993
. Haus Gugalun, Versam, Graubünden 1990-1994
. Wohnsiedlung Spittelhof, Biel-Benken, Baselland
1989-1996
. Therme Vals, Graubünden 1990-1996
. Kunsthaus Bregenz, Österreich 1990-1997
. Schweizer Pavillon an der Expo 2000, Hannover
1997-2000

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In Planung bzw Ausführung:

. Topographie des Terrors, Int. Ausstellungs- und


Dokumentationszentrum, Berlin, Ferigstellung 2006
. Kolumba, Diözesanmuseum, Köln Fertigstellung
2005
. Haus Zumthor, Wohnhaus mit Atelier, Haldenstein,
Fertigstellung 2003
. Harjunkulma Housing, Jyväskylä, Finland
. De Meelfabriek, Umbau einer stillgelegten Fabrik zu
Wohnungen und Geschäftsräumen, Leiden, Holland
. Pingus Winer, Val del Duero, Spanien

Ausstellungen

1988 Luzern, Architekturgalerie


1989 Graz, Linz, Innsbruck, Bozen
1990 Lausanne, ETH
1991 Biel, Gruppenausstellung "Tabula Rasa",
25 Künstler im Stadtraum von Biel
1994 Austin, Texas, University of Austin,
Gruppenausstellung "Construction
Intention Detail"
1994 Budapest, Chamber and Association of Hungarian
Architects
1995 New York, Museum of Modern Art,
Gruppenausstellung "Light Construction"
1995 Berlin, Galerie Aedes West
1996 London, Architectural Association School
1996 Ljubljana, Galerie Dessa
1996 Augsburg, Architekturmuseum Schwaben
1996 Venedig, La Biennale, VI Internationale
Architekturausstellung, Gruppenausstellung
"Emerging Voices"
1996 Zürich, Architekturforum
1997 Luzern, Architekturgalerie, "Drei Konzepte"
1998 Chur, Bündner Kunstmuseum, "Architektur von
Peter Zumthor in Fotografien von Hélène Binet"
1999 Stockholm, Arkitekturmuseet, "Peter Zumthor -
Bilder av Hélène Binet"
2001 Perter Zumthor - Werkstatt-Ausstellung im
Erzbischöflichen Diözesanmuseum Kolumba in
Köln
2002 Venedig, La Biennale, VIII Internationale
Architekturausstellung

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Auszeichnungen

1987 "Auszeichnung guter Bauten Kanton Graubünden",


für Haus Räth, Doppelwohnhaus mit Kleinviehstall,
Haldenstein;
Schutzbauten für Ausgrabung mit römischen
Funden, Chur;
Atelier Zumthor, Haldenstein
1989 "Heinrich Tessenow Medaille", TU Hannover
1992 "Internationaler Architekturpreis für Neues Bauen in
den Alpen", Sexten-Kultur, Südtirol, für Kapelle
Sogn Benedetg, Sumvitg
1993 "Bester Bau 1993", Schweizer Fernsehen, "10 vor
10", für Wohnungen für Betagte, Chur, Masans
1994 "Auszeichnung guter Bauten Kanton Graubünden",
für Wohnhaus Truog Gugalun, Versam; Kapelle
Sogn Benedetg, Sumvitg; Wohnungen für Betagte,
Chur, Masans
1995 "Internationaler Architekturpreis für Neues Bauen in
den Alpen", Sexten-Kultur, Südtirol, für Wohnungen
für Betagte, Chur, Masans und Wohnhaus Truog
Gugalun, Versam
1996 "Erich Schelling Preis für Architektur", Karlsruhe
1997 "Auszeichnung guter Bauten Kanton Basel-
Stadt/Baselland", für Wohnsiedlung Spittelhof,
Biel-
Benken
1997 "Bester Bau 1997", Schweizer Fernsehen, "10 vor
10", für Thermalbad Vals
1998 "Carlsberg Architectural Prize", Kopenhagen
1998 "Bündner Kulturpreis 1998", Kanton Graubünden
1999 "6th Mies van der Rohe Award for European
Architecture", Barcelona, für Kunsthaus Bregenz
1999 "Grosser Preis für Alpine Architektur 1999",
Internationaler Architekturpreis für Neues Bauen in
den Alpen, Sexten Kultur, Südtirol: für Thermalbad
Vals und Gesamtwerk
2001 "Auszeichnung guter Bauten Kanton Graubünden",
für Thermalbad Vals

Juli 2003, Konzeptgruppe Ufnau, Susanna Hegglin

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