Betriebsfestigkeit - Eine Einfuehrung
Betriebsfestigkeit - Eine Einfuehrung
Betriebsfestigkeit - Eine Einfuehrung
Y:/Sonsino/TU Darmstadt/Vorlesung/Betriebsfestigkeit/Deckblatt
Belastung
(einschl. Umwelteinflüsse)
Konstruktion
(Formgebung)
DIA 6362d
Kosten
Die Betriebsfestigkeit ist eine Querschnittswissenschaft und definiert sich durch die Interaktion
zwischen Belastung (mechanische sowie Umwelt), Werkstoff, Fertigung (Gießen, Schmieden,
Schweißen, Löten, Kleben u.a. Verfahren, die den Werkstoffzustand insbesondere in
hochbeanspruchten Bereichen der Bauteile bestimmen) und Konstruktion. Die Konstruktion
unterliegt fertigungsbedingten Einschränkungen und beeinflusst infolge der äußeren
mechanischen Belastung die Höhe der örtlichen Beanspruchung (Spannung, Dehnung) in
kritischen Bereichen.
• Lebensdauer
• Zuverlässigkeit
• Sicherheit
DIA 6372d
Die Kriterien für eine zutreffende betriebsfeste Bauteilbemessung sind das Erreichen der
geforderten Lebensdauer, die Zuverlässigkeit der Komponenten einer Konstruktion bzw. des
ganzen Systems (Funktionstüchtigkeit) und die Sicherheit (kein Ausfall vor Erreichen der
Bemessungslebensdauer für eine geforderte rechnerische Ausfallwahrscheinlichkeit).
-∆s
Beulen/ σ T1
Knicken ε konstante Amplituden variable Amplituden
t
T2 > T1
Überlasten Schlag
t Kurzzeit- Zeitfestigkeit „Dauerfestigkeit“ deterministisch stochastisch
Schwingfestigkeit
σ σ
σa σ
ε εa
Bruchkraft F
Formdehngrenze ε σ ε
Gassnerlinie
Schlag-
energie ε σ N > 104
ε
Verformungsweg
Wöhlerlinie
N < 5 ·10 4
5 ·104 < N < 10 6
DIA 5969d
Häufigkeit H
102 103 104 105 106 107 108 109 1010
Schwingspielzahl N, N So 1994
σ
σa σa σa
ε
σm σm σm
εa σu
ε Spanungsverhältnis: R =
Dehnungsverhältnis: Rε = u σo
4
ε o
Schwingspielzahl N: <5·10 >5·104 - 2·106 >2·106 104 - 109
W Ga
W
ßn
σa / σak (log)
σa / σak (log)
σa / σak (log)
öh
εa / εak (log)
öh
öh
öh
ler er
lin lin
le
ler
le
3 ie
rli
rli
ie
lin
ni
ni
2 2
ie
e
e
DIA 2833d
1 1 1 1
Rp0,2
Spannung σ
0,2 %- Werkstoff-Dehngrenze
0,2 % Dehnung ε
b. Last - Dehnung – Kurve
(Bauteilverhalten, Kt > 1,0)
F0,2
FFD
FF
Last F
Bauteil-Formdehngrenze
Bemessungskriterien
Statische
Bemessung Bemessung gegen variable Amplituden,
wenn σa1 (N < 106 ) > σak
Spannungsamplitude σa , σa
Bemessungs-
“Dauerfeste“ Bemessung,
Wöhlerlinie wenn σa1 (N < 106 ) < σak
σa1
σak
σa2
Häufigkeitsverteilungen
Ho
Schwingspiele N
+1.0 +1.0
+0.5 k k +0.5 Ls
N1 t
1.0 0 0 0 0 N 1= x ⋅ Ls
-0.5
t
-0.5
x
-1.0 -1.0
+0.5 +0.5
N2 t Ls
0.5 0 0 0 0 N 2 = y ⋅ Ls
t y
-0.5 -0.5
DIA 6779d
Während die Ermittlung einer Wöhlerlinie sowie ihre Darstellung keine Verständnisfragen
auslöst, treten sowohl bei der Bestimmung als auch Darstellung von Gaßnerlinien oft
Verständnisschwierigkeiten auf. Bei der Ermittlung und Darstellung von Gaßnerlinien müssen
folgende Bedingungen vorliegen:
- Für die Versuchsdurchführung muss eine Lastfolge (Teilfolge), definiert durch den
Teilfolgenumfang, durch die Form der Häufigkeitsverteilung der Amplituden (z.B.
Andere Darstellungsweisen, z.B. über einen Effektivwert der Teilfolge (üblich im angel-
sächsischen Raum) unterdrückten diese für einen Konstrukteur auf den ersten Blick erfassbaren
wichtigen Informationen.
Die Bedeutung der Versuche mit variablen Amplituden liegt darin, dass sich, verglichen mit
Versuchen unter konstanten Amplituden, bei gleichem Höchstwert eine deutlich größere
Lebensdauer ergibt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die kleineren Amplituden im
Gaßnerversuch weniger schädigen als die ständig mit gleicher unveränderter Größe
auftretenden Amplituden des Wöhlerversuchs.
1 : 2000 (GV)
1 : 200 (NV)
Gaßnerlinien
Wöhlerlinie
DIA 5063d
Um wie viel sich die Lebensdauer im Gaßnerversuch gegenüber dem Wöhlerversuch vergrößert,
hängt von der Kollektivform ab. Da bei einer Geradlinienverteilung (GV) der Anteil von kleineren
Amplituden im Vergleich zur Normalverteilung (NV) größer ist, weist die entsprechende Gaßner-
linie eine höhere Lebensdauer auf. Dieser Vorteil über die Kenntnis der Kollektivform und seines
Einflusses auf die Lebensdauer bei gegebener Belastung lässt sich auch bei der Bauteil-
dimensionierung ausnutzen. Wenn z.B. für eine Spurstange eines Fahrzeuges eine Lebensdauer
von 108 Schwingspielen erforderlich und die Höchstbelastung Fa =100 kN durch Betriebs-
messungen bekannt ist, kann aus der Wöhlerlinie mit der ertragbaren Spannungsamplitude von
σa=260 MPa nach A=Fa / σa ein Durchmesser von d=22 cm berechnet werden. Da aber eine
Spurstange im Betrieb Belastungen mit variablen Amplituden ausgesetzt ist (Messungen belegen
im vorliegenden Fall eine Geradlinienverteilung), kann bei Kenntnis der entsprechenden
Gaßnerlinie für eine Lebensdauer von 108 Schwingspielen die ertragbare Spannungsamplitude
von σa = 500 MPa als Kollektivhöchstwert zugrunde gelegt und damit ein Durchmesser von
d=16 mm berechnet werden. Diese Querschnittsverringerung wird durch das Zulassen einer
Überschreitung der Wöhlerlinie bei 108 Schwingspielen um den Faktor 1,9 ermöglicht. Die
Reduzierung des Querschnittes von 22 auf 16 mm bedeutet gleichzeitig eine Verringerung des
Die Berücksichtigung von zeitlich veränderlichen Amplituden in der konstruktiven Praxis ist der
Verdienst von E. Gaßner (1939) und der bedeutendste Fortschritt in der Bauteilauslegung nach
A. Wöhler (1866).
Die genaue Lage von Gaßnerlinien in Abhängigkeit der Kollektivform kann nur durch Versuche
bestimmt werden. Falls im Betrieb andere Kollektivformen vorliegen als die im Versuch verwen-
deten, kann in diesem Fall die Lage der entsprechenden Gaßnerlinie durch eine relative
Schädigungsberechnung abgeschätzt, jedoch seltenst zutreffend berechnet werden.
Summenhäufigkeit
(Kollektiv) Neigung k
σ
a,max
Gaßnerlinie
1
N1
2 σk (Abknickpunkt) N rech.
N2
n1
n2 3
k' = 2k - m
n3 N3
4 k' = k
N4
n4 m = 1 Stahl, Aluminium
Nk
m = 2 Guß-und Sinterwerkstoffe
DIA 4784d
H0 Schwingspielzahl N, N ( log )
Zur Berechung der Lebensdauer nach der Hypothese der linearen Schadensakkumulation nach
Palmgren (1924) – Miner (1944) ist einerseits die Kenntnis des Kollektives (Häufigkeitsverteilung
von Amplituden, alle für das gleiche Last-, Spannungs- oder Dehnungsverhältnis R = Xmin / Xmax)
und andererseits die Kenntnis der Wöhlerlinie (ebenso für den gleichen R-Wert wie die
Häufigkeitsverteilung) erforderlich.
Nach der Summation der Teilschädigungen ni / Ni kann die Lebensdauer N rechn mit der
Die tatsächliche Schadenssumme lässt sich nur aus Experimenten bestimmen. Hierzu ist die
Kenntnis sowohl der Wöhler- als auch der Gaßnerlinie für ein gegebenes Kollektiv erforderlich.
Die tatsächliche Schadenssumme ist nichts anderes als Dtat= N exper / N rechn(Dth=1,0), das
Verhältnis zwischen der experimentell ermittelten Lebensdauer und der mit Dth=1,0
berechneten. Diese Berechnung wird nur durch Gegenüberstellung der Wöhler- und
Gaßnerlinien mit der Überlebenswahrscheinlichkeit von PÜ=50% vorgenommen.
95
90
Wahrscheinlichkeit P
Vertrauenswahrscheinlichkeit P
Wahrscheinlichkeit P
80
70
60
50
40
30
20
Schweißverbindungen
10
Stahl (n = 18)
5
D50 % = 0,45 ; TD = 4,0
Al-Legierungen (351 Werte) 2 Al - Leg. (n = 52)
TD = 11,6; D50% = 0,37 D50 % = 0,27 ; TD = 14,2
1
∆ Stähle (672 Werte)
0,5 nach Eulitz / Kotte
TD = 10,6; D50% = 0,27
Ref.: K.-G. Eulitz
und K.L. Kotte 0,1
DIA 7666d
0,01 0,1 1
tatsächliche Schadenssumme D
tatsächliche Schädigungssumme Dtat tatsächliche Schädigungssumme
tat
Dtat
Die tatsächlichen Schadenssummen können über drei Dekaden streuen. Etwa 90% der aus
Experimenten abgeleiteten Schadenssummen liegen unter dem theoretischen Wert Dth=1,0; d.h.
Berechnungen mit Dth=1,0 liefern in den meisten Fällen eine Überschätzung der Lebensdauer.
Aus diesem Grunde wird bei einer Vorbemessung zur Abschätzung der Lebensdauer für
Schweißverbindungen die zulässige Schadenssumme Dzul=0,5 und für nicht geschweißte Bauteile
Dzul=0,3 (FKM-Richtlinie) angenommen. Für Beanspruchungs-Zeit-Abläufe mit hohen
Mittelwertschwankungen sollte anstatt 0,5 der Wert 0,2 und anstatt 0,3 der Wert 0,1
verwendet werden. Eine hohe Mittellastschwankung ist dann als gegeben anzunehmen, wenn
der Schwingspielunterschied zwischen den Häufigkeitsverteilungen nach der Zählung von
Bereichspaaren und von Überschreitungshäufigkeiten im meist schädigenden Bereich größer als
1:3 ist.
Kt
TN
1
Tσa = ( TN ) k
Tσak k*
1 1
sx = lg ( )
2,56 Tx
Streumaße:
Abknickpunkt
N (10%)
TN (σ a ) = 1: σak (Nk = 2⋅ 106)
N (90%)
DIA 5368d
Die Parameter, mit denen eine Wöhlerlinie beschrieben wird, sind zunächst die Neigung k im
Bereich der Zeit- bzw. Kurzzeitschwingfestigkeit, der Abknickpunkt σak(Nk) und die Neigung k*
nach dem Abknickpunkt. Die Höhe und Lage des Abknickpunktes sowie Neigungen sind
abhängig von den o. g. Parametern. Zu diesen Parametern kommen die Streuungen der
Lebensdauer TN bzw. der Spannungs- (Last-, Dehnungs-)amplituden Tσa hinzu. Bei der Annahme
einer Gauß’schen Log-Normal-Verteilung von Ergebnissen lässt sich aus dem Streumaß Tx,
Die Streuungen sind werkstoff- und fertigungsabhängig. Ihre Kenntnis ist für eine Sicherheits-
betrachtung notwendig.
Die o. g. Parameter gelten sinngemäß auch für die Ermittlung und Beschreibung von
Gaßnerlinien, wobei bei Gaßnerlinien die Streuungen geringer als bei Wöhlerlinien sind.
Erst im doppellogarithmischen Netz ergeben sich bei der Darstellung von Wöhler- bzw.
Gaßnerlinien, die geradlinigen Verläufe mit den Neigungen k, k* bzw. k . Auf der Belastungs-
bzw. Beanspruchungsachse werden in der Regel Amplituden aufgetragen; ob es noch einen
dazu überlagerten Mittelwert gibt, geht aus dem R-Wert hervor. Eine lineare Achseinteilung für
die Belastungs- oder Beanspruchungsamplituden kann nur bei gleichzeitiger Darstellung eines
Kollektives mit Wöhler- und Gaßnerlinien verwendet werden, weil es sich nur dann erkennen
lässt, ob z.B. ein Kollektiv Gauß- oder geradlinig verteilt ist.
Kt = 2,8
σk,ertragbar,50%
σk,zul. = 72
DIA 4982d
Ermittlung
Ermittlungder
derzulässigen
zulässigenSpannung
Spannung
1 Rechnerische Ausfallwahrscheinlichkeit PA und bezogene Sicherheitspanne uo bei
logarithmischer Normalverteilung
lg jσ = -uo .
DIA 5065d.doc
Weiterhin müssen die Streuungen um einen gegebenen Mittelwert sσ, chargen- (fertigungs)-
bedingte Streuungen des Mittelwertes (Qualitätskontrolle!) sM und schließlich Streuungen der
Betriebsbelastung sB bekannt sein. Wenn die maximale Betriebsbelastung als bekannt
vorausgesetzt werden kann (Eintrittswahrscheinlichkeit PE=100%), dann wird sB=0.
Die Betonung auf rechnerisch ist dadurch begründet, dass der tatsächliche Verlauf einer
Verteilung außerhalb des Bereiches Pü ≈ 5 bis 95% nicht bekannt ist. Trotzdem ist der Ansatz
von rechnerischer Ausfallwahrscheinlichkeit berechtigt, wenn seine Festlegung sich auf
nachweisbare Erfahrungen bezüglich eines ausfallfreien Betriebs der Komponenten stützt.
Zur Ableitung von Sicherheitsfaktoren können auch andere Verteilungsformen als Gauß, z.B.
Weibull, verwendet werden. Auch hierfür müssen entsprechende Betriebserfahrungen vorliegen.
Bruchmechanikkonzept
Spannungsintensität Rissfortschritt
DIA 6737d
Für die betriebsfeste Bemessung von Bauteilen werden folgende Konzepte angewendet:
- Das Nennspannungskonzept setzt die Definition sowohl einer Nennspannung als
auch die Zuordnung einer Formzahl bzw. bei Schweißverbindungen einer Kerbfall-
klasse (Kerbdetail) voraus. Nach der Definition dieser beiden Größen muss eine
Bemessungswöhlerlinie im Nennspannungssystem für die gleiche Kerbzahl bzw.
Kerbfallklasse des zu bewertenden Bauteils herangezogen werden.
Dieses Konzept, das auch mit Nenndehnungen arbeiten kann, stößt bei komplexen
Geometrien , für die weder eine Nennbeanspruchung noch eine Kerbzahl definiert
werden kann, an seine Anwendungsgrenzen.
- Das Strukturspannungskonzept wurde für Schweißverbindungen entwickelt. Das
Konzept, das auch Dehnungen zugrunde legen kann, extrapoliert die Spannungs-
bzw. Dehnungsverteilung außerhalb der Schweißnaht auf die Nahtübergangskerbe
nach festgelegten Kriterien und definiert eine Hot-Spot-Spannung. Diese Spannung
wird dann zur Bewertung einer Strukturspannungswöhlerlinie zugeordnet.
Der Vorteil dieses Konzeptes liegt darin, dass bei komplexer Geometrie die Definition
einer Nennspannung entfällt. Im Vergleich zum Nennspannungskonzept werden sehr
wenige Detail- (Kerbfall)klassen angegeben. Der Nachteil liegt darin, dass von außen
Diese Konzepte werden in den verschiedenen Sparten der Technik, manchmal gleichzeitig,
angewendet.