FAQ – Bilanzielle Risiken der Deutschen Bundesbank
Häufig gestellte Fragen zu bilanziellen Risiken der Deutschen Bundesbank.
-
Das vorrangige Ziel des Eurosystems – also der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Zentralbanken im Euroraum – ist Preisstabilität. Allein auf dieses Ziel richtet der EZB-Rat die Geldpolitik des Eurosystems aus. Geldpolitische Maßnahmen spiegeln sich in der Bilanz der Zentralbanken wider. Daher kann die Ertragslage von Zentralbanken aufgrund geldpolitischer Maßnahmen im Zeitverlauf stark schwanken. Es können auch Verluste auftreten.
-
Im Jahr 2023 musste die Bundesbank erhebliche finanzielle Belastungen tragen. Der Anstieg der Leitzinsen im Euroraum belastete den Nettozinsertrag und das Ergebnis aus den monetären Einkünften. Die Bundesbank löst daher ihre Wagnisrückstellung im Umfang von 19,2 Milliarden Euro vollständig auf und greift zusätzlich in Höhe von 2,4 Milliarden Euro auf ihre Rücklagen zurück. Dadurch weist die Bundesbank für das Geschäftsjahr 2023 einen Bilanzgewinn von null aus.
-
Derzeit und mit Blick nach vorn spielen insbesondere die umfangreichen Anleihebestände eine Rolle, die das Eurosystem im Rahmen geldpolitischer Ankaufprogramme aufgebaut hat. Mit den Anleihebeständen stiegen in den vergangenen Jahren auch die Einlagen der Geschäftsbanken bei den Zentralbanken des Eurosystems. Aufgrund der Leitzinserhöhungen muss die Bundesbank – wie auch andere Zentralbanken des Eurosystems – nun höhere Zinsen auf die Einlagen zahlen, die Geschäftsbanken bei ihr halten. Gleichzeitig bleiben die Erträge aus den umfangreichen Anleihebeständen mit ihren längerfristig festverzinsten Positionen zunächst relativ stabil und sind dabei niedrig. Im Ergebnis führen die höheren Leitzinsen zu niedrigeren Nettozinserträgen. Diese können – wie 2023 – auch negativ werden. Und in der Folge können Verluste entstehen.
-
In der Bilanz der Bundesbank stehen langfristige geldpolitische Wertpapierbestände mit niedriger Verzinsung auf der Aktivseite und höher verzinsliche Einlagen der Geschäftsbanken auf der Passivseite. Die Einlagen der Geschäftsbanken werden zum Einlagesatz verzinst, also einem der Leitzinssätze. Deshalb führen die gestiegenen Leitzinsen 2023 zu erheblichen Belastungen in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) der Bundesbank. Diese Belastungen schlagen sich in der GuV-Position 1 „Nettozinsertrag“ nieder. Anteilig wirken sie sich auch auf die GuV-Position 5 „Nettoergebnis aus Monetären Einkünften“ aus. Denn bei einigen geldpolitischen Wertpapierbeständen der nationalen Zentralbanken werden Erträge und Risiken innerhalb des Eurosystems im Rahmen der monetären Einkünfte geteilt. Die Belastungen aus den Wertpapierbeständen der EZB berühren die Bundesbank derzeit nicht: Hierzu hat der EZB-Rat beschlossen, dass die EZB-Verluste für 2023 nicht von den nationalen Zentralbanken übernommen werden. Das heißt, dass die aktuellen EZB-Verluste sich im Jahresabschluss 2023 der Bundesbank nicht niederschlagen. Aber auch diese Verluste werden längerfristig betrachtet die GuV der Bundesbank (anteilig) belasten. So könnten zukünftig Gewinnausschüttungen der EZB ausbleiben oder zur Deckung der Verluste der EZB in späteren Jahren die monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken herangezogen werden.
-
Die TARGET-Forderungen und -Verbindlichkeiten im Eurosystem werden mit dem jeweils geltenden Hauptrefinanzierungssatz verzinst. Steigende oder sinkende Zinserträge aus den deutschen TARGET-Forderungen beeinflussen damit zwar das Zinsergebnis der Bundesbank. Den Gewinn oder Verlust der Bundesbank verändern Zinsen auf TARGET-Salden zwischen nationalen Zentralbanken aber nicht. Dies liegt daran, dass letztlich alle Zinserträge und Zinsaufwendungen, die im Rahmen der monetären Einkünfte des Eurosystems anfallen, gebündelt und gemäß dem Kapitalschlüssel auf die nationalen Zentralbanken verteilt werden. Dazu gehören auch die Erträge oder Aufwendungen, die aus den TARGET-Salden resultieren (und die Zinsaufwendungen für die Einlagen der Geschäftsbanken). Die konkrete Höhe und die Verteilung der nationalen TARGET-Salden zwischen nationalen Zentralbanken innerhalb des Eurosystems sind in diesem Zusammenhang unerheblich. Ein Beispiel: Wenn Banken ihre Einlagen von der Bundesbank zur Banque de France umschichten, reduziert sich der deutsche TARGET-Saldo. Im Gegenzug steigt der TARGET-Saldo der Banque de France. Das Gesamtvolumen der auf die TARGET-Salden entfallenden Zinserträge und -aufwendungen ändert sich nicht; es wird gemäß Kapitalschlüssel verteilt. Ähnliches gilt grundsätzlich auch für die EZB: Durch den Ankauf geldpolitischer Wertpapierbestände durch die EZB hat sich in der EZB-Bilanz per saldo eine TARGET-Verbindlichkeit ergeben. Zinserträge und Zinsaufwendungen der EZB auf diesen Teil der TARGET-Salden fließen – separat von den monetären Einkünften der nationalen Zentralbanken – in die Gewinn- und Verlustrechnung der EZB ein. Sie werden aber im Falle einer Gewinnausschüttung ebenfalls gemäß Kapitalschlüssel an die nationalen Zentralbanken verteilt.
Weitere Erläuterungen zu den einzelnen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung finden Sie in den Geschäftsberichten der Deutschen Bundesbank.
-
In den Jahren vor der Pandemie war die Inflationsrate im Euroraum – gemessen am geldpolitischen Ziel – zu niedrig. Der EZB-Rat ergriff daher in dieser Zeit eine Reihe geldpolitischer Maßnahmen, um Preisstabilität zu gewährleisten. Darunter waren umfangreiche Anleihekäufe. Ähnliche Kaufprogramme legten weltweit auch die anderen großen Zentralbanken auf. Mit Beginn der Pandemie beschloss der EZB-Rat ein weiteres, zeitlich befristetes Kaufprogramm. Es sollte den ernsten Risiken entgegenwirken, welche die Pandemie für die Preisstabilität mit sich brachte. Die umfangreichen Anleihekäufe trugen maßgeblich dazu bei, dass sich die Bilanzen der Zentralbanken im Eurosystem in den vergangenen Jahren stark ausweiteten. Dabei stehen den zusätzlichen Vermögenswerten auf der Aktivseite der Bilanz vor allem höhere Einlagen der Geschäftsbanken auf der Passivseite gegenüber. Mit den zusätzlichen Vermögenswerten und Einlagen stiegen die Risiken in den Bilanzen der Zentralbanken. Zu diesen Risiken zählt das Zinsänderungsrisiko. Dieses ergibt sich daraus, dass der Großteil der Wertpapiere in der Bundesbankbilanz für lange Zeit niedrig verzinst ist, während die Einlagen der Geschäftsbanken kurzfristig verzinst sind. Der kräftige Anstieg der Inflation im Jahr 2022 hat ein entschlossenes Handeln der Geldpolitik erforderlich gemacht. Daher hat der EZB-Rat die Leitzinsen stark angehoben. Die höheren Zinsen führen dazu, dass Zinsänderungsrisiken auch eintreten und sich nach und nach auf Erträge auswirken.
-
Die Bundesbank hat für finanzielle Risiken in ihrer Bilanz Vorsorge getroffen. Bereits im Jahresabschluss 2016 begann die Bundesbank damit, eine bilanzielle Risikovorsorge für Zinsänderungsrisiken aufzubauen und diese Risiken in ihrer jährlichen Pressekonferenz zu erläutern. In den Jahren 2020 und 2021 war die zusätzliche Risikovorsorge der wesentliche Grund, weshalb die Bundesbank keinen Gewinn ausschüttete. Mit dem Rückgriff für 2022 verringerte sich die Wagnisrückstellung auf 19,2 Milliarden Euro. Für 2023 wird die Wagnisrückstellung vollständig aufgelöst; zum Ausgleich des verbleibenden Jahresfehlbetrags werden den Rücklagen 2,4 Milliarden Euro entnommen. Damit sind von den Rücklagen noch 0,7 Milliarden vorhanden.
-
Die Dauer und die Höhe der künftigen finanziellen Belastungen der Bundesbank sind in hohem Maße ungewiss. Die Bundesbank geht davon aus, dass ihre künftigen finanziellen Belastungen erheblich sein dürften und einige Jahre andauern. Im Jahr 2023 haben die finanziellen Puffer der Bundesbank noch ausgereicht. Aber 2024 und auch danach noch dürften die Belastungen die verbliebenen Rücklagen übersteigen. In diesem Fall wird die Bundesbank einen Verlustvortrag ausweisen. Im weiteren Verlauf wird dieser Verlustvortrag mit Hilfe künftiger Gewinne wieder abgebaut. Daher erwartet die Bundesbank, längere Zeit keine Gewinne auszuschütten.
-
Zentralbanken unterscheiden sich von Unternehmen und Geschäftsbanken. Denn Zentralbanken sind in eigener Währung immer zahlungsfähig. Die Bilanz der Bundesbank ist solide. Deshalb kann die Bundesbank auch bei einem Verlustvortrag ihre Aufgaben uneingeschränkt erfüllen.
-
Verlustvorträge hat die Bundesbank bereits in den 1970er Jahren bilanziert.
-
Die Bilanz der Bundesbank ist solide. Die Bundesbank besitzt beträchtliche Vermögenswerte, die erheblich größer sind als ihre Verpflichtungen. Wie solide die Bilanz der Bundesbank ist, zeigen unter anderem die umfangreichen Bewertungsreserven an. Die Bewertungsreserven der Bundesbank belaufen sich Ende 2023 auf 197 Milliarden Euro. Zudem erwartet die Bundesbank, dass ihre finanziellen Belastungen vorübergehen und sie anschließend wieder Gewinne erzielen wird.