Basiswissen Schneelast
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Basiswissen Schneelast
Schneelast
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Das „Merkblatt - Einbauteile bei Dachdeckungen“, dieses ist Teil des Regelwerk des Deutschen
Dachdeckerhandwerk, schreibt hierzu in Punkt 3.6.4 (2): „Der statische Nachweis ist vom Hersteller
der Schneeschutzsysteme zu führen.“
Was Zimmerer nicht anders kennen und Metallbauer für jedes noch so kleine Vordach leisten, wird
damit auch bei der Montage von Schneefangstützen verbindlich gefordert: ein statischer Nachweis!
Hinweis: Die hier gemachten Aussagen repräsentieren einzig den Kenntnisstand des Autors. Sie
erheben nicht den Anspruch auf rechtliche oder technische Korrektheit. Insbesondere können nicht
alle Aspekte für die Planung und Prüfung von Schneeschutzsystemen erschöpfend behandelt werden.
Der Autor haftet nicht für Schäden, die aus der Nutzung dieser Broschüre entstehen!
Schneearten
Schnee ist nicht gleich Schnee. Frisch gefallener Schnee wiegt ca. 1 kN/m³, also 100 kg je
Kubikmeter. Nach einigen Stunden oder Tagen setzt sich der Schnee und wiegt dann ca. 2 kN/m³.
Altschnee benötigt mehrere Wochen oder Monate um sich auf ca. 2,5 bis 3,5 kN/m³ zu verdichten.
Und feuchter Schnee wiegt sogar 4 kN/m³.
Noch schwerer ist Eis, welches z.B. infolge von Eisschanzenbildung an der Traufe entstehen kann.
Hier wiegt jeder Kubikmeter ca. 9,2 kN (~ 920 kg).
Bild 1: Eisschanzenbildung
Deutschland wurde zunächst in die 3 Schneelastzonen Zone 1, Zone 2 und Zone 3 unterteilt.
Ergänzend hat man zwischen Ulm und Regensburg die Zone 1a und im Hochschwarzwald, dem
Hochsauerland und südlich von Fulda, Gebiete als Zone 2a ausgewiesen. Das a im Zonennamen
steht hierbei für eine Erhöhung der charakteristischen Schneelast um 25%.
Liegt der Gebäudestandort höher als bei der Zone angegeben, berechnet sich die charakteristische
Schneelast Sk anhand nachfolgender Formeln (Werte in kN/m²):
Zone 1 Sk = 0,19 + 0,91 * [ (A + 140) / 760 ]²
Zone 1a Sk = 0,19 + 0,91 * [ (A + 140) / 760 ]² * 1,25
Zone 2 Sk = 0,25 + 1,91 * [ (A + 140) / 760 ]²
Zone 2a Sk = 0,25 + 1,91 * [ (A + 140) / 760 ]² * 1,25
Zone 3 Sk = 0,31 + 2,91 * [ (A + 140) / 760 ]²
Hinweis: Das A steht für Altitude, dem englischen Begriff für Höhe (über dem Meer).
Flächenlast
t
fl as
au
Tr
Im ersten Moment, also direkt nach dem Schneefall, wirkt nur die Flächenlast, da pulvriger Neuschnee
i.d.R. nicht abrutscht. Mit der Zeit verdichtet sich der Schnee und bindet Feuchtigkeit. Auch bildet sich
auf der Dachoberfläche eine nasse bis gefrierende Schicht und der Schnee kann ins Rutschen
kommen. Vorausgesetzt er wird nicht von Schneestoppern, Dacheinbauteilen (Gauben, Kamine…)
oder Schneefanganlagen daran gehindert. Sobald die Flächenlast anfängt zu rutschen, wird daraus
eine Trauflast.
Für den Entwurf eines Schneeschutzsystems ist i.d.R. folgende Vorgehensweise sinnvoll:
1. Ermittlung der Flächenlast
2. Ermittlung der Trauflast
3. Wahl des Schneeschutzsystems (Schneefang, Schneestopper…)
4. Falls die Wahl des Schneeschutzsystems eine erhöhte Flächenlast nach sich zieht
-> zurück zu 1 (Details hierzu im Kapitel „Nachträglicher Einbau von Schneeschutzsystemen“)
Schneeverwehungen werden hier nicht behandelt. Sollten sich größere Schneemengen vor Mauern,
Aufbauten, in Schedrinnen o.vgl. ansammeln, ist eine bauteilgenaue Bemessung erforderlich.
Die DIN EN 1991-1-3 enthält hierzu in den Kapiteln „5.3.4 Scheddächer“, „5.3.6 Höhensprüngen an
Dächern“ und „6.2 Verwehungen an Wänden und Aufbauten“ detaillierte Regelungen. Diese werden
im Anhang B (normativ) nochmals präzisiert. Der Nationale Anhang erweitert die Angaben zu
Höhensprüngen nochmals, so dass insgesamt eine sehr diffizile Bemessungssituation entsteht,
welche in diesem Rahmen nicht erschöpfend behandelt werden kann.
Flächenlast
Für einfache, reguläre Dächer berechnet sich die Schneelast nach folgender Formel:
(1) S = µ * Ce * Ct * Sk * SF
µ Formbeiwert, abhängig von der Dachform (siehe Abschnitt Dachform und Neigung)
Ce Umgebungskoeffizient (windig = 0,8 üblich = 1 abgeschirmt = 1,2)
Ct Temperaturkoeffizient (für gedämmte Dachflächen mit U-Wert < 1.0 ist Ct = 1)
Sk charakteristische Schneelast lt. Schneelastzonenkarte (siehe Bild 2)
SF Sicherheitsfaktor
Im einfachsten Fall wird der Sicherheitsfaktor zu 1 gesetzt. Falls der Schnee auf tieferliegende
Dachflächen abrutschen kann, wird er auf mindestens 1,5 erhöht.
Bei bestehender Verkehrssicherungspflicht (Schnee kann auf öffentliche Wege herabstürzen o.vgl.) ist
zu prüfen, ob ein Dachlawinenabgang ähnliche Folgen wie das Versagen der Tragkonstruktion nach
sich ziehen würde. Im Falle von Personenschäden oder hoher Sachschäden, sollte der
Sicherheitsfaktor erhöht werden.
Für die Norddeutsche Tiefebene ist SAd = 2,3 * Sk. Die Schneelast rechnet sich dort wie folgt 1:
(2) S = µ * Ce * Ct * Sk * 2,3
Sind als außergewöhnliche Last lediglich Schneeverwehungen anzusetzen und befindet sich das
Gebäude nicht in der norddeutschen Tiefebene, werden Ce und Ct zu 1. Formel (1) vereinfacht sich
damit zu der in vielen Publikationen gebrauchten, einfachen Form:
(3) S = µ * Sk
Vereinfacht gesagt: Oft ist die Schneelast nur von Dachneigung und Schneezone abhängig.
1
Nicht zwingend anzuwenden bei Solaranlagen (siehe NaBau, Auslegung zur DIN 1055-5, Lfd. Nr. 28 vom Januar 2011)
0,8
Im Bereich 30° < < 60° gilt:
= 0,8 (60 - ) / 30
0,4
0,0
0° 15° 30° 45° 60°
Dachneigung
Bild 5: Formfaktor µ
An Flachdächern und Steildächern mit einer Dachneigung kleiner 30° ist µ = 0,8. Zwischen 30° und
60° Dachneigung nimmt µ linear ab. Bei 45° ist µ daher = 0,4.
Ab 60° wird µ zu 0, vorausgesetzt das Abrutschen wird nicht durch Schneefanggitter, Dachaufbauten,
Schneestopper o.vgl. behindert. Kann der Schnee nicht ungehindert abrutschen, sollte der Formfaktor
µ mindestens 0,8 betragen.
Tonnendächer sind zwar frei von Verwehungen, besitzen aber keine einheitliche Dachneigung. Für
Tonnendächer gilt daher eine gesonderte Berechnung nach DIN EN 1991-1-3 Abs. 5.3.5.
S = µ * Sk
= 0,8 * 0,65 kN/m²
= 0,52 kN/m² (dies entspricht 52 kg/m²)
S = µ * Sk * SF
= 0,4 * 0,85 kN/m² * 2,3
= 0,782 kN/m²
Schub
S = µ * Sk
= 0,533 * 0,85 kN/m²
= 0,453 kN/m² (Flächenlast)
FS = S * b * sin ()
= 0,453 kN/m² * 7 m * sin (40°)
= 2,04 kN/m (dies entspricht einem Druck von 204 kg/m)
Achtung: Dies ist eine rein theoretische Trauflast. Sobald eine Schneefanganlage
eingebaut wird, muss der Formfaktor µ auf mind. 0,8 erhöht werden.
Für die Abstandsermittlung der Schneefangstütze gilt daher ein Vorgehen in 2 Schritten:
Schritt 1: Stützenabstand für die Normlast exakt berechnen (siehe Formel 1, 2 oder 3) 1
Schritt 2: Stützenabstand auf praktikables Maß (ganzzahliges Vielfaches der Deckbreite…) erweitern
Die Anzahl der erforderlichen Schneefangstützen je Meter Trauflänge ergibt sich aus der Formel
Die Trauflast ergibt sich aus Formel (4). Die „Bemessungslast je Stütze“ sollte vom Hersteller der
Schneelaststützen nach ÖNORM B 3418 ermittelt und auf dem Produktdatenblatt bzw. der
Verpackung veröffentlicht werden. Darauf aufbauend kann die Bemessungslast entsprechend dem
„Merkblatt Einbauteile bei Dachdeckungen“ klassifiziert werden.
Wird ein Ziegeldach mit Ziegeln der Deckbreite 220 mm eingedeckt, wäre ein Stützenabstand
von 5 * 220 mm = 1,10 m sinnvoll. Anders gesagt: An jedem 5 Ziegel wird eine Stütze eingebaut.
Würde an jedem 4. Ziegel eine Stütze eingebaut, wäre bei einem Stützenabstand = 0,88 m die
Lastaufnahmefähigkeit zu groß und es könnte Schaden an der Dachkonstruktion entstehen.
1 Beim nachträglichen Einbau von Schneeschutzsystemen muss der Formfaktor µ in der Berechnung der Flächenlast
dachneigungsabhängig eingesetzt werden (nicht mind. 0,8), auch wenn der Schnee nicht ungehindert abrutschen kann.
Begründung: In der ursprünglichen Statik wurde evtl. ohne Schneeschutz gerechnet, was eine geringere Traglast ergab.
Da der Dachstuhl hierfür dimensioniert wurde, darf diese Tragkraft auch nach Einbau des Schneeschutzsystems nicht
überschritten werden!
Der Ersteller des Daches sollte dem Bauherrn die maximal zulässige Schneehöhe in schriftlicher Form
mitteilen, da dieser bei drohender Überschreitung die Räumung des Daches veranlassen muss. Ist die
Schneebeseitigung nicht rechtzeitig möglich, sind angemessene Sicherungsmaßnahmen zu treffen.
Um ein Umklappen der Schneefangstützen zu vermeiden, kann man die maximal zulässige
Schneehöhe hmax auch anhand der Schneefangstützen berechnen. Diese darf nicht größer
werden als hmax aus der Flächenlast.
Link-Tipps
Verlagsgesellschaft Rudolf Müller. Vertrieb der „Fachregeln des Deutschen Dachdeckerhandwerks“ inkl.
„Merkblatt Einbauteile bei Dachdeckungen“.
www.ddh.de