9 Bemessung Von Kellerwänden

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9 Bemessung von Kellerwänden

9.1 Einwirkungen

Kellerwände tragen die vertikalen Lasten aus den Geschossdecken und den aufgehenden
Wänden über die Fundamente in den Baugrund ab. Durch die Erdanschüttung ergibt sich
zusätzlich eine horizontale Beanspruchung der Kelleraußenwände. Eine ungünstige
Einwirkungskombination mit hohen Horizontallasten und geringen Vertikallasten tritt z. B. bei
Einfamilienhäusern im Wohnzimmer des Erdgeschosses mit großen Fensterflächen oder bei
leichten Fertighäusern auf.

Grundsätzlich lässt sich der einwirkende Erddruck in zwei Anteile zerlegen. Der eine Anteil
entsteht infolge des Eigengewichts des Bodens und nimmt mit zunehmender Tiefe ebenfalls
(i.d.R. linear) zu. Der zweite Anteil resultiert aus einer auf der Geländeoberfläche wirkenden
Vertikallast, wobei die hierdurch entstehende horizontale Spannung nur bis zu einer
begrenzten Tiefe anzusetzen ist. Der Verlauf dieser Erddruckkomponente ist i.d.R. konstant
oder linear.

Unabhängig davon ist die Größe des einwirkenden Erddrucks von verschiedenen weiteren
Einflussgrößen abhängig, unter anderem von der Nachgiebigkeit der Wand (siehe Bild 9-1).
Ist die Wand relativ weich und kann sich etwas verformen, so entzieht sie sich der Last und
bewegt sich in geringem Maße in Richtung des Gebäudeinneren. In diesem Fall wirkt der
aktive Erddruck, der den geringsten Druck auf die Kellerwand ausübt.

Der gegenteilige Fall ist der passive Erddruck. Dieser beschreibt die größtmögliche
Belastung, die der Boden auf die Kellerwand aufbringen kann. Der passive Erddruck wird
dann aktiviert, wenn sich die Wand mehrere Zentimeter bzw. sogar im Dezimeterbereich in
Richtung des Bodens bewegt und sich dadurch eine hohe Druckspannung zwischen Erdreich
und Kellerwand aufbaut.

Ein dritter Lastfall ist der Erdruhedruck. Dieser liegt größenmäßig zwischen aktivem und
passivem Erddruck und ist als der Erddruck definiert, der bei unverformter Wand auf die
Kellerwand wirkt. Abhängig von der Verschiebung der Wand liegt der tatsächlich vorhandene
Erddruck also irgendwo zwischen den Grenzwerten aktiver und passiver Erddruck.

Ep: passiver Erddruck

E0: Erdruhedruck

Ea: aktiver Erddruck

Bild 9-1: Erddruck E in Abhängigkeit der Wandverformung u

Darüber hinaus spielen auch verschiedene Eigenschaften des Bodens eine Rolle in Bezug
auf die Größe des einwirkenden Erddrucks. Hierzu gehören:
9-1
 die Lagerung (Lagerdichte) des Bodens
 der Neigungswinkel des aktiven Erddrucks
 das Eigengewicht des Bodens
 der Reibungswinkel des Bodens
 die Geländeneigung
 der Reibungswinkel zwischen Boden und Wand.

9.2 Horizontaler und vertikaler Lastabtrag

Aufgrund der vielfach geringen Auflast und der kleinen Biegezugfestigkeit von Mauerwerk
senkrecht zur Lagerfuge ist ein einachsiger Lastabtrag über Biegung mit Normalkraft
entsprechend der in Kap. 7 angegebenen Nachweismethodik bei Kellerwänden häufig nicht
möglich. Das Tragverhalten von erddruckbelasteten Kellerwänden muss daher über eine
Bogentragwirkung modelliert werden.

Zur Ausbildung eines in der Wand zwischen dem Fundament und der aufliegenden
Kellerdecke liegenden Druckbogens muss dem Bogenschub eine hinreichende Auflast
entgegenwirken. Gerade bei Kellerwänden mit geringen Auflasten und hoher Erdanschüttung
wird diese Gleichgewichtsbedingung maßgebend. Durch die Auflast wird bewirkt, dass die
Reibungskräfte zwischen der Wand und der Bodenplatte/dem Fundament als unteres
Widerlager groß genug sind, um die Horizontalkräfte aufnehmen zu können. Darüber hinaus
kann der Gewölbeschub auch durch ein ausreichend biegesteifes Bauteil aufgenommen
werden.

Bild 9-2: Ausbildung eines vertikalen Druckbogens in der Kelleraußenwand

Das Bogenmodell bewirkt, dass an den Widerlagerpunkten – die Kellerdecke und die
Bodenplatte bzw. das Fundament – sowohl horizontal als auch vertikal gerichtete
Auflagerkräfte aufgenommen werden müssen. Des Weiteren verändert sich durch die
Gewölbewirkung die Lage der resultierenden Normalkraft in Bezug auf die Wanddicke über
die Wandhöhe. Damit einhergehend wandert auch die Exzentrizität über die Wandhöhe von
innen nach außen und wieder zurück (s. Bild 9-3).
9-2
Bild 9-3: Schnittgrößenverläufe infolge Erddruck und Vertikallast über die Wandhöhe

Auch bei Kellerwänden aus Mauerwerk gilt, dass eine Biegezugfestigkeit senkrecht zur
Lagerfuge rechnerisch nicht im Nachweis angesetzt werden darf, sodass bei Exzentrizitäten
e > d/6 eine klaffende Fuge auftritt. Die Größe der Ausmitte e = M/N muss daher
entsprechend begrenzt werden.

Wird die zur Sicherstellung der Bogentragwirkung erforderliche Auflast am Wandkopf nicht
erreicht oder soll diese reduziert werden, kann beispielsweise die Dicke der Kellerwand
erhöht und somit der Bogenstich vergrößert werden. Weitere konstruktive Maßnahmen zur
Reduzierung der erforderlichen Vertikalkraft sind zum Beispiel:

 Anordnen von vertikalen Stahlbetonbauteilen, sodass sich zwischen diesen Stützen


eine horizontale Gewölbewirkung einstellt.
 Anordnen von Stahlbetonrahmen, wodurch eine Membrantragwirkung aktiviert wird
und die Abstützkräfte am oberen Riegel über Zugkräfte in den Stützen abgetragen
werden

Wird eine solche Maßnahme ergriffen ist zu beachten, dass sich das Lastabtragungssystem
ändert und sich ein horizontaler bzw. zweiachsiger Lastabtrag einstellt. Dieser kann auch bei
hinreichend kleinem Abstand aussteifender Querwände aktiviert werden. Zur Sicherstellung
der zugehörigen horizontalen Bogentragwirkung ist die Aufnahme der Horizontalkräfte an
den Wandenden zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere, wenn infolge fehlender vertikaler
Auflast die gesamte Erddruckbeanspruchung ausschließlich über horizontale
Bogentragwirkung aufgenommen werden soll.
9-3
Zu beachten ist dabei, dass die Länge der aussteifenden Querwände mindestens
l ≥ 0,2 ∙ hWand betragen muss. Außerdem sollten die Stoßfugen vermörtelt ausgeführt werden,
damit die Horizontalkräfte in der Scheibenebene übertragen werden können. Des Weiteren
sollte das Überbindemaß nicht kleiner als lol ≥ 0,4 ∙ hu sein.

Bild 9-4: Maßnahmen zur Aktivierung eines zweiachsigen Lastabtrags

9-4
9.3 Vereinfachte Berechnungsmethoden

Nach DIN EN 1996-3/NA darf die Bemessung von Kelleraußenwänden unter Erddruck nach
einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn nachstehende Randbedingungen eingehalten
sind:
 Die Wanddicke beträgt t ≥ 24 cm.
 Die lichte Höhe der Kellerwand beträgt h ≤ 2,60 m.
 Die Kellerdecke wirkt als Scheibe und kann die aus dem Erddruck resultierenden
Kräfte aufnehmen.
 Im Einflussbereich des Erddrucks auf die Kellerwand beträgt der charakteristische
Wert qk der Verkehrslast auf der Geländeoberfläche nicht mehr als 5 kN/m2 und es ist
keine Einzellast > 15 kN im Abstand von weniger als 1,5 m zur Wand vorhanden.
 Die Anschütthöhe he darf höchstens 1,15 · h betragen.
 Die Geländeoberfläche steigt ausgehend von der Wand nicht an.
 Es darf kein hydrostatischer Druck auf die Wand wirken.
 Am Wandfuß darf keine Gleitfläche, z.B. infolge einer Feuchtigkeitssperrschicht,
vorhanden sein oder es müssen konstruktive Maßnahmen ergriffen werden, um die
Querkraft aufnehmen zu können. Sperrschichten aus besandeten
Bitumendachbahnen R500 nach DIN EN 13969 in Verbindung mit DIN V 20000-202
oder aus mineralischen Dichtungsschlämmen nach DIN 18195-2 haben einen
ausreichenden Reibungsbeiwert zur Aufnahme der Querkraft.
 Für die Verfüllung und Verdichtung des Arbeitsraumes sind die Vorgaben gemäß
DIN EN 1996-2/NA, Anhang E (3) einzuhalten (siehe Kapitel 9.5).

t ≥240mm

Bild 9-5: Nachweis von Kellerwänden nach DIN EN 1996-3/NA

Für den Nachweis hinreichender Tragfähigkeit unter Erddruckbeanspruchung wird vom


bereits dargestellten Bogenmodell ausgegangen. Entsprechend ergibt sich unter
Berücksichtigung der Wirkung des aktiven Erddrucks ein Mindestwert für die einwirkende
Normalkraft je Meter Wandlänge in halber Höhe der Anschüttung von:

9-5
 e  h  he2 [kN/m]
nEd ,min  (9.1)
t

mit
t Wanddicke
he Höhe der Anschüttung ≤ 1,15 ∙ h
h lichte Höhe der Kellerwand
γe Wichte der Anschüttung
β Faktor zur Berücksichtigung der horizontalen Tragwirkung nach Gleichung (9.2)

Um die Tragfähigkeit der Kellerwand zu erhöhen bzw. die erforderliche Auflast am Wandkopf
zu verringern, kann unter bestimmten Voraussetzungen ein zweiachsiger Lastabtrag
berücksichtigt werden. Dieser wird über den Faktor β in Gleichung (9.1) erfasst, der bei
ausschließlich vertikalem Lastabtrag mit β = 20 anzusetzen ist. Bei Elementmauerwerk mit
einem Überbindemaß 0,2 · hu ≤ lol < 0,4 · hu ist generell nur von einem vertikalen Lastabtrag
mit β = 20 auszugehen. Ansonsten gilt für den Beiwert β:

β = 20 für bc /h ≥ 2 (nur vertikaler Lastabtrag)


= 60 – 20 · bc / h für 1 < bc / h < 2 (9.2)
= 40 für bc / h ≤ 1
mit
bc Abstand zwischen aussteifenden Querwänden oder anderen aussteifenden
Elementen
h lichte Höhe der erdruckbelasteten Kellerwand

Zu beachten ist, dass der Nachweis gegebenenfalls auch im Bauzustand zu führen ist, bei
dem die volle Auflast aus Eigenlast der Obergeschosse noch nicht wirkt. Die in Bild 9-6
dargestellte Länge der aussteifenden Wand stellt lediglich eine Mindestanforderung dar.

Bild 9-6: Aussteifende Querwände zum Ansatz eines zweiachsigen Lastabtrags

Des Weiteren ist die Tragfähigkeit von Kellerwänden unter dem maximalem
Bemessungswert der Normalkraftbeanspruchung (Eigengewicht und Nutzlasten) in halber
Wandhöhe nEd,max je Meter Wandlänge nachzuweisen:

t  fd
nEd ,max  [kN/m] (9.3)
3

mit
t Wanddicke
fd Bemessungswert der Mauerwerksdruckfestigkeit nach Kap. 2.2.2
9-6
Der vereinfachten Berechnungsmethode liegt ein Erddruckbeiwert von ≤ 1/3 zugrunde. Falls
der einwirkende Erddruck größer ist, so kann der Nachweis mit einem allgemeinen Verfahren
nach DIN EN 1996-1-1/NA (s. Kap. 9.4) geführt werden.

Der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit (Plattenschub) gilt mit den genannten Nachweisen
ebenfalls als erbracht.

Durch Erweiterung der Formel (9.1) kann die minimal am Wandkopf erforderliche Auflast je
lfd. m in Abhängigkeit der Anschütthöhe auch direkt berechnet werden zu:

 e  he2  h  h 
nEd ,min, Kopf    MW  t   h  e  [kN/m] (9.4)
 t  2

mit
ρe Wichte der Anschüttung
ρm Wichte des Mauerwerks
he Höhe der Anschüttung ≤ 1,15 ∙ h
h lichte Höhe der Kellerwand
t Wanddicke
β Faktor zur Berücksichtigung des zweiachsigen Lastabtrages nach Gleichung (9.2)

In der Praxis kommen auch teilweise aufliegende Kellerdecken zur Ausführung. In diesem
Fall kann das gezeigte Bogenmodell ebenfalls Verwendung finden. Der Bogen bildet sich von
der Außenseite der Kellerwand zum Decken- sowie Bodenplattenauflager hin aus. Für den
Nachweis der minimalen Traglast sind somit keine Anpassungen notwendig.

Auch die zulässige Höhe der Erdanschüttung he von Kelleraußenwänden kann in


Abhängigkeit der vertikalen Auflast am Wandkopf, der Wichte des Mauerwerks sowie der
Wichte der Anschüttung direkt berechnet werden. Die Bemessungsgleichung ergibt sich
durch Umformung der Gleichung (9.4).



 
 5  t 2   MW 
2


 MW  t  h  nEd ,min,Kopf   20  t  5  t 2   MW
he  min    e  h   [m]
e h e h (9.5)

1,15  h

mit
ρe Wichte der Anschüttung
ρm Wichte des Mauerwerks
h lichte Höhe der Kellerwand
t Wanddicke
nEd,min Bemessungswert der minimal erforderlichen Auflast je lfdm am Wandkopf

Die Gleichung ist für einen einachsigen vertikalen Lastabtrag gültig. Zusätzlich ist separat der
Nachweis der maximalen Wandlängsnormalkraft am Wandkopf nach Gleichung (9.3) zu
führen.

9-7
9.4 Allgemeine Regeln zur Bemessung

Wenn die in DIN EN 1996-3/NA definierten Randbedingungen des vereinfachten


Berechnungsverfahrens für Kellerwände nicht eingehalten sind, kann der Nachweis nach
DIN EN 1996-1-1/NA erfolgen. Dieser enthält eine Modifikation der Gleichung für den
Biegedrucknachweis in halber Anschütthöhe unter Berücksichtigung eines frei wählbaren
Erdruckbeiwertes.

Bei der Bemessung von Kellerwänden kann damit gegebenenfalls auch ein höherer Erddruck
(z.B. Erdruhedruck) berücksichtigt werden. Die bei zweiachsigem Lastabtrag möglichen
Traglasterhöhungen können hierbei wie im vereinfachten Berechnungsverfahren (s. Kap.
9.3) angesetzt werden. Es ist aber zu beachten, dass im allgemeinen Berechnungsverfahren
stets auch Plattenschub unter minimaler Auflast nachzuweisen ist. Wie im vereinfachten
gelten auch im allgemeinen Nachweisverfahren die gleichen Randbedingungen (Bild 9-7):

 Lichte Höhe der Kellerwand h ≤ 2,60m;


 Wanddicke t ≥ 240 mm
 Die Kellerdecke wirkt als aussteifende Scheibe und kann die aus dem Erddruck
resultierenden Kräfte aufnehmen
 Verkehrslast im Einflussbereich des Erddruckes qk = 5,0 kN/m2
 Die Geländeoberfläche steigt nicht an
 Die Anschütthöhe he darf maximal 1,15 · h betragen

Bild 9-7: Lastansatz beim Nachweis von Kellerwänden nach DIN EN 1996-1-1/NA

Die minimal erforderliche Auflast n1,d,inf ergibt sich nach den allgemeinen Bemessungsregeln
zu:

9-8
ki   e  h  he2 [kN/m]
n1,d ,inf  n1,lim,d  (9.6)
7,8  t

mit
n1,lim,d Grenze des Bemessungswertes der Wandnormalkraft je Einheit der Wandlänge in
halber Anschütthöhe als Voraussetzung für die Gültigkeit des Bogenmodells.
ki maßgebender Erdruckbeiwert
e Wichte der Anschüttung
h lichte Höhe der Kellerwand
he Höhe der Anschüttung
t Wanddicke

Zudem muss der obere Bemessungswert der Wandnormalkraft n1,Ed,sup je Einheit der
Wandlänge in halber Anschüttung folgende Bedingung erfüllen:

n1, Ed ,sup  n1, Rd  0,33  f d  t [kN/m] (9.7)

mit
n1,Rd oberer Grenze des Bemessungswertes der Wandnormalkraft in halber Anschüttung
fd Bemessungswert der Mauerwerkdruckfestigkeit nach Kap. 2.2.2
t Wanddicke

Ist die Kellerwand durch Querwände oder statisch nachgewiesene Bauteile im Abstand b so
ausgesteift, dass ein zweiachsiger Lastabtrag möglich ist, darf der untere Grenzwert n1,lim d
wie folgt abgemindert werden (Zwischenwerte dürfen interpoliert werden):

1
n1, Ed ,inf   n1,lim d [kN/m] für b  h (9.8)
2

n1, Ed ,inf  n1,lim d [kN/m] für b ≥ 2∙h (9.9)

mit
n1,lim d unterer Grenzwert der Wandnormalkraft in halber Anschüttung

Bei Anwendung der allgemeinen Regeln ist bei erddruckbelasteten Kellerwänden im


Gegensatz zu den vereinfachten Berechnungsmethoden der Nachweis der
Querkrafttragfähigkeit zu erbringen. Um den Nachweis in Plattenrichtung führen zu können,
muss zusätzlich die überdrückte Wanddicke tc,lin (in der Regel am Wandfuß) bestimmt
werden. Hierauf kann verzichtet werden, wenn beim Querkraftnachweis auf den Ansatz der
Haftscherfestigkeit verzichtet wird.

In der Praxis kommen gelegentlich auch teilweise aufliegende Kellerdecken zur Ausführung.
In diesem Fall kann das gezeigte Bogenmodell ebenfalls verwendet werden. Der Bogen
bildet sich von der Außenseite der Kellerwand nach innen zum Auflager im Decken- und
Bodenplattenbereich aus. Für den Nachweis der minimalen Traglast sind somit keine
Anpassungen notwendig

9-9
9.5 Ausführung, Abdichtung und Konstruktion

Ungünstige Verhältnisse können auch bereits im Bauzustand entstehen, wenn unmittelbar


nach dem Betonieren der Kellerdecke mit der Bodenverfüllung des Arbeitsraumes begonnen
wird. Das Verfüllen des Erdreiches an die Kelleraußenwand darf daher erst nach
Fertigstellung der Kellerdecke und bei dem durch den Planer vorgegebenen Baufortschritt
zur Gewährleistung der minimal erforderlichen Auflast auf die Kellerwand erfolgen. Beim
Verfüllen sind Verdichtungsgeräte mit geringer Verdichtungsenergie zu verwenden. Es ist
lagenweise zu verdichten oder es sind zusätzliche Abstützungen der Wand für den
Bauzustand auszuführen.

Erfolgt der Nachweis der Kellerwand vereinfacht nach DIN EN 1996-3/NA ist sicherzustellen,
dass bei der Verfüllung und Verdichtung des Arbeitsraumes nur nichtbindiger Boden nach
DIN 1054 und nur Rüttelplatten oder Stampfer mit folgenden Eigenschaften nach
DIN EN 1996-2/NA zum Einsatz kommen:

 Breite des Verdichtungsgerätes ≤ 50 cm


 Wirktiefe ≤ 35 cm
 Gewicht bis etwa 100 kg bzw. Zentrifugalkräfte bis max. 15 kN

Bild 9-8: Verdichtungsgeräte: Rüttelplatten (links) und Stampfer (rechts)

Sind die vorgenannten Bedingungen nicht eingehalten, müssen entsprechende Maßnahmen


zur Gewährleistung der Standsicherheit während des Einbaus der Verfüllmassen erfolgen
oder es ist ein gesonderter Nachweis unter Berücksichtigung des erhöhten Erddrucks zur
führen.

9-10
Bild 9-9: Blick auf den Bauzustand der Kellerwand ohne Verfüllung

Zum Schutz der Mauerwerkswände gegen aufsteigende Feuchtigkeit und Sickerwasser sind
waagerechte Abdichtungen unter den Wänden (Querschnittsabdichtungen) erforderlich.
Neben den bahnenförmigen Querschnittsabdichtungen mit besandeten Bitumendachbahnen
R500 (nach DIN EN 13969 in Verbindung mit DIN V 20000-202) können diese auch durch
mineralische Dichtungsschlämmen (nach DIN 18195-2) oder durch Material mit mindestens
gleichwertigem Reibungsverhalten hergestellt werden. Alle Abdichtungsarten müssen
insbesondere bei Anordnung am Wandfuß die auftretenden Horizontalkräfte aus
Erddruckbeanspruchung in der Wand sicher weiterleiten.

Die vertikale Abdichtung erfolgt in diesem Fall mittels Kunststoffmodifizierter


Bitumendickbeschichtung (KMB), einlagigen Dichtungsbahnen nach DIN 18195-4 oder
flexible Dichtschlämmen (s. Bild 9-10).

Bild 9-10: Abdichtung bei Sickerwasser

In der folgenden Tabelle sind mögliche bzw. erforderliche Abdichtungsmaßnahmen in


Abhängigkeit der Wassereinwirkung dargestellt:

9-11
Tabelle 9-1: Abdichtung von Kellerwänden nach [1]

Art der
1 Bauteilart, Wasserart, Einbausituation Abdichtungssystem
Wassereinwirkung
stark durchlässiger Boden KMB4); einlagige
2 Bodenfeuchtigkeit Dichtungsbahnen
(K > 10-4 m/s)
und nichtstauendes nach DIN 18195-4;
mit Sickerwasser flexible
3 erdberührte Dränung1) Dichtschlämmen2)
Wände und weniger
durchlässiger KMB4);
Bodenplatten
Boden ein-/zweilagige
ohne aufstauendes
4 (K < 10-4 m/s) Dichtungsbahnen
Dränung Sickerwasser
DIN 18195-6
Abschnitt 9 3)
ein-/mehrlagige
Erdberührte Wände und Bodenplatten drückendes Dichtungsbahnen
5
unterhalb des Bemessungswasserstandes Wasser nach DIN 18195-6
Abschnitt 8
1)
Dränung nach DIN 4095
2)
Ausführung gemäß Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen
erdberührter Bauteile mit flexiblen Dichtungsschlämmen, Hrsg: Deutsche Bauchemie
e.V.; mit Besteller vereinbaren
3)
bis zu Tiefen von 3m unter Geländeoberkante, sonst Zeile 5
4)
KMB: Kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung

Bei aufstauendem Sickerwasser ist in den meisten Fällen ein gering durchlässiger Boden
vorhanden, weshalb das Oberflächenwasser nur langsam abfließen kann und sich daher
aufstaut. Deshalb wird dann meist eine Drainage angeordnet, die das Abfließen wesentlich
erleichtert. Die eigentliche Abdichtung des Bauwerks wird dabei analog zu einem nur durch
Bodenfeuchtigkeit beeinträchtigten Gebäude ausgeführt. Die Konstruktion einer solchen
Kellerwand ist in Bild 9-11 für eine Ausführung mit und ohne Wärmedämmung dargestellt.

Bild 9-11: Ausführung einer Kellerwand ohne (links) und mit Wärmedämmung (rechts)

9-12

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