2000 - Rohrrauhigkeit Stahlrohre Fernwärme

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In: Euroheat & Power Volume 29, 05/2000, pp.

24-33 1

Hydraulische Rohrrauhigkeit von Stahlmediumrohren für Fernwärmenetze


Walter Winter*, Franz Promitzer*, Roman Klasinc**, Ingwald Obernberger*, ***
*Institut für Grundlagen der Verfahrenstechnik und Anlagentechnik, Technische Universität Graz,
Inffeldgasse 25 A-8010 Graz, Österreich
** Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, Technische Universität Graz,
Stremayrgasse 10, A-8010 Graz, Österreich
*** Ingenieurbüro BIOS, A-8010 Graz, Sandgasse 47
Die hydraulische Rohrrauhigkeit stellt einen wesentlichen Kennwert zur Bestimmung des Druckverlustes von
Rohren in geraden Rohrstrecken dar. Zur Druckverlustberechnung im Rahmen von Netzauslegungen und
Netzberechnungen werden derzeit noch immer veraltete Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit verwendet. Um,
entsprechend den verbesserten Herstellungsmethoden in der Rohrfertigung, sowie verbesserter Wasseraufbereitung
in den Fernwärmessystemen, aktuelle Werte für diese wichtige Größe zur Verfügung stellen zu können, wurden im
Rahmen des Forschungsprojektes „Optimierte Dimensionierung und Betrieb von Rohrleitungssystemen für
dezentrale Biomasseheizwerke“ umfangreiche Messungen an Stahlrohren durchgeführt

Abstract
Investigations in biomass district heating systems have shown the hydraulic pressure losses of pipe networks to be
significantly lower than the values obtained from calculations. This affects the determination of pipe dimensions,
since the calculated pressure losses represent a main basis for the design of pipe networks. Incorrect pressure drop
values lead to oversized pipes, which increases investment costs and heat loss resulting from large pipe surfaces.
Moreover, the oversizing of pumps raises the operating costs because the pump does not work efficiently.
The hydraulic roughness is one of the main factors for calculating pressure drop in straight trains of pipes. Most
values (0.04-0.02 mm) found in the available literature are based on investigations of steel pipes conducted some 20
years ago. Considering the improvement of manufacturing technology it is highly probable that state-of-the-art steel
pipes are smoother than those examined in the current literature. Extensive investigations were performed to obtain
new and secured values for these important parameters.
The test runs were performed on two trains of steel pipes with different diameters (DN 80, DN 65). The pressure
drop of the test tracks was measured and the hydraulic roughness calculated under varying flow conditions
(temperature levels: 50, 90, 120°C; flow velocities: 0.5 to 5.5 m/s). The results obtained were significantly lower
than the respective values in the literature, even taking into account all possible measurement errors.
On the basis of the results obtained from these investigations a hydraulic roughness of 0.01 mm is recommended for
calculating the pressure drop in straight trains of steel pipes.
Keywords: Hydraulic roughness, steel pipes, pressure drop, district heating, network of pipes

Kurzfassung
Aus Untersuchungen an Biomassenahwärmenetzen geht hervor, daß die tatsächlichen hydraulischen Druckverluste
der Rohrnetze eindeutig geringer sind, als aufgrund von Berechnungen zu erwarten. Diese fehlerhaften
Berechnungen führen zu Überdimensionierungen der Rohre und damit zu einer Erhöhung der Investitionskosten.
Weiters führen die vergrößerten Rohroberflächen zu erhöhten Wärmeverlusten und somit zu einem Ansteigen der
Betriebskosten.
Einer der wesentlichsten Faktoren für die Berechnung des Druckverlustes von geraden Rohrleitungen ist die
hydraulische Rohrrauhigkeit. Die Werte für diesen Faktor (0.04-0.02 mm) stammen aus älteren
Untersuchungsergebnissen. Aufgrund der in der Zwischenzeit wesentlich verbesserten Produktionsmethoden für
Stahlrohre kann davon ausgegangen werden, daß sich ebenso die Oberflächenqualität verbessert hat und die Rohre
daher eine geringere hydraulische Rohrrauhigkeit aufweisen.
Zur Ermittlung abgesicherter Werte der hydraulische Rohrauhigkeit für heute eingesetzten Stahlrohre wurden
umfangreiche Versuche durchgeführt. Bei den Messungen wurde der Druckverlust an 2 Rohrsträngen
unterschiedlichen Durchmessers (DN 80, DN 65) bei variierenden Strömungsbedingungen (Temperatur: 50, 90,
120°C; Strömungsgeschwindigkeiten: 0,5 – 5,5 m/s) untersucht. Auf Basis der erzielten Ergebnisse wurde die
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hydraulische Rohrrauhigkeit der untersuchten Rohrstrecken ermittelt. Im Vergleich mit den Literaturwerten zeigte
sich dabei unter Berücksichtigung aller möglichen Meßfehler, daß die ermittelten Rohrrauhigkeiten signifikant unter
den Literaturwerten lagen.
Für die Berechnung des Druckverlustes von geraden Stahlrohrleitungen kann aufgrund der Ergebnisse dieser
Untersuchungen ein abgesicherter Wert von 0,01 mm angegeben werden.
Schlagworte: Hydraulische Rohrrauhigkeit, Druckverlust, Stahlrohre, Rohrnetz, Nahwärme, Fernwärme

1.1 Einleitung
Mit den in der einschlägigen Literatur [H. RECKNAGEL et al., 1998; VDI WÄRMEATLS, 1994] vorgeschlagenen
Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit als Parameter zur Bestimmung des Druckverlust in geraden
Rohrleitungen, werden deutlich zu hohe Werte errechnet. Dies geht aus umfangreichen Druckverlustmessungen und
Betriebsdatenauswertungen an bestehenden Nahwärmenetzen hervor [I. OBERNBERGER et. al., 1995; I.
OBERNBERGER, 1995b].
Der Grund dafür dürfte darin liegen, daß diese Parameter noch die schlechtere Oberflächenqualität alter Stahlrohre
sowie die durch eine unzureichende Wasseraufbereitung bedingten Ablagerungen an den Rohrwänden, die in der
Vergangenheit häufig auftraten, berücksichtigen. Trotz der deutlichen Abweichung zwischen errechneten und
gemessenen Werten für den Druckverlust entsprechen diese Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit bei der
Auslegung von Fernwärmenetzen noch immer dem aktuellen Stand der Technik, da diesbezüglich keine neueren
Untersuchungen vorhanden sind.
Zu hohe errechnete Druckverluste führen zu Netzüberdimensionierungen und damit zu einer Erhöhung der
Investitionskosten. Weiters bedeuten größere Rohrdurchmesser erhöhte Wärmeverluste der Rohrleitungen durch
vergrößerte Oberflächen und somit auch eine Erhöhung der Betriebskosten. Da der tatsächlich vorhandene
Druckabfall in den Rohrleitungen geringer als der berechnete ist, sind auch die Umwälzpumpen überdimensioniert
und arbeiten ständig im Teillastbereich. Dadurch verschlechtert sich deren Wirkungsgrad (bis auf 1/5 der
Normalwerte) und eine weitere Steigerung der Betriebskosten (durch Verluste an elektrischer Energie) ist die Folge.

1.2 Zielsetzung
Die hydraulische Rohrrauhigkeit ist jener Kennwert, welcher den Einfluß eines geraden Rohres auf den Druckverlust
der Strömung in ihm beschreibt. Somit stellt die genaue Kenntnis dieses Parameters die Basis für die korrekte
Berechnung des Druckverlustes einer derartigen Leitung dar.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, ist die hydraulische Rohrrauhigkeit von Stahlmediumrohren, wie sie derzeit für
den Bau von Fernwärmenetzen verwendet werden, zu bestimmen.
Die Ergebnisse der Untersuchung sollen den Angaben in der Literatur gegenübergestellt und daraus
Empfehlungswerte für die Berechnung des Druckverlustes von geraden Stahl- Rohrstrecken abgeleitet werden.

1.3 Methodik

1.3.1 Bestimmung der hydraulischen Rohrrauhigkeit


Ausgangspunkt einer Druckverlustberechnung für Strömungen von inkompressiblen Fluiden in geraden Rohren ist
das in Gleichung 0-1 dargestellte quadratische Widerstandsgesetz.

l w2 * ρ
∆P = λ R * *
D 2
Gleichung 0-1: Quadratisches Widerstandsgesetz zur Berechnung des Druckverlustes einer geraden Rohrstrecke
Erläuterung: ∆P...Druckverlust der Rohrstrecke; λR...Rohrreibungsbeiwert; w...Geschwindigkeit des Mediums; ρ...Dichte des
Mediums; D...Durchmesser des Rohres; L...Länge der Rohrstrecke
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Equation 1-1: Pressure loss equation for straight pipes


Abbreviations : ∆P... pressure drop ; λR...friction coefficient; w...flow velocity; ρ...density of the flow medium; D...pipe diameter;
L... length of pipe train

Die Beschreibung des in dieser Gleichung enthaltenen Rohrreibungsbeiwertes λR geht auf die allgemeine
Widerstandsformel von Colebrook und White [C. F. COLEBROOK, 1937] zurück (siehe Gleichung 0-2). Darin ist
die Abhängigkeit des Rohrreibungsbeiwertes vom Strömungszutand und von der hydraulischen Rohrrauhigkeit
dargestellt. Die hydraulische Rohrrauhigkeit k erfaßt die gesamte Rauhigkeitswirkung des Rohres auf die Strömung
[H. RICHTER, 1971] und stellt daher einen Hauptparameter zur Ermittlung des Druckverlustes dar.

1  2,51 k 
= −2 * log  + 
λR  Re* λ R 3,72 * d 

Gleichung 0-2: Allgemeine Widerstandsformel nach Colebrook und White [C. F. COLEBROOK, 1937] zur Bestimmung des
Rohrreibungsbeiwertes
Erläuterung: Re...Reynoldszahl; λR ...Rohrreibungsbeiwert; d...Rohrdurchmesser; k.:.hydraulische Rohrrauhigkeit

Equation 1-2: Colebrook-White equation for the determination of the friction coefficient [C. F. COLEBROOK, 1937]
Abbreviations: Re...Reynolds number; λR ... friction coefficient; d... pipe diameter; k....hydraulic roughness

Zur experimentellen Bestimmung der hydraulischen Rohrrauhigkeit wurden an 2 Rohrsträngen mit


unterschiedlichem Nenndurchmesser (DN 65, DN 80) Differenzdruckmessungen unter Variation der
Strömungsbedingungen durchgeführt.
Die Variation der Strömungsbedingungen in den Meßstrecken (repräsentiert durch die Reynoldszahl) erfolgte
einerseits durch Änderung der Durchflußgeschwindigkeiten (0,5 m/s bis 5,5 m/s) und andererseits durch
Veränderung der Temperatur des fließenden Mediums (50°C, 90°C, 120°C). Auf diesem Wege wurde der
Druckverlust über die Meßstrecken in einem Reynoldsbereich zwischen ca. 70.000 und 1.600.000 bestimmt.
Ausgehend von diesen Meßergebnissen wurde in einem ersten Schritt der Verlauf des Rohrreibungsbeiwertes λR in
Abhängigkeit der Re-Zahl ermittelt und daraus in einem zweiten Schritt mittels der Widerstandsformel von
Colebrook und White (siehe Gleichung 0-2) die hydraulische Rohrrauhigkeit der Meßstrecken bestimmt.
Zur statistischen Absicherung und zum Ausschluß möglicher systematischer Fehler wurden alle Messungen in
3-facher Wiederholung durchgeführt.

1.3.2 Versuchsaufbau
Die Testläufe wurden in einem ringförmig angeordneten Versuchsaufbau (siehe Abbildung 0-1) an 2 Meßstrecken
mit unterschiedlichem Nenndurchmesser (DN 65 DN 80) durchgeführt. Bei den verwendeten Fernwärmerohren
handelte es sich um mit Polyurethanschaum isolierte und mit Polyethylen ummantelte, längsgeschweißte
Stahlmediumrohre. Um die praxisrelevante Verallgemeinerbarkeit der Untersuchungsergebnisse zu gewährleisten,
wurden die Rohre für den Versuchsaufbau dem Lager des Rohrherstellers nach dem Zufallsprinzip entnommen. Die
verarbeiteten Stahlmediumrohre entsprachen in Qualität und Oberflächenbeschaffenheit den branchenüblichen
Standards (DIN 1626, DIN 2458), womit die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen für diesen Standard als
verallgemeinerbar angesehen werden können.
Für eine genaue Messung des statischen Druckes in den Rohrleitungen ist eine beruhigte und vergleichmäßigte
Strömung an den Meßstellen erforderlich. Aus diesem Grund wurden vor den Meßstellen Beruhigungsstrecken mit
einer Länge von ca. 90*D und nach den Meßstellen Beruhigungsstrecken von ca. 12* D angeordnet [R. KLASINC,
1989; R. LOGAR, 1998].
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Differenzdruckmessung

∆P

Meßstrecke DN 80 Länge: 38,5m

Meßstelle Meßstelle
MID Beruhigungsstrecke vor Beruhigungsstrecke nach
der Meßstelle: ca. 90D der Meßstelle: ca. 12D

Durchflußrichtung

Beruhigungsstrecke nach Beruhigungsstrecke vor


Pumpe der Meßstelle: ca. 12D der Meßstelle: ca. 90D

Meßstelle Meßstelle

Meßstrecke DN 65 Länge: 39 m DN 80

∆P DN 65

Differenzdruckmessung

Abbildung 0-1: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaues zur Druckverlustmessung an geraden Rohrstrecken

Erläuterung: MID ... Magnetisch-Induktives Durchflußmeßsystem


Verwendete Stahlrohre:
DN 80: Rohrmaterial St 37.0, Wandstärke 3,2 mm; Rohrinnendurchmesser 82,5 mm
DN 65: Rohrmaterial St 37.0, Wandstärke 3,2 mm; Rohrinnendurchmesser 69,7 mm

Figure 0-1: Scheme of the the test track for determining the pressure drop in straight pipe trains

Explanation: MID ... magneto-inductive measuring system


Investigated steel pipes:
DN 80: material St 37.0, wall thickness 3.2 mm; pipe diameter 82.5 mm
DN 65: material St 37.0, wall thickness 3.2 mm; pipe diameter 69.7 mm

Verwendetes Wärmeträgermedium

Um möglichst äquivalente Bedingungen zur Praxis im Fernwärmenetzbetrieb herzustellen, wurde das verwendete
Systemwasser mittels einer mobilen Deionisationsanlage entsalzt und pH-Wert-stabilisiert. Nach der
Wasseraufbereitung betrug die Leitfähigkeit des Systemwassers 0,043 mS/cm bei einem pH-Wert von 9,6.

Pumpen und Druckhaltesystem

Für die Aufrechterhaltung des Volumenstromes in der Versuchsanlage wurde eine Kreiselpumpe mit einer
Förderleistung von 77 m³/h bei einer Förderhöhe von 62 m verwendet. Der Antrieb der Pumpe erfolgte durch einen
Elektromotor mit einer Leistungsaufnahme von 22 kW. Der Durchfluß wurde über die Drehzahl der Pumpe mittels
eines Frequenzumrichters gesteuert.
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Zur Stabilisierung des Systemdruckes und zur Sicherung gegen auftretenden Überdruck wurde ein Expansionsgefäß
mit einem Nennvolumen von 300 l verwendet. Die Aufbringung des Systemdruckes (4-5 bar) erfolgte über eine
Pumpe mit einem Förderstrom von 4,5 m³/h bei einer Förderhöhe von 50 m.

Temperaturregelung und Heizung

Die Temperaturregelung im System erfolgte über zwei PID-temperaturgeregelte Heizelemente mit einer
Nennleistung von jeweils 7,5 kW.

Druckmessung

Die Messung des Differenzdruckes zwischen den jeweiligen Druckmeßstellen an den Meßstrecken erfolgte durch
intelligente Differenzdruckmeßumformer (ASK 800; Meßbereich: 60, 400, 2500 mbar; Firma Hartmann & Braun).

Durchflußmessung

Zur Durchflußmessung wurden magnetisch-induktive Durchflußmeßaufnehmer (MID) verwendet (Meßaufnehmer:


IFS 4000, IFS 5000, Firma Krohne; Meßumformer IFC 080, Firma Krohne).

Datenerfassung und Speicherung

Die Meßdaten aus der Differenzdruckmessung, der Durchflußmessung sowie der Temperaturmessung wurden
simultan über einen Multiplexer in ein digitales Multimeter zur Verarbeitung und Digitalisierung geleitet. Das
Multimeter wurde in Echtzeit über einen Computer ausgelesen und die Meßdaten von einer Visualisierungssoftware
dargestellt und gespeichert.

1.3.3 Fehleranalyse
Das angewandte Verfahren zu Bestimmung der hydraulischen Rohrrauhigkeit k ermöglicht keine Messung dieser
Größe auf direktem Wege. Umgekehrt zum Verfahren der Druckverlustberechnung (siehe Abschnitt 1.3.1) wurde
hier der Druckabfall auf einer Meßstrecke bei unterschiedlichen Strömungszuständen bestimmt, um daraus den Wert
für die hydraulische Rohrrauhigkeit zu berechnen.
Als Meßgrößen standen zur Verfügung:
Differenzdruck,
Durchflußvolumenstrom,
Innendurchmesser der Stahlrohre,
Länge der Meßstrecke,
Temperatur des Mediums.
Die Ermittlung der hydraulischen Rohrrauhigkeit erfolgt aus einer funktionaler Beziehung zwischen diesen
Meßgrößen laut Gleichung 0-3.
k = f(di, l, Q, dp, ρ, ν)
Gleichung 0-3: Funktionale Beziehung für die Bestimmung der hydraulischen Rohrrauhigkeit
Erläuterung: di...Innendurchmesser des Rohres; l...Länge der Meßstrecke; Q...gemessener Durchfluß; dp...gemessene
Druckdifferenz; ρ...Dichte des strömenden Mediums; ν...kinematische Viskosität des strömenden Mediums;
k...hydraulische Rohrrauhigkeit

Equation 0-3: Function for determining the hydraulic roughness


Abbreviations: di...pipe diameter; l... length of pipe train; Q...measured flow ; dp...measured pressure drop; ρ...density of the flow
medium; ν...coefficient of viscosity ; k...hydraulic roughness
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Die Ermittlung des, aus den Meßungenauigkeiten der Meßgrößen resultierenden, Fehlers für die hydraulische
Rohrrauhigkeit wurde auf Basis des Gauß´schen Fehlerfortpflanzungsgesetzes [H. D. GELLISSEN et. al., 1995]
durchgeführt.
Bezüglich der Fehlerbetrachtung sind bei diesem Verfahren 2 Fehlergrößen definiert:
Der „Worst-Case-Fehler“, im weiteren Verlauf der Arbeit mit „WC“ indiziert, ist als der maximal auftretende Fehler
des Zielwertes definiert. Hier wird davon ausgegangen, daß alle möglichen Fehler zugleich und in der maximal
möglichen Größe das Meßergebnis verfälschen.
Da in der Praxis nicht alle möglichen Fehler zur gleichen Zeit und in maximaler Größe auftreten, wurde von Gellißen
der „Wahrscheinliche Fehler“, welcher in weiterer Folge mit „WF“ indiziert wird, definiert.
Gemäß dem Gauß´schen Fehlerfortpflanzungsgesetz wird der, durch einen fehlerbehafteten Parameter in das
Ergebnis einer funktionalen Beziehung eingebrachte Fehler, aus der Ableitung der funktionalen Beziehung nach
diesem Parameter und der anschließenden Multiplikation mit dem Fehlerwert des Parameters errechnet.
Zur Bestimmung des Worst-Case Fehlers werden die Absolutwerte der auf diesem Wege berechneten Anteile am
Gesamtfehler (Teilfehler) über alle Einflußparameter aufsummiert (siehe Gleichung 0-4) [H. D. GELLISSEN et. al.,
1995]. Bei dem, sich daraus ergebenden, Fehlerwert ∆kWC handelt es sich um die größtmögliche durch die Meßfehler
hervorrufbare Meßunsicherheit des Ergebniswertes (hier der hydraulischen Rohrrauhigkeit). Der wahre Wert liegt
mit Sicherheit innerhalb des, durch diesen Worst-Case Fehler um den gemessenen Wert, aufgespannten Bereiches.

∂k ∂k ∂k ∂k ∂k ∂k
∆kWC = ∆di + ∆l + ∆Q + ∆dp + ∆ρ + ∆ν
∂di ∂l ∂Q ∂dp ∂ρ ∂ν

Gleichung 0-4: Gleichung für die Berechnung des Worst-Case Fehlers


Erläuterung: di...Innendurchmesser des Rohres; l....Länge der Meßstrecke; Q...gemessener Durchfluß; dp...gemessene
Druckdifferenz; ρ...Dichte des strömenden Mediums; ν....kinematische Viskosität des strömenden Mediums
(Wasser); k...hydraulische Rohrrauhigkeit

Equation 0-4: Equation for determing the worst-case error


Abbreviations: di...pipe diameter; l... length of pipe train ; Q...measured flow ; dp...measured pressure drop; ρ...density of the flow
medium; ν...coefficient of viscosity ; k...hydraulic roughness

Unter der Annahme der statistischen Unabhängigkeit aller auftretenden Fehler errechnet sich der wahrscheinliche
Fehler aus der geometrischen Addition der Teilfehler (siehe Gleichung 0-5) [H. D. GELLISSEN et. al., 1995].
2 2 2
 ∂k   ∂k   ∂k   ∂k   ∂k   ∂k
2 2 2

∆kWF =  ∆di  +  ∆l  +  ∆Q  +  ∆dp  +  ∆ρ  +  ∆ν 
 ∂di   ∂l   ∂Q   ∂dp   ∂ρ   ∂ν 

Gleichung 0-5: Gleichung für die Berechnung des Wahrscheinlichen Fehlers


Erläuterung: di...Innendurchmesser des Rohres; l....Länge der Meßstrecke; Q...gemessener Durchfluß; dp...gemessene
Druckdifferenz; ρ...Dichte des strömenden Mediums; ν....kinematische Viskosität des strömenden Mediums
(Wasser); k...hydraulische Rohrrauhigkeit

Equation 0-5: Equation for determing the probable error


Abbreviations: di...pipe diameter; l... length of pipe train ; Q...measured flow ; dp...measured pressure drop; ρ...density of the flow
medium; ν...coefficient of viscosity ; k...hydraulic roughness
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1.4 Ergebnisse
Experimentelle Untersuchungen, zum Beispiel von Nikuratse [J. NIKURATSE, 1931], haben gezeigt, daß mit
zunehmender Turbulenz (höhere Reynoldszahlen) der Widerstandsbeiwert λR für ein Rohr konstant bzw. unabhängig
vom Strömungszustand wird. Diesem Effekt trägt auch Gleichung 0-2 nach Colebrook und White [C. F.
COLEBROOK, 1937] Rechnung. Durch die Verringerung des Einflusses der Reynoldszahl auf die errechnete
hydraulische Rohrrauhigkeit wird somit auch die Auswirkung des durch die Reynoldszahl eingebrachten Fehlers
geringer. Bei der Analyse der Ergebnisse konnte dieser Effekt nachgewiesen werden, da mit zunehmender
Reynoldszahl die Fehlerbereiche immer kleiner wurden (siehe Abbildung 0-2 und Abbildung 0-3). Neben dem
Verlauf der Meßergebnisse sind auch die WC-, und WF-Fehlerbereiche dargestellt.
Daraus kann abgeleitet werden, dass die berechnete hydraulische Rohrrauhigkeit bei der größten Reynoldszahl den
Wert mit der größten Genauigkeit liefert. Die größten Reynoldszahlen werden bei den höchsten Temperaturen
erzielt. Daher kann die errechnete hydraulische Rohrrauhigkeit bei der größten Strömungsgeschwindigkeit der bei
120°C durchgeführten Messungen als das am besten abgesicherte Ergebnis angesehen werden (Tabelle 0-1).

kerm kWC
[mm] [mm]
DN 65 0,004 0,011
DN 80 0,002 0,009

Tabelle 0-1: Wert der anhand der durchgeführten Messungen errechneten hydraulischen Rohrrauhigkeit k für die untersuchten
Rohrdimensionen
Erläuterung: kerm...anhand der durchgeführten Messungen errechneter Wert für die hydraulische Rohrrauhigkeit k der
vermessenen Rohrdimensionen; kWC...der nach der Worst-Case-Fehlerrechnung maximal mögliche Wert für k.

Table 0-1: Hydraulic roughness values obtained for the pipe dimensions investigated
Abbreviations: kerm... hydraulic roughness value obtained for the investigated steel pipes; kWC...highest possible hydraulic
roughness value , taking into account the worst case error

0.04

k-Wert gemessen
0.03
Bereich Wahrscheinlicher Fehler
Hydraulische Rohrrauhigkeit [mm]

0.02 Bereich Worst-Case-Fehler

0.01

0
0 200,000 400,000 600,000 800,000 1,000,000 1,200,000 1,400,000 1,600,000
-0.01

-0.02

-0.03
Reynoldszahl [-]
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Abbildung 0-2: Darstellung der aus den durchgeführten Messungen errechneten Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit in
Abhängigkeit des Strömungszustandes
Erläuterung: Vermessener Rohrstrang: DN 65 bei einer Temperatur von 120°C

Figure 0-2: Hydraulic roughness values obtained from measurements under varying flow conditions (DN 65)
Explanation : Nominal pipe diameter: DN 65; Temperature of the flow medium (water): 120°C

0.05

0.04 K-wert gemessen


Bereich Wahrscheinlicher Fehler
Hydraulische Rohrrauhigkeit [mm]

0.03 Bereich Worst-Case-Fehler

0.02

0.01

0
0 200,000 400,000 600,000 800,000 1,000,000 1,200,000 1,400,000
-0.01

-0.02

-0.03
Reynoldszahl [-]

Abbildung 0-3: Darstellung der aus den durchgeführten Messungen errechneten Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit in
Abhängigkeit des Strömungszustandes

Erläuterung: Vermessener Rohrstrang: DN 80 bei einer Temperatur von 120°C

Figure 0-3: Hydraulic roughness values obtained from measurements under varying flow conditions (DN 80)

Explanation : Nominal pipe diameter: DN 80; Temperature of the flow medium (water): 120°C

1.5 Diskussion, Literaturvergleich und Empfehlungen


Neben den ermittelten Werten für die hydraulische Rohrrauhigkeit sind in Tabelle 0-1 die maximal möglichen Werte
dargestellt, die sich aufgrund der „Worst-Case“- Fehlerbetrachtung, ergaben. Der auftretende große Fehlerbereich ist
dem angewandten Verfahren immanent. Keine der Rechengrößen wie Widerstandsbeiwert und Re- Zahl konnten
direkt bestimmt werden. Diese Werte mußten aus den meßbaren Größen Durchfluß, Differenzdruck, Temperatur,
Länge der Meßstrecke und Rohrinnendurchmesser errechnet werden. Fast alle dieser Größen sind in der
Bestimmungsgleichung für die hydraulische Rohrrauhigkeit mehrfach enthalten. So geht beispielsweise der
Rohrinnendurchmesser mit der 6. Potenz in die Berechnung ein, wodurch sich auch kleine Fehler bereits massiv
auswirken.
Aufgrund der Vielzahl der möglichen Fehler und aufgrund deren zum Teil großen Einflusses auf das Resultat ergibt
sich ein relativ großer Unschärfebereich. In Anbetracht dessen, kann die Differenz zwischen den Ergebnissen für die
beiden Rohrdimensionen nicht auf tatsächlich unterschiedliche hydraulische Rohrrauhigkeiten zurückgeführt
werden, sondern auf die Fehlerbehaftung dieser Werte. Dies ist auch dahingehend plausibel, als es sich bei den
verwendeten Stahlrohren um Produkte von gleicher Herkunft und Qualität und somit ähnlicher Rohrrauhigkeit
handelt.
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1.5.1 Literaturvergleich
In Abbildung 0-4 sind die Meßergebnisse laut Literaturangaben [H. RECKNAGEL et al., 1998; D.S. MILLER,
1990; VDI WÄRMETATLAS, 1994] gegenübergestellt. Der dargestellte Balken für die Literaturwerte deckt den
Bereich, der in der zitierten Literatur angegebenen Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit ab. Als
Variationsbereich um die aus den angeführten Versuchen ermittelten Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit,
wurde der maximal mögliche Fehlerbereich aus den Worst-Case-Fehlerberechnungen dargestellt. Nach unten ist
dieser Fehlerbereich mit Erreichen des Nullwertes für die hydraulische Rohrrauhigkeit beschränkt, da Werte unter
Null physikalisch keinen Sinn machen. Die Obergrenze dieses Bereiches stellt den größtmöglichen Wert für die
hydraulische Rohrrauhigkeit dar. Auch bei Berücksichtigung des maximal möglichen Fehlers liegen die aus den
Messungen resultierenden Werte signifikant unter den Literaturangaben.

0.05
Hydraulische Rohrrauhigkeit [mm]

0.04

0.03

0.02

0.011
0.01 0.009

0.004
0.002
0
Literatur DN 65 DN 80

Abbildung 0-4: Vergleich von Literaturangaben mit den aus den Versuchsläufen errechneten Werten für die hydraulische
Rauhigkeit gerader Stahlrohre

Figure 0-4: Hydraulic roughness values obtained from the test runs in comparison to values from the literature

1.5.2 Empfehlung für die Druckverlustberechnung von Stahl- Rohrleitungen


Wie schon in der Einleitung erläutert, erwiesen sich in Untersuchungen von Nahwärmenetzen die errechneten
Druckverlustwerte der Rohrleitungen im Vergleich zu den tatsächlich auftretenden Werten als zu hoch. Die
vorliegenden Untersuchungen zeigen, daß die ermittelten Werte für die hydraulische Rohrrauhigkeit der
untersuchten, geschweißten Stahlrohre deutlich unter den in der Literatur empfohlenen Werten liegen.
Angesichts dieser Untersuchungsergebnisse ist es für eine, in Hinblick auf den Druckverlust, korrekte
Dimensionierung von Stahlrohrnetzen zu empfehlen, geringere hydraulische Rohrrauhigkeiten als in der
einschlägigen Fachliteratur angegeben für die Berechnungen zu verwenden. Die durchgeführten Messungen ergaben
eine hydraulische Rohrrauhigkeit der eingesetzten, geschweißten Stahlrohre von 0,004 mm. In Anbetracht des
großen möglichen Fehlers der Meßergebnisse kann unter Berücksichtigung des maximal möglichen Fehlers ein
abgesicherter Wert für die hydraulische Rohrrauhigkeit der betrachteten Stahlrohre von 0,01 mm angegeben werden.
Dieser Wert wird somit für zukünftige Druckverlustberechnungen von geraden Stahlrohren empfohlen um
Überdimensionierungen zu vermeiden.

1.6 Danksagung
Die vorliegenden Untersuchungen wurden im Rahmen des Forschungsprojektes „Optimierte Dimensionierung und
Betrieb von Rohrleitungssystemen für dezentrale Biomasseheizwerke - Phase I“ durchgeführt. Die Förderung dieser
Untersuchungen erfolgte durch Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
Deutschland und dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Österreich.
In: Euroheat & Power Volume 29, 05/2000, pp. 24-33 10

Die Bearbeitung des gesamten Forschungsprojektes erfolgt in Zusammenarbeit mit den Bayerisches Zentrum für
Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE Bayern). Auf diesem Wege möchten wir uns im Besonderen bei Herrn DI
Hans Plank für die gute Zusammenarbeit bedanken.
Ein besonderen Dank für die gute Zusammenarbeit im Rahmen der durchgeführten Testläufe sei an dieser Stelle den
Mitarbeitern der Firma ISOPLUS Fernwärmetechnik Ges.m.b.H., Hohenberg, Österreich, ausgesprochen.

1.7 Literatur
COLEBROOK C. F., WHITE C. M., 1937: The reduction of carrying capacity of pipes with age, J. Instn. civ. Engrs.
London (1937/38) Heft 1, Paper Nr. 5137, pp. 99-118
DEUTSCHER NORMENAUSCHUSS, 1965: Geschweißte Stahlrohre, Fachnormenausschuß Rohre,
Rohrverbindungen und Rohrleitungen (DIN 1626) im Deutschen Normenausschuß (DNA), Deutschland
GELLISSEN Heinz Dieter, ADOLPH Ulrich, 1995: Grundlage des Messens elektrischer Größen, Hüthing Buch
Verlag Heidelberg, ISBN 3-7785-2328-7 pp. 134
KLASINC Roman, 1989: Rohrreibungsuntersuchungen; Tarbela III, Penstock, Interne Publikation, Institut für
Wasserbau und Wasserwirtschaft, Technische Universität Graz
LOGAR Reinhold, 1998: Persönliches Gespräch, Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen, Technische
Universität Graz
MILLER D. S., 1990: Internal Flow Systems BHRA (Publ.), ISBN 0-947711-77-5 pp. 190
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Lb 2 – Lb 4

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