Trennen (Zerteilen Spanen Abtragen Thermisches Schneiden)
Trennen (Zerteilen Spanen Abtragen Thermisches Schneiden)
Trennen (Zerteilen Spanen Abtragen Thermisches Schneiden)
3
Trennen
3 1 3 2 3 3 3 4 35 36
Zerteilen Spanen mit Spanen mit Abtragen Zerlegen Reinigen
geometrisch geometrisch
bestimmten unbestimmten
Schneiden Schneiden
DIN 8588 DIN 8589 - 0 DIN 8589 - 0 DIN 8590 DIN 8591 DIN 8592
3 1 1 3 2 1 3 3 1 34 1 35 1 36 1
Scherschneiden Drehen Schleifen mit thermisches Auseinander- Reinigungs-
rotierendem Abtragen nehmen strahlen
Werkzeug
DIN 8588 DIN 8589 -1 DIN 8589 - 11 DIN 8590 DIN 8591 DIN 8592
3 1 2 3 2 2 3 3 2 34 2 35 2 36 2
Messer- Bohren Bandschleifen chemisches Entleeren mechanisches
schneiden Senken Abtragen Reinigen
Reiben
DIN 8588 DIN 8589 - 2 DIN 8589 - 12 DIN 8590 DIN 8591 DIN 8592
3 1 3 3 2 3 3 3 3 3 4 3 3 5 3 3 6 3
Beißschneiden Fräsen Hubschleifen elektro- Lösen kraft- strömungs-
chemisches schlüssiger technisches
Abtragen Verbindungen Reinigen
DIN 8588 DIN 8589 - 3 DIN 8589 - 13 DIN 8590 DIN 8591 DIN 8592
3 1 4 3 2 4 3 3 4 3 5 4 3 6 4
Spalten Hobeln Honen Zerlegen von Lösemittel-
Stoßen durch Urformen reinigen
gefügten Teilen
DIN 8588 DIN 8589 - 4 DIN 8589 - 14 DIN 8591 DIN 8592
3 1 5 3 2 5 3 3 5 3 5 5 3 6 5
Reißen Räumen Läppen Zerlegen von chemisches
durch Umformen Reinigen
gefügten Teilen
DIN 8588 DIN 8589 - 5 DIN 8589 - 15 DIN 8591 DIN 8592
3 1 6 3 2 6 3 3 6 3 6 6
Brechen Sägen Strahlspanen thermisches
Reinigen
Bild 4-1
Trennen und Einteilung der Verfahren (auszugsweise) nach DIN 8580.
4.2 Scherschneiden 247
s
am Werkstück. Bei Gesenkschmiedestücken wird
ls l s’
das Beschneiden auch Abgraten genannt. Die Schnitt-
linie kann sowohl offen als auch geschlossen sein.
Bild 4-4 zeigt das Beschneiden des Flansches eines
Tiefziehteiles mit feststehendem Schneidstempel als
parallele Schneiden schräge Schneiden
Stanzschnitt. Das Beschneiden eines Hohlkörpers
Bild 4-2 mittels Schneidrolle auf einem sich drehenden Auf-
Prinzip des Schneidevorgangs. nahmedorn geht aus Bild 4-5 hervor.
Schneidstempel
Fs
s0
Werkstück
Aufnahmedorn
s s
Bild 4-6
Bild 4-5 Kraft-Weg-Schaubild beim Blechschneiden.
Beschneiden von rotationssymmetrischen Hohlkörpern. s0 Blechdicke, Fs Schnittkraft, s Weg des Schneidstempels.
248 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
einen zähen Werkstoff handelt, wird das Kraft-Weg- Außenstück und dem Ausschnitt aus. Nach dem Er-
Schaubild unterschiedlich ausfallen. Bild 4-6 zeigt reichen des Kraftmaximums beginnt die Scherung
diese Unterschiede. Bei harten Werkstoffen, die we- des Werkstoffs an den Schneidkanten der Werkzeu-
nig Dehnung aufweisen, steigt die Schnittkraft Fs ge. Es entsteht ein glatter Teil als Schnittfläche.
steil an und fällt nach dem Erreichen des Maxi-
mums steil ab. Ein zäher Werkstoff zeigt kein so Wird der Schneidspalt extrem groß gewählt, etwa ge-
hohes Kraftmaximum. Er wandelt die gespeicher- mäß Bild 4-7c), entstehen Risse unmittelbar nach dem
te elastische Energie der Stanzpresse während des Kraftmaximum. Gleichzeitig fällt die Schneidkraft
Einreißens oder völligen Durchreißens des Blechquer- steil ab. Das Werkstück zeigt rissige Schnittflächen.
schnittes in Wärme um. Als möglicher Schneidspaltbereich wird u = 0,02 s0
bis u = 0,10 s0 angegeben. Mit größer werdendem
Die Werkzeuggeometrie wird in erster Linie durch Schneidspalt wird die Schneidkraft kleiner. Aller-
den Schneidspalt u und die Schneidkantenabstump- dings ist zu berücksichtigen, dass gleichzeitig die
fung beschrieben. Die Auswirkungen eines verschie- Maßungenauigkeiten, über die Schnittflächen ge-
den großen Schneidspaltes zeigt Bild 4-7. Bei ex- messen, zunehmen.
trem kleinem Spalt können bereits beim Anschnei-
den Risse als Folge der verhältnismäßig großen Der Schneidvorgang bewirkt durch die zwischen
Querspannungen auftreten (Bild 4-7a)). Die Schnitt- Werkzeug und Werkstück auftretenden Relativbe-
kraft sowie der Arbeitsbedarf sind hoch. Am Werk- wegungen einen unvermeidlichen Verschleiß der
stück zeigen die Schnittflächen dann keine geraden schneidenden Werkzeugelemente. Dieser tritt an
Kanten, sondern Anrisse in der Schnittfläche. den Druckflächen und an den Freiflächen auf und
wird dementsprechend Druckflächenverschleiß und
In Bild 4-7b) sind die richtig gewählten Verhältnisse Freiflächenverschleiß genannt. Mit dem Verschleiß
des Schneidspaltes dargestellt. Zu Beginn des Vor- ist stets eine Abrundung der Schneidkanten verbun-
gangs biegt sich das Blech zunächst elastisch, dann den. Mit zunehmendem Verschleiß wird nun der
plastisch durch. Diese Biegung zeigt sich in einer Stempelweg bis zum Auftreten der Anrisse größer.
bleibenden Durchwölbung der Ausschnitte. Bei Infolgedessen nimmt der glatte Anteil in der Schnitt-
weiterem Eindringen des Schneidstempels in das fläche zu. Die entstehenden Risse laufen aufeinan-
Blech und dem Ausschieben des Schnittteils in die der zu; im Gegensatz zu scharfen Schneidkanten
Schneidplatte bildet sich ein Kantenabzug an dem tritt keine Zipfelbildung mehr ein.
s
u u
Fs
Fs
Fs
s s s
s
a) b) c)
Bild 4-7
Auswirkungen des Schneidspaltes u auf die Schnittkraft Fs und Schnittflächenqualität:
a) Schneidspalt zu klein
b) richtig bemessen (u O 0,08◊s0 )
c) zu groß.
4.2 Scherschneiden 249
Sind die Werkzeugkanten zu stark verschlissen, ge- auf die Fläche As, die sich aus der Blechdicke s0 und
hen die Risse nicht mehr von den Schneidkanten der Länge der Schnittlinie ls ergibt, kann der Schneid-
aus, sondern von den Freiflächen. Diese Verschie- oder Scherwiderstand ks formuliert werden:
bung des Rissverlaufs führt zu einer Gratbildung, Fs max
die mit zunehmender Anzahl der mit einem Werk- ks . [4-1]
zeug geschnittenen Teile ansteigt. Die Größe des As
Grats ist vom Verschleiß und vom Werkstoff abhän- Das Rechnen mit dem Schneidwiderstand ks hat den
gig. Grundsätzlich bewirkt ein Verschleiß der Schneid- Vorteil, dass sich damit relativ einfach die Einflüs-
kanten eine Erhöhung von Schneidkraft und Schneid- se von Schneidspalt, Werkzeugverschleiß, Werkstoff-
arbeit. Die Fehler an den geschnittenen Teilen wer- eigenschaften, Blechdicke und Schnittlinienform be-
den vom Werkstoff, Werkzeug, Arbeitsablauf und schreiben lassen. Der Schneidwiderstand ks nimmt
Maschinentyp beeinflusst. Die an der Schnittfläche mit zunehmendem Schneidspalt ab. Die Abnahme
auftretenden Formfehler sind gemäß Bild 4-8 der beträgt in dem angegebenen Schneidspaltbereich
Kantenabzug sA, die Einrisstiefe tE und die Grathöhe u = 0,01 s0 bis u = 0,1 s0 bis zu 14 %, bezogen auf
hG. Hinzu kommen u. U. Formfehler als Abweichung den Maximalwert. Die maximale Schneidkraft wird
von der Ebenheit. Diese sind besonders die beim für die Praxis genügend genau aus der Beziehung
Ausschneiden von kleinen Teilen auftretenden Ver- Fs max = ls s0 ks [4-2]
wölbungen und die nach dem Ausschneiden von
biegegerichtetem Band durch Freiwerden der Rest- ermittelt. Näherungsweise kann ks aus der Zugfes-
spannungen bedingten Durchbiegungen. tigkeit hergeleitet werden:
ks O 0,8 Rm. [4-3]
SA
Führungsbuchse
Führungsplatte
c) d)
Zwischenlage
Bild 4-9
Möglichkeiten zum Verringern der Schneidkraft:
a) Schrägschliff der Schneidplatte
b) Schrägschliff des Stempels Blechstreifen
Schneidplatte
c) unterschiedliche Stempel-Längen Grundplatte
d) Versatz von Ausschneid- und Lochstempel
Bild 4-11
Bei entsprechender Qualität der Stößelführung und Plattenführungsschneidwerkzeug, verstiftet u. verschraubt.
der Bauart der Schneidpresse braucht dies kein
Nachteil hinsichtlich der Genauigkeit des Werk- Da ein Werkzeugelement direkt zum Führen ver-
stücks zu sein. Freischneidwerkzeuge sind wegen ih- wendet wird, kann durch am Stempel anhaftende
rer einfachen Bauart bei vielen Anwendungen preis- Werkstoffteilchen ein starker Verschleiß auftre-
werter. Sie werden besonders bei kleinen Stückzah- ten.
len eingesetzt. Sie haben allerdings den Nachteil,
dass es beim Einrichten in der Presse schwierig In Säulenführungsschneidwerkzeugen entsprechend
ist, den Spalt zwischen Schneidplatte und Schneid- Bild 4-12 sind die Funktionen Führen und Schnei-
stempel konstant zu halten. Dadurch kann u. U. den voneinander getrennt. Ein Säulenführungsschneid-
Einspannzapfen Spannkerbe
werkzeug ist wegen der hohen Genauigkeit bei ent-
Bund
sprechendem Einbau jedem anderen Werkzeug vor-
zuziehen. Man kann mit geringstem Verschleiß der
Schneidelemente rechnen. Wegen der Führung der
Schneidstempel Abstreifer Schneidelemente gegeneinander durch die Säu-
Zwischenlage lenführung braucht man während des Einrichtens
nicht auf Lagefehler zu achten. Das Einrichten der
Schneidplatte
Tisch Werkzeuge in den Pressen ist daher kostengünstig.
Grundplatte
Werkstückbreite
fenden Pressen eingesetzt.
wendet werden. Einhänge- oder Abschlagstifte (Bild Zusätzlich zu diesen zwei Möglichkeiten werden bei
4-15a)) sind die einfachste Vorschubbegrenzung, der Vorschubbegrenzung oft Fang- oder Pilotstifte
beim automatischen Vorschub aber meist nicht zu verwendet. Diese greifen mit ihrer konisch oder pa-
verwenden. Seitenschneider werden zur Begrenzung rabolisch geformten Spitze in die Löcher im aus-
des Vorschubs bei mechanischen Vorschubeinrich- zuschneidenden Werkstück oder im Abfallgitter ein.
tungen eingesetzt. Sie geben eine genauere Begren- Der zylindrische Führungsteil der Fang-, Pilot- oder
zung des Vorschubs als die Einhängestifte. Die Aus- Suchstifte zentriert die Lage beim Schneiden genauer,
führung von Seitenschneidern und die Anordnung Bild 4-15b). So wird ein geringer Vorschubfehler aus-
der dazu notwendigen Anschläge für den Streifen geglichen und der Blechstreifen zwangsläufig in
sind in VDI-Arbeitsblättern festgelegt. Außerdem die richtige Lage gebracht. Da der zylindrische Teil
können auch Formseitenschneider verwendet wer- des Stifts die Vorlochränder erreicht haben muss,
den, die außer der Vorschubbegrenzung auch einen bevor einer der Schneidstempel auf dem Blech auf-
Teil der Schnittlinie herstellen. setzt, ist der Fangstift erheblich länger. Falls im
Schnittteil bereits Löcher vorhanden sind, können
Die Länge des Seitenschneiders entspricht immer diese als Suchlöcher herangezogen werden. Andern-
dem Vorschub. Die Blechdicke ist bei Verwendung falls muss man im Abfallgitter besondere Lochungen
von Seitenschneidern auf mindestens 0,1 mm be- einbringen.
grenzt. Bei dünneren Blechen reicht die Steifigkeit
des Blechstreifens nicht aus. Die obere Blechdicken- Wenn ein Seitenschneider lange im Einsatz bleibt,
grenze liegt bei etwa 3 mm. führt die zunehmende Kantenverrundung zu einem
Grat am Blechstreifen, der eher am Anschlag an-
Bei Seitenschneidern wird eine offene Schnittlinie kommt, als die senkrecht zur Vorschubrichtung ste-
erzeugt. Dadurch wirken Seitenkräfte auf Streifen hende Blechkante. Dann wird der Vorschub ungenau,
und Seitenschneider. Um diese Kräfte aufzunehmen, und es besteht die Gefahr, dass sich der Blechstrei-
müssen Seitenschneider häufig auf ihrer Rückseite fen mit dem stehengebliebenen Grat in der Streifen-
in der Schneidplatte geführt werden. führung verklemmt (Stillstandzeiten!). Dieser Nach-
Fangstift Vorlocher
Anschlagstift
Einhgängestift Vorschub
Anschlag Formseiten-
Streifenführung schneider
Vorschubrichtung
Seiten-
Anschlag schneider Streifenführung
c)
Bild 4-15
Verschiedene Arten der Vorschubbegrenzung.
a) Einhänge- und Anschlagstift
b) Fang- oder Pilotstift (siehe VDI 3358)
c) Seitenschneider bzw. Formseitenschneider (im oberen Bildteil), B Blechstreifenbreite; b nutzbare Breite (VDI 3367)
4.3 Spanen 253
3 2
Spanen mit
geometrisch
bestimmten
Schneiden
3 2 1 3 2 2 3 2 3 3 2 4 3 2 5 3 2 6 3 2 7 3 2 8 3 2 9
DIN 8589 - 1 DIN 8589 - 2 DIN 8589 - 3 DIN 8589 - 4 DIN 8589 - 5 DIN 8589 - 6 DIN 8589 - 7 DIN 8589 - 8 DIN 8589 - 9
Bild 4-16
Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden; Einteilung nach DIN 8589.
3 3
Spanen mit
geometrisch
unbestimmten
Schneiden
3 3 1 3 3 2 3 3 3 3 3 4 3 3 5 3 3 6 3 3 7
DIN 8589 - 11 DIN 8589 - 12 DIN 8589 - 13 DIN 8589 - 14 DIN 8589 - 15 DIN 8200 DIN 8589 - 17
Bild 4-17
Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden; Einteilung nach DIN 8589.
254 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Zum Spanen mit geometrisch bestimmten Schnei- beim Schleifen, die die primären Verfahrensmerk-
den wird ein Werkzeug verwendet, dessen Schnei- male Werkstück, Werkzeug und Kinematik in Form
denanzahl, Geometrie der Schneidteile und Lage einer Zahlenkombination miteinander verbindet.
der Schneiden zum Werkstück bestimmt sind. Spa-
nen mit geometrisch unbestimmten Schneiden da-
gegen ist ein Trennen, bei dem ein Werkzeug verwen- 4.3.2 Technische und wirtschaftliche
det wird, dessen Schneidenanzahl, Geometrie der Bedeutung
Schneidteile und Lage der Schneiden zum Werk-
stück unbestimmt sind. Fertigungsverfahren stehen miteinander im Wettbe-
werb. Trotz zunehmender Konkurrenz, besonders
Im Ordnungssystem nach DIN 8589 werden die spa- durch umformende Fertigungsverfahren, konnten
nenden Fertigungsverfahren durch Ordnungs- bzw. die spanenden Fertigungsverfahren wegen der er-
Verfahrensnummern gekennzeichnet. Die jeweiligen reichbaren hohen Fertigungsgenauigkeit und geo-
Verfahrensuntergruppen sind durch die ersten drei metrisch nahezu unbegrenzten Bearbeitungsmög-
Stellen der Ordnungsnummer bestimmt (z. B. 3 3 1 lichkeiten ihre bedeutende Stellung behaupten.
Schleifen, Bild 4-18). Weitere Verfahrensbenennun-
gen ergeben sich aus werkstückbezogenen Verfah- Der wertmäßige Anteil spanender Werkzeugma-
rensmerkmalen (4. bis 7. Stelle ON). schinen beträgt nach einer Statistik (VDMA) 70 %
gegenüber einem Anteil von 20 % bei umformenden
Einheitlich für alle spanenden Fertigungsverfahren Werkzeugmaschinen, gemessen an der Gesamt-
unterscheidet man in der vierten Stelle der Ordnungs- produktion der Werkzeugmaschinen in der Bundes-
nummer zwischen Plan-, Rund-, Schraub-, Profil- republik Deutschland. Steigende Anforderungen an
und Formspanen. Oberflächengüten, Maß-, Form- und Lagegenauig-
keiten sowie die physikalischen und chemischen
Weitere mögliche Ordnungsgesichtspunkte sind Werk- Eigenschaften von Konstruktionswerkstoffen las-
zeugtyp, Kinematik, Art der Werkstückaufnahme und sen für spanende Fertigungsverfahren deutliche
Werkzeugstoff. Als Beispiel zeigt Bild 4-18 den sys- Wettbewerbsvorteile erwarten.
tematischen Aufbau einer Verfahrensbenennung
Planfläche 4. Stelle
Werkstück 33111
4.4 Grundbegriffe der
Außenbearbeitung 5. Stelle
Zerspantechnik
Die grundlegenden Begriffe der Zerspantechnik sind
6. Stelle
Werkzeug 33 1 1 nach DIN 6580/81, DIN 6583/84 und international
nach ISO 3002 einheitlich für alle spanenden Ferti-
Umfangsschleif-
scheibe gungsverfahren festgelegt.
vc
vft
vfa Kinematik 331 1 7. Stelle 4.4.1 Bewegungen und Geometrie von
vfr
Längsschleifen Zerspanvorgängen
vc Beim Spanen wird die zu erzeugende Werkstück-
form einmal durch die Geometrie des Werkzeugs
Verfahren 33 11111 und zum anderen durch die Relativbewegungen
vfa
zwischen Werkstück und Werkzeug (Wirkpaar) be-
vft Plan-Umfangs-
vfr Längs-Schleifen stimmt. Die während der Spanabnahme ausgeführ-
ten Relativbewegungen setzen sich gemäß Bild 4-
Bild 4-18 19 aus einer Schnitt- sowie einer oder mehreren
Aufbau einer Verfahrensbenennung (Beispiel Schleifen).
Vorschubbewegungen zusammen.
vc Schnittgeschwindigkeit
vft Vorschubgeschwindigkeit (tangential)
vfa Vorschubgeschwindigkeit (axial) Die Schnittbewegung wird gekennzeichnet durch
vfr Vorschubgeschwindigkeit (radial) den Vektor der Schnittgeschwindigkeit vc für einen
4.4 Grundbegriffe der Zerspantechnik 255
Die Wirkbewegung ist die resultierende Bewegung 4.4.2 Eingriffe von Werkzeugen
aus Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeit. Sie wird
gekennzeichnet durch den Vektor der Wirkgeschwin- Zum Kennzeichnen des Eingriffs eines spanenden
digkeit ve. Werkzeugs benötigt man die Begriffe Vorschub f,
Schnitttiefe bzw. Schnittbreite ap und den Arbeits-
Für das Wirkpaar Werkstück/Werkzeug und für den eingriff ae sowie den Vorschubeingriff af entspre-
Ablauf des Zerspanvorgangs ist es meist belanglos, chend Bild 4-20 und 4-21.
ob die Bewegungen vom Werkstück oder vom Werk-
zeug ausgeführt werden. Hingegen ist es von ent- Der Vorschub f ist die Ortsveränderung der Schneide
scheidender Bedeutung für den Aufbau der Werk- bzw. des Werkzeugs in Richtung der Vorschubbewe-
zeugmaschine, wie die Bewegungen auf Werkstück gung je Umdrehung oder je Hub des Werkzeugs
und Werkzeug aufgeteilt sind. oder Werkstücks, gemessen in der Arbeitsebene.
Die Schnitttiefe bzw. Schnittbreite ap ist die Tiefe
Weitere Bewegungen sind Anstell-, Zustell- und Nach- bzw. Breite des momentanen Eingriffs eines Werk-
stellbewegungen. Diese Bewegungen sind nicht un- zeugs, senkrecht zur Arbeitsebene gemessen.
mittelbar an der Spanentstehung beteiligt.
Bei rotierenden Werkzeugen (z. B. Fräser, Schleif-
Die einheitliche Betrachtung der verschiedenen spa- scheibe) wird zur Bestimmung des Werkzeugein-
nenden Fertigungsverfahren erfordert die Einfüh- griffs zusätzlich der Arbeitseingriff ae benötigt. Diese
rung der Hilfsgrößen Vorschubrichtungswinkel j Eingriffsgröße beschreibt den momentanen Eingriff
und Wirkrichtungswinkel h (Bild 4-19). Mit diesen des Werkzeugs mit dem Werkstück, gemessen in
lassen sich kinematische Unterschiede zwischen den der Arbeitsebene und senkrecht zur Vorschubrich-
verschiedenen spanenden Fertigungsverfahren kenn- tung.
zeichnen.
h Schnittbewegung
Der Vorschubrichtungswinkel j ist der Winkel zwi-
j
Werkstück
Die Spanungsbreite b gibt die Breite, die Spanungs-
b
Werkzeug
dicke h die Dicke des Spanungsquerschnitts an.
Schaft
k
h Spanfläche
vf Nebenschneide
Bild 4-22
Der Vorschubeingriff af bezeichnet die Größe des Flächen, Fasen, Schneiden und Schneidenecken am Dreh- oder
Eingriffs des Werkzeugs in Vorschubrichtung. Hobelmeißel (nach DIN 6581).
Qw = A vc = dm ap vf . [4-9]
vc Werkstück Hierbei ist dm der mittlere Durchmesser der vom
vf
Werkzeug nach einer Zustellung in einem Durch-
af Werkzeug
gang vom Werkstück abzuspanenden Werkstoff-
schicht (Spanungsschicht).
Arbeitsebene Pfe
Bild 4-21
Eingriffsgrößen beim Umfangsfräsen und Umfangsschleifen.
4.4.4 Geometrie am Schneidteil
ap Schnittbreite
ae Arbeitseingriff Wie aus Bild 4-22 hervorgeht, wird der Schneidteil
af Vorschubeingriff eines spanenden Werkzeugs aus Span-, Haupt- und
4.4 Grundbegriffe der Zerspantechnik 257
Nebenfreiflächen gebildet. Die Spanfläche ist die Die Ebenen stehen jeweils aufeinander senkrecht.
Fläche, auf der der Span abläuft. Die Freiflächen Als zusätzliche Ebene wird die Arbeitsebene benötigt.
sind den am Werkstück entstehenden Schnittflächen
zugekehrt. Bezugsebene für das Werkzeugbezugssystem ist die
Werkzeugbezugsebene. Sie wird durch den betrach-
Die Schnittlinien der Span- und Freiflächen bil- teten Schneidenpunkt möglichst senkrecht zur ange-
den die Schneiden des Werkzeugs. Man unterschei- nommenen Schnittrichtung gelegt, aber nach einer
det zwischen Haupt- und Nebenschneiden. Haupt- Ebene, Achse oder Kante des Werkzeugs ausgerich-
schneiden weisen bei Betrachtung in der Arbeits- tet. Bei Dreh- und Hobelmeißeln liegt die Werkzeugbe-
ebene in Vorschubrichtung, Nebenschneiden nicht. zugsebene meist parallel zur Werkzeugauflagefläche.
Die Schneidenecke ist diejenige Ecke des Werk-
zeugs, an der Haupt- und Nebenschneiden mit der Bezugsebene für das Wirkbezugssystem ist die senk-
Spanfläche zusammentreffen. Sie ist vielfach mit recht zur Wirkrichtung stehende Wirkbezugsebene.
einer Eckenrundung oder Eckenfase versehen. Die Schneidenebene enthält die Schneide und steht
senkrecht zur Wirk- bzw. Werkzeugbezugsebene. Die
Die Werkzeugwinkel werden durch die Stellung der Keilmessebene ist eine Ebene, die senkrecht zur Wirk-
Flächen am Schneidteil zueinander bestimmt. Zwecks bzw. Werkzeugbezugsebene und senkrecht zur Wirk-
Definition der Winkel am Schneidteil hat man ent- bzw. Werkzeugschneidenebene steht.
sprechende Bezugssysteme eingeführt. Man unter-
scheidet zwischen dem Werkzeug- und dem Wirk- Die für die Zerspanung wichtigsten Winkel zeigt
bezugssystem. Die im Werkzeugbezugssystem ge- Bild 4-24. Spanwinkel g, Keilwinkel b und Freiwin-
messenen Werkzeugwinkel kennzeichnen gemäß kel a werden in der Keilmessebene gemessen (a +
Bild 4-23 die Geometrie des Schneidteils und sind b + g = 90 °). Der Spanwinkel g ist der Winkel zwi-
für die Herstellung und Instandhaltung der Werk- schen Spanfläche und Werkzeugbezugsebene, der
zeuge von Bedeutung. Die im Wirkbezugssystem Keilwinkel b ist der Winkel zwischen Span- und Frei-
gemessenen Wirkwinkel sind für die Darstellung fläche, und der Freiwinkel a ist der Winkel zwi-
des Zerspanungsvorgangs von Bedeutung. schen Freifläche und Werkzeugschneidenebene.
Die Bezugssysteme zum Bestimmen der Winkel am In der Werkzeugbezugsebene werden der Werkzeug-
Schneidteil enthalten außer der jeweiligen Bezugs- einstellwinkel k und der Eckenwinkel e angegeben.
ebene die Schneidenebene und die Keilmessebene. Der Werkzeugeinstellwinkel wird zwischen Werk-
angenommene Wirkrichtung Schnittrichtung
Schnittrichtung
Wirk-Schneidenebene
Werkzeug-
Schneiden- betrachteter
ebene Schneidenpunkt
betrachteter h
Schneidenpunkt
Vorschubrichtung
Wirk-Keilmessebene
Werkzeug-
Keilmessebene
Auflageebene
Auflageebene
Werkzeug-Bezugsebene Wirk-Bezugsebene
Bild 4-23
Werkzeug- und Wirkbezugssystem am Drehmeißel (nach DIN 6581).
258 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
-
g
Schneidenebene
a +
b dem Produkt der jeweiligen Geschwindigkeitskom-
betrachteter -
+ ponenten und der in ihren Richtungen wirkenden
Schneidenpunkt
Komponenten der Zerspankraft. Als Schnittleistung
angenommene erhält man
Arbeitsebene Pfe
A Pc = vc Fc [4-11]
Ansicht Z
(Werkzeug- als Vorschubleistung
Schneidenebene)
Z
B Pf = vf Ff [4-12]
k
e
Werkzeug- Schneide und als Wirkleistung
Schneiden der
Hauptschneide
Pe = ve Fe [4-13]
Werkzeug- Werkzeug-
Keilmessebene Bezugsebene
l Die Wirkleistung ist auch die Summe aus Schnitt-
Zeichenebene = leistung Pc und Vorschubleistung Pf
+
Werkzeug-Bezugsebene -
Pe = Pc + Pf. [4-14]
Bild 4-24
Werkzeugwinkel für einen Punkt der Hauptschneide am
Drehmeißel (nach DIN 6581). 4.4.6 Standzeit- und Verschleißbegriffe
zeugschneidenebene und Arbeitsebene, der Ecken- Das Standvermögen kennzeichnet die Fähigkeit ei-
winkel zwischen den Schneidenebenen von zusam- nes Wirkpaares (Werkstück und Werkzeug), bestimm-
mengehörigen Haupt- und Nebenschneiden gemes- te Zerspanvorgänge durchzustehen. Es ist abhängig
sen. In der Werkzeugschneidenebene wird der Nei- von den Standbedingungen, die durch alle am Zer-
gungswinkel l als Winkel zwischen Schneide und spanvorgang beteiligten Elemente beeinflusst wer-
Werkzeugbezugsebene definiert. den, nämlich durch
– das Werkstück (Werkstückform, Werkstückstoff),
Das Symbol für den Werkzeugwinkel hat grund- – das Werkzeug (z. B. Geometrie am Schneidteil,
sätzlich keinen Index, dagegen erhalten die Symbole Werkzeugstoff),
für die Wirkwinkel zur Unterscheidung den Index – die Werkzeugmaschine sowie durch weitere
»e« (von effektiv). – Randbedingungen (z. B. Kühlschmierung).
Werkstück Vorschubkraft
4.4.5 Kräfte und Leistungen
Die bei einem Zerspanvorgang auf das Werkstück
wirkende Zerspankraft F kann in verschiedene Kom- Passivkraft
ponenten zerlegt werden, wie Bild 4-25 zeigt. Bezo- Fp
gen auf die Arbeitsebene wird die Zerspankraft in Ff
Aktivkraft
die Aktivkraft Fa und die Passivkraft Fp zerlegt. Die Werkzeug
Aktivkraft ist die Komponente der Zerspankraft in
Arbeitsebene Pfe
der Arbeitsebene und, da in der Arbeitsebene die Be- Schnittkraft
Fc
wegungen zur Spanentstehung ausgeführt werden,
leistungsbestimmend. Die Passivkraft ist die Kompo-
nente der Zerspankraft senkrecht zur Arbeitsebene und Fa
an den Leistungen beim Zerspanen nicht beteiligt.
Zerspankraft F
Bezogen auf die Schnittrichtung wird die Aktivkraft Bild 4-25
in die Schnittkraft Fc, bezogen auf die Vorschub- Komponenten der Zerspankraft beim Drehen (nach DIN 6584),
richtung in die Vorschubkraft Ff und, bezogen auf Fc ist meist doppelt so groß wie Ff.
4.5 Grundlagen zum Spanen 259
Zur Beurteilung des Standvermögens werden Stand- schleißorts am Schneidteil eines Drehwerkzeugs
kriterien als Grenzwerte für unerwünschte Verände- unterscheidet man die in Bild 4-26 dargestellten
rungen am Werkzeug, am Werkstück oder am Be- Verschleißgrößen. Als Standkriterium sind beson-
arbeitungsverlauf herangezogen. Als Grenzwerte ders der Freiflächenverschleiß und der Kolkver-
können alle am Werkzeug messbaren Verschleißgrö- schleiß von Bedeutung.
ßen, aber auch die am Werkstück messbaren Eigen-
schaften, wie beispielsweise Rauheitsveränderungen
oder während des Zerspanvorgangs messbare Än- 4.5 Grundlagen zum Spanen
derungen von Zerspankraftkomponenten, sowie die
Temperaturen beim Zerspanen dienen. Die Zerspanbarkeit eines Werkstücks kann nicht,
wie es bei vielen physikalischen Vorgängen der Fall
Standgrößen sind Zeiten, Wege oder Mengen, die ist, durch eine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit
bis zum Erreichen eines festgelegten Standkrite- beschrieben oder beurteilt werden. Wichtige Beur-
riums unter den gewählten Standbedingungen er- teilungskriterien sind z. B. die Spanbildung, die
zielt werden können (z. B. Standzeiten, Standwege, Schnittkräfte, das Standvermögen und die Oberflä-
Standmengen). Zur eindeutigen Beschreibung des chengüte. Diese sind je nach Bearbeitungsaufgabe
Standvermögens sind die Standgrößen stets in Ver- und Fertigungsverfahren von unterschiedlicher Be-
bindung mit dem Standkriterium und den zugehö- deutung. Zur Klärung der verschiedenen Einfluss-
rigen Standbedingungen anzugeben. größen und Wirkungen von Zerspanvorgängen wer-
Beispiel: den Modellvorstellungen verwendet, um die einzel-
nen Abläufe rechnerisch erfassen zu können.
T V B 0 ,2 : 2 0 0 = 6 0 m in
4.5.1 Spanbildung
S ta n d g rö ß e S ta n d k rite riu m S ta n d b e d in g u n g Die Vorgänge bei der Spanbildung sind am einfachs-
ten zu überblicken, wenn sie auf den sog. Orthogo-
Hierin ist das Standvermögen durch die Angabe der nalprozess bezogen werden. Die Spanbildung wird
Standzeit T bis zum Erreichen der Verschleißmar- dabei als zweidimensionaler Vorgang in einer Ebe-
kenbreite VB = 0,2 mm bei einer Schnittgeschwin- ne senkrecht zur Schneide dargestellt. Der Orthogo-
digkeit vc = 200 m/min bestimmt. nalprozess ist beispielsweise beim Plan-Längsdre-
hen eines Rohres mit einem Einstellwinkel k = 90 °
In der Praxis werden häufig Verschleißgrößen als gemäß Bild 4-27 weitgehend verwirklicht.
Standkriterium herangezogen. Hinsichtlich des Ver-
SVg Ausgehend vom Orthogonalprozess entwickelten
KM
Piispanen und Merchant eine sehr vereinfachte Mo-
KL
SVa
KT
g
VB
a
k
Arbeitsebene Pfe
Bild 4-26 Ff
Verschleißgrößen am Schneidteil eines Drehmeißels.
g Spanwinkel Fp = 0
a Freiwinkel k = 90 °
SVa Schneidenversatz, in Richtung der Freifläche gemessen
SVg Schneidenversatz, in Richtung der Spanfläche gemessen
VB Verschleißmarkenbreite an der Freifläche Fc
KM Kolkmittenabstand Bild 4-27
KT Kolktiefe Plan-Längsdrehen eines Rohres; Beispiel für einen Orthogo-
KL Kolklippenbreite nalprozess.
260 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
y
Scherebene Trennung des Werkstückstoffs. Hohe mechanische
und thermische Belastungen in diesen sekundären
Scherzonen verursachen den Werkzeugverschleiß.
hch
g
4.5.2 Spanstauchung
1 4
reich der Scherebene äußert sich in Strukturlinien, die g
sich an Hand von Spanwurzelaufnahmen nachwei-
5
sen lassen. Sie bilden mit der Scherebene den Struk-
3
turwinkel h. Den Winkel zwischen den Strukturlinien
und der Spanfläche wird Fließwinkel Y genannt.
a
Das Scherebenenmodell ist eine sehr idealisierte Vor-
stellung von den Vorgängen bei der Spanbildung. Bild 4-29
Spanbildungsmodell (nach Warnecke).
Neuere Untersuchungen von Warnecke kommen
a Freiwinkel
den tatsächlichen Gegebenheiten wesentlich näher. g Spanwinkel
Ausgehend vom Orthogonalschnitt werden die an F Scherwinkel
der Spanentstehung beteiligten Werkstückstoffbe- h Spanungsdicke
reiche in einzelne Zonen aufgeteilt, wie Bild 4-29 hch Spandicke
zeigt. Die primäre Scherzone (Zone 1) wird als un- 1 primäre Scherzone (Spanentstehungszone)
2 Verformungsvorlaufzone
mittelbare Spanentstehungszone angenommen. In
3; 4 sekundäre Scherzonen (Reibungszone zwischen Werk-
der Verformungsvorlaufzone (Zone 2) entstehen zeugfreifläche und gefertigter Fläche bzw. Werkzeug-
durch den Spanbildungsvorgang Spannungen, die spanfläche und Spanunterseite)
elastische und plastische Verformungen im Werk- 5 Trenngebiet
4.5 Grundlagen zum Spanen 261
h
vs
F
g
A vsp
Scherebene
90° - g vs
90° - F + g
hch
a Freiwinkel B
g
g Spanwinkel vsp F
F Scherwinkel
h Spanungsdicke
a
hch Spandicke vc
vc Schnittgeschwindigkeit
vs Schergeschwindigkeit
vsp Spangeschwindigkeit vc
Bild 4-30
Geometrie und Geschwindigkeitsverhältnisse in der Spanentstehungszone.
Durch die Stauchung des Spanquerschnitts sich auf Abhängigkeiten zwischen dem Spanwin-
lA = l h l b [4-17] kel g und dem Gleitreibungskoeffizienten m auf der
Spanfläche. Mit Hilfe dieser Gleichungen, der Scher-
wird bewirkt, dass die Spanlänge kürzer ist als der festigkeit sowie entsprechender geometrischer Zu-
von der Schneide zurückgelegte Schnittweg. Die sammenhänge können die Zerspankraft und ihre
Spandickenstauchung l h lässt sich auch durch das Komponenten berechnet werden.
Verhältnis von Schnittgeschwindigkeit vc und der
Spangeschwindigkeit vsp als Komponente in Ablauf-
richtung des Spans ausdrücken. Durch vektorielle 4.5.4 Spanarten
Zusammensetzung der in der Spanentstehungszone
auftretenden Geschwindigkeiten gemäß Bild 4-30 Nach ihrer Entstehung unterscheidet man im Wesent-
erhält man nach Kronenberg lichen gemäß Bild 4-31 vier Spanarten:
– Reiß- oder Bröckelspäne,
vc cos(F g ) – Scherspäne,
lh . [4-18]
vsp sin F – Lamellenspäne,
– Fließspäne.
4.5.3 Scherwinkelgleichungen F F
H
Beim Drehen mit einer Schnittgeschwindigkeit vc <
10 m/min und negativen Spanwinkeln können Reiß-
späne z. B. auch bei Baustählen entstehen.
500 1,0
mm durch
400 0,8
– den Werkstückstoff,
Länge L
300 0,6 – die kinematische Spanbrechung,
– die Anwendung von Spanformstufen und durch
200 0,4
– das Ändern der Werkzeuggeometrie und der Ma-
100 0,2 schineneinstellbedingungen.
Höhe H
0 0
1 2 4 7 10 20 40 70 100 In der Praxis üblich ist die Verwendung von aufge-
Schnittgeschwindigkeit vc (m/min) setzten oder eingesinterten Spanformstufen und
Bild 4-34 Werkstückstoffen mit spanformbeeinflussenden
Einfluss von Schnittemperatur J und Schnittgeschwindigkeit Legierungselementen, z. B. Schwefel, Blei, Selen
vc auf die Abmessungen von Aufbauschneiden (nach Opitz). oder Tellur bei Automatenstählen.
Bei höheren Schnittgeschwindigkeiten gelangt man Die Geometrie von Spanformstufen wird weitge-
an der Wirkstelle in den Bereich der Rekristallisa- hend durch den zu zerspanenden Werkstückstoff
tionstemperatur, so dass sich die aufgeschweißten und die Eingriffs- bzw. Spanungsgrößen bestimmt.
Werkstoffpartikel wieder entfestigen und von der Zur Beurteilung der Spanformung mittels Span-
Schneide lösen. Das Diagramm Bild 4-34 lässt die formstufen werden in der Praxis Spanformdia-
Zusammenhänge erkennen. gramme, etwa gemäß Bild 4-36, herangezogen, die
in Abhängigkeit von den jeweiligen Eingriffs- bzw.
Spanungsgrößen die Bereiche mit guter Spanfor-
4.5.5 Spanformen
mung kennzeichnen.
Außer den verschiedenen Spanarten lässt sich die
Spanraum-
Gestalt des Spans durch unterschiedliche Spanfor- Spanform
zahl R
Beurteilung
men beschreiben. Die Beherrschung der Spanform-
bildung gewinnt mit zunehmender Automatisierung
der Fertigung und mit gesteigerten Schnittgeschwin- Bandspäne
digkeiten immer mehr an Bedeutung.
³ 90 ungünstig
Für das Drehen lassen sich verschiedene Spanfor-
men entsprechend Bild 4-35 klassifizieren. Eine un- Wirrspäne
vorteilhafte Spanbildung ist für den Bedienenden
eine Gefahrenquelle. Ungünstige Spanformen beein-
flussen die Werkstückqualität und können durch Be-
schädigungen an dem Werkzeug, der Werkzeug- ³ 50 brauchbar
lang
maschine und an den Späneentsorgungsanlagen er- Wendelspäne
hebliche Störungen im Arbeitsablauf verursachen. ³ 25
kurz
Unerwünscht sind besonders Band-, Wirr- und Flach-
wendelspäne, die im Verhältnis zu ihrem eigentlichen gut
Spanvolumen einen großen Spanraumbedarf bean- Spiralspäne ³ 8
spruchen. Der Raumbedarf der Späne kann durch
die Spanraumzahl R ausgedrückt werden, die sich
aus dem Verhältnis nach Gl. [4-20] ergibt:
Spanbruch-
Raumbedarf der Spanmenge ³ 3 brauchbar
stücke
R .
Werkstoffvolumen der gleichen Spanmenge
Band- und Wirrspäne bilden unerwünschte Formen Bild 4-35
mit Spanraumzahlen R > 90. Spanformen bei der Drehbearbeitung und deren Beurteilung.
264 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Die beim Spanen zugeführte mechanische Energie Als Schneidstoffe bezeichnet man Werkstoffe, die
wird durch Verformungs- und Reibungsvorgänge für den Schneidteil von spanenden Werkzeugen
in den an der Spanentstehung beteiligten Zonen na- verwendet werden. Die Art der Beanspruchungen
hezu vollständig in Wärme umgewandelt. Wärme der Schneidstoffe ist außerordentlich vielfältig und
entsteht in der Scherzone, im Trenngebiet und in den führt zu einer Reihe von zu fordernden Eigenschaf-
Reibungszonen zwischen Freifläche und gefertigter ten, wie z. B.
Werkstückfläche bzw. Spanfläche und Spanuntersei- – Härte und Druckfestigkeit,
te, wie aus Bild 4-37 hervorgeht. 40 % bis 75 % der – Biegefestigkeit und Zähigkeit,
zugeführten Energie wird in der Scherzone in Wär- – Kantenfestigkeit,
me umgesetzt. Aufgrund der komplexen Verfor- – innere Bindefestigkeit,
mungs- und Reibungsmechanismen in den Spanent- – Warmfestigkeit,
stehungszonen ist es bisher nicht möglich, die auf – geringe Oxidations-, Diffusions-, Korrosions-
Werkstück, Werkzeug, Span und Umwelt entfallen- und Klebneigung,
den Wärmemengen rechnerisch zu erfassen. – Abriebfestigkeit.
Messungen ergaben, dass der weitaus größte Teil der Diese Forderungen sind teilweise gegensätzlicher
in den einzelnen Umwandlungsstellen entstehenden Art; sie lassen sich darum bei der Schneidstoffher-
Wärme mit dem Span abgeführt wird. Die Wärme- stellung nicht gleichzeitig verwirklichen. Tabelle
aufteilung ist von den jeweiligen Schnittbedingun- 4-1 gibt einen Überblick über Schneidstoffe für das
gen abhängig. Bei hohen Schnittgeschwindigkeiten Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden und
können bis zu 95 % der umgesetzten Wärmeenergie einige wichtige Eigenschaften.
vom Span aufgenommen werden.
Werkstück F
Bild 4-37 zeigt die Temperaturverteilung im Werk-
stück, im Span und im Werkzeug beim Zerspanen
von Stahl mit einem Hartmetallwerkzeug bei einer QUmwelt
Schnittgeschwindigkeit vc = 60 m/min.
Span
Spanformstufen: 1 2 200°
a
QSp 400°
8 QWst 450°
500°
mm 500°
d 600°
b
Spanungsbreite b
6 720°
c
600° QWz 700°
200°
4
10° 650°
50° 600°
Bild 4-37
Energieumwandlungsstellen und Temperaturverteilung in
Werkstück, Span und Werkzeug beim Zerspanen von Stahl
0 0,2 0,4 0,6 0,8 mm 1,0
(Schneidstoff: Hartmetall P 20, Werkstückstoff: Stahl mit kf =
Spanungsdicke h
850 N/mm2, Schnittgeschwindigkeit vc = 60 m/min, Spa-
Bild 4-36 nungsdicke h = 0,32 mm, Spanwinkel g = 10 ∞).
Spanformdiagramm für verschiedene Geometrien von Span- a Scherebene
formstufen (Werkstückstoff: C60, Schneidstoff: mehrlagen- b Trenngebiet
beschichtetes Hartmetall Widalon TK 15, Schnittdaten: vc= c Reibungszone Werkzeugfreifläche
200 m/min, k = 95 ∞). d Reibungszone Werkzeugspanfläche
4.5 Grundlagen zum Spanen 265
Schneidstoffe Eigenschaften
Schneidkeramik 14000 bis 24000 1300 bis 1800 2500 bis 4500 300 bis 700 3,8 bis 7,0 300 bis 400
Bornitrid 45000 1500 4000 600 3,45 680
Diamant bis 70000 700 3000 300 3,5 900 bis 1000
polykristalliner
4.5.7.1 Werkzeugstähle 500
Diamant
Man unterscheidet je nach ihrer Zusammensetzung beschich-
unlegierte und legierte Werkzeugstähle. Unlegier- m/min gesintertes tetes
Hartmetall Hartmetall
te Werkzeugstähle haben einen C-Gehalt von 0,6 % 100 gegossenes
bis 1,3 %. Legierte Werkzeugstähle enthalten zusätz- Hartmetall (Stellite)
lich bis zu 5 % Cr, W, Mo und V. Durch den Zusatz 50
bearbeitung auf modernen Werkzeugmaschinen 1900 Jahr 1930 1950 1970 1990 2010
haben Werkzeugstähle wegen ihrer vergleichswei- Hochgeschwindigkeitsdrehen
se geringen Warmhärte von etwa 200 °C bis 300 °C Normaldrehen
kaum noch Bedeutung. In der spanenden Fertigung
Bild 4-38
werden Werkzeugstähle heute hauptsächlich noch Entwicklung der anwendbaren Schnittgeschwindigkeiten beim
für im niedrigen Schnittgeschwindigkeitsbereich Drehen mit verschiedenen Schneidstoffen im Lauf der Jahr-
arbeitende Handwerkzeuge verwendet. zehnte.
266 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Tabelle 4-2 zeigt die Zusammensetzung und Ver- (Physical Vapor Deposition, physikalische Abschei-
wendung gebräuchlicher Schnellarbeitsstähle. Diese dung in der Dampfphase) konnten beispielsweise
werden mit den Kennbuchstaben HS und der Anga- beim Bohren mit TiN-beschichteten Wendelbohrern
be der prozentualen Anteile der wichtigsten Legie- beträchtliche Standzeiterhöhungen erzielt werden.
rungselemente in der Reihenfolge W-Mo-V-Co be- Unterdessen wird diese Beschichtungstechnik auch
zeichnet. Die Legierungselemente beeinflussen be- bei anderen Werkzeugen, wie z. B. Fräsern, Gewin-
stimmte Eigenschaften der Schnellarbeitsstähle: de- und Verzahnwerkzeugen, weitgehend angewen-
Kohlenstoff ist der Träger der Härte in der det.
Grundmasse und erhöht als Carbidbildner zu-
sätzlich die Verschleißfestigkeit. 4.5.7.3 Hartmetalle
Chrom beeinflusst die Durchhärtbarkeit und ist Hartmetalle sind gesinterte Stoffsysteme mit Metall-
an der Carbidbildung maßgeblich beteiligt. carbiden als Härteträger und einem die Zähigkeit
Molybdän und Wolfram steigern die Warmhär- bestimmenden Bindemetall. Als Härteträger haben
te und Anlassbeständigkeit und erhöhen durch Wolframcarbid (WC), Titancarbid (TiC) und Tan-
Bildung von Sondercarbiden den Verschleißwi- talcarbid (TaC) sowie Niobcarbid (NbC), die im
derstand. Molybdän kann Wolfram ersetzen und Hartmetall als Mischkristall Ta-(Nb)-C auftreten,
ist bei gleichem Massengehalt aufgrund der halb die größte Bedeutung erlangt. Als Bindemetall wird
so großen Dichte wirksamer. Molybdänhaltige neben Kobalt (Co) auch Nickel (Ni) und (oder)
Stähle verfügen über eine besonders große Zä- Molybdän (Mo) verwendet. Hartmetalle lassen sich
higkeit. einteilen in
Vanadium verbessert die Verschleißeigenschaf- – WC-Co-Legierungen,
ten. – WC-TiC-Ta-(Nb)-Co-Legierungen, beschich-
Kobalt erhöht die Warmhärte und die Anlassbe- tete Hartmetalle,
ständigkeit. – Sonderhartmetalle.
Die Eigenschaften von Schnellarbeitsstählen wer- Nach DIN ISO 513 teilt man Hartmetalllegierungen
den im Wesentlichen von den Legierungselementen in die Zerspanungsanwendungsgruppen P, M und K
Wolfram und Molybdän bestimmt, so dass sich die gemäß Tabelle 4-3 ein. Die WC-TiC-Ta-(Nb)-Co-
einzelnen Schnellarbeitsstahlqualitäten nach Legie- Legierungen der P-Gruppe haben einen relativ ho-
rungsgruppen W-Mo einteilen lassen. hen Anteil an TiC und TaC. Anwendungsschwer-
punkt ist die Bearbeitung langspanender Stähle.
Eine verhältnismäßig neue Entwicklung ist das Be- Die weitgehend TiC-TaC-freien Legierungen aus
schichten des Werkzeugs mit Hartstoffen auf der WC-Co gehören zur Zerspanungsanwendungsgrup-
Basis von Titancarbid (TiC) und Titannitrid (TiN), pe K und werden vorwiegend für die Zerspanung
um den Verschleißwiderstand von Schnellarbeits- von Eisen-Gusswerkstoffen, Nichteisenmetallen
stählen zu erhöhen. Durch Beschichten von Schnell- und Kunststoffen verwendet. Hartmetalle der M-
arbeitsstahlwerkzeugen nach dem PVD-Verfahren Gruppe bilden anwendungstechnisch – bei mittle-
legierter GJL,
M15 81 12 7 15500 1550 5500 570000
GJS, GJMW,
M20 82 10 8 15500 1650 5000 560000 austenitische Stähle,
M40 79 6 15 13500 2100 4400 540000 Automatenstähle
ren Gehalten an TiC und TaC – den Übergang zwi- Für das Fertigbearbeiten von Stahlwerkstoffen mit
schen den Gruppen P und K. kleinsten Aufmaßen (Near-Net-Shape Technolo-
gie) gewinnen wolframcarbidarme Hartmetalle
Innerhalb jeder Zerspanungshauptgruppe ist durch (Cermets) auf der Basis von Titancarbonitrid mit
die Beifügung von Kennziffern eine Aussage über Anteilen zwischen 40 % bis 60 % zunehmend an
Zähigkeit und Verschleißwiderstand möglich. Mit Bedeutung. Sie besitzen eine verhältnismäßig ho-
ansteigender Kennziffer nimmt die Zähigkeit des he Kantenfestigkeit und sind gegenüber mecha-
Hartmetalls zu, während der Verschleißwiderstand nischem Abrieb, Oxidations- und Diffusionsver-
abnimmt. Die genormten Zerspanungsanwendungs- schleiß sehr viel beständiger als Hartmetalle auf
gruppen haben durch das zunehmende Angebot von Wolframcarbid-Basis.
Hartmetall-Mehrbereichssorten in letzter Zeit etwas
an Bedeutung verloren. Beschichtetes Hartmetall besteht aus einem ver-
gleichsweise zähen Hartmetallgrundkörper mit einer
Die verschiedenen Hartmetallkomponenten beein- verschleißfesten Hartstoffschicht oder mehreren
flussen wichtige Schneidstoffeigenschaften: Schichten. Eine solche Kombination bietet die Mög-
– Wolframcarbid erhöht die Abrieb- und Kanten- lichkeit, gegensätzliche Schneidstoffeigenschaften,
festigkeit: jedoch besteht bei höheren Tempera- wie Verschleißwiderstand und Zähigkeit besser auf-
turen eine zunehmende Neigung zu Diffusions- einander abzustimmen.
vorgängen.
– Titancarbid weist eine geringe Diffusionsnei- Zum Beschichten von Hartmetallen wird großtech-
gung auf und verleiht dem Hartmetall dadurch nisch hauptsächlich das CVD-Verfahren (Chemical
eine hohe Warmverschleißfestigkeit. Die Ab- Vapor Deposition) angewendet. Dabei werden re-
rieb-, Binde- und Kantenfestigkeit sowie die aktionsfähige Gase über die heiße Hartmetallober-
Zähigkeit werden mit zunehmendem TiC-Gehalt fläche geleitet; hierbei entstehen aus der Gasphase
verringert. Hartstoffschichten von 3 μm bis 15 μm Dicke. Bei-
– Tantalcarbid wirkt kornverfeinernd und verbes- spielsweise erfolgt das Abscheiden von Titancarbid
sert die Kantenfestigkeit und Zähigkeit. Kobalt nach der chemischen Reaktion
bestimmt im Wesentlichen die Zähigkeitseigen-
1000 C
schaften. TiCl 4 CH 4 n H 2 TiC 4 HCl n H 2 .
268 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
KT
Hartstoffschichten wird beim Spanen von Werk-
VB
stoffen auf Eisenbasis eine deutlich höhere chemi-
sche Beständigkeit erreicht, der Widerstand gegen-
über Abrasion erhöht und durch die wärmeisolieren-
de Wirkung der Hartstoffschichten die Schneiden-
temperatur gesenkt. Bild 4-40
Widerstand gegen Verschleiß bei beschichteten Hartmetallen
Die verschleißmindernde Wirkung der Hartstoff- durch abstützende Wirkung (nach Reiter).
schichten bleibt nach Reiter auch bestehen, wenn
diese durchbrochen sind, wie Bild 4-40 zeigt. Die- ten außer einem Aluminiumoxidanteil von weniger
ser Effekt soll auf der abstützenden Wirkung der als 90 % einen großen Anteil an Metallcarbiden und
Oberflächenschicht gegenüber dem abfließenden sind schwarzgrau bis schwarz gefärbt.
Span und der gefertigten Werkstückfläche beruhen.
Gleichzeitig könnten durch Abrasion Hartstoffparti- Gegenüber Hartmetallen, deren Härteträger in ei-
kel in die Verschleißzonen gelangen, um damit Dif- ner metallischen Bindemittelphase eingelagert sind,
fusionsreaktionen zwischen Span und Kolkmulde werden oxidkeramische Schneidstoffe ohne Verwen-
zu vermindern. dung eines die Warmhärte begrenzenden Bindemit-
tels gesintert. Die anwendbaren Schnittgeschwin-
4.5.7.4 Schneidkeramik digkeiten und die geschwindigkeitsabhängigen Stand-
Als Schneidkeramik bezeichnet man Schneidstof- zeiten liegen deshalb im Vergleich zu anderen Schneid-
fe aus Aluminiumoxid (Al2O3) oder Siliciumnitrid stoffen deutlich höher. Bild 4-41 erläutert dies im
(Si3N4) als Basis. Die oxidkeramischen Schneidstof- Einzelnen.
fe werden in der Praxis entsprechend ihrer Zusam-
mensetzung in Reinkeramik- und Mischkeramik- Die verschiedenen Bestandteile von keramischen
sorten unterteilt. Reinkeramiksorten haben meist Schneidstoffen beeinflussen folgende Eigenschaften:
Aluminiumoxidanteile größer als 90 % mit geringen – Aluminiumoxid als Härteträger verleiht dem
Zusätzen von Zirconiumoxid, Magnesiumoxid u. a. Schneidstoff eine hohe Warmhärte und in Verbin-
Sie zeigen eine weiße, manchmal auch gelbliche dung mit der geringen Diffusionsneigung und
oder rosa Färbung. Die Mischkeramiksorten enthal- seiner Oxidationsbeständigkeit gute Verschleiß-
eigenschaften.
Hartstoff- – Titancarbid-/nitridanteile erhöhen die Härte und
schicht(en) die Verschleißfestigkeit und ermöglichen das
Zerspanen von Stahlwerkstoffen mit Härten bis
zu 64 HRC.
TiC TiN TiC Al2O3 TiC TiC HfN Al-O-N – Zirconiumoxidanteile verbessern die Festigkeits-
Hartmetall- Ti(C,N) Al2O3 Ti(C,N)
grundkörper -TiN -TiN- eigenschaften.
nach ISO 513 Al2O3
P25
P2 Hartm
lichst große Schnittwege zu verwirklichen sind, z. B.
5C
40
HS10-4-3-10 (Sc
Ke
beim Drehen von Werkstücken mit günstigem Län-
(ha
ra
rtm
m
ge/Durchmesserverhältnis l/d.
etal
ik
eta
l)
llb
20
es
ch
Nachteilig bei keramischen Schneidstoffen auf Al2O3-
hnellarbeitsstah
ich
tet
Basis sind die verhältnismäßig geringe Bruchfestig-
)
10
8 keit und die hohe Schlag- und Thermoschockemp-
6
findlichkeit, so dass die Anwendbarkeit bei unter-
brochenem Schnitt begrenzt und der Einsatz von
l)
Schneidstoffzusammensetzung
Werkstückstoffe
feinschlichten N6 schlichten N8 schruppen N10
Eisen-Gusswerkstoffe:
GJL-150, GJL-200, GJL-250, GJL-300
Al2O3 > 90 % GJS-500-7, GJS-600-3, GJS-700-2
GJMB-450-4
ZrO2 < 10 %
Einsatzstähle:
16MnCr5, 20MnCr5, 21CrMoV5
Schnellarbeitsstähle:
HS18-1-2-5, HS18-1-2-10, HS10-4-3-10
sonstige Stähle:
X12CrMoS17
X2NiCoMoTi18-24
X210CrW12, 90MnV8
X32CrMoCoV12-28
Reinkeramiksorten Mischkeramiksorten
Bild 4-42
Anwendungsfälle für verschiedene Schneidkeramiksorten.
270 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Siliciumnitrid (Si3N4) ist ab etwa 1984 als neuer weitgehend isotrope Eigenschaften und ist somit
Schneidstoff bekannt geworden. Diese nichtoxidi- gegenüber den anisotropen Diamanten monokristal-
sche Schneidkeramik zeigt insbesondere bei der linen Aufbaus weniger stoßempfindlich.
spanenden Bearbeitung von Grauguss und hoch-
warmfesten Werkstoffen Vorteile gegenüber den bis- Anwendung finden Diamantwerkzeuge bei der Be-
her verwendeten Schneidstoffen. Nachteilig ist je- arbeitung von
doch die chemische Affinität der Siliciumnitride ge- – Leichtmetallen (Aluminium, Aluminiumlegie-
genüber Eisen. So eignen sie sich wegen der Bil- rungen, Titan),
dung von Eisensilicium bei ca. 1200 °C nicht zum – Schwermetallen (Kupfer- und Kupferlegierun-
Zerspanen von Stahlwerkstoffen. Mit Zusätzen von gen, Zinklegierungen),
ZrO2 oder TiN bzw. dem Einlegen von Whiskern, – Edelmetallen (Platin, Gold, Silber),
dem Aufbringen von Al2O3-Schichten lassen sich – Kunststoffen (faserverstärkte Kunststoffe, Poly-
Verschleißfestigkeit bzw. Bruchzähigkeit dieses Ke- tetrafluorethylen),
ramikschneidstoffs verbessern. – anderen nichtmetallischen Werkstoffen (z. B.
Hartgummi, Grafit, Keramik, Glas, Gestein, As-
Ein Kennwert für die Empfindlichkeit eines Schneid- best).
stoffs gegenüber den beispielsweise bei unterbro-
chenen Schnitten auftretenden thermischen Wech- Polykristalline Diamantwerkzeuge haben im Bereich
selbelastungen ist die Thermoschockzahl R der Automobilindustrie bei der Zerspanung von Alu-
minium-Silicium-Legierungen besondere Bedeutung
sB l
R [4-21] erlangt. Eisen-Gusswerkstoffe und Stähle dagegen
Ea können mit Diamant wegen der Affinität des Dia-
mit der Biegebruchspannung sB, der Wärmeleit- mantkohlenstoffs zum Eisen nicht zerspant werden.
fähigkeit l, dem Elastizitätsmodul E und dem Wär-
meausdehnungskoeffizienten a. Als Schneidstoff für die Mikrozerspanung erschlie-
ßen sich dem monokristallinen Diamanten neue
Nitridkeramiken besitzen mit R O 25 im Vergleich Anwendungen. Sowohl für die Fertigungsverfah-
zu Oxidkeramiken eine um den Faktor 5 höhere ren Drehen, Fräsen und Hobeln als auch neue Fer-
Thermoschockbeständigkeit, so dass die Anwendung tigungstechnologien wie das Fast-Tool-Drehen. Bei
im unterbrochenen Schnitt und die Verwendung von diesem Verfahren nutzen hoch beschleunigte Fast-
Kühlschmierflüssigkeiten problemlos möglich ist. Tool-Servo-Systeme als Antrieb einen Piezokristall,
der durch Anlegen einer Spannung eine ultrapräzise
4.5.7.5 Diamant und Bornitrid Bewegung der Diamantschneide gestattet.
Schneidstoffe auf der Basis von Diamant und Bor-
nitrid werden zunehmend zum Spanen mit geome- Kubisch kristallines Bornitrid (CBN) gehört nach
trisch bestimmten Schneiden benutzt. Diamant ist dem Diamanten zu den härtesten Schneidstoffen.
der härteste Schneidstoff und kann in mono- oder Wegen der chemischen Beständigkeit gegenüber
polykristalliner Form für die Zerspanung verwendet dem Eisen in Verbindung mit einer verhältnismä-
werden. Während monokristalliner Diamant (MKD) ßig hohen Druck- und Biegefestigkeit sowie Thermo-
aufgrund seiner begrenzten mechanischen Belast- stabilität ist CBN anderen Schneidstoffen besonders
barkeit nur für die Feinbearbeitung mit einer Schnitt- bei der Bearbeitung von Stählen mit Härten von 54
tiefe bis etwa ap = 1,5 mm eingesetzt werden kann, HRC bis 68 HRC, hochwarmfesten Legierungen auf
sind bei polykristallinem Diamant (PKD) Schnitttiefen Kobalt- und Nickelbasis, Schnellarbeitsstählen und
bis zu 12 mm und größere Vorschübe anwendbar. Hartmetallen überlegen.
Ausgangsstoffe für die Herstellung der polykristal- Die ebenfalls nach dem Verfahren der Hochdruck-
linen Diamantschicht sind synthetische Diamanten und Hochtemperatursynthese hergestellten CBN-
bestimmter Korngröße, die in einer Hochdruck- Werkzeuge können als massive Wendeschneidplat-
Hochtemperatursynthese auf einen Hartmetallgrund- ten oder in Form von mit polykristallinem kubischen
körper meist über eine dünne Zwischenschicht nie- Bornitrid (PKB) beschichteten Hartmetallgrund-
drigen Elastizitätsmoduls aufgesintert werden. Die körpern vorliegen. Die PKB-beschichteten Schneid-
etwa 0,5 mm bis 1 mm dicke Diamantschicht hat platten haben im Vergleich zur massiven Schneid-
4.5 Grundlagen zum Spanen 271
platte etwa eine 4,5fache Widerstandsfähigkeit ge- standenen oxidfreien Oberflächen an der Spanun-
genüber Stoßbelastungen. CBN-Werkzeuge ermög- terseite und dem gefertigten Werkstück an den
lichen beim Spanen mit geometrisch bestimmten Werkzeugflächen festkleben und Verschweißungen
Schneiden bereits Oberflächengüten, die in einigen bilden. Diese Pressschweißungen werden anschlie-
Fällen die Anwendung von Feinbearbeitungsverfah- ßend wieder abgetrennt. Sie können teilweise eine
ren entbehrlich machen könnten. höhere Festigkeit haben als die eigentlichen stoff-
lichen Partner; hierdurch kommt es zu Mikroaus-
bröckelungen im Werkstück und vor allem im Werk-
4.5.8 Werkzeugverschleiß zeug. Mikroausbröckelungen durch Aufbauschnei-
denbildung sind ebenfalls diesem Verschleißmecha-
Der Werkzeugverschleiß wird hervorgerufen durch nismus zuzurechnen.
mechanische und thermische Beanspruchungen des
Werkzeugs, die abhängig von dem Werkstückstoff, Diffusionsverschleiß äußert sich als Auskolkung
dem Schneidstoff und den jeweiligen Schnittbedin- auf der Werkzeugspanfläche und tritt besonders bei
gungen sind, Bild 4-43. Hartmetallwerkzeugen in Erscheinung. Dabei lau-
fen bei Temperaturen oberhalb 800 °C aufgrund der
Die beim Verschleißvorgang ablaufenden physika- gegenseitigen Löslichkeit der Wirkpartner folgende
lischen und chemischen Prozesse bezeichnet man Diffusionsvorgänge ab:
als Verschleißmechanismen. Beim Spanen sind es
hauptsächlich fünf Prozesse, auf die die verschiede- Eisen diffundiert in die Kobaltphase (Bindemittel),
nen Verschleißerscheinungen am Schneidteil eines – Kobalt diffundiert in den Werkstückstoff unter
Werkzeugs zurückzuführen sind. Auflösung des Bindemetallgefüges,
– Auflösung von Wolframcarbiden unter Bildung
Der Mechanismus des Adhäsionsverschleißes be- von Misch- und Doppelcarbiden in Form von
steht darin, dass Werkstoffpartikel von frisch ent- Fe3W3C, (FeW)6C und (FeW)23C6.
Einflussgrößen:
Verschleiß- Werkzeugbeanspruchungen Werkstückstoff
ursachen (mechanisch, thermisch) Schneidstoff
Schnittbedingungen
plastische
Verschleiß- mechanischer
Adhäsion Diffusion Oxidation Verformung,
mechanismen Abrieb
Rissbildung
5 7
1 Zunderung 7 Ausbruch durch Pressschweißung
2 Spitzenausbruch 8 Ausbröckelung durch Aufbau-
3 3 Ausbrüche der Schneidkante schneide
Verschleiß-
4 Spitzenverschleiß 9 Schneidkantenversatz
erscheinungen 1
5 Kolkverschleiß 10 Kammrisse
6 Freiflächenverschleiß 11 Querrisse
2 4 6 11 10 8 9
Verschleiß-
wirkungen
Fp
Bild 4-43
Ursachen, Mechanismen und Auswirkungen des Werkzeugverschleißes.
272 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Die verschiedenen Verschleißmechanismen treten Neben dem technologischen Nutzen können Kühl-
nicht einzeln auf, sondern überdecken sich. Aus- schmierstoffe eine Gefährdung für Mensch und Um-
wirkungen des Verschleißes sind welt sein. So ist der Ersatz von mineralölbasischen
– Anstieg der Zerspankräfte; besonders Ff und Fp Kühlschmierstoffen durch physiologisch unbedenk-
steigen mit zunehmendem Verschleiß an (sog. lichere und umweltverträglichere Kühlschmierstof-
Schlesinger-Kriterium); fe ebenso anzustreben wie eine möglichst weitge-
4.5 Grundlagen zum Spanen 273
hende Substitution kühlschmierstoffintensiver Pro- Heute ist die Bearbeitung mit hohen Schnittge-
zesse bis hin zur Trockenbearbeitung. schwindigkeiten für das Drehen und Fräsen von
Gusseisenwerkstoffen bereits als Stand der Technik
anzusehen. Die anwendbaren Schnittgeschwindig-
4.5.10 Hart-, Hochgeschwindigkeits- keiten für GJL (GG) liegen im Bereich von vc = 600
und Trockenbearbeitung bis 1200 m/min beim Drehen und von vc = 500 bis
1000 m/min beim Fräsen.
4.5.10.1 Hartbearbeitung
Die spanende Bearbeitung von harten Werkstück- Zu den neueren Entwicklungen auf dem Gebiet
stoffen durch Drehen oder Fräsen bietet gegenüber der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung gehört das
der konventionellen Hartbearbeitung durch Schlei- Bohren mit Siliciumnitrid-Keramikbohrern. Um
fen oder Honen heute in zahlreichen Anwendungs- die Leistungsfähigkeit dieser Werkzeuge nutzen zu
fällen Vorteile hinsichtlich Verfahrensflexibilität, können, sind maschinenseitig Drehzahlen von mehr
Energiebedarf und Umweltverträglichkeit. Durch als 10 000 min − 1 und Antriebsleistungen von mehr
das Einsparen von Bearbeitungsschritten verkürzt als 10 kW erforderlich, verbunden mit einer hohen
sich die Prozesskette vom Roh- zum Fertigteil er- Maschinensteifigkeit, hoher Dynamik der Antriebe
heblich. Die Hartbearbeitung mit geometrisch be- und hohen Verfahrgeschwindigkeiten.
stimmter Schneide stellt jedoch besondere Anforde-
rungen an Maschine, Spannsystem und Werkzeug. 4.5.10.3 Trockenbearbeitung
Es treten hohe spezifische Schnittkräfte bei sehr ho- Trotz aller technologischen Vorteile ist die Anwen-
hen Zerspantemperaturen auf. So entscheiden die dung von Kühlschmierstoffen in mehrfacher Hin-
Verschleißfestigkeit und die Kantenstabilität der sicht problematisch. Für die Umwelt und den damit
Werkzeuge und die Gesamtsteifigkeit des Bearbei- in Berührung kommenden Menschen stellen Kühl-
tungssystems Maschine-Werkzeug-Werkstück dar- schmierstoffe sowohl ein erhebliches Gefährdungs-
über, ob die höheren Genauigkeitsanforderungen potenzial als auch einen beträchtlichen Kostenfak-
bei der Hartbearbeitung eingehalten werden kön- tor dar. Die Trockenbearbeitung vermeidet die mit
nen. Schneidkeramiken und polykristalline Bornitri- der Anwendung von Kühlschmierstoffen verbunde-
de (PCBN) bieten als Hochleistungsschneidstoffe nen vielfältigen Probleme. Für die Fertigungsver-
werkzeugseitig in hohem Maße die Voraussetzungen fahren mit geometrisch bestimmten Schneiden ist
für die Hart-, Hochgeschwindigkeits- und Tro- dieses teilweise bereits in die Praxis umgesetzt wor-
ckenbearbeitung. den. Langfristig kann damit gerechnet werden, dass
bei diesen Verfahren die Bearbeitung trocken erfol-
Beim Hartdrehen mit PCBN-Schneidstoffen werden gen kann. Die höhere thermische Beanspruchung
Schnittgeschwindigkeiten zwischen vc =100 bis des Wirkpaares Werkzeug-Werkstück kann heute
160 m/min und Vorschübe f von 0,05 bis 0,1 mm durch geeignete Hartstoffbeschichtungen der Werk-
angewandt. Die erreichbaren gemittelten Rautiefen zeuge (z. B. TiN, TiAlN), die Schneidstoffzusam-
Rz liegen bei Rz ≤ 2 μm. mensetzung und die Werkzeuggeometrie kompen-
siert werden.
4.5.10.2 Hochgeschwindigkeitsbearbeitung
(HSC) Günstige Voraussetzungen für die Trockenbearbei-
Hohe Schnittgeschwindigkeiten führen zu kurzen tung bietet das Fräsen. Bei Wegfall der Kühlschmie-
Schnittzeiten, höheren Werkstückqualitäten und nie- rung in unterbrochenem Schnitt besteht nicht mehr
drigen Schnittkräften. Der Begriff »Hochgeschwin- die Gefahr der Kammrissbildung (Thermoschock)
digkeitsbearbeitung« lässt sich nur unter Bezug auf und die Eingriffzeiten der Schneiden sind relativ
das jeweilige Fertigungsverfahren definieren. So um- kurz. Kühlung und Spanabfuhr lassen sich beispiels-
fasst nach Icks z. B. der Bereich des Hochgeschwin- weise durch eine Minimalmengenkühlschmierung
digkeitsdrehens industriell angewandte Schnittge- ( V < 50 ml/h) beherrschen. Technologische Gren-
schwindigkeiten vc = 500 bis 1500 m/min während zen der Trockenbearbeitung lassen sich ebenso durch
Schnittgeschwindigkeiten von vc < 500 m/min beim Verfahrenssubstitution (z. B. Gewindefräsen statt
Drehen je nach Werkstück/Werkzeug-Kombination Gewindebohren) überwinden. Im Hinblick auf ei-
zu den industriell üblichen Schnittgeschwindigkei- ne Trockenbearbeitung kritisch gelten Aluminium-
ten gehören. legierungen.
274 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
des gekrümmten Verlaufs der Standzeitkurve nur in zeitgleichung die nach Witthoff geltenden jeweiligen
einem verhältnismäßig engen Gültigkeitsbereich ei- Optimalfunktionen für die Standzeit ableiten.
ne hinreichende Übereinstimmung zwischen dem
tatsächlichen Verlauf der Standzeitkurve und dem Bild 4-46 zeigt Fertigungskosten und Anteile der
näherungsweisen Ansatz nach Gl. (4-22). werkzeug- und maschinengebundenen Fertigungs-
einzelkosten in Abhängigkeit von der Schnittge-
Aus dem Schrifttum sind weitere Standzeitgleichun- schwindigkeit. Mit zunehmender Schnittgeschwin-
gen bekannt: Man hat versucht, weitere Einflussgrö- digkeit steigen die werkzeuggebundenen Kosten Kw
ßen auf den Verschleißvorgang zu berücksichtigen wegen des Absinkens der Standzeit T progressiv an,
und damit eine bessere Annäherung an den tatsäch- während sich die maschinengebundenen Kosten KML
lichen Standzeitkurvenverlauf zu erreichen. Der (multipliziert mit der Fertigungszeit te) bei erhöhter
Vorteil der Taylor-Gleichung ist zweifellos darin Ausbringung degressiv vermindern. Durch Summie-
begründet, dass eine rechnerisch einfach zu hand- ren beider Kostenanteile erhält man eine sog. Be-
habende Verschleißgleichung vorliegt, bei der der cherkurve. Sie zeigt, dass die Fertigungskosten KF
Aufwand zur Ermittlung der Kenngrößen für be- für die kostenoptimale Schnittgeschwindigkeit vcok
stimmte Schneidstoff-Werkstückstoff-Kombinatio- ein Minimum ergeben.
nen vergleichsweise gering ist.
Für die Fertigungskosten je Werkstück gilt unter Ver-
Die Optimierungsstrategie in der Fertigung orientiert nachlässigung von Rüst- und Nebenzeitanteilen
sich in der Regel an folgenden Zielsetzungen: t
K F = K ML ◊ t h + h ◊ (K ML ◊ t W + K WT) [4-27]
– Minimieren der Fertigungskosten (kostenopti- T
male Fertigung) und mit
– Minimieren der Fertigungszeit (zeitoptimale KML Maschinen- und Lohnkostensatz,
Fertigung). KWT Werkzeugkosten je Standzeit,
T Standzeit,
Unter Zuhilfenahme der Taylor-Gleichung lassen tW Werkzeugwechselzeit,
sich aus der Fertigungskosten- und der Fertigungs- th Hauptzeit.
Bild 4-44
Werkzeuge und Beispiele von Strukturformen bei der Mikrozerspanung nach Hlavac.
276 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
0,3 200
vc3 = 300 m/min
min
mm
Verschleißmarkenbreite VB
150
Standzeit T
vc3 = 200 m/min
0,2
T1
vc3 = 100 m/min 100
VBzul = 0,1 mm
0,1
VBzul = 0,1 mm 50 T2
T3
T3 T2 T1
0 vc1 vc2 vc3
0 50 100 150 min 200 0 100 200 300 m/min 400
Schnittzeit tc Schnittgeschwindigkeit vc
a) b)
300
Taylor gerade
200
min Standzeitkurve
Taylor gleichung:
Standzeit T (log. Skale)
T1
100
- 1
vc × T k
= cT
a
50 a k = tan a = - tan a’ = - a1
a1
T2 2
cT = Konstante
a’
30 T3 (Schnittgeschwindigkeit
für Standzeit T = 1 min)
20
a2
10
Gültigkeitsbereich
Bild 4-45
Ermittlung der Standzeit in Abhängigkeit von der Schnittgeschwindigkeit:
a) Verschleißkurven
b) Standzeit-Schnittgeschwindigkeit-Diagramm
c) Standzeitkurve im doppelt-logarithmischen Maßstab
te
Fertigungskosten KF
Fertigungskosten KF
Fertigungszeit te
KF
KW
KML × te KF
KML × te KW
Analog erhält man durch Differentiation der Ferti- te (Abschn. 4.4.5) verschiedene Ansätze, um diese
gungszeitgleichung die zeitoptimale Standzeit zu ermitteln oder vorherzusagen. Im Wesentlichen
wird die Größe der Schnittkraft von folgenden Ein-
Tot (k 1) ¹ t w . [4-30]
flussgrößen bestimmt:
Die Gleichungen zur Standzeitberechnung gelten – Werkstückstoff,
jeweils nur für ein Werkzeug. Schneiden mehrere – Vorschub bzw. Spanungsdicke,
Werkzeuge gleichzeitig, nacheinander oder überla- – Schnitttiefe bzw. Spanungsbreite,
gern sie sich in ihrem Eingriff, so müssen die Glei- – Spanungsverhältnis ap /f,
chungen entsprechend erweitert werden. Bei der An- – Spanwinkel,
wendung der Standzeitgleichungen ist es wichtig, – Einstellwinkel,
den Gültigkeitsbereich der Taylor-Geraden (vc min, – Schnittgeschwindigkeit,
vc max) zu kennen. Es besteht sonst die Gefahr, unrea- – Schneidstoff,
listische Optimalwerte Tok bzw. Tot zu ermitteln. – Kühlung und Schmierung sowie
– Werkzeugverschleiß.
Bild 4-47 zeigt, wie die Fertigungskosten und die
Fertigungszeit je Werkstück durch den Standzeit- Haupteinflussgrößen sind der Werkstückstoff und
vorgabewert beeinflusst werden können. Es wird die Eingriffsgrößen Schnitttiefe ap und Vorschub f
deutlich, dass das Erreichen eines Fertigungszeitmi- bzw. die Spanungsgrößen Spanungsbreite b und Spa-
nimums mit einer Erhöhung der Fertigungskosten nungsdicke h, die über den Einstellwinkel k mit-
verbunden ist. Beide Optimierungsziele sind gegen- einander verknüpft sind.
sätzlich und lassen sich nicht gleichzeitig verwirk-
lichen. Als Berechnungsverfahren für die leistungsführende
Schnittkraft Fc hat sich das Schnittkraftgesetz von
Die beschriebenen Zusammenhänge bestimmen je- Kienzle weitgehend durchgesetzt. Untersuchungen
doch nicht allein die anzuwendenden Zerspanwer- zeigten, dass dieses Berechnungsverfahren außer
te. Vielmehr müssen zur Optimierung des Spanens für den Modellfall Drehen ebenso für alle anderen
weitere werkstück-, werkzeug- und maschinensei- spanenden Fertigungsverfahren mit geometrisch be-
tige Randbedingungen berücksichtigt werden. stimmten Schneiden Gültigkeit hat.
Fc
kc in N/mm 2 , [4-31] Diese Abhängigkeit wird im Allgemeinen im dop-
A peltlogarithmischen Maßstab als Gerade gemäß
Fc ap f k c b h kc in N. [4-32] Bild 4-48b) dargestellt. Der Exponent m = tan a
bezeichnet in diesem Koordinatensystem die Stei-
Wegen der Abhängigkeit der Form des Spanungs- gung der Geraden kc = f (h).
querschnittes A vom Einstellwinkel k ist es zweck-
mäßig, mit den aus den Eingriffsgrößen ap und f ab- Setzt man Gl. [4-33] in Gl. [4-32] ein, erhält man
geleiteten Spanungsgrößen b und h zu rechnen. die zuerst von Kienzle angegebene Schnittkraftfor-
mel zum Ermitteln von Fc
Die spezifische Schnittkraft ist ein werkstoffabhän-
Fc = b h1 − m kc 1.1 in N. [4-34]
giger Zerspanungswert, der kaum von der Spanungs-
breite b, sondern ausschließlich von der Spanungs- Hierin bezeichnet der Exponent (1 − m) den An-
dicke h bzw. dem Vorschub f abhängt, wie Bild 4- stiegswert der spezifischen Schnittkraft.
48a) zeigt.
N
mm2 fahren mit geometrisch unbestimmten Schneiden
für die Endbearbeitung in vielen Fällen entbehr-
3000
lich machen könnte.
2000
Umgekehrt ist es durch die Fortschritte auf dem Ge-
biet der Schleiftechnologie gelungen, die Zeit-
1000
spanungsvolumina in erheblichem Maße zu steigern,
so dass Schleifverfahren in bestimmten Anwen-
0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 mm 1,2
dungsfällen eine wirtschaftliche Alternative zu spa-
Spanungsdicke h nenden Fertigungsverfahren mit geometrisch be-
a)
stimmten Schneiden bieten.
6000
5000
kC = kC1.1 × h - m Bild 4-49 zeigt die heute unter Großserienbedin-
spezifische Schnittkraft kC
vfa
Qw mittleres Zeitspanungsvolumen
Vw Spanungsvolumen
tc Schnittzeit
01 2 4 6 8 10 12 14
Werkstückqualität IT
Drehen
Schleifen
Bild 4-49
Anwendungsbereiche und Tendenzen beim Drehen und Schleifen.
4.6.1 Drehen und beim Formdrehen nach der Art der Steuerung
unterteilt.
Das Drehen ist ein spanendes Fertigungsverfahren
mit geschlossener, meist kreisförmiger Schnittbewe- Mit Plandrehen bezeichnet man Drehverfahren zur
gung und beliebiger, quer zur Schnittrichtung lie- Erzeugung einer senkrecht zur Drehachse liegen-
280 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
3 2 1
Drehen
DIN 8589 - 1
3 2 1 1 3 2 1 2 3 2 1 3 3 2 1 4 3 2 1 5 3 2 1 6
Plandrehen Runddrehen Schraubdrehen Wälzdrehen Profildrehen Formdrehen
Bild 4-50.
Einteilung der Drehverfahren nach DIN 8589, Teil 1.
3 2 1 1 Plandrehen
vfr vfr
vfa
vc vc vc
Bild 4-51.
3.2.1.1.1 Quer- 3.2.1.1.2 Quer-Abstich- 3.2.1.1.3 Längs-
Plandrehverfahren.
3 2 1 2 Runddrehen
vfa vfr
vfr
vfr vc
vfa
vfa vc
vc
vfa
vfr
vc vc
Bild 4-52.
3.2.1.2.4 Längs-Abstech- 3.2.1.2.5 Quer-
Runddrehverfahren.
den ebenen Fläche. Bild 4-51 verdeutlicht die drei Werkstückteilen angewendet. Bei allen Plandreh-
Verfahrensvarianten: Quer-Plandrehen, Längs-Plan- verfahren mit senkrecht zur Drehachse des Werk-
drehen und Quer-Abstech-Plandrehen. Beim Quer- stücks gerichteter Vorschubbewegung ist zu beach-
Plandrehen erfolgt der Vorschub senkrecht zur Dreh- ten, dass sich die Schnittgeschwindigkeit mit zuneh-
achse des Werkstücks, während beim Längs-Plan- mendem Vorschubweg (abnehmendem Drehdurch-
drehen der Vorschub parallel zur Drehachse des messer) ändert, wenn nicht ein Anpassen der Werk-
Werkstücks gerichtet ist. Das Quer-Abstechdrehen stückdrehzahl an den jeweiligen Drehdurchmesser
wird zum Abtrennen eines Werkstücks oder von erfolgt.
4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 281
Runddrehen ist Drehen zum Erzeugen von zur schubgeschwindigkeit und damit auch eine erhöhte
Drehachse des Werkstücks koaxial liegenden kreis- Flächenleistung PA. Diese ist definiert als die auf
zylindrischen Flächen. Einige wichtige Runddreh- die Schnittzeit bezogene gefertigte Werkstückober-
verfahren zeigt Bild 4-52. fläche. Für das Längs-Runddrehen gilt
PA = f vc. [4-35]
Gegenüber dem herkömmlichen Längs-Runddrehen
mit parallel zur Drehachse gerichteter (axialer) Vor- Durch Erhöhen des Vorschubs nimmt beim Längs-
schubbewegung haben besonders die Runddrehver- Runddrehen die theoretische Rautiefe Rt.th der ge-
fahren Breitschlichtdrehen und Schäldrehen in be- fertigten Werkstückoberfläche mit dem Quadrat des
stimmten Anwendungsfällen zu wichtigen Verfah- Vorschubs zu. In Abhängigkeit vom Vorschub f und
rensalternativen geführt. der Eckenrundung r errechnet sich die theoretische
Rautiefe in erster Näherung nach
Breitschlichtdrehen ist ein Längs-Runddrehen mit
f2
großem Vorschub unter Verwendung eines Werk- Rt.th O . [4-36]
zeugs mit sehr großem Eckenradius und sehr klei- 8r
nem Einstellwinkel der Nebenschneide. Die mit größerem Vorschub zu erwartende erhöhte
Werkstückrautiefe kann beim Breitschlichtdre-
Der Betrag des Vorschubs ist bei diesem Verfahren stets hen durch die Verwendung eines Werkzeugs mit
kleiner als die Länge der Nebenschneide zu wählen. verhältnismäßig großer Nebenschneide und einem
Einstellwinkel kn im Bereich von 0 ° bis l ° umgan-
Beim Schäldrehen verwendet man meist umlau- gen werden. Bild 4-53 zeigt einen Vergleich der
fende Werkzeuge mit mehreren im Eingriff befind- Eingriffsverhältnisse beim Längs-Runddrehen und
lichen Schneiden bei kleinem Einstellwinkel der Breitschlichtdrehen.
Hauptschneide und großem Vorschub.
Das Längs-Abstechdrehen dient zum Abstechen
Beide Verfahren ermöglichen im Vergleich zum runder Scheiben aus plattenförmigen Rohteilen.
Längs-Runddrehen jeweils eine erhöhte axiale Vor-
Quer-Runddrehen erfolgt mit senkrecht zur Dreh-
achse gerichteter Vorschubbewegung; hierbei muss
Rt.th
f f
die Werkzeugschneide mindestens so breit wie die
r
3 2 1 3 Schraubdrehen
vc
vfr vfr
vfa vfa
vfa
vc vc
Bild 4-54.
3.2.1.3.1 Gewindedrehen 3.2.1.3.2 Gewindestrehlen 3.2.1.3.3 Gewindeschneiden
Schraubdrehverfahren.
282 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
3 2 1 5 Profildrehen
bw
vfr
vfa vc vfa vc vc
vfr
vfr
vc
vc
Das Gewindedrehen ist ein Schraubdrehen mit ei- Beim Quer-Profileinstechdrehen wird mit einem
nem einprofiligen Gewinde-Drehmeißel, während Profildrehmeißel ein ringförmiger Einstich an der
beim Gewindestrehlen das Gewinde mit einem Werk- Umfangsfläche des Werkstücks erzeugt. Als Quer-
zeug erzeugt wird, das in Vorschubrichtung mehre- Profilabstechdrehen bezeichnet man einen Dreh-
re mit zunehmender Schnitttiefe gestaffelte Schnei- vorgang, bei dem ein Profildrehmeißel gleichzeitig
denprofile aufweist (Gewindestrehler) und das Ge- das Werkstück oder Werkstückteile absticht.
winde in einem Überlauf zu erzeugen vermag.
Formdrehen ist Drehen, bei dem durch die Steu-
Das Gewindeschneiden ist dagegen ein Schraub- erung der Vorschub- bzw. Schnittbewegung (z. B.
drehen zum Erzeugen eines Gewindes mit einem Unrunddrehen) die Form des Werkstücks erzeugt
mehrschneidigen Gewindeschneideisen oder Ge- wird. Nach der Art der Steuerung von Bewegungen
windeschneidkopf. kann zwischen
Längs-Profildrehen ist Profildrehen mit Vorschub unterschieden werden, wie aus Bild 4-56 hervor-
parallel zur Drehachse des Werkstücks; hierbei ist geht. Beim Freiformdrehen wird die Vorschubbewe-
die Schneide des Profildrehmeißels mindestens so gung von Hand gesteuert (z. B. beim Drechseln).
breit wie das zu erzeugende Profil. Beim Längs- Nachformdrehen (Kopierdrehen) ist Formdrehen,
Profileinstechdrehen wird mit einem Profildrehmei- bei dem die Vorschubbewegung über ein zweidi-
ßel ein ringförmiges Profil (Einstich), z. B. eine Nut, mensionales Bezugsformstück gesteuert wird. Beim
an der Stirnfläche eines Werkstückes eingestochen. Kinematisch-Formdrehen erfolgt die Steuerung der
Mit Hilfe des Quer-Profildrehens mit Vorschub senk- Vorschubbewegung kinematisch mit Hilfe eines me-
recht zur Drehachse des Werkstücks können rota- chanischen Getriebes.
tionssymmetrische Profile auf der ganzen Breite
erzeugt werden. Um jedoch bei Quer-Profildrehope- Eine weitere Alternative ist das NC-Formdrehen,
rationen ein Rattern aufgrund von Instabilitäten der bei dem die Werkstückform durch Steuerung der
Werkzeugeinspannung zu vermeiden, sind Profile Vorschubbewegung mittels eingegebener Daten
auf eine Breite von bw = 15 mm (in Sonderfällen bis und Verwenden einer nummerischen Steuerung er-
zu 30 mm) zu begrenzen. zeugt wird.
4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 283
3 2 1 6 Formdrehen
Z
vc
X vf
vfZ v fX
Bild 4-56
Formdrehverfahren.
4.6.1.3 Zeitberechnung
Ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Aus-
wahl von spanenden Fertigungsverfahren ist das e) f)
Zeitspanungsvolumen Qw. Es berechnet sich aus
dem Spanungsvolumen Vw und der Schnittzeit tc Bild 4-58
(Abschn. 4.4.3): Klemmsysteme für Wendeschneidplatten (nach Krupp-Widia):
a) mit Klemmfinger
Vw mm 3 b) mit Klemmfinger und Spanformplatte
Qw in . [4-37]
tc s c) mit Klemmpratze und über Exzenter verstellbarer Span-
formstufe
Die Schnittzeit tc ist der wesentliche Anteil an der d) mit Winkelhebel
Hauptnutzungszeit th. Nach Verband für Arbeitsstu- e) mit Schraubenbefestigung ohne Spanformstufe
dien – REFA e.V. – ist die Hauptnutzungszeit de- f) mit Schraubenbefestigung und Spanformstufe
finiert als die Zeit, in der das Werkzeug am Werk-
stück die beabsichtigte Änderung der Werkstück- und die Zeitspanungsvolumina sind für das Längs-
form und (oder) Werkstückoberfläche vollzieht, al- Runddrehen in Bild 4-59 angegeben.
so seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt
wird. Es gilt Zur Berechnung der Schnittzeit beim Quer-Plan-
th = tc + ta + tü. [4-38] drehen muss zwischen dem Drehen mit konstan-
ter Drehzahl und konstanter Schnittgeschwindig-
Die Schnittzeit tc ist der Quotient aus dem Vorschub- keit unterschieden werden. Die Beziehungen sind
weg lf und der Vorschubgeschwindigkeit vf. Für die in Bild 4-60 wiedergegeben.
Vorschubgeschwindigkeit vf = konst. gilt
lf
tc in s. [4-39] 4.6.2 Bohren, Senken, Reiben
vf
Zusätzlich zur Werkstücklänge lw ist gegebenenfalls Bohren ist Spanen mit kreisförmiger Schnittbewe-
der Anschnittweg laκ in Abhängigkeit vom Einstell- gung, bei dem die Drehachse des Werkzeugs und
winkel k zu berücksichtigen. die Achse der zu erzeugenden Innenfläche iden-
tisch sind und die Vorschubbewegung im Vergleich
Zur Berechnung der Hauptnutzungszeit sind außer zum Innendrehen nur in Richtung dieser Drehach-
der Schnittzeit auch die Anlaufzeit ta und die Über- se verlaufen darf.
laufzeit tü zu berücksichtigen.
Senken ist Bohren zum Erzeugen von senkrecht
Die Berechnungsgleichungen für die Schnittzeiten zur Drehachse liegenden Planflächen oder sym-
vfr
vfa
vfr Längs-Runddrehen 3.2.1.2.1 Quer-Plandrehen 3.2.1.1.1
vc vc
lf
lw ap = Z
dw
Dw
nc dwi
dwa
k nc
lak
z = ap
lf
vfr
k
vf
lak
3 2 2 3 2 2 2 Rundbohren
Bohren nc nc
Senken
Reiben
DIN 8589 - 2
vfa
vfa
3 2 2 1 3 2 2 2 3 2 2 3 3 2 2 5 3 2 2 6
Plan- Rund- Schraub- Profil- Form- 3.2.2.2.1.1 Bohren ins Volle 3.2.2.2.2.1 Kernbohren
senken bohren bohren bohren bohren nc nc
vfa
Bild 4-61
vfa
Einteilung der Bohrverfahren (nach DIN 8589-2).
3 2 2 1 Plansenken
nc nc nc
Reiben ist als weitere Untergruppe des Rundboh- 3.2.2.5.1 Profilbohren i. Volle 3.2.2.5.2 Profilaufbohren
rens definiert. Beim Rundreiben werden maß- und
nc nc
formgenaue, kreiszylindrische Innenflächen mit ho-
her Oberflächengüte durch Aufbohren mit geringer vfa
vfa
Spanungsdicke erzielt. Es kann dabei je nach Art
des verwendeten Reibwerkzeugs zwischen mehr-
schneidigem Reiben (Bild 4-63) und einschnei-
digem Reiben unterschieden werden.
3 2 2 3 Schraubbohren 3 2 2 6 Formbohren
nc vfa
vfa
nc
Fertigungsstufen Beispielwerkzeuge
3.2.2.2.1
Aufbohren, Profilsenken,
Profilaufbohren
Planansenken
Planeinsenken
3.2.2.2.4
Reiben
erzeugtes Formelement
Bild 4-66
Werkzeuge für verschiedene Fertigungsstufen beim Bohren (nach Meyer).
Seitenspan- Spitzen-
Wendelbohrertyp Anwendung
winkel .x winkel >
Mg-Legierungen
H
s
Cu
gx
weiche Kunststoffe
Bild 4-67
Wendelbohrertypen nach DIN 1414-1/2 und ihre Anwendung.
4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 289
Bild 4-68
Anwendung von Tiefbohrwerkzeugen beim Rundbohren ins Volle.
deten Bohrwerkzeugen. Je nach der Größe des Sei- Beim Rundbohren mit einem Bohrkopf nach dem
tenspanwinkels g x (Drallwinkel) und des Spitzen- Einrohrsystem (BTA-Verfahren) 1) wird die Kühl-
winkels s können verschiedene Wendelbohrertypen schmierflüssigkeit von außen zwischen Werkzeug-
unterschieden werden, wie Bild 4-67 verdeutlicht. schaft und Bohrungswand zugeführt. Die anfallen-
den Späne werden dann von der Kühlschmierflüs-
Mit Wendelbohrern lassen sich üblicherweise Boh- sigkeit in das Innere des Bohrkopfes gespült und
rungen mit einem Verhältnis Bohrtiefe/Bohrungs- durch das Bohrrohr abgeführt. Das Einbringen der
durchmesser lw/dw < 5 ohne Schwierigkeiten erzeugen. Kühlschmierflüssigkeit erfolgt dabei über ein beson-
Mit speziellen Tiefbohrwerkzeugen können heute deres Zuführsystem, das den zwischen Werkstück
lw/dw-Verhältnisse im Bereich von 150 bis 200 erreicht und Werkzeug gebildeten Ringraum abdichtet und
werden. Tiefbohrwerkzeuge finden heute aber auch mit Hilfe der eingesetzten Bohrbuchse den Werk-
zur Fertigung von Bohrungen mit höheren Anfor- zeugschaft führt.
derungen an die Maßgenauigkeit (IT 7 bis IT 10) und
an die Form- und Lagegenauigkeit Anwendung. Das Bohren mit einem Bohrkopf nach dem Doppel-
rohrsystem (Ejektorbohrverfahren) ist dadurch ge-
Werkzeuge zum Tiefbohren sind kennzeichnet, dass die Kühlschmierflüssigkeit zwi-
– Einlippenbohrwerkzeuge, schen zwei konzentrisch angeordneten Rohren zu-
– Bohrköpfe nach dem Einrohrsystem (BTA-Bohr- geführt und mit den Spänen durch das Innere des
werkzeuge), Späneabflussrohres wieder abgeführt wird. Der Spä-
– Bohrköpfe nach dem Doppelrohrsystem (Ejek- netransport wird von dem mit Düsen versehenen
tor-Bohrwerkzeuge). Innenrohr begünstigt. Nach dem Ejektor-Prinzip
entsteht ein Unterdruck, so dass man bei diesem
Bild 4-68 zeigt Rundbohrverfahren mit Tiefbohr- Verfahren mit wesentlich geringeren Kühlschmier-
werkzeugen. Beim Rundbohren ins Volle mit Ein- flüssigkeitsdrücken auskommt.
lippenbohrer wird ein Bohrwerkzeug mit unsymme-
trisch angeordneten Schneiden benutzt. Die Kühl- 4.6.2.3 Zeitberechnung
schmierflüssigkeit wird dabei durch das Innere des Die Schnittzeit beim Bohren lässt sich wie beim
meist rohrförmigen Werkzeugschafts zugeführt. Drehen aus Vorschubweg, Vorschub und Drehzahl
Span- und Kühlschmierflüssigkeitsabfluss erfolgen berechnen. Beim Bohren wird im Allgemeinen ein
durch eine äußere Spannut im Werkzeugschaft. Ein- Sicherheitsabstand von 1 mm zwischen Werkzeug
lippen-Tiefbohrwerkzeuge benötigen zum Anboh- und Werkstück vorgesehen. Die Überlaufwege sind
ren stets eine besondere Führungseinrichtung. bei den einzelnen Bohrverfahren unterschiedlich.
Beim Rundbohren ins Volle mit einem Wendelboh-
rer beträgt der Überlaufweg lü = 2 mm. Der die
1)
Verfahren entwickelt von der Boring und Trepanning Hauptnutzungszeit bestimmende Weg des Bohr-
Association. werkzeugs L in mm beträgt somit
290 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
nc
nc
dw
ap
lak
vfa
fz = 2f
A lw
h
dw Bohrdurchmesser ap dw
lak =
lw Bohrtiefe nach dem Durchbohren tan k = s
2 × tan
A Spanungsquerschnitt 2
ap Schnittbreite A = b × h = ap × fz
b Spanungsbreite
h Spanungsdicke vc = dw × p × nc
vc Schnittgeschwindigkeit
vfa = z × fz × nc
vfa Vorschubgeschwindigkeit (axial)
tc Schnittzeit
Q Zeitspanungsvolumen lw + lak
tc =
z Anzahl der Schneiden f × nc
k Einstellwinkel
s dw2 × p
Spitzenwinkel Q= × f × nc
4
lak Anschnittweg
nc Drehzahl f = z × fz
f (fz) Vorschub (Vorschub je Schneide)
Bild 4-69
Zeitberechnung beim Rundbohren ins Volle mit einem Wendelbohrer.
3 2 3
Fräsen
DIN 8589 - 3
3 2 3 1 3 2 3 2 3 2 3 3 3 2 3 4 3 2 3 5 3 2 3 6
Bild 4-70
Einteilung der Fräsverfahren (nach DIN 8589-3).
3 2 3 1 Planfräsen 3 2 3 2 Rundfräsen
vft
vft
vc
vc vfr
vft vft
vfr vfa vc
vc vfr
vc vc
vfr vfa
vft vft
vc
vc vfr
vfa
nw nw vfr nc
vfr vf
vc
vc nw
Bild 4-73
3.2.3.3.1 Langgewinde- 3.2.3.3.2 Kurzgewinde- 3.2.3.4 Wälzfräsen
Schraub- und Wälzfräsverfahren.
profiligen Gewindefräser, dessen Achse zur Werk- ähnlich wie eine Schnecke in einem Schnecken-
stückachse parallel liegt und dessen Vorschub der radgetriebe während des Zerspanvorgangs gegen-
Gewindesteigung entspricht. Zur Herstellung des einander ab (Bild 4-73).
Gewindes ist dabei lediglich etwas mehr als eine
Werkstückumdrehung erforderlich. Profilfräsen ist Fräsen unter Verwendung eines
Werkzeugs mit werkstückgebundener Form. Es
3 2 3 5 Profilfräsen dient zur Erzeugung gerader (geradlinige Vorschub-
bewegung), rotationssymmetrischer (kreisförmige
Vorschubbewegung) und beliebig in einer Ebene
gekrümmte Profilflächen (gesteuerte Vorschubbewe-
vc gung). Beispiele für Profilfräsen zeigt Bild 4-74.
vfr
Formfräsen ist Fräsen, bei dem die Vorschubbe-
wegung in einer Ebene oder räumlich gesteuert ist
vft vc
vfa und dadurch die gewünschte Form des Werkstücks
3.2.3.5.1 Längs- 3.2.3.5.2 Rund-
erzeugt wird. Zu dieser Verfahrensgruppe gehören
das in Bild 4-75 dargestellte
Bild 4-74
Profilfräsverfahren. – Freiformfräsen,
– Nachformfräsen,
Wälzfräsen ist eines der wichtigsten Fertigungsver- – Kinematisch-Formfräsen und
fahren zur Herstellung von Verzahnungen. Beim – NC-Formfräsen.
Wälzfräsen führt ein Fräser mit Bezugsprofil eine
mit der Vorschubbewegung simultane Wälzbewe- Ein weiterer Gesichtspunkt für die Unterscheidung
gung aus. Dabei wälzen Werkzeug und Werkstück von Fräsverfahren ist die Richtung der Vorschubbe-
3 2 3 6 Formfräsen
nc
nc nc
nc
vf
vf vf
vf
Bild 4-75
3.2.3.6.1 Frei- 3.2.3.6.2 Nach- 3.2.3.6.3 Kinematisch- 3.2.3.6.4 NC-
Formfräsverfahren.
4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 293
4.6.3.2 Fräswerkzeuge
vc nc
nc ve Pfe Fräswerkzeuge sind nicht nach einheitlichen Ge-
j
nc sichtspunkten unterteilt. Je nach konstruktions- und
vf
vf
anwendungsbezogenen Merkmalen unterscheidet
Pfe
man u. a.
ve vc – Walzenfräser,
j – Walzenstirnfräser,
Werkstückbewegung – Scheibenfräser,
a) b)
– Prismenfräser,
– Winkelstirnfräser,
– Halbkreisfräser,
Bild 4-76
– Messerköpfe,
Werkzeug- und Werkstückbewegungen beim Umfangfräsen
(nach DIN 6580): – Kreissägewerkzeuge,
a) Gleichlauffräsen (j > 90 ∞) – Schaftfräser,
b) Gegenlauffräsen (j < 90 ∞) – Langlochfräser,
– Schlitzfräser,
wegung gegenüber der Schnittbewegung. Man un- – T-Nutenfräser,
terscheidet zwischen Gleichlauf- und Gegenlauffrä- – Wälzfräser,
sen. Die beiden Fräsarten sind in Bild 4-76 schema- – Gewindefräser und
tisch dargestellt. – Satzfräser.
Beim Gleichlauffräsen sind die Drehrichtung des Bild 4-77 zeigt, dass grundsätzlich vier verschie-
Fräsers und die Werkstückbewegung im Bereich dene Fräswerkzeugtypen definiert werden können.
des Werkzeugeingriffs gleichgerichtet. Das Gleich- Demnach lassen sich die hauptsächlich angewen-
lauffräsen mit Walzenfräser ist dadurch gekenn- deten Fräswerkzeuge in Umfangs-, Stirn-, Profil-
zeichnet, dass mit Beginn des Schneideneingriffs und Formfräser unterteilen.
der Vorschubrichtungswinkel j größer oder gleich
90 ° ist und beim Austritt einen Maximalwert von Außer den Fräswerkzeugen aus Schnellarbeitsstahl
180 ° annimmt, Bild 4-76a). werden zunehmend Hartmetallwerkzeuge angewen-
det. Zum Fräsen von Gusswerkstoffen werden inzwi-
Das Gegenlauffräsen ist ein Fräsen, bei dem im Be- schen auch Wendeschneidplatten aus weniger stoß-
reich des Werkzeugeingriffs die Drehrichtung des empfindlichen Mischkeramiksorten häufiger einge-
Fräsers und die Werkstückbewegung einander ent- setzt. Bei der Bearbeitung von Nichteisenmetallen
gegengerichtet sind. Beim Gegenlauffräsen mit Wal- können Schneidplatten aus polykristallinem Dia-
zenfräser kann der Vorschubrichtungswinkel im mant erfolgreich verwendet werden. Schneidplatten
Eingriffsbereich Werte im Bereich 0 ° ≤ j ≤ 90 ° an- aus polykristallinem Bornitrid bieten beim Fräsen
nehmen, Bild 4-76b). von schwer zerspanbaren Eisenwerkstoffen aber ei-
ne wirtschaftliche Fertigungsalternative.
Beim Gleichlauffräsen ist die Schnittkraft gegen
den Maschinentisch gerichtet. Der Vorschubantrieb 4.6.3.3 Zeitberechnung
muss daher spielfrei sein, weil der Fräser sonst den Wichtige Berechnungsgleichungen sind in Bild 4-
Maschinentisch ruckartig in Vorschubrichtung zie- 78 und 4-79 am Beispiel des Umfangs-Planfräsens
hen und das Werkstück aus der Aufspannung rei- und Stirn-Planfräsens zusammengestellt.
ßen könnte. Es empfiehlt sich, das Werkstück stets
gegen einen festen Anschlag zu spannen. Gegen- Die Schnittzeit und das Zeitspanungsvolumen beim
über dem Gegenlauffräsen nimmt die Spanungsdi- Fräsen werden im Wesentlichen durch die Größe
cke beim Gleichlauffräsen zwischen Schneidenein- der Vorschubgeschwindigkeit bestimmt. Die Vor-
und -austritt zunehmend ab, so dass sich die Schnitt- schubgeschwindigkeit vft ist wiederum vom Vor-
kraft ebenfalls verringert und Auffederungseffekte schub je Zahn fz (Zahnvorschub) abhängig, der mit-
vermieden werden können. Beim Gleichlauffräsen telbar über die Drehzahl des Fräswerkzeugs nc aber
lassen sich dadurch in der Regel bessere Oberflä- auch von der Größe der Schnittgeschwindigkeit be-
chengüten erzielen. einflusst wird. Als Vorschub je Zahn oder je Schnei-
294 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
werkstück- Umfangsfläche
Umfangs-(walzen-)fräser
ungebunden (kreiszylindrisch)
Walzenfräser
2
werkstück- Seiten(-Stirn)- u.
Stirnfräser
ungebunden Umfangsflächen
Profilfräser werkstück-
Profilfläche
gebunden
werkstück- Formfläche
Formfräser beliebig
ungebunden
Gesenkfräser
Bild 4-77
Fräswerkzeuge und einige typische Anwendungen.
de bezeichnet man den Abstand zweier hinterein- 4.6.4 Hobeln und Stoßen
ander entstehender Schnittflächen, gemessen in der
Vorschubrichtung und in der Arbeitsebene. Es ist Hobeln und Stoßen ist Spanen mit wiederholter
demnach meist geradliniger Schnittbewegung und schrittwei-
ser, senkrecht zur Schnittrichtung liegender Vor-
fz = f / z. [4-41]
schubbewegung. Hobel- und Stoßverfahren unter-
Hierbei ist z gleich der Anzahl der Zähne oder scheiden sich lediglich in der Aufteilung von Schnitt-
Schneiden. Ist z = 1, wie z. B. beim Drehen oder und Vorschubbewegung auf Werkstück und Werk-
beim Fräsen mit Einzahnfräser, so wird zeug. Beim Hobeln wird die Schnittbewegung vom
Werkstück, beim Stoßen durch das Werkzeug aus-
fz = f. [4-42]
geführt. Große Fortschritte beim Fräsen bewirkten,
Vom Zahnvorschub abgeleitet ist der Schnittvor- dass das Hobeln auf vielen Gebieten durch das Frä-
schub fc. Als Abstand zweier unmittelbar hinterein- sen ersetzt wurde. Die Anwendungsgebiete des Ho-
ander entstehender Schnittflächen wird er ebenfalls beln und Stoßens beschränken sich heute auf das
in der Arbeitsebene, jedoch senkrecht zur Schnitt- Herstellen von Werkstückflächen, die durch ande-
richtung gemessen (vgl. Verfahrensschema Bild 4- re spanende Fertigungsverfahren nur schwer oder
78 und 4-79). Es gilt nicht wirtschaftlich zu fertigen sind.
fc O fz sin j. [4-43]
4.6.4.1 Hobel- und Stoßverfahren
Bei Zerspanvorgängen mit j = 90 ° und einschnei- Hobel- und Stoßverfahren sind wegen der gleichen
digen Werkzeugen, wie z. B. beim Drehen und Ho- Kinematik beim Zerspanvorgang in DIN 8589-4 zusam-
beln, ist mengefasst worden, wie dies Bild 4-80 zeigt. Nach
der Art der zu erzeugenden Flächen, kinematischen und
fc = fz = f. [4-44] werkzeugbezogenen Gesichtspunkten ergeben sich
vc
vc
Umfangs-Planfräsen 3.2.3.1.1 Stirn-Planfräsen 3.2.3.1.2
vft
vft vfa
vfr
lH
fc fz
D/ 2-ae
fz
vft
2 j ae
D/ j fz
nc nc
vft lü fc lw la
ae
ap
lü lw la ap
lH D
3 2 4
Hobeln
und
Stoßen
DIN 8589 - 4
3 2 4 1 3 2 4 2 3 2 4 3 3 2 4 4 3 2 4 5 3 2 4 6
für das Hobeln und Stoßen Plan-, Rund-, Schraub-, 4.6.4.3 Zeitberechnung
Wälz-, Profil- und Formverfahren. Bild 4-81 zeigt die Die Schnitt- und die Rückhubgeschwindigkeit sind
Kinematik einiger wichtiger Hobel- bzw. Stoßver- beim Hobeln und Stoßen nicht konstant, da das Werk-
fahren. stück bzw. das Werkzeug bei jedem Hub beschleu-
nigt und wieder abgebremst werden muss. Bei der
4.6.4.2 Hobelwerkzeuge Berechnung der Zeit beim Hobeln ist daher von
Die Werkzeuge entsprechen in ihrem Aufbau den einer mittleren Schnitt- bzw. Rückhubgeschwin-
Werkzeugen zum Drehen. Als Schneidstoffe werden digkeit auszugehen. Bild 4-83 gibt die wichtigs-
vorwiegend Schnellarbeitsstähle verwendet. Infolge ten Berechnungsgleichungen auf der Grundlage
des unterbrochenen Schnittes bleibt die Anwendung der jeweiligen Werkzeugwege für das Planhobeln
von Hartmetallwerkzeugen beim Hobeln und Stoßen und -stoßen an.
auf die zähen Anwendungsgruppen beschränkt.
vf
vf
vf
vc
vc
vc vr vf vc
ap
k
lü l w = lc la
bü bw lk
lH lf
bH
lw Werkstücklänge ap
bw lk =
Werkstückbreite tan k
lc Schnittweg
lf Vorschubweg 2 vc × vr
lk Anschnittweg vm =
vc + vr
la Anlaufweg
lü Überlaufweg vm
bü Überlaufbreite nhd =
2 × lH
lH Hublänge
bH Hubbreite lf
ap Schnitttiefe tc =
f × nhd
f Vorschub
vc Schnittgeschwindigkeit bH
th =
vr Rückhubgeschwindigkeit f × nhd
vf Vorschubgeschwindigkeit
vm mittlere Arbeitsgeschwindigkeit
nhd Anzahl der Doppelhübe/min
th Hauptnutzungszeit
tc Schnittzeit
Bild 4-83
Zeitberechnung beim Planhobeln und -stoßen.
Durchgang zu erzeugen. Die dadurch gegenüber an- Weiterhin kann je nach Lage der zu bearbeitenden
deren Fertigungsverfahren wesentlich kürzeren Schnitt- Werkstückflächen zwischen Außenräumen und In-
zeiten kennzeichnen das Räumen als typisches Fer- nenräumen unterschieden werden. Das Außenräu-
tigungsverfahren in der Massenfertigung. Die mit men ist vorwiegend beim Plan- und Profilräumen ge-
Räumverfahren erreichbaren Schnittgeschwindig- bräuchlich. Eine besondere Variante des Außenräu-
keiten liegen üblicherweise im Bereich von vc = 1 mens ist das Kettenräumen. Hierbei werden die
m/min bis vc = 15 m/min. Beim Hochgeschwindig- Werkstücke entweder auf einem Rundtisch oder
keitsräumen können heute bereits Schnittgeschwin- auf speziellen Schlitten, die mittels Ketten bewegt
digkeiten bis zu vc = 50 m/min verwirklicht werden. werden, am feststehenden Räumwerkzeug entlang-
geführt. Da bei diesem Verfahren keine Rückhub-
4.6.5.1 Räumverfahren bewegung erforderlich ist und gleichzeitig mehre-
Je nach Art der zu erzeugenden Werkstückfläche re Werkstücke mit dem Werkzeug im Eingriff sein
lässt sich das Räumen in Plan-, Rund-, Schraub-, können, ist die Ausbringung (Anzahl der gefertig-
Profil- und Formräumen unterteilen, wie aus Bild ten Werkstücke je Zeiteinheit) beim Kettenräumen
4-84 hervorgeht. sehr hoch.
298 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
3 2 5
Räumen
DIN 8589 - 5
3 2 5 1 3 2 5 2 3 2 5 3 3 2 5 4 3 2 5 5 3 2 5 6
Bild 4-84
Einteilung der Räumverfahren (nach
DIN 8589-5).
Das Profilräumen wird zum Herstellen von kompli- Beim Räumen von ebenen und kreiszylindrischen
zierten Innen- und Außenprofilen angewandt. Eini- Flächen oder Profilen entsprechend Bild 4-86 führt
ge typische Profile für das Außen- und Innenräu- das Werkzeug oder das Werkstück eine geradlinige
men zeigt Bild 4-85. Schnittbewegung aus. Wenn der geradlinigen Schnitt-
bewegung zusätzlich eine Drehbewegung des Werk-
stücks oder Werkzeugs überlagert wird, lassen sich
schraubenförmige Flächen fertigen. Das Erzeugen
einer Formfläche ist mit einer gesteuerten, kreisför-
migen Schnittbewegung möglich. Formräumverfah-
ren sind das Schwenkräumen (ohne Werkstückbe-
Profile für Innenräumen wegung) und das Drehräumen (mit rotierender Werk-
stückbewegung).
4.6.5.2 Räumwerkzeuge
Innenräumwerkzeuge sind meist einteilig ausge-
führt und werden bevorzugt aus Schnellarbeitsstahl
hergestellt. Bei der Bearbeitung von Grauguss wer-
Profile für Außenräumen den auch mit Hartmetallschneiden bestückte Räum-
Bild 4-85
werkzeuge eingesetzt. Bei größeren zu räumenden
Herstellbare Profile beim Außen- und Innenräumen (Bei- Volumen kann der Zahnungsteil auch aus mehreren
spiele). auswechselbaren Räumbuchsen bestehen.
3 2 5 Räumen
vc vc vc
Zugkraft
(Schnitt-
kraft)
Aufnahme Führungsstück
Auflage Werkstück
Gesamtlänge l
Bild 4-87
Aufbau eines Innenräumwerkzeugs.
g
Die Schneidengeometrie eines Räumwerkzeugs ist
nach DIN 1416 in Abhängigkeit von der Zahnteilung
t festgelegt. Bild 4-88 zeigt hierzu Einzelheiten. Schneide Schneidzahn
Innenrundräumen 3.2.5.2.2
vc
lw
Werkstück
dw
vc
lz lü la
lH
lw Werkstücklänge lH = lw + la + lü + lz
dw Werkstückdurchmesser
la Anlaufweg lw + lz
tc = v
lü Überlaufweg c
lz Zahnungslänge lH
lH Hublänge th = vc
vc Schnittgeschwindigkeit
lw
tc Schnittzeit ze =
t
th Hauptnutzungszeit
ze Eingriffszähnezahl A = ze × hz × b
t Zahnteilung
b = dw × p
A Spanungsquerschnitt
b Spanungsbreite Q = A × vc
hz Spanungsdicke je Zahn
Bild 4-90
Q Zeitspanungsvolumen
Zeitberechnung beim Innenrundräumen.
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 301
über der Tiefenstaffelung ergeben sich bei der Sei- m/s den Werkstückstoff ab. Die Schneiden sind beim
tenstaffelung jedoch längere Werkzeuge. Eine Son- Schleifen nicht ständig im Eingriff und dringen im
derform ist die so genannte Keilstaffelung. Verhältnis zur Größe eines mittleren Schneidkorns
nur geringfügig in die Werkstückoberfläche ein. Da-
4.6.5.3 Zeitberechnung bei werden die Oberfläche, die Form und die Maß-
Bei der Berechnung der Zeiten beim Räumen ist haltigkeit verändert und verbessert. Der Energie-
zwischen den Zeiten für den Arbeits- und Rückhub bedarf zur Zerspanung einer Werkstückstoff-Volu-
zu unterscheiden. Dabei bestimmt der eigentliche meneinheit ist groß im Vergleich zu Zerspanverfah-
Räum- bzw. Arbeitshub die Hauptzeit, während der ren mit geometrisch bestimmten Schneiden.
in der Regel mit einer höheren Geschwindigkeit er-
folgende Rückhub beim Räumen als Nebennutzung Bisher wurde Schleifen nur als Endbearbeitung zur
(mittelbare Nutzung) angesehen wird. Verbesserung der Werkstückqualität schon vorbe-
arbeiteter Werkstücke eingesetzt. Durch Weiterent-
Da das Räumen mit einem mehrschneidigen Werk- wicklung der Schleifverfahren und -maschinen kön-
zeug erfolgt, dessen Schneiden jeweils gestaffelt nen heute so große Werkstoffmengen kurzzeitig ab-
zum Eingriff kommen, ist bei der Berechnung des getragen werden, wie es sonst nur beim Hobeln, Frä-
Zeitspanungsvolumens von der Eingriffszähnezahl sen oder Drehen der Fall ist, so dass nach dem Ur- bzw.
ze auszugehen. Wenn für alle Schneiden die gleiche Umformen des Werkstücks geschliffen werden kann.
Spanungsdicke je Zahn hz angenommen wird, gilt Flexible Steuerungen und angepasste Schleifwerk-
Qw = ze hz b vc [4-46] zeuge lassen Vor- und Fertigbearbeitungen auf ei-
ner einzigen Maschine bei ein- und mehrstufigen
mit Abläufen des Schleifprozesses zu. Neue Abrichtver-
lw fahren, wie z. B. das kontinuierliche Abrichten zur Pro-
ze . [4-47] filierung von Schleifscheiben, ermöglichen die Bear-
t beitung von komplizierten Formteilen in einem Ar-
Die wichtigsten Gleichungen für die Zeitermittlung beitsgang. Schwer zerspanbare Werkstückstoffe sind
beim Innenrundräumen zeigt Bild 4-90. meistens nur noch durch Schleifen zu bearbeiten.
vc = vs = ds π ns in m/s [4-48]
mit
ds Schleifscheibendurchmesser in m,
ns Schleifscheibendrehzahl in 1/s.
d
deckungsgrad der einzelnen Schneide zu. Im glei-
d d
s
ns
s
ns
s
dw = - chen Verhältnis vermindert sich die Anzahl der in
ns Eingriff kommenden Schneiden. Einen Vorschlag
ae
lk lk
lk zur Berechnung der kinematischen Schneidenzahl
ae
nw
Nkin machten König und Werner.
dw = + nw dw = ¥ vw
4.7.1.1.2 Schneideneingriff und
a) b) c) Schneidenraum
Folgt man dem Weg einer Kornschneide beim Zer-
Bild 4-92
spanungsvorgang, so dringt sie auf einer sehr fla-
Kontaktlängen beim:
a) Rundschleifen chen Bahn in das Werkstück ein. Dies verdeutlicht Bild
b) Planschleifen 4-93. Werkstück und Schleifkorn verformen sich
c) Innenrundschleifen elastisch. Mit zunehmender Eindringtiefe geht die
elastische Verformung des Werkstückstoffs in ein pla-
vft ae stisches Fließen über. Der Werkstückstoff wird seit-
hch O 2 Le ¹ in mm. [4-54] wärts verdrängt und bildet Aufwürfe. Die Spanbil-
vs deq
dung tritt erst dann ein, wenn eine ausreichende Span-
Das Verhältnis ae / deq berücksichtigt die Kontakt- dicke hch erreicht ist. Diese muss nach König der
bedingungen zwischen Schleifscheibe und Werk- Schnitteinsatztiefe Tμ entsprechen. Die tatsächlich
stück bei den verschiedenen Schleifverfahren. Das abgetragene Spandicke hch eff ist infolge der elasti-
Außen- und Innenrundschleifen sowie das Plan- schen Rückfederung kleiner als die Spandicke hch
schleifen sind kinematisch sehr eng verwandt. Die bei der Auslösung des Schnittvorgangs.
Eingriffsbedingungen sind ähnlich. Der äquivalente
Schleifscheibendurchmesser deq berücksichtigt die Die Form der Schneiden kann sehr unterschiedlich
Krümmungen von Schleifscheibe und Werkstück. sein. Den Ausschnitt aus einer Schleifscheibenober-
Dadurch lassen sich diese Schleifverfahren mitein- fläche zeigt Bild 4-94. Bei jedem Schnitt des Schnei-
ander vergleichen. Er errechnet sich aus denraums in der x-z-Ebene ergeben sich unterschied-
ds dw liche Profile. Durch die Bewegung von Werkzeug
deq in mm. [4-55] und Werkstück sind unendlich viele Schneidenraum-
dw ds profile je nach Zerspanungsbedingung bis zu einer
Hierin bedeuten Tiefe von 30 μm am Zerspanungsvorgang beteiligt.
+ Außenrundschleifen,
− Innenrundschleifen
deq = ds beim Planschleifen.
Die Schleifkräfte werden beim Spanen durch den Elektrokorund ist geglühter Bauxit mit etwa 80 %
Eingriff und den Kontakt der Schneiden mit dem Werk- Al2O3, 8 % SiO2, 8 % Fe2O3, 3,5 % TiO2 und Verun-
stück hervorgerufen. Die resultierenden Schleif- reinigungen. Nach zunehmender Reinheit unter-
kräfte – Normal- und Tangentialkraft Fn bzw. Ft – scheidet man
sind die Summe der Einzelkräfte der momentan im – Normalkorund (braun),
Eingriff befindlichen Schneiden. Sie entstehen durch – Halbedelkorund (rotbraun) und
Reib-, Verdrängungs- und Scherkräfte. Kleine Schnei- – Edelkorund (weiß oder rosa).
den erzeugen eine verhältnismäßig kleine Schleif-
kraft. Bei größeren Schneiden ergibt sich eine stär- Normal- und Halbedelkorund werden aufgrund
kere Werkstoffverdrängung, und die Schleifkraft höherer Zähigkeit zum Schruppschleifen von Stahl
nimmt zu. Größere Kräfte erzeugen höhere Tempe- und Stahlguss sowie als Schleifmittel für Schleifpa-
raturen und bewirken Verschleißerscheinungen an pier und -gewebe verwendet. Edelkorund ist sprö-
den Schneiden des Korns. Infolge der höheren Tem- der und eignet sich zum Feinschleifen von Werk-
peraturen werden in den Kristallschichten des Schleif- stücken großer Genauigkeit. Die Kristalle brechen
kornes Oxidations- und Diffusionsvorgänge ausge- leicht auseinander, so dass sich im Schleifprozess
löst. Diese führen zu Druckerweichung und stump- ständig scharfe Schneiden bilden.
fen die Schneiden ab. Mechanische und thermische
Wechselbelastungen bewirken Kornsplitterungen in Siliciumcarbid (SiC) wird aus Quarz und Koh-
den Korngrenzen und das Absplittern einzelner Korn- le erschmolzen. SiC ist härter, scharfkantiger und
teile. Da die einzelnen Körner mit Bindemittel im splitterfreudiger als Korund und hat eine höhere
Kornverband gehalten werden, können bei mecha- Schneidfähigkeit.
nischer Überbelastung der Bindungsstege zwischen
den Körnern ganze Körner und Korngruppen aus Härte und Splitterfreudigkeit nehmen mit dem Ge-
dem Kornverband ausbrechen. halt an SiC vom schwarzen zum grünen Silicium-
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 305
carbid zu. Siliciumcarbidscheiben werden für die Magnesitbindungen (Mg) haben nur noch geringe
Bearbeitung spröder kurzspanender Werkstoffe, Bedeutung in der Schleiftechnik und werden ange-
wie z. B. Grau- und Hartguss, Hartmetalle, Glas, wendet bei Schleifkörpern, die im Trockenschliff für
Gestein, Porzellan sowie Aluminium und seine Le- dünne, wärmeempfindliche Werkstücke eingesetzt
gierungen eingesetzt. werden, z. B. bei Messern und Besteckteilen.
Synthetisch hergestellter Diamant wird zum Schlei- Silicatbindungen (S) verwendet man beim Plan-
fen und Trennen von Gesteinen, Keramikwerkstof- schleifen mit großen Kontaktflächen zwischen
fen, Glas und Kunststoffen verwendet. Der Korn- Schleifscheibe und Werkstück, da sie einen »kühle-
werkstoff hat eine große Härte K100 = 5000 bis K100 = ren« Schliff ermöglichen. Silicatgebundene Schleif-
7000 und eine große Wärmeleitfähigkeit. Aufgrund scheiben werden nicht gebrannt, sondern bei erhöh-
der chemischen Affinität des Diamant-Kohlenstoffs ter Temperatur gesintert.
zu den Legierungselementen von Stahl kommt es
bei höheren Temperaturen zu einem chemisch be- Metallische Bindungen bringt man durch Sintern
dingten Verschleiß. Bei Temperaturen von 900 °C bis von Bronze, Stahl oder Hartmetallpulver auf einen
1400 °C setzt bei kleinen Drücken eine Grafitierung mit Diamant oder Bornitrid besetzten Trägerkör-
des Diamanten ein. per. Mit den so hergestellten Schleifscheiben las-
sen sich schwer zerspanbare Werkstoffe schleifen,
Kubisch kristallines Bornitrid (CBN) wird etwa z. B. Hartmetalle.
seit 1968 in der Schleiftechnik verwendet und ist
nach Diamant das härteste Schleifmittel mit K100 = Organische Bindungen:
4700. CBN hat eine höhere thermische Stabilität Bei den harzartigen Bindungen (B) unterscheidet
als Diamant, da erst bei etwa 1000 °C Oxidations- man naturharzhaltige Bindungen und Kunstharzbin-
erscheinungen auftreten. Außerdem hat CBN keine dungen. Die naturharzhaltigen Bindungen aus Schell-
Affinität zu Legierungselementen von Stählen. lack und Gummi sind durch die Kunstharzbindun-
gen aus Polyester und Phenoplasten verdrängt wor-
Mit Kunstharz oder metallisch gebunden wird der den. Die mit diesen Bindungen hergestellten Schleif-
Kornwerkstoff zum Schleifen von Werkzeugstäh- scheiben haben eine große Zähigkeit und Zugfes-
len mit großem Carbidanteil eingesetzt, die bisher tigkeit und werden für Schrupp- und Trennschleif-
weder mit konventionellen Schleifmitteln noch mit Dia- arbeiten mit Umfangsgeschwindigkeiten bis unge-
mant wirtschaftlich bearbeitet werden konnten. fähr 120 m/s eingesetzt.
Borcarbide (K100 = 2200 bis K100 = 2700) finden Kautschukartige Bindungen (R) sind Gummibin-
hauptsächlich in loser Form als Läppmittel Verwen- dungen aus Naturkautschuk oder synthetischem
dung. Kautschuk. Diese sind elastischer als Kunstharzbin-
dungen, jedoch weniger temperaturbeständig und
Die Bindungen haben den Zweck, die einzelnen werden für dünne Schleifscheiben zum Gewinde-,
Körner miteinander bei Scheiben oder mit der Un- Nuten- und Schlichtschleifen angewendet.
terlage bei Schleifbändern zu verbinden.
4.7.1.2.2 Schleifwerkzeuge mit Korund und
Anorganische Bindungen Siliciumcarbid-Kornwerkstoffen
Keramische Bindungen (V) bestehen aus Ton, Kao- Bild 4-95 gibt einen Überblick über die Schleifwerk-
lin, Quarz, Feldspat und Fritten. Mehr als die Hälf- zeuge bzw. Schleifkörper nach DIN 69111. Die Her-
te aller gefertigten Schleifscheiben sind keramisch stellung und der Aufbau dieser Schleifwerkzeuge
gebunden. Die Schleifscheiben sind sehr spröde und sind im Prinzip ähnlich. Hergestellt werden sie im
stoßempfindlich. Da sie temperaturbeständig und Gieß- und Pressverfahren. Beide Verfahren werden
chemisch widerstandsfähig gegenüber Öl und Was- bei keramisch gebundenen Schleifkörpern angewen-
ser sind, werden sie außer beim Trockenschliff auch det. Kunstharzgebundene Schleifwerkzeuge lassen
zum Nassschliff eingesetzt. sich nur nach dem Pressverfahren herstellen.
Mineralische Bindungen sind Magnesitbindungen Beim Gießverfahren wird die durch Mischen von
und Silicatbindungen. Schleifmittelkorn und keramischer Bindung gebil-
306 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
dete Masse in Formen vergossen. Beim Pressverfah- die Schleifscheibenspezifikation durch die fünf Kom-
ren wird nach dem Einfüllen der Masse in die Press- ponenten entsprechend dem Beispiel in Bild 4-97:
form das Material bis auf ein bestimmtes Volumen – Schleifmittel,
verdichtet. Anschließend werden die keramischen – Körnung,
Schleifkörper in kontinuierlich arbeitenden Tunnel- – Härtegrad,
öfen oder in Chargen arbeitenden Herdwagen und – Gefüge,
Haubenöfen bei Temperaturen von 1000 °C bis – Bindung.
1350 °C gebrannt. Die Vorwärm-, Brenn- und Ab-
kühlzeit beträgt insgesamt etwa acht Tage. Bei kunst- Die Art des Schleifmittels wird durch die Bezeich-
harzgebundenen Scheiben erfolgt eine Aushärtung nung A für Korund und C für Siliciumcarbid be-
bei Temperaturen von 180 °C bis 190 °C. schrieben. Durch ein vorgestelltes zusätzliches Zah-
lensymbol ist nach ISO IR 825-1966 noch der spe-
Die Bezeichnung eines Schleifwerkzeugs aus ge- zielle Typ des Schleifmittels (Normal- oder Edelko-
bundenen Schleifmitteln ist nach DIN ISO 525 ge- rund) zu erfassen. Die Kennzahl der Körnung des
normt. Sie enthält Angaben über Form und Abmes- Schleifmittels ist ein Maß für die Korngröße und ent-
sungen des Schleifkörpers sowie über Werkstoff und spricht der Maschenzahl je Quadratzoll. Die Zahl 6
die größte zulässige Umfangsgeschwindigkeit, wie gibt die gröbste und die Zahl 1200 die feinste Kör-
aus Bild 4-96 hervorgeht. Den Werkstoff beschreibt nung an. Durch Sieben werden die Körnungen 6
bis 220 unterschieden und durch Fotosedimentati-
on 240 bis 1200. Häufig verwendet man Kombina-
1
tionen mehrerer Körnungen, die durch weitere
Zahlensymbole gekennzeichnet sind.
Randform
Außendurchmesser d1
Breite b
Bohrungsdurchmesser d2
Schleifmittel
Körnung
Härtegrad
Bild 4-96 Gefüge
Bezeichnung für ein Schleifwerkzeug nach Bindung
DIN ISO 525 mit Korund oder Silicium-
carbid als Kornwerkstoff (Beispiel). zul. Umfangsgeschwindigkeit
Beispiel Schleifmittel
Korund A
Schleifmittel A
Siliciumcarbid B
Körnung 60
Körnung
Härtegrad K grob 6 8 10 12 14 16 20 24
mittel 30 36 46 54 60
Gefüge 8 fein 70 80 90 100 120 150 180
sehr fein 220 240 280 320 400 500 600 800 1000 1200
Bindung V
Härtegrad
äußerst weich A B C D
Bindung sehr weich E F G
weich H I J K
V Keramische Bindung
mittel L M N O
S Silicatbindung
hart P Q R S
R Gummibindung
sehr hart T U V W
Gummibindung
RF äußerst hart X Y Z
faserstoffverstärkt
B Kunstharzbindung
Gefüge
Kunstharzbindung
BF 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
faserstoffverstärkt
E Schellackbindung geschlossenes Gefüge
M Magnesitbindung offenes Gefüge
Bild 4-97
Spezifikationsbezeichnung für Schleifwerkzeuge nach DIN ISO 525 mit Korund oder Siliciumcarbid als Kornwerkstoff.
Mit dem Sandstrahlgerät nach Zeiss-Mackensen Den Zusammenhang zwischen Blastiefe und E-Mo-
wird unter Druck eine begrenzte Menge Quarzsand dul in Abhängigkeit von der Härtebezeichnung zeigt
bestimmter Körnung auf die Schleifscheibenober- Bild 4-98.
fläche geblasen. Dabei werden aus der Schleifschei-
benoberfläche Schleifmittelkörner herausgelöst. Die Bindungsart wird durch einen Kennbuchstaben
Die entstehende Vertiefung, die Blastiefe, ist ein Maß beschrieben, wie es Bild 4-97 zeigt.
für die Härte des Schleifscheibenmaterials.
Die größte zulässige Schleifscheibenumfangsge-
Der E-Modul wird mit Schwingungsanalysatoren schwindigkeit vs in m/s ist hinter der Werkstoffbezeich-
oder dem »Grindosonic«-Gerät über den Weg der nung angegeben. Zusätzlich sind entsprechend der
Eigenfrequenzmessung bestimmt. Unfallverhütungsvorschrift (UVV) die Schleifschei-
308 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
90
Schleifmittel: A fehlen. Gehärtete oder höher legierte Stähle kön-
4 80 Körnung: 60
E- Modul
Gefüge: 7
nen mit Schleifscheiben aus Edelkorund der Härte
mm kN H bis K gut bearbeitet werden.
Blastiefe
Bindung: V
mm2
3 60
Wird eine besonders lange Standzeit des Schleif-
50 werkzeugprofils, wie z. B. beim Profilschleifen, ver-
2 40 langt, sind härtere Schleifwerkzeuge (M bis R) vor-
30 teilhaft. Je größer die Berührungsfläche zwischen
E - Modul Blastiefe
Werkstück und Schleifwerkzeug ist, um so weicher
1 20
und poröser muss das Schleifwerkzeug sein. Lang-
10 spanende Werkstückstoffe und wärmeempfindliche
0 Werkstücke sollten mit Schleifwerkzeugen bearbei-
G H I J K L M N O P tet werden, die größere Gefügeziffern haben oder
Härtegrad durch Ausbrennstoffe zusätzlich geöffnete Spankam-
Bild 4-98 mern aufweisen.
Zusammenhang zwischen E-Modul und Blastiefe in Abhän-
gigkeit vom Härtegrad der Schleifscheibe. 4.7.1.2.3 Schleifwerkzeuge mit Diamant- und
Bornitrid-Kornwerkstoff (CBN)
ben farblich gekennzeichnet: blaue Streifen bis 45 Auf einen Trägerkörper aus Aluminium, Kunst-
m/s, gelbe Streifen bis 60 m/s, rote Streifen bis 80 harz, Bronze oder Keramik ist ein dünner Schleif-
m/s und grüne Streifen bis 100 m/s Umfangsge- belag aus Diamant- oder Bornitridkorn und Bin-
schwindigkeit. Schleifscheiben, mit denen ein Pro- dung aufgebracht.
belauf vom Hersteller nach der UVV durchgeführt
wurde, tragen den Buchstaben P. Bei kunstharzgebundenen Schleifwerkzeugen be-
steht der Schleifbelag aus einem Gemisch aus Korn-
Bei einer Schleifwerkzeugwahl sind folgende Be- werkstoff, Phenolharz und Füllstoffen, das unter
dingungen zu berücksichtigen: Vernetzungstemperatur auf einen Trägerkörper ge-
presst wurde.
Eine gröbere Körnung hat eine kleinere Körnungs-
ziffer und ist bei einem weichen zu schleifenden Bei metallisch gebundenen Schleifwerkzeugen wird
Werkstückstoff zu verwenden sowie bei einem grö- zwischen Sinterbronzen, Sintermetallbindungen so-
ßeren Zeitspanvolumen in der Schruppbearbeitung. wie galvanischen Bindungen unterschieden. Bei
Mit einer kleinen Korngröße erzielt man bei Schlicht- diesen wird ein Metallpulver- und Kornwerkstoffge-
arbeiten eine kleinere Oberflächenrauheit. misch unter großem Druck und hoher Temperatur
gesintert. Nur bei galvanischen Schleifbelägen hält
Von der gemessenen Schleifwerkzeughärte, auch ein Metallniederschlag den zumeist einschichtigen
als Nennhärte bezeichnet, wird die Wirkhärte des Diamant- oder CBN-Kornbelag auf dem Träger-
Schleifwerkzeugs beim Schleifvorgang unterschie- körper fest.
den. Zu beurteilen ist die Wirkhärte durch das Ver-
schleißverhalten. Eine größere Wirkhärte ergibt sich Keramisch gebundene Schleifwerkzeuge mit Dia-
mit zunehmender Schnittgeschwindigkeit. Daher ist mant- oder CBN-Kornwerkstoffen werden wie her-
bei einer größeren Schnittgeschwindigkeit und einer kömmliche Schleifmittel hergestellt. Ein Bezeich-
kleineren Zustellung je Werkstückumdrehung oder nungsbeispiel für Schleifwerkzeuge mit Diamant-
Hub ein weicheres Schleifwerkzeug einzusetzen. oder Bornitrid-Kornwerkstoff zeigt Bild 4-99.
Bei normalen Schleifarbeiten ist die Härte des Weitere Ergänzungen zur Spezifikationsbezeich-
Schleifwerkzeugs im umgekehrten Verhältnis zur nung zeigt Bild 4-100. Korngrößen für Diamant
Werkstückstoffhärte zu wählen. So z. B. werden für (D) und kubisch kristallines Bornitrid (B) entspre-
weiche Werkstückstoffe harte Schleifscheiben ver- chen der Nennmaschenweite eines Prüfsiebes. Häu-
wendet. Bei Außenrundschleifarbeiten von Baustahl, fig verwendete Korngrößen liegen im Bereich von
Kupfer, Messing und Leichtmetall sind Scheiben 91 bis 181. Die nachfolgenden Buchstaben bezeich-
aus Normalkorund mit der Härte K bis M zu emp- nen den Bindungstyp und die Bindungshärte, die
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 309
Schleifscheibenform
(zyl. Umfangsschleifscheibe)
Außendurchmesser
Belagsbreite
Belagshöhe
Bohrungsdurchmesser
Kornart
Korngröße
Bindungstyp
Bindungshärte
Einsatzgebiet
Bild 4-99 (Nassschliff Y)
Bezeichnung für ein Schleifwerkzeug mit
Bornitrid als Kornwerkstoff nach Grundkörper
DIN ISO 6104 (Beispiel). Konzentration
Vol. %
rungs- zu Außendurchmesser d2 /d1 > 0,2 sind Schleif- Grundkörper
V 120 12
scheibenspannvorrichtungen nach Bild 4-101a) vor- V 180 18 Aluminium A
V 240 24 Kunstharz B
2)
Außer dem Bezugsystem I mit dem Basiswert C 100, in
dem die Konzentration mit C abgekürzt wird, existiert in Bild 4-100
der Praxis ein Bezugsystem II mit dem Basiswert 24 % Spezifikation für ein Schleifwerkzeug mit Diamant oder Bor-
(Volumengehalt), der mit V 240 bezeichnet wird. nitrid als Kornwerkstoff (nach Fa. Winter/Fepa).
310 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Bild 4-106
Kinematische Zusammenhänge (nach Pahlitzsch/Schmitt).
a) Abrichten mit bewegtem Abrichtwerkzeug
frd radialer Abrichtvorschub Bild 4-107
vsd Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit beim Ab- Profilieren von Schleifscheiben mit Diamantabrichtrollen.
richten 1 Abrichtrolle
vR Rollenumfangsgeschwindigkeit 2 Schleifscheibe
nsd Schleifscheibendrehzahl beim Abrichten 3 Werkstück
nR Rollendrehzahl a) Anordnung der Achsen von Abrichtrolle, Schleifscheibe
+ Gleichlauf von Schleifscheibe und Rolle und Werkstück beim Gerad-Einstechschleifen
− Gegenlauf b) Anordnung der Achsen beim Schräg-Einstechschleifen
b) Ausgangswirkrautiefe Rtso in Abhängigkeit von dem Ge- g Winkel zwischen Werkstück und Schleifscheibe
schwindigkeitsquotienten qd gd Winkel zwischen Abrichtrolle und Schleifscheibe
Ein häufig angewendetes Verfahren ist das Abrich- Qualitätsgrenzen können vorgegebene Rauheiten,
ten mit Siliciumcarbidschleifscheiben. Hierbei wird noch zulässige Profil- und Rundheitsabweichungen
der abzurichtende Schleifbelag schleifend bearbei- und Auftreten von Brandflecken oder Rattermarken
tet. Die notwendige Relativbewegung zwischen der an der Werkstückoberfläche sein. Zur Wiederherstel-
Siliciumcarbid-Abrichtscheibe und dem Schleifwerk- lung der geometrischen Form und der Schneidfähig-
zeug kann über einen eigenen Antrieb oder durch keit wird die Schleifscheibe abgerichtet. Abricht-
Mitnahme der Schleifscheibe bei gleichzeitigem verfahren und -bedingungen legen den Ausgangs-
Bremsen der Abrichtscheibe erfolgen. Während des zustand der Schleifscheibe fest.
Abrichtvorgangs mehrprofiliger Schleifbeläge ver-
schleißt die Abrichtscheibe stark, so dass sie öfter 4.7.1.3.1 Änderung des Schneidenraums im
nachprofiliert werden muss. Um den notwendigen Schleifprozess
Kornüberstand beim Schärfen von metallgebunde- Die Schneidfähigkeit des Schneidenraums ändert
nen Diamant- und Bornitridschleifscheiben zu errei- sich beim Schleifen infolge von Verschleiß. Sie än-
chen, wird ein Schärfstein aus keramisch gebunde- dert sich um so schneller, je größer die auftretenden
nen konventionellen Schleifmitteln verwendet. Beim
Schärfen von Scheiben mit großen Korndurchmes-
sern wird der Bindungswerkstoff elektrolytisch zu-
rückgesetzt.
Vielkornabrichter
Diamantabricht-
langspanender
Stahlrolle, z. B.
Siliciumcarbid-
Einzeldiamant
»Roll-2-Dress«
Schleifmittel
Crushierrolle
Abrichtleiste
(Pro-dress)
Molybdän
scheibe
scheibe
Stahl
Bindungsart
Kunstharzbindungen
Metallbindungen
Diamant
(überwiegend Bronze)
Crushierbare Metallbindungen S
Keramische Bindungen
Kunstharzbindungen S S
Metallbindungen
CBN
(überwiegend Bronze)
Crushierbare Metallbindungen S S S
Keramische Bindungen
Bild 4-109
Gebräuchliche Verfahren zum Abrichten von Diamant- und CBN-Schleifwerkzeugen (nach Fa. Winter/Meyer).
S zusätzliches Schärfen erforderlich.
10
sich immer mehr Schneidprofile der Scheibe auf
Wirkrautiefe Rts
10
ßen Werkstückumfangsgeschwindigkeiten vw wer-
den kleine Rauheiten und niedrige Schleiftempe-
5 raturen erreicht.
0,2
0,1
0 Beim Außenrundschleifen ist das Geschwindigkeits-
b) verhältnis q = 60 bis q = 80. Beim Planschleifen
kennt man zwei Bereiche: Für das Pendelschleifen
12
Q’= 1
gilt q = 50 bis 450 und für das Tief- oder Voll-
N
mm
schnittschleifen q = 1000 bis 250 000.
bez. Normalkraft Fn’
fad = 0,1 mm
6 P M P Oberflächenprofil
0,2
M mittlere Linie
3
0,4
0 R M
Rt
R Rauheitsprofil
c)
ln Gesamtmessstrecke
20 Rt max. Rautiefe
ln
m m Q’= 1
15
Radialverschleiß D rs
y
fad = 0,2 mm Ra Mittenrauwert
x
10 Ra = 1 y dx
Ra lm
A60 K8 V ln
5
Z t1 Z t2 Z t3 Z t4 Z t5
0
0 200 600 800
Rz5 gemittelte Rautiefe
400
d) Schnittzeit tc Rz5 = 1 (Zt1 + Zt2 + Zt3 + Zt4 + Zt5)
5
lr
Bild 4-110 ln = 5 × lr lr Einzelmessstrecken
Schleifergebnisse in Abhängigkeit von der Schnittzeit tc:
a) Wirk- und Werkstückrautiefe bei verschiedenen Zeitspan- Bild 4-111
volumen Q’ und konstantem Abrichtvorschub fad Rauheitskenngrößen, s. a. Bild 4-188, S. 355.
b) Wirkrautiefe bei konstantem Zeitspanvolumen und ver-
schiedenen Abrichtvorschüben 0
c) bezogene Schleifnormalkraft F’n bei konstantem Zeitspan-
3
volumen und verschiedenen Abrichtvorschüben
d) Radialverschleiß Drs bei konstantem Zeitspanvolumen und
Profiltiefe
6
dem Abrichtvorschub fad = 0,2 mm
9
mm
Die sich im Schleifprozess einstellende Rauheit 12
wird bestimmt durch das Geschwindigkeitsverhält- 0 25 50 mm 100
Bezugsstrecke lm
nis q = vs /vw, die Schleifscheibenumfangsgeschwin- Traganteil tp
Tabelle 4-4 Mittlere spezifische Schleifkraft kc grind für verschiedene Werkstückstoffe (Körnung 60 bis 120; vc = 30 m/s bis
vc = 45 m/s).
kN/mm2 kN/mm2
C45E, C45 (Ck 45, C 45) 37,96 GS-52 (GS 52) 29,24
C60 (C 60) 36,42 GJMW, GJMB (GTW, GTS) 19,32
16MnCr5 (16 MnCr 5) 35,91 Gussbronze 30,44
19CrNi8 (18 CrNi 8) 38,65 Rotguss 10,94
42CrMo4 (42 CrMo 4) 42,75 Messing 13,33
34CrMo4 (34 CrMo 4) 38,30 Aluminiumguss 10,94
50CrMo4 (50 CrMo 4) 37,96 Magnesiumguss 4,79
15CrMo5 (15 CrMo 5) 39,16
Fn Fn
m . [4-61] Kühlungsarten. Diese Temperaturen können zu
Ft Ft Brandflecken auf der geschliffenen Fläche des Werk-
stücks und zu Gefügeänderungen führen.
Es ist abhängig von der Schleifscheiben-Werkstück-
stoffpaarung und den Kühlschmierbedingungen. Das Kühlschmiermittel (Öl-in-Wasser-Emulsion
Allgemein liegt das Kraftverhältnis zwischen m = 2 oder Öl) hat folgende Aufgaben:
und m = 3.
– Vermindern der Reibung zwischen Schleifkorn
Die Schnittleistung Pc ist der Tangentialkraft Ft di- und Werkstück,
rekt proportional: – Kühlung der Werkstückoberfläche,
Pc = Ft vc. [4-62] – Reinigung und Benetzung der Schleifscheibe,
– Korrosionsschutz für Maschine und Werkstück-
Unter Berücksichtigung des Wirkungsgrades h ist stoff.
die Motorleistung
Pc Eine abnehmende Reibung ergibt eine kleinere
PM . [4-63] Schleifkraft und eine geringere Rauheit sowie ei-
h
ne niedrige Schleiftemperatur und geringen Ver-
schleiß. Diese Verbesserungen sind besonders groß
bei reiner Ölkühlung. Der Einsatzbereich von Öl
4.7.1.3.4 Schleiftemperatur und Kühlung ist begrenzt durch eine vorgeschriebene Vollkapse-
Schleifkräfte und -temperaturen in der Randzone des lung der Schleifmaschine und eine Absaugung der
Werkstücks stehen in einem engen Zusammenhang. Öldämpfe sowie durch entstehende Probleme bei
Die beim Zerspanungsvorgang benötigte Schleif- der Werkstückreinigung.
leistung Pc wird bis zu 80 % in Wärme umgewan-
delt, die vorwiegend in das Werkstück übergeht. Außer dem Kühlschmiermittel beeinflusst auch die
Somit wird deutlich, dass mit steigender Eingriffs- Leistung des Zuführsystems das Schleifergebnis er-
dicke ae und höherer Umfangsgeschwindigkeit der heblich. Eine Durchflussmenge von z. B. 5 l/min
Schleifscheibe vs die Temperatur zunimmt. Bild 4- bei 1 mm Schleifscheibenbreite und einem Zuführ-
115 zeigt Temperaturen in der Randzone in Abhän- druck von 20 bar ermöglicht eine größere Schleif-
gigkeit von der Eingriffsdicke bei verschiedenen leistung und eine geringere Rauheit.
318 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
800
trocken Für Schleifwerkzeuge mit Schleifmitteln aus Edel-
°C korund oder Siliciumcarbid liegen die Werte im
Bereich G = 20 bis 60. Schleifwerkzeuge mit Dia-
Maximaltemperatur Jmax
600
mant- oder Bornitridkornwerkstoffen erreichen G-
Emulsion
Werte über 500.
400
Schleiföl
4.7.1.3.6 Einflüsse verschiedener Einstell-
200 größen auf das Schleifergebnis
Eine größere Schleifscheibenumfangsgeschwindig-
0
keit vs bzw. Schnittgeschwindigkeit vc ergibt eine
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 mm 0,6 kleinere Schleifkraft wegen der kleiner werdenden
Eingriffsdicke ae Spandicke hch. Mehr Schneiden tragen das Werk-
Bild 4-115 stückvolumen ab. Die erhöhte Schneidenanzahl bei
Maximale Schleiftemperatur in Abhängigkeit von der Ein- verminderter Spandicke hch je Schneide bewirkt fla-
griffsdicke und verschiedenen Kühlungsarten (nach König). chere Schleifriefen und damit eine geringere Werk-
stückrauheit. Weiter ergibt sich durch die abnehmen-
Eine weitere Verbesserung des Schleifergebnisses de Belastung je Schneide ein verminderter Schei-
wird durch Freispülen der Schleifscheibe beim benverschleiß. Die Schnittgeschwindigkeit wird be-
Schleifen erreicht. Hierzu werden mehrere Reini- grenzt durch die sich einstellende hohe Temperatur
gungsdüsen am Umfang der Schleifscheibe ange- in der Kontaktzone einschließlich der Kühlprobleme
bracht, die mit hohen Drücken bis zu 100 bar und sowie durch die Bruchumfangsgeschwindigkeit und
kleinen Düsenspalten die Schleifscheibenporen die damit notwendigen Sicherheitsvorrichtungen
ausspritzen. zum Schutz der Bedienungsperson und der Maschi-
ne.
4.7.1.3.5 Schleifscheibenverschleiß
Man unterscheidet zwischen dem Radialverschleiß Zur Steigerung des bezogenen Zeitspanvolumens
Δrs und dem Kantenverschleiß Δrsk. Beide Verschleiß- Q¢ = vw ae = vft ae kann außer der Eingriffsdicke ae
arten sind bei der Berechnung der Werkzeugkosten beim Außenrundschleifen die Werkstückumfangsge-
von Bedeutung. Änderungen des Schneidenraums schwindigkeit vw verändert werden. Eine Erhöhung
werden mit dem Radialverschleiß erfasst und die von vw bewirkt eine Temperaturverminderung in der
der geometrischen Form der Schleifscheibe durch Randzone des Werkstücks. Die sich ausbreitende
den Kantenverschleiß. Wärme in der Kontaktzone hat nicht genügend Zeit,
tiefer in die Oberfläche zu wandern, da die nachfol-
Mit zunehmendem bezogenen Zeitspanvolumen Q¢ genden Schneiden die erwärmte Schicht sofort wie-
vergrößert sich der Verschleiß am Schleifwerkzeug der abschleifen.
infolge zunehmender Schleifkraft, wie Bild 4-116
zeigt, da durch die größere Belastung ganze Kör- 0,90
ner aus der Schneidfläche ausbrechen. Im Bereich
mm
kleiner Zeitspanvolumina überwiegt der Verschleiß
durch Abrieb und Mikroausbruch am Schleifkorn.
Kantenverschleiß D rsk
0,60
Radialverschleiß D rs
D rs
D rsk
Bei verschiedenen Schleifverfahren besteht die schaftlich über ein Regelmodell steuern. Bei einem
Möglichkeit, sowohl die Werkstückgeschwindigkeit allgemeinen Signalflussplan für Adaptiv-Control-
als auch die Zustellung bzw. Eingriffsdicke ae ge- Systeme unterscheidet man die ACO-Regelung (Adap-
gensinnig so zu verändern, dass sich verschiedene tiv Control Optimization) und die ACC-Regelung
Verfahrensvarianten ergeben, z. B. beim Planschlei- (Adaptiv Control Constraint). Bei einer ACO-Re-
fen das Pendel- und Tiefschleifen. Das Tiefschleifen gelung wird der Prozess nach vorgegebenen Qua-
erfolgt mit großem Vorschub af und niedriger Werk- litätskriterien so geregelt, dass die Kosten minimal
stückgeschwindigkeit vw, das Pendelschleifen mit werden. Bei einer ACC-Regelung werden durch
kleinem Vorschub und großer Werkstückgeschwin- Änderung einer oder mehrerer Einstellgrößen die
digkeit. Kenngrößen des Schleifprozesses konstant gehalten.
So verändert man beim Planschleifen die Vorschub-
Für das Tiefschleifen müssen allgemein die verwen- bewegung des Schleiftisches, um bei unterschied-
deten Schleifscheiben über einen genügend großen lichen Aufmaßen mit konstanten Schleifkräften zu
Spanraum bzw. Porenraum verfügen, da eine klei- arbeiten.
ne Werkstückgeschwindigkeit in Verbindung mit
großer Zustellung zu einem größeren Werkstoffab- 4.7.1.3.8 Kostenberechnung
trag je Spanraum führt. Eine große Zustellung be- Aus den Schleifergebnissen in Verbindung mit den
wirkt eine große Schleifkraft. Der Leistungsbedarf Qualitätsgrenzen ergeben sich Beurteilungskriterien
der Maschine für Tiefschleifaufgaben nimmt zu. wie Werkstückqualität, Schleifscheibenstandzeit
Der Antriebsmotor muss also eine entsprechend gro-
ße Schleifleistung zulassen. vf1 Q ’ = f(vf1)
bez. Zerspanleistung Q ’
Zustellgeschwindigkeit vf
Hierin bedeuten:
Vs Schleifscheibenverlustvolumen beim Schleifen
Fertigungskosten je Werkstück Ke
Fertigungszeit je Werkstück te
Ke in mm3,
te
td× kpl kw Kosten je Schleifscheibenvolumeneinheit Euro
td /mT pro mm3,
mT Standzahl der gefertigten Werkstücke zwischen
zwei Abrichtungen der Scheibe.
tc× kpl
tc
Die Abrichtkosten je Werkstück sind
Kd /mT
kpl ted Vsd kw K wd
Qopt Qopt Kd . [4-68]
Zeitspanvolumen Q Zeitspanvolumen Q
mT mTd
a) b)
Bild 4-118 ted ist die Zeit je Werkstück durch Abrichten in s
a) zeitoptimales und b) kostenoptimales Schruppzeitspanvo- ted = td + tnd mit [4-69]
lumen (ohne die konstanten Zeitanteile).
td Abrichtzeit
sowie Fertigungskosten und Ausbringung. Bei Opti- tnd Nebennutzungszeit je Abrichtvorgang,
mierungsaufgaben wird allgemein angestrebt, durch Vsd Schleifscheibenverlustvolumen durch Abrichten,
die richtige Wahl der Einstellgrößen die Fertigungs- Kwd Abrichtwerkzeugkosten
kosten für ein Werkstück unter Einhaltung der Qua- mTd Abrichtstandzahl, die angibt, wieviel mögliche
litätsgrenzen zu minimieren. Abrichtvorgänge mit einem Abrichtwerkzeug
durchgeführt werden können.
Die Kosten für die Bearbeitung eines Werkstücks
Ke setzen sich zusammen aus den schleifzeitab- Die Ausbringung M errechnet sich aus der effektiven
hängigen Kosten Kc und den werkzeugabhängigen Stückzeit:
Kosten Kw: 1 1
M . [4-70]
Ke = Kc + Kw. [4-65] teff effektive Stückzeit
Die schleifzeitabhängigen Kosten ergeben sich aus Mit zunehmendem Zeitspanvolumen wird tc kleiner.
der Fertigungszeit für jedes Werkstück te und dem Gleichzeitig vermindert sich mT. Die auf ein Werk-
Platzkostensatz kpl: stück entfallenden Abrichtzeiten und Abrichtkosten
Kc = kpl te = kpl (tc + tn). [4-66] steigen an. Für die Kosten der Bearbeitung eines
Werkstücks Ke ergibt sich ein Optimum. Diese Zu-
In den werkzeugabhängigen Kosten Kw sind das sammenhänge gehen aus Bild 4-118 hervor.
Verlustvolumen der Schleifscheibe im Prozess zu
berücksichtigen sowie die Abrichtkosten je Werk- 4.7.1.4 Schleifverfahren
stück Kd: Die Schleifverfahren sind nach Merkmalen der her-
Vs kw zustellenden Flächenform gemäß Bild 4-119 unter-
Kw Kd . [4-67] teilt. Durch Planschleifen werden z. B. ebene Flä-
mT
3 3 1
Schleifen
mit rotierendem
Werkzeug
DIN 8589 T1
3 3 1 1 3 3 1 2 3 3 1 3 3 3 1 4 3 3 1 5 3 3 1 6
Bild 4-120
Wichtige Schleifverfahren und die zugehörigen Einstellgrößen.
➊ Außen-Rund-Umfangs-Längsschleifen ➑ Plan-Seiten-Längsschleifen
➋ Außen-Rund-Umfangs-Einstechschleifen ➒ Plan-Umfang-Drehschleifen
➌ Innen-Rund-Längsschleifen ➓ Plan-Seiten-Drehschleifen
➍ Innen-Rund-Einstechschleifen vc Schnittgeschwindigkeit
➎ Außen-Rund-Seiten-Längsschleifen vfa Vorschubgeschwindigkeit (axial)
➏ Plan-Umfang-Längsschleifen vfr Vorschubgeschwindigkeit (radial)
➐ Plan-Umfang-Einstechschleifen vft Vorschubgeschwindigkeit (tangential)
chen und durch Rundschleifen kreiszylindrische verfahren mit ihren Einstellgrößen zeigt Bild 4-120.
Flächen erzeugt. Weiterhin unterscheidet man Die Schnittbewegung ist durch die Schnittgeschwin-
– Außen- und Innenbearbeitung, digkeit vc gekennzeichnet und die Vorschubbewe-
– Art des verwendeten Schleifwerkzeugs (Um- gung durch die Bewegungsrichtungen, bezogen auf
fangs- und Seitenschleifscheiben), das Schleifwerkzeug, mit den Vorschubgeschwin-
– Art der Vorschubbewegung (Längs- und Ein- digkeiten vfa, vfr und vft (a für axial, r für radial, t für
stechbewegung). tangential). Die Vorschubbewegung kann schritt-
weise (diskontinuierlich) oder stetig (kontinuier-
Einige sich daraus ergebende Plan- und Rundschleif- lich) erfolgen.
322 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Plan-Umfangs-Längsschleifen Plan-Seiten-Längsschleifen
bH
bs
ds
vfa bü1 bw bü2
ds
ns
zw
fa(ap)
ap
hw
Ae zw vft
ae
vft
hw
bw lw fr(ae)
bü2 bü1 lü2 lü1 lü2 lw lü1
bH lH bü1 bw bü1
lH
bH
Eingriffs-
querschnitt Ae ae ¹ ap ae ¹ fa Ae ae ¹ ap fr ¹ ap
Ae (mm2)
Zeitspan-
volumen Q Ae ¹ vft ae ¹ fa ¹ vft Q Ae ¹ vft fr ¹ ap ¹ vft
Q (mm3/s)
mitt. Zeitspan-
l w bw 1 l w bw 1
volumen Q Q¹ ¹ ¹ Q Q¹ ¹ ¹
Q (mm3/s) l H bH (2) l H bH (2)
Hauptzeit l H bH l H bH
th ¹ ¹ t c ¹ (2) th ¹ ¹ t c ¹ (2)
th (s) l w bw l w bw
Schleifzeit Vw z w ¹ l w ¹ bw Vw z w ¹ l w ¹ bw
tc ¹ (2) tc ¹ (2)
tc (s) Q ae ¹ fa ¹ vft Q fr ¹ ap ¹ vft
Bild 4-121
Gleichungen zur Berechnung von Eingriffsquerschnitt, Zeitspanvolumen, Schleif- und Hauptzeit für das Plan-Umfangs-Längs-
schleifen und Plan-Seiten-Längsschleifen (in Klammern Faktor 2, wenn nach jedem Doppelhub zugestellt wird).
vc vc
vc vfz
vfy
vfy vfy
vfz
vfx vfx
vfz
vfx
a) b) c)
Bild 4-122
Bauformen von Plan-Umfangsschleifmaschinen (nach Saljé).
men wird. Die Längsvorschubgeschwindigkeit und ohne Längsvorschub. Geschliffen werden kann
die Werkstückgeschwindigkeit sind kleiner als beim gleichzeitig mit geraden oder abgesetzten Schleif-
Längsschleifen. scheiben oder mit einem Satz von Schleifscheiben
(Satzschleifscheiben). Dies setzt starre Werkstücke
Beim Einstechschleifen bewegt sich die meistens oder gute Abstützungen der Werkstücke durch Lü-
profilierte Schleifscheibe radial in das Werkstück netten voraus. Durch das hierbei mögliche große
324 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Zeitspanvolumen wird bei Werkstücken mit länge- Einstechwinkel ist fest eingestellt. In einem ande-
ren Schleifstellen statt des Längsschleifens durch ren Fall ergibt sich der Einstechwinkel g durch zwei
mehrere Einstechschleifoperationen das Materi- unabhängig ansteuerbare Zustellbewegungen in vfz-
al abgeschruppt und anschließend durch Längs- und vfy-Richtung. Dies bietet den Vorteil, dass der
schleifen die Oberflächengüte erzeugt. Die Zustel- Schleifprozess den Bedingungen der Plan- und Zy-
lung erfolgt beim Einstechschleifen kontinuierlich linderflächen angepasst werden kann.
und ist abhängig von der effektiven Schleifschei-
benbreite, dem Werkstückstoff und den geforder- Beim Innenrundschleifen werden hauptsächlich
ten Oberflächenqualitäten. zylindrische und kegelige Bohrungen bearbeitet.
Hierzu sind außer der Schnittbewegung der Schleif-
Für das Einstech- und Längsschleifen gibt Bild 4- scheibe die Werkstück-, Einstech- und Längsvor-
124 die Berechnungen von Eingriffsquerschnitt, schubbewegung notwendig. Die Vorschubbewegung
Zeitspanvolumen, Haupt- und Schleifzeit wieder. des Werkstücks ergibt sich entweder aus der Dreh-
bewegung des Werkstücks oder aus der Planeten-
Beim Außenrund-Schrägeinstechschleifen wird zwi- bewegung der Schleifspindel. Die Längsvorschubbe-
schen Profil- und Form-Schrägeinstechschleifen un- wegung erfolgt durch die Schleifscheibe. Die Ein-
terschieden. Die Werkstücke in Bild 4-125a) und stechbewegung bzw. die Zustellung wird abhängig
4-125b) werden durch Profil-Schrägeinstechschlei- von der Maschinenart entweder von der Schleif-
fen bearbeitet. Die Schleifmaschine hat eine fest scheibe oder dem Werkstück ausgeführt. Durch
einstellbare Vorschubbewegungsachse, und die die große Kontaktlänge der Schleifscheibe mit dem
Schleifscheibe bewegt sich mit der Vorschubge- Werkstück und der kleinen Spindelnachgiebigkeit
schwindigkeit vfr in das Werkstück. Die Schleifschei- müssen die Einstellgrößen für eine Bearbeitungsauf-
be trägt das Gegenprofil des Werkstücks. Abgerich- gabe sorgfältig festgelegt werden. Bild 4-126 zeigt
tet wird die Profilform durch Profilabrichtrollen, die Draufsicht einer Innenrundschleifmaschine.
Einzeldiamant, Abrichtfliese oder Formabrichtrol-
len. Damit an der Planfläche des Werkstücks nicht Bei der Wahl des Schleifscheibendurchmessers soll-
zuviel Material abgetragen wird, ist das Werkstück te das Verhältnis ds / dw = 0,85 nicht überschritten
in Längsrichtung zu positionieren. Dies erfolgt mit werden. Bevorzugte Werte liegen für größere Werk-
Hilfe von Messsteuerungen. stücke im Bereich ds /dw = 0,65 bis 0,75, die übliche
Schnittgeschwindigkeit beträgt vc = 30 bis 45 m/s.
Das Formschrägeinstechschleifen gemäß Bild 4- Bei einer größeren Schnittgeschwindigkeit treten
125c) wird bei größeren Schleiflängen eingesetzt. thermische Probleme in der Schleifspindel auf. Die
Dabei ist der Durchmesser fertig zu bearbeiten, be- Längsvorschubgeschwindigkeiten beim Schruppen
vor die Schleifscheibe die Planfläche schleift. Der sind zwischen 3,5 m/min und 6 m/min und beim
schrittweise große einmalige
Zustellbewegung Zustellbewegung
kontinuierliche kontinuierliche
Quervorschubbewegung Schrägvorschubbewegung
Bild 4-123
Außenrund-Schleifverfahren:
a) Längsschleifen
b) Längs-Schälschleifen
c) Gerad-Einstechschleifen
c) d) d) Schräg-Einstechschleifen
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 325
Bild 4-124
Gleichungen zur Berechnung von Eingriffsquerschnitt, Zeitspanvolumen, Haupt- und Schleifzeit für das Außenrund-Einstech-
und das Außenrund-Längsschleifen (in Klammern Faktor 2, wenn nach jedem Doppelhub zugestellt wird).
Schlichten zwischen 0,25 m/min und 3 m/min zu Der Tischhub ist so einzuteilen, dass ein Überlauf
wählen. Die Zustellung nach jedem Doppelhub soll
beim Schruppen fr = 0,03 mm und beim Schlichten
fr = 0,005 mm nicht überschreiten.
Bild 4-126
Innenrundschleifmaschine (Draufsicht; schematisch).
1 Schlitten mit Schleifscheibe und axialer Vorschubbewegung
2 Schlitten mit Werkstückspindelstock und Werkstückdreh-
bewegung
3 Werkstückachse
Bild 4-125 4 Abrichteinrichtung mit Einzeldiamant
Bearbeitungsbeispiele für das Schräg-Einstechschleifen: 5 Schleifscheibe
a) und b) Profil-Schräg-Einstechschleifen 6 Hydraulikeinheit
c) Form-Schräg-Einstechschleifen 7 Spannfutter
326 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
von etwa einem Drittel der Schleifscheibe möglich scheiben unterschiedlich stark durch die Normal-
wird. Einen möglichen Innenrundschleifzyklus zeigt kraft ausgelenkt, so dass eine kegelige Bohrung ent-
Bild 4-127. steht. Der Fehler lässt sich durch angepasste Abricht-
bedingungen und Schleifscheibenspezifikationen
Gleichungen für die Berechnung von Eingriffquer- sowie durch eine höhere Schnittgeschwindigkeit
schnitt, Zeitspanvolumen, Haupt- und Schleifzeit und ein kleineres Zeitspanungsvolumen verringern.
beim Innenschleifen sind Bild 4-128 zu entneh-
men. Das spitzenlose Außen- und Innenrundschleifen setzt
man hauptsächlich in der Massenfertigung ein, da
Beim Innenrundschleifen ist besonders in den Boh- eine große Abtragsleistung und eine große Stück-
rungen für ausreichende Kühlung zu sorgen, da bei zahl erzielt werden. Der Schleifvorgang ist ohne
einem größeren Zeitspanvolumen leicht Brandflecke großen Aufwand zu automatisieren. Beim spitzen-
und Risse auftreten. Rattermarken treten allgemein losen Außenrundschleifen liegt das Werkstück auf
durch fremd- oder selbsterregte Schwingungen auf. einer Auflageschiene, ohne dass es zwischen den
Um fremderregte Schwingungen bei den mit gro- Spitzen aufgenommen wird, wie Bild 4-129 zeigt.
ßen Drehzahlen laufenden Innenschleifspindeln zu Geführt wird es zwischen Schleifscheibe, Auflage-
vermeiden, müssen diese gut ausgewuchtet wer- schiene und Regelscheibe. Schleif- und Regelschei-
den. Selbsterregte Schwingungen sind durch st- be haben die gleiche Drehrichtung. Der Abstand
eifere Maschinen, Dämpfungsmassen, Drehzahl- von Regelscheibe und Schleifscheibe bestimmt den
änderung oder Schleifscheiben größerer Körnung Werkstückdurchmesser. Die Regelscheibe besteht
zu vermindern. aus Kunstharz oder Hartgummi und ist beim Ein-
stechschleifen zylindrisch oder beim Durchgangs-
Als Qualitätskriterium einer Bohrung sind der Kreis- schleifen als Rotationshyperboloid ausgeführt.
und der Längsformfehler von Bedeutung. Kreis-
formfehler können durch sorgfältiges Spannen ein- Mit Vorteil lassen sich im Durchlauf glatte zylin-
gegrenzt werden. Längsformfehler sind hauptsäch- drische Werkstücke und im Einstich zylindrische
lich abhängig von der Größe der Schleifnormalkraft Werkstücke mit Ansätzen und Bunden sowie pro-
Fn. Bei großer Nachgiebigkeit des Spindel-Lager- filierte Werkstücke gemäß Bild 4-130 bearbeiten.
Systems und des Spindeldorns werden die Schleif- Beim Durchlaufschleifen dreht sich das Werkstück
und bewegt sich zusätzlich in Achsrichtung. Hierzu
Aufmaß
ist die Regelscheibe um einen bestimmten Winkel
schräggestellt, so dass eine Axialkraft eine Verschie-
1. Einfahren in Bohrung bung des Werkstücks bewirkt. Die Drehzahl der Re-
gelscheibe ist kleiner als die der Schleifscheibe und
bremst das Werkstück, so dass eine Relativgeschwin-
2. Eilvorlauf bis zur Werkstück-
berührung digkeit zwischen Werkstück und Schleifscheibe zur
Spanabnahme entsteht. Durch das Verstellen des
Winkels a wird die Durchlaufgeschwindigkeit be-
3. Schruppschleifen einflusst. Beim Einstechschleifen ist das Werkstück
kürzer als die Schleifscheibenbreite. Bei diesem
Verfahren führt die Regelscheibe außer der Dreh-
4. Abrichten bewegung noch eine Zustellbewegung aus.
(mehrfach wiederholbar)
Einstechschleifen Längsschleifen
lw = ap bs
fa (ap)
fr (ae)
zw
ae
vfr vfr
vft vft
ns vfg
ds
ds
nw
dw
dw
bs
nw ns
zw
vft (oszill) lü2 lw lü1
lH
lH (oszill)
Eingriffsquerschnitt
Ae ae ¹ ap l w ¹ fr Ae ae ¹ ap ae ¹ fa
Ae (mm2)
Zeitspanvolumen
Q Ae ¹ vft fr ¹ l w ¹ d w ¹ S ¹ n w Q Ae ¹ vft ae ¹ fa ¹ d w ¹ S ¹ n w
Q (mm3/s)
mittlleres Zeitspanvolumen lw
Q Q¹
Q (mm3/s) lH
Hauptzeit zw lH
th th tc ¹
th (s) ae ¹ n w lw
Schleifzeit zw ¹dw ¹ S ¹ lw
tc th tc
tc (s) Q
Bild 4-128
Gleichungen zur Ermittlung von Eingriffsquerschnitt, Zeitspanungsvolumen, Haupt- und Schleifzeit für das Innenrund-Ein-
stech- und Innenrund-Längsschleifen.
vfw
vs vRs
Längsvorschub- Werkstück-
geschwindigkeit auflage
vfw nRs
ns
fs fRs
nw
Bild 4-129
Spitzenloses Außenrundschleifen, schematisch.
328 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Beim Längsschleifen wird mit einer einprofiligen sich ein großes Zeitspanvolumen abtragen. Es wird
Schleifscheibe gemäß Bild 4-132a) der einzelne bei einer großen Stückzahl und einem kurzen Ge-
Gewindegang geschliffen. Bei jedem Überschliff winde angewendet. Der Steigungsvorschub an der
ist der Vorschubweg gleich der Gewindelänge. Die Gewindeschleifmaschine erfolgt über eine Leitspin-
Schleifscheiben- und Werkstückachse müssen dem del, die als Kugelumlaufspindel ausgeführt ist oder
Steigungswinkel entsprechend eingestellt sein. Das über eine Leitpatrone. Der Werkstück- und der Schleif-
Verfahren ermöglicht eine sehr genaue Gewinde- spindelantrieb werden über stufenlos verstellbare
bearbeitung. Mit mehrprofiligen Schleifscheiben Getriebe ermöglicht. Das Abrichten von einprofili-
nach Bild 4-132b) kann die Fertigungszeit verkürzt gen Scheiben erfolgt mit einem Einzeldiamanten.
werden, aber die Fertigungsgenauigkeit nimmt ab. Eine mehrprofilige Schleifscheibe profiliert man
Die Schleifscheibe ist kegelig ausgeführt, um in ei- mit einer Diamantrolle. Ein nicht genormtes Profil
nem Durchgang das Gewinde fertig zu schleifen. lässt sich wirtschaftlich mit einem CNC-gesteuerten
Festanschlag Zustellung Werkstückbewegung Abrichtgerät herstellen, so etwa ein Hohlflächen-,
Schleif- Schleif-
Zykloiden- oder Schraubenpumpenprofil einschließ-
scheibe a scheibe lich der Korrektur. Bild 4-133 verdeutlicht das Ab-
richten eines Hohlprofils zum Schleifen einer zy-
lindrischen Schnecke.
4.7.1.4.4 Wälzschleifen
Werkstück- Bei gehärteten Zahnrädern kann der Härteverzug nur
bewegung Regelscheibe Regelscheibe
a) b)
durch Schleifen beseitigt werden. Das Wälzschlei-
fen wird bei der Feinbearbeitung von größeren ge-
Bild 4-130
a) Einstechverfahren und rad- und schrägverzahnten Außenstirnrädern ein-
b) Durchlaufverfahren des spitzenlosen Außenrundschlei-
fens.
e
b
a b)
c
Werkstück macht
eine Umdrehung
Vorschub
eine Ganghöhe
Bild 4-131 c)
Spitzenloses Innenrundschleifen.
a) Schleifscheibe Bild 4-132
b) Regelscheibe Gewindeschleifverfahren:
c) Werkstück a) Längsschleifen mit einprofiliger Schleifscheibe
d) Druckrolle b) Längsschleifen mit mehrprofiliger Schleifscheibe
e) Stützrolle c) Einstechschleifen mit mehrprofiliger Schleifscheibe
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 329
Bild 4-134
Wälzschleifverfahren.
➊ mit einer Stirnschleifscheibe
➋ mit zwei Stirnschleifscheiben
Maag – 15 ° (20 °) – Methode
➌ gemäß 2, Maag – 0° – Methode
➍ mit Doppelkegelscheibe
➎ mit Kegelmantelscheiben
➏ mit mehreren Doppelkegelscheiben
➐ mit Schleifschnecke
(nach Saljé/Bausch)
330 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
4.7.2 Honen
7 1
Beim Honen wird, wie beim Schleifen, ein Werk-
Bild4-135 zeug aus gebundenem Korn verwendet, das die Werk-
Wälzschleifmaschine (schematisch). stückoberfläche unter ständiger Flächenberührung
1 Wälzschlitten spanend bearbeitet. Angewendet wird dieses Verfah-
2 Rollbogen ren zum Verbessern der Maß- und Formgenauigkeit
3 Wälzbänder
an der Oberfläche von Bohrungen, Zylinderlauf buch-
4 Teilmechanismus
5 Schleifscheibe sen und Lagerstellen an Zapfen. Da der Werkstoff-
6 Antriebsmotor abtrag beim Honen klein ist, sind die Werkstücke
7 Werkstück (Zahnrad) mit möglichst kleinem Formfehler vorzuarbeiten,
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 331
Bild 4-136
Profil-Pendel- und Profil-Tiefschleifen a) und c) mit Überlauf,
b) und d) ohne Überlauf (nach Redeker).
Bild 4-137
Honverfahren.
332 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
annähernd über die Werkstücklänge konstant, nur serung bis zu 75 % erreichbar. Die große Oberflä-
in den Umkehrpunkten fällt sie ab und steigt wieder chengüte und die Rundheitsverbesserung bewirken
an. Die Vorschubbewegung vf senkrecht zur Werk- z. B. in Wälz- und Gleitlagern einen ruhigen Lauf
stückoberfläche erfolgt kraft- oder formschlüssig. bei kleinem Verschleiß. Anwendung findet dieses
Auftretende Flucht- und Richtungsfehler zwischen Verfahren für Bauteile im Fahrzeug- und Motoren-
Maschinenspindelachse und Bohrungsachse müssen bau sowie in der Hydraulik- und Wälzlagerindus-
ausgeglichen werden. Bei starrer Werkstückaufspan- trie. Insbesondere werden Lauf- und Gleitflächen,
nung ist das Honwerkzeug doppelgelenkig mit der Gleitlagerzapfen an Kurbelwellen, Dichtflächen
Maschinenspindel verbunden. Bei fester Werkzeug- und Wälzlagerteile bearbeitet.
aufspannung müssen alle vier Freiheitsgrade in die
Werkstückaufspannung gelegt werden. 4.7.2.2 Einfluss der Einstellgrößen auf den
Honvorgang und das Honergebnis
Beim Kurzhubhonen ergibt sich die Schnittbewe- Das Honergebnis wird zu einem großen Teil von
gung vc aus der Drehbewegung des Werkstücks und den Eigenschaften der Maschine, der Geometrie
einer senkrecht zu dieser wirkenden kurzhubigen des Werkstücks und dem Werkstückstoff bestimmt.
Schwingbewegung des Werkzeugs, wie Bild 4-139 Die Spezifikation des Honwerkzeugs und die Art
zeigt: des Kühlschmierstoffs sind weitere wichtige Ein-
vc vct2 (h π f )2 ¹ cos2 (w h t ). [4-73] flussgrößen.
Die maximale Geschwindigkeit ist Mit den Einstellgrößen lässt sich der Honvorgang
vc max v (h π f ) .
2 2
[4-74] bzw. die Honzeit und das Honergebnis in weiten Be-
ct
reichen beeinflussen. Die wichtigsten Stellgrößen
Der Hub h beträgt 1 mm bis 6 mm bei einer Hub- sind die Schnittgeschwindigkeit und der Anpress-
frequenz f = 10 Hz bis 50 Hz. Hierbei wird die in druck der Honleisten:
seiner Form an die Werkstückkontur angepasste Fn Fn N
Honleiste bzw. der Honstein an das Werkstück ge- p in . [4-75]
drückt. Der Anpressdruck beim Zustellen liegt zwi- Akt b¹l mm 2
schen 0,1 N/mm2 und 0,4 N/mm2. Hierin bedeuten
Akt Kontaktfläche in mm2,
Mit dem Kurzhubhonen erzielt man eine geringe b Leistenbreite in mm,
Rauheit sowie eine große Formgenauigkeit. Bei ge- l Leistenlänge in mm,
härteten und vorgeschliffenen Oberflächen ist ei- Fn Normalkraft in N.
ne Rauheit von Rz = 0,1 μm bis 0,2 μm bei einem
5 40
Traganteil bis zu 98 % und einer Rundheitsverbes-
Zylindrizitätsabweichung fz
fz
Rauheitsabweichung fk
m m
Rauheit Rz
m m
F
vca 2,5 20
vct
1,25 10
h fk
2
g 0 0
h 2400 2000
h
Zerspanvolumen Vw
2 mm3 mm3
nw
verschleißvolumen
1200 1000
Honleisten-
600 500
Bild 4-139
Bewegungen der Honleiste beim Kurzhubhonen. 0 0
0 5 10 daN/cm2 20 0 5 10 daN/cm2 20
F Anpresskraft Anpressdruck p Anpressdruck p
vca Axialgeschwindigkeit
vct Tangentialgeschwindigkeit Bild 4-140
h Hublänge Rauheit, Zerspanvolumen, Zylindrizitäts- und Rundheitsab-
g Umschlingungswinkel der Honleiste weichung sowie Honleistenverschleißvolumen in Abhängigkeit
nw Werkstückdrehzahl vom Anpressdruck des Honsteins (nach Tönshoff).
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 333
Infolge des höheren Anpressdrucks p dringen die wirkt bei geeigneter Wahl der Überlauflänge die Kor-
Schneiden der Honleiste tiefer in die Werkstückober- rektur der Bohrungsform. So wird z. B. bei kleine-
fläche ein. Mit größerer Eindringtiefe nimmt die An- ren Hublängen in der Mitte der Bohrung mehr Werk-
zahl der am Zerspanungsvorgang teilnehmenden stückstoff abgetragen als bei den Bohrungsenden.
Schneiden zu. Viele Schneiden tragen mehr Werk- Vor- Fertig-
stückstoffvolumen ab, so dass das Zerspanvolumen honen honen
16
ansteigt. Gleichzeitig erhöht sich auch die Schnitt- m m
kraft. Infolgedessen brechen Körner aus der Bin- 14
Rauheit Rz
D W
Werkstückstoffabtrag D W
dung, und die Honleisten verschleißen schneller. Bild Sollmaß Sollmaß
60 12
4-140 verdeutlicht die Zusammenhänge. Mit zuneh-
50 10
mendem Zerspanvolumen vergrößert sich die Rau- Rz
D W
heit sowie die Zylindrizitäts- und Rundheitsabwei- 40 8
chung. Eine kleinere Rauheit wird durch eine höhe- 30 6
Absenken des
Anpressdrucks p
re Schnittgeschwindigkeit erreicht. Gute Honergeb-
20 4
nisse lassen sich mit axialen Geschwindigkeiten von
vca = 15 m/min bis vca = 30 m/min und tangentialen 10 2
Rz
Geschwindigkeiten von vct = 20 m/min bis vct = 50 0 0
m/min erzielen. 0 30 60 90 s 120 0 30 60 90 s 120
a) Honzeit b) Honzeit
kleiner
lü = l/3
Überlauf
großer
Überlauf
l
Bild 4-141
große Hublänge
werkzeugs.
l Honsteinlänge
lü Überlauflänge des Honwerk-
zeuges
lh Hublänge
334 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
die Bohrung und eine große Anfangsrauheit, z. B. 4.7.2.3 Einfluss des Werkzeugs
Rz = 10 μm. An den Berührungsstellen wird der Einige Bauformen und Zustellmöglichkeiten von
Werkstückstoff durch den großen Anpressdruck Honwerkzeugen für die Bohrungsbearbeitung zeigt
schnell abgetragen. Die Oberflächenrauheit verrin- Bild 4-143. Die Honleisten werden in radialer Rich-
gert sich und geht gegen einen stationären Grenz- tung im Werkzeug geführt. Sie sind auf die Honlei-
wert. Die Oberflächengüte lässt sich jetzt nicht mehr stenträger aufgeklebt, geklemmt oder bei Diamant-
wesentlich verbessern. Geringfügig kann die Rau- honleisten aufgelötet. Über Kegel werden die Hon-
heit noch durch das Absenken des Anpressdrucks leisten gespreizt und an die Bohrungswand gedrückt.
weiter verkleinert werden. Der Honvorgang wird
beendet, wenn der Werkstückstoff abgetragen und Länge und Breite der Leisten beeinflussen das er-
das Sollmaß erreicht worden ist. reichbare Honergebnis hinsichtlich Zylindrizitäts-
und Rundheitsabweichung. Mit längeren Leisten
Ein zweistufiger Honvorgang gemäß Bild 4-142b) werden vorhandene Zylindrizitätsabweichungen
ist wegen der Zeiteinsparung wirtschaftlicher. In der der Bohrung besser überbrückt als mit kürzeren.
ersten Bearbeitungsstufe, dem Vorhonen, wird infol- Mit breiteren Honleisten und unsymmetrischer Leis-
ge des erhöhten Anpressdrucks und wegen der grob- tenanordnung lassen sich aus gleichem Grund Rund-
körnigen Honsteine ein großer Werkstückstoffabtrag heitsabweichungen leichter beseitigen. Breitere
bzw. ein großes Zeitspanvolumen bei kurzer Bearbei- Honleisten verhalten sich besonders schwingungs-
tungszeit möglich. Anschließend lässt sich mit ande- dämpfend. Damit verbunden sind geringere Honge-
ren feinkörnigen Honsteinen, die sich ebenfalls im räusche und ein kleinerer Honleistenverschleiß.
Werkzeug befinden, die Oberfläche so verbessern,
dass nach verhältnismäßig kurzer Honzeit das Soll- Die kleinste erreichbare Rauheit ist im Wesentlichen
maß bei ausreichender Qualität erreicht wird. von der Spezifikation der Honleisten abhängig.
Hierzu gehören Kornwerkstoff, Korngröße, Bin-
dungsart, Härte und Tränkung (Abschn. 4.7.1.2.2).
3
Ein Bezeichnungsbeispiel gibt Bild 4-144 wieder.
4 3
4
2 Honstein DIN ISO 603-10 - A10 x 160 A150 L8 V (S)
6 A Quadrat
6 Querschnitt -
2
B Rechteck
1
1 Kantenlänge
Länge
a) b)
Schleifmittel
4 6 5 2 1 Körnung
6 5 Härte
Gefüge
4 Bindung
Sonderhinweis (z. B. geschwefelt)
1
Bild 4-144
c) Schnitt Bezeichnung für ein Honwerkzeug nach DIN ISO 603-10 mit
Korund als Kornwerkstoff (Beispiel).
Bild 4-143
Bauformen von Honwerkzeugen (Honahlen) für die Bohrungs-
bearbeitung: Verwendete Kornwerkstoffe sind Korund, Silicium-
a) Honwerkzeug mit Parallelleisten (mehrere Honleisten am carbid, Diamant und kubisch-kristallines Bornitrid.
Umfang verteilt) Die normalerweise verwendete Körnung liegt zwi-
b) Doppelhonwerkzeug mit Parallel- und Schwenkleisten für schen 120 und 1200. Honleisten aus Diamant und
Sacklochbohrungen
kubisch-kristallinem Bornitrid unterscheiden sich
c) Einleistenhonwerkzeug.
1 Honleiste 4 Zustellkonus von denen aus Korund und Siliciumcarbid-Korn-
2 Honleistenträger 5 Führungsleiste werkstoff im Schneidverhalten. Oberflächen mit
3 Rückholfeder 6 Werkstück einer Rauheit von unter 3 μm sind mit den Schleif-
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 335
mitteln aus Korund und Siliciumcarbid wirtschaft- 4.7.2.4 Einfluss des Werkstücks
lich herzustellen. Rauere Oberflächen werden mit Das Honergebnis und der Prozessverlauf werden
groberer Körnung durch Diamant und kubischkristal- vom Zustand des Werkstücks vor der Bearbeitung
linem Bornitrid in Verbindung mit einem großen bestimmt. Dies sind die Härte des Werkstückstoffs,
Zeitspanvolumen vorteilhafter bearbeitet. Die Kör- vorhandene Zylindrizitätsfehler und eine große Aus-
ner dieser Kornwerkstoffe bleiben länger im Hon- gangsrauheit der Vorbearbeitung. Eine zunehmen-
leistenverband und werden stumpf. de Werkstückhärte ermöglicht eine kleine Ober-
flächenrauheit. Die Körner in der Honleiste stump-
0,02 fen durch den harten Werkstückstoff ab. Ein vor-
mm3 CBN handener Zylindrizitätsfehler und eine größere Aus-
mm × s
gangsrauheit können nur bei größerem Aufmaß ver-
bezogenes Zerspanvolumen Q ’
0,015
Diamant
bessert werden.
D V
kleine
Korngröße kurz
70 % Petroleum Gusseisen
kleine niedrige 30 % Hydrauliköl spanend,
kleine Korngröße Viskosität Baustahl zäh
Zeit t Zeit t Zeit t Vergütungsstahl
höhere lang
Aluminium spanend,
Viskosität Bronze
D W
zäh
D V
Rz
Kupfer
100 % Hydrauliköl austenitische
h = 33 mm2/s (55 °C) Stähle
rauheit. Ein besonderer Waschvorgang der Werk- Tabelle 4-6. Erreichbare Rauheitswerte mit Diamanthon-
leisten unterschiedlicher Korngröße bei
stücke auf der Transferstraße kann entfallen.
Guss- und Strahlbearbeitung (nach Haasis).
stückstoff abgetragen, bis das Fertigmaß der Zylin- D 120 7,0 6,5 6,5 4,5
derbuchse erreicht ist. Dabei entstehen die tiefen Hon- D 150 8,0 7,0 7,0 5,0
spuren. Beim Fertighonen werden mit feinkörnigen D 180 9,0 8,0 8,0 5,5
Honleisten die Spitzen der vorgehonten Flächen in
D 200 10,0 9,0 9,0 6,0
kurzer Zeit abgetragen. Dabei entstehen Plateaus
Tabelle 4-5. Erreichbare Rauheitswerte mit Korundhonleisten unterschiedlicher Korngröße und Bindung bei Guss- und
Stahlbearbeitung (nach Haasis).
Rauheit Rz in 11
7m (Stahl)
Korngröße in Mesh
50 HRC 62 HRC
keramisch Bakelit keramisch Bakelit
1
Bei dieser Honbearbeitung kommt es durch den
großen Anpressdruck zu Verquetschungen in der
Rauheit Rt
Oberfläche von Gussteilen. Diese Verquetschungen
werden in der Praxis als »Blechmantel« bezeichnet. Bei
der »Blechmantelbildung« werden die Grafitla-
mellen des Gusswerkstoffes durch perlitische Gefü-
gebestandteile verschmiert. Besonders bei Kolben-
Bild 4-148
laufbahnen ist dies zu vermeiden, da wegen des ab-
Profilschnitt einer plateaugehonten Oberflächenstruktur mit
nehmenden Grafitanteils die Notlaufeigenschaften Abbottscher Tragkurve, schematisch.
verlorengehen. Der Effekt tritt auf, wenn die Körner 1 tragende Rauheit
in der Diamanthonleiste das Material nicht mehr 2 Grundrauheit
trennen, sondern plastisch verformen, so dass mit
zunehmender Stumpfung der Kornschneiden die Bohrung durch Verschleiß am Honwerkzeug über-
Blechmantelbildung zunimmt. Eine geeignete Wahl schritten, erfolgt eine Kompensation mit mecha-
der Einstellgrößen kann die Blechmantelbildung nischer Schrittzustellung (feedback).
klein halten, z. B. dann, wenn die Honleisten im
Selbstschärfbereich arbeiten und immer wieder 1
scharfe Körner zum Schnitt kommen.
Bei der Tastmesseinrichtung sitzt gemäß Bild 4- Eine elektronische Maß- und Formsteuerung ermög-
150 auf der Honspindel über der Honahle eine Mess- licht eine Hublängen- und Hublagenverstellung, so
hülse, die sich axial verschieben lässt. Ist der er- dass Abweichungen von 2 μm von der Rundheit und
wünschte Durchmesser erreicht, kann die Hülse in der Zylinderform automatisch korrigiert werden.
die Bohrung eintauchen. Mittels eines Rings an der
Hülse wird ein Kontakt ausgelöst, der das Abschal-
ten des Arbeitsganges bewirkt. 4.7.3 Läppen
Formgenauigkeit Rautiefe
Ebenheit
5 Maschinenbau 1 μm/m bis 3 μm/m
Feinmechanik, Optik 1 μm/m
Messgeräte 0,2 μm/m
Planparallelität 0,3 μm/m
Maßgenauigkeit 1 μm/m
Bild 4-150 Oberflächengüte
Tastmesseinrichtung beim Langhubhonen, schematisch. Maschinenbau R = 2 bis 4 μm/m
1 Honspindel 4 Werkstück öl- und dampfdichte
2 Messhülse 5 Honwerkzeug Flächen R = 0,2 bis 0,5 μm
Endmaßqualität Rz = 0,03 μm
3 Messkontakt
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 339
LS LS WS LS LG
LS WS LG WS WS
Schrauben- Schwingläppen
flächenläppen WS LS LG
WS Werkstück
LS Läppscheibe bzw. -stift
WS LS
LG Läppgemisch
Bild 4-152
Übersicht über die Läppverfahren.
Die Läppverfahren werden entsprechend Bild 4-152 ein besseres Tragbild erzeugt. Tauchläppen lässt sich
unterschieden in Plan-, Rund- und Profilläppen vorteilhaft zum Entgraten von Werkstücken ein-
sowie Sonderläppverfahren. Die ersten drei Verfah- setzen. Hierbei wird das Werkstück in das in einer
ren verbessern die Maß- und Formgenauigkeit sowie Trommel rotierende Läppgemisch getaucht. Das
die Oberflächenrauheit. Die Sonderläppverfahren vorbeiströmende Läppkorn trägt den Werkstoff ab.
verbessern nur die Oberfläche. Dieses Verfahren kann auch dem Gleitschleifen
zugeordnet werden (Abschn. 4.7.4). Beim Strahl-
Die am häufigsten eingesetzten Läppverfahren sind läppen wird das Läppkorn in einem Flüssigkeits-
das ein- und beidseitig parallele Planläppen, das strahl auf die Oberfläche geschleudert (600 m/s bis
Außenrundläppen mit Linienberührung sowie das 1000 m/s), so dass eine Veränderung der Werkstück-
Innenrundläppen. Weitere Verfahren sind das Ver- oberfläche erfolgt (Abschn. 4.7.5, Strahlspanen).
zahnungs-, Tauch- und Strahlläppen. Durch Verzah-
nungsläppen wird an spiralverzahnten Kegelrädern 4.7.3.2 Einfluss von Prozessgrößen auf das
Läppergebnis
Werkstückrauheit
Maschine, Läppplatte, Läppmittel und Werkstück
klein groß beeinflussen den Ablauf des Läppprozesses und das
Läppergebnis. An der Maschine werden Läppdruck
Korngröße und Läppdauer eingestellt. Die Bewegungsrichtung
zunehmend
Läppzeit
lassen. Neue Schneiden bilden sich ständig durch
splitternde Läppkörner bei höheren Läppdrücken.
Bild 4-153
Einfluss verschiedener Größen auf die Werkstückrauheit beim Das Mischungsverhältnis von Läppkorn zu Läpp-
Läppen. flüssigkeit und die zugeführte Menge des Läppmit-
340 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
tels sind auf den Läppvorgang abzustimmen. Kleine zu erzielen. Eine größere Läppfilmdicke verhindert
Läppkörner erfordern eine dünnflüssigere Läpp- ein Eindringen der Körner in den Werkstückstoff.
flüssigkeit, denn ein zu dicker Läppfilm würde die Eine längere Läppzeit bewirkt, dass immer mehr
Körner am Werkstückstoffabtrag hindern. Körner splittern und der Korndurchmesser abnimmt
(Bild 4-155).
Die Läppkorngröße beträgt 0,1 μm für feinste Läpp-
arbeiten bis zu 150 μm für grobes Schruppläppen. Das Zeitspanvolumen steigt mit dem Läppkorn-
Innerhalb einer Korngröße müssen die Korndurch- durchmesser und dem Läppdruck entsprechend Bild
messer möglichst gleich sein, damit beim Läppen 4-156. Eine Grenze tritt durch Abreißen des Läpp-
keine tieferen Kratzer auftreten. Vorwiegend werden films und Splittern der Körner bei höherem Läpp-
Siliciumcarbid und Edelkorund verwendet. Für harte druck auf. Steigern lässt sich das Zeitspanvolumen
Werkstückstoffe (z. B. Hartmetalle, Keramik) kom- innerhalb bestimmter Grenzen durch eine größere
men Borcarbid und Diamant zum Einsatz. Diese Läppkorndichte: Es werden immer mehr Körner am
ermöglichen einen größeren Läppdruck und damit Werkstoffabtrag beteiligt. Nimmt jedoch die Läpp-
ein größeres Zeitspanvolumen. korndichte so sehr zu, dass sich die Körner in der
Bewegung hindern, so vermindert sich das Zeitspan-
Die erreichbare Oberflächenrauheit wird beeinflusst volumen, wie aus Bild 4-157 hervorgeht.
von der Läppkorngröße, dem Läppdruck, der Läpp-
1,2
korndichte, der Läppfilmdicke und der Läppzeit. p
Die Auswirkungen dieser Einflussgrößen auf die er- mm t = 1 min
Rauheit Rt
m m
0
Rauheit Rt
5 0 20 40 60 80 100 mm 120
mittlerer Korndurchmesser dg
4 Bild 4-155
Rauheiten Rt in Abhängigkeit vom mittleren Läppkorndurchmes-
weicher ser bei unterschiedlichen Läppzeiten t – Werkstückstoff:
Werkstückstoff
3 15CrB (64 HRC); Läppscheibe: Perlitguss; Läppkorn: SiC;
Läppkornmenge: 0,5 g/min – (nach Lichtenberg).
Läppmittel: SiC
0,50 0,94
mm3 10
s
N mm3
0,40
Zeitspanvolumen Q
Zeitspanvolumen Q
p cm2 s
6
0,30
0,76
4
0,20
2
0,10
1 0,58
0
0 20 40 60 80 m m 120 1,6 2,5 4 5 10 16 25 40 50 100
mittlerer Korndurchmesser dg Läppkorndichte 104 Körner/cm2
Tabelle 4-8. Läppkornarten, Läppkorngröße und Kühlschmierstoffe für einige wichtige Werkstückstoffe.
(Es bedeuten: SC Siliciumcarbid, BK Borcarbid, EK Edelkorund, NK Normalkorund, D Diamant).
Petroleum, Fett,
Grauguss SC 200, NK 220 EK 220, NK 500
Benzol, Öl, Wasser
Bronze SC 220 SC 500, NK 220 Petroleum, Öl, Fett, Benzol
D (Staub)
Hartmetall SC 320, BK 220 Olivenöl
Ersatz: BK
342 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Muss die Läppscheibe abgerichtet werden, erfolgt 4.7.3.3.2 Außen- und Innenrundläppen
dies durch eine Abdreheinrichtung auf der Maschine Beim Außenrundläppen von Hand werden geschlitz-
oder durch Einläppen beider Läppscheiben aufein- te Läpphülsen verwendet, die mit der ganzen Länge
ander. auf dem Werkstück tragen. Geläppt wird mit dre-
hender und hin- und hergehender Bewegung. Die
Beim Planläppen müssen die Läppscheiben ihre Zustellung erfolgt durch Klemmen der geschlitzten
Geometrie möglichst lange beibehalten. Dazu wer- Hülse.
den die Scheiben aus Perlitguss mit einer gleichmä-
ßigen Härte von 150 HB bis 200 HB hergestellt. Für Das maschinelle Außenrundläppen wird auf Zwei-
Polierläpparbeiten bzw. Läpparbeiten mit kleiner scheibenläppmaschinen und mit einer größeren An-
Rauheit sind Scheiben geringerer Festigkeit aus zahl von Werkstücken entsprechend Bild 4-159 aus-
Kupfer, Zinn-Antimon oder Kunstharz einzusetzen, geführt. Die Werkstücke liegen in einem Käfig aus
da bei weichen Scheiben die Körner spanen. Dage- Stahlblech, Messing oder Kunststoff.
gen unterstützen harte Scheiben die Rollbewegung
des Korns und damit den Werkstoffabtrag. Größere
2
Scheiben sind mit Nuten versehen, um die Läpp-
3
kornwege zu verkürzen. Auf diese Weise kommen
im Läppvorgang öfter neue Schneiden zum Einsatz, 1
so dass man ein größeres Zeitspanvolumen erreicht.
Um die entstehende Reibungswärme beim Läppen
besser abzuleiten, werden die Läppscheiben ge- a) b)
kühlt.
Bild 4-159
a) Anordnung von zylindrischen Werkstücken in Käfigen und
b) Bahnkurven der Werkstücke auf der Läppscheibe.
1 Rollen des Werkstücks
2 Gleiten des Werkstücks
3 Rollen und Gleiten des Werkstücks
4.7.3.3.3 Kugelläppen
Zum Läppen kleinerer Kugeln besitzt die untere
Läppscheibe mehrere Rillen. Die obere Läppscheibe
ist glatt. Infolge der sich so ergebenden Dreipunkt-
berührung zwischen der Kugel und der Läppscheibe
muss sich diese Kugel in der Rillenbahn drehen.
Hierbei kommt es zu einem gleichmäßigen Werkstoff-
abtrag. Zu- und abgeführt werden die Kugeln kon-
tinuierlich über Magazine.
wie beim Läppen alle Metalle, Keramiken, Roh- Das Poliermittel besteht aus dem Polierkorn und
gläser, Naturstoffe und sonstige Hartstoffe. dem Bindemittel. Veränderliche Größen sind das
Mischungsverhältnis von Polierkorn zu Bindemit-
Der Poliervorgang besteht aus dem Schleifen und tel sowie die Zuführmenge des Poliermittels. Die
Einebnen der Oberfläche. Hierzu wird loses Polier- Polierkörner bestehen aus Kreide, Tonerde (Polier-
korn auf ein nachgiebiges Trägerwerkzeug gebracht. weiß), Eisenoxid (Polierrot), Chromoxid (Polier-
Die scharfen und harten Polierkörner tragen den grün) oder Diamant. Die Bindemittel sind pasten-
Werkstoff schleifend ab. Das Einebnen bzw. Glätten förmig oder flüssig. Sie müssen das Korn binden, die
ohne Werkstoffabtrag bewirken weiche, abgerundete Reibung vermindern und die Kühlung verbessern.
Körner. Die hierbei auftretende plastische Verfor- Die Viskosität des Bindemittels beeinflusst die Di-
mung an der Oberfläche wird durch eine hohe Tem- cke der Poliermittelschicht und die Polierwirkung.
peratur (200 °C bis 600 °C, örtlich bis zu 1000 °C) Pastenförmige Bindemittel sind aus Stearin, Paraf-
begünstigt. Diese entsteht durch Reibung zwischen fin, Wachs oder Emulsionsfetten hergestellt. In letz-
der großen Kontaktfläche des nachgiebigen Träger- ter Zeit haben sich zunehmend flüssige Polieremul-
werkzeugs und der Werkstückoberfläche. Der Werk- sionen durchgesetzt. Sie lassen sich gleichmäßiger
stückstoff wird dabei teilweise angeschmolzen und auftragen und sparsamer anwenden. Das Auftragen
fließt in die feinen Oberflächenvertiefungen (Beilby- einer Emulsion ist mit Sprüheinrichtungen leichter zu
Schichten). Das Fließen erfolgt unter Aufhebung automatisieren. Wegen der besseren Kühlwirkung
der Kristallstruktur und anschließender Rekristalli- erreicht man eine größere Poliergeschwindigkeit so-
sation in feinere Kristalle. Bis zu einer Tiefe von etwa wie einen größeren Anpressdruck.
10 μm wird auf diese Weise die Werkstückoberfläche
beeinflusst. Die Randzone wird dadurch kaltver- Die Oberflächenqualität ist abhängig von dem Werk-
festigt und die Korrosionsbeständigkeit erhöht. stückstoff, der Werkstückgeometrie und der Vorbe-
arbeitung. Homogene Werkstoffe lassen gute Polier-
Polierarbeiten werden meistens noch von Hand auf ergebnisse erwarten. Scharfe Kanten, Übergänge und
Polierböcken durchgeführt. Automatisch poliert zurückspringende Flächen lassen sich schlecht polie-
wird auf Bearbeitungsstraßen und Rundtischen. ren und erhöhen den Werkzeugverschleiß. Durch
Alle Einrichtungen sind mit einer Staubabsaugung eine gleichmäßige Werkstückvorbearbeitung erzielt
in der Arbeitszone versehen, um die Bedienungs- man ein besseres Polierergebnis in kürzerer Zeit. Die-
person zu schützen. Aus ergonomischen und wirt- ses zeigt sich durch den Glanz und die Rautiefe des
schaftlichen Gründen kommen in zunehmendem Werkstücks sowie durch das Bild der Randzone. Der
Maß Roboter für Polierbearbeitungen, z. B. an Ka- Glanz nimmt nach dem Überschreiten einer experi-
rosserieteilen, zum Einsatz. mentell zu ermittelnden optimalen Polierzeit ab, da
anschließend weichere Gefügebestandteile verstärkt
Das Polierergebnis wird beeinflusst von den Eigen- abpoliert werden und eine Reliefbildung auftritt.
schaften des Werkzeugs, des Poliermittels (Polier-
korn, Bindemittel) und des Werkstücks sowie von Eine größere Werkzeugumfangsgeschwindigkeit
den zugehörigen Einstellgrößen an der Maschine, verschlechtert den Glanzgrad, da das Werkzeug bei
d. h. Polierzeit und Anpressdruck. der Polierbearbeitung härter wirkt und mehr schlei-
fend arbeitet. Zunehmender Glanzgrad ist mit klei-
Die scheibenförmigen Werkzeuge sind flexibel und nerem Polierkorndurchmesser und feinerem Gewebe
bestehen aus Sisalfasern oder textilen Werkstoffen. des Trägerwerkzeugs zu erreichen.
Die Umfangsgeschwindigkeit der Scheiben reicht
von 30 m/s bei Stahl bis 60 m/s bei der Leichtme- Um ein gutes Arbeitsergebnis zu erhalten, müssen
tallbearbeitung; sie liegt also im Bereich der Schleif- die Werkzeuge schwingungsfrei laufen. Hierzu ist
bearbeitung. Mit bürstenartigen Werkzeugen aus das Trägerwerkzeug von Zeit zu Zeit mit einem
Fiber- oder Sisalfasern lassen sich Vorpolierarbeiten scharfen Drehmeißel abzurichten.
durchführen. Zum Fertigpolieren, besonders bei wei-
chen Werkstückstoffen, werden Werkzeuge aus Fla- In automatischen Bearbeitungsstationen setzt man
nell, Seide oder Wolle angewendet. Harte Werkstück- auch bänderartige Trägerwerkzeuge ein, die einen
stoffe werden mit Nessel- oder Köpergewebe bear- geringen Poliermittelverbrauch und eine bessere
beitet. Polierwirkung mit sich bringen.
344 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Bild 4-161
Werkstoffabtrag in Abhängigkeit von der Bearbeitungsdauer
bei unterschiedlichen Vibrationsfrequenzen.
tionsverfahren dünnwandige Teile allseitig in ver- organisch gebundene Körper; Sonderchips aus
hältnismäßig kurzer Zeit bearbeitet werden können. Glas, Nussschalen, Hartholz, Plaste, Schlacken,
Die Anlagen kommen hauptsächlich in wendelför- Filz und Leder.
mig aufgebauter Form oder in Langtroganordnung
zum Einsatz. Sie können verkettet mit Zufuhrgerä- Die Art der Schleifkörper richtet sich nach dem zu
ten und Trockengeräten in den Produktionsablauf bearbeitenden Werkstoff, dem Rohzustand der Werk-
eingebaut werden. stücke und der verwendeten Anlage. Die Größe
wird bestimmt durch die Form und Größe der Werk-
Um das Zeitspanvolumen beim Gleitschleifen zu er- stücke. Für Polierarbeiten werden z. B. feinschlei-
höhen und die Bearbeitungszeit zu verkürzen, müs- fende Chips verwendet mit geringem Gewicht und
sen die wirksamen Kräfte vergrößert werden. Das größerer Elastizität. Compound-Lösungen haben
Fliehkraftverfahren nutzt die Zentrifugalkraft aus. die Aufgabe,
Werkstückkanten lassen sich in kurzer Zeit verrun- – die Schleifwirkungen zu verstärken durch Ab-
den. Durch die sich drehende tellerförmige Boden- stumpfen der Chip-Oberfläche oder zu vermin-
platte der Anlage werden Schleifkörper und Werk- dern durch Filmbildung auf den Chips und dem
stücke nach außen an die Behälterwand gedrückt. Werkstück,
– Chips und Werkstücke zu reinigen,
Bild 4-162 zeigt das Verfahrensprinzip. Langsam – für einen ausreichenden Korrosionsschutz zu
wandern die Schleifkörper und Werkstücke nach sorgen und
oben und fließen zur Mitte des Tellers hin zurück. – unterschiedliche Wasserhärten auszugleichen.
Schleifkörper (Chips) in Verbindung mit der Com-
pound-Lösung sind Zuschlagstoffe, die den Gleit- Sie sollten leicht von den Werkstücken abspülbar
schleifprozess und das Arbeitsergebnis in weiten Be- und abwassertechnisch neutral sein.
reichen beeinflussen. Als Chips werden verwendet:
– Naturstein (gebrochen in verschieden klassier- Das Mischungsverhältnis von Volumen Gleitkörper
ten Größen): Basalt, Dolomit, Quarzstein, Schmir- zum Volumen der Werkstücke beeinflusst das Zeit-
gel, Bimsstein; spanvolumen sowie die Rauheit und Gleichmäßig-
– synthetische Schleifkörper, gebrochen in ver- keit der Werkstücke. Bei einfachen Teilen genügt
schieden klassierten Größen mit großem Ab- ein Mischungsverhältnis von 3:1, bei schwierigen
tragswert; Teilen, z. B. bei langen dünnen Teilen, kann es bis
– vorgeformte synthetische Schleifkörper (Kugel, zu 10:1 betragen.
Dreieck, Pyramide, Rhombus, Zylinder, Würfel,
Kegel) als keramisch oder metallkeramisch bzw. Die Bearbeitungszeit ist abhängig vom Werkstück
und von der abzutragenden Werkstückstoffmenge.
Kürzere Bearbeitungszeiten sind durch eine zwei-
stufige Arbeitsweise erreichbar, z. B. Entgraten in
der Fliehkraftanlage und Feinschleifen im Vibrator.
4.7.5 Strahlspanen
Nach dem Verwendungszweck sind die Strahlver- reichbares Zeitspanvolumen, das von der kinetischen
fahren einzuteilen in Rau- und Glattstrahlen sowie in Energie mv2c /2 abhängig ist, sind nachfolgend auf-
Läpp- und Polierstrahlen (s. a. Abschn. 4.7.3.1). geführt:
Mikroschleifscheiben
Mikroschleifscheiben Mikroschleifstifte
1 mm 1 mm 0,2 mm
10 mm
Diamant- Diamant- CVD-Diamant-
Mikroschleifscheibe Schleifstift Schleifstift Schleifstift
D 1/2-3 D 64 D 46 D 2-6
Bild 4-163
Schleifwerkzeuge für das Mikroschleifen
4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 347
0,1 mm 5 μm
Bild 4-164
Kleinster Diamant-Mikroschleifstift (REM-Aufnahmen: Fraunhofer Institut Braunschweig).
348 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Bild 4-165
Profilieren von Mikroschleifwerkzeugen (links Schema, rechts Foto).
4.8 Abtragende Verfahren 349
Werkzeug
Mikroschleifscheibe
bS = 100 μm
D = 1/2 - 3 μm
Bindung: 202 J
Prozessbedingungen
vc = 80 m/s
vft = 300 mm/min
Kühlschmierstoff: Emulsion
Werkstück
Silicium {100}
Bild 4-166:
50 μm Optimierte Prozessparameter für die
Mikrostrukturierung von Silicium
Die duktile Zerspanung hat somit einen entschei- Neben dem Schleifen verfügen auch andere spa-
denden Einfluss auf das erreichbare Bearbeitungs- nende Verfahren mit geometrisch unbestimmter
ergebnis. So ist es möglich, Mikrostrukturen mit Schneide über ein großes Potenzial im Bereich der
Abmessungen von 5 μm bis 6 μm in einkristallines Mikrostrukturierung. So ist das Honen beispiels-
Silicium und Hartmetall zu schleifen. Die bei die- weise sehr gut für eine Endbearbeitung kleinster
sen Strukturgrößen erzielbaren Aspektverhältnisse Bohrungen geeignet. Derzeit wird daran gearbei-
liegen bei etwa 15:1. Eine weitere Reduzierung der tet, Werkzeuge zu entwickeln um Bohrungen, die
Strukturgröße ist derzeit aufgrund der mechanischen kleiner als 1 mm sind, zu honen. Auch das Polie-
Belastung durch die Schleifkräfte noch nicht mög- ren von Mikrostrukturen gewinnt eine immer stär-
lich. kere Bedeutung, da die Anforderungen an die Ober-
flächenqualität von Mikrostrukturen und -bauteilen
Für das Erreichen eines bestmöglichen Schleifer- stetig steigen. Hier besteht zzt. ebenfalls noch ein
gebnisses ist aber immer eine auf den Werkstoff großer Entwicklungsbedarf.
bezogene Prozessoptimierung erforderlich wie Bild
4-166 beispielhaft zeigt. Die für einen duktilen oder
spröden Zerspanungsmodus erforderliche Spandi- 4.8 Abtragende Verfahren
cke kann über die gewählten Einstellgrößen vari-
iert werden. Beim Mikroschleifen mit Umfangs- Abtragen ist Fertigen durch Abtrennen von Stoff-
schleifscheiben liegen die gewählten Schnittge- teilchen von einem festen Körper auf nichtmecha-
schwindigkeiten im Bereich von vc = 60 m/s bis 100 nischem Wege. Das Abtragen bezieht sich hierbei
m/s. Die Vorschubgeschwindigkeiten sind dagegen sowohl auf das Entfernen von Werkstoffschichten
sehr klein. Die Zustellungen sind im Verhältnis zur als auch auf das Trennen von Werkstückteilen. Die
Schleifscheibenbreite relativ hoch. Daher handelt abtragenden Verfahren treten zunehmend in Kon-
es sich beim Mikroschleifen im Allgemeinen um kurrenz zu spanenden Fertigungsverfahren. So sind
einen Tiefschleifprozess. z. B. die chemischen bzw. elektrochemischen Ab-
trageverfahren für Mikrobearbeitungen von höchs-
Zusammengefasst ist das Mikroschleifen eine gutes ter Genauigkeit unersetzlich (Herstellung von Lei-
Beispiel für den Einsatz von konventionellen Fer- terplatten, in der Präzisionsmechanik und in der
tigungsverfahren zur Herstellung von verschieden- Luftfahrttechnik).
artigsten Mikrostrukturen und Mikrobauteilen. Ab-
hängig von der Bearbeitungsaufgabe stehen unter- Die Gruppe 3.4 der abtragenden Verfahren unter-
schiedliche Umfangschleifscheiben und Schleifstif- teilt sich nach DIN 8590 gemäß Bild 4-1 in die Un-
te zur Verfügung, die eine qualitativ hochwertige tergruppen 3.4.1 Thermisches Abtragen, 3.4.2 Che-
Bearbeitung von spröden und harten Werkstoffen misches Abtragen und 3.4.3 Elektrochemisches Ab-
ermöglichen. tragen.
350 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
1
3
Bild 4-167
Varianten der funkenerosiven Bearbeitung EDM (nach J. Flimm, Hanser-Verlag).
a) funkenerosives Senken, b) Senken mit überlagerter Bewegung, c) Schneiden mit ablaufender Drahtelektrode
Regel-
Pinolenantrieb
einrichtung
Maschinengestell
Pinole
Werkzeug
Pumpe
Dielektrikum
Filter
Werkstück
Bild 4-168
Funkenerosive Fertigungsanlage, schematisch (nach W. König und F. Klocke).
4.8 Abtragende Verfahren 351
1000
– funkenerosives Senken, Bohren und Gravieren,
500
– funkenerosives Senken mit überlagerter Bewe-
Abtragrate Vw
mm3
ie = 60 A ie = 100 A gung,
min ii opt – funkenerosives Schneiden mit Draht oder Blatt.
100
50 Für jedes Senkerodieren ist eine spezielle Werkzeug-
ie = 20 A
Versuchsbedingungen
WSt: 56NiCrMoV7 elektrode erforderlich, die ihre Oberflächenkontur
WZ: Cu (+)
t: 0,94
im Werkstück abbildet. Die Vorschubbewegung
10 wird meist in der z-Achse durch die an der Pinole
5 befestigte Elektrode ausgeführt. Der Aufbau einer
50 funkenerosiven Fertigungsanlage geht aus Bild 4-
168 hervor. Den größten Einfluss auf die Abtrag- und
Verschleißkennwerte beim Senkprozess hat die Ent-
relativer Verschleiß J
Bild 4-170
Geometrische Alternativen beim konischen Schneiden (nach AGIE).
352 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Entladestrom (Impulsdauer = konst.) wächst, nimmt wird die Impulsdauer auf 0,2 bis 4 μs begrenzt. Die
er bei Grafit ab. Daher sind Grafitelektroden sehr Pausendauer beträgt dagegen das 20fache, so dass
gut für Schrupparbeiten bei hohem Entladestrom ein hoher Entladestrom bei niedriger Amperebelas-
und langer Impulsdauer einzusetzen. Da die Wärme- tung entsteht. Um die elektrischen Verluste so klein
ausdehnung nur 1/4 von Kupfer beträgt, ist auch wie möglich zu halten, liegen die Schleifkontakte
die Bearbeitungsgenauigkeit höher. in der Drahtführung dicht an der Wirkfuge.
Die geringere Dichte wirkt sich bei Elektroden mit Oft wird dem Voll- oder Schnellschnitt, bei dem die
großem Volumen positiv aus. Bei der Verwendung Hauptkontur mit einer möglichst hohen Schnittrate
von Feinstkorngrafit (Korngröße < 5 μm) können erzeugt werden soll, ein Fein- oder Schlichtschnitt
die Oberflächenwerte Ra = 0,8 μm erreichen. nachgeschaltet. Dadurch kann eine wesentlich bes-
sere Oberflächengüte erzeugt werden.
Das funkenerosive Schneiden mit Draht hat sich
bei der Herstellung zylindrischer bzw. konischer Als Leistungskenngröße wird beim funkenerosiven
Durchbrüche in der Industrie weitgehend durchge- Schneiden die sog. Schnittrate Vw verwendet: Vw
setzt. Besonders in der Stanzereitechnik können = vf h, wobei die Vorschubgeschwindigkeit vf des
Schneidwerkzeuge (Stempel und Matrize) mittels Drahts senkrecht zur Ablaufrichtung mit der Werk-
Drahterosion aus gehärtetem Halbzeug kostengüns- stückhöhe h verknüpft ist. Daher hat hier die Ab-
tig hergestellt werden. Eine Drahterosionsanlage tragrate die Dimension Fläche/Zeiteinheit. Bei vor-
besteht aus einem Gestell mit den Drahtführungen, gegebenem Drahtwerkstoff und -durchmesser wird
dem Antrieb für den umlaufenden Draht und dem die Schnittrate vorwiegend von der Entladeenergie
auf einem Kreuztisch angeordneten Arbeitsbehälter und der Impulsfrequenz bestimmt.
mit dem aufgespannten Werkstück. Das Werkstück
bewegt sich dabei relativ zum Draht, so dass durch Bei konstanter Entladeenergie nimmt die Schnittrate
Überlagerung in x- und y-Richtung beliebige zylin- mit der Anzahl der Entladungen bis zur Grenze der
drische oder konische Konturen erzeugt werden thermischen Belastbarkeit des Drahts zu, Bild 4-171.
können (Bild 4-170).
Als Elektrodendraht wird Messing (CuZn37) ver-
Die für das Drahtschneiden verwendeten Impuls- wendet, da Zink großen Einfluss auf die Bedingun-
generatoren arbeiten mit Spannungen bis 400 V und gen in der Wirkfuge hat. Es verdampft während
Strömen bis ca. 250 A. Als Dielektrikum wird meist der Entladung und verbessert die Zündfähigkeit im
entionisiertes Wasser verwendet. Da der relativ dün- Spalt. Da es sich mit einem Oxidfilm überzieht, wird
ne Draht nicht sehr hoch beansprucht werden kann, ein Aneinanderhaften der Partikel erschwert.
120
mm2
min
Schnittrate VW
Draht
100
Kernmaterial: CuZn20
Beschichtung: CuZn50
90
Messingdraht CuZn37
80 Messingdraht CuZn20
Drahtbruch
70
60 Werkstück: X210CrW12
Höhe: 30 mm
Impuldauer: 1,4 m s
50
0
40 50 60 70 80 kHz 90
Impulsfrequenz fp
Bild 4-171
Abhängigkeit der Schnittrate Vw von der Impulsfrequenz und Drahtart (Quelle: WZL, TH Aachen).
4.8 Abtragende Verfahren 353
Als weitere Anwendungsgebiete neben den Schneid- größeren Rauheit (Bild 4-173). Für die Rauheits-
werkzeugen kommt für das Drahterodieren der Bau kennwerte Ra und Rz gilt bei funkenerosiv erzeugten
von Extrudier- und Strangpresswerkzeugen und die Oberflächen (fast unabhängig von Werkstoffpaarung
Herstellung von Spritz- und Druckgussformen in und Einstellparametern): Rz = 5 Ra.
Betracht. Moderne Schneidanlagen weisen eine Po-
100
sitioniergenauigkeit von < 1 μm und eine Umrissto-
100
50 50
leranz von ± 3 μm auf. Durch die hohen Schnittra-
m m m m
ten > 300 mm2/min bei der Bearbeitung von Stahl-
arithmetische Rautiefe Ra
Rz
gemittelte Rautiefe Rz
10 10
werkstoffen wird das Drahterodieren auch in der 5 5
Serienfertigung eingesetzt. Ein Beispiel geht aus
Ra
Bild 4-172 hervor, das eine funkenerosiv geschnit-
1 1
tene Statorschaufel zeigt, bei der keine Nacharbeit 0,5 0,5
nötig ist. Werkstück:
Werkzeug:
56NiCrMoV7
Cu
Leerlaufspannung: ui = 120 ... 180 V
Entladestrom: ie = 1... 90 A
0,1
Die Oberfläche erodierter Werkstücke wird charak- 0,1 1 10 102 103 mJ 104
terisiert durch die Überlagerung einzelner Entlade- Entladeenergie We
krater, sie ist daher narbig und weist keine gerich- Bild 4-173
teten Bearbeitungsspuren auf. Zur überschlägigen Oberflächenrauheit in Abhängigkeit von der Entladungsen-
Beurteilung bzw. Klassifizierung wurde vom VDI ergie beim Erodieren(Quelle: WZL, TH Aachen).
ein Oberflächennormal geschaffen. Die Rauheit der
Oberfläche wird durch die Größe der einzelnen 4.8.2 Chemisches Abtragen
Krater und damit durch die Entladeenergie be-
stimmt. Größere Erosionskrater führen zu einer Beim chemischen Abtragen muss eine chemische
Reaktion zwischen Wirkmedium und Werkstück-
stoff ablaufen. Die Werkstoffteilchen werden da-
durch abgetrennt, dass sich die entstehende Verbin-
dung leicht entfernen lässt oder aber flüchtig ist.
Mindestens eine der Komponenten (Werkstück oder
Wirkmedium) ist elektrisch nichtleitend.
Schutzschichten einritzen. Nach der Ätzung werden Die Anlage besteht aus einem Maschinengestell, in
die Schutzschichten durch Lösungsmittel entfernt. dem die als Glocke ausgebildete zylindrische Ent-
Wenn die Ätzung mit wässriger Fluorwasserstoff- gratkammer eingebaut ist. Ein Rundschalttisch, auf
lösung erfolgt, bleiben die geätzten Glasflächen dem je nach Anlagenmodell 2, 5, oder 6 Schließteller
durchsichtig klar. Wird gasförmiger Fluorwasser- lagern, ist in die Maschine integriert. Die Schließtel-
stoff verwendet, ergibt sich eine mattierte, nur durch- ler dienen gleichzeitig als Werkstückauflage oder
scheinende Glasoberfläche. als Auflage für vielleicht erforderliche Werkstück-
haltevorrichtungen. Sie werden außerhalb der Ar-
4.8.2.2 Thermisch-chemisches Entgraten (TEM) beitszone be- und entladen und schwenken unter die
Bei der Thermischen Entgrat-Methode (TEM) wer- Entgratkammer. Der Schließteller wird hydraulisch
den in einer mit einem Sauerstoff-Brenngasgemisch oder mechanisch von unten gegen die Entgratkam-
gefüllten Kammer die am Werkstück befindlichen mer gepresst und schließt dort gasdicht ab.
Grate verbrannt (Bild 4-174). Der eigentliche Ver-
brennungsvorgang dauert nur wenige Millisekun- Die für die jeweilige Entgrataufgabe erforderliche
den, so dass die Werkstücke nur unwesentlich er- Gasmenge wird in Gaszylindern abgemessen und
wärmt werden (ca. 100 °C bis 190 °C je nach Wärme- hydraulisch in die Entgratkammer eingeschoben. In
kapazität des Werkstückes). einem vorgeschalteten Mischblock werden die Gase
gleichmäßig gemischt und nach dem Verschließen
Durch den schlagartigen Temperaturanstieg, der je der Gasventile durch eine Zündkerze gezündet.
nach Gasgemisch und Gasmenge bis zu 3000 °C
betragen kann, werden alle Werkstückpartien über- Als Brenngase können Erdgas, Methan oder Wasser-
hitzt, die ein großes Oberflächen/ Volumenverhält- stoff verwendet werden.
nis haben. Dies sind in aller Regel die Grate. Auf-
grund ihrer großen Oberfläche absorbieren sie sehr Stahl- und Graugussteile lassen sich von scharf-
viel mehr Strahlungswärme, als über die relativ klei- kantig gratfrei bis zu kleinen Kantenverrundungen
nen Gratquerschnitte abgeführt werden kann. Infol- problemlos entgraten, Bild 4-175.
gedessen kommt es zu einem Wärmestau im Grat,
der das Anzünden und anschließende Verbrennen Zink- und Aluminiumteile werden bei Zerspan-
mit freiem Sauerstoff ermöglicht. graten scharfkantig gratfrei, während Formteilungs-
grate mit dickem Gratfuß bei Druckguss bis auf klei-
ne Aufwürfe reduziert werden können.
Brenngas
Gewindespitzen
werden nicht
angegriffen
Bild 4-174
Druckkammer für das Thermische Entgraten und Werkstück- Bild 4-175
beispiel mit Grat. Entgratbeispiel (Fa. Benseler Entgratungen GmbH).
4.8 Abtragende Verfahren 355
4.8.3 Elektrochemisches Abtragen sungen auf, das Werkstück ist gratfrei und weist ei-
ne gute Oberflächenbeschaffenheit auch bei hoher
Das elektrochemische Abtragen (ECM) beruht auf Abtragleistung auf.
der Auflösung eines als Anode gepolten metallischen
Werkstoffs in einem elektrisch leitenden Medium. EC-Senkanlagen bestehen grundsätzlich aus der
Der dazu nötige Stromfluss wird meist durch eine Elektrolytversorgung, der Bearbeitungsmaschine
äußere Spannungsquelle bewirkt. Nach DIN 8590 und dem Gleichstromgenerator, der die geregelte
wird zwischen dem Arbeitsspannung zwischen 20 und 30 V liefert. Ei-
– elektrochemischem Profilabtragen, dem ne Vorschubeinheit sorgt für die Relativbewegung
– Oberflächenabtragen und dem zwischen Werkstück und Werkzeugelektrode, wobei
– elektrochemischen Ätzen unterschieden. die Vorschubgeschwindigkeiten zwischen 0,1 und 20
mm/min liegen können. Als Elektrolytpumpen wer-
Das EC-Profilabtragen wird mit hoher Wirkstrom- den häufig Kreiselpumpen eingesetzt (Förderleistung
dichte bis 10 A/cm2 durchgeführt. Der Elektrolyt 100 bis 800 l/min, Förderdruck 10 bis 50 bar). Die
strömt mit hoher Geschwindigkeit durch einen en- Abtragprodukte in Form von Metallhydroxiden müs-
gen Spalt (ca. 0,1 mm) zwischen Werkstück und sen ständig aus dem Elektrolytkreislauf durch Sepa-
Werkzeugelektrode hindurch und entfernt dabei den ratoren oder Zentrifugen entfernt werden.
Abtrag aus der Fuge. Beim EC-Oberflächenabtra-
gen werden Oberflächenschichten beliebiger Aus- Der Prozess wird vorwiegend durch die aufwändige
dehnung mit niedriger Wirkstromdichte von etwa ECM-Vorrichtung beeinflusst (Bild 4-176). Die Vor-
0,4 bis 3 A/cm2 elektrolytisch bearbeitet (z. B. EC- richtung muss außer dem Spannen und Ausrichten
Polieren oder EC-Entmetallisieren). Wichtiger ist des Werkstücks auch die Kontaktierung sicherstel-
das EC-Senken, das besonders im Flugzeug- und len. Die Teile, die mit dem Elektrolyten in Berüh-
Automobilbau eingesetzt wird. rung kommen, sind besonders korrosionsgefährdet
und werden daher aus Kupfer, Messing oder rost-
Man kann damit komplizierte geometrische Profile freiem Stahl angefertigt. Die Abtragprodukte und
in schwer zerspanbare Werkstoffe einbringen. Die die Joulesche Wärme müssen schnell abgeführt wer-
Werkzeugelektroden sind weitgehend verschleiß- den, was eine kurze Strömungslänge des Elektroly-
frei, es treten keine thermischen Gefügebeeinflus- ten im Arbeitspunkt bedingt. In der Praxis ist die
äußere Zuströmung mit Elektrolytabfuhr durch das
Werkzeug einfacher zu handhaben als die innere.
Als gebräuchliche Elektrolyte kommen NaCl- und
NaNO3-Lösungen in Frage, deren Leitfähgkeit zwi-
schen 50 und 300 mS/cm liegt.
Elektrolytaustritt
Zur Ermittlung der elektrochemischen Bearbeitbar-
Maske keit wurde ein Normversuch entwickelt, um u. U.
Dichtung umfangreiche Vorversuche einzusparen. Dadurch
Werkzeug
können für einen bestimmten Werkstoff Angaben
Manschette
Zentrier- gemacht werden über das Abtragverhalten, die Spalt-
und Elektrolyt-
Kontaktier- eintritt ausbildung und die Oberflächengüte. Bild 4-177
einrichtung Isolierung zeigt für zwei verschiedene Werkstoffe die im Norm-
versuch ermittelte Abhängigkeit des Mittenrauwerts
Ra von der Stromdichte J. Der hyperbolische Ver-
lauf bestätigt, dass mit zunehmender Bearbeitungs-
geschwindigkeit die Oberflächengüte besser wird.
Die im Diagramm aufgeführten (auf der Stirnseite
gemessenen) Spaltweiten s90 = 0,3 bis 1 mm haben
Werkstück keinen signifikanten Einfluss. Als nachteilig kann
Bild 4-176 angemerkt werden, dass im Seitenspaltbereich die
Vorrichtung für das elektrochemische Senken (nach W. König Oberflächengüte bei den dort herrschenden kleinen
und F. Klocke). Stromdichten schlechter ausfällt.
356 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
2
s90 = 0,3 mm – den Werkstoff zu verbrennen und aus der Schnitt-
s90 = 0,5 mm
s90 = 1,0 mm fuge zu blasen. Dies geschieht durch den Schneid-
sauerstoffstrahl, der durch den i. Allg. zentrisch
1
angeordneten Kanal auf die erhitzte Werkstück-
oberfläche geleitet wird.
0
Bild 4-178 zeigt schematisch die prinzipiellen Vor-
1,5
Werkstoff: TiAl6V4
gänge beim Brennschneiden. Für den Ablauf des
m m Elektrolyt: NaCl; 12 kg/100 l H2O; 35 °C Brennschneidvorganges ist das Vorwärmen der Werk-
stückoberfläche auf die Entzündungstemperatur Tz
Mittenrauwert Ra
che ist nicht erzeugbar. Bestenfalls ist diese Qua- 4.9.1.2 Thermische Beeinflussung der
lität für »Schrottschnitte« akzeptabel. Tz ist abhän- Werkstoffe
gig von der Art des Werkstoffes und seiner Zu- Ähnlich wie bei jedem Schmelzschweißverfahren
sammensetzung. Sie liegt bei unlegierten und nie- entstehen auch beim Brennschneiden z. T. sehr hohe
driglegierten Stählen bei ca. 1150 °C und nimmt Aufheiz- und vor allem Abkühlgeschwindigkeiten,
mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt zu. Bei ca. die eine Reihe von unerwünschten Änderungen der
2 % Kohlenstoff ist sie gleich der Schmelztempe- Schweißverbindung und ihrer Eigenschaften hervor-
ratur. Damit ist die Grenze der Brennschneidbar- rufen können, z. B.
keit gekennzeichnet. – Aufhärtung (bei umwandlungsfähigen Stählen)
– Die bei der Verbrennung entstehenden Oxide in der wärmebeeinflussten Zone im Bereich der
müssen einen niedrigeren Schmelzpunkt besit- Brennschnittfläche,
zen als der Werkstoff 4). Sie sollten so dünnflüs- – Eigenspannungen, die Verzug und Maßände-
sig sein, dass sie vom Schneidsauerstoffstrahl rungen des Bauteil bewirken können,
ausreichend leicht ausgetrieben werden können. – Rissbildung infolge Werkstoffversprödung und
– Die Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes sollte der Wirkung hoher Eigenspannungen und extre-
möglichst klein, seine Verbrennungswärme mög- mer Härte aufgrund von Martensitbildung in
lichst groß sein. der Wärmeeinflusszone.
Bild 4-180
Querschnitt eines Handschneidbrenners (Saugbrenner).
4.9 Thermisches Schneiden 359
schnittflächen. Nur durch eine entsprechende Aus- der Qualität der Führungseinrichtungen mit Werk-
bildung des Brennschneiders – vor allem die des zeugmaschinen vergleichbar sein müssen. Dieser
Bedieners stationärer Brennschneidmaschinen, des- häufig nicht genügend beachtete Umstand beruht
sen Bedeutung und dessen erforderliche Kenntnisse sicherlich z. T. auf der Fehleinschätzung, nach der
häufig unterschätzt werden – kann die Wirtschaft- das Werkzeug »Flamme« keine Reaktionskräfte
lichkeit und Qualität des Brennschneidens erreicht auf das Schneidgut ausübt. Diese Vorstellung be-
werden. rücksichtigt nicht die erheblichen durch Tempera-
turdifferenzen entstehenden Kräfte und die Notwen-
Der Brennschnitt kann mit handgeführten, tragbaren digkeit einer möglichst ruckfreien, kontinuierlichen
oder mit stationären Brennschneidmaschinen aus- Brennerbewegung.
geführt werden, die in vielfältigsten Bauarten ange-
boten werden. Der Nachteil der handgeführten Ma- Das wichtigste Bauprinzip ist das Kreuzwagensys-
schinen ist, dass die für den auszuführenden Schnitt tem mit Längs- und Querantrieb (praktisch immer
erforderlichen Informationen auf dem Blech aufge- als Koordinatenantrieb), das in drei grundsätzlichen
zeichnet werden müssen. Die Schnittqualität hängt Bauweisen realisiert wird, Bild 4-182:
also von der Genauigkeit der »Zeichnung« und der – Ausleger,
manuellen Geschicklichkeit des Brennschneiders ab. – Portal,
Der Verarbeiter muss beachten, dass zum Herstel- – Kombination aus Ausleger- und Portalbauwei-
len hochwertiger, formgenauer Bauteile die Brenn- se.
schneidmaschinen im Aufbau, in der Stabilität und
vy
v
y
a
a’
vx
vx = v × cos a
vy = v × sin a
a) v2 = v x2 + vy2 = konst.
a
x
Bild 4-183
Mechanische Grundlagen des Koordinatenantriebs:
a - a’ = Verlauf der Bahnkurve, v = Vektor der Schnittgeschwin-
digkeit
10 dick
M16
M30
460
M20
700
a) b)
Bild 4-184
Werkstück mit Gewindebohrungen a) und zugeordneter Abtastplan b), in dem die Mittelpunkte der Ansenkungen miteinander
verbunden sind (nach Messer Griesheim).
v2 = vx2 + vy2 = v2 ⋅ (sin2 a + cos2 a) = konst. [4-77] befestigten Metallstück und dem Werkstück besteht.
Der eingestellte Düsenabstand kann inner halb
Die Bewegung der Servomotore wird also von der ± 1,5 mm konstant gehalten werden, bei größerem
Lage der Koordinaten auf dem Schneidtisch be- apparativen Aufwand sind auch ± 0,5 mm möglich.
stimmt. Mit dieser Antriebsart können Schneidge- Diese Werte sind z. B. für die Herstellung von
schwindigkeiten bis 6000 mm/min erreicht und Schweißfugen (Schrägschnitte!) erforderlich.
kleinste Radien von etwa 20 mm nachgefahren
werden. Mit Hilfe spezieller Einrichtungen lässt sich durch
Zusammenfassen der drei wichtigsten Bearbeitungs-
Beim Schneiden kleiner Radien wird der die Schnitt- verfahren Brennschneiden, Anreißen, und Ansen-
qualität bestimmende Rillennachlauf so groß (Ab- ken bzw. Bohren die Blechbearbeitung in großem
schn. 4.9.1.5), dass Nacharbeit des Schneidgutes er- Umfang rationalisieren. Pneumatisch arbeitende
forderlich ist. Dieser Nachteil lässt sich durch die Körn- oder Ansenkwerkzeuge erzeugen gut sichtba-
automatische Eckenverzögerung beseitigen. Vor re Körnungen/Senkungen in der Blechoberfläche.
Erreichen einer scharfen Umlenkung wird die Ge- Für einen mechanisierten Ablauf werden bei foto-
schwindigkeit soweit verringert, dass der Rillennach- elektrisch gesteuerten Brennschneidmaschinen sog.
lauf vernachlässigbar ist. Abtastzeichnungen verwendet 5), bei denen die Mit-
telpunkte der Ansenkungen/Bohrungen durch eine
Ein weiterer die Schnittqualität bestimmender Fak- Linie verbunden sind, die Codes in Form von Ver-
tor ist der richtige und gleichbleibende Abstand der dickungen enthält, Bild 4-184. Beim Erreichen einer
Schneiddüse von der Werkstückoberfläche. Bei der derartigen Markierung schaltet der Abtastkopf auf
unvermeidbaren Welligkeit der Bleche und der beim Schleichganggeschwindigkeit um, an ihrem Ende
Schneiden vor allem der dünnwandigen Bauteile hält die Maschine an, und es wird angesenkt. Die
entstehenden Verwerfungen ist eine automatische Positioniertoleranz ist dabei kleiner als ± 0,5 mm.
Brennerhöhenverstellung eine große Hilfe. Für
senkrechte Formschnitte hat sich die kapazitive In vielen Fällen sind auf dem Bauteil festhaftende
Brennerhöhenverstellung bestens bewährt. Der Ab- Markierungen, Schweißpositionen, Teile- bzw Po-
stand wird durch die Änderung der Kapazität eines sitionsnummern usw. anzubringen. Hierfür ist das
Kondensators geregelt, der aus einem am Brenner Pulvermarkieren hervorragend geeignet. Mit Hil-
fe eines Pulvermarkierbrenners wird Zinkpulver zu-
sammen mit Sauerstoff auf das Blech geblasen und
5)
Bei nummerisch gesteuerten Brennschneidmaschinen ist hier durch die Heizflamme angeschmolzen. Es ent-
keine Abtastzeichnung erforderlich. Sie fahren im Eilgang stehen festhaftende, deutlich begrenzte etwa 1 mm
jeweils zu der nächsten Position. breite Linien.
4.9 Thermisches Schneiden 361
Bild 4-185
Mit einem Rechnerprogramm automatisch erzeugter Brennschneidplan (»Schachtelplan«), nach Messer Griesheim.
362 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
reich durch Starten von Prüfroutinen ganz erheb- 4.9.1.4 Technik des Brennschneidens
lich. Vor dem Einstellen der Heizflamme wird zunächst
bei geöffnetem Schneidsauerstoffventil der korrekte
Aus verschiedenen Gründen (Abschn. 4.9.1.4) ist Schneidsauerstoffdruck, danach die Heizflamme
das Anschneiden innerhalb der Blechtafel dem An- neutral eingestellt. Die korrekte Heizflamme und
schnitt von der Kante vorzuziehen. Für diese Auf- der zylindrische Schneidsauerstoffstrahl sind abso-
gabe wird bei stationären Brennschneidmaschinen lute Voraussetzungen für hochwertige Schnitte,
die Lochstechautomatik verwendet. Auf die auf Bild 4-186.
Entzündungstemperatur erwärmte Werkstückober-
fläche strömt mit geringerem Druck der Schneid- Der Brennschneidprozess kann an der Kante oder
sauerstoff, der den Verbrennungsvorgang einleitet im Werkstückinneren mit der Technik des Lochste-
und den Maschinenvorschub einschaltet. Nach Ab- chens beginnen. Die Güte der Brennschnittoberflä-
lauf einer maschinenintern gespeicherten Zeit wird chen und die Maßtoleranzen (Formteilgenauigkeit)
der Schneidsauerstoffdruck auf den für die Schneid- werden von der Art des Anschneidens beeinflusst.
dicke gültigen Wert erhöht. Als Regel und grundsätzliche Empfehlung gilt, dass
das Bauteil möglichst lange mit der Blechtafel ver-
Das Brennschneiden von Werkstücken mit geringe- bunden bleiben muss. Dadurch können sich die
rer Wanddicke (1 mm bis 6 mm) führt wegen der Rand- bzw. Abfallbereiche frei bewegen, die Lage
folgenden Tatsachen meistens zu Schwierigkeiten, des festen Bauteils relativ zur Lage des Informa-
die Nacharbeit und z. T. erhebliche zusätzliche Kos- tionsträgers (z. B. Schablone, Zeichnung) bleibt aber
ten verursachen: weitgehend unverändert. Daraus ergeben sich eini-
– Verzug in der Blechebene, ge wichtige Folgerungen, Bild 4-187:
– Entstehen festhaftender Schlacke an der Schnitt-
unterseite (»Bartbildung«).
2 3
d) e)
Bild 4-187
Technik des Anschneidens:
a) Falsch: das angeschnittene Bauteil bewegt sich sofort
nach dem Anschneiden, weil es mit der Blechtafel nicht
solange wie möglich verbunden blieb. Die Formteilgenau-
igkeit ist daher nicht optimal
a) b) c) b) Im Wesentlichen bewegt sich der Abfall, das Werkstück
bleibt lange fest mit der Tafel verbunden
Bild 4−186 c) Anschnitt im Tafelinneren verringert die Möglichkeit der
Flammeneinstellung: Bauteilbewegung noch weiter, daher zu bevorzugende
a) Bei geöffnetem Heizsauerstoffventil mit Brenngasventil Anschnitttechnik, i. Allg. ist aber eine Lochstechautoma-
zunächst Acetylenüberschuß einstellen tik erforderlich bzw. zweckmäßig
b) Brenngasventil solange schließen, bis neutrale Flamme d) Möglichst rechtwinklig zur Blechkante anschneiden: (1)
eingestellt ist besser als (2), optimal ist (3)
c) Schneidsauerstoffventil öffnen und Flamme erneut neutral e) Innenausschnitte in Formteilen zuerst schneiden (1). Auf
nachstellen. Zu beachten ist der zylindrische, scharf be- tangentialen Einlauf achten, um Bildung von Kerben zu
grenzte Schneidsauerstoffstrahl vermeiden (sonst Nacharbeit erforderlich)
4.9 Thermisches Schneiden 363
100
160
250
400
630
verfahren
2,5
1,6
6,3
40
10
25
63
16
EN ISO 4288 aus den Einzelrautiefen (Z1 bis aus wirtschaftlichen Gründen mit nur einer Messung
Z5) fünf aneinandergrenzender Einzelmessstre- feststellbar sein.
cken ermittelt (Bild 4-190).
Die weniger wichtigen Kenngrößen Rillennachlauf
tw
Zt4
Zt1
Zt5
Zt3
u u
Zt2
a)
Bild 4-189
Für die Beschreibung der Schnittflächenqualität erforderliche
Form- und Lagetoleranzen.
a) tw die auf A bezogene Rechtwinkligkeitstoleranz,
u Rechtwinkligkeitstoleranz in Schneidstrahlrichtung
lr
b) Messbeispiel für die Ermittlung der Rechtwinkligkeits- ln
und
c) der Neigungstoleranz u (nach DIN EN ISO 9013) l n = Gesamtmessstrecke
Z t1 bis Z t5 = einzelne Profilelemente
l r = Einzelmessstrecke (= 1/5 von l n)
Lage und Anzahl der Messstellen hängen von der
Größe, Form und u. U. dem Verwendungszweck Bild 4-190
Ermittlung der gemittelten Rautiefe Rz5 (nach DIN EN ISO
ab z. B. bei thermisch geschnittenen Werkstücken,
4288).
bei denen eine hohe Schnittqualität gefordert wird ln Gesamtmessstrecke
oder die nach dem Schneiden nicht weiter bearbei- Zt1 bis Zt5 Einzelrautiefen
tet werden. DIN EN 12584 beschreibt die Termi- lr Einzelmessstrecke (= 1/5 von ln)
nologie der Unregelmäßigkeiten an Brenn-, Plas-
ma- und Laserschnitten. Die Qualität der Schnittflächen thermisch geschnt-
tener Werkstoffe wird eindeutig durch die Rechtwin-
Die Anzahl der Messstellen beträgt bei der Recht- kligkeits- und Neigungstoleranz und die gemittel-
winkligkeits- und Neigungstoleranz u 2 mal 3 Mes- te Rautiefe Rz5 beschrieben. Die qualitative Ein-
sungen mit je 20 mm Abstand voneinander je Me- teilung ist demnach abhängig von der Größe der
ter Schnitt, bei Rz5 eine je Meter Schnitt. Rechtwinkligkeits- und Neigungstoleranz, der ge-
mittelten Rautiefe und der geforderten Toleranz, dar-
Bild 4-189 zeigt die Rechtwinkligkeits- und Nei- gestellt durch die Lage der Toleranzfelder Bereich
gungstoleranz u. Das sind bezogene Richtungsto- 1 bis Bereich 4 (5), Bild 4-192. Bei Bedarf können
leranzen, d. h., sie erfordern für ihre korrekte Be- zusätzliche Qualitäten vereinbart werden, wobei
schreibung einen Bezug A . Sie werden bei brenn- die Felder in der Reihenfolge u und Rz5 angegeben
geschnittenen Teilen nicht einzeln angegeben, weil werden. Wird dabei auf die Festlegung eines Wer-
sich ihre Größe nicht mit einem vertretbaren Auf- tes verzichtet, ist eine Null zu setzen.
wand bestimmen lässt. Außerdem soll die geometri-
sche Beschaffenheit eines brenngeschnittenen Teils Die geometrische Genauigkeit der Bauteilabmes-
4.9 Thermisches Schneiden 365
r
r
Rillentiefe n n n
Bild 4-191
Erklärung einiger Qualitätsmerkmale von Brennschnittflächen: Rillentiefe, Rillenbreite, Rillennachlauf n, Anschmelzung r
(nach DIN EN ISO 9013).
sungen wird von den Maßtoleranzen der Nennmaße 1 und 2) sind bestimmte Grenzabmaße zulässig
(Zeichnungsmaße) bestimmt. Form- und Lagetole- (Tabelle 4-9), die für Maße ohne Toleranzangaben
ranzen, die für die Funktion vieler Werkstücke wich- gelten, wenn z. B. auf Zeichnungen auf die Norm
tiger sind, müssen getrennt von den Maßtoleranzen DIN EN ISO 9013 verwiesen wird. Nach dem älte-
angegeben werden. Je nach Toleranzklasse (z. B. ren Tolerierungsgrundsatz, der aber in der Schweiß-
6
mm
1: u = 0,005 + 0,004× a in mm
5 2: u = 0,15 + 0,007× a in mm
Rechtwinkligkeits- und
4 4: u = 0,8 + 0,02× a in mm
5: u = 1,2 + 0,035× a in mm
3
Bereich 4
2
Bereich 3
1 Bereich 2
Bereich 1
0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 mm 150
a) Schnittdicke a
350
1: Rz5 = 10 + (0,6 × a: in mm)
m m 2: Rz5 = 40 + (0,8 × a: in mm)
3: Rz5 = 70 + (1,2 × a: in mm)
gemittelte Rautiefe Rz5
Bereich 4
4: Rz5 = 110 + ( 1,8 × a: in mm)
250
200
Bereich 3
150
Bereich 2
100
50
Bereich 1
0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 mm 150
b) Schnittdicke a
Bild 4-192
Zur Definition und Beschreibung der Qualität von Brennschnittflächen, nach DIN EN ISO 9013:
a) Rechtwinkligkeits- und Neigungstoleranz u in mm
b) Zulässige gemittelte Rautiefe Rz5 in mm
366 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
technik noch weitgehend angewendet wird, müs- (auch Tulpennähte sind mit einer speziellen Bren-
sen die Form- und Lagetoleranzen kleiner gleich neranordnung und Schneidtechnik erzeugbar) kön-
der Maßtoleranz sein. nen mit dem Brennschneidverfahren wirtschaftlich
hergestellt werden. Man schätzt, dass 75 % aller
Die geforderte Schnittqualität und die geforderte Schweißfugen mit diesem Verfahren erzeugt wer-
Toleranzklasse müssen auf einem Symbol nach ISO den. In der Bundesrepublik Deutschland werden in
1302 wie folgt angegeben werden: der metallverarbeitenden Industrie pro Jahr unge-
➊ ➋➌➍ ISO 9013 - 342
fähr 750 000 km Brennschnitte hergestellt. Die Inves-
z. B.
titionskosten für die apparative Einrichtung sind i.
Allg. gering, die Betriebsstoffe preiswert und leicht
➊ Angabe der Hauptnummer dieser Norm verfügbar.
(DIN EN ISO 9013),
➋ Angabe der Rechtwinkligkeits- und Neigungsto- Für Gusseisen und andere nicht brennschneidbare
leranz u, Bild 4-192a), Werkstoffe (z. B. hochlegierte Cr-Ni-Stähle, Alumi-
➌ Angabe der gemittelten Rautiefe Rz5, Bild 4-192b), nium) existieren Sonderverfahren, deren Anschaf-
➍ Angabe der Toleranzklasse, Tabelle 4-9. fungskosten deutlich niedriger sind als die des z. B.
hierfür wesentlich besser geeigneten Plasmaschnei-
4.9.1.6 Anwendung des Brennschneidens dens. Beim Pulverbrennschneiden wird die kineti-
Das Brennschneiden ist das universellste thermische sche Energie des Schneidsauerstoffstrahls durch
Schneidverfahren für un- und niedriglegierte Stäh- Zugaben von Spezialsand (SiO2) soweit erhöht, dass
le. Die schneidbare Werkstückdicke liegt zwischen die Oxide und Schneidschlacken ausgetrieben wer-
2 mm und 3000 mm, die in der Brennschneidpraxis den können.
übliche im Bereich 10 mm bis 300 mm. Bei geringe-
ren Werkstückdicken (1 mm bis 5 mm) sind andere Die künftige Entwicklung ist – bedingt durch die
thermische Schneidverfahren wirtschaftlicher (höhe- Konkurrenzsituation – gekennzeichnet durch den
re Schneidgeschwindigkeit) und oft auch technisch Zwang zu einer weitgehenden Mechanisierung und
besser (deutlich höhere Schnittflächengüte und nur Technisierung. Die ständig sinkenden Preise auf
in begrenztem Umfang Bartbildung). dem Computersektor machen die CNC-Steuerungen
besonders für den Großmaschinen- und Schiffbau
Senkrechte Schnitte und Gehrungsschnitte sind an attraktiv. Rüst- und Nebenzeiten lassen sich damit
beliebig geformten Teilen durchführbar. Insbesonde- ebenfalls deutlich verringern, d. h. technische Wer-
re die vielfältigen Fugenformen der Schweißnähte tigkeit und Wirtschaftlichkeit nehmen zu.
Tabelle 4-9. Grenzabmaße für Nennmaße (DIN EN ISO 9013) in Abhängigkeit von der Toleranzklasse.
Diese gelten nur für Teile, deren Seitenverhältnis (l:b = Länge:Breite) höchstens 4:1 beträgt.
Beispiel:
Schnittdicke a = 60 mm, Abmessungen des auszuschneidenden Bauteils (Rechteck):l = 800 mm, b = 100 mm, Toleranzklasse
1, die Grenzabmaße des geschnittenen Teils betragen: l = 800 ± 1,7 mm, b = 100 ± 1,3 mm. Bei einer geforderten Qualität
Bereich 2 der Schnittfläche darf nach Bild 4-188 u maximal 0,6 mm, die Rautiefe Rz5 maximal 80 mm betragen.
4.9 Thermisches Schneiden 367
digkeit sinnvoll sein. Außerdem wird durch N2-Zu- Ein entscheidender Nachteil dieser Verfahrensvari-
satz die Neigung zur Bartbildung an der Schnittflä- ante ist die absolute Notwendigkeit, die in großem
chenunterkante verringert. Umfang entstehenden giftigen Gase Ozon und Stick-
oxide, durch eine aufwändige Absauganlage mit
4.9.2.1 Verfahrensvarianten nachgeschalteter Nassfiltration zu entsorgen.
Die konventionelle Ar-H2-Plasmatechnik, auch Fein-
strahl- oder »Spitzenelektrodentechnik« ge-nannt, Plasma-Wasserinjektionsschneiden
wird hauptsächlich zum Trennen hochlegierter Stäh- Anstelle des die Umwelt erheblich belastenden Plas-
le und Aluminium verwendet. Infolge der angespitz- ma-Pressluftschneidens hat sich für das Trennen un-
ten Wolframelektrode entsteht bei einem geringen legierter und hochlegierter Stähle weitgehend das
Schneidstrom ein sehr konzentriertes Plasma, mit Plasma-Wasserinjektionsschneiden durchgesetzt.
dem schmale Schnittfugen und eine hervorragende Durch besondere konstruktive und verfahrenstech-
Schnittflächenqualität erzeugbar sind. Ein erhebli- nische Maßnahmen ist der Aufwand für die Dampf-
cher Nachteil beim Schneiden unlegierter und hoch- und Rauchentsorgung und den Lärm- und Strah-
legierter Stähle mit dieser Verfahrensvariante ist lenschutz außerordentlich gering. Die Investitions-
die deutliche Bartbildung an der Schnittkantenun- kosten sind allerdings erheblich und der Umgang
terseite im Schnittdickenbereich < 4 mm. Der Bart mit diesem Verfahren gewöhnungsbedürftig, weil i.
ist nur durch zusätzliche Nacharbeit zu beseitigen, Allg. mit großen Wassermengen gearbeitet wird.
das Verfahren daher sehr viel teurer und unwirtschaft-
licher.
Plasma-Pressluftschneiden
Dieses Problem kann durch die Verwendung von
trockener, ölfreier Druckluft als Plasmagas beseiti-
gt werden. Die Wirkung führt man auf die Anwesen-
heit von Sauerstoffionen im Plasma zurück, die of-
fenbar die Schmelzenviskosität verringern. Das Aus-
treiben der jetzt dünnflüssigen, feintropfigen Schmel-
ze an der Materialunterseite wird sehr erleichtert
und damit die Bartbildung erschwert. Die leicht tem-
peratursteigernde Wirkung des Luftsauerstoffes soll-
te nicht überbewertet werden. Gleichzeitig sind die
Schnittflächen an Werkstoffen aus unlegiertem Stahl
qualitativ hochwertig und die Schnittgeschwindig-
keiten außerordentlich groß 6).
Bild 4-193
Die oxidierende Wirkung des im Plasmagas vorhan- Verfahrensprinzip des Plasma-Wasserinjektionsschneidens,
denen Sauerstoffs erfordert den Einsatz oxidations- schematisch.
beständiger, hochschmelzender Elektrodenwerk-
stoffe (Wolfram scheidet völlig aus). Zirkonium- und Die Düsenkonstruktion besteht aus einem kupfer-
Hafniumlegierungen haben sich für diesen Zweck nen Düsenkörper (D), der als Anode für den Pilot-
bewährt. Ihre im Vergleich zu Wolfram deutlich ge- lichtbogen dient, und einem davor angeordneten
ringere Schmelztemperatur zwingt zu einer inten- Keramikteil (K), Bild 4-193. Der als Plasmagas ver-
siven Kühlung der flächig ausgebildeten Elektrode wendete Stickstoff (N2) wird tangential in den Raum
(geringere Stromdichte als bei einer »Spitzenelek- zwischen Elektrode (E) und Kupferdüse geblasen.
trode«) und der Kupferdüse. Trotzdem wird durch Dadurch schnürt sich der Plasmastrahl ein und wird
die hohe thermische Beanspruchung die Brenner- in Rotation versetzt. Durch den zwischen der Kup-
leistung auf etwa 30 kW begrenzt. ferdüse und der Keramikscheibe vorhandenen Ring-
spalt wird außerdem Wasser radial in den Plasma-
6)
Unlegierter Baustahl, Schnittdicke 5 mm, kann z. B. mit strahl injiziert, der eine weitere Strahlkonzentration
einer 30-kW-Schneidanlage mit ca. 5000 mm/min ge- hervorruft. Nur etwa 10 % des Wassers verdampft,
schnitten werden. der Rest verlässt den Brenner und kühlt ihn sehr
4.9 Thermisches Schneiden 369
intensiv. Der Brenneraufbau ist daher unkompli- – Durch das völlige bzw. teilweise Eintauchen der
ziert, die erreichbaren Standzeiten sind mit keiner zu schneidenden Bleche in Wasser ist die ther-
anderen Verfahrensvariante erreichbar. Der austre- mische Beeinflussung der Werkstücke (Verzug,
tende Wasserstrahl kühlt gleichzeitig das Werkstück, Maßhaltigkeit, Breite der Wärmeeinflusszone)
verhindert die Oxidbildung, reduziert entscheidend sehr gering.
den Verzug der Bauteile und die Breite der ther-
misch beeinflussten Zone im Bereich der Schnitt-
fläche. 4.9.3 Laserschneiden
Ein Teil des in das Plasma eingespritzten Wassers Je nachdem, welche Zustandsänderung der die
dissoziiert. Die entstehenden Sauerstoffionen sind Schnittfuge bildende Werkstoff erfährt, unterschei-
die Ursache für bartfreie hochwertige Schnittflä- det man das Laser-Brennschneiden, Laser-Schmelz-
chen auch an unlegierten Baustählen. Der Elektro- schneiden und das Laser-Sublimierschneiden. Die
denwerkstoff E (Zirkonium, Hafnium) muss der an- Art des verwendeten Schneidgases und die Leistung
greifenden Wirkung des Sauerstoffs widerstehen der Schneidanlage bestimmen weitgehend die Form
können. der Zustandsänderung. Die letzte Verfahrensvarian-
te ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum realisier-
Eine Folge des rotierenden Plasmastrahls ist die un- bar, da die erforderliche extreme Fokussierung des
terschiedliche Abweichung der beiden Schnittflächen Laserstrahles noch nicht möglich ist.
von der Senkrechten. Normalerweise dreht sich der
Strahl in Uhrzeigerrichtung. Auf der rechten Seite Das Verfahren wird überwiegend zum Trennen ein-
ist wegen der größeren Anzahl der rekombinierten gesetzt, zum Schweißen sind deutlich höhere Strahl-
Teilchen die wirksame Energiemenge größer (Re- leistungen erforderlich. Als prinzipieller Verfahrens-
kombinationswärme) als auf der linken. Diese Er- nachteil sind die sehr hohen Investitionskosten und
scheinung ist zu beachten, da bei der »schlechten« der geringe Wirkungsgrad des Laserstrahlers zu nen-
rechten Seite Winkelabweichungen von 5 ° bis 8 ° nen, der beim CO2-Laser maximal 20 % beträgt 7).
entstehen, auf der »guten« linken nur etwa 2 °. Durch
richtige Wahl der Schneidrichtung bzw. des Umfah- 4.9.3.1 Verfahrensprinzip
rungssinnes muss dafür gesorgt werden, dass die Für schweißtechnische Anwendungen ist vor allem
rechte Seite immer im Abfall liegt. der CO2-Gaslaser wegen der großen erreichbaren
Ausgangsleistungen (größer 1000 W) und des sehr
Das Verfahren ist sehr umweltfreundlich und mit guten Wirkungsgrades (15 % bis 20 %) von Bedeu-
einem geringen Belästigungsgrad für die beteiligten tung 8). Der Mechanismus des Lasereffekts 9) ist kom-
Personen verbunden. Es wird entweder betrieben pliziert. Er soll im Folgenden nur sehr pauschal be-
– innerhalb einer geschlossenen Wasserglocke (M schrieben werden.
= Water-Muffler) oder
– in einem Wasserbehälter unterhalb der Wasser- Das Medium der Festkörperlaser besteht aus einem
oberfläche (Bild 4-193). Das Wasserbecken muss Festkörper (Kristall oder Glas) und der in ihm ein-
dann das größte zu schneidende Werkstück auf- gelagerten aktiven Substanz (Dotierung, z. B. Cr +++).
nehmen können. Beim CO2-Laser ist das aktive Medium ein strömen-
des Gemisch aus CO2-He-N2. Der grundlegende
Die Vorteile beider Verfahrensvarianten sind: Vorgang des Lasereffektes ist die Anregung des ak-
– Die entstehenden Schadstoffe (Rauche, Gase)
7)
werden vom Wasser aufgenommen, die Schad- Der Wirkungsgrad von Festkörperlasern ist noch erheblich
gase (Ozon, Stickoxide) zum größeren Teil im geringer. Er beträgt z. B. beim Rubinlaser nur etwa 1 %.
8)
Wasser gebunden. Außer den Gaslasern werden noch Festkörperlaser ver-
– Die UV-Strahlung wird durch das Wasser soweit wendet. Die wichtigsten sind der Rubinlaser und der Neo-
dym-Yttrium-Aluminium-Granatlaser (YAG).
absorbiert, dass keine besonderen Schutzmaß- 9)
Das Kunstwort »Laser« wurde aus den Anfangsbuchsta-
nahmen erforderlich sind.
ben von »Light Amplification by stimulated Emission of
– Der Lärmpegel wird beim Trennen im Wasser- Radiation« gebildet. Frei übersetzt bedeutet dies etwa:
becken auf ungefährliche 75 bis 80 dB(A) redu- Lichtverstärkung durch erzwungene Emission von Strah-
ziert. lung.
370 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
tiven Mediums durch äußere Energiezufuhr, z. B. erstoff durch die freiwerdende Verbrennungswär-
durch eine Gleichspannung beim CO2-Laser. Die me den Schneidvorgang.
dadurch auf äußere Bahnen (höhere Energieni-
veaus!) gehobenen Elektronen kehren nach etwa Der auf die Werkstoffoberfläche auftreffende Laser-
10 − 8 Sekunden wieder auf ihre Grundbahnen zu- strahl kann reflektiert, absorbiert oder hindurchge-
rück, wobei die absorbierte Energie in Form von lassen werden. Nur durch Absorption kann der Werk-
Licht wieder abgestrahlt wird. Dieser Vorgang ist stoff erwärmt werden. Das Absorptionsverhalten
normalerweise spontan, d. h., das emittierte Licht wird u. a. durch die Art der Legierungselemente
ist inkohärent, nicht in Phase und wird in alle Rich- und die Oberflächenbeschaffenheit beeinflusst. Die
tungen regellos abgestrahlt. Der statistische Emis- meisten Metalle absorbieren im sichtbaren und nahen
sionsprozess geht von einer Vielzahl von Atomen un- Infrarotbereich (Wellenlänge < 1 μm) bis zu 40 %
geordnet und unabhängig voneinander aus. Diese der Strahlung. Metalle mit hohem Reflexions- oder
Vorgänge sind z. B. charakteristisch und bestim- niedrigen Absorptionsvermögen (z. B. Au, Ag, Al,
mend für die Funktion der Glühbirne. Mg, Cu) sind daher nur bedingt laserschneidbar.
Nichtmetallische Werkstoffe (Glas, Quarz, Kunst-
Das Laserprinzip erfordert die erzwungene und ge- stoffe, Holz, Leder, Pappe, Plexiglas, keramische
ordnete Emission. Sie wird durch »Anheben« der Werkstoffe!) verhalten sich umgekehrt. Sie sind im
Elektronen auf die oberste Schale ermöglicht und sichtbaren Bereich praktisch transparent, im Infra-
eingeleitet (»Pumpen«). Die technische Realisie- rotbereich können sie bis zu 96 % der Strahlung ab-
rung dieser Vorgänge geschieht in einem optischen sorbieren. Die Anzahl und die Unterschiedlichkeit
Resonator, Bild 4-194. Die Anregung des im Re- der mit dem Laser schneidbaren Werkstoffe werden
sonator strömenden CO2-N2-He-Gemisches erfolgt damit von keinem anderen Trennverfahren erreicht.
mit der Energie einer elektrischen Gasentladung. Für die Wirksamkeit des Schneidprozesses ist außer-
Die emittierte Laserstrahlung mit der Wellenlänge dem die Art der Leistungsdichteverteilung über den
von 10,6 μm liegt im infraroten Bereich, d. h., sie Strahlquerschnitt wichtig. Die erwünschte Gauß-
ist nicht sichtbar 10). Von der in jede Richtung emit- sche Amplitudenverteilung ist z. B. Voraussetzung
tierten Strahlung wird der in Achsrichtung des Reso- für eine gleiche Schneidgeschwindigkeit in jeder
nators verlaufende Teil an dessen Endspiegeln re- Richtung.
flektiert. Dieser Anteil trifft auf weitere angeregte
CO2-Moleküle und erzwingt so eine weitere lawinen- 4.9.3.2 Verfahrensmöglichkeiten und Grenzen
artig anwachsende Emission (Laserstrahlung). Die Die große Leistungsdichte des Laserstrahles (8⋅108
gesamte emittierte Strahlung ist phasen- und ampli- bis 10 ⋅108 W/cm2) macht das Laserschneiden be-
tudengleich, also monochromatisch und kohärent. sonders geeignet zum Trennen von Blechen mit ge-
Sie wird solange verstärkt, bis ihre Intensität den ringen Wanddicken (< 1 mm bis 4 mm). In diesem
»Durchbruchswert« des einen halbdurchlässigen Wanddickenbereich ist eine konzentrierte, punktför-
Endspiegels erreicht hat. Der Laserstrahl verlässt mige Wärmequelle ein entscheidender Verfahrens-
jetzt den Resonator und wird über einen Umlenk- vorteil. Die Schnittfugenbreite beträgt nur 0,1 mm
spiegel und eine Infrarotoptik (Gallium-Arsenid- bis 0,5 mm, die Schnittflächengüte ist hervorragend
Halbleiter) auf das Werkstück fokussiert. Er erzeugt und der Verzug der geschnittenen Bauteile sehr ge-
hier einen Brennfleck von 0,1 mm bis 0,5 mm mit ring. Das Verfahren füllt damit bei metallischen Werk-
einer Leistungsdichte von bis zu 5 MW/cm2. Den stoffen im Wanddickenbereich der Fein- und Dünn-
fokussierten Laserstrahl umgibt zentrisch ein von bleche (≤ 4 mm) eine Anwendungslücke. Mit ande-
der Art des zu trennenden Werkstoffs abhängiges ren Verfahren lassen sich Halbzeuge dieser Dicke
Schutzgas. Dessen Aufgabe besteht hauptsächlich nicht oder nur unwirtschaftlich trennen. Bild 4-195
darin, die Schmelze aus der Schnittfuge zu blasen. zeigt die Anwendungsgrenzen verschiedener ther-
Zum Trennen nichtmetallischer Werkstoffe wird mischer und mechanischer Trennverfahren. Im Dünn-
Stickstoff verwendet, der ein Verbrennen verhin- blechbereich – als typischer Anwendungsbereich
dert. Bei Stählen und Metallen beschleunigt Sau- kann stellvertretend die Automobilindustrie genannt
werden – konkurriert das Laserschneiden sehr er-
folgreich mit dem Nibbeln (und dem Wasserstrahl-
10)
Die Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegt im Bereich schneiden). Je komplizierter die zu schneidenden
zwischen 0,4 μm und 0,8 μm. Konturen sind, desto wirtschaftlicher ist das Verfah-
4.9 Thermisches Schneiden 371
Kühlmittel Kühlmittel
Kühlmittel Kühlmittel
Schneid- bzw.
Schutzgas
Bild 4-194
Schematischer Aufbau eines CO2-Gaslasers mit gefaltetem
Resonator und Bearbeitungskopf zum Schneiden bzw. Schwei-
ßen (nach Messer Griesheim).
CO2 - Laser
(0,2 - 10 kW)
Plasma
(500 A, 100 kW)
Autogenes
Brennschneiden
Scherschneiden
Stanzen
Scherschneiden
Nibbeln
Wasserstrahlschneiden
20
die Schnittgeschwindigkeit an einem 2 mm di-
10 cken Stahlblech etwa 2500 mm/min.
Schnittgeschwindigkeit
4000 bar verdichtet. Der Druckübersetzer ist dop- und Reaktionskräfte sind die wichtigsten Gründe,
pelt wirkend, d. h., jeweils eine Seite fördert Druck- die eine Bearbeitung weicher und nachgiebiger
wasser, während die andere Wasser ansaugt. Wegen Werkstoffe erlauben, ohne ihre empfindliche Struk-
des hierdurch entstehenden diskontinuierlichen För- tur zu zerstören.
derstroms wird nach dem Druckbehälter ein Puffer
(Speicher) angeordnet. Das verdichtete Schneidwas- Das Werkstück liegt dabei auf dem Schneidrost, der
ser gelangt über eine flexible Hochdruckleitung zur sich in einem Wasserbecken befindet. Die gewünsch-
Schneiddüse. te Kontur wird mit dem Schneidkopf abgefahren,
der in einer Führungsmaschine, einem Roboter oder
Schneidkopf einem 2D- (bzw. seltener einem 3D-Mehrachsen-)
Das Hochdruckwasser wird der Schneiddüse zuge- CNC-Portal integriert ist, das die Bahnsteuerung
führt. Aus der Düsenbohrung mit einem zwischen für den Gesamtablauf übernimmt.
0,1 und 0,35 mm liegenden Durchmesser tritt der
Wasserstrahl mit einer Strömungsgeschwindigkeit Aufgrund der kleinen Schnitt- und Reaktionskräfte
von bis zu 900 m/s (entspricht etwa der 2,5 fachen sind zeit- und gerätetechnisch nur wenig aufwändige
Schallgeschwindigkeit) aus und trifft auf den unter Spann- und Fixiermaßnahmen für den zu trennen-
der Düse liegenden Werkstoff. Als Folge des sehr den Werkstoff bzw. die auszuschneidenden Teile
geringen Düsendurchmessers treten in der Düse erforderlich. Im Wesentlichen müssen die Tafeln/
erhebliche Reibkräfte auf, die zusammen mit der Schnittteile gegen die dissipativen Kräfte des expan-
hier erfolgenden starken Druckabsenkung (Gefahr dierenden Wasserstrahls gesichert werden. Die bei
der Kavitation) für einen erheblichen Verschleiß des anderen (thermischen) Trennverfahren als Folge von
Düsenwerkstoffs sorgen. Diese extreme Beanspru- Temperaturdifferenzen entstehenden Kräfte treten
chung macht die Wahl sehr verschleißfester Düsen- hier kaum auf. Weiterhin erzeugt der Wasserstrahl
werkstoffe wie z. B. Saphir, Rubin oder Diamant keinen direkten Anpressdruck auf den Werkstoff,
erforderlich. weil die mechanischen Reaktionen im Mikrobereich
stattfinden, d. h., der Werkstoff wird nicht deformiert,
also auch nicht »verschoben«.
vom Hochdruck-
pumpensystem
Das weitgehend spannungsfreie Trennen, verbun-
Hochdruck-
den mit sehr geringen Schnittbreiten (in der Größen-
wasser ordnung des Düsendurchmessers!), ermöglicht ein
(l 4000 bar)
bei den thermischen Trennverfahren nicht mögliches
Maß der Bauteilverschachtelung im Trennplan und
Schneiddüse
(Ø l 0,1 - 0,35 mm)
Verzugsfreiheit der Schnittteile. Die bessere Ausnut-
zung des Werkstoffs verringert den Verschnitt und
zu trennender
die Stückkosten.
Werkstoff
vom Hochdruck-
pumpensystem
Abrasivzusatz: (s. Bild 4-193)
Granat, Olivin
Hochdruck-
wasser
Bild 4-198
Schneiddüse
Prinzip des reinen Wasserstrahlschneidens. (Ø l 0,1 - 0,35 mm)
Mit dieser Verfahrensvariante lassen sich härtere Ma- Das Werkzeug »Wasserstrahl« ist beim Wasserstrahl-
terialien wie Stein, (Panzer-)Glas, Keramiken, Gra- schneiden flexibel und verformbar. Die Makrogeo-
fit, Holz, Marmor und alle Metalle, z. B. gehärteter metrie der Schnittfuge wird daher durch die Stell-
Werkzeugstahl, Titan, Aluminium, Inconel, Cr-Ni- größen sowie werkstück- und werkstoffabhängige
Stahl, Kupfer und Verbundwerkstoffe trennen. Die Bedingungen beeinflusst. Die Folgen sind unkon-
aus Werkstoffen mit unterschiedlichen Schmelz- trollierbare Einflüsse, die die Schnittflächenqualität
punkten bestehenden Laminate lassen sich nur mit stark beeinträchtigen. Die Änderung der Stellgrößen
dem Wasserstrahlschneiden sauber schneiden! wirkt sich auf der Werkstückoberseite wesentlich
stärker aus als auf der Unterseite. Die Schnittflächen-
Auf diese Weise können gehärtete Stähle bis 50 qualität im Bereich des Strahleintritts ist deutlich
mm, Nichteisenmetalle (Cu, Ni, Ti, Al) bis 120 mm besser als die auf der Unterseite.
Dicke geschnitten werden.
Die Maschine muss mit Hilfe geeigneter Regelein-
Beim Trennen der verschiedenartigsten Metalle – sie richtungen (»Controller«) die Schnittgeschwindig-
können bei entsprechender Temperatureinwirkung keit abhängig vom Schnittweg, dem Werkstoff und
376 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
D Verbundstoffe
schwindigkeit erneut auf die Geometrie des nun E Marmor/Granit
vorhandenen Schnittpfads eingestellt. 120
V-förmige Schnittflächen A B C
100
Ähnlich wie beim Plasmaschneiden entstehen
auch beim Wasserstrahlschneiden V-förmige
Geometriefehler der Schnittflächen. Bei sehr 80
großen Schnittgeschwindigkeiten ist die Schnitt-
spaltbreite auf der Werkstückoberseite größer 60
als die auf der Unterseite, bei kleinen Schnittge-
schwindigkeiten verhält es sich umgekehrt. Bei A B C
bestimmten dazwischenliegenden Geschwindig- 40
10
xischen Rückständen, die besonders bei der Bear-
9
m/min beitung umweltbelastender Werkstoffe entstehen,
7 vorgesehen werden.
Schnittgeschwindigkeit vS
6
5 Bild 4-200 zeigt die schneidbaren Werkstückdicken
verschiedener mit dem Wasserstrahlschneiden kon-
4
kurrierender Trennverfahren. Die wesentlich größere
3 trennbare Werkstückdicke des Wasserstrahlschnei-
dens ist ebenso bemerkenswert wie die viel größere
Anzahl der mit diesem Verfahren trennbaren Werk-
2
Laser stoffe.
(2500 W)
Die Schnittgeschwindigkeiten beim Wasserstrahl-
1
schneiden sind im Bereich kleinerer Werkstückdi-
cken (≤ 5 bis 10 mm) i. Allg. geringer als bei den
0,5
konkurrierenden Trennverfahren Plasma- und Laser-
strahlschneiden (Bild 4-201). Für größere Werk-
Wasserstrahl
(3500 bar)
stückdicken ist das Wasserstrahlschneiden (neben
0 den Möglichkeiten einer i. Allg. sehr viel teureren
0 5 10 15 20 mm 30
spangebenden Bearbeitung) meistens das einzig mög-
Werkstückdicke d
liche, weil wirtschaftliche Trennverfahren.
Bild 4-201
Abhängigkeit der Schnittgeschwindigkeit von der Werkstück-
dicke für Aluminium. Angegeben sind die Werte für das Laser- Die Maßtoleranzen und die Beschaffenheit der
strahl- und das Wasserstrahlschneiden (nach Hunzicker-Jost). Schnittflächen sind im Wesentlichen von der Höhe
des Wasserdrucks, dem Abrasivmittel und in erheb-
Gold) einsetzen. Der Schneidprozess erfolgt ober- lichem Umfang von der Schnittgeschwindigkeit ab-
halb bestimmter Werkstückdicken schneller als mit hängig. Nach VDI 2906 Blatt 10 werden die Merk-
jedem anderen Verfahren. Stillstandszeiten für ei- male der Schnittflächenqualität wasserstrahlge-
nen »Werkzeugwechsel« entfallen, weil keine Schnei- schnittener Bauteile gemäß Bild 4-202 bestimmt.
den vorhanden sind, die zu schärfen oder auszu-
wechseln sind. Ebensowenig müssen Vorrichtungen Üblicherweise werden in der Praxis drei (noch nicht
und Anlagen zum Beseitigen von Staub oder to- genormte) Schnittqualitäten unterschieden:
bO
u a
bO Breite der strahlbeeinflussten Zone
rE Kantenradius (Strahleintrittseite)
D s
D h
hS Glattschnitt
rE
RS hR Restflächenhöhe
hS
1)
hS /s Glattschnittanteil
siehe
RS Schnittflächenrauheit
M
s
(RS)
s
hR /s Restflächenanteil
RR Restflächenrauheit
bG Gratbreite
hR
RR hG Grathöhe
u Rechtwinkligkeits- und
D h
Neigungstoleranz
D s
a Flankenwinkel
hG
s Werkstückdicke
D s = 0,1 s für s < 2 mm
= 0,2 mm für s ³ 2 mm
bG
1)
Gemittelte Rauhtiefe Rz,DIN, gemessen bei 0,5 s für s < 2mm
Ist eine durch eine wellenartige Struktur gekennzeichnete Rest-
fläche vorhanden, dann sollte RS bei D h = 0,5 hS und RR bei
D h = 0,5 hR gemessen werden.
Bild 4-202
Kenngrößen an Schnittflächen von abrasiv-wasserstrahlgeschnittenen Werkstücken in Anlehnung an DIN EN ISO 9013, nach
VDI 2906 Blatt 10.
378 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Hochdruckwasserstrahlbearbeitung
Druckbereich > 350 bar 80 - 700 bar 200 - 1000 bar 1000 - 4000 bar
Werkstofffestigkeit
Werkstofffestigkeit
Verfahrensgrenzen Toträume Toträume Schnitttiefe
Gratdicke
Schnittqualität
Bild 4-203
Anwendungsgebiete des Hochdruckwasserstrahls (erweitert nach König).
4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 379
– Drehen und Bohren bevorzugen gegenüber Frä- Nachstehend folgen ausgewählte Gestaltungshin-
sen und Hobeln, weise für die Fertigungsverfahren Drehen, Bohren,
– Oberflächengüten und Toleranzen auf das unbe- Senken, Reiben, Fräsen, Hobeln, Stoßen, Räumen
dingt Nötige beschränken, und Schleifen sowie für Schnittteile aus Blech
– Allgemeintoleranzen (DIN ISO 2768) beach- (Stanztechnik), die die konstruktiven Besonderhei-
ten. ten dieser Verfahren verdeutlichen.
Bild 4-204
Wird ein Drehteil zwischen Spitzen aufgenommen,
so tritt durch die Kraft F des Drehmeißels auf das F
Drehteil eine Durchbiegung auf. Die auftretende
Formabweichung ist im rechten Bild dargestellt. Bild 4-204
Bild 4-205
Wird ein Drehteil einseitig eingespannt, so tritt als
Folge der Kraft F des Drehmeißels ebenfalls ein F
Bild 4-206
Wird ein Rundmaterial in ein Futter eingespannt,
um eine Bohrung auszudrehen, so ergibt sich in F F
dieser eine Rundheitsabweichung infolge der Spann-
kräfte. Bild 4-206
380 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Bild 4-207
Bild 4-208
Um die Fertigung zu vereinfachen, sind bei Dreh-
teilen die Außenkanten mit 45 °-Fasen statt mit Run-
dungen zu versehen. Innenkanten an Flächen, die
nachfolgend bearbeitet werden sollen, sind mit Frei-
stichen zu versehen. Bild 4-208
Bild 4-209
Wellen mit einem Bund erfordern einen großen Zer-
spanungsaufwand. Ein Stellring 1 oder ein aufge-
1 2
schrumpfter Ring 2 können u. U. den Bund erset-
zen. Bild 4-209
Bild 4-210
Beim Kegeldrehen soll der Drehmeißel auslaufen
können. Der Anschnitt sollte daher nicht wie bei 1
angeordnet sein, sondern wie bei 2 freiliegen. Bild 4-210
Bild 4-211
Abgesetzte lange und dünne Drehteile sind zu ver- Rundstahl
DIN 668
meiden. Wirtschaftlicher ist das Herstellen aus zwei
Teilen unter Verwendung von Halbzeugen. Bild 4-211
4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 381
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-212
Das Abdrehen langer Bolzen von der Stange ist un-
wirtschaftlich. Beim Einsatz von gezogenem Halb-
zeug brauchen nur die Enden dicht an der Ein-
spannung bearbeitet zu werden.
Bild 4-212
Bild 4-213
Ausreichend breite Spannflächen sind besonders
bei Teilen vorzusehen, die im Dreibackenfutter ge-
spannt werden, um ein sicheres Spannen und eine
große Spanabnahme zu ermöglichen. Bild 4-213
Bild 4-214
In Richtung zur Einspannung ansteigende Durch-
messer ermöglichen auf Drehautomaten gleichzei-
tiges Drehen und Bohren. Bild 4-214
b1
b1
b2
b2
Bild 4-215
b3
b3
Bild 4-216
Grundlöcher mit ebenem Bohrungsgrund sind zu
1 2 3
vermeiden. Bei geforderter ebener Auflagefläche ist
vorzubohren und nachfolgend zu senken (2, 3). Bild 4-216
d2
Bild 4-217
d1
Bei abgesenkten Bohrungen ist der Einsatz genorm-
ter Zapfensenker zu ermöglichen (d1, d2; s. hierzu
DIN 373, DIN 375). Bild 4-217
382 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-218
Wie beim Kegeldrehen (Bild 4-210) ist auch bei
Kegelsenkungen, insbesondere für nachfolgende
Feinbearbeitungen, der Werkzeugauslauf zu ermög-
lichen. Für das linke Bild sind Sonderwerkzeuge
erforderlich. Sie sind sowohl in der Beschaffung
wie in der Instandhaltung teuer.
Bild 4-218
Bild 4-219
Nicht nur ein schräger Anschnitt, sondern auch ein
schräger Auslauf von Bohrungen kann zum Ver-
laufen oder zum Abbrechen des Bohrers führen. Bild 4-219
Bild 4-220
Bohrungen in Wellen sind sowohl für den Anschnitt
als auch für den Auslauf mit Flächen senkrecht zur
Bohrungsachse vorzubereiten oder sie sind mittig
zu führen. Die Vorbereitung kann durch Senken,
besser durch Fräsen erfolgen, aber sie verteuert die
Fertigung. Bild 4-220
hart Werkstoffe etwa
gleicher Härte
Bild 4-221
Beim gleichzeitigen Bohren unterschiedlich har-
ter Werkstoffe, wie z. B. für das Verstiften, be-
steht die Gefahr des Verlaufens und Abbrechens weich
Bild 4-222
Lässt sich die Durchdringung zweier Bohrungen d1
b
nicht vermeiden, so ist der Abstand b so groß zu wäh- d2
len, dass zunächst die Bohrungen mit den Durchmes-
b
sern d und d1 gebohrt und dann der Durchmesser d2
mit dem Zapfensenker aufgebohrt werden kann. Bild 4-222
Bild 4-223
Die Bearbeitung ist auf die Funktionsflächen zu be-
grenzen. Man achte dabei auf den Werkzeugaus-
lauf. Bild 4-223
4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 383
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-224
Bohrungen, die gerieben werden müssen, sind so 1
zu gestalten, dass die Reibahle durchgehend reiben
kann 1. An Stelle eines Absatzes zum Einhalten des
Abstandes können Buchsen (2) oder Sicherungsringe 2
(3) vorgesehen werden.
3
Bild 4-224
4.11.3.1 Gestaltung von Gewinden
Ø7 Ø6,7
Bild 4-225
M8 M12 M8 M8
Bohrungen und Gewinde an einem Werkstück sol-
len möglichst den gleichen Durchmesser haben.
Erforderliche Anschraubteile können mit entspre-
chend erhöhter Anzahl von Schrauben kleineren
Durchmessers befestigt werden. Bild 4-225
Bild 4-226
Freistiche für Innengewinde sind nach DIN 76-1
bis 3 ausreichend lang vorzusehen, um den Werk-
zeugauslauf zu sichern. Bild 4-226
Bild 4-227
e
Bild 4-228
Bohrungen, die sich an ein Gewinde anschließen,
sollten immer gleich oder kleiner als der Kerndurch-
messer des Gewindes ausgeführt werden, da sonst
die Bearbeitung von beiden Seiten des Werkstücks
erfolgen muss. Bild 4-228
Bild 4-229
Gewindedurchgangsbohrungen für Stiftschrauben
müssen in ausreichendem Abstand von Wandungen
angeordnet werden, da sonst der Gewindebohrer
einseitig beansprucht wird und verläuft (Bruchge-
fahr). Bild 4-229
384 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Bild 4-230
R = b/2 R = b/2 R > b/2
b b
Fräser versetzt
gegenüber Werkstück
Bild 4-231
Um saubere Werkstückkanten zu erhalten, ist der R>a
Radius genormter Werkzeuge R > b/2 zu wählen,
so dass die Rundung nicht tangential in die vor- a
handenen Flächen übergehen muss. Rechts unten:
Viertelkreis-Verrundung. Bild 4-231
Bild 4-232
Um alle Flächen in nur einer Einstellung fräsen
zu können, müssen sie in einer Ebene liegen. Da-
mit wird oft auch das Spannen des Werkstücks er-
leichtert. Bild 4-232
Fräserweg
Bild 4-233 1 2
Die eben verlaufende Grundfläche 1 der Gabel er-
fordert einen langen Fräsweg. Die gewölbte Grund-
fläche 2 erfordert nur das kürzere Eintauchen des
Fräsers. Bild 4-233
Fräser Fräser
Bild 4-234
Das Fräsen mit großen Walzen- oder Messerkopf-
fräsern ist wirtschaftlicher als das Fräsen mit klei-
nen Stirnfräsern. Bei der Lage der zu bearbeitenden
Flächen sind die Abmessungen der Fräser zu berück-
sichtigen. Bild 4-234
4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 385
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-235
Nuten, die bis an den Bund 1 geführt werden, sind 2
zu vermeiden. Wirtschaftlicher als mit einem Schaft- 1
fräser, Nut 2, sind Nuten mit einem Scheibenfräser,
Nut 3.
3
Bild 4-235
Bild 4-236
h
Paßfedernuten sind bei geringen Durchmesserun-
terschieden abgesetzter Wellen mit gleichen Abmes-
sungen (b × h) auszuführen. Sie sollten aus ferti-
gungstechnischen Gründen in einer Flucht liegen. Bild 4-236
Bild 4-237
Hobeln und Stoßen gegen eine Kante ist nicht mög-
lich. Der Meißel muss über die Bearbeitungsfläche
hinauslaufen, um den Span vom Werkstück abzu-
trennen. Er muss schon vor Beginn des Spanens
aus der abgehobenen Stellung, die er beim Rücklauf
hatte, auf die Arbeitsposition zurückgefallen sein.
Der nötige Vorlauf ist größer, als die Höhe der
Schneide über der Meißelaufspannfläche. Aber auch
seitlich neben der Bearbeitungsfläche (mindestens
auf der Seite des Vorschubbeginns) muss mehr Raum
freigehalten werden als der Meißel breit ist. Bild 4-237
Bild 4-238
Unterbrochene Flächen, die durch Hobeln oder
Stoßen zu bearbeiten sind, sollen möglichst in einer
Ebene liegen. Bild 4-238
Bild 4-239
Auflageflächen an Gehäusen und dgl. sind so zu
gestalten, daß der Meißel nicht die gesamte Grund-
fläche mit der Vorschubgeschwindigkeit überstrei-
chen muß. Im Beispiel ist die umlaufende Auflage-
fläche ersetzt durch zwei Auflageleisten. Bild 4-239
386 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-240
Nicht senkrecht zueinander liegende Bearbeitungs-
flächen erschweren die Bearbeitung und erfordern
u. U. Spannvorrichtungen.
Bild 4-241
Das zu räumende Werkstück muss an einer senkrecht 2 2 1
zur Bearbeitungsrichtung liegenden Fläche 1 abge-
stützt werden, um Sondervorrichtungen zu vermei-
den. Die schrägen Flächen 2 sind unvorteilhaft, da
die Räumnadel dort einseitig schneidet und verlau-
fen kann. Bild 4-241
Bild 4-242
Das Räumen in großen Werkstücken, z. B. in Ge-
häusen oder in Hohlwellen, kann übergroße Räum-
nadellängen erfordern. Günstiger ist das Einsetzen
einer geräumten Buchse. Bild 4-242
Bild 4-243
Zwei oder mehrere Nuten in einer kegeligen Boh-
rung können nur dann in einem Zug geräumt wer-
den, wenn sie parallel zur Achse verlaufen. Nuten,
die parallel zum Kegelmantel angeordnet sind, er-
fordern für jede Nut einen Zug. Bild 4-243
Bild 4-244
Polygone mit geringer Seitenanzahl erfordern län-
gere Räumwerkzeuge mit mehr Schneiden als sol-
che mit größerer Seitenanzahl. Vier- und Sechsecke
sind deshalb der Dreiecksform vorzuziehen. Bild 4-244
Bild 4-245 1 2
Räumnadel und Werkstück werden bei 1 einseitig
belastet. Das bedeutet Gefahr des Verlaufens oder
des Werkzeugbruchs. Mehrfachsymmetrische Pro-
file wie in 2 sind vorzuziehen. Bild 4-245
4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 387
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-246 b1 b2 b b
Bei Serien- und Kleinserienfertigungen ist anzu-
t2
t1
streben, dass für alle Konstruktionen eine einheit-
liche Nutenbreite (b1 = b2 = b) für die Räumnuten
vorgesehen wird. Dann können alle Nuten, auch
wenn sie unterschiedliche Tiefen haben, mit der-
selben Räumnadel geräumt werden.
Bild 4-246
Bild 4-247
Übergangsrundungen an Absätzen von zylindrisch
zu schleifenden Teilen sind nur erlaubt, wenn im
Quer- oder Schräg-Einstechverfahren mit Profil- Bild 4-247
schleifscheiben rundgeschliffen wird. Für das genau-
ere Längs-Rundschleifen muss vorher ein Einstich
für den Schleifscheibenauslauf vorgedreht oder ge-
schliffen werden, wobei gleichzeitig die Stirnfläche
des Absatzes geschliffen werden kann.
Bild 4-248
Auch beim Innenschleifen muss Raum für den Schleif-
scheibenauslauf vorhanden sein. Bild 4-248
Bild 4-249
Das Längs-Rundschleifen von Teilen, die beidseitig
durch einen Bund begrenzt sind, ist teurer als das
Schleifen mit axial ungehindertem Anstellen der
Schleifscheibe. Bild 4-249
Bild 4-250
Zylindrische Teile sind so zu gestalten, dass spit- 1
2
zenloses Schleifen möglich ist 1. Die wirtschaftlichs-
te Lösung ist Ausführung 2, bei der blankgezogenes
oder spitzenlos geschliffenes Halbzeug verwendet Rd DIN 668
Bild 4-251
Wenn es die Genauigkeitsforderungen erlauben,
sollte Einstechschleifen ermöglicht werden. Dafür
müssen die zu schleifenden Profillängen kleiner als
die zu verwendende Schleifscheibenbreite sein. Bild 4-251
388 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Bild 4-252
Mehrere (möglichst alle) Formelemente sollten mit
dem gleichen Schleifscheibenprofil schleifbar sein.
Bild 4-253
Für das Einstech-Profil-Rundschleifen sollen mög-
lichst kurze Profillängen angestrebt werden. Die
maximalen Schleifbreiten sind nicht nur durch die
verwendbaren Scheibenbreiten, sondern auch durch
die Nachgiebigkeit des Werkstücks und seiner Ein-
spannung begrenzt; je dünner das Werkstück, um
so kürzer ist die zulässige Profillänge.
Bild 4-254
Es sind möglichst gleiche Kegel an einem Werkstück
vorzusehen. Man achte auf den Schleifscheibenaus-
lauf.
Bild 4-255
Verdeckt liegende Flächen können nicht mit geraden
Schleifscheiben oder Topfschleifscheiben erreicht
werden. Die Anwendung möglichst großer Schleif-
körper erlaubt ein wirtschaftliches Schleifen.
Bild 4-256
Konturen, die über die Bearbeitungsfläche hinaus-
ragen, behindern in der Regel das Flachschleifen.
Auch bei ausreichendem Werkzeugauslauf sollten
Überstände vermieden werden.
4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 389
Bild 4-257
Schnittteile sind mit möglichst kleinem Flächenin-
halt AW zu entwerfen. Bei der Gestaltung ist darauf
zu achten, dass sie sich im Werkstoffstreifen gut an-
einanderreihen lassen. Die optimale Werkstoffaus-
nutzung ist erreicht, wenn die Schnittteile ohne Ab-
fall aus dem Werkstoffstreifen geschnitten werden.
Als Kennzahl dient das Verhältnis von Werkstück- AW
fläche AW zu Streifenfläche ASt, der Werkstoffaus-
nutzungsgrad y = AW / ASt. Bild 4-257
R65
R52
R96
R65
5 1
2, R2
R2
95 95
2000 2000
1000
1000
140
140
Bild 4-258
Dieses Beispiel zeigt, wie durch eine geringe Maß-
änderung Flächenschluss und damit eine bessere
Werkstoffausnutzung erreicht wird. Runde Schnitt-
kanten sind – wenn sie nicht funktionswichtig sind
– zu vermeiden und durch gerade zu ersetzen (Ab-
schneiden ohne Abfall). Bild 4-258
Bild 4-259
Die runde Form der Scheibe erfordert einen großen
Werkstoffbedarf, der durch Mehrfachschnitte her-
abgesetzt werden kann. Eine größere Einsparung
wird durch das Ändern der runden in eine dreieckige
Form erzielt. Die geringsten Werkstoffverluste wer-
den durch Abschneiden nach dem Ausklinken der
dunkler dargestellten Flächen erreicht. Bild 4-259
390 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Gestaltung Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig unzweckmäßig zweckmäßig
Form 1 Form 2
20
20
40
40
40
35
t = 14 mm
t = 40 mm
40 36
Bild 4-260
B = 52 mm
Bild 4-263
80
83
32,5 25
Bild 4-261
16
19
61,5
80
Bild 4-262
Bild 4-263
Wirtschaftlichere Ausschnittsformen lassen sich
auch durch Ändern der Schnitteilform erreichen.
Dieser Hebel hat die Aufgabe, drei Punkte starr
Bild 4-260 bis Bild 4-262 miteinander zu verbinden. Durch Ändern der Form
Durch abschnittgerechtes Gestalten können Aus- 1 in die Form 2 können 30 % des Werkstoffs einge-
schnitte durch Abschnitte ersetzt werden, die ein spart werden. Eine weitere Ersparnis wäre durch
lückenloses Aneinanderreihen gestattet. Flächenschluss möglich.
4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 391
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-264
In manchen Fällen kann eine schräge Anordnung
der Schnittteile wirtschaftlicher sein als die gerade
Anordnung.
4.11.8.2 Fertigung
Bild 4-265
Je einfacher die Form eines Ausschnittes ist, desto
geringer sind die Werkzeugkosten. Unregelmäßig
gekrümmte Umrisse vergrößern die Werkzeugkos-
ten erheblich. So verhalten sich z. B. die relativen
Werkzeugkosten für diesen Drehwählerarm im
Vergleich von Form 1 zu Form 2 wie 3:2. Bild 4-265
Bild 4-266
Lochungen sollten möglichst rund und mit gleichen
Durchmessern ausgeführt werden. Dadurch ergeben
sich preisgünstige Schnitte, einheitliche Stempel
und eine vereinfachte Nacharbeit (z. B. vereinfachtes
Entgraten). Bild 4-266
Bild 4-267
Aufteilen der Schneidstempel in einfache, gut schleif-
bare Querschnitte mit scharfkantigen Übergängen
ermöglicht ein einfaches Fertigen. Bild 4-267
392 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-268
Stempelecken sollten abgeschrägt und nicht abge-
rundet werden, um ein einwandfreies Zusammen-
treffen der Schnittlinien zu gewährleisten.
Schneidstempel Vorlocher
Bild 4-268
Bild 4-269
Kräftig ausgebildete Stempelecken bewirken einen
geringeren Werkzeugverschleiß und eine größere
Sicherheit gegen Werkzeugbruch. Bild 4-269
4.11.8.3 Genauigkeit
R
Bild 4-270
B
Bei nacheinander abgeschnittenen Kanten ist ein
Vorschubrichtung
tangentiales Einmünden zu vermeiden und durch
Ecken zu ersetzen (R > B/2). Bild 4-270
Bild 4-271
Ein Lochversatz fällt optisch bei geradlinigen Be-
grenzungskanten weniger auf als bei runden Kan-
ten. Bild 4-271
Vorschub
Bild 4-272 b1
Beim schrägen Abschneiden eines Werkstücks ist b2
B
(b1 verkürzt sich zu b2). Außerdem wird die Ferti-
gung des Werkzeugs erschwert. Bild 4-272
Vorschub b1 b
a1
Bild 4-273
Man sollte keine unterschiedlichen Ecken und Run-
a2
Gestaltung
unzweckmäßig zweckmäßig
Bild 4-274
Bei Umgrenzungen, die im Folgeschnitt gefertigt
sind, kann Versatz entstehen, der durch Streifen-
toleranzen, Führungsfehler oder den Stempelversatz
bedingt ist. Bei geraden Kanten im Schnittwerkzeug
können solche Fehler vermieden werden.
Bild 4-274
4.11.8.4 Beanspruchung
Bild 4-275
Bei Blechdicken s ≥ 3 mm verhindern abgeschrägte
Stempelformen eine Eckendeformation des Werk-
stücks. Bild 4-275
Biegekante
Bild 4-276
Bei Schnittteilen, die anschließend gebogen wer-
den, ist die Biegekante rechtwinklig zur Außen-
kante zu legen, da sonst die Gefahr des Einreißens
beim Biegen besteht. Bild 4-276
Rissgefahr
Bild 4-277
Ausreichende Steg- und Randbreiten vermindern
die Rissgefahr beim Ausschneiden bzw. Lochen
(siehe VDI 3367). Bild 4-277
Bild 4-278
Man sollte einen minimalen Lochdurchmesser
dmin = s nicht unterschreiten, da sonst eine erhöhte
Bruchgefahr für das Werkzeug besteht. Bei güns-
s
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