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Die neue ÖNORM B 2061

Fachartikel

Die neue ÖNORM B 2061


Eine kritische Betrachtung

Robert Weber

Der gegenständliche Beitrag beschäftigt sich mit den fast dreijährigen baupraktischen und sach­
verständigen Erfahrungen mit der am 1. 5. 2020 in Kraft getretenen ÖNORM B 2061.1 Sie hat die Vor­
fassung vom 1. 9. 19992 ersetzt.

1. Grundsätzliches müssen sich den normativen Vorgaben stellen, auch


KMU unterliegen bei vielen öffentlichen Auftrag­
zur ­Baupreisbildung12 gebern den normativen Vorgaben und sind dem zum
Die großen wirtschaftlichen Irritationen durch die Teil nicht gewachsen. Der Grundsatz der Nach-
COVID-19-Pandemie, den Ukrainekrieg etc zei- vollziehbarkeit ist unter anderem für die Angebots­
gen, dass es immer wieder Entwicklungen gibt und prüfung und für die Bearbeitung von Mehr- bzw
geben wird, die wir zuvor nicht für möglich hiel- Minderkostenforderungen essenziell. Daher ist für
ten. Ebenso können Krisen, die lange zurückliegen, die Baupreisbildung eine praxistaugliche Vorge-
leicht in Vergessenheit geraten. Umso wichtiger hensweise und für alle Beteiligten eine ressourcen-
ist es, möglichst faire und objektive Empfehlun- schonendere Bearbeitung anzustreben. Dabei ist zu
gen zur Ermittlung von Preisen für Bauleistungen berücksichtigen, dass eine Kalkulation keine exakte
und -vorgängen einvernehmlich auszuarbeiten und Berechnung ist, sondern lediglich eine auf Annah-
Prof. Bmstr. Dipl.-Ing. (FH) Mehraufwendungen bei der Preisbildung, der Aus- men basierende Einschätzung des Bau-Solls abbil-
Robert Weber arbeitung und Prüfung von Mehr- und Minderkos- det. Eine geforderte überbordende Genauigkeit ist
ist geschäftsführender Gesell- ten sowie der Preisprüfung zu vermeiden. Ein mög- nicht zielführend. Komplexe Vorgaben in der Norm
schafter einer Bauprozess- licherweise bevorstehender Konjunktureinbruch in machen die Kalkulation nicht automatisch richtiger.
management- und einer Pro- der Bauwirtschaft könnte beträchtliche Preiskämp- Ob zB zusätzliche Gemeinkostenanteile bei
jektconsulting-Gesellschaft,
fe und damit verbundene Preisreduktionen hervor- Material, Gerät etc erforderlich sind, welche die
HTL-Professor für Bautechnik
rufen. Daraus könnten wiederum – aufgrund sin- ohnehin bereits komplexe Kalkulation erschwe-
am Camillo Sitte Bautech-
kender Indizes – die nächsten Probleme resultieren. ren, möge jeder für sich selbst beurteilen. Zum
nikum Wien III, Lektor an
Auch diese Mechanismen sind für uns nicht neu.3 Teil führt dies sogar dazu, dass nicht notwendi-
der FH Campus Wien für
Baukalkulation, Baubetriebs-
Normen sollten dabei als Grundlage und als ge Spalten die Formblätter verkomplizieren. In
lehre und Claim-Management Nachschlagewerk dienen. Da die ausführenden der Angebotsprüfung oder in der Bauausführung
sowie gerichtlich zertifizierter Unternehmen zum überwiegenden Teil mit einer liegen im Rahmen der Prüfung von Mehr- bzw
Sachverständiger für Hoch- Kalkulationssoftware arbeiten, kommt daher den Minderkostenforderungen dennoch erforderliche
bau, Tiefbau, Kalkulation und Regelungen der ÖNORM B 2061 eine besondere Informationen nicht vor bzw diese können nur mit
Vergabewesen, Verdingungs- Bedeutung zu. Zudem ist diese ÖNORM für die Mehraufwand ermittelt werden. Programme für die
wesen, Bauabwicklung und Preisabstimmung in Bietergemeinschaften, mit Kalkulation werden in Zeiten mit Musterkalkula-
Bauabrechnung. Subunternehmern etc unerlässlich. tionen, Gerätegrunddaten, Materialpreislisten und
Eine Demokratie, in der die verschiedenen Be- Schnittstellen zum Building Information Modeling
teiligten ihre Interessen einbringen dürfen, bietet in (BIM) zunehmend komplexer. Mögliche durch die
der Regel verschiedene Denkansätze, um Themen ÖNORM B 2061 ausgelöste beträchtliche Mehr-
zu bearbeiten bzw lösen zu können. Daher gibt es kosten aufgrund von Umprogrammierungen bei
meistens mehrere Lösungsmöglichkeiten und gera- den Softwareentwicklern sind von den Bauunter-
de in der Baupreisbildung kommt dieser Umstand nehmen und in weiterer Folge von den Auftragge-
zum Tragen. Für die Baupreisbildung sollten die bern zu tragen. Die Überarbeitung der ÖNORM
Grundsätze Verständlichkeit, Handhabung, Nach- B 2061 hat mit Sicherheit beträchtliche Kosten in
vollziehbarkeit und Praxisbezug im Vordergrund der Softwarebranche und damit in der Baubranche
stehen. Mit Verständlichkeit ist gemeint, dass auch verursacht. Welcher Mehrwert und Nutzen den
kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit den Kosten gegenüberstehen, möge ebenfalls jeder für
Vorgaben und der Preisbildung umgehen können sich selbst beurteilen.
und nicht vom Bieterprozess ausgeschlossen wer- Bezüglich der Baustellengemeinkosten emp-
den. Unter Handhabung ist zu verstehen, dass für fiehlt der Verfasser den ausschreibenden Auftrag-
kleinere Bauvorhaben bzw für KMU keine unnöti- gebern, bei der Erstellung der Leistungsverzeich-
gen Mehraufwendungen im Rahmen der Angebots- nisse den Empfehlungen der ÖNORM B 21104 und
bearbeitung entstehen, die letztendlich die jeweili- dem BVergG 2018 nachzukommen und diese ge-
gen Auftraggeber bezahlen müssen. Nicht nur große trennt nach Baustelleneinrichtung, Baustellenräu-
Bauunternehmungen mit spezialisierten Stabsstellen mung, Gerätevorhaltekosten und zeitgebundenen
Personalkosten auszuschreiben. Ebenso wichtig
1 ÖNORM B 2061: Preisermittlung für Bauleistungen – Verfah-
rensnorm (Ausgabe: 1. 5. 2020). wären eine Unterteilung in Haupt- und Neben-
2 ÖNORM B 2061: Preisermittlung für Bauleistungen – Verfah- bauzeit sowie Leistungsverzeichnispositionen für
rensnorm (Ausgabe: 1. 9. 1999).
3 ZB folgten auf die Steigerungen 2004 im Jahr 2007 negative 4 ÖNORM B 2110: Allgemeine Vertragsbestimmungen für Bau-
Preisgleitungen. leistungen – Werkvertragsnorm (Ausgabe: 15. 3. 2013).

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Die neue ÖNORM B 2061
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Stillstandszeiten zu berücksichtigen. Standardisier- sind, jedoch wesentliche zusammengefasste Infor-


te Leistungsbeschreibungen sehen diese Leistungs- mationen für den Bauherrn darstellen, im K1-Blatt
verzeichnispositionen vielfach vor. Dieser Hinweis enthalten. Diese Informationen könnten beispiels-
ist besonders für die korrekte Preisbildung von weise sein:
Hochbauprojekten und im Speziellen für die Preis- ● Projektdaten (zB Auftraggeber, Bieter, Baustel-
bildung der Leistungen für Ausbaugewerke bzw lenadresse);
Subunternehmer wesentlich. ● voraussichtlicher Baubeginn;
Die standardisierte Leistungsbeschreibung ● voraussichtliches Bauende;
„Verkehr und Infrastruktur“ (LB-VI)5 hat in dieser ● Baudauer in Wochen oder Monaten;
Hinsicht Vorbildwirkung, da hier auch bei den ● Festpreise oder veränderliche Preise mit Stich-
Leistungsgruppen und Subunternehmerleistungen tag;
schon eigene Baustellengemeinkostenpositionen ● wesentliche Gesamtzuschläge gemäß K2-Blatt
vorhanden sind und damit ein wichtiger Schritt in nach Kostenarten;
eine noch korrektere Kalkulation und Preisumrech-
● Personalkosten (Mittellohnpreis, Regielohn-
nung bei den Subunternehmern vollzogen wurde.
preis);
Die ÖNORM B 2061 legt unter Punkt 1. („An-
● geplante Wochenarbeitszeit;
wendungsbereich“) Verfahren der Preisermittlung
von Bauleistungen fest. Der Begriff „Bauleistun-
● Gerätegruppen gemäß Baugeräteliste7 und die Abbildung 1: K1-Blatt
dazugehörigen Abminderungen gemäß Bauge- (Baustellendatenblatt
gen“ wird in der ÖNORM B 2110 unter Punkt 3. nach einem Vorschlag
(„Begriffe“) wie folgt definiert: räteliste;
● Geräteleistung gesamt (in Kilowatt Elektroan- des Verfassers; siehe
„3.1. Bauleistungen https://www.eccgmbh.at/
Herstellung, Änderung, Instandsetzung, De- trieb oder Verbrennermotor);
%C3%B6n-b-2061-bau
montage oder Abbruch von Bauwerken und Bau- ● Gesamtgewicht der Geräte, preisbildung-kalkulation)
teilen, Landschaftsbau und sonstige Bauarbeiten
jeder Art im Rahmen eines Werkvertrages, ferner
K 1 Bla
erforderliche Vorbereitungs- und Hilfsarbeiten so- nicht in ÖN B2061 Projektdatenbla Projekt: Muster Seite:
wie Errichtung und Demontage oder Abbruch von abgebildet
Hilfsbauwerken sowie Leistungen der Haustech- Unternehmen / Bieter Sparte: Erstellt am:

nik.
Musterbau GZ BIETER /
Zu den Leistungen der Haustechnik gehören AN / UN:
GZ AG

die Herstellung, Änderung, Reparatur und Demon- Kalkulant Preisbasis


tage von haustechnischen Anlagen und von Teilen Bauleiter Baubeginn gepl.
derselben, zB aus den Bereichen der Lüftungs- Oberbauleiter / GRL / BRL
Kostenkalkulaon □
Bauende gepl.
Baudauer in Mo
technik, Kältetechnik, Heizungstechnik, Sanitär- Preiskalkulaon □
technik, Elektrotechnik, Nachrichtentechnik, des Wochenarbeitszeit Std /Woche
Aufzugbaues sowie weiterer technischer Gebäude-
Gesamtzuschlag lt. K 2 Blatt K3 Personalpreis
ausrüstungen.“ Lfd Nr. Zuschlagsträger Gesamtzuschlag Bezeichnung Euro / Std
Statt des Begriffs „Haustechnik“ empfiehlt der 1 Lohn /Gehalt 3,63 % Lohn 1 Baumeister
2 0,00 % Lohn 2 Erdbau
Verfasser, sich den in der Lehre und Praxis übli- 3 0,00 %
Lohnpreis
Lohn 3 Spezialtiefbau

cherweise verwendeten Begriffe „technische Aus- 4


5
0,00 %
0,00 %
Lohn 4
Lohn 5
Abdichtung
Trockenbau
rüstung“ und „technische Gebäudeausrüstung“ 6
7
0,00 %
0,00 %
Lohn 6
Lohn 1 Baumeister
zu bedienen. In diesem Zusammenhang kann auch 8 0,00 % Lohn 2 Spezialtiefbau
9 0,00 % Regie- Lohn 3
über die Bezeichnung der vom BMWA publizier- 10 0,00 % lohnpreis Lohn 4

ten standardisierten Leistungsbeschreibung „Haus- 11


12
0,00 %
0,00 %
Lohn 5
Lohn 6
technik“ (LB-HT)6 diskutiert werden. 13
14
0,00 %
0,00 %
Gehalt 1
Gehalt 2
Bauleiter
Techniker
Gehalts-
15 0,00 % Gehalt 3 Hauptpolier
preis
2. Die Kalkulationsformblätter 16
17
0,00 %
0,00 %
Gehalt 4
Gehalt 5
Polier

2.1. K1-Blatt Gerätepreis


ÖBGL Werte sind 100 %
Tonnage
Installierte Leistung
Abminderung in der Kalk auf Elektro Diesel
Das K1-Blatt ist in der neuen ÖNORM B 2061 G GR Bezeichnung AV Rep [t] [kW] [kW]
A Geräte zur Materialaufbereitung 100,00% 100,00%
nicht belegt. Dennoch empfiehlt der Verfasser B Geräte zur Herstellung, zum Transport und zur Verteilung von Beton, Mörtel und Put 100,00% 100,00%

dessen Erstellung eines derartigen oder ähnlichen C


D
Hebezeuge
Geräte für Erdbewegung und Bodenverdichtung
40,00%
40,00%
25,00%
35,00%
Formblattes, weil dies sowohl für den Auftragge- E
F
Straßenbaugeräte
Gleisoberbaugeräte
100,00%
100,00%
100,00%
100,00%
ber als auch für den Auftragnehmer Vorteile hat. G
H
Schwimmende Geräte
Geräte für Tunnel- und Stollenbau
1 00,00%
100,00%
1 00,00%
100,00%
Mit diesem Formblatt wären die wesentlichen In- J Ramm- und Ziehgeräte, Geräte für Injektionsarbeiten 100,00% 100,00%
K Bohrgeräte, Schlitzwandgeräte 40,00% 70,00%
formationen eines Bauprojekts und der K2- bis L Geräte für horizontalen Rohrvortrieb und Pipelinebau 100,00% 100,00%

K7-Blätter in einfacher Form und für einen raschen M


P
Geräte und Anlagen zur Dekontamination und zum Umweltschutz
Transportfahrzeuge
100,00%
100,00%
100,00%
100,00%
Gesamtüberblick dargestellt. Ebenso wären Daten, Q
R
Druckluftgeräte, Druckluftwerkzeuge
Geräte zur Energieerzeugung, Energieumwandlung und Energieverteilung
100,00%
100,00%
100,00%
100,00%
welche aus den normgemäßen Formblättern der T
S Hydraulikzylinder und Hydraulikaggregate
Kreisel- und Kolbenpumpen, Rohrleitungen
100,00%
100,00%
100,00%
100,00%
aktuellen ÖNORM B 2061 nicht mehr ersichtlich U Schalungen und Rüstungen 100,00% 100,00%
W Maschinen und Geräte für Werkstattbetrieb 100,00% 100,00%
X Baustellenunterkünfte, Container 100,00% 100,00%
5 Die LB-VI liegt in der Version 6 seit 1. 5. 2021 bei der Forschungs- Y Vermessungsgeräte, Laborgeräte, Büromaschinen, Kommunikationsgeräte 100,00% 100,00%
gesellschaft Straße – Schiene – Verkehr (FSV) vor; siehe http:// Summe= 0 0 0
www.fsv.at/cms/default.aspx?ID=422b9d15-5b75-4631-8aab-
02be145641fc.
Ein Vorschlag des Verfassers für ein mögliches
6 Die derzeit geltende Fassung LB-HT-013 vom 31. 12. 2021 ist on­ ­K1-Blatt ist in Abbildung 1 ersichtlich.
line abrufbar unter https://www.bmaw.gv.at/Services/Bauservice/
LB-HT-013-PDF.html. 7 Siehe https://www.bgl-online.info.

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Die neue ÖNORM B 2061
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Gesamtzuschlag in % auf: Gerät Material Fremdl. Lohn / Gehalt die Zuschlagssätze Geschäftsgemeinkosten und
N Geschäftsgemeinkosten ............ ............ ............ ............
Finanzierungskosten aufgeschlagen werden. Man
O Bauzinsen ............ ............ ............ ............
P Wagnis ............ ............ ............ ............
spricht von „kaskadierenden Zuschlagssätzen“.
Q Gewinn ............ ............ ............ ............ Geschäftsgemeinkosten müssen ebenfalls vorfi-
R ....................................................... ............ ............ ............ ............ nanziert werden, weshalb auch für sie Finanzie-
S Summe ( % ) N bis R ............ ............ ............ ............ rungskosten zu kalkulieren sind. Ebenso erscheint
T Gesamtzuschlag: S*100/(100-S) % ............ ............ ............ ............ (% auf M) ............ ............
es grundsätzlich sinnvoll, auf die Zuschläge für
Abbildung 2: Ausschnitt aus dem K3-Blatt (­Gesamtzuschlag) der ÖNORM B 2061 Geschäftsgemein- und Finanzierungskosten die
aus 1999 Zuschläge für Wagnis und Gewinn anzusetzen. Die
Berechnung ist zweifelsohne korrekt.
Die Tabelle im K2-Blatt ist insofern verbesse-
rungswürdig, da in den Spalten E, H, K, N und P
entweder die Formeln richtigzustellen wären (ohne
Division durch 100) oder in den Zeilen 1 bis 17
die ausgewiesenen Werte ohne Prozentangabe zu
verwenden wären.8
Zudem fielen der – nach Ansicht des Verfas-
sers – sehr wichtige Hinweis und die konkrete
Formel der Umbasierung weg, die in der ÖNORM
B 2061 aus 1999 angeführt war und somit eine
Fehlerquelle minimierte und das Verständnis der
Zuschlagsberechnung deutlich erhöhte.
Abbildung 3: Ausschnitt aus dem K2-Blatt (Gesamtzuschlag) der aktuellen Unternehmensbezogen sind entsprechend der
ÖNORM B 2061 individuellen Bauerfolgsrechnung und der Kos-
tenstellenauswertung die einzelnen Werte der Zu-
2.2. K2-Blatt (Gesamtzuschläge) schlagssätze im Einzelfall zu prüfen, ob und wie
diese umzubasieren sind.
2.2.1. Allgemeines Die Berechnung der Zuschläge im K2-Blatt ist
Grundsätzlich ist die Möglichkeit, auf mehr als für die Beurteilung und Nachvollziehbarkeit der
vier Zuschlagsträgern (Lohn bzw Gehalt, Fremd- Berechnung im Rahmen der Angebotskalkulation
leistungen, Gerät, Material) eine unterschiedliche sehr wichtig, um keine notwendigen Zuschläge
Beaufschlagung vorzunehmen, zu begrüßen. Das zu vergessen. Nichtsdestotrotz wird jedoch in den
aktuelle K2-Blatt bietet die Möglichkeit, für be- meisten Fällen der Gesamtzuschlag bei der finalen
liebig viele Zuschlagsträger eine individuelle Be- Angebotserstellung – abhängig von der Marktsitu-
zuschlagung vorzunehmen. Die Zuschlagsträger ation und der Einschätzung der Mitbewerber – von
sind in der Spalte B und die Zuschlagssätze dazu in der Geschäftsführung festgelegt. Allenfalls werden
den Spalten in den jeweiligen Zeilen anzuführen. für einen wettbewerbsfähigen Angebotspreis die
Im K3-Blatt der ÖNORM B 2061 aus 1999 war es Leistungswerte reduziert, um einen höheren und
lediglich möglich, auf die vier üblichen Zuschlags- zugleich angemessenen Gesamtzuschlag darstellen
träger einen Aufschlag für die vier Teile des Ge- zu können.
samtzuschlags vorzusehen, wobei ein zusätzlich –
frei gewählter – Zuschlag (in Zeile R) angesetzt 2.2.2. Spalte D bzw E (Zuschlag für ...)
werden konnte (siehe Abbildung 2). In der Spalte D des K2-Blattes sollen die vertragli-
Gerade für Generalunternehmer mit vielen chen Zuschläge bzw prozentualen Abzüge berück-
Subunternehmern und entsprechend hohen Ange- sichtigt werden (wie zB die Aufwendungen für
botssummen erscheint die Möglichkeit, die Kalku- Bauschäden [gemäß ÖNORM B 2110 mit 0,5 %],
lation differenzierter vorzunehmen, als eine Berei- eine Bauwesenversicherung oder eine geforderte
cherung. Hier sind die möglicherweise nicht beach- Festpreisbedingung des Auftraggebers im Zuge der
tenswerten Zuschläge für die Subunternehmer (zB Ausschreibung). Weitere vertragliche Abzüge wie
für Bauschaden, Festpreis, Skonto) zu erwähnen, Prozentsätze oder Pauschalen für diverse Beistel-
wenn diese Vertragsbedingungen im Auftragsfall lungen (wie Strom, Wasser, Müllentsorgung, Rei-
vertragsdurchgängig vom Generalunternehmer an nigung und Hebezeug nach Vorgabe des Auftrag-
die Subunternehmer weitergegeben werden. gebers) können hier ebenfalls angesetzt werden.
Im Gegenzug fehlen im aktuellen K2-Blatt bei Auch diese Werte sind zuerst umzubasieren
den Zuschlagsätzen zusätzliche freie Spalten. und dann in die Spalte D bzw E einzusetzen.
Für die wesentlichen Zuschläge in der Spalte D
Eine nachvollziehbare Berechnung der Spal-
bzw E sowie für die Finanzierungskosten in den
te D in Form eines K2-Hilfsblattes vermisst man
Spalten J und K benötigt man eigene Hilfstabellen,
in der ÖNORM B 2061. Ob und in welcher Form
die leider nicht in der ÖNORM B 2061 enthalten
der Bieter Berechnungen vornimmt, bleibt ihm
sind (siehe Abbildung 3).
überlassen. Für den Auftraggeber ist lediglich der
Grundsätzlich ist die vorgesehene Berechnung
Prozentsatz in der Spalte D ersichtlich. Daher soll-
in der aktuellen ÖNORM B 2061 gegenüber der
ten nach Auffassung des Verfassers diese Berech-
Fassung 1999 korrekter, da zum einen die Finan-
nungen in einem K2-Hilfsblatt offengelegt werden.
zierungskosten auf die Geschäftsgemeinkosten
und die Zuschläge Wagnis und Gewinn auch auf 8 ZB wäre Spalte C dann 1 bzw 100 und nicht 100 %.

8 Jänner 2023

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Die neue ÖNORM B 2061
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2.2.3. Spalte J bzw K (Zuschlag 2.3. K3-Blatt (Personalpreis)


für Finanzierungskosten) 2.3.1. Allgemeines
Für die Ermittlung der Finanzierungskosten blei- Das K3-Blatt heißt nun „Personalpreis (Mittel-
ben wesentliche kostenverursachende Grundlagen lohnpreis, Regielohnpreis, Gehaltspreis)“. Emp-
in der ÖNORM B 2061 und auch in vielen Fach- fehlenswert wäre es gewesen, hier gleich eine
büchern unerwähnt. Projektspezifische Vorgaben Bereinigung vorzunehmen und das Formblatt
des Auftraggebers im Zuge der Ausschreibung nicht mehr für die Berechnung des Gehaltspreises
wären zB das Skonto, sehr lange Zahlungszie- auszuweisen. Der Verfasser hat in seiner gesam-
le, Deckungs- und Haftrücklass, die Möglichkeit ten Berufspraxis noch kein ausgefülltes K3-Blatt
einer Bankgarantie und Ausführungsgarantien. mit einem Gehaltspreis gesehen. Es ist anzuneh-
Hier wäre mehr Bewusstsein beim Auftraggeber men, dass auch in Zukunft der Gehaltspreis nicht
wünschenswert, dass zu restriktive und zu strenge im K3-Blatt kalkuliert wird. So gesehen erschien
kaufmännische Ausschreibungsbedingungen bei die Benennung „Mittellohnpreis“ in der ÖNORM
korrekter Berechnung durch den Bieter zusätzli- B 2061 aus 1999 geeigneter, da auch in der Kurz-
che Kosten verursachen und damit letztlich wieder bezeichnung sehr zutreffend darauf hingewiesen
vom Auftraggeber selbst getragen werden. Vor al- wird, dass es sich um eine gewichtete Mittellohn-
lem bei steigenden Leitzinsen gewinnen Finanzie- berechnung aller gewerblichen Mitarbeiter handelt.
rungszinsen in den nächsten Jahren an zusätzlicher Die Lohnabrechnung im Bauwesen und damit auch
Bedeutung. die Berechnung der Mittellohnkosten sind aus kal-
Auch diese Berechnung der Finanzierungskos-
kulatorischer Sicht eine der komplexesten Berech-
ten ist im K2-Blatt nicht nachvollziehbar und sollte
nungen in der Kalkulation überhaupt. Gleichzeitig
in einem normierten K2-Hilfsblatt in der ÖNORM
ist die Annäherung der kalkulierten Kosten auf
B 2061 dargestellt werden.
Grundlage des Solls zu den tatsächlichen Kosten
2.2.4. Sonderfall: Umlage im Ist eine wesentliche finanzielle und strategische
der Baustellengemeinkosten Überlebensfrage eines Unternehmens. Um wettbe-
werbsfähig zu bleiben und am Markt bestehen zu Abbildung 4: Vorschlag
Gemäß Punkt 6.3.1. der ÖNORM B 2061 kön-
können, ist es essenziell, einen gewissen Stock an des Verfassers (siehe
nen projektspezifische Zuschläge im Falle, dass
Eigenpersonal zu haben. Für dieses Stammperso- https://www.eccgmbh.at/
im Leistungsverzeichnis keine eigenen Baustel-
nal, für das man in der Regel auch einen überkol- %C3%B6n-b-2061-bau
lengemeinkosten ausgeschrieben wurden, im Ge-
lektivvertraglichen Mehrlohn zahlen muss, muss preisbildung-kalkulation)
samtzuschlag in der Spalte D des K2-Blattes be-
jedoch in der Kalkulation und in der Kostenrech- für ein K2-Hilfsblatt
rücksichtigt werden. Diese Form der Umlage der
nung Kostenwahrheit gegeben sein. Umso erstaun- (­Ausschnitt)
Baustellengemeinkosten ist jedenfalls gegenüber
der möglichen Umlage im Lohn gemäß K3-Blatt
in den Zeilen 17a bis 17d zu bevorzugen. Im Ge-
gensatz zum K3-Blatt kann im Falle der Preisum-
rechnung die korrekte Preisgleitung für Lohn und
Sonstiges berücksichtigt werden. Bei einer Umlage
im ­K3-Blatt käme die Preisgleitung nur über den
Lohnanteil für die Baustellengemeinkosten zum
Tragen.
Ein Vorschlag des Verfassers für ein mögliches
K2-Hilfsblatt ist in Abbildung 4 ersichtlich.
2.2.5. Schlussfolgerung zum K2-Blatt
Grundsätzlich ist die Einführung eines K2-Blattes
zu begrüßen. Die Berechnungen und Grundlagen
sollten jedoch in einem normierten K2-Hilfsblatt
für die Angebotsprüfung und für Mehr- und Min-
derkostenprüfungen nachvollziehbar sein. Im Be-
sonderen sollten die Berechnungen der Zuschläge
gemäß Spalte D für Aufwendungen aufgrund bau-
vertraglicher Punkte und gemäß Spalte J betref-
fend die Finanzierung für Finanzierungskosten der
Höhe nach nachvollziehbar sein. Überlegenswert
wären zusätzliche freie Spalten sowie eine eige-
ne Spalte für Aufwendungen für Versicherungen,
wobei hier sowohl die Haftpflicht- (derzeit in den
Geschäftsgemeinkosten enthalten) oder allfällige
Zusatzversicherungen (wie zB die Bauwesenver-
sicherung,) offengelegt werden könnten. Die Kal-
kulationsfreiheit und der Grad der Offenlegung
des Bieters würden weiter unberührt bleiben, da er
selbst bestimmt, wie detailliert er seine Berechnun-
gen offenlegt.

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Die neue ÖNORM B 2061
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Abbildung 5: Vergleich licher ist es daher, dass die K3-Berechnung in der dige Optimierungen mit den Anfängen des Lean-­
K3-Blatt 1999 und 2020 ÖNORM B 2061 nur mit einem einzigen Formblatt Managements und starken Kostendruck Leistun-
(siehe https://www.ecc das Auslangen findet, die Herkunft der einzelnen gen des unproduktiven Personals teilweise ausge-
gmbh.at/%C3%B6n-b- Kosten je Zeile jedoch wenig Erklärung findet. lagert oder wegrationalisiert.
2061-baupreisbildung- In der Literatur finden sich unterschiedliche So wurden zB Botenfahrer und Reinigungs-
kalkulation)
Lösungsansätze (von nicht benannten Hilfstabellen personal nicht nach dem Kollektivvertrag für
in schier unendlicher Anzahl bis hin zu strukturier- Bauindustrie und Baugewerbe10 bezahlt, sondern
ten Hilfsblättern).9 Der Verfasser entwickelte nur durch Subunternehmer ersetzt. Hilfspoliere oder
drei Hilfsblätter. In der ÖNORM B 2061 selbst sind Vermessungsgehilfen sollte man eigentlich dort
keine systematischen und normierten Hilfsblätter kalkulieren, wo diese zu kalkulieren sind, nämlich
für die Berechnung des Personalpreises vorhanden. bei den Baustellengemeinkosten. Die Aufwendun-
In Abbildung 5 wird ein Vergleich des K3-Blat- gen für den Magazineur werden in der Regel auch
tes der ÖNORM B 2061 aus 1999 und der aktuel- in der Position der zeitgebundenen Baustellenge-
len ÖNORM B 2061 angeführt. meinkosten kalkuliert. Dadurch würde diese Um-
lage des unproduktiven Personals entfallen. Der
2.3.2. Unproduktives Personal Verfasser empfiehlt daher, das unproduktive Per-
Grundsätzlich sollte man Mischpreispositionen sonal nicht mehr im K3-Blatt zu berücksichtigen.
vermeiden. Dieser Grundsatz gilt selbstverständ- Aus vergaberechtlicher Sicht ist in diesem Fall zu
lich auch bei der Kalkulation von Personal. Der beachten, dass die Kosten – wenn sie anfallen – an
Verfasser nimmt diesen Beitrag zum Anlass, eine anderer Stelle so kalkuliert werden müssen, dass
Diskussion über den Begriff „unproduktiv“ (Zei- dies für den Auftraggeber auch erkennbar und
le 4: „Anteil für unproduktive Zeiten“) anzure- nachvollziehbar ist.
gen. Grundsätzlich ist es (vor allem in der Lehre)
schwierig, den Begriff „unproduktiv“ zu erklären. 2.3.3. Unproduktive Zeiten
Einerseits ist unproduktives Personal sehr wohl beim gewerblichen Personal
produktiv tätig, aber nicht direkt einer Leistungs- Unproduktive Zeiten sind erfahrungsgemäß in den
position zuzurechnen. Unter unproduktivem Perso- Leistungsansätzen für die jeweiligen Leistungs­
nal werden zB Hilfspoliere, Vermessungsgehilfen positionen enthalten. Es wird eine durchschnittli-
(= Anleger), Magazineure, Botenfahrer, Reini- che Leistung inklusive eines Anteils an Leerzeiten
gungspersonal etc verstanden. Im Laufe der Jahre kalkuliert. Den Leistungsansatz in der jeweiligen
bzw bereits vor 20 Jahren wurden durch notwen- Leistungsposition zu wählen, ist für den Kalku-
9 Ch. Lang/Wolkerstorfer (Praktische Baukalkulation5 [2022]) 10 Online abrufbar unter https://www.wko.at/service/kollektivver
h­ aben zB acht Hilfsblätter erstellt. trag/kv-bauindustrie-baugewerbe-arbeiter-2022.html.

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Die neue ÖNORM B 2061
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lanten eine besondere Herausforderung. Erfahrene den praktischen Erfahrungen des Verfassers und
Kalkulanten berichten davon, dass es sehr schwie- zum anderen einer realitätsnahen Gleitungsberech-
rig ist, annähernd den richtigen Leistungsansatz zu nung für Lohn und Sonstiges.
wählen. Wenn nun unproduktive Zeiten zusätzlich
im K3-Blatt berücksichtigt werden, könnten da- 2.4.2. Spalten G und H
durch die Kosten doppelt berücksichtigt werden (­Materialgemeinkosten)
(einmal im K3-Blatt und einmal im Leistungs­ Darunter fallen Kosten für die Beschaffung und der
ansatz). Verwendung des Materials. In der Regel werden
diese Kosten bei Unternehmen für Bauleistungen
2.3.4. Personalgemeinkosten, Haftpflicht- und auch bei Unternehmen des Baunebengewer-
und Bauwesenversicherung bes erfahrungsgemäß nicht getrennt ausgewiesen.
Die Kosten der Haftpflichtversicherung sind in der Es wäre daher praktikabler, die Aufwendungen für
aktuellen Fassung der ÖNORM B 2061 unverän- die Materialbeschaffung und die Lagerhaltung als
dert gegenüber jener von 1999 wie folgt geregelt: Teil der Geschäftsgemeinkosten zu kalkulieren, da
„5.2.2.6. Personalgemeinkosten sie üblicherweise in der Kostenrechnung auch auf
Unter Personalgemeinkosten fallen jene Kos- diese Kostenstelle gebucht werden.
ten, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung
von Dienstnehmern entstehen, sowie Kosten der 2.4.3. Spalten I und J (Ladearbeit und
Produktion, die mit manueller Tätigkeit verbunden Manipulation [= Lohnkosten])
sind und aus Vereinfachungsgründen den Perso- Diese Leistungen beinhalten das Auf- und Abladen
nalkosten zugeschlagen werden. des Materials auf ein und von einem Transportmit-
Zu den Personalgemeinkosten zählen auch: tel. Die überwiegende Lohnleistung für die Mani-
– Lohnverrechnung, pulation kann im K4-Blatt nicht mehr in Stunden,
– Prämien für die Betriebshaftpflichtversiche- sondern nur als Prozentsatz am Anteil Sonstiges
rung, bzw in Euro dargestellt werden. Die Bieter können
– Kosten für freiwillige Sozialleistungen, durch die neue Form der Berechnung den Lohn-
– personenbezogene Nebenkosten wie zB Kos- anteil für die Preisumrechnung nicht mehr im
ten für Arbeitskleidung, Schutzausrüstung, Beistel- ­K4-Blattt darstellen. Diese eingeschränkte Darstel-
lung von Betriebsmitteln (zB Handwerkzeug, Tele- lung des fehlenden Lohnanteils kann – abhängig
fon, EDV, PKW) oder Schulungskosten, von der Konjunktur und den Indizes – nachteilig
– produktionsbezogene Nebenkosten wie zB für den Auftragnehmer oder den Auftraggeber sein
Kosten für Kleingeräte, Kleingerüste, Werkzeuge und stellt ein unkalkulierbares Risiko dar. Eine
oder Nebenmaterialien. positive Annäherung an die Praxis stellt die in
Soweit sachlich begründet, dürfen solche Kos- Punkt 5.3. der ÖNORM B 2061 festgelegte Zuläs-
ten auch anderen Kostenträgern (zB Materialkos- sigkeit, die Kosten für Transport, Ladearbeit und
ten, Gerätekosten, Baustellengemeinkosten oder Manipulation – soweit sachlich begründet – auch
Geschäftsgemeinkosten) zugeordnet werden.“ anderen Kostenarten (zB den Personalkosten) oder

Die neue ÖNORM B 2061


Die Buchhaltung sowie die Lohn- und Gehalts- den Baustellengemeinkosten zuzuordnen und diese
verrechnung werden in den Unternehmen üblicher- in den K5- und K7-Blättern auszuweisen, dar.
weise in den Geschäftsgemeinkosten erfasst. Wa- Die Spalten I und J könnten daher nach Ansicht
rum die ÖNORM B 2061 noch immer daran fest- des Verfassers entfallen. Die diesbezüglichen Auf-
hält, die Lohnverrechnung im K3-Blatt zu berück- wendungen wären, da es sich um Lohnleistungen
sichtigen, ist nicht nachvollziehbar. Ebenso stellt handelt, in den K5- und K7-Blättern zu kalkulieren.
sich für den Verfasser die Frage, warum Kosten Der Auftraggeber hat derzeit – bedingt durch
für eine Versicherung den Personalgemeinkosten die hohen Baukostenindizes – einen beträchtlichen
zugerechnet werden sollen. Nach Auffassung des Nachteil, wenn die gesamten Materialkosten im
Verfassers sollten die Aufwendungen für die Be- Anteil Sonstiges dargestellt werden. Ebenso kann
triebshaftpflichtversicherung und die Lohnverrech- dem Auftragnehmer ein Nachteil zuteilwerden,
nung nicht in den Lohnkosten berechnet werden, wenn beispielsweise der Anteil Lohn um 3 % steigt
sondern als Zuschlag in Prozent in den Geschäfts- und der Anteil Sonstiges um 3 % sinkt. Im Jahr
gemeinkosten berücksichtigt werden. 2023 ist eine kräftige Erhöhung des Anteils Lohn
Bei Mehr- oder Minderleistungen ist die Umla- zu erwarten und ein deutlich schwächerer Anstieg
ge nicht korrekt und auch die Preisumrechnung mit bzw eine rückläufige Entwicklung beim Anteil
unterschiedlichen Indizes wird verfälscht, da zB Sonstiges nicht auszuschließen. Die Empfehlungen
Versicherungsleistungen nicht den Lohnleistungen der ÖNORM B 2061 sollten jedoch auch unabhän-
zuzurechnen sind. gig von etwaigen Markt- und Konjunkturentwick-
2.4. K4–Blatt (Materialpreise) lungen gelten.

2.4.1. Allgemeines 2.5. K5–Blatt (Zusammengesetzte


Das K4-Blatt wurde dahin gehend geändert, dass ­Preiskomponenten)
eine Unterteilung in die Anteile Lohn und Sonsti- Das K5-Blatt ist gemäß Aussage der Bundesinnung
ges nicht mehr möglich ist. Dies widerspricht der Bau formal mit dem K7-Blatt ident und dient dazu,
Kalkulationsfreiheit des Unternehmers im Hin- in der Kalkulation mehrfach verwendete Baustei-
blick auf die plausible Aufteilung in die Anteile nen (Begriff der NEVARIS Bausoftware, RIB
Lohn und Sonstiges. Es widerspricht zum einen Software bzw iTWO) oder Aktivitäten (AUER

Jänner 2023 11

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Die neue ÖNORM B 2061
Fachartikel

Success) darzustellen. Würde man alle Inhalte des Motorleistung herleitbar. Dabei ist es auch uner-
K5-Blattes in das K7-Blatt expandieren, wäre zum heblich, ob mit Eigen- oder Fremdgeräten kalku-
einen die Lesbarkeit des K7-Blattes erschwert und liert wird.
zum anderen würde sich die Seitenzahl erheblich Folgende wesentliche Informationen sollten
erhöhen. Bausteine oder Aktivitäten dienen dazu, für alle Projektbeteiligten bei der Angebotsprüfung
gleich kalkulierte und über die gesamte Objekt­ und besonders bei der Prüfung von Mehr- oder
kalkulation verteilte Kostenelemente in einem Minderkosten ersichtlich sein (die kursiv hervor-
Formblatt für die mehrmalige Verwendung zu kal- gehobenen Informationen sind im aktuell gültigen
kulieren. Beispiele hierfür sind:
K6-Blatt nicht mehr enthalten):
● Personal-Bausteine: Gehaltskosten inklusive
● Gerätebezeichnung nach der Baugeräteliste mit
PKW, Laptop, Software, Quartier etc;
relevanten Kenngrößen (zB Leistung, Gewicht,
● Material-Bausteine: zB Betonsorten mit mög-
lichen Aufzahlungen (beispielsweise Größt- Ausrüstung);
korn), Landesabgabe, Nachlass, Transport­ ● Anzahl der Geräte;
kosten, Energie, Qualitätssicherungszuschlag, ● Baugeräteliste Nr;
Zuschlag für Pumpe; ● Neuwert des Gerätes;
● Bausteine für Geräte: Anteile der Eigen-, ● Summenparameter AV und Rep je Zeiteinheit
Fremd- und Mietgeräte; (Stunde, Monat), aufgeteilt in Lohn und Son-
● Bausteine für (Teil-)Leistungen: Aushub, Ver- stiges;
füllen, Transport, Asphalt-Einbaupartie; ● Abminderung der Werte der Baugeräteliste:
● Bausteine für Fremdleistungen (Subunterneh- Reparaturanteil der Anteile Lohn und Sonsti-
mer). ges;
Für die Ermittlung und Darstellung der Kosten von ● Abminderung der Werte der Baugeräteliste:
Fremdleistungen wurde in der aktuellen ÖNORM AV;
B 2061 in Punkt 5.6. eine wesentliche praktische ● Maschinenleistungen in Kilowatt (Elektroan-
Anpassung getroffen. Es ist nun eindeutig definiert, trieb oder Verbrennermotor [zB Diesel]);
dass die Kosten für Fremdleistungen „zB auf Basis
● Gewicht der Geräte einzeln, gesamt und Ge-
von Angeboten, Tarifen, Richtpreisen oder Erfah-
wicht aller Geräte, Kosten der Betriebsstoffe je
rungswerten ermittelt werden und es im Regelfall
Leistungseinheit;
genügt, sie in die Preisanteile ‚Lohn‘ und „Sonsti-
ges“ aufzugliedern.“ ● Kosten der Gerätebedienung;
Um eine mit Bausteinen (oder Aktivitäten) auf- ● Kosten allfälliger Verschleißteile.
gebaute Kalkulation effektiv beurteilen zu können, Der Entfall dieser Informationen bedeutet einen
ist das K5-Blatt für eine vertiefte Angebotsprüfung beträchtlichen Mehraufwand bei der Preisprüfung
unweigerlich erforderlich. der Angebote oder Mehrkostenforderungen. Zu-
Umso mehr verwundert es den Verfasser, dass mindest ein Hinweis, dass Werte abgemindert sind,
dieses nur in Ausnahmefällen im Zuge der Ange- wäre in den Spalten E und H hilfreich gewesen.
botslegung bzw -prüfung vorzulegen ist. Derzeit setzt es eine Kenntnis der Prüfer voraus,
dass die Werte in den Formblättern schon abgemin-
2.6. K6–Blatt (Gerätepreise)
derte Werte sind und die in der Mehrkostenforde-
Das K6-Blatt für Vorhalte- und Leistungsgeräte rung angebotenen Gerätewerte entsprechend den
wurde nach Ansicht des Verfassers im Rahmen der angebotenen Gerätegruppen ebenfalls abzumin-
Überarbeitung der ÖNORM B 2061 zum Nachteil
dern sind.11
verändert bzw unterstützt die Bewahrung einer
Mithilfe der EDV kann man einzelne Geräte,
langjährigen Irritation. Die gelebte Praxis, die in
Gerätgruppen oder -klassen unterschiedlich ab-
der Baugeräteliste enthaltenen Werte nach be-
trieblichen Erfahrungen auf- oder abzuwerten, ist mindern. Diese Abminderungswerte sind in den
zwar für die Geräteverrechnung (insbesondere für neuen Formblättern nicht mehr ersichtlich, jedoch
Arbeitsgemeinschaften) bedeutend, aber für die Grundlage jeder Angebots- und Preisprüfung.
Beurteilung eines Angebots ungeeignet. Die ver- In der Spalte AV und Rep (Lohn und Sonstiges)
tiefte Angebotsprüfung beschränkt sich darauf, ob sind die innerbetrieblichen bereits abgeminderten
im Angebot des Bieters die Inhalte der Baugerä- Baugeräteliste-Werte einzusetzen. Die Spalten F
teliste einschließlich ihrer Rundungsregeln korrekt und G (Gerätegemeinkosten auf AV) bzw I und
wiedergegeben werden; eine Prüfung der kosten- J (Gerätegemeinkosten auf Rep) sind nicht nach-
bestimmenden Auf- oder Abwertungsfaktoren ist vollziehbar, da die Kosten für den Lagerplatz bzw
faktisch unmöglich. die Bauhofkosten (Miete des Lagerplatzes und
Relevant ist die Thematik letztlich nur bei der Aufwendungen für Personal am Lagerplatz) in den
Prüfung von Mehrkostenforderungen. Dabei wäre Verrechnungssätzen mit AV und Rep abgedeckt
der Wert der Baugeräteliste des angebotenen Gerä- sein sollten. Bei Kleinunternehmen können diese
tes zu ermitteln und mit seinem Summenparameter Kosten Teil der Geschäftsgemeinkosten sein. Die
Abschreibung und Verzinsung (AV) und Reparatur Spalte K (andere Kosten) könnte auch entfallen, da
(Rep) zu vergleichen. Mit dem auf diese Weise
hier nicht nachvollzogen werden kann, was hier zu
ermittelten Faktor ist der Baugeräteliste-Wert des
kalkulieren ist.
Gerätes in der Mehrkostenforderung anzuwenden.
Der geänderte Betriebsstoffverbrauch ist über die 11 Siehe Punkt 2.1.

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Die neue ÖNORM B 2061
Fachartikel

2.7. K7–Blatt (Darstellung mative Verweisungen“) der ÖNORM B 2061 fehlt


der Preisermittlung) der Hinweis auf die ÖNORM B 2111.
Das K7-Blatt ist auch in der aktuellen Fassung
Fazit
nicht über die Phase der Bleistiftkalkulation hin-
ausgekommen. Um die Prüfung einer heute EDV- In keiner anderen Branche der Welt werden
basierten Kalkulation sinnvoll durchführen zu kön- die Kalkulationen und Kalkulationseckdaten
nen, sollte die Verfahrensnorm eindeutigere Regeln und damit auch Betriebsgeheimnisse und Er-
beinhalten. Dies betrifft die Nomenklatur in den fahrungen der Bieter so offengelegt wie in der
Ansatzzeilen, die eine klare Zuordnung zu den ver- Baubranche.
Grundsätzlich sollte sich die Branche ent-
pflichtend mit Stichworten zu bezeichnenden Kos-
scheiden, welcher Weg bezüglich der Nach-
tenarten bzw verwendeten Kalkulationselementen
vollziehbarkeit der Baupreisbildung einge-
gewährleisten sollte:
schlagen werden soll.
● 1 oder P: Personalkosten;
Der Weg der Nachvollziehbarkeit der Bau-
● 2 oder M: Materialkosten; preisbildung und der Formblätter durch syste-
● 3 oder G: Gerätekosten; matisierte Hilfsblätter? Dies würde die Quali-
● 4 oder F: Fremdleistungen; tät der Berechnungen und auch das Bewusst-
● 5 oder Z: Zusammengesetzte Kostenkompo- sein aller Projektbeteiligten für einen fairen
nenten laut K5-Blatt: und ausgeglichenen Bauvertrag steigern.
● 6 oder K: Konzernleistungen. Ein anderer Weg wäre es, nur mehr die
Ein weiterer Punkt wäre die verpflichtende Dar- Kalkulationseckdaten (wie Gesamtzuschlag,
stellung von in den Ansatzzeilen verwendeten Mittellohnpreis und Geräteeckdaten) abzuver-
­Variablen, wobei die hierarchische Belegung von langen und die Preise auf Plausibilität und An-
Variablen auch über einen Variablenkatalog erfol- gemessenheit zu prüfen. So könnte man den
gen könnte. Mögliche Hierarchiestufen von Varia- aufwendigen Weg der unvollständigen und
blen sind heute beispielsweise: schlecht nachvollziehbaren Kalkulation und
● Unterleistungsgruppe; deren Formblätter umgehen.
● Leistungsgruppe; Den derzeitig österreichischen Weg, unter
● Obergruppe; dem Vorwand der Kalkulationsfreiheit von
● Hauptgruppe; jedem ein bisschen was zu verlangen, aber es
● Projektvariante (Leistungsverzeichnis); gar nicht ganz genau wissen zu wollen, weiter
● Projekt. zu beschreiten, ist natürlich auch möglich.
Im K7-Blatt einer Position wären dann nur mehr Da in der Regel aus einer Überarbeitung
die auf Positions- oder Unterpositionsebene ver- der ÖNORM B 2061 Mehraufwendungen für
wendeten bzw dort abgeänderten hierarchischen die Softwarehersteller resultieren, sollten im
Variablen darzustellen. Die gelebte Praxis von Un- Zuge einer Neubearbeitung der Norm vorher
ternehmen, im Ausdruck des K7-Blattes alle Vari- deren Grenzen und Möglichkeiten abgestimmt
ablen aufzulösen und somit auf Positionsebene im werden.
Die neue ÖNORM B 2061
Rechenansatz darzustellen, macht den Mehrwert Den Mehraufwendungen der Softwareher-
digitaler Lösungen derzeit leider obsolet. steller durch die generelle Überarbeitung der
Formblätter stehen nämlich die geänderten
2.8. K8–Blatt (Warenkorb) gemäß Formblätter gegenüber, die teilweise einen
ÖNORM B 2111 (nicht Inhalt Mehrwert vermissen lassen, in denen Inhal-
der ÖNORM B 2061) te nach wie vor fehlen, Inhalte weggelassen
Dem Verfasser fiel erst beim Studium der aktuel- wurden und nicht erforderliche Spalten und
len ÖNORM B 2061 auf, dass das K8-Blatt für die Zeilen bis dato enthalten sind. Zu beachten ist
Preisumrechnung nicht in der ÖNORM erwähnt jedoch, dass die Kosten der Softwarehersteller
wird. Im Übrigen fand sich auch in der ÖNORM am Ende des Tages über die Geschäftsgemein-
kosten den Auftraggebern weiterverrechnet
B 2061 aus 1999 kein diesbezüglicher Hinweis.
werden.
Es wäre aus Gründen der Vollständigkeit zweck-
In diesem Sinn sind für Kalkulanten keine
mäßig, bei der nächsten Überarbeitung zumindest
großen Veränderungen eingetreten und Ange-
einen Hinweis auf die ÖNORM B 211112 zu ge-
bote werden nach wie vor mit Kalkulations-
ben oder das Formblatt selbst als Teil der ÖNORM
annahmen nach bestem Wissen und Gewissen
B 2061 aufzunehmen. Auch unter Punkt 2. („Nor-
und mit notwendigen Adaptierungen für die
12 ÖNORM B 2111: Umrechnung veränderlicher Preise von Bau- Wettbewerbsfähigkeit vorgenommen.
leistungen – Werkvertragsnorm (Ausgabe: 1. 5. 2007).

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