Krankenhausbau - Ist Das Überhaupt Eine Aufgabe Für Architekten?
Krankenhausbau - Ist Das Überhaupt Eine Aufgabe Für Architekten?
Krankenhausbau - Ist Das Überhaupt Eine Aufgabe Für Architekten?
Architekten möchten sich mit ihren Entwürfen gern selbst verwirklichen. Da scheint
die Sanierung alter Bestandsgemäuer mit langen, grauen Linoleumfluren, greller
Beleuchtung und dem Geruch nach Desinfektionsmitteln nicht so recht ins Bild zu
passen. Ist Krankenhausbau also eher eine Aufgabe für Betriebsplaner, die Arbeits-
abläufe untersuchen, optimieren und auf ein räumliches Gefüge übertragen? Das
Gegenteil ist der Fall.
Im Spezialgebiet Gesundheitswesen kann ein Architekt nur Aufmerksamkeit den ihn umgebenden Raum und alle Details
dann erfolgreich sein, wenn er über den Tellerrand schaut wahr. Ausschlaggebend für die Atmosphäre in einem Kran-
und Einflüsse, Strömungen und Erkenntnisse aus anderen kenhaus oder Bettenzimmer sind „weiche“ Faktoren: Emotion,
Aufgaben in den Krankenhausbau einfließen lässt. Fest steht, Dimension, Blickbezüge und Orientierung, Farbe, Material und
es ist eine herausfordernde und spannende Aufgabe – und Licht. Patientengerechte Architektur kann damit zu einem
eine unterschätzte zugleich. Öffentliche Anerkennung und Imagefaktor für das betreffende Krankenhaus werden.
Aufmerksamkeit sind mit diesen Bauwerken nur schwer zu Der Architekt im Gesundheitswesen ist Generalist. Er muss
erzielen. Dafür eignen sich Museumsbauten, Einkaufszen- in allen Leistungsphasen ganzheitlich planen und alle gestal-
tren, Flughäfen oder Bahnhöfe viel besser. Aber warum ist terischen, funktionalen und wirtschaftlichen Einzelaspekte
das so? Liegt es möglicherweise an der immer noch existie- zu einer Gesamtlösung führen. Bereits im frühen Entwurfs-
renden Tabuisierung von Krankheit, Alter und Tod? stadium ist eine interdisziplinäre Vorgehensweise unabding-
Das gängige Vorurteil ist: Ein Krankenhaus muss in erster bar. Der Planer ist zugleich Kommunikator, Moderator und
Linie funktional sein, die Ausführung ist an einem engen Vermittler, vor allem für die Patienten und die Nutzer, sprich
Kostenrahmen gebunden. Das aber ist nicht alleiniger Inhalt Ärzte und Pflegekräfte sowie für den Träger der Einrichtung,
der Planungsaufgabe, denn die Gestaltung von Gebäuden die Behörden und weiteren Beteiligten. Diese Aufgabe er-
und Räumen für kranke Menschen erfordert neben den bau- fordert Mut und Gespür, auch einmal eingefahrene Verhal-
lichen, betrieblichen und wirtschaftlichen Abläufen vor allem tensmuster, Verordnungen und Normen infrage zu stellen, um
Kenntnisse in Psychologie und Soziologie. Patienten befin- sich damit rechtzeitig gesellschaftlichen Veränderungen
den sich körperlich und seelisch in einen Ausnahmezustand. anpassen zu können. Um die hohen Ansprüche an die Haus-
Sie fühlen sich häufig der Situation und der Umgebung aus- und Medizintechnik zu erfüllen, ist die rechtzeitige Einbin-
geliefert. Architektur kann hier Angst steigern oder Angst dung der Fachingenieure eine wichtige Voraussetzung,
mildern. Ein ganz wichtiges Ziel ist es, Orientierung, Klarheit damit das Entwurfskonzept von Anfang an auf die techni-
und Sicherheit zu vermitteln und im besten Fall damit sogar schen Erfordernisse abgestimmt werden kann. Auf diese
Heilungsprozesse zu fördern. Ein Planer muss sich in die Gewerke entfällt der Hauptanteil der Baukosten. Heute be-
Situation des Patienten hineinversetzen können und dessen tragen die Hochbaukosten oft schon weniger als 50 Prozent
Wahrnehmung zu seiner Entwurfsgrundlage machen. Ein der Gesamtbausumme.
Kranker ist meist nicht beschäftigt, er nimmt mit erhöhter Neubauvorhaben sind heute eher selten geworden. Etwa
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STEFAN LUDES
geboren 1962 in Dorsten/Nordrhein-Westfalen
Peter
Wahl,
Dipl.-
Shanghai PitBuilding
90 Prozent der Aufträge bestehen aus Umstrukturierung, Zielvorgaben (Soll). Nach dem Soll/Ist-Vergleich wird der
Ertüchtigung und Weiterentwicklung vorhandener Bau- baulich-betriebliche Zielplan entwickelt, bestehend aus
substanz. Meist sind Anlagen aus Gebäuden unterschiedlich- einer gebäudetechnischen Konzeption, der Vorplanung von
ster Entstehungszeit zusammengesetzt. Eine zukunftsorien- Erweiterungsmöglichkeiten, der Unterteilung in Bauab-
tierte Planung muss die baulichen, strategischen, funktiona- schnitte, der Kostenprognose und – besonders wichtig –
len und betriebswirtschaftlichen Aspekte einbeziehen und dem Funktions- und Schemaplan. Die erforderlichen Räume
optimieren. Sinnvolles Instrumentarium ist hierfür eine Mas- werden gemäß Raumprogramm den Funktionsbereichen
terplanung oder Zielplanung. zugeordnet, als da sind: Untersuchung, Behandlung, Pflege,
Verwaltung, Soziale Dienste, Forschung und Lehre, Ver- und
Was ist eine Zielplanung? Entsorgung und sonstiges.
Bereits in den 60er-Jahren wurde für die geordnete Ent-
wicklung von Krankenhäusern und Einrichtungen des Ge- Der Entwurf und die Umsetzung
sundheitswesens dieses Instrument geschaffen. Die Ziel- Im Gegensatz zu einem Büro- und Verwaltungsgebäude
planung ist als Entscheidungsgrundlage für die langfristige oder auch einem Industriebau, die Raum für nur wenige
Entwicklung eines Krankenhauses zu verstehen. Hier wird spezialisierte Tätigkeiten aufweisen, muss der Kranken-
definiert, wie das Planziel in einem überschaubaren Zeit- hausbau eine Vielzahl von Funktionen unter einem Dach
raum erreicht werden kann. Die Abfolge der Entwicklung koordinieren. Das Raumprogramm beinhaltet nicht nur in
ist in einer Hierarchie gegliedert und in Bauabschnitte seiner Nutzung sehr unterschiedliche Räume, sondern auch
unterteilt. So wird sichergestellt, dass die Einzelmaßnah- in Bezug auf Größe und Ausstattung, zum Beispiel Betten-
men auf einer Gesamtkonzeption basieren und Fehlinves- zimmer, Gemeinschafts- und Aufenthaltsräume, Behand-
titionen unterbleiben. Die verschiedenen Stufen der Ziel- lungsräume, OPs und Labore, des Weiteren Büros, even-
planung setzen sich zusammen aus der Bestandsaufnahme, tuell ein Café und einen kleinen Laden oder Kiosk, eine
der Analyse und Bewertung (IST) und der Erarbei-tung von Bibliothek und schließlich Räume für Lehre und Forschung.
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KRANKENHAUSBAU –
IST DAS ÜBERHAUPT EINE AUFGABE FÜR ARCHITEKTEN?
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nimmt der Anteil der privaten Krankenhausträger deutlich Mussten Klinikbauten aus dem 19. und beginnenden
zu. Dagegen nehmen öffentliche und gemeinnützige Trä- 20. Jahrhundert noch einen Zeitraum von 100 Jahren be-
gerschaften um dasselbe Verhältnis ab. Kleine Häuser stehen, führt heute die anspruchsvolle, sich ständig wan-
schließen sich zusammen, um am Markt stärker auftreten delnde medizinische Versorgungstechnik zu einem Aus-
zu können. Neben der vollstationären Behandlung bieten tausch innerhalb von 20 bis 30 Jahren. Die bauliche Hülle
die Krankenhäuser immer häufiger ambulante Versorgung muss Raum für Hightech-Medizin auf dem neuesten techni-
an. Die Grenzen verschwimmen. War früher klar definiert, schen und wissenschaftlichen Stand bieten und mit den
ob der Patient eine Klinik, eine Praxis oder ein Schönheits- wachsenden Anforderungen Schritt halten.
studio aufsucht, geht der Trend heute eher zu einer inte- Die besondere Aufgabe des Architekten ist es, das schein-
grierten Versorgung. Alle Leistungen werden unter einem bar Unvereinbare zu vereinen: den reibungslosen Ablauf
Dach angeboten. Wenn Trends, Entwicklungen, Zahlen und der Behandlungen mit der Optimierung der Prozesse in
Kosten im Wandel begriffen sind, wie lange soll die Pla- einer patientengerechten Atmosphäre. Das Bauwerk als
nung für ein Krankenhaus dann aktuell sein? Die Lebens- heilsame Umgebung mit positiver Stimmung und mensch-
zyklen von Gesundheitsbauten sind kürzer geworden. lichem Maßstab steht dabei immer im Vordergrund.