07 Waelzlager ISO 76 281

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ÜBUNG

MASCHINENELEMENTE

Wälzlager:
Tragfähigkeitsnachweis nach DIN ISO 76 und DIN ISO 281

Stephan Voigt, M.Eng.

Hochschule Anhalt
Anhalt University of Applied Sciences
Übung Maschinenelemente Wälzlager: Tragfähigkeitsnachweis nach DIN ISO 76 und DIN ISO 281

Agenda

1. Statische Tragfähigkeit 1.1 Anwendungsbereich

1.2 Statische Tragzahl

1.3 Äquivalente statische Lagerbelastung

1.4 Statische Tragsicherheit

2. Dynamische Tragfähigkeit 2.1 Anwendungsbereich

2.2 Dynamische Tragzahl

2.3 Äquivalente dynamische Lagerbelastung

2.4 Äquivalente dynamische Lagerbelastung unter Wechsellast

2.5 Mindestbelastung

2.6 Nominelle Lebensdauer

2.7 Erweiterte Lebensdauerberechnung, modifizierte Lebensdauer

3. Grenzdrehzahlen 3.1 Thermische Drehzahlgrenze

3.2 Kinematische Drehzahlgrenze

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1 Statische Tragfähigkeit
1.1 Anwendungsbereich

 Ein Wälzlager, welches

• stillsteht und dabei belastet wird oder

• langsame Schwenk- und Einstellbewegungen


ausführt oder

• mit einer Drehzahl 𝑛𝑛 < 10 min−1 läuft oder

• große Stoßbelastungen aufnehmen muss

gilt als statisch beansprucht.

 Maßgebend sind hierbei bleibende Verformungen an den Wälzkörpern


 Schwingungen, Geräusche, Reibung

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1.2 Statische Tragzahl

 Die zentrisch und

• bei Radiallagern rein radial sowie

• bei Axiallagern rein axial

wirkende Belastung, für die sich in der Mitte der Kontaktfläche von Wälzkörper und Laufbahn eine Hertzsche
Pressung von

Radiallagern Axiallagern

4.600 N ⋅ mm−2 bei Pendelkugellagern 4.600 N ⋅ mm−2 bei Axialkugellagern

4.200 N ⋅ mm−2 bei allen anderen Radialkugellagerarten 4.600 N ⋅ mm−2 bei allen Axialrollenlagern

4.600 N ⋅ mm−2 bei allen Radialrollenlagern

ergibt, ist als statische Tragzahl 𝐶𝐶0 eines Wälzlagers definiert.

 Dabei tritt eine bleibende Verformung von ca. 0,01% des Wälzkörperdurchmessers auf.

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 Die statische Tragzahl 𝐶𝐶0 ist die Kenngröße der statischen Beanspruchbarkeit von Wälzlagern.

 Die angegebenen Pressungen sind experimentell ermittelt, während die statischen Tragzahlen auf Basis eines
numerischen Modells berechnet werden, z.B. für Radialkugellager mittels

2
𝐶𝐶0 = 𝑓𝑓0 ⋅ 𝑖𝑖 ⋅ 𝑧𝑧 ⋅ 𝐷𝐷w ⋅ cos 𝛼𝛼0

𝑓𝑓0 Berechnungsbeiwert, 𝑖𝑖 Anzahl Wälzkörperreihen, 𝑧𝑧 Anzahl Wälzkörper je Reihe, 𝐷𝐷W Wälzkörperdurchmesser,


𝛼𝛼0 Nenndruckwinkel

 Quelle für den Ingenieur: Daten der Wälzlagerhersteller  siehe Wälzlagerkataloge, z.B. SKF-Katalog

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1.3 Äquivalente statische Lagerbelastung

 Die zentrisch und bei Radiallagern rein radial sowie bei Axiallagern rein axial wirkende Belastung, die im Lager die
gleiche Beanspruchung hervorruft, wie die tatsächlich wirkende Belastung, wird als äquivalente statische
Lagerbelastung bezeichnet:

𝑃𝑃0 = 𝑋𝑋0 ⋅ 𝐹𝐹0r + 𝑌𝑌0 ⋅ 𝐹𝐹0a

 Dabei sind

• 𝐹𝐹0r Radialkraftkomponente der statischen Belastung

• 𝐹𝐹0a Axialkraftkomponente der statischen Belastung

• 𝑋𝑋0 Radialfaktor des Lagers bei statischer Belastung


Abhängig von der
Lagerbauart
• 𝑌𝑌0 Axialfaktor des Lagers bei statischer Belastung

 Bei wechselnder Lastangriffsrichtung ist diejenige Belastungssituation auszuwählen, die die größte äquivalente
statische Lagerbelastung hervorruft.

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 Radial- und Axialfaktoren bei statischer Belastung verschiedener Lagerarten

• Radialkugellager

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• Radial-Zylinderrollen- und Nadellager

𝑋𝑋0 = 1 und 𝑌𝑌0 = 0 ⇒ 𝑃𝑃0 = 𝐹𝐹0r

Druckwinkel 𝛼𝛼
• Axial-Kugellager

𝑋𝑋0 = 0 und 𝑌𝑌0 = 1 ⇒ 𝑃𝑃0 = 𝐹𝐹0a

• Axial-Schrägkugellager

𝑃𝑃0 = 𝐹𝐹0a + 2,3 ⋅ 𝐹𝐹0r ⋅ tan 𝛼𝛼 mit

𝐹𝐹0r < 0,44 ⋅ 𝐹𝐹0a ⋅ cot 𝛼𝛼

• Axial-Pendelrollenlager 𝛼𝛼 = 0° … 45°  Radiallager

𝑃𝑃0 = 𝐹𝐹0a + 2,7 ⋅ 𝐹𝐹0r mit 𝛼𝛼 > 45° … 90°  Axiallager

𝐹𝐹0r ≤ 0,37 ⋅ 𝐹𝐹0a

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1.4 Statische Tragsicherheit

 Die statische Tragsicherheit ist das Verhältnis aus statischer Tragzahl 𝐶𝐶0 und äquivalenter statischer
Lagerbelastung 𝑃𝑃0 :
𝐶𝐶0
𝑓𝑓S =
𝑃𝑃0

 Die statische Tragsicherheit ist als „Sicherheit gegen zu große örtliche Verformung“ aufzufassen.

 Tatsächliche Belastbarkeit bis zum Bruch

≈ (5 … 8) ⋅ 𝐶𝐶0

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 Richtwerte für 𝑓𝑓S

 Bei Festlegung der statischen Tragsicherheit auf Basis der Anforderungen kann demnach eine erforderliche
statische Tragfähigkeit ermittelt werden.

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2. Dynamische Tragfähigkeit
2.1 Anwendungsbereich

 Ein Lager ist hinsichtlich der Lebensdauer (d.h. auf Basis der dynamischen Tragfähigkeit) auszuwählen, wenn es mit
einer Drehzahl 𝑛𝑛 > 10 min−1 unter Belastung umläuft. Zusätzlich ist jedoch auch immer die statische
Tragsicherheit zu prüfen.

 Als Lebensdauer wird die Anzahl der Umdrehungen bzw. die Anzahl der Betriebsstunden
(bei 𝑛𝑛 = const) verstanden, bis Werkstoffermüdung auftritt.

 Dabei ist der Begriff der Lebensdauer im statistischen Sinn zu interpretieren und muss demnach mit einer
Wahrscheinlichkeit verknüpft werden.
Konkret: Eine berechnete oder angegebene Lebensdauer wird von 90% einer hinreichend großen Menge von
Wälzlagern erreicht bzw. überschritten. Für das Einzellager hat die Angabe einer Lebensdauer praktisch keine
Bedeutung.

 Überlebenswahrscheinlichkeit 𝑃𝑃Ü = 0,9 bzw. Ausfallwahrscheinlichkeit 𝑃𝑃A = 1 − 𝑃𝑃Ü = 0,1

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2.2 Dynamische Tragzahl

 Die zentrisch und

• bei Radiallagern rein radial sowie

• bei Axiallagern rein axial

wirkende Belastung, bei der eine nominelle Lebensdauer von einer Million Umdrehungen erreicht wird, ist als die
dynamische Tragzahl 𝐶𝐶 eines Wälzlagers definiert.

𝐹𝐹

𝐶𝐶

106 Umdrehungen

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 Die dynamische Tragzahl 𝐶𝐶 ist die Kenngröße der dynamischen Beanspruchbarkeit von Wälzlagern.

 Da die dynamischen Tragzahlen durch umfangreiche Lebensdauerversuche statistisch abgesichert sind, ist auch die
Berechnung auf der Grundlage empirischer Zusammenhänge möglich, z.B. für Radialrollenlager mittels

7/9 29/27
𝐶𝐶 = 𝑏𝑏m ⋅ 𝑓𝑓c ⋅ 𝑖𝑖 ⋅ 𝑙𝑙eff ⋅ cos 𝛼𝛼0 ⋅ 𝑧𝑧 3/4 ⋅ 𝐷𝐷W

𝑏𝑏m Lagerbauartfaktor, 𝑓𝑓c Berechnungsbeiwert, 𝑖𝑖 Anzahl Wälzkörperreihen, 𝑙𝑙eff effektive Berührlänge,


𝛼𝛼0 Nenndruckwinkel, 𝑧𝑧 Anzahl Wälzkörper je Reihe, 𝐷𝐷W Wälzkörperdurchmesser

 Quelle für den Ingenieur: Daten der Wälzlagerhersteller  siehe Wälzlagerkataloge, z.B. SKF-Katalog

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2.3 Äquivalente dynamische Lagerbelastung

 Die zentrisch und bei Radiallagern rein radial sowie bei Axiallagern rein axial wirkende Belastung, die den gleichen
Einfluss auf die Lebensdauer des Lagers hat, wie die tatsächlich wirkende Belastung, wird als äquivalente
dynamische Lagerbelastung bezeichnet:

𝑃𝑃 = 𝑋𝑋 ⋅ 𝐹𝐹r + 𝑌𝑌 ⋅ 𝐹𝐹a

 Dabei sind

• 𝐹𝐹r Radialkraftkomponente der dynamischen Belastung

• 𝐹𝐹a Axialkraftkomponente der dynamischen Belastung

• 𝑋𝑋 Radialfaktor des Lagers bei dynamische Belastung


Abhängig von der
Lagerbauart
• 𝑌𝑌 Axialfaktor des Lagers bei dynamischer Belastung

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 Abhängigkeit der Wälzkörperbeanspruchung vom Wirken einer Axialkraft

• Beispiel: Schrägkugellager

• Ein Geringer Axiallastanteil führt bei allen Radiallagern (außer Zylinderrollen- und Nadellager) zu einer
Verminderung der Wälzkörperbeanspruchung  größerer Winkel 𝜓𝜓

• Dabei ist das Verhältnis aus 𝐹𝐹a /𝐹𝐹r für die resultierende Wälzkörperbeanspruchung maßgebend.

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• Aus 𝑃𝑃 = 𝑋𝑋 ⋅ 𝐹𝐹r + 𝑌𝑌 ⋅ 𝐹𝐹a folgt

𝑃𝑃 𝐹𝐹a
= 𝑋𝑋 + 𝑌𝑌 ⋅
𝐹𝐹r 𝐹𝐹r

𝐹𝐹a
• 1. Bereich: ≤ 𝑒𝑒
𝐹𝐹r

𝑋𝑋 = 1 und 𝑌𝑌 = 0 ⇒ 𝑃𝑃 = 𝐹𝐹r

𝐹𝐹a
• 2. Bereich: > 𝑒𝑒
𝐹𝐹r

𝑃𝑃 = 𝑋𝑋 ⋅ 𝐹𝐹r + 𝑌𝑌 ⋅ 𝐹𝐹a
− Lagerartspezifische Werte für X und Y

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 Übersicht der Axial- und Radialfaktoren


für Radiallager (außer Zylinderrollenlager)

 Besser: Nutzung des WLK

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 Ermittlung der Axial- und Radialfaktoren mithilfe des WLK am Beispiel von Rillenkugellagern

• Berechnungsfaktor 𝑓𝑓0 und stat. Tragfähigkeit 𝐶𝐶0 sind lagerspezifische Werte  Tabellen des WLK

• Bei Zwischenwerten linear interpolieren!

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 Ermittlung der Axial- und Radialfaktoren mithilfe des WLK am Beispiel von Zylinderrollenlagern (mit Käfig)

• Loslager

𝑃𝑃 = 𝐹𝐹r d.h. X=1 und Y=0

• Festlager

𝐹𝐹a ≤ 𝑒𝑒 𝑃𝑃 = 𝐹𝐹r

𝐹𝐹r
> 𝑒𝑒 𝑃𝑃 = 0,92 ⋅ 𝐹𝐹r + 𝑌𝑌 ⋅ 𝐹𝐹a

− Grundsätzlich sollte gelten: 𝐹𝐹a /𝐹𝐹r ≤ 0,5

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 Axialkräfte bei Stützlagern

• Belastung wird in Abhängigkeit des Druckwinkels von der einen auf die andere Laufbahn übertragen
 Entstehung einer inneren Kraft 𝐹𝐹axial (die auch auf die Welle wirkt)

• 𝑌𝑌 ist den Tabellen im WLK zu entnehmen


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2.4 Äquivalente dynamische Lagerbelastung unter Wechsellast

 Bei nicht konstanter Lagerbelastung gilt:

𝑝𝑝
n
𝑝𝑝 𝑝𝑝 𝑝𝑝 𝑝𝑝 𝑝𝑝
𝑃𝑃 = 𝑃𝑃1 ⋅ 𝑞𝑞1 + 𝑃𝑃2 ⋅ 𝑞𝑞2 + ⋯ + 𝑃𝑃n ⋅ 𝑞𝑞n = � 𝑃𝑃k ⋅ 𝑞𝑞k
k=1

 Dabei sind

• 𝑃𝑃k äquivalente Lagerbelastung des k-ten Belastungsabschnittes

• 𝑞𝑞k Wirkungsdauer des k-ten Belastungsabschnittes mit ∑k 𝑞𝑞k = 1

• 𝑝𝑝 Lebensdauerexponent

𝑝𝑝 = 3 für Kugellager

𝑝𝑝 = 10/3 für Rollenlager

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 Periodisch veränderliche Lasten lassen sich durch zwei äquivalente Lagerbelastungen 𝑃𝑃1 und 𝑃𝑃2 beschreiben:

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 Unterliegt neben der Belastung auch die Drehzahl einer zeitlichen Veränderung, so gilt:

𝑝𝑝
n
𝑝𝑝
𝑝𝑝 𝑛𝑛1 𝑝𝑝 𝑛𝑛2 𝑝𝑝 𝑛𝑛n 1 𝑝𝑝
𝑃𝑃 = 𝑃𝑃1 ⋅ ⋅ 𝑞𝑞1 + 𝑃𝑃2 ⋅ ⋅ 𝑞𝑞2 + ⋯ + 𝑃𝑃n ⋅ ⋅ 𝑞𝑞 = ⋅ � 𝑃𝑃k ⋅ 𝑛𝑛k ⋅ 𝑞𝑞k
𝑛𝑛m 𝑛𝑛m 𝑛𝑛m n 𝑛𝑛m
k=1

 Dabei sind

• 𝑛𝑛k Drehzahl des k-ten Belastungsabschnittes

• 𝑛𝑛m mittlere Drehzahl 𝑛𝑛m = ∑k 𝑛𝑛k ⋅ 𝑞𝑞k

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 Die dargelegten Berechnungen gelten strenggenommen nur bei einer stufenweise Veränderung von Drehzahl bzw.
Belastung oder wenn entsprechende Lastkollektive vorliegen.

 Bei beliebigem Belastungs- 𝑃𝑃 𝑡𝑡 und Drehzahlverlauf 𝑛𝑛(𝑡𝑡) gilt:

𝑇𝑇
𝑝𝑝
∫0 𝑛𝑛 𝑡𝑡 ⋅ 𝑃𝑃𝑝𝑝 𝑡𝑡 ⋅ d𝑡𝑡
𝑃𝑃 = 𝑇𝑇
∫0 𝑛𝑛 𝑡𝑡 ⋅ d𝑡𝑡

 Bei einer oszillierenden Bewegung des Lagers (Schwenkbewegung) ist die äquivalente
Lagerbelastung 𝑃𝑃osz und eine äquivalente Drehzahl 𝑛𝑛 zu ermitteln:

𝜑𝜑 1/𝑝𝑝 𝜑𝜑
𝑃𝑃osz = ⋅ 𝑃𝑃 𝑛𝑛 = 𝑛𝑛osz ⋅
180° 180°

• Dabei ist 𝑛𝑛osz die Frequenz der Oszillation und 𝜑𝜑 der Schwenkwinkel. Dieser sollte größer als der doppelte
Teilungswinkel des Lagers sein. Andernfalls droht Riffelbildung.

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2.5 Mindestbelastung

 Zur Einstellung eines positiven oder negativen Spiels in Abhängigkeit des Lager-Einsatzfalls ist immer eine
Mindestbelastung vorzusehen.

 Außerdem werden so unerwünschte Gleitbewegungen zwischen Wälzkörpern und Laufringen vermieden.

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 Zur Vermeidung von Bohr- und Kreiselmomenten ist allgemein folgende axiale Mindestbelastung anzustreben:

𝑛𝑛 2
𝐹𝐹a,min ≥ 𝑀𝑀 ⋅
1.000
 Dabei sind

• 𝑀𝑀 Minimallastfaktor (𝑘𝑘r im SKF-Katalog)

• 𝑛𝑛 Lagerdrehzahl in min−1

 Lagerspezifische Werte
(axiale Mindest-
belastung)

 Beispiel aus WLK: Mindest-Radialbelastung eines Rillenkugellagers nach SKF

2 2
𝜈𝜈 ⋅ 𝑛𝑛 3 𝑑𝑑m 𝜈𝜈 … Viskosität
𝐹𝐹r,min = 𝑘𝑘r ⋅ ⋅
1.000 100 𝑑𝑑m … mittlerer Lagerdurchmesser

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2.6 Nominelle Lebensdauer

 Die nominelle Lebensdauer (Ausfallwahrscheinlichkeit 10%, in 106 Umdrehungen) eines Wälzlagers bei konstanter
Drehzahl und Belastung ist nach DIN ISO 281 gegeben durch

𝑝𝑝
𝐶𝐶
𝐿𝐿10 =
𝑃𝑃

 Dabei sind

• 𝐶𝐶 dynamische Tragzahl

• 𝑃𝑃 äquivalente dynamische Lagerbelastung

• 𝑝𝑝 Lebensdauerexponent
𝑝𝑝 = 3 für Kugellager
𝑝𝑝 = 10/3 für Rollenlager

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 Bei konstanter Betriebsdrehzahl 𝑛𝑛 des Wälzlagers ist die Angabe der nominellen Lebensdauer in Stunden üblich:
𝑝𝑝
106 106 𝐶𝐶
𝐿𝐿10h = ⋅ 𝐿𝐿10 = ⋅
60 ⋅ 𝑛𝑛 60 ⋅ 𝑛𝑛 𝑃𝑃

 Hierbei muss die Drehzahl 𝑛𝑛 in min−1 eingesetzt werden!

 Dynamischer Kennzahl 𝑓𝑓L und Drehzahlfaktor 𝑓𝑓n :

• Die obige Gleichung kann wie folgt geschrieben werden:

𝑝𝑝
𝐿𝐿10h 100/3 𝐶𝐶 𝑝𝑝
𝐿𝐿10h 𝑝𝑝
100 𝐶𝐶
= ⋅ ⇔ = ⋅
500 𝑛𝑛 𝑃𝑃 500 3 ⋅ 𝑛𝑛 𝑃𝑃

𝑝𝑝 𝑝𝑝
• Mit Einführung der dynamischen Kennzahl 𝑓𝑓L = 𝐿𝐿10h /500 und des Drehzahlfaktors 𝑓𝑓n = 100/(3 ⋅ 𝑛𝑛) folgt:

𝑓𝑓L 𝐶𝐶 𝑓𝑓L
= ⇒ 𝐶𝐶erf = 𝑃𝑃 ⋅
𝑓𝑓n 𝑃𝑃 𝑓𝑓n

 Lagervorauswahl anhand von Erfahrungswerten für bereits ausgeführte Lagerungen


(Bezugsdrehzahl 100/3 min−1 , Prüfdauer 500 ℎ, 106 Umdrehungen)

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• Anhaltswerte für 𝑓𝑓L bzw. 𝐿𝐿10h

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2.7 Erweiterte Lebensdauer, modifizierte Lebensdauerberechnung

 Tatsächlich erreichbare Lebensdauerwerte weichen teilweise erheblich von den berechneten Werten ab,
besonders dann, wenn günstige Betriebsbedingungen vorherrschen.

 Darum ist die erweiterte bzw. modifizierte Lebensdauer 𝐿𝐿nm eingeführt worden, die neben alternativen
Ausfallwahrscheinlichkeiten auch wesentliche Betriebseinflüsse berücksichtigt.

 Dabei gestattet die Norm ISO 281 den Wälzlagerherstellern, eigene Erfahrungen einfließen zu lassen.
 Beispiel: SKF-Lebensdauer

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 Die SKF-Lebensdauer ist gegeben durch:

𝑝𝑝
𝐶𝐶
𝐿𝐿nm = 𝑎𝑎1 ⋅ 𝑎𝑎SKF ⋅ 𝐿𝐿10 = 𝑎𝑎1 ⋅ 𝑎𝑎SKF ⋅
𝑃𝑃

 Dabei sind

• 𝑎𝑎1 Lebensdauerbeiwert

• 𝑎𝑎SKF SKF-Lebensdauerbeiwert zur Berücksichtigung der wesentlichen Betriebseinflüsse

• 𝐿𝐿10 nominelle Lebensdauer (Ausfallwahrscheinlichkeit 10%)

• n Auswahlwahrscheinlichkeit (Index)

 Die Angabe in Betriebsstunden ergibt sich durch (Drehzahl in min−1 ):

𝑝𝑝
106 106 𝐶𝐶
𝐿𝐿nmh = ⋅ 𝐿𝐿nm = ⋅ 𝑎𝑎1 ⋅ 𝑎𝑎SKF ⋅
60 ⋅ 𝑛𝑛 60 ⋅ 𝑛𝑛 𝑃𝑃

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 Der Lebensdauerbeiwert 𝑎𝑎1 erlaubt die Berechnung unter der Annahme alternativer
Überlebenswahrscheinlichkeiten:

 Andere Werte können durch Inter- bzw. Extrapolation oder direkt über

1
1 𝑒𝑒
ln
𝑃𝑃Ü
𝑎𝑎1 =
1
ln
0,9

ermittelt werden. Dabei ist 𝑃𝑃Ü die erforderliche Überlebenswahrscheinlichkeit und 𝑒𝑒 = 1,5 die Weibull-Steigung
(Parameter der angewendeten Weibull-Verteilung)

 Beispiele für Ausfallwahrscheinlichkeiten:

• Kernkraftwerke 𝑃𝑃A = 0,03

• Hüttenwesen 𝑃𝑃A = 0,01

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 Der SKF-Lebensdauerbeiwert 𝑎𝑎SKF berücksichtigt:

1. Ermüdungsgrenzbelastung 𝑃𝑃u (auch 𝐶𝐶u genannt)

• 𝑃𝑃u ist diejenige (zentrisch und rein radial bzw. rein axial wirkende) Belastung, bei der die Ermüdungsgrenze
(Dauerfestigkeit) des Innenrings erreicht wird.

• Pressung an der höchstbelasteten Stelle: ca. 1.500 N ⋅ mm−2


(bei einer Lastwechselzahl am Innenring von ca. 109 … 1012 )

• Quelle: Daten der Wälzlagerhersteller (WLK)

• Alternativ: DIN ISO 281 (Anhaltswerte in Abhängigkeit des mittleren Lagerdurchmessers 𝐷𝐷pw bzw. 𝑑𝑑m )

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2. Schmierbedingungen mittels Viskositätsverhältnis 𝜅𝜅

𝜈𝜈
𝜅𝜅 =
𝜈𝜈1
• Dabei sind

− 𝜈𝜈 tatsächliche Viskosität des Schmierstoffes bei Betriebstemperatur (Betriebsviskosität)

− 𝜈𝜈1 erforderliche Viskosität des Schmierstoffes bei Betriebstemperatur (Bezugsviskosität)

• 𝜅𝜅 ist ein Maß für die Güte der Schmierfilmbildung

− 𝜅𝜅 < 0,4
Grenzschichtreibung: Berührung der metallischen Körper, Verschleiß überwiegt (Additive haben starken
Einfluss)

− 0,4 < 𝜅𝜅 < 4


Mischreibung: teilweise Berührung der metallischen Körper, bei 𝜅𝜅 = 1 liegt Trennung vor (Additive haben
anteiligen Einfluss)

− 𝜅𝜅 > 4
Hydrodynamische Reibung: metallische Körper sind vollständig durch Schmierfilm getrennt,
Schmierfilmdicke ℎ > 2 ⋅ 𝑅𝑅a (Additive haben keinen Einfluss)

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• Bezugsviskosität
(erforderliche Viskosität)

 Funktion der Lagergröße und


Drehzahl

− Explizite Berechnung
für 𝑛𝑛 < 1.000 min−1

−0,5
𝜈𝜈1 = 45.000 ⋅ 𝑛𝑛−0,83 ⋅ 𝑑𝑑m

für 𝑛𝑛 ≥ 1.000 min−1

−0,5
𝜈𝜈1 = 4.500 ⋅ 𝑛𝑛−0,5 ⋅ 𝑑𝑑m

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• Bei vorgegebenem Schmierstoff ist die Viskosität bei einer Referenztemperatur von 40°C bekannt
(nach DIN 51519 bzw. ISO 3448).

• In Abhängigkeit der Betriebstemperatur kann die tatsächliche Viskosität 𝜈𝜈 daraus ermittelt werden.

• Entsprechend kann auch die Wahl des Schmierstoffes anhand der erforderlichen Viskosität erfolgen.

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3. Grad der Verunreinigung im Lager mittels Beiwert 𝜂𝜂C

• Feste Partikel im Schmierstoff ab einer Größe von ca. 10 µm können beim Überrollen bleibende Eindrücke in
den Laufbahnen hinterlassen (bei entsprechender Härte und Festigkeit).
 örtliche Spannungsüberhöhungen  verringerte Lebensdauer

• Anhaltswerte nach DIN ISO 281

Beiwert 𝜂𝜂C

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• Werte des Lebensdauerbeiwertes 𝑎𝑎SKF für Radialkugel- und Radialrollenlager

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• Werte des Lebensdauerbeiwertes 𝑎𝑎SKF für Axialkugel- und Axialrollenlager

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• Explizite Berechnung laut DIN ISO 281:

1 1
𝑎𝑎SKF = 𝑎𝑎DIN = ⋅
10 𝐷𝐷 𝐸𝐸 𝐹𝐹
𝐵𝐵 𝜂𝜂 ⋅ 𝑃𝑃
1 − 𝐴𝐴 − 𝐶𝐶 ⋅ C U
𝜅𝜅 𝐺𝐺 ⋅ 𝑃𝑃

− Gleichung gilt für 𝜅𝜅 > 0,1 und 𝜅𝜅max = 4 (auch wenn 𝜅𝜅 > 4)

− Grundsätzlich ist 𝑎𝑎SKF bzw. 𝑎𝑎DIN auf den Wert 50 zu begrenzen.

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 Sollten sich während der Betriebsdauer relevante Einflüsse (Temperatur, Schmierung, Sauberkeit) ändern, so gilt:

𝑛𝑛 −1
1 𝑞𝑞k
𝐿𝐿hnm = 𝑞𝑞1 𝑞𝑞2 𝑞𝑞n = �
+ + ⋯+ 𝐿𝐿hnmk
𝐿𝐿hnm1 𝐿𝐿hnm2 𝐿𝐿hnmn k=1

 Dabei sind

• 𝐿𝐿hnmk modifizierte Lebensdauer des k-ten Abschnitts gleichbleibender Bedingungen

• 𝑞𝑞k Wirkungsdauer des k-ten Abschnitts gleichbleibender Bedingungen mit ∑k 𝑞𝑞k = 1

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3. Grenzdrehzahlen

 Eine ansteigende Drehzahl verursacht im Lager:

• Temperaturerhöhung

• Zunahme der Fliehkräfte  mangelnde Schmierstoffversorgung der metallischen Kontaktflächen

• Veränderung der Kinematik der Wälzkörper

• unruhiger Lauf, Schwingungen, Geräusche

 Weitere begrenzende Elemente:

• Festigkeit des Käfigs

• Wärmeerzeugung berührender Dichtungen

 Definition einer thermischen und kinematischen Drehzahlgrenze

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Übung Maschinenelemente Wälzlager: Tragfähigkeitsnachweis nach DIN ISO 76 und DIN ISO 281

3.1 Thermische Drehzahlgrenze

 Die thermisch zulässige Drehzahl 𝑛𝑛zul ist die Drehzahl, bei der sich eine Lagertemperatur von 70 °𝐶𝐶 einstellt

 thermisches Gleichgewicht zwischen Reibungsleistung und Wärmeabfuhr

 Dazu ist unter streng definierten


Bezugsbedingungen (nach ISO
15312) die thermische Bezugs-
drehzahl 𝑛𝑛B (bzw. Referenz-
drehzahl 𝑛𝑛r ) zu ermitteln.

 Quelle: Daten der Wälzlager-


hersteller (WLK)

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 Auf Basis der Referenzdrehzahl 𝑛𝑛r erfolgt die Berechnung der thermisch zulässigen Drehzahl:

𝑛𝑛zul = 𝑛𝑛r ⋅ 𝑓𝑓P ⋅ 𝑓𝑓ν

 Dabei sind

• 𝑓𝑓P Korrekturfaktor für den Einfluss der äquivalenten Lagerbelastung 𝑃𝑃

• 𝑓𝑓ν Korrekturfaktor für den Einfluss der Viskosität

 Quelle: Daten der Wälzlagerhersteller (WLK)

 Lager, für die keine Referenzdrehzahl existiert (Verfahren nach ISO 15312 nicht anwendbar):

• abgedichtete Lager mit berührender Dichtung

• Stütz- und Kurvenrollen

• Einstell-Nadellager

• Axial-Rillen- und Axial-Schrägkugellager

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 Beispiel:
Korrekturfaktoren für Radial-Kugellager

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3.2 Kinematische Drehzahlgrenze

 Die kinematische Drehzahlgrenze oder auch Grenzdrehzahl ist abhängig von

• Formstabilität und Festigkeit des Käfigs, Käfigführungsflächen

• Schmierung

• Lagergenauigkeit

• Zentrifugal- und Massenkräfte der Wälzkörper

 Quelle: Daten der Wälzlagerhersteller (WLK)

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Beispiel

 Auf der Kupplungsseite einer Kreiselpumpen-


welle sind folgende Lager verbaut:
𝑛𝑛 = 1.450 min−1
• Loslager: Zylinderrollenlager NU 314 ECP
Radiallast 13 kN

• Festlager: 2 Schrägkugellager 7314 BEP


Radiallast 4,8 kN
Axiallast 6,5 kN

 Die Betriebsviskosität des Öls kann aus


Erfahrungswerten mit 𝜈𝜈 = 13 mm2 ⋅ s −1
abgeschätzt werden. Es liegen geringfügig
Verunreinigungen im Öl vor.

 Ermitteln Sie die modifizierte Lebensdauer der


Lager bei einer geforderten Ausfall-
wahrscheinlichkeit von 𝑃𝑃A = 0,01!

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