Skript Technische Verbrennung
Skript Technische Verbrennung
Skript Technische Verbrennung
Technische Verbrennung I
i
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
1 Einleitung
Abhebehöhe teilweise gemischt. Die sich stromab der Abhebehöhe ausbildende Dif-
fusionsflamme versucht, sich in Gegenrichtung zur Strömung in Richtung der Düse
auszubreiten und stabilisiert sich im Strömungsfeld, so dass die turbulente Brennge-
schwindigkeit lokal gleich der mittleren örtlichen Strömungsgeschwindigkeit ist. Die
Stelle mit dem geringsten Abstand zur Düse definiert die Abhebehöhe. In Bild 1.4
ist eine Fluggasturbine1 von Rolls-Royce gezeigt, die teilweise aufgeschnitten ist, so
dass die einzelnen Aggregate sichtbar werden. Auf der linken Seite findet sich der
Lufteinlass mit dem Turbo-Fan. Die Luft verzweigt sich in einen Mantelstrom (oben)
und einen zweiten Anteil, der in der Nähe der Welle dem Verdichter zugeführt wird.
Die Verdichterschaufeln sind deutlich zu sehen.
Nach dem Austritt aus dem Verdichter wird dieser Luftstrom der relativ kleinen
Brennkammer zugeführt, die rot eingezeichnet ist.In diese wird das flüssige Kerosin
eingespritzt und unmittelbar zerstäubt. Am Austritt der Brennkammer ergeben sich
Temperaturen von 1200 K - 1500 K. Das Abgasgemisch dieser Temperatur tritt auf
die erste Turbinenschaufelreihe, die daher thermisch stark belastet ist. Abhängig
von der thermischen Belastbarkeit ist daher die Brennkammeraustrittstemperatur
eine der wichtigsten Entwurfsparameter des Gasturbinenprozesses. Die sich in Bild
1.4 anschließende Turbine ist relativ klein im Vergleich zum Verdichter. Der weitaus
größte Teil ihrer Leistung wird genutzt, über die Längswelle den Verdichter anzu-
treiben, ansonsten kommt sie noch für die Stromerzeugung an Bord des Flugzeuges
zum Einsatz.
Bild 1.5 zeigt eine CFD-Rechnung zur Mischung in dieser Brennkammer. Dargestellt
ist ein 18◦ -Segment der Brennkammer (am Umfang sind 20 Haupt- und 20 Pilot-
kammern angeordnet). Die halbrunden Scheiben unten links stellen jeweils die Hälfte
der Einlassöffnung eines Pilotbrenners dar. Die hinter der Stufe oben angeordnete
runde Öffnung ist diejenige des Hauptbrenners. Durch diese strömt Brenngas in die
1
Quelle des Bildes: Rolls-Royce Deutschland
3
Diffusionsflamme
teilweise
vorgemischte Flamme
Luft Abhebehöhe
Brennstoff
BR715
Bild 1.5: Ergebnisse einer Simulation der turbulenten Mischung in der Brennkam-
mer der Fluggasturbine BR715. Dargestellt ist die räumliche Verteilung des zeitlich
gemittelter Brennstoffanteile durch Angabe des mittleren Mischungsbruchs (zum
Mischungsbruch siehe Kapitel 6.
102
Gleichgewicht CO
10
Primär- Zwischen- Mischzone 1
zone zone 2 4 6 8 10
2400 104
T [K] XNO
Gastemperatur [ppm] Gleichgewicht
1600
gemessen NO
101
800 1
Brennkammerlänge 2 4 6 8 10
Verweilzeit [msec]
Thermodynamisches System
Ein thermodynamisches System ist als ein abgegrenzter Bereich definiert, der ther-
modynamischen Untersuchungen dient. Dazu denkt man sich das thermodynamische
System von seiner Umgebung befreit und ersetzt die Wirkung der Umgebung auf
das System durch die an der Systemgrenze wirksamen Kräfte und Energieflüsse. Die
Begrenzungsfläche eines thermodynamischen Systems, die Systemgrenze, wird damit
zu einer Kontrollfläche für Bilanzen (Massen-, Impuls- und Energiebilanz). System-
grenzen können bezüglich ihrer Lage (ortsfest oder beweglich) sowie bezüglich ihrer
Durchlässigkeit für Masse und/oder Energie unterschieden werden.
Als Beispiel betrachten wir die Brennkammer der Gasturbine in Bild 2.1. Die hier
zweckmäßigerweise gewählte gestrichelt gekennzeichnete, ortsfeste Systemgrenze ist
für Materie und Energie durchlässig. Die Brennkammer wird also durch ein offenes
System beschrieben. Bei der Bilanzierung 2 sind für die Massen- und Energiebilanz
die ein- und austretenden Massenströme, also ṁL (Luft), ṁB (Brennstoff) und ṁA
(Abgas) und die Druck- und Temperaturverhältnisse an den Ein- und Austritten so-
wie die Wärmeströme zu berücksichtigen, die ohne Massentransport durch Wärme-
2
An die Kontrollfläche des herausgeschnittenen Bilanzsystems werden alle für die Betrachtung re-
levanten physikalischen Größen eingetragen. Hier sind beispielhaft nur die Massenströme vermerkt,
wie es für eine Massenbilanz ausreichen würde. Kräfte auf die Kotrollfläche oder Energieströme
über die Kontrollfläche sind ausgeblendet. Übung: Vervollständigen Sie das Bild des isolierten Bi-
lanzraums für eine durchzuführende Impuls- und Energiebilanz!
“Black Box”
Systemgrenzen oder
Kontrollflächen
leitung und evt. Strahlung die Bilanzgrenze übertreten. Den Details der räumlichen
Verteilung innerhalb des Kontrollvolumens wird bei dieser Bilanzierung am offenen,
durchströmten System keine Beachtung geschenkt; es wird also als eine Black Box
betrachtet.
Thermodynamische Systeme können zum einen nach den Eigenschaften ihrer Sy-
stemgrenzen und zum anderen nach ihren inneren Eigenschaften wie folgt eingeteilt
werden:
offenes System - die Systemgrenzen sind für Masse und Energie durchlässig
abgeschlossenes oder isoliertes System - ein System, bei dem weder der Aus-
tausch von Energie, noch von Masse möglich ist, wird als abgeschlossenes System
bezeichnet.
Mit adiabat bezeichnet man den Sonderfall eines Systems, das keine Wärme mit
der Umgebung austauscht. Jedes abgeschlossene System ist deshalb notwendigerwei-
se auch adiabat. Ein offenes oder geschlossenes System kann dagegen sowohl adiabat
als auch das Gegenteil nämlich diabat oder diatherm sein.
Homogenes System
Molenbruch
Gegeben seien die Anzahl der Moleküle der einzelnen chemischen Komponenten
in einem homogenen System. Dies wird als Stoffmenge bezeichnet. Per Definition
stellen NA = 6, 0236 · 1023 Moleküle die Stoffmenge eines Mols dar. NA wird als
Arvogadro-Zahl bezeichnet. Es mögen insgesamt n Komponenten vorhanden sein.
Mit der Anzahl der Moleküle sind auch die Partialmolzahlen ni der Komponenten
i = 1, 2, ..., n gegeben. Dann ist die Gesamtmolzahl
n
X
ns = ni , (2.1)
i=1
(In der deutschsprachigen Literatur wird nach DIN-Norm vielfach ψi für den Molen-
bruch verwendet, die Bezeichnung Xi hat sich in der internationalen Literatur der
Verbrennung durchgesetzt.)
Massenbruch
Bekannt seien weiterhin die Molmassen Mi der Komponenten (siehe Tabelle 2.3 un-
ten). Zwischen der Partialmolzahl ni und der Partialmasse mi besteht die Beziehung
mi = Mi ni . (2.3)
n
X
m= mi , (2.4)
i=1
mi
Yi ≡ (i = 1, 2, ....., n). (2.5)
m
m = M ns , (2.6)
so lässt sich diese mit Hilfe der Molenbrüche oder der Massenbrüche nach
n
" n #−1
X X Yi
M= Mi Xi = (2.7)
Mi
i=1 i=1
berechnen. Mit (2.3) und (2.6) ergibt sich zwischen dem Molenbruch und dem Mas-
senbruch die wichtige Beziehung
Mi
Yi = Xi . (2.8)
M
Massenbruch der Elemente
Neben den Massenbrüchen der chemischen Komponenten sollen auch die Massen-
brüche der chemischen Elemente eingeführt werden. Es sollen ne chemische Ele-
mente, z. B. C, H, O, N im System vorhanden sein. Da die chemischen Elemente
während der chemischen Reaktion weder verbraucht noch erzeugt werden, bleibt
auch die Masse mi eines Elementes in einem homogenen System unverändert. Der
Massenbruch des j-ten chemischen Elementes ist definiert durch
mj
Zj ≡ (j = 1, 2, ....., ne ). (2.9)
m
Dabei stellt mj die Gesamtmasse aller Atome des Elementes j im System dar. Um
mj zu berechnen, werden die Atome des Elementes j aus allen Molekülen, in denen es
auftritt, zusammengefasst und deren Gesamtmasse gebildet. Wenn aij die Anzahl der
Atome des Elementes j in einem Molekül der Komponente i und Mj die Molmasse
des Elementes j ist, ergibt sich
n
X aij Mj
mj = mi (2.10)
Mi
i=1
n n
X aij Mj Mj X
Zj = Yi = aij Xi (j = 1, 2, ....., ne ). (2.11)
Mi M
i=1 i=1
Während der chemischen Reaktion bleibt die Gesamtmasse erhalten, jedoch nicht
notwendigerweise die Gesamtmolzahl. Es wäre daher auch nicht sinnvoll, einen Mo-
lenbruch der chemischen Elemente einzuführen.
Aus den Definitionen folgt für alle drei Größen jeweils
n
X n
X ne
X
Xi = 1, Yi = 1, Zj = 1. (2.12)
i=1 i=1 j=1
Molenbruch und Massenbruch 11
Es wird sich in den folgenden Abschnitten zeigen, dass die Verwendung von Mas-
senbrüchen für die Bilanzierung von Verbrennungsprozessen hilfreicher ist als die
Verwendung von Molenbrüchen. Insbesondere der Massenbruch der chemischen Ele-
mente und der daraus abgeleitete Mischungsbruch wird sich als außerordentlich nütz-
lich erweisen.
Vielfach wird unter dem Begriff der Konzentration Ci die Anzahl der Mole der
Komponente i je Volumeneinheit, d. h. die partiale Moldichte verstanden
ni
Ci ≡ . (2.13)
V
Dabei ist V das Volumen des Systems. Die Moldichte des Systems ist dann
n
ns X
Cs = = Ci . (2.14)
V
i=1
ρYi
Ci = . (2.16)
Mi
In den meisten Verbrennungssystemen ist der Druck hinreichend klein bzw. die Tem-
peratur hinreichend groß, so dass die Gültigkeit der thermischen Zustandsgleichung
für ideale Gase vorausgesetzt werden kann. Da sich ein Gemisch idealer Gase wie ein
einheitliches Gas mit der mittleren Molmasse M verhält, gilt mit (2.6) und (2.14)-
(2.15) für die thermische Zustandsgleichung
RT mRT ρRT
p = ns = = = Cs RT. (2.17)
V MV M
Hierin ist R die universelle Gaskonstante, R = 8, 3147 kJ/(kmol K). In vielen reakti-
onskinetischen Angaben wird noch die Einheit kcal (1 kcal = 4, 1868 kJ) verwendet.
Dabei erweist sich der Zahlenwert R = 1, 986 kcal/(kmolK) oder näherungsweise
R = 2 kcal/(kmolK) als praktisch. Da 1 kJ = 103 Nm ist und 1 N/m2 = 10−5 bar =
0, 9869 10−5 atm, bietet sich bei Verwendung des Druckes in atm und der Moldichte
in mol/cm3 mitunter auch die Form R = 82, 05 atm cm3 /(mol K) an.
Definiert man den Partialdruck pi als denjenigen Druck, den die Moleküle einer
chemischen Komponente auf die Wand eines Gefäßes ausüben
RT
pi = n i = Ci RT, (2.18)
V
12 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
so ergibt sich durch Summation über alle n Komponenten aus (2.17) und (2.1)
n
X
p= pi . (2.19)
i=1
Diese Beziehung besagt, dass sich der Gesamtdruck additiv aus den Partialdrücken
zusammensetzt, den die Stoffmengen der einzelnen Komponenten ausüben würden,
wenn sie jeweils allein das Volumen ausfüllen würden. Diese Tatsache wurde 1802
von Dalton entdeckt und wird als Daltonsches Gesetz bezeichnet. Es gilt nur für
ideale Gase.
Zwischen dem Molenbruch und dem Partialdruck der i-ten Komponente in einem
Gemisch idealer Gase gilt mit den Gleichungen (2.2), (2.17) und (2.18) die Beziehung
pi = pXi . (2.20)
ni RT
Vi = . (2.21)
p
Es ist jenes Volumen, das die Mole der Komponente i einnähmen, wenn sie bei der
Temperatur T unter dem Gesamtdruck p ständen. Für den Volumenanteil Vi gilt
dann ebenfalls
Vi
vi ≡ = Xi , (2.22)
V
d. h. der Volumenanteil ist in einem Gemisch idealer Gase gleich dem Molenbruch.
In diesem Abschnitt wurde ein homogenes, geschlossenes System oder Teilsystem
mit vorgegebenen Gesamt- und Partialmassen, Gesamt- und Partialmengen und ei-
nem vorgegebenen Volumen angenommen. Die Betrachtung lässt sich auch auf offene
Systeme anwenden, indem man statt der Gesamtmasse m und der Partialmassen mi
die Massenströme ṁ und ṁi oder die Mengenströme ṅ und ṅi und den Volumen-
strom V̇ einführt. Für die Massen- und Molenbrüche ergeben sich keine Unterschiede.
Beispiel 2.1
Gesucht sind die Molenbrüche und die Elementenmassenbrüche eines CH4 -Luftge-
misches, das aus 5 Massenanteilen CH4 und 95 Massenanteilen Luft besteht. Luft
besteht näherungsweise zu 21% (Volumenanteil) aus O2 und zu 79% aus N2 .
Lösung
Nimmt man ideales Gasverhalten für Luft an, so sind die Volumenanteile identisch
mit den Molenbrüchen. Mit den Molmassen MO2 ≈ 32 g/mol, MN2 ≈ 28 g/mol
ergibt sich für die Massenanteile in der Luft daher
MO2 XO2 ,L
YO2 ,L = ≈ 0, 23 , YN2 ,L = 1 − YO2 ,L ≈ 0, 77.
MO2 XO2 ,L + MN2 XN2 ,L
Die Massenbilanz 13
Eines der Grundgesetze der Physik besagt, dass die Masse eines geschlossenen Sy-
stems erhalten bleibt (Relativistische Effekte, d. h. Umwandlungen von Masse in
Energie, werden ausgeschlossen). Aus einem offenen System dem die Massenströme
ṁ1,e und ṁ2,e zugeführt werden, muss dementsprechend im stationären Fall ein
gleich großer Massenstrom ṁ1,a wieder ausströmen, vgl. Bild 2.2. Bei instationären
Prozessen muss die Zunahme oder Abnahme der Masse im System gleich dem Un-
terschied von zuströmenden und abströmenden Massenstrom sein. Massenbilanzen
sind unverzichtbarer Bestandteil der thermodynamischen Analyse eines Prozesses.
Die allgemeine Form der Gesamtmassenbilanz lautet bei mehreren ein- und austre-
tenden Massenströmen
dm(t) X X
= ṁe,i (t) − ṁa,j (t). (2.23)
dt
i j
und bringt zum Ausdruck, dass sich die Massenänderung in einem System mit der
Zeit aus dem Unterschied der einströmenden und ausströmenden Masse ergibt, wobei
diese Ströme selbst auch zeitabhängig sein können.
Bei der Darstellung chemischer Reaktionsvorgänge mit Hilfe von chemischen Reak-
tionsgleichungen hat man streng zu unterscheiden zwischen
2. Gleichungen, die nur den globalen Umsatz von den Ausgangsstoffen zu den
Endprodukten beschreiben. Sie legen nur die Verhältnisse der Molzahlen bei
der Reaktion fest, während der zeitliche Verlauf der Reaktion ohne Bedeu-
tung bleibt. Wir werden solche Reaktionen als Brutto- oder Globalreaktionen
bezeichnen.
Elementarreaktion H◦ + O2 → OH◦ + O◦ ,
(2.24)
Brutto- bzw. Globalreaktion 2H2 + O2 = 2H2 O.
2 g H2 + 16 g O2 = 18 g H2 O
Dabei ist νik der stöchiometrische Koeffizient der Komponente i in der k-ten Re-
aktion. Als Beispiel soll die Globalgleichung für die Verbrennung eines Kohlenwas-
serstoffes (z. B. Methan CH4 oder Propan C3 H8 ) oder auch eines Alkohols (z. B.
Methanol CH3 OH) zu CO2 und H2 O betrachtet werden. Der Brennstoff soll im
folgenden immer durch das Symbol B bezeichnet werden.
νB′ B + νO
′
2
′′
O2 = νCO 2
′′
CO2 + νH H O
2O 2
(2.29)
Der Brennstoff möge aBH Atome Wasserstoff, aBC Atome Kohlenstoff und aBO Ato-
me Sauerstoff enthalten. Dann sind die stöchiometrischen Koeffizienten wegen der
Elementenerhaltung
′′
νCO = aBC νB′
2
′′
νH = aBH νB′ /2
2O
(2.30)
′
νO2 = νCO ′′ + νH′′ /2 − aBO νB′ /2.
2 2O
Vielfach wird der stöchiometrische Koeffizient des Brennstoffs νB′ zu eins gesetzt.
Hinsichtlich der Molenbrüche sagt (2.27), dass beim Umsatz von ν1 Molen der er-
sten Komponente νi Mole der Komponente i umgesetzt werden. Ebenso werden bei
Umsatz von ν1 M1 kg der ersten Komponente νi Mi kg der Komponente i umgesetzt.
Dies kann man in differentieller Schreibweise durch die Beziehungen
ausdrücken. Die letzte Gleichung folgt mit (2.5) aus der Erhaltung der Gesamt-
masse während der Reaktion. Sie lässt sich, ausgehend vom Ausgangszustand des
unverbrannten Gemischs, der im folgenden mit dem Index u bezeichnet werden soll,
integrieren. So kann z. B. der Massenbruch des Sauerstoffs YO2 bei der Verbrennung
eines Kohlenwasserstoffs oder Alkohols entsprechend (2.29) als Funktion des Mas-
senbruchs des Brennstoffs YB und den Ausgangsmassenbrüchen angegeben werden.
YO2 − YO2 ,u YB − YB,u
′ = (2.32)
νO2 MO2 νB′ MB
16 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
Einfache lineare Beziehungen zwischen Unbekannten dieser Art werden vielfach als
Kopplungsbeziehungen bezeichnet. Sie erlauben es unter der Annahme einer einzi-
gen Bruttoreaktion die Zahl der unbekannten Massenbrüche auf einen einzigen zu
reduzieren. Eine ähnliche Kopplung kann unter weiteren Annahmen auch mit der
Temperatur hergestellt werden.
1 H2 + 12 O2 = H2 O
2 CO + 21 O2 = CO2
3 CO + H2 O = CO2 + H2
aufgestellt werden. Für dieses Beispiel erkennt man sofort, dass nicht alle Gleichun-
gen voneinander unabhängig sind. So erhält man durch Subtraktion der ersten von
der zweiten Gleichung die dritte. Dies bezeichnet man als lineare Abhängigkeit der
Reaktionsgleichungen. Bei größeren Reaktionsschemata lassen sich lineare Abhängig-
keiten nicht mehr so leicht feststellen. Dann muss man dazu übergehen, die linear
unabhängigen Reaktionen mit Hilfe der Matrix der stöchiometrischen Koeffizienten
zu bestimmen. Die Matrix νik hat für das oben aufgeführte Beispiel die Form
H2 H2 O CO O2 CO2
1 -1 1 0 −1/2 0
2 0 0 -1 −1/2 1
3 1 -1 -1 0 1
Generell gilt, dass der Rang der Matrix der stöchiometrischen Koeffizienten immer
gleich der Zahl der linear unabhängigen Reaktionen ist. Diese soll mit nl bezeichnet
werden. Die lineare Abhängigkeit von Reaktionen ist nur im chemischen Gleichge-
wicht (siehe unten) von Bedeutung, nicht jedoch bei der kinetischen Beschreibung
mittels Elementarreaktionen (siehe Kapitel 3). Wir werden sehen, dass im Fall des
chemischen Gleichgewichts durch das Massenwirkungsgesetz nl Gleichgewichtskon-
stanten und damit nl Beziehungen zwischen den Konzentrationen der chemischen
Komponenten hergestellt werden. Neben diesen Beziehungen stehen noch ne Glei-
chungen der Form (2.11) für die Massenbrüche der Elemente zur Verfügung, die die
Elementenerhaltung beschreiben. Um die Konzentrationen von n Komponenten im
Gleichgewicht eindeutig zu bestimmen, hat man also nl +ne Beziehungen. Dies führt
auf die Gleichung
nl = n − ne . (2.33)
Diese Gleichung gilt allgemein, sie legt für n chemische Komponenten, in denen ne
chemische Elemente vorhanden sind, die Anzahl der linear unabhängigen Reaktions-
gleichungen eindeutig fest. Für ein gegebenes Reaktionsschema lassen sich nl linear
unabhängige Reaktionen z. B. so ermitteln, indem man, ausgehend von ne als vor-
handen angenommenen Ausgangskomponenten, mit jeder Reaktion jeweils nur eine
weitere neu hinzukommende Komponente einführt.
Stöchiometrische Mischung bei Einkomponentenbrennstoffen 17
Wir wollen zunächst den Fall betrachten, dass der Brennstoff nur aus einer chemi-
schen Komponente besteht. Dann stellt sich die Frage, bei welchem Verhältnis von
Brennstoff und Sauerstoff die Mischung optimal ist, so dass eine vollständige Ver-
brennung zu den Endprodukten CO2 und H2 O erfolgen kann, ohne dass eines der
beiden Edukte übrig bleibt. Ein solches Gemisch nennt man ein stöchiometrisches
Gemisch.
In einem stöchiometrischen Gemisch ist das Verhältnis der Molzahlen (und daher
auch der Molenbrüche) von Brennstoff und Luft vor der Verbrennung durch das
Verhältnis der stöchiometrischen Koeffizienten, bei Kohlenwasserstoffen oder Alko-
holen durch diejenigen der Reaktionsgleichung (2.29), gegeben
′
νO
nO2 ,u XO2 ,u 2
omin,m = = = . (2.34)
nB,u XB,u νB′
st st
Dieses Verhältnis wird auch als der molare (Index m) Mindestsauerstoffbedarf omin,m
bezeichnet. Für den auf die Massenbrüche bezogenen Mindestsauerstoffbedarf omin
(ohne Index m) soll der stöchiometrische Bruch ν eingeführt werden
′ M
νO
mO2 ,u YO2 ,u O2
omin = = = ′2 ≡ ν. (2.35)
mB,u YB,u νB MB
st st
Man sieht, dass für eine stöchiometrische Zusammensetzung die rechte Seite von
(2.36) verschwindet. Dies bedeutet, dass bei vollständigem Verbrauch des Brenn-
stoffes, d.h. wenn YB null wird, auch YO2 null wird und umgekehrt. Dies entspricht
der Definition eines stöchiometrischen Gemischs.
Der Mischungsbruch ist in der Verbrennung eine sehr nützliche Variable, im be-
sonderen für Diffusionflammen. Hier wird er zunächst für ein homogenes System
präsentiert. In einem System, in welchem ein Brenngasstrom (Index 1) mit dem
Massenstrom ṁ1 mit einem Oxidatorstrom (Index 2) mit dem Massenstrom ṁ2
gemischt wurde, repräsentiert der Mischungsbruch den Massenanteil des Brenngas-
stroms in der Mischung.
ṁ1
Z= . (2.37)
ṁ1 + ṁ2
Sowohl der Brenngasstrom als auch der Oxidatorstrom können inerte Komponenten
wie zum Beispiel Stickstoff enthalten. Der Massenanteil YB,1 des Brenngases in der
Mischung ist proportional zu dem Massenanteil im ursprünglichen Brenngasstrom
In (2.39) ist YO2 ,2 der Massenanteil des Sauerstoffs im Oxidatorstrom (YO2 ,2 = 0, 232
in Luft). Setzt man (2.38) und (2.39) in (2.36) bekommt man den Mischungsbruch
als Variable, welche die Massenanteile des Brenngases und des Sauerstoffs verbindet
νYB − YO2 + YO2 ,2
Z= . (2.40)
νYB,1 + YO2 ,2
Für eine stöchiometrische Mischung erhält man mit νYB = YO2 den stöchiometri-
schen Mischungsbruch
νYB,1 −1
Zst = [1 + ] . (2.41)
YO2 ,2
Für Z < Zst ist zu wenig Brenngas vorhanden und man spricht von einem mageren
Gemisch. Die Verbrennung ist abgeschlossen, wenn das gesamte Brenngas verbraucht
ist. Daraus ergibt sich YB,b = 0 (Index b für verbrannt). Der übrige Sauerstoffmas-
senanteil im verbrannten Brennstoff wird über (2.47) mit (2.48) zu
Z
YO2 ,b = YO2 ,2 (1 − ), Z ≤ Zst (2.42)
Zst
berechnet. Analog folgt für Z ≥ Zst , dass zu wenig Sauerstoff vorhanden ist. In
diesem Fall spricht man von einem fetten Gemisch. Die Verbrennung bricht in diesem
Fall ab, wenn der gesamte Sauerstoff verbraucht wurde und damit YO2 ,b = 0 gilt.
Daraus folgt, dass
Z − Zst
YB,b = YB,1 , Z ≥ Zst (2.43)
1 − Zst
ist.
Mindestsauerstoffbedarf omin ist dann diejenige Masse Sauerstoff pro Masse Brenn-
stoff, die für die vollständige Verbrennung zu CO2 und H2 O notwendig ist. Er wird
berechnet, indem man den Sauerstoffbedarf für die Verbrennung der einzelnen Ele-
mente aufaddiert und davon den im Brennstoff vorhandenen Elementenanteil des
Sauerstoffs abzieht. Aus den Umsatzgleichungen folgt für den Mindestsauerstoffbe-
darf omin des Kohlenstoffes bzw. des molekularen Wasserstoffes
mO MO2
omin,C = = = 2, 664 , (2.44)
mC MC
st
mO MO2
omin,H = = = 7, 937. (2.45)
mH 2MH2
st
Der Mindestsauerstoffbedarf des Brennstoffes ist daher die Summe des für die Ver-
brennung des Kohlenstoffs und des Wasserstoffs aus dem Brennstoff mindestens
benötigten Sauerstoffs abzüglich des darin bereits vorhandenen Sauerstoffs
omin = omin,C ZB,C + omin,H ZB,H − ZB,O = 2, 664 ZB,C + 7, 937 ZB,H − ZB,O . (2.46)
Wenn der Mindestsauerstoffbedarf omin bzw. omin,m bekannt ist, kann der Mindest-
luftbedarf leicht ermittelt werden. Er ist definiert als diejenige Masse Luft pro Masse
Brennstoff (bzw. Stoffmenge Luft pro Stoffmenge Brennstoff), die für die vollständi-
ge Verbrennung mindestens notwendig ist. Bei Berücksichtigung des Massenbruchs
von O2 in der Luft YO2 ,Luft = 0,232, bzw. des Molenbruchs XO2 ,Luft = 0,21 ergibt sich
omin omin,m omin omin,m
ℓmin = , ℓmin,m = ⇒ ℓmin = , ℓmin,m = . (2.47)
YO2 ,Luft XO2 ,Luft 0, 232 0, 21
In einem vorhandenen Brennstoff-Luft-Gemisch bezeichnet man das Verhältnis der
Masse der Luft pro Masse Brennstoff mit ℓ , das Mengenverhältnis mit ℓm . Dann ist
das Luftverhältnis λ für beide definiert als
ℓ ℓm
λ= = . (2.48)
ℓmin ℓmin,m
Beispiel 2.2
Methanol (CH3 OH) soll mit einem Luftverhältnis von λ = 1, 2 vollständig verbrannt
werden. Man berechne durch entsprechende Ergänzung der Reaktionsgleichung die
Anzahl der Mole der im Abgas vorhandenen Komponenten, wenn 1 mol des Brenn-
stoffs verbracht wird.
20 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
Lösung
Die Bruttoreaktionsgleichung für die Verbrennung von Methanol lautet
3
CH3 OH + O2 = CO2 + 2H2 O.
2
Der Stoffmengenanteil des Sauerstoffs in der Luft beträgt 0,21, d. h., um 1 mol O2
bereitzustellen, braucht man 1/0, 21 mol = 4, 762 mol Luft. Damit lautet die um N2
ergänzte Bruttoreaktionsgleichung für die Methanolverbrennung mit Luft
3 3
1 CH3 OH + · 4, 762 (0, 21O2 + 0, 79N2 ) = 1 CO2 + 2 H2 O + · 3, 762 N2 .
2 2
Die linke Seite dieser Beziehung gibt die Zusammensetzung des stöchiometrischen
Brennstoff-Luft-Gemisches wieder. Auf der rechten Seite steht die Zusammensetzung
des stöchiometrischen Verbrennungsgases, d. h. desjenigen Gasgemisches, das durch
die vollständige Verbrennung des Brennstoffes mit der gerade dazu erforderlichen
Luftmenge entsteht. Unter Berücksichtigung des Luftverhältnisses λ = 1, 2 wird
daraus
3
1 CH3 OH + λ · · 4, 762 (0, 21O2 + 0, 79N2 ) =
2
3 3
1 CO2 + 2 H2 O + λ · · 3, 762 N2 + · (λ − 1) O2 .
2 2
Die Verbrennung mit einem Luftverhältnis von λ > 1 ist nicht mehr stöchiometrisch
(überstöchiometrisch). Das Verbrennungsgas besteht jetzt aus dem stöchiometri-
schen Verbrennungsgas und der überschüssigen Luft, also überschüssigem Sauerstoff
und Stickstoff.
Wird der Brennstoff als Bezugskomponente gewählt und nach (2.31) vom unver-
brannten Zustand (Index u) bis zum Endzustand (Index b) integriert, ergibt sich:
νi
ni, b − ni, u = (nB, b − nB, u )
νB
νi Mi
mi, b − mi, u = (mB, b − mB, u ) (2.50)
νB MB
νi Mi
Yi, b − Yi, u = (YB, b − YB, u ).
νB MB
Bei magerer Verbrennung ist nB,b = 0, mB,b = 0 und YB,b = 0, da der Brennstoff
′′ ′′
vollständig verbraucht wird. Für CO2 und H2 O gilt νCO2 = νCO2 und νH2 O = νH2 O ,
′
für den Brennstoff νB = −νB . Somit können auch die Molzahlen bzw. Massen der
Produkte CO2 und H2 O im Abgas (Index b) aus der Reaktionsgleichung bestimmt
werden:
′′
νCO ′′
νH
2 2O
nCO2 ,b − nCO2 ,u = n B,u , n H2 O,b − n H2 O,u = nB,u (2.51)
νB′ νB′
′′
νCO MCO2 ′′
νH MH2 O
2 2O
mCO2 ,b − mCO2 ,u = ′ m B,u , m H2 O,b − m H2 O,u = ′ mB,u . (2.52)
νB MB νB MB
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik 21
Verallgemeinert man das Beispiel aus der Übung auf Seite 19, so gilt für den Stick-
stoff, da dieser an der Reakton nicht teilnimmt, weiterhin
n N2 , b = n N2 , u = 0, 79 ℓm nB, u
(2.54)
mN2 , b = mN2 , u = 0, 768 ℓ mB, u .
U = U (T, V ). (2.55)
Eine solche Beziehung heißt kalorische Zustandsgleichung. Über die thermische Zu-
standsgleichung p = p(T, V ) sind Volumen, Druck und Temperatur voneinander
abhängig, so dass die innere Energie auch wahlweise als Funktion der anderen Zu-
standsgrößen geschrieben werden kann. Zusätzlich sei darauf hingewiesen, dass in
Systemen mit verschiedenen chemischen Komponenten, insbesondere wenn sich die
Zusammensetzung im System durch chemische Reaktionen ändern kann, die innere
Energie außerdem von der Zusammensetzung des Systems also den Teilchenzah-
len der chemischen Komponeneten abhängt, worauf ab Abschnitt 2.11 eingegangen
werden soll.
Die soeben genannte kalorische Zustandsgröße Enthalpie ist definiert durch
H = U + pV. (2.56)
Der zweite Term auf der rechten Seite stellt die später auf Seite 25 eingeführte Ein-
und Ausschiebearbeit dar, die aufgewendet werden muss oder frei wird, wenn Materie
die Systemgrenze überschreitet. In der Enthalpie ist diese mit der inneren Energie
zusammengefasst. Die Enthalpie als Bilanzgröße findet deshalb insbesondere dann
22 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
ρ = 1/v (2.58)
dE X X X X
= ṁi,e ei,e − ṁj,aej,a + Q̇k + Ẇl . (2.59)
dt
i j k l
F = (p − pu ) A. (2.61)
Die an Kolbenstange abgeführte Arbeit, sie kann als die Nutzarbeit des Kolben-
Zylinder-Systems angesehen werden, ist bei quasistatischer, reversibler Zustandsände-
rung daher:
Z 2 Z 2
W12 = − (p − pu ) A dx = − p dV + pu (V2 − V1 ). (2.62)
1 1
Der erste Term auf der rechten Seite von (2.62) ist die Volumenänderungsarbeit des
im Zylinder eingeschlossenen Gases:
Z 2
V
W12 = − p dV (2.63)
1
oder, da die Masse m konstant ist, ergibt sich die spezifische Volumenänderungsar-
beit zu Z 2
V
w12 = − p dv. (2.64)
1
Das Integral wird bei einer Verschiebung der Grenzfläche des Systems in positive x-
Richtung - Volumenvergrößerung gegen den Druck p auf die Grenzfläche - negativ,
entsprechend der Definition, dass dann das eingeschlossene Gas Arbeit an seine
Umgebung abgibt.
Der zweite Term in (2.62) ist die von der Umgebung aufgenommene Verschiebearbeit
V
W12 = pu (V2 − V1 ). (2.65)
F
A
p,V pu
x dx
1 2
Bilanzsystem Gas
Bilanzsystem Umgebung
p
dx
Bilanzsystem Kolben
pu
dx
p pu
dx
1 geschlossenes System
zum Zeitpunkt t=t+dt p2
2
p2
p1
p1
geschlossenes System
zum Zeitpunkt t
Bild 2.5: Energiebilanz am geschlossenen System zur Bestimmung der Ein- und
Ausschiebearbeiten
Die Volumenänderungsarbeit, das zeigt die angegebene Definition (2.63), lässt sich
offenbar durch Umkehrung der Kolbenbewegung vollständig zurückgewinnen. Solche
Vorgänge werden als verlustlos oder reversibel bezeichnet. Die Volumenänderungs-
arbeit (2.63) ist also eine reversible Arbeit. Die Umkehrbarkeit der Kolbenbewegung
ohne Verluste setzt voraus, dass die Kolbenbewegung sehr langsam erfolgt, im Grenz-
fall unendlich langsam. Damit steht in Einklang, dass bei der Ableitung der Bezie-
hungen des Abschnitts angenommen wird, dass die Kraft F~ mit den Druckkräften
am Kolben stets im Gleichgewicht steht. Dies ist bei beschleunigten Kolbenbewe-
gungen aber nicht möglich. Der reversible Prozess stellt also eine Idealisierung eines
realen Prozesses dar, der mit endlicher Geschwindigkeit abläuft.
V beim Ein- und
Im folgenden soll die Volumenänderungsarbeit pro Zeiteinheit Ẇ12
Ausschieben einer Masse betrachtet werden. Während des Zeitintervalls dt ergibt
sich am Eintritt Z Z
x(t+dt) t+dt
V
Wdt = F dx = p A c1 dt. (2.66)
x(t) t
ṁ = A ρ c (2.68)
ergibt sich mit A1 c1 = ṁ1 v1 die Verschiebearbeit pro Zeiteinheit beim Einschieben
(Einschiebearbeit) der Masse am Eintrittsquerschnitt zu
Ẇ1V = ṁ p1 v1 . (2.69)
Nimmt man einen konstanten Massenstrom ṁ1 = ṁ2 = ṁ an, so folgt für die
Differenz der Arbeiten pro Zeiteinheit zwischen Ein- und Austritt
V
Ẇ12 = ṁ (p1 v1 − p2 v2 ). (2.70)
26 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
Geschlossenes System
Die Arbeiten können wir aufteilen in einen reversiblen Anteil, die Volumenände-
rungsarbeit, Z t2
V
W12 rev
= −m p dv (2.72)
t1
und einen irreversiblen Anteil, repräsentiert duch die irreversible Reibungsarbeit
R = m wR
W12 12 Z t2
V R
Ẇ dt = W12 rev
+ W12 . (2.73)
t1
Der insgesamt während des Zeitintervalls 1-2 zugeführte Wärmestrom wird mit Q12
bezeichnet: Z t2
Q12 = mq12 = Q̇ dt (2.74)
t1
Hierin ist q12 die spezifische zugeführte Wärme und q̇ der spezifische Wärmestrom.
Der Wärmestrom erfasst Wärmeübergang an das System durch Wärmeleitung und
-strahlung.
3
Bei einem geschlossenen System kommen für kinetische und potenzielle Energie ohnehin nur
die Bewegung des System als Ganzes relativ zu einem festen Bezugssystem in Frage. Ein Beispiel
für solch ein System wäre ein PKW: dieser könnte durch Umwandlung von chemischer Energie im
Motor seine Geschwindigkeit erhöhen und auch durch Bergauffahrt potenzielle Energie aus dem Ver-
brennungsprozess schöpfen. Kinetische Energien im Inneren des Systems sind nicht zugelassen, da
bei der hier angestellten thermodynamischen Betrachtungsweise lediglich Gleichgewichtszustände
betrachtet werden und deshalb die kinetische Energie der Moleküle der thermischen Geschwindig-
keitsverteilung, der Maxwell-Verteilung, folgt. Dieser Anteil wird aber makroskopisch gerade durch
die Zustandsgröße Temperatur erfasst und ist deshalb in der inneren Energie bilanziert.
Dividiert man durch die Masse m so ergibt sich der 1. Hauptsatz für geschlossene
Systeme Z 2
R
q12 + −p dv + w12 = u 2 − u1 . (2.75)
1
Er besagt:
Die Änderung der inneren Energie eines geschlossenen Systems ist gleich der
Summe aus Wärme, die über die Systemgrenze zugeführt wird, der Volumenände-
rungsarbeit des Systems und aller irreversibel zugeführten Arbeiten.
Aus der Stationarität des Prozesses folgt unmittelbar, dass sich im System keine
Masse ansammeln darf und somit ein- und austretender Massenstrom zu jeder Zeit
gleich sein müssen
ṁe = ṁa = ṁ.
Weiterhin wird die Arbeit zweckmäßigerweise in Volumenänderungsarbeit bzw. Ver-
schiebearbeit, siehe Abschnitt 2.10, und alle anderen Arbeitsanteile, die in der soge-
nannten technischen Arbeit W t zusammengefasst werden
V t V t t
Ẇ12 = Ẇ12 + Ẇ12 = ṁ (w12 + w12 ) = ṁ (p1 v1 − p2 v2 + w12 ). (2.77)
aufgespalten. Damit ergibt sich die Bilanz am offenen System für den stationären
Prozess
dE ! c2 c2 t
= 0 = ṁ (u+ +g z)1 − ṁ (u+ +g z)2 + Q̇12 + ṁ (p1 v1 −p2 v2 )+ Ẇ12 . (2.78)
dt 2 2
Anders als beim geschlossenen System sind hier die kinetischen und potenziellen
Energien i.allg. nicht vernachlässigbar, da die ein- und austretenden Ströme erhebli-
che Anteile an diesen Energien mitführen können. Ein Beispiel ist das Wasserkraft-
werk, bei dem die Höhendifferenz zwischen Zu- und Ablauf gerade die Quelle für die
elektrische Energie darstellt, die am Generator anfällt.
28 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
g
offenes
1 p2 c2 System
2
c1
p1
Es ist nun sinnvoll innere Energie und Verschiebearbeit in der Enthalpie zusammen-
zufassen. Mit der spezifischen Enthalpie h = u + pv folgt der 1. Hauptsatz für den
stationären Fließprozess
t 1 2
q12 + w12 = h2 − h1 + c2 − c21 + g (z2 − z1 ) . (2.79)
2
Er besagt:
Die Summe aus zugeführter Wärme und zugeführter technischer Arbeit ist gleich
der Änderung der Enthalpie und der kinetischen sowie der potenziellen Energie
des Mediums, das in einem stationären Fließprozess durch einen Kontrollraum
strömt.
Ein Vergleich zwischen dem 1. Hauptsatz für geschlossene Systeme und demjenigen
für offene Systeme kann für ein mitschwimmendes Massenelement durchgeführt wer-
den. Unter der Annahme konstanter kinetischer (c2 = c1 ) und potenzieller Energie
(z2 = z1 ) erhält man, wenn man beide Formulierungen voneinander abzieht,
Z 2
t R
w12 + p d v − w12 = p2 v2 − p1 v1 . (2.80)
1
In einem Gemisch setzen sich die innere Energie und die Enthalpie aus den Anteilen
der einzelnen Komponenten additiv zusammen
n
X n
X
U= mi ui , U= ni ui,m
i=1 i=1
n
X n
X
H= mi hi , H= ni hi,m . (2.84)
i=1 i=1
Mit ui und ui,m bzw. mit hi und hi,m werden die partielle spezifische und die par-
tielle molare innere Energie bzw. die partielle spezifische und die molare Enthalpie
der Komponente i bezeichnet. Zwischen der molaren und der spezifischen inneren
Energie bzw. der molaren und der spezifischen Enthalpie gelten die Beziehungen
Ferner gilt für die spezifischen und molaren Größen des Gemisches
n
X n
X
u= Y i ui , um = Xi ui,m
i=1 i=1
n
X n
X
h= Yi hi , hm = Xi hi,m . (2.86)
i=1 i=1
Verwendet man (2.7) für die mittlere Molmasse M , so gilt für das Gemisch
um = M u , hm = M h. (2.87)
Darin sind c0vi die spezifische bzw. c0vi,m die molare Wärmekapazität bei konstantem
Volumen und c0pi die spezifische bzw. c0pi,m die molare Wärmekapazität bei konstan-
tem Druck. Zwischen den molaren und spezifischen Wärmekapazitäten gelten die
Beziehungen
c0vi,m = Mi c0vi , c0pi,m = Mi c0pi . (2.89)
30 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
Bei idealen Gasen hängen innere Energie und Enthalpie nur von der Temperatur ab.
Dies gilt ebenso für die partiellen inneren Energien und die partiellen Enthalpien.
Analog zu (2.57) besteht zwischen ui und hi ferner die Beziehung
Für ideale Gase sind auch die molaren und spezifischen Wärmen nur temperatu-
rabhängig, und es gilt weiterhin
und
cpi = cvi + R/Mi . (2.92)
Der Index ’ref’ bezeichnet einen Referenzzustand, bei idealen Gasen ist nur die An-
gabe einer Referenztemperatur notwendig, bei der die chemischen Bildungsenergien
ui,ref bzw. die Bildungsenthalpien hi,ref festgelegt werden. Die Referenztemperatur
wird für die Berechnung von Verbrennungsprozessen meist mit 25 ◦ C = 298, 15 K
festgelegt. Die hochgestellte Null bezeichnet die Festlegung des Referenzdruckes bei
p0 = 1 atm. Da die Wärmekapazitäten bei idealen Gasen unabhängig vom Druck
sind und hier der Einfachheit halber ideales Gasverhalten vorausgesetzt werden soll,
wird die hochgestellte Null im folgenden weggelassen. Verbrennungsprozesse laufen
oft bei konstantem Druck ab. Daher wird im folgenden in erster Linie die Enthalpie
betrachtet, die innere Energie ergibt sich dann aus den oben genannten Definitionen.
Dies gilt in gleicher Weise für die Bildungsenergie.
Bei einem Verbrennungsprozess wird chemisch gebundene Energie frei. Die in den
einzelnen Komponenten chemisch gebundene Energie wird durch die Bildungsent-
halpie hi,ref bzw. hi,m,ref beschrieben. Diese Größe ist für die wichtigsten bei Ver-
brennungsreaktionen auftretenden Komponenten bekannt. In Tabelle 3.1 sind neben
den Molmassen die Bildungsenthalpien für eine Reihe gasförmiger Komponenten an-
gegeben. Die Bildungsenthalpien von H2 , O2 und N2 sind mit Null festgelegt, ebenso
die Bildungsenthalpie von festem Kohlenstoff Cf . Somit stellt die Bildungsenthal-
pie eines Stoffes, der die Elemente H, O, C und N enthält, diejenige Energie dar,
die bei 1 atm und 25 ◦ C = 298, 15 K aufgebracht werden müsste, um ihn aus fe-
stem Kohlenstoff und gasförmigen O2 , H2 und N2 chemisch herzustellen. Für die
beiden wichtigsten Verbrennungsprodukte CO2 und H2 O zum Beispiel ist mit dieser
Festlegung hi,m,ref negativ, weil bei der Verbrennung Energie frei wird.
Die mittlere spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck bzw. bei konstantem
Volumen eines Gemisches idealer Gase setzt sich aus der mit den Massenbrüchen
gewichteten Summe der Wärmekapazitäten der einzelnen Komponenten zusammen
n
X n
X
cv = Yi cvi , cp = Yi cpi . (2.93)
i=1 i=1
förmige Komponenten lassen sie sich auf der Grundlage der statistischen Thermody-
namik aus Moleküldaten berechnen. Solche Rechnungen sind in Tabellen zusammen-
gefasst worden wie z. B. in den Janaf Thermochemical Tables. Die Janaf Thermoche-
mical Tables werden in den vorlesungsbegleitenden Übungen zur Bestimmung der
Wärmekapazitäten, aber auch zur Bestimmung der Enthalpie, der Entropie sowie
der freien Enthalpie verwendet.
In Bild 2.8 sind für einige Gase die molaren Wärmekapazitäten bei konstantem
Druck, bezogen auf die universelle Gaskonstante, über der Temperatur aufgetragen.
Man sieht, dass die Temperaturabhängigkeit umso größer ist, je größer das Molekül
ist, d. h. je mehr Energie es in Form von inneren Freiheitsgraden wie Rotation, Vi-
bration und Elektronenanregung aufnehmen kann. Die Werte für N2 und CO liegen
sehr eng beieinander, da es sich jeweils um zweiatomige Moleküle mit nahezu gleicher
Molmasse handelt. Für die praktische Verwendung der tabellarisch zur Verfügung
stehenden Temperaturverläufe müssen diese durch einen möglichst einfachen, für
alle Komponenten einheitlichen Ansatz approximiert werden. Für fest vorgegebene
Temperaturintervalle werden dafür meist Polynomansätze verwendet. Die von der
NASA vorgeschlagenen Werte für die Koeffizienten der Polynome finden sich für
einige wichtige Stoffe in Tabelle 2.1. Die Polynomansätze für die molare Wärmeka-
pazität bei konstantem Druck, für die molare Enthalpie und die molare Entropie
lauten
cp,m
= a1 + a2 T /K + a3 (T /K)2 + a4 (T /K)3 + a5 (T /K)4
R
hm T /K (T /K)2 (T /K)3 (T /K)4 a6
= a1 + a 2 + a3 + a4 + a5 +
RT 2 3 4 5 T /K
sm (T /K)2 (T /K)3 (T /K)4
= a1 ln(T /K) + a2 T /K + a3 + a4 + a5 + a7 + ln(p/p0 ).
R 2 3 4
(2.95)
Es ist zu beachten, dass es sich bei den Polynomansätzen um Größengleichungen
handelt; die Temperatur wird in der Einheit K verwendet, die linken Seiten sind
dimensionslose Zustandsgrößen.
Die molare Reaktionsenthalpie ∆hm ist diejenige chemisch gebundene Wärme, die
bei konstanter Temperatur während des Umsatzes von einem Mol Brennstoff bei
einer Reaktion frei wird. Wenn die Reaktionsgleichung so geschrieben wird, dass
darin der stöchiometrische Koeffizient des Brennstoffes νB′ = 1 ist, dann ist die
molare Reaktionsenthalpie definiert durch
n
X
∆hm = νi hi,m . (2.96)
i=1
Im folgenden soll mit dem Symbol ∆ die Summe der betrachteten molaren Größen,
gewichtet mit den stöchiometrischen Koeffizienten, bezeichnet werden. Wenn meh-
rere Reaktionen zu berücksichtigen sind, gilt für die k-te Reaktion
n
X
∆hk,m = νik hi,m . (2.97)
i=1
32
Tabelle 2.1, NASA-Polynome für zwei Temperaturbereiche und Standarddruck p = 1 atm
H2 Temperaturbereich: 1000 < T < 5000
a1 = +0, 29914234E+01 a2 = +0, 70006441E−03 a3 = −0, 56338287E−07 a4 = −0, 92315782E − 11
a5 = +0, 15827518E−14 a6 = −0, 83503399E+03 a7 = −0, 13551102E+01
Temperaturbereich: 300 < T < 1000
a1 = +0, 32981243E+01 a2 = +0, 82494417E−03 a3 = −0, 81430153E−06 a4 = −0, 94754343E − 10
a5 = +0, 41348722E−12 a6 = −0, 10125209E+04 a7 = +0, 32940941E+01
O2 Temperaturbereich: 1000 < T < 5000
a1 = +0, 36975782E+01 a2 = +0, 61351969E−03 a3 = −0, 12588419E−06 a4 = +0, 17752815E − 10
a5 = −0, 11364353E−14 a6 = −0, 12339302E+04 a7 = +0, 31891656E+01
Temperaturbereich: 300 < T < 1000
33
34
Fortsetzung Tabelle 2.1, NASA-Polynome für zwei Temperaturbereiche und Standarddruck p = 1 atm
CH4 Temperaturbereich: 1000 < T < 5000
a1 = +0, 16834788E+01 a2 = +0, 10237235E−01 a3 = −0, 38751286E−05 a4 = +0, 67855849E − 09
a5 = −0, 45034231E−13 a6 = −0, 10080787E+05 a7 = +0, 96233949E+01
Temperaturbereich: 300 < T < 1000
a1 = +0, 77874148E+00 a2 = +0, 17476683E−01 a3 = −0, 27834090E−04 a4 = +0, 30497080E − 07
a5 = −0, 12239307E−10 a6 = −0, 98252285E+04 a7 = +0, 13722195E+02
C3 OH Temperaturbereich: 1000 < T < 5000
a1 = +0, 36012593E+01 a2 = +0, 10243223E−01 a3 = −0, 35999217E−05 a4 = +0, 57251951E − 09
a5 = −0, 33912719E−13 a6 = −0, 25997155E+05 a7 = +0, 47056025E+01
Temperaturbereich: 300 < T < 1000
35
1 atm
Tabelle 2.1: NASA-Polynome für zwei Temperaturbereiche und Standarddruck p =
36
Fortsetzung Tabelle 2.1
C7 H16 Temperaturbereich: 1000 < T < 5000
a1 = +0, 22818893E+02 a2 = +0, 32543454E−01 a3 = −0, 11120041E−04 a4 = +0, 17131743E − 08
a5 = −0, 96212101E−13 a6 = −0, 33678738E+05 a7 = −0, 94335007E+02
Temperaturbereich: 300 < T < 1000
a1 = +0, 30149546E+01 a2 = +0, 54457203E−01 a3 = +0, 21812681E−04 a4 = −0, 54234111E − 07
a5 = +0, 20808730E−10 a6 = −0, 26003379E+05 a7 = +0, 17508575E+02
Bild 2.8: Die auf die universelle Gaskonstante bezogenen molaren isobaren Wärme-
kapazitäten cp einiger Gase als Funktion der Temperatur
Für exotherme Reaktionen sind ∆hm bzw. ∆hk,m negativ, für endotherme Reak-
tionen positiv. Im folgenden soll für exotherme Verbrennungsreaktionen die Reakti-
onsenthalpie mit einem Minuszeichen in Klammern (−∆hm ) verwendet werden, um
anzudeuten, dass diese Größe positiv ist.
Die Reaktionsenthalpie kann mit dem Heizwert in Verbindung gebracht werden. Da-
bei werden zwei Definitionen für den Heizwert unterschieden: Als spezifischen unte-
ren Heizwert hu bezeichnet man diejenige Wärme, die bei vollständiger Verbrennung
pro kg Brennstoff frei wird, wenn das Wasser im Abgas im gasförmigen Zustand
vorliegt. Dagegen berücksichtigt der spezifische obere Heizwert ho die Kondensati-
onswärme des Wassers im Abgas, er ist daher größer als der untere Heizwert. Dabei
wird die Verdampfungswärme von Wasser bei Standardbedingungen von p = 1 atm
und ϑ = 25 ◦ C zugrunde gelegt. Für einen gasförmigen Brennstoff, dessen Verbren-
nung durch eine Globalgleichung beschrieben werden kann, besteht daher zwischen
Reaktionsenthalpie und unterem Heizwert die Beziehung
(−∆hm )
hu = . (2.98)
MB
Da aus einem Kilogramm elementaren Wasserstoff MH2 O /(2MH ) Kilogramm Was-
serdampf im Abgas gebildet werden, ergibt sich mit der spezifischen Verdampfungs-
enthalpie r von Wasser und dem Elementenmassenbruch ZB,H im Brennstoff für den
oberen Heizwert
ho = hu + MH2 O /(2MH ) ZB,H r. (2.99)
Bei der Referenztemperatur ϑ = 25 ◦ C beträgt die spezifische Verdampfungsenthal-
pie r = 2442 kJ/kg. Mit dem Verhältnis der Molenbrüche MH2 O /(2MH ) = 8, 937
ergibt sich für die Differenz zwischen oberem und unterem Heizwert
Die adiabate Verbrennungstemperatur ist als diejenige Temperatur definiert, die sich
ergibt, wenn ein Ausgangsgemisch adiabat, d. h. ohne zu- oder abgeführte Wärmen
bei konstantem Druck verbrannt wird. Dabei wird außerdem angenommen, dass
keine technische Arbeit geleistet wird. Wenn bei einem Prozess keine Wärme q12
und keine technische Arbeit w12 t ausgetauscht werden und kinetische und potenzi-
elle Energien vernachlässigt werden können, dann folgt aus dem 1. Hauptsatz für
stationäre Fließprozesse (2.79), dass sich die Enthalpie nicht ändert: h1 = h2 . Wir
identifizieren den Zustand 1 mit dem unverbrannten Gas und den Zustand 2 mit
dem verbrannten Gas und benutzen im Folgenden wieder die Indizes u bzw. b. Für
einen gasförmigen Brennstoff gilt dann
Xn Xn
( Yi hi )u = ( Yi hi )b . (2.101)
i=1 i=1
Mit der Definition für die Enthalpie hi , (2.88), erhält man mit (2.101)
Xn Z Tb Z Tu
(Yi,u − Yi,b ) hi,ref = cp,b dT − cp,u dT. (2.102)
i=1 Tref Tref
Dabei sind die mittleren Wärmekapazitäten vor und nach der Verbrennung mit
n
X n
X
cp,b = Yi,b cpi , cp,u = Yi,u cpi (2.103)
i=1 i=1
bezeichnet.
Eine wesentliche Vereinfachung ergibt sich, wenn man die Wärmekapazitäten als kon-
stant annimmt. Bei der Verbrennung in Luft stellt der Stickstoff einen wesentlichen
Anteil sowohl vor als auch nach der Verbrennung dar. Für eine Überschlagsrechnung
kann cp = cp,b = cp,u zu 1, 40 kJ/(kgK) abgeschätzt werden.
Für den Sonderfall der vollständigen Verbrennung eines gasförmigen Brennstoffes,
dessen Verbrennung durch eine Bruttoreaktionsgleichung beschrieben wird, kann
man für den Fall λ ≥ 1 die letzte Gleichung in (2.50) verwenden und YB,b = 0
setzen. Es folgt dann
νi Mi
Yi,u − Yi,b = YB,u . (2.104)
νB MB
Somit ist mit (2.85) und (2.96)
n
X (−∆hm )ref
(Yi,u − Yi,b ) hi,ref = YB,u . (2.105)
νB′ MB
i=1
Hier ist −νB durch νB′ ersetzt worden. Damit ergibt sich bei konstantem cp die
adiabate Flammentemperatur aus (2.102) zu
(−∆hm )ref YB,u
Tb = Tu + . (2.106)
cp νB′ MB
Diese Formel kann wegen der Annahme konstanter spezifischer Wärmekapazität nur
als erste Näherung angesehen werden. Im allgemeinen müssen die Integrale in (2.102)
für jede Komponente als Funktion der zunächst unbekannten Temperatur Tb be-
stimmt werden und diese iterativ berechnet werden.
Die Entropie und das chemische Potential 39
mit der partiellen molaren Entropie der i-ten Kompenente eines idealen Gases
ZT
cpi,m pi
si,m = s0i,m,ref + dT − R ln . (2.108)
T p0
Tref
Die Entropie ist, anders als die Enthalpie, auch bei idealen Gasen abhängig vom
Druck. Aus diesem Grund wird die hochgestellte Null beibehalten. Beim Referenz-
druck pi = p0 = 1 atm ist
ZT
cpi,m
s0i,m = s0i,m,ref + dT. (2.109)
T
Tref
pi
si,m = s0i,m − R ln . (2.110)
p0
Als weitere Größe wird die freie Enthalpie G des Gemisches eingeführt,
G = H − T S. (2.111)
Mit (2.84) und (2.107) gilt dann für ein Gemisch idealer Gase ebenfalls
n
X
G= ni gi,m . (2.112)
i=1
Dabei ist die partielle molare freie Enthalpie mit (2.88) und (2.108)
gi,m = hi,m − T si,m
ZT ZT
cpi,m pi (2.113)
= hi,m,ref − T s0i,m,ref + cpi,m dT − T dT + RT ln .
T p0
Tref Tref
Das chemische Potential spielt bei der Berechnung des chemischen Gleichgewichts
eine zentrale Rolle. Beim Referenzdruck pi = p0 = 1 atm ist
ZT ZT
cpi,m
µ0i = hi,m,ref − T s0i,m,ref + cpi,m dT − T dT. (2.115)
T
Tref Tref
Somit kann das chemische Potential in einen temperaturabhängigen Anteil und einen
druckabhängigen Anteil aufgespalten werden
pi
µi = µ0i (T ) + RT ln . (2.116)
p0
40 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
2.16 Die Bedingung für das chemische Gleichgewicht und das Mas-
senwirkungsgesetz
dG = dH − T dS − SdT. (2.117)
Die freie Enthalpie ändert sich also auf Grund von Änderungen der Enthalpie, der
Entropie und der Temperatur. Mit der Gibbsschen Fundamentalgleichung
T dS = dH − V dp (2.118)
dG = V dp − SdT. (2.119)
dG ∼ dni . (2.120)
Die Proportionalitätskonstante ist also gleich der partiellen molaren freien Enthalpie
bzw. gleich dem chemischen Potential. Die Gesamtänderung der freien Enthalpie ist
somit
Xn
dG = V dp − SdT + µi dni . (2.122)
i=1
Diese Gleichung ist die Gibbssche Fundamentalgleichung bei Änderungen des Druckes,
der Temperatur und der Molenbrüche. Im chemischen Gleichgewicht erreicht neben
der Entropie auch die freie Enthalpie ein Extremum und zwar ein Minimum. Somit
gilt im Gleichgewicht
dG = 0 , G = Gmin (2.123)
Aus (2.122) und (2.123) folgt bei konstantem Druck und konstanter Temperatur als
Beziehung für das chemische Gleichgewicht
n
X
µi dni = 0. (2.124)
i=1
Chemisches Gleichgewicht und Massenwirkungsgesetz 41
Die Änderung der Massenanteile während der chemischen Reaktion wird durch die
stöchiometrischen Umsatzgleichungen festgelegt. Mit (2.31) folgt aus (2.124)
n
X dn1
νi µ i = 0. (2.125)
ν1
i=1
Da dn1 beliebig ist, lautet die Bedingung für das chemische Gleichgewicht
n
X
νi µi = 0. (2.126)
i=1
bzw. bei r Reaktionen muss die Bedingung für jede Reaktion erfüllt sein
n
X
νik µi = 0 , k = 1, 2, ..., r. (2.127)
i=1
Somit hat das chemische Potential eine zentrale Bedeutung für die Bestimmung der
Zusammensetzung bei chemischem Gleichgewicht.
Mit Hilfe der Definition des chemischen Potentials, (2.116), kann die Gleichgewichts-
bedingung (2.127) bei mehreren Reaktionen geschrieben werden
n n
X
0
Y pi νik
− νik µi (T ) = RT ln (2.128)
p0
i=1 i=1
Durch die Differentiation von µ0i in (2.115) nach der Temperatur erhält man bei
Verwendung von (2.88)
ZT
dµ0i cpi,m µ0 − hi,m
= −s0i,m,ref − dT = i . (2.137)
dT T T
Tref
Dividiert man (2.131) durch T und differenziert dann nach T , so ergibt sich
0
d ln Kpk 1 d∆gk,m 1 0
R =− + 2 ∆gk,m . (2.138)
dT T dT T
Summiert man (2.137) entsprechend (2.129) und setzt dies in den ersten Term auf
der linken Seite (2.138) ein und berücksichtigt die Definition der Reaktionsenthalpie
in der Form (2.97), so ergibt sich
d ln Kpk ∆hk,m
R = . (2.139)
dT T2
In der Form
d ln Kpk (−∆hk,m )
= (2.140)
d(1/T ) R
Im Prinzip kann die Gleichgewichtskonstante als Funktion der Temperatur mit den
Definitionen (2.131) und (2.129) aus den chemischen Potentialen der an der Reakti-
on beteiligten Komponenten berechnet werden. Hierfür müssen nach (2.115) nur die
Bildungsenthalpien hi,m,ref , die Bildungsentropien s0i,m,ref und die in tabellarischer
und approximierter Form vorliegenden Wärmekapazitäten bekannt sein. Eine derar-
tige Darstellung ist jedoch unübersichtlich und unpraktisch. Daher soll eine Appro-
ximation der Gleichgewichtskonstanten angegeben werden, die unabhängig von der
Approximation der Wärmekapazitäten ist. Durch Abspaltung der Bildungsenthalpie
kann die Größe −µ0i /(RT ) geschrieben werden
Bei konstantem cpi,m würde der zweite Term dieser Gleichung einer logarithmischen
Temperaturabhängigkeit folgen, während neben dem ersten auch der letzte Term bei
großen Temperaturen T >> Tref nahezu konstant ist. Somit bietet sich der Ansatz
an. Die Konstanten πiA und πiB lassen sich bestimmen, wenn πi bei zwei Werten der
Temperatur bekannt ist. Für die Temperaturen 1200 K und 3000 K sind sie in Tabelle
2.3 angegeben. Sie wurden aus den in den Janaf Thermochemical Tables angegebenen
Zahlenwerten ermittelt. Setzt man den Ansatz aus (2.143) in die Definitionsgleichung
(2.131) für die Gleichgewichtskonstante ein, so ergibt sich
npk −∆hk,m,ref
Kpk = Bpk T exp . (2.144)
RT
Die Konstanten dieses Ansatzes lassen sich aus den Beziehungen
n n
P P
Bpk = exp νik πiA , npk = νik πiB ,
i=1 i=1 (2.145)
n
P
∆hk,m,ref = νik hi,m,ref
i=1
berechnen. Damit steht mit den Zahlenwerten aus Tabelle 2.3 eine sehr einfache Be-
rechnungsformel für die Gleichgewichtskonstanten zur Verfügung. Für einige wich-
tige Reaktionen sind die Konstanten nach (2.143) in Tabelle 2.4 zusammengestellt.
Für einige dieser Reaktionen ist Kpk in Bild 2.9 in einem Arrhenius-Diagramm dar-
gestellt.
Beispiel 2.3
Berechnung der Zusammensetzung eines Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisches im che-
mischen Gleichgewicht für die Globalreaktion
1
H2 + O2 = H2 O.
2
44 Thermodynamik von Verbrennungsprozessen
Kpk
6
1+10
1+00 8
1-10
0,4 0,5 0,6 0,3 1
1000 / T
[K-1]
Bild 2.9: Die Gleichgewichtskonstanten (2.144) einiger wichtiger Elementar- und
Bruttoreaktionen nach Tabelle 2.4 in einem Arrhenius-Diagramm
zu lösen.
Gleichgewichtskonstanten 45
Lösung
Die Gleichgewichtskonstante Kp kann z. B. mit der Näherung (2.144) berechnet
werden, wobei die Werte für die Konstanten der Tabelle 2.3 zu entnehmen sind.
Verwendet man den Massenbruch des Wassers ΓH2 O als unabhängige Variable, so ist
sein Wert durch ein Polynom 3. Grades
bestimmt, mit
1 Γ2H ΓO
α0 = − ,
4 1 − 1/(pKp2 )
ΓH (ΓO + 41 ΓH )
α1 = ,
1 − 1/(pKp2 )
α2 = −(ΓO + ΓH ),
α3 = 1.
Mit Hilfe der Cardanischen Formel4 kann ein geschlossener Ausdruck für YH2 O ge-
funden werden. Von den bis zu drei möglichen Nullstellen ist nur jeweils eine die
physikalisch richtige, da die anderen auf negative Massenbrüche für H2 bzw. O2
führen. Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 2.2. Bei vollständiger Verbrennung
wäre YH2 O = 1 und YO2 = 0 sowie YH2 = 0, da stöchiometrische Verbrennung
4
Eine Gleichung der Form x3 + rx2 + sx + t = 0 kann mit der Substitution x = y − r/3 auf die
Form y 3 + ay + b = 0 zurückgeführt werden. Die Cardanische Formel lautet
Falls die Diskriminante D := b2 /4 + a3 /27 positiv ist, existieren drei verschiedene Lösungen für y,
wobei die einzige reelle Lösung direkt an der obigen Formel abzulesen ist. Im Falle D = 0 gibt es
nur reelle Lösungen, von denen mindestens zwei gleich sind - wenn a = b = 0 ist, sind sogar alle
drei Lösungen gleich. Für D < 0 existieren drei verschiedene reelle Lösungen, die aber i.A. nicht
durch reelle Radikanden darstellbar sind (Casus irreducibilis).
T p Y H2 Y O2 Y H2 O
[K] [bar]
2000 1 0,0006 0,0049 0,9945
3000 1 0,0172 0,1364 0,8464
4000 1 0,0653 0,5180 0,4167
2000 10 0,0002 0,0022 0,9974
3000 10 0,0084 0,0664 0,9252
4000 10 0,0394 0,3127 0,6478
vorausgesetzt wurde. Man sieht, dass dabei H2 und O2 mit steigender Temperatur
zunimmmt, während H2 O abnimmt. Es findet also eine Dissoziation von H2 O zu H2
und O2 statt, wobei hier Radikale wie H◦ , O◦ und OH◦ , die bei hoher Tempera-
tur ebenfalls vorhanden sind, unberücksichtigt geblieben sind. Bei höherem Druck
von p = 10 bar ist die Dissoziation geringer. Dies hängt damit zusammen, daß aus
zusammen 1, 5 mol H2 und O2 nur 1 mol H2 O gebildet wird. Bei höherem Druck
verschiebt sich das Gleichgewicht deshalb zum H2 O, da es weniger Raum einnimmt
(Prinzip des geringsten Zwangs nach Le Châtelier).
48
Nr. Reaktion Bp np ∆hm Kp
kcal/mol 1200 K 1500 K 1800 K 2100 K
Thermodynamik vonVerbrennungsprozessen
8 CO + H2 O=CO2 + H2 3,9449E-05 0,8139 -9,839 0,785851095 0,41265181 0,276020704 0,211179965
9 CO + H2 =Cf + H2 O 1,8746E-06 -0,4513 -31,381 0,040037622 0,002599533 0,000413621 0,000110079
10 CO=Cf + 0, 5O2 6,4864E-06 0,22695 26,417 4,96966E-10 4,79977E-09 2,19343E-08 6,52891E-10
11 CO2 =Cf + O2 0,56892879 0,0913 94,054 7,84955E-18 2,14764E-14 4,21408E-12 1,83368E-10
12 CH4 =Cf + 2H2 14,4819059 1,3244 17,895 94,95753854 5,72994E+02 1,98548E+03 4,97893E+03
Partielle Gleichgewichte 49
ZT ZT
cpi,m
µi = µ0i = hi,m,ref − T si,m,ref + cpi,m dT − T dT, (2.146)
T
Tref Tref
Die molare Bildungsenthalpie hCf ,ref von festem Kohlenstoff ist definitionsgemäß
Null. Zur Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten kann wiederum die Approxi-
mation (2.144) verwendet werden, wobei πA,C = −9, 979 und πB,C = 1, 719 ist.
Beispiel 2.4
Berechnen Sie die Gleichgewichtskonzentration von NO in Luft in Abhängigkeit
von der Temperatur unter der Annahme, dass O2 und N2 nicht verbraucht wer-
den. Stellen Sie den Molenbruch von NO als Funktion der Temperatur in einem
Arrhenius-Diagramm dar. Nutzen Sie dieses Ergebnis, um für einen Modellprozess
die NO-Konzentration im heißen Abgas von 2000 K und die Möglichkeiten einer
katalytischen N O-Reduktion bei 400 K abzuschätzen.
Lösung
Die Gleichgewichtskonstante der Oxidation
N2 + O2 = 2NO
ist mit den Werten πiA und πiB der Tabelle 2.3
Kp (T ) = 17, 38 T 0,0247 exp(−21719/T ).
Damit besteht zwischen den Partialdichten die Beziehung
p2NO
Kp = ,
p N 2 p O2
so dass sich für den Partialdruck von NO ergibt
pNO = (pN2 pO2 Kp )1/2 .
Vernachlässigt man den Verbrauch von N2 und O2 , und verwendet man die Bezie-
hung pi = Xi p mit pN2 = 0, 79 p und pO2 = 0, 21 p für Luft, so ergibt sich der
Molenbruch im Gleichgewicht zu
pNO
XNO = = 1, 7 T 0,0124 exp(−10860/T ).
p0
Dies ist im Arrhenius-Diagramm Bild 2.10 dargestellt. Dabei sind die Zahlenwerte für
XNO in ppm (parts per million) angegeben, dies entspricht einer Multiplikation des
Wertes XNO in vorstehender Formel mit 106 . Die Gleichgewichtswerte fr die beiden
Temperaturen von 2000 K und 400 K unterscheiden sich um fasst 10 Zehnerpoten-
zen. Bei den durch eine Verbrennung erzeugten hohen Temperaturen nähert sich die
Konzentration dem Gleichgewichtswert an, würde ihn aber erst nach sehr langer Zeit
erreichen. Wird das Abgas schnell abgekühlt - es soll angenommen werden, dass das
Abgas die Zusammensetzung der Luft hat-, verbleibt der NO-Wert jedoch oberhalb
des Gleichgewichts. Chemische Reaktionen würden zwar dazu führen, dass NO wie-
der abgebrannt wird. Dies erfolgt wegen der niedrigen Temperatur in der Gasphase
aber nur sehr langsam, so dass die NO-Konzentration auf hohem Niveau chemisch
eingefroren ist. Wúrde man jedoch einen geeigneten Katalysator einsetzen, könnte
diese Aktivierungsbarriere umgangen und die Reaktionsgeschwindigkeit bei niedri-
gen Temperaturen stark erhöht werden. Damit könnten bei T = 400 K die niedrigen
Gleichgewichtskonzentrationen des NO von XNO < 10−5 ppm erreicht werden.6
6
Es sei darauf hingewiesen, dass die Voraussetzung der Rechnung - 21% O2 im Abgas - für Otto-
motoren mit Katalysator nicht gegeben sind, da einerseits der Verbrennungsprozess nicht so mager
durchgeführt werden kann, andererseits übliche Katalysatoren bei Anwesenheit von O2 zerstört
würden.
Partielle Gleichgewichte 51
T [K]
2000 1500 1000 500 400
104
XNO
Abkühlung durch Expansion
[ppm]
102 und Wärmeverluste im
Abgassystem
1 katalytische
Reduktion
Verbrennung
10-2
10-4
10-6
0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
1000 / T
[K-1]
Bei der Behandlung der thermodynamischen Grundlagen und insbesondere des che-
mischen Gleichgewichts ist eine entscheidende Frage unbeantwortet geblieben. Die
Thermodynamik kann nur den Endzustand eines Prozesses als Funktion des Anfangs-
zustandes beschreiben, sie ermöglicht keine Aussage über die Zeit, die zum Erreichen
des Endzustandes benötigt wird. Diese ist jedoch eine entscheidende Größe für die
Beurteilung eines chemischen Vorganges. Der chemische Gleichgewichtszustand stellt
sich nämlich nur ein, wenn gewisse, den Ablauf der Reaktion hemmende Bedingun-
gen überwunden werden. Verbrennungsreaktionen laufen über Reaktionsketten ab.
Bei niedrigen Temperaturen sind Reaktionen in der Gasphase sehr langsam. Insbe-
sondere aber werden die Kettenträger schneller verbraucht als sie gebildet werden.
Dank dieses Umstandes finden in unserer unmittelbaren Umwelt, in der Kohlen-
stoff und Sauerstoff ausreichend vorhanden sind, bei Umgebungstemperaturen keine
Verbrennungsreaktionen statt, der Zustand ist chemisch eingefroren, er befindet sich
chemisch in einem instabilen Zustand. Bei einem Brand wird die Reaktionshemmung
überwunden, so dass eine Annäherung zum chemischen Gleichgewicht stattfinden
kann.
Über die für eine Reaktion benötigte Zeit und den Reaktionsweg gibt die chemische
Kinetik Auskunft. In Abschnitt 2.4 wurde bereits zwischen Elementarreaktionen und
Globalreaktionen unterschieden. Elementarreaktionen finden auf Grund elementarer
Stoßprozesse zwischen einzelnen Molekülen in der Gasphase statt, während Global-
reaktionen als Kombination einer ganzen Reihe von Elementarreaktionen aufgefasst
werden können.
Solche Globalreaktionen können in besonders einfachen Fällen durch Zusammen-
fassen bekannter Elementarreaktionen mit vereinfachenden Annahmen hergeleitet
werden. Vielfach werden sie aus Messungen abgeleitet. Da bei solchen Messungen
eine ganze Reihe von Randbedingungen (z. B. Druck, Elementenkonzentrationen)
fest vorgegeben sind, sind die aus den Messungen abgeleiteten Modelle nur in einem
sehr engen Bereich verwendbar. Während Globalreaktionen nur die Stöchiometrie
beschreiben, können Elementarreaktionen den zeitlichen Ablauf beschreiben, wenn
die reaktionskinetischen Stoffgrößen hinreichend genau bekannt sind. Da es sich
aber fast immer um recht komplexe Reaktionsabläufe handelt, ist die detaillierte
Beschreibung und schließlich die Berechnung sehr aufwendig. Im folgenden sollen
zunächst Elementarreaktionen betrachtet werden. Danach wird in Abschnitt 3.8 die
systematische Reduktion von Elementarreaktionen zu Globalreaktionen behandelt
werden.
Die zentrale Größe der chemischen Kinetik ist die chemische Reaktionsgeschwindig-
keit. Sie ist ein Maß für die bei der Reaktion pro Zeiteinheit umgesetzten Molzahlen.
Wenn die Reaktionsgleichung bekannt ist, stehen die Molzahlen der Komponenten
in einem eindeutigen Verhältnis zueinander, das durch die stöchiometrischen Koef-
Grundlagen und Definitionen 53
A C
(AB)*
B D
1 dCA 1 dCB
− ′ = − ′ = (3.4)
νA dt f νB dt f
1 dCC 1 dCD
= ′′ = wf (3.5)
νC′′ dt f νD dt f
Für jede Elementarreaktion besteht im Prinzip die Möglichkeit, dass sie, wenn die
Komponenten C und D vorhanden sind, auch in die rückwärtige Richtung verläuft
′ k
νA A + νB′ B ←b νC′′ C + νD
′′
D. (3.7)
Dabei wird die Komponente A gebildet. Ihre zeitliche Änderung auf Grund der
Rückwärtsreaktion (Index b, englisch backward) ist (da sie ja mit umgekehrtem
Vorzeichen auch als Vorwärtsreaktion hätte geschrieben werden können)
dCA ′ ν ′′ ν ′′
= νA kb CCC CDD = −νA wb . (3.8)
dt b
Hier bezeichnet wb die Reaktionsgeschwindigkeit der Rückwärtsreaktion. Für die
zeitliche Änderung der Moldichte der Komponente A ergibt sich somit auf Grund
der Vorwärts- und Rückwärtsreaktion insgesamt
dCA dCA dCA
= + = νA (wf − wb ) = νA w. (3.9)
dt dt f dt b
Die Reaktionsgeschwindigkeit w ist die Differenz aus derjenigen der Vorwärts- und
derjenigen der Rückwärtsreaktion
ν′ ν′ ν ′′ ν ′′
w = kf CAA CBB − kb CCC CDD . (3.10)
H◦ -Radikal sich mit dem H◦ -Radikal zu einem H2 -Molekül verbindet. Das H◦ und
das CH◦3 sind, da sie freie Valenzen haben, chemisch nicht stabil, sie werden Radikale
genannt.7 So kann das CH◦3 -Radikal mit einem O◦ -Radikal reagieren nach
CH◦3 + O◦ → CH2 O + H◦ .
Dabei wird das stabile Formaldehyd-Molekül CH2 O und ein weiteres H◦ -Radikal
gebildet. Wenn an der Reaktion zwei Reaktionspartner beteiligt sind, wird sie als
bimolekulare Reaktion bezeichnet. Die meisten Elementarreaktionen sind bimoleku-
lar. Daneben sind unimolekulare und trimolekulare Reaktionen möglich, während
der Zusammenstoß von mehr als drei Molekülen so unwahrscheinlich ist, dass solche
Reaktionen vernachlässigt werden können. Unimolekulare (auch monomolekulare)
Reaktionen beschreiben den spontanen Zerfall relativ großer Moleküle, z. B. die
Zerfallsreaktion von Pentan
Dabei wird die erforderliche Energie aus der Energie der inneren Freiheitsgrade ge-
liefert. Trimolekulare Reaktionen beschreiben das Zusammentreffen dreier Moleküle
mit i. a. niedrigem Molekulargewicht. Dabei wird meist nicht ein einziges Produkt-
molekül gebildet, da die Energie der drei Stoßpartner die chemische Bindung leicht
wieder sprengen würde. Statt dessen nimmt einer der Stoßpartner die freiwerden-
de Energie auf; er wird dabei nicht verändert, sondern bleibt chemisch inert. Ein
Beispiel ist die trimolekulare Reaktion
H◦ + H◦ + H2 → H2 + H2 ,
H◦ + H◦ → H2
praktisch nicht statt, da die chemische Bindungsenergie der H◦ -Radikale nach dem
Zusammenstoß nur in Schwingungsenergie umgesetzt werden kann und diese nun so
groß ist, dass das H2 -Molekül wieder auseinanderbricht.
Trimolekulare Reaktionen sind besonders bei der Rekombination von Radikalen von
Bedeutung. Man kann nun den inerten Stoßpartner austauschen, z. B. die Reaktion
H◦ + H◦ + Ar → H2 + Ar
A + B + M′ → AB + M′
AB + M′ → A + B + M′ ,
stellt eine bimolekulare Dissoziationsreaktion dar, bei der der inerte Stoßpartner
nun die erforderliche Dissoziationsenergie liefert. Schließlich kann man beide Vor-
gänge zusammenfassen: die Reaktionsgeschwindigkeit einer Reaktion mit inertem
Stoßpartner ist
w = kf CA CB CM′ − kb CAB CM′ (3.11)
mit
n
X
CM ′ = zi Ci . (3.12)
i=1
Im Fuß der Tabelle 3.1 (siehe Seite 70) sind die Effektivitätsfaktoren für den Stoß-
partner M′ z. B.
Wenn p in atm eingesetzt wird, muss R = 82, 05 atm cm3 /(mol K) gewählt werden.
In der Nähe des chemischen Gleichgewichts besteht eine Beziehung zwischen den
Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten kf und kb . Schreibt man (3.9) in der Form
dCA ν′ ν′ ν ′′ ν ′′
= νA (kf CAA CBB − kb CCC CDD ), (3.18)
dt
so sieht man, dass für ein geschlossenes System nach unendlich langer Zeit, wenn
sich der Gleichgewichtszustand, Index (eq) eingestellt hat und die Konzentration der
Komponente A sich mit der Zeit nicht mehr verändert, wegen
dCA
=0 (3.19)
dt
die Beziehung
ν′ ν′ ν ′′ ν ′′
(kf CAA CBB )eq = (kb CCC CDD )eq (3.20)
58 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
Echem (AB)*
Ef
Eb
A+B
(-∆H)
C+D
(t)
Bild 3.2: Schematische Darstellung der chemisch gebundenen Energie als Funktion
der Reaktionszeit mit Bildung eines Übergangkomplexes für eine exotherme bimo-
lekulare Reaktion A + B → C + D
T [K]
log kf
nf = 0
Hoch- Raum-
temperatur- temperatur-
daten daten
0,5 1 1000 / T
[K-1]
Bild 3.3: Beispiel eines Arrhenius-Diagramms für zwei verschiedene Geschwindig-
keitskonstanten. Hier wird für kf nur der Zahlenwert (ohne Einheit) aufgetragen.
Für den Fall nf = 0 ergibt sich eine Gerade.
Druckabhängigkeit von Geschwindigkeitskoeffizienten 59
kf (T )
= KC (T ). (3.21)
kb (T )
Diese Beziehung ist auch fern vom Gleichgewicht mit hinreichender Genauigkeit
gültig.
Im Folgenden sollen wieder k = 1, 2, . . . , r Gleichungen betrachtet werden. Dann
lassen sich mit Hilfe von (3.11) die Geschwindigkeitskoeffizienten der Rückwärtsre-
aktionen aus denen der Vorwärtsreaktionen mit (2.135) und (2.144) - (2.145) be-
rechnen.
Dabei ist νks durch (2.134) gegeben. Somit kann statt der Reaktionsgeschwindig-
keitskonstanten der Rückwärtsreaktion die Gleichgewichtskonstante KCk in (3.10)
eingeführt werden
′
νAk ′
νBk 1 ′′
νCk ′′
νDk
wk = kf k CA CB − C CD . (3.22)
KCk(T ) C
CH◦3 + H◦ → CH4
ergibt sich eine kompliziertere Druckabhängigkeit, die nach einem Modell von Lin-
demann erklärt werden kann und im folgenden sowohl für Rekombinations- wie für
Dissoziationsreaktionen dargestellt werden soll. Bei der Dissoziation des Moleküls
AB wird zunächst mit einem dritten Stoßpartner M′ ein Übergangskomplex (AB)∗
60 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
kf / kf∞
T = 1600 K T = 2000 K
0.1
1 10 100 1000
p
[atm]
Bild 3.4: Die Druckabhängigkeit der Reaktion CH◦3 + H◦ + (M′ ) → CH4 + (M′ )
mit Argon als Stoßpartner. Die Geschwindigkeitskoeffizienten k0 und k∞ sowie die
Messwerte sind dem Artikel J. Warnatz, Rate Coefficients in the C◦ |H◦ |O◦ -System“,
”
Gardiner, C.W.Jr., Combustion Chemistry, Springer Verlag, 1984 entnommen.
gebildet, der auf zwei Wegen weiter reagieren kann. Er kann wieder zum Ausgangs-
molekül zurückreagieren, oder er kann in einer unimolekularen Zerfallsreaktion dis-
soziieren. Dies wurde schematisch in Bild 3.1 dargestellt. Das Reaktionsschema ist
somit
kf 1
AB + M′ ⇀
↽ (AB)∗ + M′ , (3.23)
kb1
kf 2
(AB)∗ ⇀ A + B. (3.24)
Die zeitlichen Änderungen von AB und (AB)∗ sind
dCAB
= −kf 1 CAB CM′ + kb1 C(AB∗ ) CM′ ,
dt
(3.25)
dC(AB)∗
= kf 1 CAB CM′ − kb1 C(AB)∗ CM′ − kf 2 C(AB)∗ .
dt
Wir führen in Vorgriff auf Abschnitt 3.8 die Annahme ein, dass (AB)∗ stationär ist,
d. h. dC(AB)∗ /dt = 0, dann ergibt sich
kf 1 CAB CM′
C(AB)∗ = , (3.26)
kf 2 + kb1 CM′
und schreiben hiermit für (3.25)1
dCAB kf 1 kf 2
=− CAB CM′ . (3.27)
dt kf 2 + kb1 CM′
Der Geschwindigkeitskoeffizient der zusammengefassten Dissoziationsreaktion AB +
(M′ ) → A + B + (M′ ) kann somit geschrieben werden
1 dCAB kf 1 kf 2 CM′
kf = − = . (3.28)
CAB dt kf 2 + kb1 CM′
Katalyse 61
Dies bedeutet, dass für große Drücke eine monomolekulare Zerfallsreaktion vorliegt,
die von CM′ und damit von Druck unabhängig ist, und für niedrige Drücke eine
bimolekulare Reaktion, die proportional zur Moldichte des inerten Stoßpartners CM′
ist. Wenn kf ∞ und kf 0 als Funktion der Temperatur gegeben sind, kann kf als
Funktion von CM′ und damit des Druckes beschrieben werden durch
kf 0 CM′ kf ∞
kf = = . (3.30)
1 + kf 0 CM′ /kf ∞ 1 + kf ∞ /(kf 0 CM′ )
3.4 Katalyse
Der Reaktionsablauf in einem System wird von der Temperatur, den Konzentra-
tionen und durch die Anwesenheit von Katalysatoren bestimmt. Die Katalyse ist
der Schlüssel für chemische Stoffumwandlungen. Die meisten industriellen Synthe-
sen und fast alle biologischen Reaktionen benötigen Katalysatoren. Die prinzipielle
Wirkungsweise der Katalyse beruht auf der Umgehung von Reaktionen mit hoher
Aktivierungsenergie durch chemisch aktive Komponenten, die andere Reaktionswege
ermöglichen. Die sich im Prinzip (d. h. ohne Reaktionshemmung) nach unendlicher
Zeit einstellenden Gleichgewichte werden durch den Einsatz eines Katalysators nicht
beeinflusst, da nur der zeitliche Ablauf verändert wird.
Die allgemeine Wirkungsweise der Katalyse ist in Bild 3.5 dargestellt. Ist für den
Ablauf einer Reaktion 1 der allgemeinen Form
1 A + B→ C
Echem
E1
E2
A,B A,K E3
Z Z,B
C C,K
(t)
Bild 3.5: Wirkungsweise des Katalysators
werden die Aktivität und vor allem auch die Selektivität genannt. Die Aktivität
eines Katalysators ist ein Maß für die Umsatzgeschwindigkeit einer katalytischen
Reaktion. Der Sachverhalt, dass weitere konkurrierende, nicht erwünschte Reaktio-
nen parallel ablaufen können, führt auf den Begriff der Selektivität. Die Selektivität
einer katalytischen Umsetzung beschreibt, welcher Anteil eines Ausgangsstoffes in
ein bestimmtes, gewünschtes Produkt umgesetzt wird. Der Katalysator K selber
wird wieder freigesetzt, also bei den Reaktionen 2 und 3 nicht verbraucht. Aus die-
sem Grunde werden Katalysatoren meist in nur geringen Konzentrationen benötigt.
In der Realität werden jedoch die Aktivität und auch die Selektivität und damit
die Lebensdauer eines Katalysators durch z. B. Zersetzung, Verkokung oder Vergif-
tung reduziert. Dieses Verhalten eines Katalysators wird als Stabilität bezeichnet,
die somit großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes eines Katalysators
hat.
Katalysatoren können nach ihrem Aufbau, der stofflichen Zusammensetzung, den
Einsatzgebieten sowie nach ihrem Aggregatzustand eingeteilt werden, wobei letz-
tere die gebräuchlichste Einteilung ist, die deshalb auch hier vorgenommen wird.
Hinsichtlich des Aggregatzustandes, in dem der jeweilige Katalysator wirkt, wird
zwischen
- homogener und
- heterogener
Katalyse unterschieden. Bei der homogenen Katalyse liegt der Katalysator homogen
in der gleichen Phase wie die Reaktanten vor, während bei der heterogenen Katalyse
getrennte Phasen vorliegen.
Homogene Katalyse
Ein Beispiel für die homogene Katalyse ist das in der Vergangenheit verwendete Blei-
kammerverfahren zur Herstellung von Schwefelsäure. Die Reaktion ohne Katalysator
Katalyse 63
lautet
O2 + 2SO2 = 2SO3 .
Durch die Zugabe von Stickstoffmonoxid als Katalysator läuft die Oxidation des
Schwefeldioxides über die als Bruttoreaktionen geschriebene Zwischenstufen
O2 + 2NO = 2NO2
und
NO2 + SO2 = SO3 + NO
beschleunigt ab. Bei heutigen Anwendungen wird für diesen Fall die heterogene
Katalyse mit Hilfe edelmetallbeschichteter Wände (Platin, Palladium) oder Vanadi-
umpentoxid eingesetzt.
Im Vergleich zu Festkörperkatalysatoren weisen homogene Katalysatoren einen höher-
en Dispersionsgrad, d. h. eine günstigere Verteilung im Raum auf, so dass theoretisch
jedes einzelne Molekül wirksam werden kann. Aufgrund dieser Eigenschaft zeigen ho-
mogene Katalysatoren, bezogen auf die eingesetzte Katalysatormenge, eine höhere
Aktivität als heterogene Katalysatoren, bei denen nur die an der Oberfläche befind-
lichen Atome wirksam werden können. Weitere Vorteile der homogenen Katalyse
sind, dass sich die Reaktanten untereinander aus jeder Richtung annähern können
und nicht, wie bei der heterogenen Katalyse zur Blockierung der Nachbarstellen
führen. Dieses erlaubt niedrigere Katalysatorkonzentrationen und deshalb mildere
Reaktionsbedingungen. Nachteilig ist, dass die nach der Reaktion notwendige Stoff-
trennung der dispersen Gemische von Reaktionsprodukten und Katalysatoren häufig
sehr aufwendig und nicht immer vollständig ist. Die mit Katalysatorverlusten ver-
bundenen Kosten sind demzufolge bei homogener Katalyse erheblich höher als beim
Einsatz von heterogenen Katalysatoren.
Heterogene Katalyse
die Grenzschicht in Richtung Katalysatoroberfläche (1), dann in die Poren des Fest-
stoffkatalysators (2). Anschließend findet die eigentliche Chemisorption statt und
zwar als Adsorption der Reaktanten an der inneren Oberfläche der Pore (3), worauf
erst die chemische Reaktion an der Katalysatoroberfläche erfolgt (4). Nach Ablauf
der Reaktion erfolgt die Freigabe der Produkte über die Desorption von der Ober-
fläche (5), die Diffusion aus dem Poreninneren heraus (6) und schließlich durch die
Diffusion vom Katalysator weg in den äußeren Gasstrom (7).
Die Schritte (3) bis (5) beschreiben in diesem Zusammenhang die sogenannte Mikro-
kinetik. Haben die Diffusionsvorgänge einen wesentlichen Einfluss auf die Geschwin-
digkeit der Reaktion, so muss der gesamte makrokinetische Prozess, bestehend aus
den Schritten (1) bis (7), betrachtet werden.
- Kinetisches Gebiet: die Reaktion ist langsam im Vergleich zur Diffusion in den
Poren oder durch den Gasfilm.
Teilschritte:
Filmdiffusion (1)
Gas Katalysator
Porendiffusion (2)
Adsorption (3) 1 3, 4, 5
2
chemische Reaktion (4)
6
7 Pore
Desorption (5)
Porendiffusion (6)
Filmdiffusion (7)
ln Ieff
1/ T
Bild 3.7: Geschwindigkeitsbestimmte Schritte als Funktion der Temperatur
66 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
Pt Pt Rh
Rh
Pt Pt Rh
Rh Pt
Pt
Rh
Pt PtPt Rh
Rh
Rh AB AB
RhPt
Katalyse
A
B
katalytisches Material
Träger
(z.B. Pt / Rh)
(keramisch oder metallisch)
derstand. Das Gas wird bereits an der äußeren Oberfläche des Katalysators voll
umgesetzt.
Bild 3.8 zeigt beispielhaft den typischen Aufbau eines zur Abgasreinigung im Kraft-
fahrzeug eingesetzten Katalysators. Auf den dünnen Wänden des Trägermaterials,
bestehend aus Keramiken oder heute zunehmend auch aus metallischen Werkstoffen,
wie z. B. Aluminium-Chrom-Eisen-Legierungen, ist eine poröse Zwischenschicht, der
sogenannte Wash Coat (Al2 O3 , CeO2 ) aufgebracht, welcher mit dem katalytischen
Materialien Platin, Palladium oder Rhodium beschichtet ist.
Sie stellt die pro Zeit- und Volumeneinheit produzierte (oder verbrauchte) Masse der
i-ten Komponente dar. Wir werden sehen, dass sie in der Bilanz für die Partialmassen
bei strömenden Systemen eine zentrale Rolle spielt. Da die Gesamtmasse erhalten
bleibt, gilt für die Summe über alle Komponenten
n
X r
X n
X
ṁi = wk νik Mi = 0, (3.34)
i=1 k=1 i=1
da die zweite Summe auf der rechten Seite wegen der Elementenerhaltung bei jeder
Reaktion verschwindet.
Komplexe Reaktionsschemata 67
Für Reaktionen in der Gasphase kann man den Ablauf des chemischen Umsatzes in
allen Einzelheiten verfolgen, wenn ein vollständiger Satz von Elementarreaktionen
vorliegt und die physikalischen Bedingungen, unter denen die Verbrennung erfolgen
soll (z. B. konstanter Druck, konstante Enthalpie, homogenes Gemisch), gegeben
sind. Derartige vollständige Reaktionsschemata sind in der Literatur in jüngster Zeit
vielfach angegeben worden. Eine besonders wichtige Eigenschaft von Verbrennungs-
reaktionen ist, dass sie in Ketten ablaufen. Kettenträger sind dabei meist Radikale,
insbesondere H◦ , OH◦ und O◦ , bei hohen Drücken auch HO◦2 . Der Ablauf solcher
Reaktionsketten soll zunächst für die Oxidation von Wasserstoff und Kohlenmon-
oxid, dann für Methan diskutiert werden. Ein Reaktionsschema, das die wichtigsten
Reaktionen für die Oxidation dieser Brennstoffe enthält, ist in Tabelle 3.1 angege-
ben. Es ist dem Buch Reduced Kinetic Mechanisms for Applications in Combustion
”
Systems“, Lecture Notes in Physics, Springer Verlag, 1993, entnommen. Bf , nf und
Ef des Geschwindigkeitskoeffizienten kf in Formel (3.16) sind ebenfalls angegeben.
Nur für diejenigen Reaktionen, bei denen die Rückwärtsreaktionen wichtig sind, ist
diese zusammen mit den Parametern Bb , nb , Eb ebenfalls angegeben. Das Reak-
tionsschema enthält die wichtigsten Reaktionen, die bei der Verbrennung von H2
und niedrigen Kohlenwasserstoffen bis C3 H8 (Propan) ablaufen, ist aber keineswegs
vollständig. Für die Oxidation von H2 allein können bis zu 20 Reaktionen, für die-
jenige von CH4 bis zu 150 Schritte als wichtig angesehen werden.
Fortsetzung Tabelle 3.1, Legende siehe Fuß der Tabelle auf Seite 70
B n E
Nr. Reaktion
in mol, cm3 , s kJ/mol
14f H2 O2 + H◦ → H2 + HO◦2 1,700E+12 0,00 15,70
◦ ◦
14b H2 + HO2 → H2 O2 + H 1,150E+12 0,00 80,88
1.4 Rekombinationsreaktionen
15 H◦ + H◦ + M′ → H2 + M′ 1,800E+18 -1,00 0,00
16 OH◦ + H◦ + M′ → H2 O + M′ 2,200E+22 -2,00 0,00
17 O◦ + O◦ + M′ → O2 + M′ 2,900E+17 -1,00 0,00
2. CO/CO2 -Mechanismus
◦
18f CO + OH → CO2 + H◦ 4,400E+06 1,50 -3,10
18b CO2 + H◦ → CO + OH◦ 4,956E+08 1,50 89,76
4.1 C2 H◦ -Verbrauch
Komplexe Reaktionsschemata 69
Fortsetzung Tabelle 3.1, Legende siehe Fuß der Tabelle auf Seite 70
B n E
Nr. Reaktion
in mol, cm3 , s kJ/mol
41f C2 H◦ + H2 → C2 H2 + H◦ 1,100E+13 0,00 12,00
◦ ◦
41b C2 H2 + H → C2 H + H2 5,270E+13 0,00 119,95
42 C2 H◦ + O2 → CHCO◦ + O◦ 5,000E+13 0,00 6,30
4.3 C2 H2 -Verbrauch
45 C2 H2 + O◦ → CH◦2 + CO 4,100E+08 1,50 7,10
46 C2 H2 + O◦ → CHCO◦ + H◦ 4,300E+14 0,00 50,70
47f C2 H2 + OH◦ → C2 H◦ + H2 O 1,000E+13 0,00 29,30
47b C2 H◦ + H2 O → C2 H2 + OH◦ 9,000E+12 0,00 -15,98
48 C2 H2 + CH◦ → C3 H◦3 2,100E+14 0,00 -0,50
4.5 C2 H4 -Verbrauch
52f C2 H4 + H◦ → C2 H◦3 + H2 1,500E+14 0,00 42,70
52b C2 H◦3 + H2 → C2 H4 + H◦ 9,605E+12 0,00 32,64
53 C2 H4 + O◦ → CH◦3 + CO + H◦ 1,600E+09 1,20 3,10
54f C2 H4 + OH◦ → C2 H◦3 + H2 O 3,000E+13 0,00 12,60
54b C2 H◦3 + H2 O → C2 H4 + OH◦ 8,283E+12 0,00 65,20
55 C2 H4 + M′ → C2 H2 + H2 + M′ 2,500E+17 0,00 319,80
4.7 C2 H6 -Verbrauch
◦
59 C2 H6 + H → C2 H◦5 + H2 5,400E+02 3,50 21,80
60 C2 H6 + O◦ → C2 H◦5 + OH◦ 3,000E+07 2,00 21,40
61 C2 H6 + OH◦ → C2 H◦5 + H2 O 6,300E+06 2,00 2,70
Fortsetzung Tabelle 3.1, Legende siehe Fuß der Tabelle auf Seite 70
B n E
Nr. Reaktion
in mol, cm3 , s kJ/mol
66 C3 H4 + O◦ → C2 H◦3 + CHO◦ 1,000E+12 0,00 0,00
◦ ◦
67 C3 H4 + OH → C2 H3 + CH2 O 1,000E+12 0,00 0,00
68 C3 H4 + OH◦ → C2 H4 + CHO◦ 1,000E+12 0,00 0,00
5.4 C3 H6 -Verbrauch
71f C3 H6 → C2 H◦3 + CH◦3 3,150E+15 0,00 359,30
71b C2 H◦3 + CH◦3 → C3 H6 2,511E+12 0,00 -34,69
72 C3 H6 + H◦ → C3 H◦5 + H2 5,000E+12 0,00 6,30
5.6 C3 H8 -Verbrauch
77 C3 H8 + H◦ → n − C3 H◦7 + H2 1,300E+14 0,00 40,60
78 C3 H8 + H◦ → i − C3 H◦7 + H2 1,000E+14 0,00 34,90
79 C3 H8 + O◦ → n − C3 H◦7 + OH◦ 3,000E+13 0,00 24,10
80 C3 H8 + O◦ → i − C3 H◦7 + OH◦ 2,600E+13 0,00 18,70
81 C3 H8 + OH◦ → n − C3 H◦7 + H2 O 3,700E+12 0,00 6,90
82 C3 H8 + OH◦ → i − C3 H◦7 + H2 O 2,800E+12 0,00 3,60
Zur Berechnung der effektiven Konzentration der Stoßpartner (siehe auch (3.13))
CM′ = 6, 5 CCH4 + 6, 5 CH2 O + 1, 5 CCO2 + 0, 75 CCO + 0, 4 CO2 + 0, 4 CN2 + 1, 0 Csonstige
Wasserstoff ist der einfachste Brennstoff und daher derjenige, dessen Oxidation ki-
netisch am besten bekannt ist. Vollständige Reaktionsschemata und relativ genaue
kinetische Daten existieren bereits seit einigen Jahren. Die wichtigste Reaktion des
Wasserstoff-Sauerstoff-Systems ist die Kettenverzweigungsreaktion
1 H◦ + O2 ⇀
↽ OH◦ + O◦ .
Hier werden aus einem H◦ -Radikal bei der Reaktion mit dem stabilen O2 -Molekül
zwei Radikale, nämlich OH◦ und O◦ gebildet. Diese werden in den sehr schnellen
Komplexe Reaktionsschemata 71
2 O◦ + H2 ⇀
↽ OH◦ + H◦
3 OH◦ + H2 ⇀
↽ H2 O + H◦
4 OH◦ + OH◦ ⇀
↽ H2 O + O◦
Aus einem O◦ -Atom werden in Reaktion 2 zwei Radikale, nämlich H◦ und OH◦ ge-
bildet. Demgegenüber zeigt Reaktion 3, dass aus einem OH◦ -Radikal wieder nur ein
Radikal, das H◦ -Radikal, entsteht. Da Reaktion 3 bei hoher Temperatur sehr schnell
abläuft und daher ein partielles Gleichgewicht zwischen OH◦ und H◦ erzeugt, können
H◦ und OH◦ in ihrer Wirkung als Kettenträger als gleichwertig angesehen werden.
Aus Reaktion 2 folgt, dass aus einem O◦ zwei solcher Radikale (H◦ oder OH◦ ) erzeugt
werden, das O◦ -Radikal ist entsprechend dieser Argumentation doppelt so wertvoll
wie ein H◦ oder ein OH◦ . Die gleiche Folgerung kann man aus der Betrachtung der
Rückwärtsreaktion 4b ziehen. Darüber hinaus ist es interessant festzustellen, dass
die Reaktionen 2, 3 und 4 voneinander linear abhängig sind. Durch Addition von
Reaktionen 2 und 4 erhält man Reaktion 3. Dies hat für den kinetischen Ablauf keine
Bedeutung und spielt erst eine Rolle, wenn sich das System dem chemischen Gleich-
gewicht nähert. Wenn chemisches Gleichgewicht angenommen werden kann, ist es
gleichgültig, ob man das partielle Gleichgewicht zwischen H◦ und OH◦ aus Reaktion
3 herleitet oder durch Kombination der partiellen Gleichgewichte der Reaktionen 2
und 4. Zwischen den Gleichgewichtskonstanten besteht die Beziehung
Dies bedeutet mit (3.21) auch, dass die Zahlenangaben für B, n und E der Vorwärts-
und Rückwärtsreaktionen 2 − 4 in Tabelle 3.1 nicht unabhängig sind.
Der Kettenabbruch, d. h. der Verbrauch der Radikale, erfolgt bei Anwesenheit von
Sauerstoff in erster Linie durch die Reaktion
5 H◦ + O2 + M′ → HO◦2 + M′ .
weiter reagiert. Von diesen Reaktionen bewirkt Reaktion 6, dass wieder neue Radi-
kale OH◦ gebildet werden, die z. B. über Reaktion 3 wieder die in Reaktion 5 und 6
verbrauchten H◦ -Radikale ersetzen. Diese Reaktion ist also radikal- und damit ket-
tenerhaltend. Parallel zu Reaktion 6 laufen jedoch immer die Reaktionen 7 und 8
72 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
ab, die zum Kettenabbruch führen. Daher werden in der Summe über den Weg der
Reaktion 5 immer Radikale und damit Kettenträger dem System entzogen. Diese
Situation wird auch nicht durch die Reaktionen
11 HO◦2 + HO◦2 → H2 O2 + O2
12b H2 O2 + M′ → OH◦ + OH◦ + M′
verändert, die in der Summe auch nur radikalerhaltend sind. Wird dagegen HO◦2 statt
durch Reaktion 5 durch Reaktionen von O2 mit Kohlenwasserstoffen gebildet, ist der
Pfad über 11 und 12b in der Summe kettenverzweigend. Bei der Parallelreaktion
14f H2 O2 + H◦ → H2 + HO◦2 ,
die mit 12b konkurriert, werden dagegen Radikale verbraucht.
Das HO◦2 -Radikal kann daher im allgemeinen nicht als gleichwertig zu H◦ oder OH◦
angesehen werden. Ausnahmen von dieser Feststellung gelten für die Zündung von
H2 /O2 -Systemen bei hohen Drücken, bei denen eine weitere Kettenverzweigung auf-
tritt. Dieser Fall wird in Kapitel 4 behandelt werden. Wenn nämlich statt 11 der
Weg über
14b H2 + HO◦2 → H2 O2 + H◦
und anschließend über 12b verläuft, werden aus einem HO◦2 insgesamt drei Radikale
gebildet. Dieser Weg ist dann kettenverzweigend.
Die beiden Reaktionen, bei denen der Sauerstoff durch Radikale angegriffen wird,
sind die Reaktionen 1f und 5. Ihre Reaktionsgeschwindigkeitskoeffizienten sind in
Bild 3.9 bei p = 1 atm aufgetragen.
Der Vergleich zeigt, dass für Temperaturen kleiner als 1000 K das Produkt k5 CM′ >
k1f ist. Wenn die Reaktion 5 schneller abläuft als die Reaktion 1, werden dem System
Radikale entzogen. Der Kettenabbruch ist dann schneller als die Kettenverzweigung
und die Verbrennung kann nicht aufrecht erhalten werden.
Es gibt praktisch nur eine wichtige Reaktion, mit der in technischen Systemen CO
zu CO2 oxidiert wird, nämlich
18f CO + OH◦ → CO2 + H◦ .
Dies bedeutet auch, dass reines CO nur dann hinreichend gut verbrennt, wenn in
irgendeiner Form das H◦ -Radikal vorhanden ist, so dass OH◦ gebildet werden kann.
Hierzu reicht im allgemeinen bereits das aufgrund von Luftfeuchtigkeit vorhandene
H2 O aus. In völlig trockener Luft lässt sich CO praktisch nicht verbrennen, da Re-
aktionen wie CO + O◦ + M′ → CO2 + M′ und CO + O2 → CO2 + O◦ zu langsam
ablaufen. Sie sind in Tabelle 3.1 deshalb nicht aufgeführt.
T [K]
kf
angesehen werden. Daneben spielt für die Zündung von Methan auch die Reaktion
CH4 + O2 → CH◦3 + HO◦2 eine Rolle, die wir hier jedoch nicht betrachten wollen.
Reaktion 34 ist im technisch interessanten Bereich druckabhängig. Wenn bereits
Radikale vorliegen, spielt die Vorwärtsreaktion 34f keine Rolle mehr, während die
Reaktion 34b als Kettenabbruchreaktion berücksichtigt werden muss. Dann wird
74 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
Ruß
Bild 3.10: Reaktionswege bei der Oxidation von Methan nach Warnatz und Maas
J. Warnatz, U. Maas: Technische Verbrennung“, SpringerVerlag, 1993. Die Dicke
”
der Pfeile ist proportional zum Anteil der Reaktionswege in einer stöchiometrischen
Methan-Luft-Flamme
Komplexe Reaktionsschemata 75
CH4 vor allem durch Reaktionen mit den Radikalen H◦ und OH◦ entsprechend
zu CH◦3 umgesetzt. Die Reaktion mit O◦ nach CH4 + O◦ → CH◦3 + OH◦ ist gegenüber
38f und 40f relativ unbedeutend, da das O◦ -Radikal meist in niedrigeren Konzen-
trationen als H◦ und OH◦ vorliegt. Für die Oxidation von CH◦3 zum Formaldehyd
CH2 O ist jedoch das O◦ -Radikal entscheidend
35 CH◦3 + O◦ → CH2 O + H◦ .
wobei das CHO◦ -Radikal gebildet wird. Konkurrierende Reaktionen mit HO◦2 und
O2 als Reaktionspartner sind hier unbedeutend. Schließlich wird CHO◦ durch die
Reaktionen
21 CHO◦ + H◦ → CO + H2
24f CHO◦ + M′ → CO + H◦ + M′
zum stabilen Zwischenprodukt CO umgewandelt. Damit konkurrieren die Parallel-
reaktionen CHO◦ + OH◦ → CO + H2 O und CHO◦ + O2 → CO + HO◦2 , die bei
mageren Gemischen berücksichtigt werden sollten. Reaktionen 24f ist eine Zerfalls-
reaktion mit einem inerten Stoßpartner M′ , dessen Effektivitätsfaktoren zi hinrei-
chend bekannt sind. Eine Druckabhängigkeit dieser Reaktion ist nicht bekannt. Beim
Vergleich von Reaktion 21 und 24f ist festzustellen, dass durch Reaktion 21 ein H◦ -
Radikal verbraucht wird, während Reaktion 24f eines bildet. Die Konkurrenz dieser
beiden Wege hat daher einen Einfluss auf die Bilanz für die Radikale.
Als weitere Kette innerhalb C1 -Mechanismus ist bei der Zündung und auch bei
hohen Drücken, bei denen weniger O◦ -Radikale vorliegen, die Oxidation von CH◦3
durch O2 nach
CH◦3 + O2 → CH3 O◦ + O◦
zu berücksichtigen. Das CH3 O◦ -Radikal wird über
CH3 O◦ + H◦ → CH2 O + H2
CH3 O◦ + M′ → CH2 O + H◦
zum Formaldehyd umgewandelt. Im Vergleich zur Kette über Reaktion 35 liefert der
Weg über CH◦3 + O2 → CH3 O◦ + O◦ ein O◦ -Radikal, während dort eines verbraucht
76 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
wurde. Dies ist umso wichtiger, als das O◦ -Radikal über die Reaktionen 2f oder
4b zur Bildung von zwei Radikalen H◦ oder OH◦ führt. Die Reaktion CH◦3 + O2 →
CH3 O◦ + O◦ ist daher bei der Zündung von Methan ein notwendiger Schritt, da dort
Radikale erst aufgebaut werden müssen, während sie in Flammen bereits vorhanden
sind.
Selbst ein stark verkürzter Mechanismus, wie er hier diskutiert wurde, beinhaltet
immer noch eine Reihe von parallelen und konkurrierenden Reaktionswegen. Dies
darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass nur sehr wenige Schlüsselreaktionen
den Gesamtablauf wesentlich bestimmen und damit das Endergebnis beeinflussen.
Diese Reaktionen sind geschwindigkeitsbestimmend. Es sind diejenigen, die den Ver-
brauch von CH4 und O2 sowie die Oxidation von CO zu CO2 beherrschen, sowie
diejenigen, die als wesentliche Kettenverzweigungs- und Kettenabbruchsreaktionen
die Bilanz der Radikale bestimmen. Neben der wichtigsten Verbrauchsreaktion von
Methan
38f CH4 + H◦ → CH◦3 + H2
ist dies in erster Linie die Kettenverzweigungsreaktion
1 H◦ + O2 → OH◦ + O◦ ,
die durch die Oxidation von CO zu CO2 etwa ein Drittel der Reaktionswärme frei-
setzt. Die Reaktion 1, H◦ + O2 → OH◦ + O◦ , hat eine relativ hohe Aktivierungsener-
gie, ist also stark temperaturabhängig. Sie muss mit der Reaktion
5 H◦ + O2 + M′ → HO◦2 + M′
konkurrieren, die einen Kettenabbruch bewirkt. Dies wurde bereits für das H2 /O2 -
System diskutiert.
Generell ist zu sagen, dass bei der Oxidation von Kohlenwasserstoffen neben der Re-
aktion, die den Verbrauch des Brennstoffes in Gang setzt, in erster Linie die Reak-
tionen des Wasserstoff-Sauerstoff-Systems und die Reaktion CO + OH◦ → CO2 + H◦
geschwindigkeitsbestimmend sind. Die brennstoffspezifischen Reaktionen sind bei
der Zündung wichtig und in der Anfangsphase des Reaktionsablaufes, sie verlieren
jedoch ihren Einfluss, sobald genügend Radikale gebildet sind.
gilt. Beispielsweise wird für die Reaktion 18f CO + OH◦ → CO2 + H◦ die effekti-
ve Aktivierungsenergie Ef∗ bei T = 1500 K positiv, während Ef nach Tabelle 3.1
negativ ist.
Stickoxidkinetik
Stickoxide gehören zu den Schadstoffen, die zur Luftverschmutzung unserer Um-
gebung erheblich beitragen. Ihre Quellen sind vielfältig, unter anderem Industrie-
und Haushaltsfeuerungen und Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen. In Bo-
dennähe verursachen Stickoxide eine verstärkte Bildung von Ozon und zeigen eine
toxische Wirkung auf den menschlichen Organismus. In der Stratosphäre hingegen
tragen sie zum Abbau der Ozonschicht bei. Während der letzten Jahrzehnte hat in-
tensive Forschung zum Verständnis der Bildungs- und Verbrauchsmechanismen von
Stickoxiden beigetragen. Diesem Verständnis kommt entscheidende Bedeutung bei
der Entwicklung von Reduzierungsstrategien für diese Schadstoffe zu.
Die Bildungsmechanismen der Stickoxide sind eingehend untersucht worden und es
werden die folgende unterschieden:
(N 1) O◦ + N2 ⇀
↽ NO + N◦ ,
(N 2) N◦ + O2 ⇀
↽ NO + O◦ ,
(N 3) N◦ + OH◦ ⇀
↽ NO + H◦ .
78 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
CN◦ + OH◦ ⇀
↽ NCO◦ + H◦ ,
CN◦ + O2 ⇀
↽ NCO◦ + O◦ ,
⇀ CO + N◦ .
CN◦ + O◦ ↽
Isocyanato-Radikale NCO◦ reagieren vor allem mit H◦ -Radikalen unter Bildung von
NH◦ . Sie können aber auch mit Hilfe eines inerten Stoßpartners M dissoziieren und
CO + N◦ bilden.
NCO◦ + H◦ ⇀ ↽ CO + NH◦ ,
NCO◦ + M ⇀
↽ CO + N◦ + M.
Für die Umwandlung des Imidogen NH◦ sind in erster Linie Reaktionen mit H◦ - und
O◦ -Radikalen verantwortlich.
NH◦ + H◦ ⇀
↽ N◦ + H2 ,
NH◦ + O◦ ⇀
↽ NO + H◦ ,
NH◦ + O◦ ⇀
↽ N◦ + OH◦ .
NH3 + OH◦ ⇀
↽ NH◦2 + H2 O,
NH◦2 + O◦ ⇀
↽ NH◦ + OH◦ ,
NH◦ + NO ⇀↽ N2 O + H◦ ,
N2 O + H◦ ⇀
↽ N2 + OH◦ .
Diese Reaktionen zeigen einen Weg zurück zum N2 . Neben der zweitletzten Reaktion,
die wiederum zu N2 O führt, gibt es auch einen direkten Weg von NH◦ und NO zu
N2
NH◦ + NO ⇀ ↽ N2 + OH◦ .
80 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
Ein Teil des gebildeten NH◦2 reagiert allerdings mit O◦ -Radikalen zu HNO◦ , das mit
H◦ oder OH◦ wiederum NO bildet.
NH◦2 + O◦ ⇀
↽ HNO◦ + H◦ ,
HNO◦ + H◦ ⇀ NO + H2 ,
↽
HNO◦ + OH◦ ⇀
↽ NO + H2 O.
NO + HCCO◦ ⇀
↽ HNCO + CO,
HNCO + H◦ ⇀
↽ NH◦2 + CO,
NH◦2 + NO ⇀
↽ N2 H◦ + OH◦ ,
N2 H◦ ⇀
↽ N2 + H◦
zu N2 reduzieren. Dies wird als Reburn-Mechanismus bezeichnet. Die Reaktionspfa-
de der NO-Bildung und Reduktion sind in Bild 3.11 dargestellt.
Rußkinetik
Wir wollen uns nun der Kinetik der Rußbildung bei der Verbrennung zuwenden. Die
Rußbildung bei der Verbrennung ist ein komplexer chemischer und physikalischer
Vorgang, bei dem innerhalb von typischerweise weniger als einer Millisekunde aus
einfachen Kohlenwasserstoffen Partikel entstehen, die aus mehr als 106 Kohlenstof-
fatomen bestehen. Ruß besteht aus einer Vielzahl von Partikeln unterschiedlicher
Form und Größe. Messbare Größen sind die Partikeldichte N , der Rußvolumenan-
teil fv , sowie der mittlere Partikeldurchmesser d. Bildung und Wachstum von Ruß
werden in Partikelbildung, Koagulation und Oberflächenprozesse unterteilt.
Die Masse der ersten Partikel wird mit 2000 amu angegeben 8 . Diese Definition
basiert auf der kleinsten Partikelgröße, die unter dem Transmissions-Elektronen-
Mikroskop nachweisbar ist. Gleichzeitig ist es die Masse der Partikel, bei denen zum
ersten Mal das für Ruß typische, gelbe Leuchten beobachtet wird.
In der neuen Literatur wird davon ausgegangen, dass die ersten Partikel durch
Koagulation aus polyaromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) entstehen (im engli-
schen Poly-Aromatic-Hydrocarbons, PAH). Diese werden durch Gasphasenreaktio-
nen wie wir sie bereits für Wasserstoff und Methan beschrieben haben, aus Zwi-
schenprodukten wie C2 H◦3 und C3 H◦3 aufgebaut.
C2 H◦3 + C2 H2 ⇀
↽ n-C4 H◦5
⇀ c-C6 H6 + H◦
n-C4 H◦5 + C2 H2 ↽
Dabei steht n- für ein planares Molekül und c- für eine zyklische Verbindung. Der
Benzolring ist mit c-C6 H6 bezeichnet. Er gilt als Ausgangsmolekül der Rußbildung.
Alternativ wird auch dem direktem Ringschluss von zwei Propargylradikalen C3 H◦3
8
amu steht für Atomic Mass Unit. 1 amu ist definiert als 1/12 der Masse eines Kohlenstoffisotops
12
C und entspricht deshalb dem Kehrwert der Avogadro-Zahl in Gramm: 1 amu = 1, 66 · 10−24 g).
Kinetische Aspekte der Schadstoffbildung 81
O
-N
pt
om
Pr
Zeldovich
gas
Lach
urn
Reb
Bild 3.11: Wege der Stickoxidbildung und Reduktion (aus M. Bollig: Berechnung
”
laminarer Kohlenwasserstofflammen im Hinblick auf die Stickoxidbildung in Ver-
brennungsmotoren“, Dissertation RWTH-Aachen, Shaker-Verlag D82, 1998
82 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
nach
C3 H◦3 + C3 H◦3 ⇀
↽ c-C6 H6
C3 H◦3 + C3 H4 ⇀
↽ c-C6 H6 + H◦
eine gewisse Bedeutung zugesprochen. Ausgehend vom ersten Benzolring bilden sich
sehr schnell Doppelringe (Naphtaline) und höhere PAKs durch Polymerisation. Wei-
tere Details zur folgenden Darstellung zur Rußbildung finden sich in der Dissertation
von F. Mauß, Entwicklung eines kinetischen Modells der Rußbildung mit schneller
”
Polymerisation“, Cuvillier Verlag, Göttingen, 1998.
Da Acetylen C2 H2 die wichtigste Wachstumskomponenten für die PAK ist, wer-
den etwa 80 Acetylen-Moleküle benötigt um eine Masse von 2000 amu zu errei-
chen. Damit lässt sich die Partikelbildungsgeschwindigkeit aus der PAK-Bildung
und dem PAK-Wachstum errechnen. Die im Experiment beobachtete Partikelbil-
dungsgeschwindigkeit kann jedoch über einen chemischen Wachstumsmechanismus
für die PAK nicht erreicht werden. Erst durch die Annahme reaktiver Koagulatio-
nen von PAK werden diese erklärbar. Der Begriff der reaktiven Koagulation besagt,
dass nach der Kollision zweier PAK eine chemische Reaktion das neugebildete PAK
stabilisieren muss.
Bei der Koagulation der planaren, d. h. in einer Molekülebene angeordneten, PAKs
entstehen die ersten dreidimensionalen Strukturen. Dieser Vorgang stellt die Parti-
kelbildung dar. Mit dieser Definition wird eine eindeutige Abgrenzung von PAKs
und Ruß erreicht. Damit werden im Modell bereits Moleküle mit Massen zwischen
400 amu und 2000 amu als Rußpartikel bezeichnet.
Die Beschreibung der Koagulation von Rußpartikeln folgt klassischen Methoden.
Da unter normalen Bedingungen die mittlere freie Weglänge der Partikel zwischen
zwei Kollisionen wesentlich größer als der Partikelduchmesser ist, kann eine Brown-
sche Bewegung der Partikel vorausgesetzt werden. Es wird dabei angenommen, dass
jeder Stoß zweier Partikel zur Verschmelzung der Partikel führt. Der Einfluss von
van-der-Waals-Kräften erhöht die Kollisionswahrscheinlichkeit der Partikel. Die Par-
tikel werden bei der Berechnung der Kollisionsfrequenz als sphärisch angenommen.
Erst bei hohem Druck und starker Rußbildung ist die Annahme eines freien moleku-
laren Regimes nicht mehr gültig. Eine genaue Beschreibung der Koagulation muss
in diesem Fall den Übergangsbereich zwischen freier molekularer Bewegung und der
Bewegung als Kontinuum wiedergeben. Gleichzeitig bilden die Rußpartikel große
Aggregate aus, so dass die Annahme sphärischer Partikel ungültig wird. An dieser
Stelle ist weitere Forschung notwendig.
An den Aggregaten finden Oberflächenprozesse, die in drei Teilprozesse unterteilt
werden können:
dN
= Partikelbildung − Koagulation − Oxidation (3.39)
dt
dfv
= Partikelbildung + Kondensation +
dt (3.40)
Oberflächenwachstum − Oxidation
Obwohl viele Reaktionsschemata bereits so aufgebaut sind, dass sie nur die für die je-
weilige Anwendung wichtigsten Reaktionen enthalten, besteht durchaus die Möglich-
keit, die Zahl der zu lösenden Differentialgleichungen weiter zu reduzieren, ohne auf
wichtige Reaktionen oder Komponenten von vornherein zu verzichten. Eine dieser
Möglichkeiten besteht in der Annahme (und dem Nachweis) der Stationarität von
chemischen Komponenten, eine zweite in der Annahme chemischen Gleichgewichts.
Beide sollen in diesem Abschnitt dargestellt werden. Dazu soll (3.31) für r gleichzei-
tig ablaufende chemische Reaktion in der Form
r
X
L(Ci ) = νik wk (i = 1, 2, . . . , n) (3.41)
k=1
geschrieben werden. Hier ist die zeitliche Änderung dCi /dt durch den allgemeinen
Operator L(Ci ) ersetzt worden, so dass die nachfolgenden Betrachtungen auch auf
strömende Systeme angewandt werden können.
Stationarität von chemischen Komponenten
In vielen Fällen werden Zwischenprodukte, insbesondere Radikale, sobald sie gebildet
werden, durch nachfolgende Reaktionen sehr schnell wieder abgebaut. Dann bleiben
die Konzentrationen dieser Komponenten sehr klein. Für diese Komponenten kann
die Annahme der Stationarität gerechtfertigt sein. Stationarität einer chemischen
Komponente setzt also voraus, dass deren Bildungsreaktionen sehr viel langsamer
sind als deren Verbrauchsreaktionen. Man kann dies formal zeigen, indem man für
diese Komponente i eine Größenordnungsabschätzung der einzelnen Terme in (3.41)
durchführt. Ergibt sich, dass die linke Seite, also L(Ci ), für ein Zwischenprodukt i
vernachlässigbar klein gegenüber mindestens zwei Reaktionsgeschwindigkeiten auf
der rechten Seite ist, so ist die Annahme der Stationarität für diese Komponen-
te erfüllt. Wir haben bereits in Abschnitt 3.3 eine Stationaritätsannahme für den
Übergangskomplex (AB)∗ verwendet. Der Begriff Stationarität ist aus der Bedin-
gung dCi /dt für homogene Systeme abgeleitet, er soll aber generell für den Operator
L(Ci ) benutzt werden. Der formale Nachweis durch Betrachtung der Größenord-
nung der Reaktionsgeschwindigkeiten soll anhand des Zeldovich-Mechanismus für
die Komponente N◦ erläutert werden. Das Reaktionsschema
k
(N 1) O◦ + N2 →1 N◦ + NO
k
(N 2) N◦ + O2 →2 O◦ + NO,
bei dem die Rückwärtsreaktionen vernachlässigt wurden, führt für ein homogenes
System zu den Bilanzgleichungen für CNO und CN
dCNO
= k1 CO CN2 + k2 CN CO2 ,
dt
dCN (3.42)
= k1 CO CN2 − k2 CN CO2 .
dt
Wir setzen zunächst voraus, dass die Temperatur und damit k1 (T ) und k2 (T ) sowie
CO , CN2 und CO2 fest vorgegeben sind. Die Bilanzgleichungen werden dimensionslos
gemacht, indem man die Moldichten auf die Referenzwerte CNO,ref und CN,ref bezieht
CNO = cNO CNO,ref , CN = cN CN,ref ,
Vereinfachung von Reaktionsschemata 85
so dass cNO und cN von der Größenordnung O(1) sind. Dividiert man (3.42) durch
k1 CO CN2 und führt die dimensionslose Zeit
festgelegt. Man sieht, dass ǫ klein ist, wenn das Verhältnis k1 CO CN2 /(k2 CO2 ) klein
ist. Dies bedeutet, dass k1 langsam im Vergleich zu k2 ist. Für ǫ → 0 ergibt sich aus
(3.45) die Lösung cN = 1 und dcNO /dτ = 2 oder in dimensionsbehafteter Schreib-
weise
CN = CN,ref ,
dCNO (3.47)
= 2k1 CO CN2 .
dt
Setzt man in (3.47)2 für CO den Gleichgewichtswert ein, so ergibt sich die Beziehung
(3.38).
In diesem Beispiel ist CNO,ref als von der Größenordnung O(1) angenommen worden.
Durch seine Wahl wird sowohl ǫ als auch die dimensionslose Zeit festgelegt. Wenn
CNO klein ist, also z. B. unmittelbar zu Beginn des Reaktionsablaufes, ist die Sta-
tionaritätsannahme nicht gültig (vgl. Übung auf Seite 86). Im allgemeinen gilt, dass
diejenigen Konzentrationen, für die keine Stationaritätsannahme gilt, durch Diffe-
rentialgleichungen beschrieben werden, während für die stationären Komponenten
algebraische Gleichungen gelten.
In (3.45) tauchen zwei charakteristische Zeiten τ und τ ∗ = τ /ǫ auf. Für den Fall,
dass sich die Konzentrationen von O◦ , O2 und N2 sowie k1 und k2 mit der Zeit
verändern, dürfen diese Änderungen nur langsam, d. h. auf der Zeitskala τ erfolgen.
Bei schnelleren Änderungen dieser Größe wäre die Annahme der Stationarität von
N◦ nicht mehr gültig.
Das Beispiel zeigt, dass in einem für technische Verbrennungsprozesse interessie-
renden Bereich der NO-Konzentrationen nur der Geschwindgkeitskoeffizient k1 die
NO-Bildung bestimmt. Die Reaktion (N 1) ist der langsamste Schritt und daher ge-
schwindigkeitsbestimmend. Da das dabei gebildete N -Radikal sofort wieder ein wei-
teres NO bildet, entstehen beim Ablauf dieser Reaktion jeweils zwei NO-Moleküle.
Obwohl die Annahme der Stationarität einer Komponente letzten Endes nur durch
eine Größenordnungsabschätzung auf der Grundlage der Geschwindigkeitskoeffizien-
ten gerechtfertigt werden kann, ist es vielfach einfacher, sie à priori für solche Kom-
ponenten einzuführen, für die bekannt ist, dass ihre Konzentrationen im Verhältnis
86 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
2,0
ε = 0.2
1,5
cN ,
cNO
cNO
1,0
cN
0,5
0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1
τ
Bild 3.12:
Beispiel 3.5
Diskutieren Sie an Hand der Lösung von (3.45) für die Anfangsbedingugnen CNO (0) =
0, CN (0) = 0 die verschiedene Zeitskalen, die in der Lösung erscheinen.
Lösung
Die Integration von (3.45)2 ergibt
cN = 1 − exp(−τ /ǫ).
Es treten die beiden Zeitskalen τ und τ /ǫ getrennt auf. Man sieht, dass cN nur von
τ /ǫ abhängig ist und sich für τ /ǫ → ∞ sehr schnell dem stationären Wert cN = 1
nähert, während cNO sowohl von τ als auch von τ /ǫ abhängt. Für kleine τ ist cNO von
der Ordnung O(ǫ), also das dimensionsbehaftete CNO von der selben Größenordnung
wie CN . Danach ist CN konstant und CNO steigt linear mit τ . Dies ist in Bild 3.12
dargestellt.
Die Reduktion des H2 /O2 -Mechanismus
Es sollen nur die Reaktionen 1-8 aus Tabelle 3.1 betrachtet werden. Zunächst soll
angenommen werden, dass nur die Radikale OH◦ , O◦ und HO◦2 stationär sind. Die
Stationariät der Radikale OH◦ und O◦ ist gerechtfertigt, wenn sie von den diskutier-
ten Reaktionen 2, 3, 4 und 8 schneller abgebaut werden, als sie in der Reaktion 1
gebildet werden. In ähnlicher Weise folgt die Stationarität von HO◦2 aus der Bedin-
gung, dass die Bildungsreaktionen 5 langsamer ist als die Verbrauchsreaktionen 6,
7 und 8. Somit werden die Reaktionen 1 und 5 geschwindigkeitsbestimmend. Dann
Vereinfachung von Reaktionsschemata 87
L(CH ) = −w1 + w2 + w3 − w5 − w6 − w7
0 = L(COH ) = +w1 + w2 − w3 − 2w4 + 2w6 − w8
0 = L(CO ) = +w1 − w2 + w4
L(CH2 ) = −w2 − w3 + w7 (3.48)
L(CO2 ) = −w1 − w5 + w7 + w8
L(CH2 O ) = +w3 + w4 + w8
0 = L(CHO2 ) = +w5 − w6 − w7 − w8 .
Mit Hilfe der Stationaritätsannahmen für OH◦ , O◦ und HO◦2 kann man drei der
Reaktionsgeschwindigkeiten, nämlich w2 , w3 und w7 eliminieren. Dann ergeben sich
mittels Linearkombination die Bilanzgleichungen für die verbliebenen, nicht stati-
onären Komponenten H◦ , H2 , O2 und H2 O:
Hierin sind die Ausdrücke in den eckigen Klammern auf Grund der Stationaritäts-
annahme vernachlässigbar. Die verbleibenden Bilanzgleichungen können auch ge-
schrieben werden als
L(CH ) = +2 (w1 + w6 ) − 2 w5
L(CH2 ) = −3 (w1 + w6 ) + w5
(3.50)
L(CO2 ) = − (w1 + w6 )
L(CH2 O ) = +2 (w1 + w6 )
Durch Vergleich der stöchiometrischen Koeffizienten für H◦ sieht man, dass dies den
beiden Bruttoreaktionen
2
(kb1 COH + kf 2 CH2 + kb4 CH2 O )CO =kf 1 CH CO2 + kb2 COH CH + kf 4 COH (3.53)
(k6 CH + k7 CH k7 CH + k8 COH )CHO2 =k5 CH CO2 CH . (3.54)
L(CH ) = +2 (w1 − w7 − w8 )
L(CH2 ) = −3 (w1 − w7 − w8 ) − 2 w5
(3.57)
L(CO2 ) = − (w1 − w7 − w8 ) − w5
L(CH2 O ) = +2 (w1 − w7 − w8 ) + 2 w5
1 H◦ + O2 → OH◦ + O◦
2 O◦ + H2 → OH◦ + H◦
3 OH◦ + H2 → H2 O + H◦ |∗2
I O2 + 3H2 = 2H2 O + 2H◦ ,
so ergibt sich gerade die Bruttoreaktion I. Die Kombination, hier also die zweifache
Verwendung von Reaktion 3, muss so erfolgen, dass im Ergebnis keine stationären
Komponenten auftreten. In ähnlicher Weise ergibt sich für die zweite Teilkette aus
der Summe
5 H◦ + O2 + M → HO◦2 + M
7 H◦ + HO◦2 → H2 + O2
II H◦ + H◦ +M = H2 + M
also die Bruttoreaktion II. Für beide Teilketten sind die Ausgangsreaktionen 1 bzw.
5 geschwindigkeitsbestimmend. Daher treten w1 und w5 als wesentliche Anteile in
(3.51) auf.
Um (3.51) auf diese anschauliche Weise, also nicht durch die lineare Elimination
entsprechend (3.48) herzuleiten, muss noch der Einfluss derjenigen Reaktionen, die
nicht zur Hauptkette gehören, bestimmt werden. Diese sollen als Nebenreaktionen
bezeichnet werden. Es sind die Reaktionen 4, 6 und 8. In Abschnitt 3.6 ist bereits
erwähnt worden, dass Reaktion 4 von Reaktion 2 und 3 abhängt. Aus diesem Grund
tritt w4 in (3.50) nicht mehr auf. Hätte man w4 statt w2 in (3.50) eliminiert, so
hätte sich dieselbe Bruttoreaktion I ergeben, was man durch Addition von 1, 4b und
dreimal 3 leicht zeigen kann.
Für die Reaktion 6 zeigt der Vergleich mit derjenigen der Hauptkette, nämlich Reak-
tion 7, dass durch Subtraktion der 7 von 6 und anschließender Addition von zweimal
90 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
Wir wollen nun mit der Annahme der Stationarität des H◦ -Radikals den Vier-Schritt-
Mechanismus auf einen Drei-Schritt-Mechanismus reduzieren. Eliminiert man H◦ in
(3.58) durch Addition von IV zu I und III, so ergibt sich das Reaktionsschema
I′ CH4 + O2 = CO + H2 + H2 O
II ′ CO + H2 O = CO2 + H2 (3.63)
III ′ O2 + 2H2 = 2H2 O,
für die wiederum die Reaktionsgeschwindigkeit wI , wII und wIII gelten, während
CH nun aus der Stationaritätsbeziehung
1. das Verhältnis k5 CM /kf 1 wird größer als eins. Dies ist nach Bild 3.10 bei
niedriger Temperatur (< 1000 K) sowie höheren Drücken der Fall.
2. das Verhältnis kf 38 CCH4 /(kf CO2 ) wird größer als eins. Dies ist bei endlicher
Brennstoffkonzentration fast automatisch der Fall. Somit ist eine gleichzeitige
Anwesenheit von CH4 und H◦ -Radikalen nicht möglich. Da mit (3.60) chemi-
sches Gleichgewicht zwischen H◦ , OH◦ und O◦ angenommen wurde, gilt dies
auch für die anderen Radikale. Dies führt zu einem Einfrieren der Reaktions-
kinetik, da keine Radikale mehr vorhanden sind.
Beispiel 3.6
Geben Sie eine Beziehung für das O◦ -Radikal an, wenn es im Gleichgewicht mit O2 ,
H2 und H2 O steht.
Vereinfachung von Reaktionsschemata 93
Lösung
Mit dem Gleichgewicht der Reaktion 2 und 3
COH CH CH 2 O CH
KC2 = , KC3 =
CO CH2 eq COH CH2 eq
ergibt sich
2
1 COH CH 1 CH 2 O CH
COeq = = 2 KC3 .
KC2 CH 2 eq KC2 KC3 CH 2 eq
Setzt man hier CHeq aus (3.66) mit kIV aus (3.62) ein, so ergibt sich
CO 2 CH 2
COeq = KC1 KC3 .
CH2 O eq
94 Reaktionskinetik homogener Gasreaktionen
1f H◦ + O2 → OH◦ + O◦
5f H◦ + O2 + M′ → HO◦2 + M′
als Reaktant auftritt und seine Konzentration daher möglichst genau bekannt
werden muss.
Wir wollen den Fall betrachten, dass sich ein homogenes, explosionsfähiges Ge-
misch in einem geschlossenen Behälter befindet und langsam aufgeheizt wird, bis
ein Zustand erreicht ist, bei dem Selbstzündung einsetzt. Homogene Bedingungen
liegen vor, wenn zu Beginn der Verbrennung eine homogene Mischung sowie räum-
lich konstanter Druck, konstante Temperatur und Dichte herrscht, und dass keine
Strömungsvorgänge im System stattfinden. Es werden auch während der Verbren-
96 Verbrennung in homogenen Systemen
geschrieben wird9 , dass keine zeitliche Änderung der spezifischen inneren Energie
auftritt
du
= 0. (4.1)
dt
Die Konzentrationsgleichungen (3.31) können mit Ci = ρYi /Mi und wegen der kon-
stanten Dichte als
r
dYi X
ρ = Mi νik wk = ṁi (i = 1, 2, . . . , n) (4.2)
dt
k=i
geschrieben werden. Aus der Definition für die spezifische innere Energie des Gemi-
sches, (2.86)1 , folgt
X n Xn
du = ui dYi + Yi dui . (4.3)
i=1 i=1
Da konstantes Volumen vorausgesetzt ist, lässt sich der letzte Term mit der spezifi-
schen Wärmekapazität der Komponenten und einer gemittelten Wärmekapazität cv
wie folgt umschreiben
n
X n
X
Yi dui = Yi cvi dT = cv dT. (4.4)
i=1 i=1
9
Es soll durch die Schreibweise der Differentiale zwischen Zustandsgrößen und Nichtzustands-
größen unterschieden werden. Eine beliebige Zustandsgrößen ζ besitzt ein vollständiges Differential,
das mit dζ bezeichnet wird, und sie kann als Funktion von anderen Zustandsgrößen angegeben wer-
den, wie zum Beispiel als Funktion des Druckes p und der Enthalpie h: ζ = ζ(T, p). Es gilt dann in
diesem Beispiel für das vollständige Differential der Zustandsgröße ζ
∂ζ ∂ζ
dζ = dp + dh.
∂p h ∂h p
Bei der Prozessführung hängt der Wert einer Zustandsgröße nur vom eingestellten Zustandspunkt
ab, hier durch p und h gegeben, und nicht von dem Weg im Zustandsraum, auf dem man an diesen
Zustandspunkt gelangt ist.
Wärme und Volumenänderungsarbeit sind keine Zustandsgrößen, denn der Betrag an Wärme und
Arbeit, die bei einem Prozess ausgetauscht werden, hängt sicherlich von der Prozessführung ab. Die
Differentiale solcher Größen sollen deshalb zur Unterscheidung mit dem griechischen Buchstaben δ
bezeichnet werden
Explosionen in geschlossenen Systemen 97
Aus (4.1) bis (4.4) ergibt sich die Temperaturgleichung in der Form
n r n
dT X X X
ρcv =− ui Mi νik wk = − ui ṁi =
dt
i=1 k=1 i=1
r X
X n r
X
− ( Mi ui νik )wk = (−∆uk,m )wk . (4.5)
k=1 i=1 k=1
Die rechten Seiten dieser Gleichung beschreiben die Wärmefreisetzung auf Grund
der chemischen Reaktionen. Die Wärmefreisetzung kann einerseits als Summe über
das Produkt aus spezifischer innerer Energie und der Produktionsdichte der einzel-
nen Komponenten geschrieben werden, andererseits stellt sie sich als Summe aus
dem Produkt der freiwerdenden Reaktionsenergie (−∆uk,m) mit den Reaktionsge-
schwindigkeiten der einzelnen Reaktionen dar.
Mit Hilfe des Gleichungssystems (4.2) und (4.5) kann die homogene Verbrennung
bei konstantem Volumen vollständig beschrieben werden. Die chemischen und phy-
sikalischen Eigenschaften des Explosionsvorganges und die Frage, ob eine Explosion
überhaupt in Gang kommt, hängen jedoch entscheidend von der Gemischzusammen-
setzung und den Anfangsbedingungen ab. Es soll zunächst die Theorie der thermi-
schen Explosion behandelt werden. Danach sollen kinetische Voraussetzungen, die
zur Ausbildung von Explosionsgrenzen führen und denen in der klassischen Litera-
tur viel Aufmerksamkeit gewidmet worden ist, kurz beschrieben werden.
Beispiel 4.7
Zeigen Sie, dass sich die molare Reaktionsenergie ∆uk,m von der molaren Reakti-
onsenthalpie ∆hk,m nur um νks RT unterscheidet.
Lösung
Analog zur molaren Reaktionsenthalpie ist die molare Reaktionsenergie mit ui,m =
Mi ui durch
Xn
∆uk,m = νik ui,m
i=1
einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Diese Zeit wird als Zündverzugszeit be-
zeichnet.
Wir wollen annehmen, dass zwischen dem Brennstoff B und dem Sauerstoff O2 eine
einzige Bruttoreaktion
νB′ B + νO
′
2
O2 = Produkte
mit der Reaktionsgeschwindigkeit
ρYB ρYO2 E
w=B exp − (4.6)
MB MO2 RT
abläuft. Somit lauten die Gleichungen für die Massenbrüche
dYi
ρ = Mi νi w. (4.7)
dt
Die Temperaturgleichung hat die Form
dT
ρcv = (−∆um ) w. (4.8)
dt
Unter der Annahme, dass die molare Reaktionswärme (−∆um ) und die molare
Wärmekapazität cv als konstant angesehen werden können, kann man zwischen der
Temperatur und den Konzentrationen Kopplungsbeziehungen herleiten. Dividiert
man die Temperatur durch (−∆um )/cv und den Massenbruch durch νi Mi , so ergibt
sich für die Kopplungsvariablen cv T /(−∆um ) und Yi /νi Mi die Gleichung
d cv T d Yi
ρ =ρ = w. (4.9)
dt (−∆um ) dt νi Mi
Wir nehmen an, dass die neuen Variablen z und y von der Ordnung O(1) sind. Auf
Grund von (4.10) besteht die Beziehung
cv T0 νi Mi
yi = z.
(−∆um )
Der dimensionslose Störungsparameter ε soll aus der Problemstellung ermittelt wer-
den. Der Exponentialterm in der Temperaturgleichung lässt sich mit der Taylorent-
wicklung für kleine ε
1 1
= (1 − εz) (4.12)
T T0
wie folgt schreiben
E E E
exp − = exp − exp εz . (4.13)
RT RT0 RT0
Explosionen in geschlossenen Systemen 99
T/T0
0
0 1 t/t
i
Bild 4.1: Adiabate thermische Explosion, Näherungslösung (4.20) für hohe Aktivie-
rungsenergien
E
Brennstoff
[kcal/mol]
Wasserstoff H2 57
Methan CH4 29
Ethan C2 H6 49
Methylalkohol CH3 OH 41, 3
Ethylalkohol C2 H5 OH 42, 2
Kohlenmonoxid CO 78
iso-Octan C8 H18 32, 4
Kerosin − 46
definieren. Sie ist Parameter der Lösung von (4.16) geschrieben als
dz
= exp z, (4.18)
d(t/ti )
die sich zu
t
z = − ln 1 − , t < ti (4.19)
ti
ergibt. Der sich daraus ergebende Verlauf der Temperatur über der Zeit
T RT0 t
=1− ln 1 − , t/ti < 1 (4.20)
T0 E ti
ist in Bild 4.1 dimensionslos dargestellt.
Beispiel 4.8
Leiten Sie aus der Differentialgleichung (4.18) die Lösung (4.19) her.
Lösung
Durch Einführung der Variablen x = exp(−z) erhält man die lineare Differential-
gleichung
dx 1
=− ,
dt ti
die mit der Anfangsbedingung z = 0 bei t = 0 die Lösung
t
x=1−
ti
liefert. Die Rücktransformation führt dann zu (4.19).
Explosionen in geschlossenen Systemen 101
(−∆um)w, (−∆um)w
c)
h (T - T0)
h (T - T0) b)
a)
T0 T
Bild 4.2: Berücksichtigung von Wärmeverlusten in der Theorie der thermischen Ex-
plosionen. Beschreibung im Text.
Gleichung (4.19) zeigt, dass die Temperaturstörung z sehr stark anwächst, wenn sich
die Zeit dem Wert ti nähert. Somit ist ti die gesuchte Zündverzugszeit. Der Verlauf
der Temperatur ist in Bild 4.1 schematisch dargestellt. Die Lösung ist nur gültig,
solange T − T0 klein gegenüber T0 ist.
Durch Messung der Zündverzugszeit bei verschiedenen Anfangstemperaturen kann
die Aktivierungsenergie der angenommenen Bruttoreaktion auf der Grundlage von
(4.17) durch Aufzeichnung in einem Arrhenius-Diagramm bestimmt werden. Die
Steigung derartiger Verläufe von log ti oder ln ti über 1/T0 ist dann im allgemeinen
positiv (vergleiche (4.17)). Damit lassen sich E/R und B in dem Ansatz (4.6) be-
stimmen. Die Tabelle 4.1 zeigt für die Kohlenwasserstoffe Werte in der Nähe von
40 kcal/mol. Für H2 und CO liegen die Werte höher. Bei der Verwendung dieser
Daten muss man jedoch berücksichtigen, dass sie bei relativ niedrigen Tempera-
turen (um 1000 ◦ C) ermittelt wurden und zunächst nur die Verhältnisse bei der
Selbstzündung beschreiben. Dabei ist der Einfluss der Startreaktion entscheidend.
Bei der nachfolgenden Verbrennung können aufgrund der Kettenverzweigung andere,
insbesondere niedrige Werte für die Aktivierungsenergie einer postulierten Global-
reaktion charakteristisch sein.
In der Theorie der thermischen Explosion kann auch der Einfluss von Wärmeverlu-
sten berücksichtigt werden. Dazu wird in (4.8) ein volumetrischer Wärmeverlustterm
eingeführt
∂T
ρcv = (−∆um )w − h(T − T0 ), (4.21)
∂t
wobei h = ρcv /tq gesetzt werden kann, so dass die Zeit tq die charakteristische Zeit
des Wärmeverlustes ist. Dieser kann durch Wärmeübergang zu den Wänden erfol-
gen, wenn man annimmt, dass durch sehr schnelle Transportprozesse innerhalb des
Volumens wieder homogene Verhältnisse hergestellt werden. Ein anderer Mechanis-
mus für einen volumetrischen Wärmeverlust ist die Emission von Strahlung, dann
kann der letzte Term in (4.21) als linearisierter Strahlungsterm aufgefasst werden.
Die beiden Anteile auf der rechten Seite von (4.21) sind in Bild 4.2 schematisch
102 Verbrennung in homogenen Systemen
a) kein Schnittpunkt
b) ein Berührungspunkt
c) zwei Schnittpunkte.
Im Fall a) ist die durch chemische Reaktion erzeugte Wärme größer als der Wärme-
verlust. Es wird also wie im Fall ohne Wärmeverlust nach einer endlichen Induk-
tionszeit zu einer Explosion kommen. Im Fall c) wächst die Temperatur zunächst so
lange an, bis sie den Wert erreicht hat, der dem unteren Schnittpunkt entspricht.
Bei einer weiteren virtuellen Erhöhung der Temperatur würde der Wärmeverlust
überwiegen, so dass die Temperatur wieder sinkt. Würde man den Stoffverbrauch
vernachlässigen, läge dort eine stabile stationäre Lösung mit konstanter Temperatur
vor. Da der Brennstoff jedoch irgendwann einmal verbraucht ist, fällt die Reakti-
onsgeschwindigkeit und schließlich wegen des Wärmeverlustes auch die Temperatur
wieder ab. Es erfolgt also keine Explosion. Der obere Schnittpunkt dagegen ist insta-
bil. Ein Grenzfall ist für den Fall b) gegeben. Dabei kann der Wärmeverlust, jeden-
falls bei Vernachlässigung des Stoffverbrauchs, nie größer als die Wärmeentwicklung
durch chemische Reaktion werden. Die stationäre Lösung im Berührungspunkt der
beiden Kurven könnte sich daher erst nach unendlich langer Zeit einstellen. Dies
bedeutet aber auch, dass auch die Induktionszeit unendlich wird.
Führt man wiederum die asymptotische Entwicklung (4.10) ein, so ergibt sich statt
(4.18)
dz
= exp z − αz, α = ti /ti,q . (4.22)
d(t/ti )
Daraus kann formal die Induktionszeit ti,q bei Wärmeverlusten als Lösung des Inte-
grals
Z∞
ti,q dz
= (4.23)
ti exp z − αz
0
ermittelt werden.
Beispiel 4.9
Ermitteln Sie die Induktionszeit ti,q auf der Grundlage von (4.23) für einen Wert
von α, der geringfügig kleiner ist, als derjenige, der den Schnittpunkt im Fall b) in
Bild 4.2 ergibt.
Lösung
Im Fall b) gelten im Schnittpunkt der beiden Kurven für die stationäre Lösung die
beiden Beziehungen exp z = αz und d(exp z)/dz = d(αz)/dz. Daraus folgt z = 1
und α = e. In der Nähe dieses Punktes kann man für einen geringfügig kleineren
Wert von z und α schreiben
α = (1 − ε)e, z = 1 − εy,
Explosionen in geschlossenen Systemen 103
wobei ε wiederum einen kleinen Parameter darstellt. Eingesetzt in (4.23) ergibt sich
ti,q −∞
R −εdy
=lim 2 2
ti ε→0 1/ε e(1 − εy + ε y /2) − e(1 − ε)(1 − εy)
r Z +∞ s
1 2 dx 2
= 2
=π .
e ε 1+x e(e − α)
−∞
p
Hier ist x = y ε/2 verwendet worden. Das Verhältnis der Induktionszeiten steigt
daher in der Nähe von α = e sehr stark an und erreicht schließlich den Wert unend-
lich.
Während sich bei der Annahme einer einzigen exothermen Reaktion unter adia-
baten Bedingungen immer eine Explosion ergibt, sind die Verhältnisse bei realen
chemischen Reaktionsvorgängen komplizierter. Bild 4.3 zeigt die Explosionsgrenzen
für ein stöchiometrisches H2 /O2 -Gemisch als Funktion des Druckes und der Tem-
peratur nach [3.4]. Die dort abgebildete Kurve enthält drei Äste: Die untere, die
mittlere und die obere Explosionsgrenze. Die für diese Explosionsgrenzen jeweils
maßgeblichen Bedingungen sollen im folgenden diskutiert werden.
Wenn ursprünglich nur die stabilen Komponenten H2 und O2 vorhanden sind, müssen
zur Einleitung des Reaktionsprozesses zunächst Radikale gebildet werden. Dies ge-
schieht bei niedrigen Temperaturen am ehesten durch die Reaktion
H2 + O2 + M → H2 O2 + M
H2 O2 + M → OH◦ + OH◦ + M
zu OH◦ -Radikalen. Da der erste Schritt eine trimolekulare Reaktion mit einer Ak-
tivierungsenergie von etwa 212 kJ/mol darstellt, wird er durch höheren Druck und
höhere Temperatur beschleunigt. Bei niedrigen Drücken und niedrigen Temperatu-
ren ist die Produktion von Radikalen jedoch noch so gering, dass sie an den Wänden
des Reaktionsgefäßes rekombinieren bevor der Kettenverzweigungsvorgang eingelei-
tet ist. Erst wenn bei hinreichend hohen Drücken und Temperaturen die Radikal-
produktion die Verluste an den Wänden übersteigt, kommt es zur Explosion. Dies
erklärt die untere Explosionsgrenze in Bild 4.3. Sie hängt vom Oberflächen-Volumen-
Verhältnis des Gefäßes ab. Bei niedrigen Temperaturen erfolgt die Explosion erst bei
höherem Druck. Dies erklärt die negative Steigung dieses Astes der Explosionskurve.
Die mittlere Explosionsgrenze wird durch die Konkurrenz der Kettenverzweigungs-
reaktion
1 H◦ + O2 → OH◦ + O◦
p keine Explosion
[bar]
0,1
Explosion
0,01
keine Explosion
0,001
740 760 780 800 820 840 860 880
T [K]
erklärt, die bereits im Kapitel 3 diskutiert wurde. Die zweite Reaktion wirkt zusam-
men mit der Folgereaktion
H◦ + HO◦2 → H2 + O2
H2 + HO◦2 → H2 O2 + H◦
zusammen mit
H2 O2 + M → OH◦ + OH◦ + M
wieder zu einer Kettenverzweigung führen. Dadurch wird die obere Explosions-
grenze erklärt. Sie ist wiederum vom Oberflächen-Volumen-Verhältnis des Gefäßes
abhängig. Ausführliche Diskussionen finden sich in B. Lewis, G. von Elbe: Combu-
”
stion, flames and explosions of gases“, Academic Press, Orlando, 3. Auflage (1987).
1
c
κ=2
0,8 κ = 0,1
0,6
0,4
0,2 κ = 10
0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1
τ
Bild 4.4: Lösungen nach (4.29) für κ = 0, 1, κ = 2 und κ = 10
dYH
ρ = MH (2wI + w7b − w5 ). (4.26)
dt
Der Einfachheit halber wird angenommen, dass während der ersten Phase der Zündung
die Temperaturänderung niedrig ist und dass die Reaktanten H2 und O2 konstant
bleiben. Es werden folgende dimensionslosen Variablen eingeführt
YH k1 (T0 ) MH2
c = ,
YH2 ,0 k7b (T0 ) MH◦
τ = tk1 (T0 )ρ0 YO2 ,0 /MO2 , (4.27)
k5 (T0 )z5 p
κ = .
k1 (T0 )RT0
dc
= (2 − κ)c + 1 (4.28)
dτ
mit der Anfangsbedingung c = 0 für t = 0. Die Lösung ist
exp[(2 − κ)τ ] − 1
c= . (4.29)
2−κ
1000
100
ti 189 kJ/mol
[ms]
10
125,6 kJ/mol
1
1 bar
0.1
3,2 bar
13,5 bar
42,0 bar
0.01
100 bar
0.001
0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6
1000 / T [K-1]
Bild 4.5: Zündverzug von n-Heptan als Funktion von Temperatur und Druck. Ver-
gleich von Theorie und numerischen Rechnungen aus N. Peters, G. Paczko, R. Sciser,
K. Seshadri: Temperature Cross-Over and Non Thermal Runaway at Two-Stage
”
Ignition“, Combustion and Flame, 128, 38-59, (2002)
angegeben werden kann, ist eine Definition für eine Zündverzugszeit aus (4.29) nicht
ableitbar. Hier haben wir ein anfänglich exponentielles Wachstum der normierten
Konzentration für κ < 2 und den Übergang zu einer stationären Lösung für κ > 2.
Die Bedingungen κ = 2 definiert eine Cross-over-temperature“ Tc zwischen der
”
ersten und der fünften Reaktion
z5 p
2k1 (Tc ) = k5 (Tc ). (4.30)
RTc
Die Druckabhängigkeit von Tc wurde unter Anwendung von z5 = 0, 7 und den Re-
aktionsgeschwindigkeiten aus Tabelle 3.1 geschätzt und ist in Bild 4.3 als gestri-
chelte Linie dargestellt. Für p = 1 atm ist Tc nahe bei 1000 K. Unterhalb dieser
Temperatur dominiert die Kettenabbruchwirkung der Reaktion 5 im Vergleich zur
Kettenverzweigungswirkung der Reaktion 1.
Für ein homogenes, stöchiometrisches Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch bei 0, 1 bar
wurde die Zündverzugszeit mit Hilfe zweier Elementarmechanismen aus den ersten
17 Reaktionen bzw. den ersten 8 Reaktionen nach Tabelle 3.1 und mit Hilfe des
Drei-Schritt-Mechanismus aus den oben aufgeführten Schritten I, 5 und 7b nume-
risch berechnet. Sie sind für verschiedene Anfangstemperaturen in einem Arrhenius
Diagramm in Bild 4.6 dargestellt. Wir sehen, dass die Zündungsverzugszeit bei ab-
fallender Temperatur im Bereich von 1500 K bis ungefähr 800 K zunächst langsam
ansteigt. Dann bei 790 K, was der Cross-over-temperature“ Tc bei p = 0, 1 bar ent-
”
spricht, steigt sie stark zu sehr großen Werten an, wodurch eine Selbstzündung in
technischen Systemen praktisch unmöglich ist.
108 Verbrennung in homogenen Systemen
T [K]
1500 1100 900 790
104
p = 0,1 bar
ti
φ = 1,0
[ms]
102
1
17-Schritt
8-Schritt
3-Schritt
10-2
0,6 0,7 0,8 0,9 1 1,1 1,2 1,3 1,4
1000 / T0
[K-1]
Bild 4.6: Vergleich numerisch berechneter Zündverzugszeiten für zwei Elementar-
mechanismen aus den ersten 17 bzw. 8 Reaktionen nach Tabelle 3.1 und mit dem
vereinfachten Drei-Schritt-Mechanismus aus den Schritten I, 5 und 7b
Explosionen in geschlossenen Systemen 109
Abgesehen von Methan, das wegen seiner einfachen Molekülstruktur eine Ausnahme
bildet, können Kohlenwasserstoffe schon bei Temperaturen zwischen 300 − 400 ◦ C
mit Sauerstoff eine Kettenreaktion auslösen. Als Beispiel sind die Zündverzugszei-
ten von n-Heptan in Bild 4.5 als Funktoin der Temperatur und für verschiedene
Drücke dargestellt. Für höhere Kohlenwasserstoffe bildet sich ein Gebiet aus, das als
NTC-Bereich (negative temperature coefficient) bezeichent wird. Dort ist die Stei-
gung der Zündverzugszeit im Arrhenius-Diagramm nicht mehr positiv (siehe oben)
sondern negativ. Die dort erfolgende Zwei-Stufen-Zündung wird unten beschrieben.
Daneben zeigt Bild 4.5 die Niedertemperatur- und die Hochtemperaturzündung.
Selbstzündung bei relativ niedrigen Temperaturen ist beim Dieselmotor erwünscht.
Sie ist jedoch als Klopfen bei der ottomotorischen Verbrennung unerwünscht.
Die Niedertemperaturkinetik wird folgendermaßen erklärt:
Ausgehend von dem zu oxidierenden Kohlenwasserstoff RH (z.B. für n-Heptan mit
RH = C7 H16 ist R◦ = C7 H◦15 ) wird mit O2 nach der Reaktion
RH + O2 → R◦ + HO◦2
ein erstes Radikal R◦ gebildet. Wenn bereits HO◦2 - und OH◦ -Radikale vorhanden
sind, wird RH nach
RH + HO◦2 → R◦ + H2 O2
RH + OH◦ → R◦ + H2 O
abgebaut. Da diese Reaktionen sehr schnell sind, bleiben diese Radikale, solange
noch Brennstoff vorhanden ist, bei einer sehr niedrigen Konzentration, so dass eine
thermische Zündung nicht erfolgen kann. Das R◦ -Radikal reagiert im Niedertempe-
raturbereich mit einem weiteren Sauerstoffmolekül nach
R◦ + O2 → RO◦2
RO◦2 → R′ OOH◦
bilden kann. Dieses kann erneut mit O2 zum OOR′ OOH◦ reagieren
↽ OOR′ OOH◦ ,
R′ OOH◦ + O2 ⇀
das in einer 2. Isomerisation zum HOOR′′ OOH◦ wird. Es zerfällt jedoch infolge der
relativ niedrigen Bindungsenergie der O-O-Bindung (ca. 40 kcal/mol) unter Abgabe
von einem OH◦ -Radikal in einer monomolekularen Reaktion
Hochtemperatur-Pfad Niedertemperatur-Pfad
T > 900 K 400 K < T < 900 K
beginnt eine neue Kettenverzweigung. Diese baut den Brennstoff langsam ab.
Der NTC-Bereich ist durch eine Zwei-Stufen-Zündung gekennzeichnet, bei der in der
ersten Stufe die oben beschriebene Reaktionskette sehr schnell bis zum Ketohydro-
peroxid abläuft. Danach erfolgt eine langsame Phase, in der der Brennstoff abgebaut
wird.
Sobald der Brennstoff vollständig verbraucht ist, können sich OH◦ -Radikale ansam-
meln und eine Kettenverzweigung hervorrufen. Dies führt schließlich zu einer starken
Wärmeentwicklung und damit zur zweiten Stufe.
Bei höheren Temperaturen wird dieser Weg nicht beschritten, statt dessen zerfällt
das R◦ -Radikal in kleinere Bruchstücke, die anschließend oxidiert werden und eben-
falls zur Kettenverzweigung führen. Dies ist der Hochtemperaturpfad in Bild 4.7.
kugel eingeblasen und verlässt den Reaktor durch 60 Auslaßbohrungen. Durch die
hohe Eintrittsgeschwindigkeit ergibt sich eine sehr gute Durchmischung. Es wurden
globale Reaktionsgeschwindigkeiten von H2 und von verschiedenen Kohlenwasser-
stoffen gemessen. Das Grundkonzept des gut durchmischten Reaktors findet auch in
neueren, sogenannten Lagrangeschen Modellen zur Beschreibung reagierender tur-
bulenter Strömungen Anwendung. Dabei wird jedes Strömungselement auf seinem
Weg verfolgt und wie ein gut durchmischter Reaktor aufgefasst, der mit den an-
deren Reaktoren, das heißt den anderen Strömungselementen, in Austausch steht.
Vereinfachend werden die Temperatur und die Konzentrationen dieser Strömungs-
elemente durch einen Mittelwert ersetzt, der dem örtlich vorhandenen turbulenten
Mittelwert entspricht. Derartige Langrangesche Modelle können im Prinzip detail-
lierte chemische Reaktionen berücksichtigen, während sie den turbulenten Austausch
durch stark vereinfachte Modelle, zum Beispiel eine charakteristische Mischungszeit,
zu berücksichtigen versuchen. Dies bietet dann Vorteile, wenn die chemische Kinetik
und nicht die turbulente Mischung der bestimmende Mechanismus der Verbrennung
ist, was ist jedoch nur bei sehr wenigen technisch wichtigen Verbrennungsprozessen
der Fall ist.
Der Brennraum des Reaktors habe das Volumen V und enthalte die Gasmasse m.
Er soll mit dem Massenstrom ṁ durchströmt werden. In Bild 4.9 ist schematisch
ein Segment aus dem Reaktor von Longwell und Weiss gezeichnet. Für die folgenden
Überlegungen soll der Einfluss der Masse und der Wärmekapazität der Gaszuführung
und der Wände unberücksichtigt bleiben. In den Brennraum strömt der Massenstrom
ṁ mit der Temperatur Tu (Index u = unverbrannt) ein, dessen Zusammensetzung
112 Verbrennung in homogenen Systemen
V, m
. .
m Tb , Yi,b m
T = Tu
Yi = Yi,u
durch die Massenbrüche Yi,u gegeben ist. Dort nimmt es die Temperatur T und die
Massenbrüche Yi,b an, mit denen es als verbranntes Gemisch auch austritt (Index b =
verbrannt). Die zeitliche Änderung der Masse der Komponente i ergibt sich aus der
Differenz zwischen eintretendem und austretendem Massenstrom der Komponente i
und aus der Änderung durch die chemische Reaktion
dmi dmi
= (ṁu − ṁb )i + . (4.31)
dt dt chem
Die ein- und austretenden Massenströme sind proportional zu den jeweiligen Mas-
senbrüchen
(ṁu − ṁb )i = ṁ (Yi,u − Yi,b ) = ṁ (Yi,u − Yi ). (4.32)
Die Änderung der Masse der Komponente i durch chemische Reaktionen kann als
Produkt des Volumens V mit der chemischen Produktionsdichte als
dmi
= V ṁi (4.33)
dt chem
geschrieben werden. Führt man weiterhin für mi = Yi m ein, wobei vorausgesetzt
wird, dass sich die Masse m zeitlich nicht ändert, so lautet (4.31)
dYi
m = ṁ (Yi,u − Yi ) + V ṁi . (4.34)
dt
Der Reaktor soll als adiabat angenommen werden. Aufgrund des ersten Hauptsatzes
für den stationären Fließprozess ist daher bei Vernachlässigung der Änderungen von
kinetischer und potenzieller Energie die Enthalpie konstant. Aus
n
X n
X
dh = hi dYi + Yi dhi = 0 (4.35)
i=1 i=1
Im Folgenden soll wieder vereinfachend angenommen werden, dass eine einzige Brut-
toreaktion zwischen Brennstoff B und Sauerstoff O2
νB B + νO2 O2 = Produkte
abläuft. Es soll vereinfachend ein nur sehr mageres oder ein sehr fettes Gemisch
betrachtet werden. Dann wird die Reaktionsgeschwindigkeit durch diejenige Kom-
ponente bestimmt, die unterstöchiometrisch vorliegt, da diese vollständig verbraucht
wird. Dies ist für den Fall des mageren Gemisches der Brennstoff, für den des fetten
Gemisches Sauerstoff. Der Massenbruch dieser im Mangel vorliegenden Komponente
wird mit Y bezeichnet. Es soll angenommen werden, dass die Reaktionsgeschwin-
digkeit in Bezug auf diese Komponente von erster Ordnung ist
E
ṁi = νi Mi w = −BρY exp − , i = (B, O2 ), (4.39)
RT
wobei i = B und νB = −1 im Falle des mageren Gemisches bzw. i = O2 und
νO2 = −1 im Falle des fetten Gemisches festgelegt wird, der Index aber im folgenden
aber einfach weggelassen werden soll. Aus dem Verhältnis der Gasmasse im Reaktor
mit dem ein- und austretenden Massenstrom lässt sich als eine charakteristische Zeit
des Reaktors die Verweilzeit tv bilden,
m
tv = . (4.40)
ṁ
Dividiert man (4.34) und (4.37) durch m und berücksichtigt ρ = m/V , so folgen die
instationären Reaktorgleichungen
dY Yu − Y E
= − BY exp −
dt tv RT
(4.41)
dT Tu − T (−∆hm ) E
= + BY exp − .
dt tv cp M RT
Hierin ist M die Molmasse der im Mangel vorhandenen Komponente. Im Folgen-
den soll vereinfachend angenommen werden, dass die freiwerdende Reaktionswärme
(−∆hm ) und die Wärmekapazität bei konstantem Druck cp konstant sind. Es ist
zweckmäßig, dimensionslose Größen einzuführen und die Unbekannten Y und T auf
die Eintrittswerte zu beziehen. Die Zeit wird auf die Verweilzeit bezogen.
Y T t
Y∗ = , T∗ = , t∗ = ,
Yu Tu tv
(4.42)
tv tv E (−∆hm )Yu
Da = = , E∗ = , Q∗ = .
1/B tr RTu cp M Tu
Die Damköhler-Zahl Da stellt das Verhältnis aus der Verweilzeit zur charakteristi-
schen Reaktionszeit tr = 1/B dar. Sie ist ein bestimmender dimensionsloser Para-
meter des Problems. Daneben wurde die dimensionslose Aktivierungsenergie E ∗ und
114 Verbrennung in homogenen Systemen
Gleichung (4.45*) legt auch den Bereich fest, innerhalb dessen Ts variieren kann. Bei
vollständigem Umsatz verschwindet Ys , so dass sich als maximale Temperatur
Ys = 0 : Ts,max = Tb = 1 + Q
ergibt. Findet dagegen keinerlei Reaktion statt, so bleibt Ys = 1 und man erhält als
minimale Temperatur
Ys = 1 : Ts,min = Tu = 1.
Trägt man Ts über der Damköhler-Zahl Da mit der Aktivierungsenergie E als Pa-
rameter auf, so ergeben sich die in Bild 4.10 dargestellten Kurven.
Dabei wurde die dimensionslose Verbrennungswärme zu Q = 4 gewählt. Unabhängig
von der Aktivierungsenergie laufen alle Kurven für sehr große Damköhler-Zahlen auf
den Wert Ts,max , für sehr kleine Damköhler-Zahlen auf den Wert Ts,min . Für E = 2
ist der Verlauf monoton, während sich für E = 10 ein s-förmiger Verlauf und dabei
in einem bestimmten Damköhler-Zahlen-Bereich DaQ ≤ Da ≤ DaI drei stationäre
Lösungen ergeben. Dieser Verlauf soll zunächst diskutiert werden.
Auf der Kurve für E = 10 entspricht der obere Kurvenast, also der Verlauf zwischen
den Punkten Q und B, der gezündeten“ Lösung, das heißt innerhalb des Reaktors
”
findet ein beträchtlicher chemischer Umsatz statt. Dabei ist die Temperatur umso
größer, je größer die Damköhler-Zahl ist. Dieser Bereich wird nach unten durch den
Löschpunkt Q begrenzt: vermindert man, von rechts kommend, zum Beispiel durch
Reaktionsprozesse im gut durchgemischten Strömungsreaktor 115
5,0
Q=4 B
T 4,5
4,0
3,5
3,0
Q
2,5
E=2 E=5 E = 10
2,0
Q, I
1,5
U I
1,0
0 0,1 1 10 DaQ 100 DaI 1000
Da
Bild 4.10: Lösung der stationären Reaktorgleichungen für eine dimensionslose Ver-
brennungswärme Q und verschieden Aktivierungsenergien E
Erhöhung des Massenstroms ṁ die Damköhler-Zahl über DaQ hinaus, so fällt die
Temperatur, da der obere Kurvenast nicht mehr existiert, auf den unteren Ast. Dies
bedeutet, dass die chemische Reaktion verlöscht ist, die Temperatur im Reaktor ist
nahe der Eintrittstemperatur. Der untere Kurvenast zwischen den Punkten U und I
stellt die verlöschte“ Lösung dar. Erhöht man nun wiederum die Damköhler-Zahl,
”
zum Beispiel durch Verminderung des Massenstroms, so erhöht sich die Temperatur
auf dem unteren Kurvenast nur wenig, bis bei Da = DaI Selbstzündung eintritt.
Oberhalb von DaI existiert nur die gezündete“ Lösung, d.h. vom Punkt I steigt
”
die Temperatur innerhalb kurzer Zeit auf den oberen Ast. Bei dieser Selbstzündung
liefert die durch die langsam ablaufende Reaktion freiwerdende Wärme die Zünd-
energie. Dies entspricht physikalisch der in Abschnitt 4.1.2 behandelten thermischen
Explosion bei Berücksichtigung von Wärmeverlusten und dem dort diskutierten Fall
c).
Befindet man sich im Bereich der Damköhler-Zahlen DaQ ≤ Da ≤ DaI , so kann ein
Übergang vom unteren Kurvenast zum oberen auch durch Fremdzündung, z.B. bei
der Wärmezufuhr durch einen Zündfunken erreicht werden. Der Kurvenast zwischen
Q und I stellt eine instabile Lösung dar. Schon bei einer kleinen Störung würde ein
stationärer Zustand auf diesem Kurvenast in einen stabilen Zustand auf dem unte-
ren oder oberen Kurvenast übergehen. Dies wird in Abschnitt 4.2.4 nachgewiesen
werden.
Die Kurve für den Fall E = 5 stellt denjenigen Sonderfall dar, bei dem der Zünd-
punkt und der Löschpunkt zusammenfallen, wie im Folgenden Abschnitt gezeigt
wird. Die Kurve hat im Punkt Q, I eine senkrechte Tangente. Für E = 2 existiert
weder ein Zünd- noch ein Löschpunkt, sondern nur eine eindeutige Lösung für alle
Damköhler-Zahlen. In diesem Fall ist die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsge-
schwindigkeit sehr niedrig. Er tritt mitunter in chemischen Reaktoren auf, ist jedoch
116 Verbrennung in homogenen Systemen
Für den gewählten Parameter Q = 4 erhält man hieraus den Wert E = 5. Die Kurve
für E = 5 ist in Bild 4.10 eingezeichnet. Für kleinere Aktivierungsenergien ergeben
sich keine Zünd- und Löscherscheinungen, der Ausdruck unter der Wurzel in (4.54*)
ist in diesem Fall negativ.
Ein Kurvenverlauf mit drei Kurvenästen, der Zünd- und Löschpunkte aufweist, exi-
stiert somit nur für große Aktivierungsenergien
Beispiel 4.10
Formen Sie (4.55*) in eine dimensionsbehaftete Beziehung um, und berechnen Sie
für den Fall E/R = 20000 K und Tu = 1000 K die maximale Temperatur in einem
Reaktor, bei der keine Zünd- und Löscherscheinungen auftreten, der Verlauf von Ts
also monoton mit der Damköhler-Zahl ansteigt.
Lösung
Aus (4.55*) ergibt sich mit (4.42), wenn man mit (2.106) für Q = (Tb − Tu )/Tu
E Tb
=4
RTu Tb − Tu
einsetzt. Mit E/(RTu ) = 20 gemäß Aufgabenstellung bedeutet dies, dass Tb =
1, 25 Tu also Tb = 1250 K ist und damit zu dieser moderaten Temperaturerhöhung.
Solche Bedingungen werden bei besonderen Verbrennungskonzepten eingesetzt. Die
hohe Eintrittstemperatur kann durch Abgasrezirkulation erzielt werden. Die verdünn-
te Brennstoffkonzentration fḧrt dann zu dieser moderaten Temperaturerhöhung und
gleichzeitig werden Zünd- und Löschvorgänge vermieden. Das Konzept wird als
MILD-Combustion “ bezeichnet. Die geringen Spitzentemperaturen fḧren zu den
”
gewünschten sehr niedrigen NOx -Raten.
Die Zünd- und Löschtemperaturen sollen nun für den Grenzfall sehr großer Aktivie-
rungsenergien berechnet werden. Dazu dividiert man (4.54*) im Zähler und Nenner
durch E und entwickelt den Wurzelausdruck sowie den Nenner in einer Reihe für
große Aktivierungsenergien
p
1 − 4(1 + Q)/EQ ≈ 1 − 2(1 + Q)/EQ,
(1 + Q/E)−1 ≈ 1 − Q/E.
Setzt man dies ein und bricht wiederum nach dem ersten Glied ab, so erhält man
für die Zündtemperatur Ts,I in erster Näherung
Ts,I = 1 + 1/E. (4.57*)
In dimensionsbehafteter Schreibweise bedeutet dies
RTu
Ts,I = Tu (1 + ). (4.58)
E
Somit ist die Zündtemperatur um den sehr kleinen Betrag RTu /E größer als eins.
Setzt man zum Beispiel die Zahlenwerte aus vorstehendem Beispiel ein, so führt eine
Temperaturerhöhung um 5 % bereits zur Selbstzündung. Für die Löschtemperatur
Ts,Q ergibt sich
(1 + Q)2
Ts,Q = 1 + Q − (4.59*)
E
oder in dimensionsbehafteter Schreibweise
RTb
Ts,Q = Tb (1 − ). (4.60)
E
Die Löschtemperatur ist also auch nur um einen kleinen Betrag niedriger als die
Maximaltemperatur Tb . Für E/R = 20000 K und Tb = 2000 K würde bereits eine
Temperaturabsenkung um 200 K zum Verlöschen führen. Zwischen den Ergebnissen
(4.58) und (4.60) ist eine gewisse Symmetrie erkennbar.
118 Verbrennung in homogenen Systemen
Im folgenden soll die Stabilität der drei Kurvenäste in Bild 4.10 für E = 10 unter-
sucht werden. Dabei sollen die Grundgleichungen mit Hilfe der linearen Stabilitäts-
theorie analysiert werden.
Wie im stationären Fall ergibt sich bei der Multiplikation von (4.43*)1 mit Q und
Addition zu (4.43*)2 die Gleichung
d
(T + QY ) = (1 + Q) − (T + QY ). (4.61*)
dt
Zum Zeitpunkt t = 0 soll der Reaktor sich in einem stationären Zustand befinden.
Dies bedeutet, dass die Anfangsbedingung durch (4.45*) gegeben ist und hat zur
Folge, dass die triviale Lösung von (4.61*)
T + QY = 1 + Q (4.62*)
als Kopplungsbeziehung auch im instationären Fall gilt. Damit wird der Reaktor
beschrieben durch die Differentialgleichung
dT E
= 1 − T + Da (1 − T + Q) exp − = 1 − T + Da N (T ). (4.63*)
dt T
Es soll der stationären Lösung Ts bei t = 0 eine kleine Störung T ′ << Ts überla-
gert werden und der zeitliche Verlauf dieser Störung untersucht werden. Klingt die
Störung mit der Zeit ab, so ist die Lösung stabil, wächst sie jedoch an, so ist die
Lösung instabil. Der Ansatz
T = Ts + T ′ (t) (4.64*)
wird auch in (4.63*) eingeführt und für kleine T ′ linearisiert. In gleicher Weise wie
T wird auch der Ausdruck N (T ) entwickelt. Es ergibt sich
dT ′ dNs
= 1 − Ts − T ′ + Da Ns + T ′ , (4.65*)
dt dTs
und daraus mit der Gleichung für die stationäre Lösung (4.46*) die lineare Differen-
tialgleichung
dT ′ ′ dNs
= T −1 + Da . (4.66*)
dt dTs
Der Ausdruck in der Klammer auf der rechten Seite von (4.66*) soll als λ bezeichnet
werden. Er kann mit (4.19) bis (4.22) umgeformt werden zu
dNs dDa
λ = −1 + Da = −Ns (Ts ) . (4.67*)
dTs dTs
Die Lösung der linearisierten Gleichung (4.66*) ist
T ′ = T0′ exp(λt). (4.68*)
Dabei ist T0′ eine vorgegebene kleine Anfangsstörung. Aus der Lösung folgt, dass eine
Anfangsstörung abklingt, wenn λ kleiner als Null ist (stabile Lösung) und ansteigt,
wenn λ größer als Null ist (instabile Lösung). Da Ns immer positiv ist, ist aus (4.67*)
ersichtlich, dass für dDa/dTs < 0 λ in (4.67*) größer Null ist. Daraus folgt, dass der
Kurvenast zwischen den Punkten Q und I instabil ist. Andererseits ist der obere
und der untere Kurvenast wegen dDa/dTs > 0 stabil.
119
Grundlage für die Berechnung von Verbrennungsprozessen, die in der Gasphase ver-
laufen, insbesondere von laminaren und turbulenten Flammen, sind die Bilanzglei-
chungen der Kontinuumsmechanik. Dabei kommt naturgemäß den Bilanzgleichun-
gen für spezielle skalare Größen, das heißt die Temperatur und die Konzentrationen,
besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus ist aber auch die Impulsbilanz, aus der die
örtlichen Strömungsgeschwindigkeiten berechnet werden können, wichtig zur Be-
schreibung der Interaktion zwischen der Verbrennung und dem Strömungsfeld. Wir
werden in den Kapiteln 6 und 7 sehen, dass die Verbrennung in technisch wichtigen
Systemen oft in dünnen Schichten, den laminaren Flammenschichten, stattfindet und
werden untersuchen, wie das umgebende Strömungsfeld diese Flammenschicht beein-
flusst. Im offenen Strömungsfeld bewirkt die Flamme nur geringe Druckänderungen.
Die hohe Temperaturänderung in den Flammenschichten bewirkt aber eine starke
Expansion des Gases, die auf das Strömungsfeld zurückwirkt. Zur vollständigen Be-
schreibung dieser Wechselwirkung muss man daher von allen Bilanzgleichungen, und
zwar denen für die Masse, den Impuls, die Energie und die chemischen Komponenten
ausgehen. Diese sollen in diesem Kapitel abgeleitet werden.
Die dreidimensionalen differentiellen Bilanzgleichungen sollen hier für rechtwinklige,
kartesische Koordinaten in Tensor-Notation angegeben werden. Mit xα , α = 1, 2, 3
sollen die rechtwinkligen, kartesischen Koordinaten des Vektors ~r bezeichnet werden,
mit vα mit α = 1, 2, 3 die rechtwinkligen, kartesischen Komponenten des dreidimen-
sionalen Geschwindigkeitsvektors ~v . So ist lässt zum Beispiel das Skalarprodukt oder
innere Produkt zweier Vektoren in Komponentenschreibweise schreiben:
3
X
~v · w
~= vα wα . (5.1)
α=1
!
~v · w
~ = vα wα . (5.2)
~v w
~ = vα wβ , α, β = 1, 2, 3 (5.3)
einen Tensor und zwar einen Tensor zweiter Stufe dar, symbolisch dargestellt zum
~
Beispiel durch die Schreibweise T~ . Diese Produktbildung wird dyadisches Produkt
genannt.
Beispiel 5.11
Zwischen dem Skalarprodukt und dem dyadischen Produkt ist das Vektorprodukt
oder Kreuzprodukt angesiedelt. Bei diesem Produkt führt die Multiplikation zweier
Vektoren wieder auf einen Vektor. In Vektorschreibwiese lautet das Kreuzprodukt
~u × ~v = w.
~
120 Bilanzgleichungen chemisch reagierender Strömungen
Der neue Vektor w ~ steht senkrecht auf den Vektoren ~u und ~v und hat eine Länge,
die der Fläche des von diesen Vektoren aufgespannten Parallelogramms entspricht,
seine Richtung ist durch die Rechtsschraubenregel festgelegt. In Indexschreibweise
kann das Kreuzprodukt mit Hilfe des Levi-Civitaschen Tensors ǫαβγ , α, β, γ = 1, 2, 3
dargestellt werden. In rechtwinkligen, kartesischen Koordinaten lautet es dann
∗
wα = ǫαβγ uβ vγ , α = 1, 2, 3.
Mit Hilfe von (∗) und (∗∗) sind die rechtwinkligen, kartesischen Komponenten des
Vektors w
~ zu bestimmen.
Lösung
Die Schreibweise wα = ǫαβγ uβ vγ , α = 1, 2, 3 beinhaltet die Summenkonvention:
3 X
X 3
wα = ǫαβγ uβ vγ , α = 1, 2, 3.
β=1 γ=1
Mit der Definition des Levi-Civitaschen Tensors bleiben von den neun Summanden
fr jedes α nur jeweils zwei brig. Zum Beispiel fr die erste Komponente α = 1:
Der Vorteil der Tensor-Nototion des Kreuzproduktes kommt dann zum Tragen, wenn
mehrfache Kreuzprodukte auszuführen sind und Rechenregeln fr Produkte von meh-
reren Levi-Civitaschen Tensoren ausgenutzt werden. Mit dem Kronecker-Symbol
δαβ , α, β = 1, 2, 3, definiert durch
(
1 α = β,
δαβ =
0 sonst
Einen besonderen Vektor, der gleichzeitig auch Differentialoperator ist, stellt der
Gradientenvektor oder kurz Gradient grad dar. Zur Festlegung der Tensorordnung
einer Verknüpfungsoperation mit dem Gradienten wird dieser wie ein Vektor behan-
delt. Der Gradient eines Skalars a entspricht der Multiplikation eines Vektors mit
einer Zahl, ergibt also einen Vektor, und der Gradient eines Vektors ~a stellt wieder
ein dyadisches Produkt dar wie in (5.3) und erzeugt deshalb einen Tensor zweiter
Stufe
∂a
grad a = , α = 1, 2, 3
∂xα
∂aα (5.4)
grad ~a = , α, β = 1, 2, 3.
∂xβ
Demgegenüber ist die Divergenz eines Vektors definiert als das innere Produkt zwi-
schen dem Gradienten und einem Vektor, führt also wie in (5.2) auf einen Skalar.
Die Divergenz eines Tensors zweiter Stufe auf einen Vektor (Tensor 1. Stufe), da
über den doppelt auftretenden Index summiert wird
3
X ∂vα ∂vα
div ~v = =
α=1
∂xα ∂xα
3
(5.5)
~ X ∂Tαβ ∂Tαβ
div T~ = = , β = 1, 2, 3.
∂xα ∂xα
α=1
Neben der lokalen zeitlichen Ableitung ∂/∂t und der instantanen räumlichen Ablei-
tung ∂/∂xα , α = 1, 2, 3 einer Bilanzgröße A soll die substantielle Ableitung D/Dt
mit
DA ∂A ∂A
= + vα , (5.6)
Dt ∂t ∂xα
eingeführt werden, wobei für die Bilanzgröße A Skalare, Vektoren oder bei Bedarf
auch höhere Tensoren zugelassen sind. In (5.6) stellt der erste Term auf der rech-
ten Seite die lokale Änderung von A und der zweite Term die konvektive Änderung
von A dar, hervorgerufen durch die Konvektion von A mit der Geschwindigkeit
vα , α = 1, 2, 3 im Strömungsfeld. Die substantielle Ableitung D/Dt beschreibt
demnach die Änderung der Größe A, wie sie in einem mit der Strömung mitschwim-
mender Bilanzelement eintritt (Lagrangesche Betrachtungsweise).
In Bild 5.1 ist ein durchströmtes differentielles Volumenelement dV = dx1 dx2 dx3
dargestellt (Eulersche Betrachtungsweise). Die momentane Masse dm im Element
ist gegeben durch dm = ρdV = ρdx1 dx2 dx3 . Die Massenbilanz nach (2.23) besagt,
dass die zeitliche Änderung der Masse in diesem Volumenelement gleich der Dif-
ferenz aus ein- und ausströmenden Massenströmen sein muss. Der in x1 -Richtung
durch die Fläche dA1 = dx2 dx3 einströmende Massenstrom sei ṁ1 , der austretende
Massenstrom ṁ1 + ∂ ṁ1 /∂x1 dx1 mit ṁ1 = ρv1 dA1 = ρv1 dx2 dx3 . Das Produkt ρv1
stellt also den Massenfluss durch die Einheitsfläche senkrecht zur x1 -Koordinate dar,
kurz Massenflussdichte. Die Differenz zwischen ein- und austretendem Massenstrom
in x1 -Richtung ist
∂(ρv1 ) ∂(ρv1 )
ṁ1 − (ṁ1 + dx1 dA1 ) = − dx1 dx2 dx3 . (5.7)
∂x1 ∂x1
Die Massenbilanz am Volumenelement lautet daher, wenn man die Differenz der ein-
und austretenden Massenströme in alle drei Koordinatenrichtungen berücksichtigt
und durch dx1 dx2 dx3 dividiert
∂ρ ∂(ρv1 ) ∂(ρv2 ) ∂(ρv3 )
= −( + + ). (5.8)
∂t ∂x1 ∂x2 ∂x3
Mit der Summenkonvention lässt sich dies verkürzt schreiben
∂ρ ∂(ρvα )
=− . (5.9)
∂t ∂xα
Dies ist die Kontinuitätsgleichung der Strömungsmechanik.
Unter Berücksichtigung der Kontinuitätsgleichung lässt sich für die substantiellen
Ableitung (5.6) eine alternative Darstellung angeben. Multipliziert man beide Seiten
von (5.6) mit der Dichte ρ und addiert die mit A multiplizierte Kontinuitätsgleichung
(5.9), so erhält man die Beziehung
DA ∂(ρA) ∂(ρvα A)
ρ = + . (5.10)
Dt ∂t ∂xα
Diese Darstellung der substantiellen Ableitung wird konservative Formulierung ge-
nannt. Die besondere Bedeutung dieser Formulierung liegt in der Tatsache, dass
in der Physik unter entsprechenden Bedingungen für viele Größen Erhaltungssätze
formuliert werden können. Für solche konservative Größen sind dann die Differen-
tiale in (5.10) wohl definiert, obwohl sprunghafte Änderungen von ρ und A sowie
vα , α = 1, 2, 3 entlang der Bahnlinien im Strömungsfeld zugelassen sind, also die
Stetigkeitsbedingungen der Mathematik für die Differentiation in (5.6) verletzt sind.
Ein Beispiel sind Verdichtungsstöße in reibungsfreier Strömung. Beim Durchtritt der
Fluidteilchen durch einen Verdichtungsstoß ändern sich Dichte, Geschwindigkeit,
Druck, Temperatur etc. sprunghaft. Es gelten aber Erhaltungssätze für die Mas-
se, den Impuls und die Energie. Entsprechend ist die Kontinuitätsgleichung (5.9)
automatisch in Erhaltungsform mit A ≡ 1.
Die zeitliche Änderung der Impulsdichte ρvα , α = 1, 2, 3 erfolgt auf Grund ein-
und austretender Impulsflüsse und auf Grund äußerer Kräfte auf die Oberfläche
Bilanz des Impulses 123
dA2=dx1 dx3
P13
P11
x2
P12 P21 P23
x3 x1 dA1=dx2 dx3
P22
dx1
Dabei soll über die eingeklammerten Indizes nicht summiert werden. Für Verbren-
nungsprozesse ist als Massenkraft in erster Linie die Gewichtskraft hervorgerufen
durch die Schwerebeschleunigung gα , α = 1, 2, 3 von Bedeutung. Nur diese soll
hier betrachtet werden. Bezogen auf das Volumen ergibt sich für die Massenkraft
ρgα , α = 1, 2, 3. Setzt man diese drei Anteile zur Impulsgleichung zusammen, so
lautet diese
∂(ρvβ ) ∂
=− (ρvα vβ + Pαβ ) + ρgβ , β = 1, 2, 3. (5.11)
∂t ∂xα
Der Kraftdichtetensor wird mit dem Kronecker-Symbol δαβ , α, β = 1, 2, 3, welches
durch δαβ = 1 für α = β und δαβ = 0 für α 6= β definiert ist, in den Drucktensor
p δαβ , α, β = 1, 2, 3 und den viskosen Spannungstensor ταβ , α, β = 1, 2, 3 aufge-
spalten werden
Pαβ = p δαβ − ταβ , α, β = 1, 2, 3. (5.12)
Damit schreibt sich die Impulsgleichung
5.3 Energiebilanz
Zur Herleitung der Bilanzgleichung für die Energie sollen zunächst die Anteile der
mechanischen Energien betrachtet werden. Wir beschränken uns dabei auf konser-
vative Kräfte denen deshalb ein Potenzial zugeordnet werden kann. Zusätzlich sollen
diese Kräfte zeitunabhängig sein. Aus der Bilanz für die Gesamtenergie ergibt sich
dann durch Subtraktion kinetischer und potenzieller Energien diejenige für die in-
nere Energie.
Die Bilanzgleichung der Dichte der kinetischen Energie ρv 2 /2 erhält man, indem man
(5.11) mit dem Geschwindigkeitsvektor skalar multipliziert und die Kontinuitätsglei-
chung verwendet
∂(ρv 2 /2) ∂ 1 ∂vβ
=− (Pαβ vβ + ρvα v 2 ) + Pαβ + ρgβ vβ . (5.14)
∂t ∂xα 2 ∂xα
Dabei stellt der Term unter dem Divergenzzeichen die Bilanz de Flussdichte der me-
chanischer Energien durch das differentielle Bilanzvolumen dar. Der nächste Term
beinhaltet den Beitrag äußerer Oberflächenkräfte an der Bilanz der kinetischen Ener-
gie. Stellvertretend für Volumenkräfte ist im letzten Term die am Element angreifen-
de Gewichtskraft im Schwerefeld der Erde berücksichtigt, durch die ein Austausch
zwischen kinetischer und potenzielle Energien stattfindet. Wir werden diesen Term
mit umgekehrtem Vorzeichen in der Bilanz der potenziellen Energie vorfinden.
Wir beschränken uns auf zeitunabhängige, konservative Volumenkräfte, die aus ei-
nem Potential ψ abgeleitet werden können. Dabei soll der Einfachheit halber wieder
nur die Schwerkraft berücksichtigt werden,
∂ψ ∂ψ
= 0 , gα = − , α = 1, 2, 3. (5.15)
∂t ∂xα
Multipliziert man (5.9) mit ψ, so ergibt sich mit (5.15) die Bilanzgleichung für die
potenzielle Energie pro Volumen ρψ
∂ρψ ∂ρvα ψ
=− − ρvα gα . (5.16)
∂t ∂xα
Hierin ist ρvα ψ , α = 1, 2, 3 die Flussdichte der potenziellen Energie.
5.3.3 Bilanz der Gesamtenergie, der Inneren Energie und der Enthalpie
Nach dem Prinzip der Erhaltung der Energie (vergleiche (2.59)) kann sich die Gesam-
tenergie in einem beliebigen durchströmten Volumen nur durch einen Energiefluss
über die Berandung, nicht aber durch Energieproduktion innerhalb des Volumens
verändern. Der Fluss über die Berandung enthält konvektiv mitgeführte innerer
Energie, mechanische Arbeiten und Wärmleitung sowie den Fluss durch Fernwir-
kung, indem Wärme durch Strahlung dem Volumenelement zugeführt wird. Die
Bilanz der Gesamtenergie, der Inneren Energie und der Enthalpie 125
spezifische Gesamtenergie besteht aus der Summe aus innerer, kinetischer und po-
tenzieller Energie
1
e = u + v 2 + ψ. (5.17)
2
Nach dem Vorgenannten ändert sich die Energiedichte ρe in einem raumfesten Vo-
lumenelement auf Grund der Flussdichte φα , α = 1, 2, 3 über die Grenzen des
Volumenelements und durch Fernwirkung
∂ρe ∂φα
=− + q̇S . (5.18)
∂t ∂xα
In dieser Gleichung schließt die Energieflussdichte φα , α = 1, 2, 3 eine Flussdichte
der Gesamtenergie ρvα e , α = 1, 2, 3 über die Systemgrenze ein, der sich zusammen-
setzt aus, aus innerer Energie, kinetischer ud potenzieller Energie. Ferner enthält er
die Flussdichte der am System geleisteten Arbeit pro Zeiteinheit Pαβ vβ , α = 1, 2, 3
und die Flussdichte durch Wärmeleitung jqα , α = 1, 2, 3:
Mit q̇S wird die Energiezufuhr aus der Umgebung pro Zeit und Volumeneinheit
erfasst, die durch Strahlungaustausch zustande kommt.
Wenn wir wiederum die Summe der Bilanzgleichungen für die kinetische und poten-
zielle Energie von (5.18) abziehen, so ergibt sich mit (5.17) die Bilanzgleichung der
Energiedichte der inneren Energie
∂ρu ∂ ∂vβ
=− (ρvα u + jqα ) − Pαβ + q̇S (5.20)
∂t ∂xα ∂xα
oder in substantieller Form und mit Hilfe von (5.10) und (5.12)
Dρ ∂vα Dv ∂vα
= −ρ , ρ = . (5.22)
Dt ∂xα Dt ∂xα
Setzt man dies in den zweiten Term auf der rechten Seite in (5.21) ein, so ergibt sich
(5.21) nach Division durch ρ
Du Dv ∂vβ ∂jqα
= − p + v ταβ −v + v q̇S . (5.23)
Dt
| {z } Dt}
| {z ∂xα ∂xα
| {z } | {z }
du δw V =−pdv δw R δq
Vergleicht man diese Form10 mit der differentiellen Form von (2.75), so kann man
die substantiellen Änderungen auf der linken Seite und auf der rechten als diffe-
rentielle Änderung der spezifischen inneren Energie und als differentielle spezifische
Volumenänderungsarbeit eines in der Strömung mitschwimmenden geschlossenen
Bilanzsystems identifizieren. Die anderen Terme auf der rechten Seite stellen die
126 Bilanzgleichungen chemisch reagierender Strömungen
spezifische Arbeit der Reibungskräfte und die spezifische Wärmezufuhr über die
Systemgrenzen des betrachteten Volumenelementes dar.
Mit Hilfe der Beziehung h = u+pv lässt sich aus (5.21) weiterhin die Bilanzgleichung
für die Enthalpie h herleiten
Dh Dp ∂vβ ∂jqα
ρ = + ταβ − + q̇S , (5.24)
Dt Dt ∂xα ∂xα
die in ähnlicher Weise mit der differentiellen Form von (2.79) und (2.81) verglichen
werden kann. Diese Form ist für stationäre Verbrennungsvorgänge in offenen Syste-
men von besonderem Interesse, da dort vielfach der Druck als konstant angesehen
werden kann. Dann entfällt der erste Term auf der rechten Seite.
Schließlich soll die Bilanzgleichung für die innere Energie an einer Begrenzungsfläche
betrachtet werden. Dazu wird ähnlich wie bei der Herleitung von (5.20), die Differenz
der in die Fläche ein- und austretenden Flüsse betrachtet (siehe Bild 5.3). Dort
entfällt wegen des mechanischen Gleichgewichts der Spannungsterm. Weiterhin wird
angenommen, dass die Grenzfläche keine Energie speichern kann. Dann ergibt sich
Wir betrachten zunächst die Bilanz der die Partialdichte ρi der i-ten Komponente.
Die Flussdichte der i-ten Komponente ist durch ρviα , α = 1, 2, 3 gegeben, wenn
10
bzgl. der Schreibweise der Differential unter den geschweiften Klammern siehe Fußnote auf Seite
96
Bilanz der Partialmassen 127
Die zeitliche Änderung der Partialmasse pro Volumeneinheit resultiert aus den ein-
und ausfließenden Partialmassenströmen über die Grenze des Bilanzraumes sowie
aus der durch chemische Reaktionen im Volumenelement gebildeten Partialmasse,
beschrieben durch die Produktionsdichte. Die Produktionsdichte ṁi der i-ten Kom-
ponente wurde bereits in (3.33) eingeführt. Damit lauten die Bilanzgleichungen für
die Partialmassen analog zur Kontinuitätsgleichung in Komponentenschreibweise
∂ρi ∂ρi viα
=− + ṁi . (5.27)
∂t ∂xα
Die Geschwindigkeit der i-ten Komponente lässt sich auffassen als vektorielle Über-
lagerung von der mittleren Geschwindigkeit vα , α = 1, 2, 3 und einer dazu relativen
Diffusionsgeschwindigkeit jiα /ρi , α = 1, 2, 3
jiα
viα = vα + , α = 1, 2, 3. (5.28)
ρi
Dabei wird jiα , α = 1, 2, 3 als Diffusionsstrom bezeichnet. Die Bilanzgleichung für
ρi lautet somit
∂ρi ∂
=− (vα ρi + jiα ) + ṁi , (i = 1, 2, . . . , n) (5.29)
∂t ∂xα
Aus (5.26) und (5.28) folgt, dass die Summe der Diffusionsströme verschwindet,
n
X
jiα = 0 , α = 1, 2, 3 (5.30)
i=1
Die Summation über die Komponenten führt mit (3.34) und (5.26) wieder zur Er-
haltungsgleichung für die Gesamtmasse
∂ρ ∂ρvα
=− . (5.31)
∂t ∂xα
Führt man ρi = ρYi und (5.28) in (5.27) ein, so kann man eine Gleichung für den
Massenbruch Yi herleiten
∂ρYi ∂
=− (ρvα Yi + jiα ) + ṁi , (i = 1, 2, . . . , n). (5.36)
∂t ∂xα
Für die Bilanz an der Begrenzungsfläche gilt dann
−ρvα nα (Yi+ − Yi− ) = (jiα
+ −
− jiα )nα + ṁi,a = 0 , (i = 1, 2, . . . , n). (5.37)
Der Diffusionsstrom setzt sich im wesentlichen aus zwei Anteilen zusammen, der
Fickschen oder Massendiffusion und der Thermodiffusion oder Soret-Effekt. Dane-
ben gibt es die Druckdiffusion und die Diffusion aufgrund äußerer Felder. Diese
Anteile können für Verbrennungsprobleme im allgemienen vernachlässigt werden. In
Mehrkomponenten-Gemischen ist der Diffusionsstrom daher gegeben durch
n
Mi X ∂Xj D T ∂T
jiα = 2 ρDij Mj − i , α = 1, 2, 3. (5.40)
M i=1 ∂xα T ∂xα
i6=j
Dabei sind die Dij polynäre Diffusionskoeffizienten und DiT der polynäre Thermo-
diffusionskoeffizient. Für ein binäres Gemisch (n = 2) vereinfacht sich der Anteil für
die Massendiffusion zu
∂Yi
jiα = −ρDij , α = 1, 2, 3. (5.41)
∂xα
Dabei ist Dij = Dji der binäre Diffusionskoeffizient.
Für Mehrkomponentengemische, bei denen eine Komponente, zum Beispiel N2 über-
wiegt, kann man ebenfalls einen binären Ansatz näherungsweise für die Diffusions-
koeffizienten der reagierenden verwenden
∂Yi
jiα = −ρDi , α = 1, 2, 3 (5.42)
∂xα
Dabei kann der effektive Diffusionskoeffizient durch die Formel
Xn
Xi
i=1
Di = − n (5.43)
X
Xi /Dij
i=1
i6=j
berechnet werden. Die Verwendung dieses Ansatzes erfüllt jedoch nicht die Bedin-
gung (5.30).
umgeformt werden zu
n
λ ∂h X λ ∂Yi
jqα =− + (jiα + ) hi , α = 1, 2, 3. (5.46)
cp ∂xα cp ∂xα
i=1
Eine weitere Vereinfachung besteht darin, dass man für den Diffusionsstrom den
Fickschen Ansatz
∂Yi
jiα = −ρD , α = 1, 2, 3 , (i = 1, 2, . . . , n) (5.48)
∂xα
mit einem für alle Komponenten gleichen Diffusionskoeffizienten D annimmt. Dann
ist der dritte Term auf der rechten Seite von (5.47)
n n
∂ X λ ∂ X λ ∂Yi
( (jiα + )hi ) = ( hi ( − 1)ρD ). (5.49)
∂xα cp ∂xα ρDcp ∂xα
i=1 i=1
Damit geht (5.24) mit (5.44) bei Vernachlässigung der molekularen Reibung und des
Dufour-Effektes über in
n n
DT Dp ∂ ∂T X ∂T X
ρcp = + (λ )− cpi jiα − hi ṁi + q̇S . (5.53)
Dt Dt ∂xα ∂xα ∂xα
i=1 i=1
Der vorletzte Term auf der rechten Seite beschreibt die Temperaturänderung durch
die Wärmeentwicklung der chemischen Reaktionen. Er kann auch in der Form
n
X r X
X n r
X
− hi ṁi = − νik Mi hi wk = (−∆hk,m )wk (5.54)
i=1 k=1 i=1 k=1
geschrieben werden. Diese Form zeigt, dass die Wärmeentwicklung gleich der Summe
der bei den einzelnen Reaktionen freigesetzten Reaktionsenthalpie ist.
Eine vielfach benutzte Vereinfachung der Temperaturgleichung (5.53) besteht in der
Vernachlässigung des dritten Terms auf der rechten Seite. Dieser Term verschwindet
formal, wenn man eine für alle Komponenten gleiche Wärmekapazität
cpi = cp (5.55)
annimmt. Obwohl diese Annahme physikalisch nicht begründet werden kann, ist
eine Vernachlässigung dieses Terms vielfach deshalb gerechtfertigt, weil er klein ge-
genüber dem Reaktionsterm ist.
6 Laminare Vormischflammen
Zündet man das aus einem Bunsenbrenner laminar austretende Gemisch in eini-
gem Abstand stromab von der Austrittsdüse, so bewegt sich ausgehend vom Zünd-
funken eine Flammenfront der Strömung entgegen, bis sie sich über der Mündung
des Brenners in Form des sogenannten Bunsenkegels stabilisiert. Es stellt sich ein
stationärer Zustand ein, der dadurch bestimmt ist, dass lokal die zur Flammen-
front normale Komponente der Geschwindigkeit der Anströmung gleich der Aus-
breitungsgeschwindigkeit der Flammenfront, der Brenngeschwindigkeit, ist. Die la-
minare Brenngeschwindigkeit sL,u ist diejenige Geschwindigkeit, mit welcher sich
eine Flamme in der Richtung normal zur Front relativ zum unverbrannten Gemisch,
Index u, ausbreitet.12
Mit Hilfe des Bunsenbrenners lässt sich die örtliche Brenngeschwindigkeit experi-
mentell bestimmen, indem man die Strömungsgeschwindigkeit, mit der das Gemisch
am Brenner austritt, und den Winkel α der Flammenfront zur Brennerachse misst.
Hier soll angenommen werden, dass es sich um eine laminare Strömung handelt.
Liegt im mittleren Bereich der Brenneröffnung eine über den Radius konstante Ge-
12
Vielfach wird statt der Brenngeschwindigkeit auch der Begriff Flammengeschwindigkeit ver-
wendet. Um Verwechslungen mit der Flammenfrontgeschwindigkeit zu vermeiden (die manchmal
ebenfalls als Flammengeschwindigkeit bezeichnet wird) soll für die Ausbreitungsgeschwindigkeit
relativ zum Gemisch im folgenden nur der Begriff Brenngeschwindigkeit benutzt werden.
Kinematik der Flammenausbreitung 133
Bunsenkegel Stromlinie
Homogenisierung Bunsenrohr
Vormischung
Luft Luft
Brennstoffdüse
Nadel
Brennstoff
vt,b=vt,u
verbrannt
vb
vn,b
unverbrannt
sL,u
vn,u Flammenfront
vu
vt,u
vu
Bild 6.2: Kinematik an einer gegenüber der Strömung schräg verlaufenden stati-
onären Flammenfront
134 Laminare Vormischflammen
schwindigkeit vor (dies kann durch eine geeignete Konstruktion des Brenners mit
guter Genauigkeit erreicht werden), so ergibt sich eine kegelförmige Flammenfront.
Dabei ist α der halbe Öffnungswinkel des Bunsenkegels. Man zerlegt nun die axiale
Geschwindigkeit vu in einen zur Flammenfront tangentialen Anteil vt,u und einen da-
zu normalen Anteil vn,u , wobei vn,u = vu sin α ist, (siehe Bild 6.2). Da es sich um ein
stationäres System handelt soll, so stellt die Normalkomponente vn,u die Geschwin-
digkeit dar, mit der das unverbrannte Gemisch in die Flammenfront hineinströmt,
und sie ist gleichzeitig nach Definition entgegengesetzt gleich der Brenngeschwindig-
keit
sL,u = vn,u = vu sin α. (6.1)
Diese Beziehung gilt natürlich auch für räumlich inhomogene stationäre Strömungs-
felder mit im allgemeinen gekrümmter Flammenfront, wenn (6.1) lokal aufgefasst
wird. Unter der Bedingung, dass die Strömungsgeschwindigkeit vu über dem Düsen-
querschnitt konstant ist, stellt sich am Bunsenbrenner ein konstanter Winkel α ein.
Ist diese Annahme nicht erfüllt, variiert der Brennwinkel über den radialen Abstand
passend zur lokalen Geschwindigkeit, da die Brenngeschwindigkeit sL,u selbst im
Wesentlichen konstant ist. Dies ist dann der Fall, wenn Krümmungseinflüsse auf
den Wert der Brenngeschwindigkeit vernachlässigt werden können.
Über die Flammenfront erhöht sich die Temperatur stark. Da aber gleichzeitig der
Druck nahezu konstant bleibt, muss die Dichte stark abnehmen. Aus der Konti-
nuitätsbedingung normal zur Flammenfront
ergibt sich daher sofort, dass beim Durchtritt durch die Flammenfront der zur
Flammenfront senkrechte Anteil vn,b im Verbrannten, Index b, im Vergleich zum
Unverbrannten stark vergrößert wird. Demgegenüber bleibt der tangentiale Anteil
unverändert,
vt,u = vt,b , (6.3)
wie sich aus einer Impulsbilanz in tangentialer Richtung ableiten lässt. Daraus ergibt
sich die in Bild 6.2 gezeigte Umlenkung der Stromlinien.
Die örtliche Brenngeschwindigkeit ist im allgemeinen von den jeweils vorliegenden
Verhältnissen abhängig, von der Temperatur und der Gemischzusammensetzung im
Unverbrannten, von der Form der Flammenfront, insbesondere deren Krümmung,
und von der Form des Strömungsfeldes. Zum Beispiel muss an der Spitze des Bun-
senkegels auf der Symmetrieachse die Brenngeschwindigkeit gleich der Geschwin-
digkeit vu sein, da diese hier die Normalgeschwindigkeit ist, während die Tan-
gentialgeschwindigkeit Null ist. Die Flammengeschwindigkeit an der Spitze ist al-
so um den Faktor 1/ sin α größer als an den Flanken. Dies hängt mit der star-
ken Krümmung der Flammenfront im Bereich der Spitze und der daraus folgenden
stärkeren Vorwärmung des Gases zusammen. Das anströmende unverbrannte Ge-
misch wird hier nicht nur durch die Wärmeleitung senkrecht zur Flammenfront,
sondern auch von den seitlichen Flanken vorgewärmt.
Um einen charakteristischen Zahlenwert für die Brenngeschwindigkeit zu erhalten,
muss man das Strömungsfeld und die Flammenkontur eindeutig und möglichst ein-
fach festlegen. Es bietet sich eine ebene Flammenfront in einer eindimensionalen, zur
Flammenfront senkrechten Strömung an. Dieser Fall würde sich ergeben, wenn man
bei einem Bunsenbrenner die Anströmgeschwindigkeit vu solange verringert, dass
Kinematik der Flammenausbreitung 135
sich der Winkel α = 90◦ einstellt. Eine derartige Flammenfront ist aber im allgemei-
nen instabil. Nur wenn die Flammengeschwindigkeit sehr niedrig ist sl,u < 10 cm/s,
ist der Einfluss der Schwerkraft stark genug, um die Flammenfront zu stabilisieren.
Eine andere im Prinzip genauere Methode zur Messung der Brenngeschwindigkeit
besteht darin, in einer Verbrennungsbombe relativ großen Volumens durch zentrale
Zündung eine sich kugelsymmetrisch ausbreitende Flammenfront zu erzeugen und
die radiale Ausbreitungsgeschwindigkeit zu messen (siehe Bild 6.3). Diese Flammen-
frontgeschwindigkeit steht mit der Brenngeschwindigkeit in einem einfachen Zusam-
menhang, wenn die Druckerhöhung in der Verbrennungsbombe und die Krümmung
der Front vernachlässigt werden können. Letzteres ist der Fall, wenn das Volumen
des bereits verbrannten Gemisches zum Gesamtvolumen klein ist. Der Einfluss der
Krümmung ist vernachlässigbar, wenn der Krümmungsradius sehr viel größer als
die Flammendicke lF ist (zur Definition der Flammendicke siehe Abschnitt 6.5). Die
Flammenfrontgeschwindigkeit bei instationären Ausbreitungsprozessen ist definiert
als diejenige Geschwindigkeit, mit der sich die Flammenfront in Richtung ihrer Nor-
malen relativ zu einem meist ortsfest gewählten Koordinatensystem ausbreitet. Sie
ist vom vorhandenen Strömungsfeld, aber auch von der Geometrie des Brennraums
abhängig, da die Expansion des verbrannten Gases die Strömung beeinflusst und so-
gar auch dann ein Strömungsfeld erzeugt, wenn das Gas ursprünglich in Ruhe war.
Für die radialsymmetrische Geometrie der Verbrennungsbombe wollen wir radial
nach außen gerichtete Geschwindigkeiten positiv ansetzen und die Flammenfrontge-
schwindigkeit mit drf /dt bezeichnen. Die Flammenfrontgeschwindigkeit ergibt sich
dann als Überlagerung der Strömungsgeschwindigkeit im Unverbrannten vu und der
Brenngeschwindigkeit sL,u
drf
= vu + sL,u . (6.4)
dt
Für einen mit der Flammenfrontgeschwindigkeit mitbewegten Beobachter ist die
Geschwindigkeit vor der Front vu − drf /dt, die Geschwindigkeit hinter der Front
vb − drf /dt. Die Kontinuitätsgleichung über die Front hinweg ist daher statt (6.2)
drf drf
ρu (vu − ) = ρb (vb − ). (6.5)
dt dt
Im Fall einer sphärischen Flammenausbreitung ist aus Symmetriegründen vb = 0.
Dies führt zu
drf ρu
= vu = vu + sL,u . (6.6)
dt ρu − ρb
Daraus kann die Strömungsgeschwindigkeit vor der Front bestimmt werden
ρu − ρ b
vu = sL,u . (6.7)
ρb
Diese Geschwindigkeit wird durch die Expansion in der Flamme hervorgerufen. Wei-
terhin kann durch Messung der Flammenfrontgeschwindigkeit drf /dt die Brennge-
schwindigkeit sL,u bestimmt werden
ρb drf
sL,u = . (6.8)
ρu dt
Die Brenngeschwindigkeit sL,u ist in Bezug auf das unverbrannte Gemisch definiert.
Es kann auch eine Brenngeschwindigkeit sL,b in Bezug auf das verbrannte Gas defi-
niert werden. Diese ist aus Kontinuitätsgründen mit sL,u durch
ρu
sL,b = sL,u . (6.9)
ρb
136 Laminare Vormischflammen
optischer drf
Zugang dt
verknüpft. Im Folgenden soll nur diejenige in Bezug auf das unverbrannte Gemisch
bezogene Brenngeschwindigkeit betrachtet werden, und der Einfachheit halber die
Bezeichnung sL = sL,u eingeführt werden.
Um die Struktur von ebenen Flammen zu bestimmen, werden vielfach Matrixbrenner
verwendet. Die Matrix besteht dabei meist aus einer Sintermetallscheibe, über der
sich die ebene Flamme stabilisiert. Die Stabilisierung wird dadurch bewirkt, dass die
Flamme Wärme an die Sintermetallscheibe abgibt. Mit Hilfe von Sonden und Ther-
moelementen, aber auch mit modernen Lasertechniken können Konzentrations- und
Temperaturprofile gemessen werden. Da die Flammendicke sich bei Verminderung
des Druckes vergrößert, wird vielfach bei niedrigen Drücken gemessen. Aufgrund
des Wärmeverlustes ist die Brenngeschwindigkeit niedriger als diejenige, die sich bei
einer freien, eindimensionalen Anströmung ergeben würde. Man kann die Brenn-
geschwindigkeit dadurch bestimmen, dass man die Anströmgeschwindigkeit solange
erhöht, dass die Flamme gerade abhebt und in eine kegelige Form übergeht. Die
Grenzgeschwindigkeit, bei der der Übergang erfolgt, ist dann die laminare Brennge-
schwindigkeit.
Die Brenngeschwindigkeit einer ebenen Flamme in einer im Prinzip unendlich ausge-
dehnten, eindimensionalen und zur Flammenfront normalen Strömung ist nur noch
eine Funktion der physikalischen und chemischen Eigenschaften des Gemisches. Die
derart definierte laminare Brenngeschwindigkeit ist dann ein charakteristischer Stoff-
wert. In den nächsten Abschnitten sollen zunächst experimentelle Ergebnisse und
dann die theoretischen Grundlagen eindimensionaler stationärer Flammen behandelt
werden.
Mit den in Abschnitt 6.1 beschriebenen experimentellen Methoden kann die charak-
teristische Brenngeschwindigkeit von Gemischen als Funktion ihrer Zusammenset-
zung, der Temperatur im Unverbrannten und des Drucks ermittelt werden. Solche
Exp. und num. Ergebnisse zur laminaren Brenngeschwindigkeit 137
50
C 2 -Mechanismus
sL
40 C 1 -Mechanismus
[cm/s]
Experimente
30
20
10
0
0 0,5 1 1,5
φ
Messungen liegen für die Gemische von Wasserstoff, Methan und den wichtigsten
höheren Kohlenwasserstoffen mit Luft vor. Ergebnisse für Methan-Luft-Gemische
sind in Bild 6.4 als Funktion des Brennstoffverhältnisses φ = 1/λ aufgetragen. Es
ergibt sich ein Maximum für sL bei etwa φ = 1, 1. Die Messwerte und die Rechnun-
gen fallen von dort zum mageren und zum fetten Gemisch relativ steil ab. Unterhalb
und oberhalb bestimmter Grenzwerte werden keine endlichen Brenngeschwindigkei-
ten gemessen. Diese Grenzwerte werden als Flammbarkeitsgrenzen des mageren bzw.
des fetten Gemisches bezeichnet. Die magere Flammbarkeitsgrenze wird bei gegebe-
nem Druck und gegebener Temperatur durch denjenigen Wert von φ definiert, bei
dem sich eine Flamme in einem Gemisch gerade nicht mehr selbsttätig fortpflanzen
kann. Er liegt für Methan bei φ = 0, 5. Flammbarkeitsgrenzen werden später in
Abschnitt 6.6 eingehend diskutiert.
Mit der besseren Kenntnis der Kinetik der Elementarreaktion von Verbrennungs-
prozessen gelingt es auch, charakteristische Brenngeschwindigkeiten auf der Basis
der eindimensionalen stationären Grundgleichungen zu berechnen. Da die Brenn-
geschwindigkeit im allgemeinen sehr viel kleiner als die Schallgeschwindigkeit ist,
liefert die Impulsgleichung das Ergebnis, dass der Druckgradient klein sein muss,
und der Druck näherungsweise als konstant angenommen werden kann. Die Bedin-
gung, dass der Massenstrom durch die Flamme konstant ist (vergl. (ref6.2)), liefert
für die eindimensionale Strömung
d(ρv)
=0 (6.10)
dx
138 Laminare Vormischflammen
oder integriert
ρv = ρu vu = ρu sL . (6.11)
Vernachlässigt man den Einfluss der Strahlung, so lauten die eindimensionalen sta-
tionären Gleichungen für die Temperatur und die Massenbrüche
n n
dT d dT X dT X
ρu sL cp = (λ ) − cp,i ji − hi ṁi ,
dx dx dx dx
i=1 i=1
dYi dji
ρu sL = − + ṁi , (6.12)
dx dx
mit dem Diffusionsstrom nach (5.40)
n
Mi X dXj DiT dT
ji = ρDij Mj − .
M 2 i=1 dx T dx
i6=j
und mit
E
A(T0 ) = F exp(−G/T0 ) , T0 = − . (6.14)
ln(p/B)
Durch den Vergleich mit den numerischen Daten für sL werden für die einzelnen
Brennstoffe die Konstanten B, E, F, G sowie m und n ermittelt. Sie sind für die
genannten Brennstoffe in Tabelle 6.1 angegeben. Auf Grund der theoretischen Be-
trachtungen müsste m = 0, 5 und n = 2 sein, was sich aus der Approximation auch
Die thermische Flammentheorie 139
Tb = a Tu + b + c φ + d φ2 + e φ3 (6.15)
sind in Tabelle 6.2 angegeben. Dort finden sich auch Zahlenwerte für die Lewis-
Zahlen für diese Gemische, die aus den numerischen Rechnungen gewonnen wurden.
Beispiele für den Vergleich zwischen den numerisch berechneten Brenngeschwindig-
keiten (Punkte) und der Approximationen (Linien) finden sich in den Bildern 6.5
und 6.6. In Bild 6.5 ist die Brenngeschwindigkeit von Methan zwischen φ = 0, 5 und
1, 0 bei T = 298 K für verschiedene Drücke aufgetragen. Die Kurven entsprechen den
Drücken von 1, 2, 5, 10, 20 bar und 40 bar. In Bild 6.6 ist der Vergleich für Propan
für verschiedene Vorwärmtemperaturen Tu als Funktion des Drückers für φ = λ = 1
dargestellt. Weitere Darstellungen finden sich in der Arbeit von U.C. Müller, M.
Bollig und N. Peters, Approximation for Burning Velocities and Markstein Num-
”
bers for Lean Hydrocarbon and Methanol Flame“, Comb. Flame 108, S. 349-356,
(1997).
50
Brennstoff: CH4
sL 40
[cm/s]
30
1 bar
20
10
40 bar
0
0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1
φ
300
150 700 K
600 K
100
500 K
50 400 K
Tu = 289 K
0
1 10 p [bar]
Bild 6.6: Laminare Brenngeschwindigkeiten als Funktion des Druckes für stöchiome-
trische Propan-Luft-Gemische bei verschiedenen Temperaturen des Unverbrannten.
Die Punkte stellen berechnete Brenngeschwindigkeiten dar, die durchgezogenenen
Linien deren Approximation.
142 Laminare Vormischflammen
Vorwärmzone
Tb
YP,b
YO2,u
YO2 Ti
YB,u
Reaktionszone
YB mi
sL
T YO2,b
Tu
YP
xi 0 x
Bild 6.7: Flammenstruktur bei Annahme einer Ein-Schritt-Reaktion mit großer Ak-
tivierungsenergie
2. In der Reaktionszone (T ≥ Ti ) kann der konvektive Term auf der linken Sei-
te von (6.20) gegenüber dem diffusiven Term und dem Reaktionsterm ver-
nachlässigt werden.
Besonders die Zulässigkeit der zweiten Annahme ist zunächst schwer einzusehen. Sie
wird erst deutlich, wenn auf der Grundlage einer asymptotischen Theorie der Cha-
rakter der Reaktionszone als der einer sehr dünnen Grenzschicht eingeführt wird.
Eine mathematische Begründung kann durch eine singuläre asymptotische Entwick-
lung erfolgen.
Aufgrund der ersten Annahme lässt sich (6.20) in der Vorwärmzone integrieren. Für
die erste Ableitung ergibt sich bei Berücksichtigung der Randbedingung bei x = −∞
dT cp ρu sL
= (T − Tu ). (6.21)
dx λ
Führt man die zweite Annahme ein, so kann man (6.20) einmal integrieren, wenn
man statt x die Temperatur T als unabhängige Variable einführt. Hierzu ersetzt
man den Wärmeleitungsterm durch
d λ dT dT d λ dT cp 1 d λ dT 2
= = . (6.22)
dx cp dx dx dT cp dx λ 2 dT cp dx
Dann ergibt sich nach Erweiterung mit λ/cp aus (6.20) die Form
1 d λ dT 2 (−∆H)λ
=− w(T ). (6.23)
2 dT cp dx c2p
Diese Gleichung lässt sich mit der Randbedingung dT /dx = 0 und T = Tb bei
x → +∞ einmal integrieren:
v
u
u ZTb
dT u (−∆H)
= t2 λw(T ) dT. (6.24)
dx λ2
T
Zeldovich und Frank-Kamenetzki setzen nun an der Stelle xi bei T = Ti die Ablei-
tungen aus der Vorwärmezone, (6.21), und der Reaktionszone, (6.24), gleich. Daraus
ergibt sich als Bestimmungsgleichung für die Brenngeschwindigkeit
v
u ZTb
u
cp ρu sL u (−∆H)
(Ti − Tu ) = t2 λw(T ) dT . (6.25)
λi λ2i
Ti
Eine Auswertung des Integrals in geschlossener Form ist nur möglich, wenn weitere
vereinfachende Annahmen eingeführt werden. Entwickelt man den Term im Expo-
nenten von (6.16) in eine Reihe um Tb und vernachlässigt die höheren Terme, so
ergibt sich
E E E(T − Tb )
− =− + . (6.26)
RT RTb RTb2
144 Laminare Vormischflammen
Da sich in der Reaktionszone T von Tb nur wenig unterscheidet, ist es sinnvoll, die
dimensionslose Temperatur
E(T − Tb )
Θ= . (6.27)
RTb2
einzuführen, die bei großem E/(RTb2 ) von der Ordnung O(1) bleibt. In der Reak-
tionszone für T ≈ Tb sind auch die Stoffwerte in erster Näherung konstant (ρ =
ρb , λ = λb ). Die Reaktionsgeschwindigkeit lässt sich somit bei Berücksichtigung von
(6.17) und (6.18) schreiben
cp RTb2 E
w = Bρ2b exp −
(−∆H)E RTb
"
′ Y ′ ν ′ c RT 2
# (6.28)
νB′ YO2 ,b νO 2 B,b
νO 2 B p b 2
− + Θ+ Θ exp Θ.
MO2 MB (−∆H)E
ZTb Z0
RTb2
λwdT = λb w(Θ)dΘ
E
Ti Θi ′
′ Y
λb Bρ2b cp R2 Tb4 E νB YO2 ,b νO 2 B,b
= exp − + (1 + (Θi − 1) exp Θi )
(−∆H)E RTb MO2 MB
′ ν ′ c RT 2
νO 2 B p b Θ2i
+2 1 − 1 − Θi + exp Θi .
(−∆H)E 2
(6.29)
An dieser Stelle wird eine Überlegung eingeführt, die auch nur durch die asymp-
totische Entwicklung für große Aktivierungsenergien und den dort durchgeführten
Überlappungsprozess der Lösungen aus der Vorwärmzone und der Reaktionszone
deutlich wird. In dem Integral (6.29) wird Θi zunächst durch Θu ersetzt, das heißt es
wird angenommen, dass die Lösung aus der Reaktionszone bis weit in die Vorwärm-
zone gültig ist. Dies entspricht der physikalischen Vorstellung, dass unterhalb der
Temperatur Ti das Integral in (6.29) wegen der starken Temperaturabhängigkeit
der Reaktionsgeschwindigkeit vernachlässigbar ist und es daher keinen Unterschied
macht, ob zwischen Ti und Tb oder Tu und Tb integriert wird. Da Θu bei großen Ak-
tivierungsenergien große negative Werte annimmt, wird in den Termen, die exp Θu
enthalten, Θu schließlich durch −∞ ersetzt, so dass diese verschwinden.
Auf der andere Seite wird auf der linken Seite von (6.25) Ti durch Tb und λi durch
λb ersetzt. Damit wird angenommen, dass die Reaktionszone so dünn ist, dass sich
die Vorwärmezone bis Tb erstreckt und dass sich Ti von Tb nur wenig unterscheidet.
Gleichung (6.25) lautet
s
Bρ2b λb R2 Tb4 E
ρu sL = 2 exp − S
cp (Tb − Tu )2 E 2 RTb
(6.30)
′ ν ′ c RT 2
ν ′ YO ,b ν ′ YB,b 2 νO 2 B p
S = B 2 + O2 + b
.
MO2 MB (−∆H)E
Der Anteil der einzelnen Terme in S hängt stark vom Mischungsverhältnis φ = 1/λ
ab: Im sehr mageren bzw. sehr fette Gemisch ist YO2 ,b bzw. YB,b verhältnismäßig groß,
Die thermische Flammentheorie 145
4. Die Integration über die Reaktionszone führt zu einem Ergebnis, das einem
Integral zwischen den Grenzen T = −∞ und T = Tb entspricht.
5. Bei der Verwendung der Lösung aus der Vorwärmzone wird die Zündtempe-
ratur Ti gleich Tb gesetzt.
Lösung
Schreibt man (6.30) näherungsweise als
Tb
Tu
lF x
Wir haben in Abschnitt 6.2 die Brenngeschwindigkeit sL als einen Eigenwert be-
zeichnet, der sich aus der Lösung der eindimensionalen Bilanzgleichung ergibt. Un-
ter der Annahme einer Einschrittreaktion, bei der nur eine chemische Zeitskala ein-
geführt wird, und mit der Annahme Le = 1, durch die die thermische Diffusivität
a = λ/(ρcp ) mit dem Diffusivitätskoeffizienten D gleich gesetzt wird, ergibt sich
mit (6.30) eine Beziehung für sL , die die Einflussgrößen der Diffusivität und der
chemischen Zeit wie folgt verknüpft
p
sL = D/tc (6.32)
gegeben ist. Diese Definition enthält im Nenner nicht mehr wie die Definition der
Zündverzugszeit (Gleichung (4.17)) die Massenbrüche der Reaktanten, da einer oder
beide davon in der Reaktionszone verbraucht sind. Stattdessen tritt die Zeldovich-
Zahl, definiert durch
E(Tb − Tu )
Ze = (6.35)
RTb2
quadratisch auf. Da Ze von der Größenordnung O(10) ist, ist die chemische Zeit
tc um zwei Größenordnungen größer als eine chemische Zeit, die sich, abgesehen
vom Dichteverhältnis ρu /ρb , aus der Reaktionsgeschwindigkeit zum Beispiel für sehr
magere Flammen φ ≪ 1 als Kehrwert von
ρYO2 −E
B exp( ) bei T = Tb , ρ = ρb , YO2 = YO2 ,b
MO2 RT
errechnen würde. Im engeren Sinne ist tc daher keine Zeit, die allein durch die Chemie
bestimmt wird, sie berücksichtigt auch die Struktur der Flamme. Dies wird deutlich
wenn man die Flammendicke aus Dimensionsgründen durch
D λb
lF = = (6.36)
sL cp ρu sL
definiert. Dann kann man weiterhin die Flammenzeit
lF
tF = (6.37)
sL
einführen. Dies ist die Zeit, die die Flammenfront benötigt, um sich um eine Flam-
mendicke zu bewegen. Der Vergleich zwischen (6.32) und (6.36) bis (6.37) zeigt, dass
tc mit
D lF
tc = 2 = = tF (6.38)
sL sL
gleich der Flammenzeit ist.
Die Flammendicke kann anschaulich aus dem Temperaturprofil in der Flammen-
struktur ermittelt werden, Bild 6.8. Legt man im Wendepunkt des Profils eine Tan-
gente an und bestimmt deren Schnittpunkte mit den horizontalen Linien bei Tu und
Tb , so kann man auf der Abszisse die Länge lF abgreifen. Ersetzt man in (6.21) die
linke Seite durch (Tb − Tu )/lF und wertet die rechte Seite bei T = Tb aus, so ergibt
sich
λb
lF = (6.39)
cp ρu sL
in Übereinstimmung mit (6.36).
Da die Reaktionszone als dünn angenommen wurde, beschreibt die Flammendicke
somit die Dicke der Vorwärmzone in der Flammenstruktur. Sie ist auch ein Maß für
den Löschabstand d einer Flamme. Dieser ist der Abstand, bei dem eine Flamme
verlöscht, wenn sie auf eine kalte Wand trifft. Es gibt die Abschätzung
d = c lF , c = 5 − 6.
148 Laminare Vormischflammen
So kann eine Flamme zum Beispiel nicht durch ein Metalldrahtgitter propagieren,
wenn der Abstand zwischen den Drähten geringer als d ist. Dies wurde in der Ver-
gangenheit bei Grubenlampen benutzt. Diese Lampen bestanden aus einer offenen
Flamme innerhalb eines Drahtgitters. Wenn Grubengas, also Methan, unvorherge-
sehenerweise in einem Grubenschacht austrat, diffundierte dieses durch das Draht-
gitter, was zur Folge hatte, dass die Flamme darin heller leuchtete. Andererseits
bestand aber nicht die Gefahr, dass das Grubengas durch die Flamme gezündet
werden konnte, da diese wegen des Löschabstandes das Gitter nicht durchqueren
konnte. Der Bergmann wusste bei einem helleren Leuchten der Grubenlampe, dass
er sich sehr schnell in Sicherheit bringen musste.
Wir haben die Flammentheorie für die vereinfachende Annahme einer Einschrittre-
aktion mit großer Aktivierungsenergie hergeleitet. Es ist jedoch möglich, ähnliche
Theorien auf der Basis von reduzierten Mechanismen vorzunehmen, wie wir sie in
Abschnitt 3.8 kennen gelernt haben. Dies ist ausgehend von Methan-Luft-Flammen
für viele Kohlenwasserstoffflammen bis hin zu n-Heptan und iso-Oktan und auch für
Wasserstoffflammen gelungen. Für Methan ist die Flammenstruktur, die sich aus
dem Drei-Schritt-Mechanismus (3.63) ergibt in Bild 6.9 dargestellt. Man erkennt,
dass es wie in der thermischen Flammentheorie eine Vorwärmzone gibt, danach
schließen sich statt einer jedoch zwei Reaktionszonen an. In der inneren Reakti-
onszone wird der Brennstoff verbraucht, darin findet der Umsatz entsprechend der
Bruttoreaktion
I′ CH4 + O2 = CO + H2 + H2 O
statt. Es werden somit CO und H2 gebildet, die dort ein Maximum haben. Sie
diffundieren einerseits in die Vorwärmzone entgegen der Strömung andererseits auch
mit der Strömung in die Oxidationszone, wo sie in den Bruttoreaktionen
II ′ CO + H2 O = CO2 + H2
III ′ 2H2 + O2 = 2H2 O
verbraucht werden.
Die Dicke lδ der inneren Reaktionsschicht ist durch den kleinen Parameter δ mit
lδ = δ lF gegeben, der etwa den Wert δ = 0, 1 einnimmt. Die Temperatur T 0 inner-
halb dieser Schicht entspricht der Temperatur T0 , die uns bereits bei den Approxi-
mationen in Abschnitt 6.3 begegnet ist.
6.6 Flammbarkeitsgrenzen
Aus Bild 6.4 ist ersichtlich, dass bei Methan-Luft-Flammen für φ < 0, 5, das heißt
λ > 2, 0, keine Messwerte der laminaren Brenngeschwindigkeit mehr existieren. Ähn-
liches gilt für fette Methan-Luft-Flammen jenseits eines φ-Wertes von ca. 1, 5. Man
findet, dass bei sehr mageren und sehr fetten Brennstoff-Luft-Gemischen sich nach
einer Zündung durch einen Zündfunken keine selbsttragende Flamme herausbildet.
Die Grenzkonzentration des Brennstoffs, bei der dies beobachtet wird, wird als ma-
gere bzw. fette Flammbarkeitsgrenze (fälschlich manchmal auch Zündgrenze) be-
zeichnet. Die Kenntnis dieses Grenzwertes ist für praktische Fragestellungen von
großer Bedeutung. Sie führt zum Beispiel zu der Forderung, dass in Laborräumen,
in denen mit brennbaren Gasen oder Flüssigkeiten gearbeitet wird, die Brennstoff-
Konzentration immer deutlich unter dem angegebenen Grenzwert liegen muss. Dies
Flammbarkeitsgrenzen 149
Oxidationszone
Vorwärmzone Tb
T
CH4
T0
innere Reaktionszone
sL O2
H2
CO
Tu
0 x / lF
muss durch geeignete Sensoren überprüft werden, die ein Alarmsignal aussenden,
damit eine Gasexplosion, ausgelöst durch einen zufällig herbeigeführten elektrischen
Funken, rechtzeitig vermieden werden kann.
In Bild 6.10 sind die mageren und fetten Flammbarkeitsgrenzen für Wasserstoff-Luft-
und Methan-Luft-Flammen für verschiedene Temperaturen Tu des Gemisches über
der Luftzahl λ dargestellt. Man sieht, dass der Bereich eines flammbaren Gemisches
für Wasserstoff-Luft-Gemische deutlich breiter ist als für Methan-Luft-Gemische und
dass er in beiden Fällen mit steigender Temperatur größer wird. Vor allem die mage-
re Flammbarkeitsgrenze von Wasserstoff-Luft-Flammen liegt oberhalb von λ = 3, 0.
Dies illustriert verglichen mit Kohlenwasserstoffflammen auch die größere Gefähr-
lichkeit von Wasserstoff bei Gasexplosionen. Solche Explosionen sind zum Beispiel
in Kernkraftwerken aufgetreten, bei denen bei einem Störfall Wasserstoff austreten
kann.
Wir wollen uns nun insbesondere für die magere Flammbarkeitsgrenze die Frage
stellen, ob es eine theoretisch begründete Grenze gibt, jenseits derer eine Flamme
sich nicht mehr selbstragend ausbreitet. Die Frage ist umso wichtiger, als die thermi-
sche Flammentheorie eine solche Grenze nicht vorhersagt. Wegen der exponentiellen
Abhängigkeit der laminaren Brenngeschwindigkeit sL von Tb in (6.30) wird diese
zwar bei kleinen Werten von Tb , wie sie sich bei einer Verringerung der Brennstoff-
konzentration ergeben, sehr klein aber niemals Null. Es ist jedoch zu erwarten, dass
Wärmeverluste, wie sie schon bei der Theorie der thermischen Explosion (Kapi-
tel 4.1.2) berücksichtigt wurden, die Flammenausbreitung verringert und schließlich
ganz zum Erliegen bringt. Dazu führen wir einen Wärmeverlust qv der Form
qv = −h (T − Tu ) (6.40)
400
p = 1 atm
T 350
[oC]
300
250
200
150
100
50 Wasserstoff-Luft
Methan-Luft
0
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5
Luftzahl λ
Da ein sehr mageres Gemisch betrachtet werden soll, kann die Reaktionsgeschwin-
digkeit lediglich als Funktion des Brennstoffs angesetzt werden
ρYB E
w=B exp(− ). (6.42)
MB RT
Dies lässt sich dadurch begründen, dass im ersten Term von (6.30)2 die relative
Veränderung von YO2 ,b als klein angenommen werden kann. Dieser Term kann somit
im Frequenzfaktor B erfasst werden.
Nimmt man weiterhin für den Diffusionsstrom den binären Ansatz (5.42) an, so
lautet die Gleichung für den Brennstoff-Massenbruch
dYB d dYB
ρu s L = ρDi − νB′ MB w. (6.43)
dx dx dx
Eine Kopplungsbeziehung wie in (6.18) lässt sich zwischen (6.41) und (6.43) nicht
mehr herstellen, da der Wärmeverlustterm die Ähnlichkeit der beiden Gleichungen
verhindert. Aus (6.18) kann jedoch für vollständige Verbrennung mit YB,b = 0 bei
T = Tu eine Beziehung für (−∆H)/cp in (6.41) hergeleitet werden
(−∆H)/cp = νB′ MB (Tb − Tu )/YB,u . (6.44)
Führt man nun für die Temperatur in (6.41) die dimensionslose Temperatur T ∗ =
(T − Tu )/(Tb − Tu ) und für den Massenbruch YB die normierte Größe Y ∗ = YB /YB,u
ein, so lässt sich der Reaktionsterm durch Addition der beiden so erhaltenen Glei-
chungen eliminieren und man erhält für die dimensionslose Enthalpie
H∗ = T ∗ + Y ∗ − 1 (6.45)
Flammbarkeitsgrenzen 151
die Gleichung
dH ∗ d dH ∗ h ∗
ρu sL = ρD − T . (6.46)
dx dx dx cp
Hierin ist wiederum die Lewis-Zahl Le = λ/(ρcp Di ) zu eins gesetzt worden.
Es ist weiterhin sinnvoll, einen Referenzwert (ρu sL )ref für den Massenstrom durch
die Flamme einzuführen, der demjenigen ohne Wärmeverluste entspricht. Führt man
die dimensionslose Koordinate
Z x
∗
x = (ρu sL )ref (ρD)−1 dx (6.47)
0
ein, wobei mit x = 0 die Lage der dünnen Reaktionszone festlegt ist, so kann man
den Faktor ρD in die Koordinate ziehen. Dividiert man die Gleichung weiterhin
durch (ρu sL )2ref und führt den dimensionslosen Massenstrom
ρu sL
M= (6.48)
(ρu sL )ref
dH ∗ d2 H ∗
M = − π T ∗. (6.49)
dx∗ dx∗2
Darin ist
ρDh
π= (6.50)
(ρu sL )2ref cp
der dimensionslose Wärmeverlust-Koeffizient. Er wird umso größer, je kleiner sL
wird. Dies weist darauf hin, dass sich wegen der größeren Verweilzeit langsam pro-
pagierender Flammen der Einfluss des Wärmeverlustes verstärkt. Gl. (6.49) kann
über die Vorwärmzone von x∗ = −∞ bis x∗ = 0+ einmal integriert werden. Hierin
bezeichnet x∗ = 0+ den Ort unmittelbar hinter der als unendlich dünn angenomme-
nen Reaktionszone. Mit H ∗ (−∞) = 0 ergibt sich
Z 0
∗ dH
M H (0+ ) = ∗ |0+ −π T ∗ dx∗ . (6.51)
dx −∞
Die Temperatur T ∗ wird nun für einen als klein angenommenen Parameter π um die
Temperatur T0∗ ohne Wärmeverluste entwickelt
Macht man (6.41) in der gleichen Weise wie (6.49) dimensionslos, so gilt hierfür in
der chemisch inerten Vorwärmzone x∗ < 0
dT0∗ d2 T0∗
M = (6.53)
dx∗ dx∗2
mit der Lösung
T0∗ = exp(M x∗ ) , x∗ < 0. (6.54)
Für x∗ ≥ 0 bleibt T0∗ = 1 und Y ∗ = 0. Daher gilt für x∗ = 0+ mit (6.45)
Vorwärmzone Wärmeverlustzone
O(1) O(1/π)
Tb
π z(0 + ) ohne
Wärmeverluste
mit
Wärmeverlusten
dünne Reaktionszone
O(ε)
Tu
0+
x
Setzt man nun (6.52) mit (6.54) in das Integral in (6.51) ein, so ergibt sich
dH ∗ π
M π z(0+ ) = |0 − , (6.56)
dx∗ + M
wobei Terme der Ordnung O(π 2 ) vernachlässigt wurden.
Den noch unbekannten Gradienten der Enthalpie kann man bestimmen, wenn man
(6.49) für x∗ ≥ 0 wegen Y ∗ = 0 wieder als Temperaturgleichung schreibt
dT ∗ d2 T ∗
M = − π T ∗. (6.57)
dx∗2 dx∗2
Da die Temperatur wegen der als klein angenommenen Wärmeverluste hinter der
Flamme nur langsam abfällt (siehe Bild 6.11), kann in dieser Gleichung der Term mit
der zweiten Ableitung gegenüber den beiden anderen vernachlässigt werden. (Dies
lässt sich auch zeigen, indem man die gestauchte Koordinate x̃ = π x∗ einführt.)
Somit ist
dT ∗ dH ∗ π
|0+ = |0 = − . (6.58)
dx∗ dx∗ + M
Insgesamt ergibt sich also aus (6.51)
2
z(0+ ) = − . (6.59)
M2
Wir hatten im Beispiel 6.14 gezeigt, dass das Quadrat des Massenstroms durch die
Flamme proportional zu exp(−E/RTb ) ist. Daher ist
2 E 1 1
M = exp − ( − ) . (6.60)
R Tb Tb,ref
Schreibt man (6.52) bei x∗ = 0 wieder in dimensionsbehafteter Form
Tb − Tb,ref = (Tb,ref − Tu )πz(0+ ), (6.61)
Flammbarkeitsgrenzen 153
wobei Tb,ref dem Wert T0∗ = 1 entspricht, und entwickelt man Tb um Tb,ref
1 1 Tb − Tb,ref
− =− 2 , (6.62)
Tb Tb,ref Tb,ref
so ergibt sich aus (6.60)
M 2 = exp (π Ze z(0+ )) (6.63)
Darin ist mit Ze die Zeldovich-Zahl nach (6.35) bei Tb = Tb,ref bezeichnet.
Mit (6.59) und (6.63) stehen zwei Gleichungen zur Verfügung, aus denen sich z(0+ )
eliminieren lässt. Es ergibt sich für M 2 die Beziehung
M 2 ln M 2 = −2 π Ze (6.64)
Da πZe von der Größenordnung O(1) sein muss und Ze groß ist, zeigt dies auch,
dass π klein sein muss, wie oben angenommen. Trägt man M über den Produkt
πZe in Bild 6.12 auf, so ergibt sich ein Verlauf, wie wir ihn für das Verlöschen eines
Strömungsreaktors (Kapitel 4.2) kennen. Wenn man hier bei festgelegtem Wert der
Zeldovich-Zahl (zum Beispiel Ze = 10) den Wärmeverlustparameter erhöht, so sinkt
M ausgehend von M = 1 zunächst langsam. Bei M = 0, 61 ergibt sich jedoch eine
senkrechte Tangente und damit ein Verlöschen der Flamme. Anmerkung: In Bild 6.11
ist auch eine Kurve eingezeichnet, die sich aus der Vier-Schritt-Kinetik für Methan
ergibt, sie zeigt qualitativ denselben Verlauf.
Zusammenfassend stellen wir fest, dass Wärmeverluste zum Verlöschen einer Vor-
mischflamme führen können, und dies umso eher, je kleiner der Massenstrom durch
die Flamme selbst ist. Aus Überschlagsrechnungen ergibt sich für Kohlenwasserstoff-
flammen hieraus ein Zahlenwert von ca. sL = 5 cm/s.
Wir wollen uns nun abschließend die Frage stellen, ob es nicht auch eine kinetisch be-
dingte Flammbarkeitsgrenze gibt. In Bild 6.9 war die Struktur einer Methan-Flamme
abgebildet worden, wobei die Temperatur T 0 der inneren Schicht der Temperatur
T0 in der Approximationsformel (6.13) entsprach. Die Temperatur T 0 stellt eine
cross-over“-Temperatur zwischen Kettenabbruch und Kettenverzweigung dar. Sie
”
ist somit kinetisch bedingt. Die Formel (6.13) hat gegenüber derjenigen aus der
thermischen Flammentheorie die Eigenschaft, dass sich bei Tb = T0 die Brennge-
schwindigkeit zu sL = 0 ergibt. Aus der Approximation (6.14) ergab sich, dass T0
nur vom Druck, jedoch nicht vom Brennstoffanteil im Gemisch abhängt. Physikalisch
kann man Tb = T0 somit dadurch erreichen, dass man Tb durch Verringerung des
Brennstoffanteils im Gemisch absenkt. Wegen des geringen Brennstoffanteils wird
schließlich nicht einmal mehr die innere Temperatur T 0 , das heißt die cross-over“-
”
Temperatur erreicht. Dann findet auch keine Kettenverzweigung mehr statt. Dies
entspricht der Annäherung an die magere Flammbarkeitsgrenze.
Setzt man in den Kopplungsbeziehungen (6.18) somit T = T 0 und YB,b = 0, so ergibt
sich für den Massenbruch des Brennstoffs an der mageren Flammbarkeitsgrenze im
Vergleich zum Massenbruch des stöchoimetrischen Gemisches
T 0 − Tu
YB,u,Fl = YB,u,st.
Tst − Tu
Berechnet man zum Beispiel für Methan-Luft-Flammen bei Tu = 300 K und p =
1 bar aus (6.14) T 0 = 1219 K und aus Tabelle 6.2 Tst = 2229 K, so ergibt sich
YB,u,Fl = 0, 476 YB,u,st
154 Laminare Vormischflammen
1.2
1.0
M
0.8
0.6
4 M 2 ( 1− M 1/2) = 2 π Ze
0.4
0.2 M 2 ln(M 2) = −2 π Ze
0.0
0.00 0.05 0.10 0.15 0.20
π Ze
Bild 6.12: Änderung des dimensionslosen Massenstroms M durch die Flamme als
Funktion des Wärmeverlustparameters π
6
XCH4 10 cm/s
[%] 5 sL = 5 cm/s
2,5 cm/s
4
3 T 0 = Tb
1
200 300 400 500 600 700 800 900 1000
T u [K]
Bild 6.13: Vergleich des berechneten Molenbruchs con CH4 an der mageren Flamm-
barkeitsgrenze mit Daten von Hustad und Sonju (Hustad, J.E., Sonju, O,K., Com-
bustion and FLame 71, S. 283-294 (1988))
Flammbarkeitsgrenzen 155
Dies entspricht einem λ-Wert von 2, 16 und stellt einen oberen Wert für die magere
Flammbarkeitsgrenze für Methan-Luft-Flammen dar.
Für reale Situationen verlöscht die Flamme deutlich früher. Dies kann man berück-
sichtigen, indem aus (6.13) für endliche Werte von sL iterativ den Grenzwert YB,u
bestimmt. Dies ist für ansteigende Werte der Temperatur Tu gemacht worden und
in Bild 6.13 mit neueren Messwerten verglichen worden. Man sieht, dass der Molen-
bruch an der mageren Flammbarkeitsgrenze mit steigender Temperatur abnimmt.
Dies entspricht der Aufweitung des Gebietes flammbaren Gemischs in Bild 6.10. Des
Weiteren ist aus Bild 6.13 ersichtlich, dass der Fall T 0 = Tb einen unteren Wert des
Molenbruchs darstellt. Dieser ist kinetisch bedingt, da Wärmeverluste hierbei nicht
berücksichtigt wurden.
156 Laminare Diffusionsflammen
7 Laminare Diffusionsflammen
gelbes Rußleuchten
Z = Zst
Luft Luft
Bild 7.1: Die Kerzenflamme als klassisches Beispiel einer laminaren Diffusionsflamme
Der Mischungsbruch 157
diesen Fall ist die Mischung der langsamste und damit geschwindigkeitsbestimmen-
de Schritt; dies wird vielfach auch durch den Begriff gemischt=verbrannt“ ausge-
”
drückt. Die theoretische Beschreibung von Diffusionsflammen geht vielfach von der
Annahme schneller chemischer Reaktionen aus und kann wichtige globale Eigen-
schaften von Diffusionsflammen wie die Flammenlänge, damit sehr gut beschreiben,
ohne die Einzelheiten der chemischen Kinetik berücksichtigen zu müssen. Andere
wichtige Phänomene jedoch, zum Beispiel das Abheben und Verlöschen von Diffusi-
onsflammen und die Bildung von Schadstoffen können dagegen nur erklärt werden,
wenn die chemischen Reaktionsvorgänge explizit berücksichtigt werden. Dies bedeu-
tet, dass bei diesen Prozessen die charakteristischen Zeiten von Strömung, Diffusion
und Reaktion von der gleichen Größenordnung sind.
ergibt.
Für eine vorgegebene Zusammensetzung des Brennstoffstroms und des Oxidator-
stroms beschreibt der Mischungsbruch die örtliche Zusammensetzung vor der Ver-
brennung. Damit sind mit (7.2) auch die Massenbrüche der Elemente im Gemisch
vor der Verbrennung bekannt. Wenn man nun annimmt, dass die Vereinfachungen,
die zu (5.58) führten, gemacht werden können und somit während der Verbrennung
örtlich das Verhältnis der Elementenmassenbrüche gleich bleibt, also keine Entmi-
schung, zum Beispiel durch Diffusion mit unterschiedlichen Diffusionskoeffizienten
wie in (5.56) auftritt, so beschreibt der Mischungsbruch auch die elementare Zusam-
mensetzung während und insbesondere auch am Ende des Verbrennungsvorgangs.
Die Bezeichnung Zj ist daher in Anlehnung an die Bezeichnung Zj für die Elemente
gewählt worden.
Der Mischungsbruch kann auch für beliebige Brennstoffe eingeführt werden, solange
nur ein Brennstoffstrom besteht. Für die Verbrennung in Luft kann das Verhältnis
l als Masse der Luft pro Masse Brennstoff geschrieben werden
m2 m2
l= = . (7.5)
mB YB,1 m1
Geht man von den Massenströmen ṁ1 und ṁ2 auf die Massen m1 und m2 über, so
ist der Mischungsbruch
m1 1 1
Z= = = (7.6)
m1 + m2 1 + l YB,1 1 + λ lmin YB,1
Der stöchiometrische Mischungsbruch ist dann mit λ = 1 gegeben durch
Mit Hilfe von (7.6) und (7.7) kann man die folgende Gleichung zwischen Z und λ
herleiten
Zst 1 − Z
λ= (7.8)
Z 1 − Zst
Diese wichtige Beziehung zeigt, dass der Mischungsbruch mit dem Luftverhältnis λ
in eindeutiger Weise verknüpft ist und nur eine andere Form zur Beschreibung des
lokalen Verhältnisses der Luft- zur Brennstoffmasse darstellt.
Der Mischungsbruch Z ist als Massenverhältnis für die Berechnung von Verbren-
nungsproblemen besonders günstig, da er durch einfache, oft lineare Beziehungen
mit den Massenbrüchen Yi der Komponenten verknüpft werden kann. Man kann für
den Mischungsbruch Z ebenso wie für die Massenbrüche Yi der chemischen Kompo-
nenten eine Bilanzgleichung herleiten. Anders als bei den Massenbrüchen enthält die
Bilanzgleichung für den Mischungsbruch jedoch keinen chemischen Quellterm, was
erhebliche Vorteile mit sich bringt. Um die Bilanzgleichung für den Mischungsbruch
abzuleiten, kann man zum Beispiel für die Verbrennung von Kohlenwasserstoffen
entsprechend der Bruttoreaktionsgleichung
νB′ Cm Hn + νO
′
2
′′
O2 = νCO 2
′′
CO2 + νH H O
2O 2
(7.9)
von Gleichung (5.58) ausgehen, bei der alle Diffusionskoeffizienten Di = D als gleich
angenommen worden waren
∂Zj ∂Zj ∂ ∂Zj
ρ + ρvα = (ρD ) , j = C, H, O. (7.10)
∂t ∂xα ∂xα ∂xα
Das Flammenflächenmodell 159
Der Einfachheit halber setzen wir νB′ = 1, so dass die Elementenmassenbrüche durch
ZC ZH YB,u
= = , ZO = YO2 ,u (7.11)
mMC nMH MB
gegeben sind. Aus der Beziehung
′ M
νO
YO2 ,u O2
= ′2 ≡ν
YB,u νB MB
st
für die stöchiometrische Zusammensetzung (siehe auch (2.35)), hier geschrieben als
YO2 ,u YB,u ZC ZH
2 ′ =2 = + (7.12)
νO2 MO2 MB mMC nMH
Ähnliche lineare Beziehungen zwischen den Massenbrüchen der Elemente und dem
Mischungsbruch kann man auch für beliebige Brennstoffe (vergleiche Abschnitt 2.7)
herleiten. Man erkennt, dass der Mischungsbruch eine normierte Kombination von
Elementenmassenbrüchen darstellt. Er bleibt somit wie diese während der Verbren-
nung erhalten. Da der Mischungsbruch Z eine Linearkombination der Elementen-
massenbrüche Zj ist, erhält man aus (7.10) die analoge Erhaltungsgleichung
∂Z ∂Z ∂ ∂Z
ρ + ρvα = (ρD ) (7.15)
∂t ∂xα ∂xα ∂xα
mit den Randbedingungen Z = 0 im Oxidatorstrom und Z = 1 im Bennstoffstrom.
Das Flammenflächenmodell ist von Burke und Schumann bereits 1928 eingeführt
worden (Burke, S.P. und Schumann, T.E.W., Diffusion flames“, First Symposi-
”
um (International) on Combustion, S. 2-11, The Combustion Institute, Pittsburgh
(1928)). Es ist durch die Annahme gekennzeichnet, dass die Verbrennung in einer
Diffusionsflamme in einer singulären Fläche bei stöchiometrischer Mischung statt-
findet. Brennstoff und Sauerstoff diffundieren von entgegengesetzten Seiten in die
160 Laminare Diffusionsflammen
Diese Beziehung zeigt einen linearen Abfall von YO2 mit Z auf der Oxidatorseite
ausgehend von YO2 ,2 bis zum Wert von YO2 = 0 bei Z = Zst . Um die Massenbrüche
der Produkte CO2 und H2 O berechnen zu können müssen wir von den Elemen-
tenmassenbrüchen ausgehen, da diese während der Verbrennung erhalten bleiben
Zj,u = Zj,b . Die Massenbrüche der Elemente C und H sind proportional zu YB,u und
mit (7.2) auch zu Z. Mit (2.11), (7.2) und (7.11) ergibt sich für j = C und j = H
im verbrannten Zustand für das magere Gemisch (0 ≤ Z ≤ Zst )
m MC MC
ZC = YB,1 Z = YCO2 ,b ,
MB MCO2
(7.17)
n MH 2 MH
ZH = YB,1 Z = YH2 O,b .
MB MH2 O
Z − Zst
YB,b = YB,1 , YO2 ,b = 0, Zst ≤ Z ≤ 1. (7.20)
1 − Zst
Die Massenbrüche ergeben sich analog aus der Elementenbilanz
1−Z 1−Z
YCO2 ,b = YCO2 ,st , YH2 O,b = YH2 O,st . (7.21)
1 − Zst 1 − Zst
Das Flammenflächenmodell 161
YB,1
YCO2,b
YO2,2 YB,b
YO2,b
YH2O,b
0 Zst Z 1
Bild 7.2: Die sich aus dem Flammenflächenmodell ergebenden Profile der Massen-
brüche als Funktion des Mischungsbruchs
Luft
Z=0
h = hL
T = TL
Brennstoff
Z1
Z=1 Z2
h = h1
T = T1 Z(xα ,t) = Zst
x1
x2
Bild 7.3: Beispiel einer Diffusionsflamme in einem Brennraum mit adiabaten Wänden
162 Laminare Diffusionsflammen
Der Verlauf der Massenbrüche über Z ist in Bild 7.2 schematisch gezeigt. Man
sieht, dass YB,b und YO2 ,b bei Zst verschwinden, während YCO2 ,b und YH2 O,b dort ihr
Maximum haben.
Zur Bestimmung der Temperatur als Funktion des Mischungsbruches bei vollständi-
ger Verbrennung soll von (2.106) ausgegangen werden. Zunächst ist die Temperatur
Tu als Funktion des Mischungsbruches zu bestimmen. Dazu soll zunächst die Enthal-
piegleichung (5.51) für den Fall konstanten Druckes (dies ist bei offenen Diffusions-
flammen mit sehr guter Näherung der Fall) und vernachlässigbarer Wärmestrahlung
betrachtet werden
∂h ∂h ∂ λ ∂h
ρ + ρvα = . (7.22)
∂t ∂xα ∂xα cp ∂xα
Dabei war die Lewis-Zahl Le = λ/(ρcp D) zu eins gesetzt worden, so dass die Glei-
chung für den Mischungsbruch (7.14) und die Enthalpiegleichung (7.22) gleich wer-
den. Setzt man darüberhinaus noch vergleichbare Randbedingungen voraus, zum
Beispiel h = h1 im Brennstoffstrom bei Z = 1 und h = h2 im Oxidatorstrom bei
Z = 0, wobei sowohl für Z als auch für h an allen anderen Berandungen des In-
tegrationsgebietes Null-Gradienten-Randbedingungen gelten sollen, Bild 7.3. Dies
entspricht für eine Flamme in einem Brennraum zum Beispiel der Annahme adia-
bater fester Wände. Für den Fall einer Diffusionsflamme in unendlicher Umgebung
ist diese Voraussetzung dadurch erfüllt, dass man sich die Wände ins unendliche
versetzt denkt.
Dann besteht zwischen Z und h im gesamten Gebiet die Kopplungsbeziehung
h − h2
Z= (7.23)
h1 − h2
Setzt man nun für das unverbrannte Gemisch cp als konstant voraus, so gilt mit
dh = cp dT und h = hu
Tu − T2
Z= .
T1 − T2
oder
Tu (Z) = T2 + Z(T1 − T2 ). (7.24)
Dabei sind T1 und T2 die Temperaturen des Brennstoff- bzw. des Oxidatorstroms.
Für ein mageres Gemisch bei vollständiger Verbrennung ergibt sich aus (2.106) mit
YB,u = YB,1 Z und konstantem cp die adiabate Flammentemperatur
Im Normalfall, wenn T1 und T2 sich wenig unterscheiden, überwiegt der zweite Term
in (7.25). Die adiabte Flammentemperatur steigt danach linear mit Z an und erreicht
bei Z = Zst im stöchiometrischen Gemisch ihren Maximalwert.
Im fetten Gemisch wird nicht der Brennstoff, dafür aber der Sauerstoff vollständig
verbraucht (YO2 ,b = 0). Statt (2.104) lässt sich für i = B, CO2 und H2 O daher
schreiben
νi Mi
Yi,u − Yi,b = YO2 ,u . (7.26)
νO2 MO2
Das Flammenflächenmodell 163
Tst
Tb
T2 Tu
T1
0 Zst Z 1
Bild 7.4: Die adiabate Flammentemperatur bei vollständiger Verbrennung und die
Temperatur Tu (Z) im unverbrannten Gemisch
Die Temperatur fällt also in diesem Bereich vom Maximalwert bei Z = Zst linear
auf den Wert T1 bei Z = 1 ab.
In Bild 7.4 ist die adiabte Verbrennungstemperatur sowie die Temperatur vor der
Verbrennung über dem Mischungsbruch schematisch aufgetragen.
Aus (7.4) folgt für das stöchiometrische Mischungsverhältnis
1 − Zst νYB,1
= . (7.28)
Zst YO2 ,2
Somit ergibt sich die maximale Flammentemperatur bei Z = Zst sowohl aus (7.25)
und (7.27)
(−∆hm )YB,1 Zst
Tst = Tu (Zst ) +
cp νF′ MB
(7.29)
(−∆hm )YO2 ,2 (1 − Zst )
= Tu (Zst ) + ′ M .
cp νO 2 O2
2500
Tb
[K]
1950
1400
850 chemisches
Gleichgewicht
K p1 → ∞
300
0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12
Z
Bild 7.5: Burke-Schumann-Lösung und Gleichgewichtslösung für die Verbrennung
von Wasserstoff in Luft bei p = 1 atm
wisser Weise sind jedoch bereits durch die Wahl der chemischen Komponenten re-
aktionskinetische Aussagen gemacht worden. So ist es zum Beispiel nicht sinnvoll,
festen Kohlenstoff oder NO und NO2 als Komponenten zuzulassen, da die Bildungs-
geschwindigkeiten dieser Stoffe so langsam sind, dass sie in realen Flammen nicht
den Gleichgewichtszustand erreichen. Problematisch ist darüber hinaus, die Annah-
me chemischen Gleichgewichts im fetten Bereich von Kohlenwasserstoffen. Dabei
zeigt sich, dass sich im Bereich bei Z ≈ 0, 2 bei der Annahme vollständigen Gleich-
gewichts sehr viel größere Werte von CO und H2 ergeben als im Experiment. Bei
H2 -Flammen, bei denen die Bildung von CO im fetten Bereich keine Schwierigkeiten
bereitet, liefert das Gleichgewichtsmodell relativ realistische Ergebnisse, insbeson-
dere hinsichtlich der maximalen Temperatur. Dort ist jedoch die Annahme gleicher
Diffusionskoeffizienten problematisch, da H2 einen um etwa den Faktor 3 größeren
Diffusionskoeffizienten besitzt als zum Beispiel O2 .
Wenn ein laminarer Brennstoffstrahl aus einer runden Düse als Freistrahl austritt
und das sich bildende Gemisch gezündet wird, erhält man eine Freistrahldiffusions-
flamme. Ein anschauliches Beispiel einer laminaren Freistrahlflamme ist die Flam-
me eines Gasfeuerzeugs. Dabei ist zu beachten, dass derartige Flammen nur bei
sehr kleinen Abmessungen stabil sind. Sie beginnen, sobald sie größer werden, auf-
grund von Schwerkrafteinflüssen zu flackern. Wenn der Strahlimpuls erhöht wird,
vermindert sich der relative Einfluss der Schwerkraft in einer Freistrahlflamme, so
dass die Impulskräfte gegenüber den Auftriebskräften überwiegen. Bei großen Ge-
schwindigkeiten gewinnen jedoch hydrodynamischen Instabilitäten (Kelvin-Helm-
holz-Instabilitäten) an Bedeutung, so dass der Freistrahl sehr schnell turbulent wird.
Die folgende Ableitung für eine stationäre laminare Flamme ist jedoch trotzdem aus
zwei Gründen von Interesse:
∂(ρur) ∂(ρvr)
+ = 0, (7.32)
∂z ∂r
∂u ∂u ∂p ∂ ∂u
ρur + ρvr = −r + µr , (7.33)
∂z ∂r ∂z ∂r ∂r
166 Laminare Diffusionsflammen
b(z)
Flammenlänge
L
Z(z,r)
z,u Z(z,r)=Zst
r,v
d
a
u0 u
Brennstoff Luft
Z=1 Z=0
Mischungsbruch:
∂Z ∂Z ∂ µ ∂Z
ρur + ρvr = r . (7.34)
∂z ∂r ∂r Sc ∂r
eingeführt. Für konstante Dichte mit η = r/ζ und µ = µ∞ ist C = 1. Wir wollen hier
zunächst C als Funktion von ζ und η annehmen und eine formale Transformation
der Impuls- und Konzentrationsgleichung durchführen. Für die Stromfunktion wird
der Ansatz
ψ = µ∞ ζF (ζ, η) (7.42)
Fη µ∞
u= ,
η ρ∞ ζ
(7.43)
ρvr = −µ∞ (ζFζ + F − Fη η)
Eine ähnliche Lösung von (7.44) existiert nur, wenn F keine Funktion von ζ ist. Dann
ist u proportional zu ζ −1 die Geschwindigkeit fällt also linear mit (z + a)−1 ab. Dies
erfordert, dass der Chapman-Rubesin Parameter C und die Randbedingungen für
die Geschwindigkeiten unabhängig von z sind (zum Beipiel u = 0, v = 0 für η → 0).
Damit lautet die Gleichung für die dimensionslose Stromfunktion
∂ F Fη ∂ ∂ Fη
− = Cmη ( ) .
∂η η ∂η ∂η η
Für die Größe ω = Z(z, r)/Za (z), wobei Za (z) der Wert auf der Strahlachse ist,
sollen dieselben Transformationen angewendet werden. Dies führt auf
∂ω ∂F ∂ω ∂ ln Za ∂ω ∂ C ∂ω
ζ Fη − + ζFη ω −F = η . (7.45)
∂ζ ∂ζ ∂η ∂ζ ∂η ∂η Sc ∂η
Im Falle einer ähnlichen Lösung verschwinden die beiden ersten Terme auf der linken
Seite, und es ergibt sich
∂ω ∂ C ∂ω
−F = η .
∂η ∂η Sc ∂η
Wenn wir im folgenden C = const setzen, erhalten wir die Lösung
C(γη)2
F =
1 + (γη)2 /4
(7.46)
2Sc
1
ω=
1 + (γη)2 /4
Die Annahme C = const kann formal nicht gerechtfertigt werden. Die vielfach ver-
wendete Annahme ρµ = const führt in (7.41) nicht auf einen konstanten Wert für
den Chapman-Rubesin Parameter. Die Annahme C = const ergibt sich, wenn das
Dichte-Integral im Nenner von (7.41) durch eine mittlere Dichte ρm ersetzt wird und
(ρµ)/(ρm µ∞ ) als konstant angenommen wird.
Die runde laminare Freistrahldiffusionsflamme im Grenzfall unendlich schneller Chemie169
Die Integrationskonstante γ kann schließlich mit Hilfe der Bedingung ermittelt wer-
den, dass der Strahlimpuls unabhängig von ζ ist (siehe Beispiel 7.15). Setzt man die
Lösung in die Impulsbilanz
Z∞
ρu2 rdr = ρ0 u20 d2 /8 (7.47)
0
1 + 2Sc ρ0 u0 d2
L= − a.
32Zst ρ∞ C ν
Diese Gleichung zeigt, dass die Flammenlänge unter den getroffenen Annahmen bei
gegebenem Düsendurchmesser linear mit der Geschwindigkeit und quadratisch mit
den Düsendurchmesser zunimmt. Dies gilt nur für laminare Flammen, bei turbulen-
ten Flammen wird sich zeigen, dass statt der hier auftretenden Reynolds-Zahl eine
Konstante verwendet werden muss.
Beispiel 7.13
Leiten Sie den Impuls- und das Massenintegral für den Brennstoffstrom für einen
rotationssymmetrischen Freistrahl in einer ruhenden Umgebung her.
170 Laminare Diffusionsflammen
u(z,r)
z,u
r,v
d
a
u0 u