Heizlastberechnung Recknagel
Heizlastberechnung Recknagel
Der Wärmeleistungsbedarf für Raumheizung wurde bislang nach DIN 4701 Teile 1 bis 3 "Wärmebe-
darfsberechnung" bestimmt. Diese Norm wird künftig durch die DIN EN 12831 in Verbindung mit der
deutschen Umsetzung in Beiblatt 1 ersetzt. Das dort beschriebene Verfahren wird hier vorgestellt.
In den Ausgaben von 1929, 1944/47 und 1959 war der Berechnungsgang nahezu identisch, nur ein-
zelne Randwerte für die Berechnung wurden dem Stand des Wissens angepasst. Die 1959 berechne-
ten Heizlasten sind leicht geringer als die Werte von 1944/47, aber etwa 20 ... 30 % höher verglichen
mit der Ausgabe der Norm von 1983/89, da mit höheren Ansätzen für den Luftaustausch und größe-
ren Zuschlägen für Räume mit kalten Wandflächen sowie niedrigeren Außentemperaturen gerechnet
wurde.
Die Ausgabe der DIN 4701 von 1983 erfolgte zunächst in zwei Teilen und brachte zahlreiche Ände-
rungen (Berücksichtigung der Bauschwere, Mindestluftwechsel, Teilbeheizung der Nachbarräume) mit
sich. Mit dem nachtäglich in Kraft getretenen Teil 3 der DIN 4701 konnte bei der Heizflächenbemes-
sung ein Sicherheitszuschlag von 15 % pauschal angesetzt werden, wenn der Wärmeerzeuger die
Vorlauftemperatur im Bedarfsfall nicht steigern kann. Diese Option wurde eingerichtet, weil es in der
Praxis wegen der knappen Leistungsbemessung zur Unterversorgung kam.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die Leistungsbemessung nach DIN 4701-1 und 2 (1983)
vor Inkrafttreten des dritten Teils, d.h. ohne 15 % Zuschlag auf die Raumheizflächen, etwa das rech-
nerische Minimum für die Heizlast bedeutet. Sowohl mit den Normausgaben der früheren Ausgaben
der Heizlastberechnung als auch mit der neuen europäischen Norm ergeben sich größere Normleis-
tungen, also installierte Heizkörperflächen und Wärmeerzeugerleistungen. Die bedeutet, dass die
untere Leistungsgrenze für einen behaglichen Anlagenbetrieb abgesteckt werden kann: sie liegt etwas
oberhalb der Normwerte von 1983.
2. Überblick EN 12831
2
Die EN 12831 (August 2003) ist eine europäische Norm, die einen für alle Länder verbindlichen Re-
chenteil (mit Formelwerk) enthält. In die Formeln einzusetzende Standardkenngrößen werden je nach
Land in separaten nationalen Anhängen oder Beiblättern herausgegeben. Sofern ein Land für einzel-
ne Größen keine Standardwerte angibt, gelten die in der EN 12831 Anhang D genannten Werte statt
3
dieser. Der nationale Anhang ist in Deutschland seit April 2004 als Beiblatt 1 zur EN 12831 verfügbar.
Die Normheizlast wird berechnet aus den Anteilen für Transmission und Lüftung. Die Transmissions-
wärmeverluste enthalten die Wärmeverluste nach außen aufgrund von Wärmedurchgang durch die
umschließenden Flächen sowie den Wärmefluss aufgrund Wärmedurchgang zwischen beheizten
Räumen, der dadurch entsteht, dass die Räume auf unterschiedlichen Temperaturniveaus beheizt
werden. Die Lüftungswärmeverluste enthalten Wärmeverluste nach außen aufgrund der Lüftung und
Infiltration durch die Gebäudehülle, sowie den Lüftungswärmefluss zwischen einzelnen beheizten
Räumen innerhalb des Gebäudes.
Die Norm DIN EN 12831 bietet zwei Verfahren zur Bestimmung der Heizlast an, ein vereinfachtes und
ein ausführliches Verfahren. Das vereinfachte Verfahren gilt nur unter bestimmten, vereinfachten Vor-
aussetzungen (kleine Wohngebäude).
1
Jagnow, Kati und Wolff, Dieter; Der Energieberater - Loseblattsammlung; Die neue Heizlastberech-
nung; Wolters-Kluwer; Köln; 2003 ff.
2
DIN EN 12831; Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast;
2003.
3
DIN EN 12831 Beiblatt 1; Nationaler Anhang; 2004. und DIN EN 12831 Beiblatt 1/A1; Änderungs-
blatt; 2005.
Für die Bestimmung der Außenflächen und Volumina nach dem ausführlichen Rechenverfahren
schreibt die Norm EN 12831 keinen bestimmten Bezug auf entweder Außen- oder Innenmaße vor.
Diese Entscheidung liegt im Ermessen der einzelnen europäischen Länder. In Deutschland wurde für
die Berechnung der Heizlast der Außenmaßbezug gewählt. Damit wird die alte Vorgehensweise der
Berechnung nach DIN 4701-1 bis 3 (früher Innenmaßbezug) grundlegend verändert.
Das bedeutet: anders als bisher ergeben sich die der Rechnung zugrunde liegenden Abmessungen
der Bauteile für Längen und Breiten von Außenbauteilen aus den äußeren Rohbaumaßen, für Höhen
der Wände aus den Geschosshöhen, die Abmessungen der Fenster und Türen aus den Maueröff-
nungsmaßen. Das Volumen (für die Lüftungswärmeverluste) wird anhand der lichten Innenmaße be-
stimmt.
Für das vereinfachte Verfahren schreibt die EN 12831 verbindlich für alle Länder den Außenmaßbe-
zug vor. Die Bestimmung der Maße ist in Bild 1 erläutert.
BILD 1 BEZUGSMAßE
Der Bezugspunkt für die vertikalen Maße ist der Abstand zwischen den Geschossoberflächen (die
Dicke des Kellerbodens wird vernachlässigt). Der Bezugspunkt für die Innenwände ist für die horizon-
talen Maße der Abstand der Wandmitten (d. h. bei Innenwänden wird die Hälfte der Wandstärke be-
rücksichtigt). Das Luftvolumen (nach Innenmaßen) kann vereinfacht aus dem Volumen nach Außen-
maßen bestimmt werden, indem es mit dem Faktor 0,8 umgerechnet wird.
Die Außenmaße zur Heizlastbestimmung sind dieselben, die auch für den Energiebedarfsausweis
nach EnEV (Energieeinsparverordnung) verwendet werden. Sie können in die Rechnung nach EN
12831 übernommen werden. Dieser Aspekt dürfte die Rechenarbeit für den Planer und die Zusam-
menarbeit mit den Architekten, Statikern und Tragwerksplanern sehr vereinfachen!
Das Beiblatt 1 enthält die in Deutschland gültigen Eingabedaten und Parameter für die Berechnung
der Heizlast nach DIN EN 12831. Es gilt als nationaler Anhang. Nur Werte, die in diesem Beiblatt 1
nicht genormt sind, müssen aus Anhang D entnommen werden.
Tafel 4-1 zeigt die Verknüpfungen der europäischen Norm EN 12831 mit dem nationalen Anhang Bei-
blatt 1.
Als weitere Änderung ist die Berechnung der früheren k-Werte, heute U-Werte zu nennen. Für die
Berechnung der wärmetechnischen Eigenschaften der Bauteile gelten mehrere europäische Normen.
Dies sind:
1. Bestimmung der meteorologischen Daten, d. h. der Werte für die Norm-Außentemperatur (mini-
male Außentemperatur Θe) und ggf. des Jahresmittels der Außenlufttemperatur (Θm,e zur Berech-
nung der Wärmeverluste an das Erdreich) .
2. Festlegung der Konditionierung der Räume (beheizt oder unbeheizt) und Festlegung der Werte für
die Norm-Innentemperatur Θint jedes beheizten Raumes.
3. Ermittlung der Gebäudedaten, d. h. der Abmessungen (Luftvolumen Vi, Bauteilflächen Ak, ggf.
Längen der Wärmebrücken l) und der wärmetechnischen Eigenschaften aller Bauteile (Wärme-
durchgangskoeffizienten U, ggf. längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizienten für Wärmebrü-
cken ψ) für jeden beheizten oder unbeheizten Raum.
4. Berechnung des Koeffizienten für die Norm-Transmissionswärmeverluste (HT) und Multiplizieren
mit der Norm-Temperaturdifferenz, um die Norm-Transmissionswärmeverluste (ΦT) zu erhalten.
Berücksichtigung aller Wärmeströme: durch die Gebäudehülle nach außen, ins Erdreich, in unbe-
heizte Räume oder in anders temperierte Nachbarräume.
5. Berechnung des Koeffizienten für die Norm-Lüftungswärmeverluste (HV) und Multiplizieren mit der
Norm-Temperaturdifferenz, um die Norm-Lüftungswärmeverluste (ΦV) zu erhalten. Es werden der
Mindestluftwechsel, Angaben zur Gebäudedichtheit, bei Lüftungsanlagen die Zu- und Abluftrate
sowie Zuströmtemperaturen benötigt.
6. Addieren der Norm-Transmissionswärmeverluste und der Norm-Lüftungswärmeverluste zum ge-
samten Norm-Wärmeverlust (Φi).
7. Optionale Berechnung der Aufheizleistung (ΦRH) des beheizten Raumes unter Berücksichtigung
einer Korrekturgröße für die Aufheizleistung. Dies ist eine zusätzliche Leistung für den Ausgleich
zeitlich unterbrochener Beheizung. Sie muss mit dem Auftraggeber vereinbart werden.
8. Die Norm-Heizlast (ΦHL) eines beheizten Raumes ergibt sich aus der Summe der Norm-
Wärmeverluste Φi und der Aufheizleistung ΦRH.
Die einzelnen Schritte bei der Berechnung der Heizlast für eine Gebäudeeinheit oder ein gesamtes
Gebäude sind folgende:
Transmissions-
wärmeverluste
Verlustkoeffizient unbeheizte Räume HT ,iue
Verlustkoeffizient Erdreich ΦT ,i HT ,ig
Verlustkoeffizient beheizte Räume HT ,ij
Innentemperatur Θ int
Außentemperatur Θe
Heizlast
Φ HL ,i
Mindestlüftung V&min,i
Ver-
V&
wärmeverluste
Aufheizzuschlag Φ RH ,i
Im Anhang D der EN 12831 werden keine Norm-Außentemperaturen Θe [in °C] angegeben. Es muss
in jedem Fall in jedem europäischen Land auf die nationalen Anhänge zurückgegriffen werden. Das
deutsche Beiblatt 1 zur EN 12831 enthält die Normaußentemperaturen für über 500 Orte in Deutsch-
land (jeweils mit über 20 000 Einwohnern). Weiterhin werden repräsentative Jahresmitteltemperaturen
angegeben und der Ort ggf. der windstarken Gegend zugeordnet.
Eine Übersicht über die Norm-Außentemperaturen für 15 beispielhafte Referenzstandorte (in Anleh-
nung an die 15 Klimazonen nach DIN 4108-6) zeigt Tafel 6-1.
Sowohl im Anhang D der EN 12831 als auch im deutschen Beiblatt sind verschiedene Innentempera-
turen Θint [in °C] für unterschiedliche Raum- und Gebäudetypen festgelegt. Einen Auszug der in
Deutschland relevanten Werte zeigt Tafel 6-2. Die DIN EN 12831 weist darauf hin, dass bei allen nicht
tabellierten Raumtypen die der Rechnung zugrunde zu legenden Berechnungstemperaturen mit dem
Auftraggeber vereinbart werden sollten.
Die direkten Wärmeverluste des Raumes an die Umgebung HT,ie [in W/K] werden mit Hilfe der Bauteil-
flächen Ak [in m²], der Wärmedurchgangskoeffizienten der einzelnen Bauteile Uk [in W/(m²K)] sowie
unter Berücksichtigung von Wärmebrücken berechnet. Die Betrachtung von Wärmebrücken wurde
neu in das Verfahren der Heizlastberechnung aufgenommen.
Die Wärmebrücken werden entweder aus ihrer Länge ll [in m] und dem Längenbezogenen Wärmever-
lust ψl [in W/(mK)] bestimmt oder es wird ein Zuschlag fc [in W/(m²K)] auf den U-Wert angesetzt.
HT ,ie = ∑ Ak ⋅ U k + ∑ψ l ⋅ l l = ∑ Ak ⋅ ( Uk + fc )
Werte für die Korrekturfaktoren fc sind im deutschen Beiblatt angegeben. Wie bei der Berechnung zur
Energieeinsparverordnung beträgt der Zuschlag ohne Nachweis fc = 0,1 W/(m²K). Werden die Wär-
mebrücken nach DIN 4108 BBl.2 ausgeführt gilt fc = 0,05 W/(m²K). Es ist zu beachten: auf europäi-
scher Ebene gelten deutlich andere Zuschläge, es sind Werte von 0 … 0,35 W/(m²K) zu finden!
Zur Berechung der Wärmeverluste durch unbeheizte Räume an Außenluft HT,iue [in W/K] wird ein zu-
sätzlicher Faktor bu [ohne Einheit] eingeführt. Er kann aus dem Verhältnis der Temperaturdifferenz
zum Nachbarraum bezogen auf die Temperaturdifferenz nach außen berechnet werden. Beispiel: für
einen Raum mit Θi = 20 °C und einen unbeheizten Nachbarraum mit Θu = 5 °C ergibt sich bei einer
Außentemperatur von Θe = -10 °C ein Wert bu = (20-5) / (20-(-10)) = 0,5.
HT ,iue = ∑ Ak ⋅ Uk ⋅ bu + ∑ψ l ⋅ l l ⋅ bu
Auch für unbeheizte Räume, deren Innentemperatur nicht bekannt ist, ist ein Rechenverfahren ange-
geben, welches hier nicht detailliert beschrieben werden soll. Im Standardfall können Werte für bu
jedoch aus nationalen Tabellen entnommen werden. Im deutschen Beiblatt und Änderungsblatt A1
sind Werte im Bereich von 0,25 … 1,0 hinterlegt.
Die Bestimmung der Wärmeverlust an das Erdreich HT,ig [in W/K] basiert auf den Bauteilflächen Ak [in
m²], den äquivalenten Wärmedurchgangskoeffizienten Uequiv,k [in W/(m²K)] sowie auf drei Korrekturfak-
toren Gw, fg1 und fg2 [alle ohne Einheit].
Der äquivalente Wärmedurchgangskoeffizient Uequiv,k wird mit Hilfe von Bildern bzw. Tabellen be-
stimmt. Er hängt u. a. vom unkorrigierten U-Wert sowie der Fläche und des Umfangs der betreffenden
erdreichberührten Bauteile ab.
HT ,ij = ∑ Ak ⋅ U k ⋅ f ij
Die Temperaturen in beheizten und unbeheizten Nachbarräumen werden geringer angenommen als
nach DIN 4701. Beispielsweise ist für beheizte und unbeheizte Räume in angrenzenden Nachbarge-
bäuden die mittlere Außentemperatur maßgeblich. Damit ergebene sich rechnerisch höhere Heizlas-
ten.
Norm-Lüftungswärmeverluste
Die Norm-Lüftungswärmeverluste ΦV [in W] eines Raumes werden aus der Temperaturdifferenz zwi-
schen innen (Θint) und außen (Θe) sowie dem Lüftungswärmeverlustkoeffizienten des Raumes HV [in
W/K] bestimmt.
ΦV ,i = (Θ int,i − Θ e ) ⋅ HV ,i
Die Lüftungswärmeverluste werden - abweichend von der alten Vorgehensweise nach DIN 4701-1 bis
3 - über einströmende Luftvolumenströme V&i [in m³/h] bestimmt. Der Lüftungswärmeverlustkoeffizient
ist das Produkt aus dem maßgeblichen Luftvolumenstrom V& und den Stoffeigenschaften der Luft.
i
Wh
HV = V&i ⋅ ρ ⋅ cP = V&i ⋅ 0 ,34
m³ K
Der maßgebliche Volumenstrom wird für Gebäude mit und ohne mechanische Belüftung unterschied-
lich berechnet. Es werden bestimmt: für alle Räume der Infiltrationsvolumenstrom; für Räume mit me-
chanischer Lüftung zusätzlich der Zuluftvolumenstrom und ggf. ein Luftvolumenstrom, der aus einem
Abluftüberschuss resultiert; für alle Räume ohne mechanische Lüftung der Mindestvolumenstrom.
-1
Für Räume mit manueller Lüftung ist mit Hilfe der Mindestluftwechselrate nmin [in h ] und des Luftvo-
lumens Vi [in m³] ein minimaler Luftvolumenstrom V&min,i [in m³/h] festgelegt, der in der Dimensionie-
rung nicht unterschritten werden soll. Das Luftvolumen kann vereinfacht aus dem umbauten Volumen
Ve eines Gebäudes berechnet werden (Vi = 0,8 ⋅ Ve). Der Mindestluftwechsel nmin ist tabelliert, der
-1
Standardwert beträgt 0,5 h Einen Ausschnitt der Standardwerte, die das Beiblatt der EN 12831 vor-
schlägt, zeigt Tafel 6-3.
V&min,i = nmin ⋅ Vi
Der Infiltrationsvolumenstrom V&inf,i [in m³/h] hängt vom Raumvolumen Vi [in m³] , einem Referenzluft-
wechsel n50 [in h ] als Maß für die Gebäudedichtheit sowie zwei Korrekturfaktoren ei und εi [beide
-1
V&inf,i = 2 ⋅ Vi ⋅ n50 ⋅ ei ⋅ ε i
Der Abschirmkoeffizient ei berücksichtigt den Windeinfluss bzw. die Abschirmung des Gebäudes und
ist ebenfalls tabelliert. Je nach Grad der Abschirmung (windreiche Gegenden und Hochhäuser, Ab-
schirmung durch Bäume oder andere Gebäude, Standorte im Wald oder Stadtmitte) und Anzahl der
Öffnungen nach außen ergeben sich Werte von ei = 0 … 0,05.
Der für die Berechnung maßgebliche Volumenstrom für Gebäude ohne mechanische Lüftung ist der
größere Wert von Mindest- und Infiltrationsvolumenstrom.
Für Gebäude mit mechanischer Lüftungsanlage wird der Volumenstrom V&i [in m³/h] aus drei Anteilen
zusammengesetzt: Der erste Anteil ist der Lufteintrag durch Infiltration V&inf,i [in m³/h].
Den zweiten Anteil bildet die mechanisch zugeführte Luft V&SU ,i [in m³/h]. Dieser Anteil wird ggf. mit
einem Faktor fV,su,i [ohne Einheit] korrigiert, wenn er nicht mit Außenlufttemperatur zuströmt. Dies ist
der Fall, wenn eine Wärmerückgewinnung eingesetzt wird, wenn eine zentrale Luftaufbereitung der
Luft erfolgt oder wenn die Luft aus Nachbarräumen mit anderen Temperaturen einströmt. Es gilt auch
für die Bestimmung von fV,su,i sinngemäß der oben für bu beschriebene Zusammenhang (Temperatur-
differenz innen - Zuluft bezogen auf Temperaturdifferenz innen - außen).
Der dritte Anteil ergibt sich, wenn ein Abluftüberschuss im Gebäude vorhanden ist, d.h. die mecha-
nisch abgezogene Luft aus dem Gebäude größer ist als die mechanisch zugeführte. Die Diffe-
renz V&mech ,inf,i [in m³/h] zum Zuluftvolumenstrom muss über die Außenöffnungen in das Gebäude strö-
men. Hat diese Luft keine Außenlufttemperatur, wird der Volumenstrom V& mit f [ohne
mech ,inf,i V,mech,i
Einheit] korrigiert.
Hinweis: Bei fehlenden Anlagen zu lufttechnischen Anlagen kann der Lüftungswärmeverlust wie für
eine Ausführung ohne lufttechnische Anlage gerechnet werden.
Aufheizzuschlag
In Räumen mit unterbrochenem Heizbetrieb kann optional eine zusätzliche Aufheizleistung berück-
sichtigt werden!
Die zusätzliche Aufheizleistung hängt im Sinne der DIN EN 12831 von der Wärmekapazität der Bau-
teile, der maximal gewünschten Aufheizzeit, vom Temperaturabfall während der Absenkphase und der
eingesetzten Regelung ab. Eine zusätzliche Aufheizleistung ist nicht immer notwendig, wenn das Re-
gelsystem z.B. die Nachtabsenkung in den kältesten Tagen unterbricht und/oder die Lüftungsverluste
während der Absenkphase verringert werden können.
Die zusätzliche Aufheizleistung wird für die Auslegung der Raumheizflächen und des Wärmeerzeu-
gers berücksichtigt! Hier weicht das Verfahren vom Teil 3 der DIN 4701 ab, die nur 15 % Zuschlag für
die Heizflächen zulässt. Die Aufheizleistung muss mit dem Auftraggeber gesondert vereinbart werden!
Φ RH = Ai ⋅ fRH
Raumheizlast
Der gesamte Normwärmeverlust eines beheizten Raumes Φi [in W] berechnet sich im Standardfall aus
dem Norm-Transmissionswärmeverlust ΦT [in W] und dem Normlüftungswärmeverlust ΦV [in W]. Die
Normheizlast eines Raumes ΦHL,i [in W] berechnet sich optional unter Berücksichtigung der zusätzli-
chen Aufheizleistung ΦRH [in W].
Φ i = ΦT ,i + ΦV ,i
Φ HL ,i = ΦT ,i + ΦV ,i + Φ RH ,i
Gebäudeheizlast
Zur Bestimmung der Normheizlast eines gesamten Gebäudes oder Gebäudeteils ΦHL [in W] werden
nur die Transmissions- und Lüftungswärmeverluste der Räume an die Umgebung berücksichtigt. Alle
Wärmeflüsse der Räume untereinander werden vernachlässigt. Die Aufheizzuschläge der Räume
fließen in voller Höhe auch in die Gebäudeheizlast ein.
Φ HL = ΣΦT ,i + ΣΦV ,i + ΣΦ RH ,i
Der Lüftungswärmeverlust für das gesamte Gebäude ist kleiner als die Summe für die einzelnen
Räume, weil für jeden Raum der jeweils schlechteste Wert für den einströmenden kalten Volumen-
strom angenommen wurde. Für Gebäude mit und ohne mechanische Belüftung wird der Gesamtwert
für ein Gebäude wie folgt bestimmt. Für die Berechnung der Lüftungswärmeverluste gilt folgendes:
In Gebäuden ohne mechanische Lüftung ist demnach entweder der Mindestvolumenstrom der Räume
(Summe aller Räume) oder der halbe Infiltrationsvolumenstrom maßgeblich. Die Halbierung erfolgt,
weil jeweils nur zwei Himmelsrichtungen unter Windangriff liegen können.
Ist eine mechanische Lüftungsanlage vorhanden, dann zählt die Summe aus Infiltrationsvolumenstrom
(halbiert), Zuluftvolumenstrom (ggf. vorgewärmt mit Wärmerückgewinnungsgrad ηv) und Zusatzvolu-
menstrom bei Anlagen mit Abluftüberschuss.
Basis für das vereinfachte Rechenverfahren sind wie im ausführlichen Verfahren die Außenmaße der
Bauteile. Normheizlast eines Raumes ΦHL,i [in W] berechnet sich aus den Anteilen für Transmission,
Lüftung und Aufheizzuschlägen. Innen- und Außentemperaturen sowie Aufheizzuschläge entsprechen
den Werten des ausführlichen Verfahrens.
Für die Berechnung der Transmissionswärmeverluste ΦT,i [in W] des Raumes gilt ein vereinfachter
Ansatz. Alle Begrenzungsflächen eines Raumes werden mit einem gemeinsamen Ansatz berechnet.
Für den Raum sind alle Außenflächen A [in m²] sowie die zugehörigen Wärmedurchgangskoeffizien-
ten U [in W/(m²K)] zu bestimmen. Zum physikalischen U-Wert wird ein pauschaler Wärmebrückenzu-
schlag von ∆UWB = 0,1 W/(m²K) addiert.
Die Wärmeverluste für Bauteile, die nicht an Außenluft grenzen, werden mit einem Temperaturkorrek-
turfaktor fk [ohne Einheit] bewertet, siehe
Die Tabelle verdeutlicht: Wenn der Wärmeverlust an einen unbeheizten Raum berechnet wird, z.B.
einen Kellerraum, wird der Faktor 0,8 verwendet. Das heißt, nur 80 % der Temperaturdifferenz zwi-
schen innen und außen werden an diesem Bauteil wirksam. Beispiel: bei 20°C Innentemperatur und -
14°C Außentemperatur wird für den Keller mit einer wirksamen Temperaturdifferenz von 0,8 ⋅ (20 - (-
14))K = 27,2 K gerechnet. Der Keller ist rechnerisch - 7,2 °C warm bzw. kalt.
Die Lüftungswärmeverluste ΦV,i [in W] werden im vereinfachten Verfahren nur anhand des Mindestvo-
lumenstromes V&min [in m³/h] bzw. des Mindestluftwechsels nmin [in h ] bestimmt.
-1
Wh &
Φ V,i = 0,34 ⋅ Vmin,i ⋅ (Θint,i − Θ e )
m³K
Für das vereinfachte Verfahren sind einfache Formblätter verfügbar, die hier nicht abgedruckt sind.
Zur Zeit in der Diskussion ist, auf das vereinfachte Verfahren vollständig zu verzichten.
Die EN 12831 erlaubt flächenbezogene Aufheizzuschläge für die Heizlast eines Raumes. Diese wer-
den in Abhängigkeit von der Gebäudeschwere, der Auskühlung des Raumes, mit der am Auslegungs-
tag zu rechnen ist, und je nach maximal gewünschter Wiederaufheizzeit bestimmt. Da eine Ausküh-
lung von 1 … 2 K für Wohngebäude und bis zu 7 K für Nichtwohngebäude als typische Werte ange-
geben werden, können für gut gedämmte Gebäude sehr große Überdimensionierungen zustande
kommen - siehe Bild 8.
1000
100
10
1
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Heizlast des Raumes ohne Zuschlag, in [W/m²]
Da die Aufheizzuschläge nicht nur auf die Heizflächen gewährt werden, sondern sich in voller Höhe
auch in der Wärmeerzeugerleistung wieder finden, ist besonders bei Gebäuden mit gutem Baustan-
dard die Gefahr der Überdimensionierung groß.
Bei der überschlägigen Heizlastberechnung werden aus Gründen der Vereinfachung nicht alle Be-
grenzungsflächen eines Raumes berücksichtigt, so wie das Verfahren für Neuplanungen dies vorsieht.
Es zählen hier zur Bestimmung der Transmissionsheizlast nur die Flächen, mit denen der Raum an
deutlich andere Temperaturbereiche grenzt. Das sind: Außenflächen, erdreichberührte Flächen und
Flächen zu unbeheizten Dachräumen und Kellern.
Für die vereinfachte Berechnung der Lüftungsheizlast kommt es vor allem auf zwei Dinge an: erstens
wie dicht die Fenster sind und zweitens, ob eine Lüftungsanlage vorhanden ist. Sehr große Lüftungs-
verluste treten in von Rauchern benutzten Räumen und Zulufträumen (Wohnzimmer, Kinderzimmer,
Schlafzimmer) bei Gebäuden mit Lüftungsanlagen auf. In normalen Gebäuden ohne Lüftungsanlagen
sind die Lüftungsverluste größer in Räumen mit undichten Fenstern (Einscheibenfenster) und geringer
bei dichten Fenstern (Zwei- und Dreischeibenverglasung). Ablufträume in Gebäuden mit Lüftungsan-
lagen (Küchen, Flure, innenliegende Bäder und WCs) haben die geringsten Lüftungswärmeverluste.
Die Heizlast lässt sich z.B. mit Hilfe der Werte in Tafel 10-1 bis Tafel 10-5 abschätzen. Tabelliert sind
Heizlasten q&T und q&V [in W/m²]. Die Kennwerte sind jeweils mit der Größe der Fläche A [in m²] zu
multiplizieren, wobei für die Transmissionsheizlast (Transmissionswärmebedarf) die Bauteilflächen
maßgeblich sind, für die Lüftungsheizlast (Lüftungswärmebedarf) jedoch die Grundfläche zählt.
Beispiel: ein Raum mit 16 m² Grundfläche weist 18 m² Außenwand (Vollziegel 24 cm ohne Dämmung)
und 2,8 m² Fenster (doppeltes Wärmeschutzglas, dicht, keine Lüftungsanlage) auf. Die anderen Be-
grenzungsflächen grenzen an andere ähnlich temperierte Innenräume. Die Raumheizlast beträgt ü-
berschlägig: 18 m² ⋅ 74 W/m² + 51 W/m² ⋅ 2,8 m² + 17 W/m² ⋅ 16 m² = 1750 W (Tafel 10-1, Tafel 10-4,
Tafel 10-5).
Die in Tafel 10-1 bis Tafel 10-5 tabellierten Werte gelten für eine minimale Auslegungstemperatur von
-14 °C. Befindet sich das Gebäude an einem Ort, an dem eine andere minimale Außentemperatur
maßgeblich ist, ist die Raumheizlast mit dem Faktor nach
Beispiel: der Beispielraum befindet sich in Wernigerode, es gilt eine Auslegungsheizlast von -16 °C.
Die Raumheizlast beträgt dann: 1750 W ⋅ 1,06 = 1855 W (
Tafel 10-6).
Alternativ zur oben beschriebenen Heizlastabschätzung für bestehende Gebäude anhand der Be-
grenzungsflächen kommt die grundflächenbezogene Berechnung in Frage.
- 120 … 180 W/m² Grundfläche im ungedämmten Bestand mit Baujahren bis in die 1970er Jahre,
- 70 … 100 W/m² für die Bestandsbauten von 1977 bis 1984,
- 50 … 70 W/m² für Gebäude bis zur Wärmeschutzverordnung von 1995
- 25 … 40 W/m² im heutigen Neubau und
- 10 W/m² im Passivhaus.
Die grundflächenbezogene Abschätzung der Heizlast sollte ausschließlich für die überschlägige Be-
rechnung der Gebäudeheizlast (Grundlage der Erzeugerauswahl), nicht jedoch für die Überprüfung
von Raumheizlasten (Heizkörperauswahl) verwendet werden!
Die Heizlast der einzelnen Räume hängt stark von der Lage innerhalb des Gebäudes (Anzahl der
Außenflächen und Fenstergrößen) ab, so dass hierfür die außenflächenbezogene Heizlastberechnung
zu bevorzugen ist, vgl. Bild 9.
a a
d
b b
c c
BILD 9 VERGLEICH DER RAUMHEIZLASTEN FÜR EINEN INNEN- UND EINEN ECKRAUM