Stationäre Wärmeleitung

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Stationre Wrmeleitung

62

3.1 Einfache Geometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

3.2 Wrmedurchgang und Pclet-Gleichungen . . .

69

3.3 Wrmeleitung mit Wrmequellen . . . . . . . . . . . . . . . .

79

3.4 Zweidimensionale Wrmeleitung


(Formfaktoren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

Zusammenfassung

............................................

87

eXerzitien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

bungsaufgaben

89

..............................................

3
BERBLICK

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

STATIONRE WRMELEITUNG

Einleitung

In diesem Kapitel werden Methoden zur Behandlung von Problemen der stationren Wrmeleitung vorgestellt. Dabei stellt sich in einem wrmeleitenden
Medium bei zeitlich unvernderlichen thermischen Randbedingungen nach Abklingen anfnglicher Transienten ein konstanter Wrmestrom bzw. eine konstante Temperaturverteilung ein. Der Speicherterm c T/t der Fourierschen Differentialgleichung (2.15) fllt somit weg, und bei konstanter Wrmeleitfhigkeit vereinfacht
sich (2.15) wie folgt:
2T
2T

2T
+
+
+ = 0.
(3.1)
2
2
2

x
y
z
In Abschnitt 3.1 wird gezeigt, wie diese partielle Differentialgleichung fr quasi-eindimensionale Geometrien vereinfacht und direkt integriert werden kann, um z. B.
Temperaturprofile T(x) und Wrmestrme q(x)

zu bestimmen. Bei der Darstellung


und Diskussion der Lsungen machen wir Gebrauch von dimensionslosen Variablen
und von Analogien zur Elektrotechnik. Dies sind wichtige Begriffe bzw. Methoden,
die uns im Weiteren hufig begegnen werden.
Aufbauend auf den elementaren quasi-1D-Lsungen der Wrmeleitung wird in Abschnitt 3.2 der Wrmedurchgang diskutiert, d. h. die Wrmebertragung zwischen
strmenden Fluiden durch eine Trennwand. Wie sich eine homogene Wrmequelle auf die Verteilungen der Temperatur und des Wrmeflusses auswirkt, wird in
Abschnitt 3.3 erlutert. Am Ende dieses Kapitels wird eine Rechenmethode vorgestellt, mithilfe derer sich auch zweidimensionale Probleme der Wrmeleitung
einfach bearbeiten lassen.

LERNZIELE
Nach dem Studium dieses Kapitels und dem Bearbeiten der bungsaufgaben
werden Sie in der Lage sein,
fr ebene, zylinder- und kugelsymmetrische Geometrien quasi-eindimensionale, stationre Temperaturprofile T(r) als Lsungen der Fourierschen Differentialgleichungen und die zugehrigen Wrmestrme zu berechnen,
durch Reihenschaltung von Wrmeleitwiderstnden bzw. mittels der PcletGleichungen den Wrmetransport durch mehrere Schichten unterschiedlichen Materials zu beschreiben,
mithilfe von Formfaktoren den Wrmestrom in einfachen zweidimensionalen
Geometrien zu berechnen.
In diesem Kapitel werden dimensionslose Variablen eingefhrt, die im Folgenden noch eine wichtige Rolle spielen werden.

62

3.1 Einfache Geometrien

3.1

Einfache Geometrien

Selbst bei praxisnahen Fragestellungen kann die vorgegebene Geometrie hufig nherungsweise als eine ebene, unendlich ausgedehnte Platte betrachtet werden oder sie
weist eine zylindrische bzw. sphrische Symmetrie auf. Die Verteilungen von Temperatur T und Wrmestromdichte q hngen dann nur von einer Ortskoordinate x
(bzw. r) ab, man spricht von quasi-eindimensionalen Geometrien. Innere Wrmequellen sollen vorerst nicht bercksichtigt werden, = 0, die Fouriersche Differentialgleichung (3.1) vereinfacht sich somit zur Laplaceschen Differentialgleichung
n dT
d2 T
+
= 0.
r dr
dr 2

(3.2)

Wie man durch Vergleich mit (2.16), (2.25) und (2.26) sieht, gilt:
n = 0 fr eine ebene Geometrie (man spricht von Wrmeleitung in der Platte),
n = 1 fr eine zylindrische Geometrie ohne Abhngigkeit vom Azimut-Winkel
(Wrmeleitung im Zylinder bzw. im Zylindermantel) und
n = 2 fr eine Geometrie mit sphrischer Symmetrie (Wrmeleitung in der Kugel
bzw. in der Kugelschale).

3.1.1 Stationre Wrmeleitung in der Platte


Wir betrachten eine ebene Platte der Dicke s mit Oberflchentemperaturen TW 1 ,
TW 2 , siehe Abbildung 3.1. Die Temperaturverteilung in der Platte hngt im Rahmen
einer stationren, quasi-eindimensionalen Betrachtung nur von der Ortskoordinate x
ab, im Bereich 0 x s gilt gem (3.2)
d 2T
= 0.
dx 2
2 , A

T1
TW1

q, Q
TW2
1 , A

T2

s
Abbildung 3.1: Ebene Platte der Dicke s mit Oberflchentemperaturen TW 1 , TW 2 und beidseitigem Wrmebergang

63

STATIONRE WRMELEITUNG

Dies lsst sich sofort integrieren:


dT
= C1
dx

(q x = const.)

T(x) = C1 x + C2

(linearer Temperaturverlauf).

Wenn die Wandtemperaturen TW 1 , TW 2 bekannt sind (Randbedingungen der ersten


Art), knnen die Integrationskonstanten C1 C2 sofort bestimmt werden:
T(0) = TW 1

C2 = TW 1

T(s) = TW 2

C1 =

TW 2 TW 1
.
s

Somit liegt in der Platte ein lineares Temperaturprofil sowie konstanter Wrmefluss
bzw. Wrmestrom vor:

T(x) = TW 1 + (TW 2 TW 1 )

dT

= (TW 1 TW 2 )
dx
s

= Aq x = A (TW 1 TW 2 ).
Q
s

q x =

(3.3)
(3.4)
(3.5)

Dieses Ergebnis (3.5) liegt als empirischer Sachverhalt dem Fourierschen Ansatz
fr die Wrmeleitung zugrunde (siehe Abschnitt 2.1) und ist auch im Rahmen einer
Energiebetrachtung unmittelbar einsichtig: Im stationren Fall ist die Temperatur
zeitlich konstant, Wrme kann nirgendwo eingespeichert werden. Daraus folgt aber,
der an der heien Seite in die Platte eintritt, an der kalten
dass der Wrmestrom Q,
Seite die Platte wieder verlassen muss und auch innerhalb der Platte keine Variation

mglich ist, Q(x)


= const. Da die Flche, ber die sich der gesamte Wrmestrom verteilt, bei der ebenen Geometrie nicht vom Ort x abhngt, muss die Wrmestromdichte

q = Q/A
ebenfalls konstant sein.

3.1.2 Stationre Wrmeleitung im Zylinder


Nun soll die stationre Wrmeleitung in der Wand eines langen Rohres der Lnge l
mit Innenradius r1 und Auenradius r2 , l r2 untersucht werden. Im Rahmen einer
quasi-1D-Nherung betrachtet man dazu eine Zylinderschale wie in Abbildung 3.2
skizziert. Die Laplace-Gleichung (3.2) lsst sich fr eine zylindrische Geometrie
(n = 1) wie folgt schreiben:


dT
1 d
r
= 0.
r dr
dr

64

3.1 Einfache Geometrien

T0

Tm

TW1
TW2

r1

r2

Abbildung 3.2: Zylinder- bzw. Kugelschale mit Oberflchentemperaturen TW 1 , TW 2 und beidseitigem Wrmebergang

Mithilfe der Produktregel kann dies leicht berprft werden. Fr die Lsung T(r)
muss gelten
dT
1
r
= const. bzw. dT dr
dr
r
und damit
T(r) = C1 ln(r) + C2 .
Der Wrmefluss q r im Zylindermantel variiert mit 1/r, das Temperaturprofil ist
logarithmisch. Die Integrationskonstanten C1 C2 werden bei bekannten Wandtemperaturen wieder ber die thermischen Randbedingungen bestimmt,
T(r1 ) = TW 1
T(r2 ) = TW 2 .
Das Ergebnis fr den Verlauf von Temperatur und Wrmefluss bzw. -strom im Zylindermantel lautet

T(r) = TW 1 + (TW 2 TW 1 )

ln (r/r1 )

ln (r2 /r1 )


dT
TW 1 TW 2
=
q r (r) =

dr r
r ln(r2 /r1 )
= q r (r) 2 r l =
Q

2l
TW 2 ).
(T
ln(r2 /r1 ) W 1

(3.6)
(3.7)

(3.8)

(Die Schreibweise . . . |r soll andeuten, dass die Ableitung dT/dr an der Position r
ausgewertet wird.)

65

STATIONRE WRMELEITUNG

vom Radius unabhngig dies ist im statioWie bei der Platte ist der Wrmestrom Q
nren Fall ja allein aufgrund der Energieerhaltung einsichtig. Der Wrmefluss q r (r)
hingegen nimmt nach auen hin mit 1/r ab, da im Zylinder die fr den Wrmetransport zur Verfgung stehende Flche 2 r l linear mit dem Radius zunimmt.

3.1.3 Stationre Wrmeleitung in der Kugelschale


Analog zur vorherigen Ableitung findet man fr die Kugelschale, dass Temperatur
und Wrmestromdichte mit 1/r bzw. 1/r 2 abfallen, whrend der Wrmestrom wiederum vom Radius unabhngig ist:

1
1

r
r1

T(r) = TW 1 + (TW 2 TW 1 )
1
1

r2
r1

TW 1 TW 2
dT
= 2

q(r)

=
1
1
dr r
r

r1
r2
4 (TW 1 TW 2 )
= q(r)
.
Q
4 r 2 =
1
1

r1
r2

(3.9)

(3.10)

(3.11)

3.1.4 Wrmeleitwiderstand
Im ersten Kapitel wurde kurz das Ohmsche Gesetz i = als Beispiel eines
Transportgesetzes der Form Fluss = Transportkoeffizient Potentialgeflle erwhnt.
In der Zwischenzeit haben wir das Fouriersche Gesetz der Wrmeleitung q
= T
kennen gelernt, welches von der gleichen Form ist. Die Analogie zwischen Wrmeund Ladungstransport kann man weiterentwickeln: Fr das Ohmsche Gesetz ist
auch die Form
U
I=
R
bekannt. Hier ist I die Stromstrke durch einen elektrischen Leiter mit Widerstand R
und U die anliegende Spannung bzw. Potentialdifferenz U = 2 1 . Der Vergleich
mit (3.5) fr den Wrmestrom in der Platte zeigt, dass man analog formulieren kann
= TW 1 TW 2
Q
R
mit einem Wrmeleitwiderstand R .

66

(3.12)

3.1 Einfache Geometrien

Definition: Wrmeleitwiderstand
s
R
A



K
Einheit
W

(3.13)

Es ist dabei physikalisch einsichtig, dass der Wrmeleitwiderstand mit der Plattendicke s zunimmt, whrend er mit der Wrmeleitfhigkeit und der Plattenquerschnittsflche A abnimmt. Fr Zylinder und Kugel findet man analog


1
r2
fr einen Zylindermantel der Lnge l
R
ln
2 l
r1


1
1
1
R

fr eine Kugelschale.
4 r1
r2

(3.14)
(3.15)

Innen- und Auenradius sind hier jeweils mit r1 und r2 bezeichnet. Auch hier ist
der Wrmeleitwiderstand einerseits vom Stoffwert , andererseits von der Geometrie
abhngig.
Analogien zwischen Wrme- und Ladungstransport werden uns im Folgenden noch
hufig begegnen.

3.1.5 Alternative Herleitung aus einer Wrmestrombilanz


Die Ergebnisse fr den Gesamtwrmestrom in den einfachen Geometrien (Platte,
Zylinder und Kugel) wurden in den letzten Abschnitten durch Integration der Fourierschen Differentialgleichung bestimmt. Alternativ kann der thermische Widerstand z. B. der Zylinderschale direkt aus einer Wrmestrombilanz berechnet werden:
Im stationren Zustand und bei Abwesenheit von Wrmequellen folgt aus der Energieerhaltung, dass der gesamte Wrmestrom, der durch den Zylindermantel tritt,
nicht von der Ortskoordinate r abhngt:

2 )
1 ) = Q(r)
= Q(r
Q(r

r1 r r2 .

Dabei gilt nach Fourier


dT

.
Q(r)
= A q = 2r l
dr
Die Integration dieser Beziehung von r1 nach r2 liefert
r2
r2
TW2
dT
Q
dT.
dr = 2l
dr = 2l
r1 r
r1 dr
TW1

67

STATIONRE WRMELEITUNG

Bi << 1

1
1
+
2
Bi
1
Bi

Bi >> 1

1
1
+
2
Bi
1
2

1
2

1
Bi

Abbildung 3.3: Temperaturprofile bei stationrer Wrmeleitung in Platte (links ), Zylinder (Mitte ) und Kugel (rechts )
in dimensionsloser Darstellung (mit 2 = 2 fr Zylinder bzw. Kugel)

vor das Integral gezogen werden kann, erhlt man


Da der konstante Wrmestrom Q
=
Q

2l
(TW 1 TW 2 ).
ln(r2 /r1 )

Das Inverse des Bruches auf der rechten Seite ist gerade der thermische Widerstand R der Zylinderschale, siehe (3.14) q.e.d.
Analog kann man fr Zylinder oder Platte vorgehen. Leider ist die direkte Anwendung der Wrmestrombilanzen nicht immer mglich z. B. wenn innere Wrmequellen vorliegen bzw. nicht immer einfacher als die (analytische oder numerische)
Lsung der Fourierschen Differentialgleichung.

3.1.6 Dimensionslose Variablen


Die Einfhrung sog. entdimensionierter oder dimensionsloser Variablen gestattet eine
besonders kompakte Notation und eine allgemeingltige grafische Darstellung von
Ergebnissen. Wir stellen dies beispielhaft anhand der in den letzten Abschnitten
bestimmten Temperaturprofile fr Platte, Zylinder und Kugel dar.
Bei stationrer Wrmeleitung in einer Platte mit vorgegebenen Wandtemperaturen ist
die Dicke s der Platte offensichtlich ein charakteristisches Lngenma der
Geometrie, whrend die Differenz TW 2 TW 1 der Wandtemperaturen ein charakteristisches Ma fr das treibende Potentialgeflle ist. Damit liegen die folgenden
Definitionen einer dimensionslosen (auch entdimensionierten) Temperatur bzw.
Ortskoordinate nahe:
T(x) TW 1

TW 2 TW 1
x
.
s

68

3.2 Wrmedurchgang und Pclet-Gleichungen

Mit diesen Gren schreibt sich das oben berechnete Temperaturprofil T(x) in einer
Platte der Dicke s siehe (3.3) wie folgt:
( ) = .
Dabei gelten egal ob TW 2 < TW 1 oder umgekehrt die Randbedingungen (0) = 0
und (1) = 1.
Ganz hnlich findet man mit r/r1 und 2 r2 /r1 fr den Zylinder
( ) =

ln( )

ln(2 )

whrend fr die Kugel gilt:


1 1

.
( ) = 1
2 1

Im Folgenden werden wir die dimensionslose Darstellung von Differentialgleichungen und ihrer Lsungen sowie dimensionslose Kennzahlen noch ausfhrlich diskutieren.

3.2

Wrmedurchgang und Pclet-Gleichungen


Definition: Wrmedurchgang

Wrmebertragung durch mehrere Schichten unterschiedlichen Materials bezeichnet man als Wrmedurchgang.

Eine typische Konfiguration ist die Wrmebertragung zwischen zwei Fluiden,


die durch eine Wand voneinander getrennt sind.
Die Trennwand kann aus mehreren Schichten unterschiedlichen Materials aufgebaut sein, die Temperaturverteilungen in den einzelnen Schichten gengen jeweils (3.2). Die Lsungen fr die stationre Wrmeleitung in Platte, Zylinder oder
Kugel dienen als Bausteine, mit denen eine Gesamtlsung konstruiert wird.
Meist hat man es mit strmenden Fluiden zu tun; dann gilt fr den Wrmebergang zwischen den Fluiden und der Trennwand der Newtonsche Ansatz, (1.1).
In Erweiterung der schon angesprochenen Analogien zur Elektrotechnik werden die
Pclet-Gleichungen fr ebene, zylindrische und sphrische Geometrien hergeleitet.
Die Anwendungen der Pclet-Gleichungen sind vielfltig, z. B. Gebude-Isolation,
die Auslegung von Wrmebertragern (Khlanlagen, Dampferzeuger) und die Khlung elektronischer Bauteile oder Kernbrennelemente.

69

STATIONRE WRMELEITUNG

Beispiel 3.2.1

Heizungsrohr
Wir betrachten den Wrmedurchgang an einem Heizungsrohr mit einem Isolationsmantel aus Schaumstoff. An der Rohrinnenwand liegt Wrmebergang aufgrund von Zwangskonvektion vor, an der Auenwand freie Konvektion. Wrmeleitung ist in der Rohrwand selbst und im Isolationsmantel zu bercksichtigen.

Beispiel 3.2.2

Isolierfenster
Ein Isolierfenster ist ein Glaselement aus zwei oder mehreren planparallelen
Scheiben. Die Scheiben werden auf Abstand gehalten und im Randbereich hermetisch verklebt, sodass zwischen den Scheiben eine Schicht Gas (meist ein
Edelgas) eingeschlossen ist.
Bei einer solchen Konfiguration sind die folgenden bertragungsmechanismen
zu unterscheiden: 1) konvektiver Wrmebergang bei freier Konvektion vom
Innenraum an das Glas, 2) Wrmeleitung im Glas, 3) Wrmeleitung im Gas zwischen den Glsern, 4) Wrmeleitung im Glas, 5) konvektiver Wrmebergang an
die Umgebung (freie Konvektion bei Windstille oder Zwangskonvektion).
Das Isolationsvermgen ist wesentlich der eingeschlossenen Gasschicht zuzuschreiben. Innerhalb gewisser Grenzen (nicht mehr als 20mm) ist durch eine
Vergrerung des Scheibenabstandes eine Verringerung von Wrmeverlusten zu
erzielen.
Nota bene: Bei der Wrmebertragung zwischen Glas und Gas spielt der konvektive Wrmebergang keine Rolle, da man davon ausgeht, dass das eingeschlossene Gas in Ruhe ist.

3.2.1 Pclet-Gleichung fr die Platte


Wir nehmen noch einmal Bezug auf Abbildung 3.1, wollen nun aber nicht wie oben
annehmen, dass die Wandtemperaturen TW 1 , TW 2 unmittelbar bekannt sind. Stattdessen diskutieren wir den Fall, dass wie in Abbildung 3.1 schon angedeutet konvektiver Wrmebergang mit Temperaturen T1 (links) und T2 (rechts) vorliegt
(Randbedingungen der dritten Art). Die in Abschnitt 3.1.1 gefundene Lsung (3.3)
fr das Temperaturprofil in der Platte muss deshalb auf die ueren (bekannten)

70

3.2 Wrmedurchgang und Pclet-Gleichungen

Randbedingungen T1 T2 abgesttzt werden. Dabei macht man sich zunutze,


in
dass aufgrund der Energieerhaltung im stationren Zustand der Wrmestrom Q
der Wand gleich den ber die Oberflche zu- und abstrmenden Wrmestrmen sein
muss. Damit gilt nach Newton bzw. Fourier:
= 1 A (T1 TW 1 ) = A (TW 1 TW 2 ) = 2 A (TW 2 T2 ).
Q
s
Die unbekannten Wandtemperaturen knnen nun eliminiert werden, indem man
schreibt
T1 T2 = T1 TW 1 + TW 1 TW 2 + TW 2 T2 .

Q
Qs
Q
1 A
A
2 A
kommt in allen Termen auf der rechten Seite vor und man findet sofort:
Der Faktor Q

Pclet-Gleichung fr die Platte


Q =

T1 T2
T1 T2
T
T2
=
= 1
.
1
s
1
R1 + R + R2
Rges
+
+
1 A
A
2 A

(3.16)

Diese nach Pclet, einem Zeitgenossen Fouriers, benannte Formel verdeutlicht die
Tatsache, dass in Analogie zur Elektrotechnik beim Wrmedurchgang eine Reihenschaltung thermischer Widerstnde vorliegt, wobei sich der Gesamtwiderstand als
Summe der Einzelwiderstnde ergibt. In Anlehnung an den Wrmeleitwiderstand R
(siehe (3.13) in Abschnitt 3.1.4) definiert man dabei den Wrmebergangswiderstand
wie folgt:

Definition: Wrmebergangswiderstand
R

1
.
A

(3.17)

Im Rahmen der Analogiebetrachtung leuchtet die folgende Beobachtung sofort


ein: Der Temperaturabfall ber eines der in Reihe geschalteten Widerstandsglieder verhlt sich zum gesamten Temperaturunterschied T1 T2 wie der
entsprechende Wert des thermischen Widerstands zum Gesamtwiderstand. Wenn
also z. B. R im Vergleich zu den Wrmebergangswiderstnden Ri i besonders
gro ist, ist auch TW 1 TW 2 entsprechend gro. Siehe hierzu auch Abschnitt 3.2.3.
Hufig, insbesondere bei Gebudehllen, sind mehrere Materialschichten j = 1,
. . . N zu bercksichtigen, was in obiger Formel durch Austausch des mittleren

71

STATIONRE WRMELEITUNG

Terms im Nenner gegen


N

1 s
A
j
N

Rj =

j=1

j=1

erreicht wird.
Beim hier diskutierten Wrmedurchgang durch eine Platte mit beidseitigem Wrmebergang liegt eine Reihenschaltung thermischer Widerstnde vor. Es sind
durchaus Konfigurationen vorstellbar, die als Parallelschaltung von Wrmeleitoder Wrmebergangswiderstnden interpretiert und entsprechend behandelt
werden knnen. Beispiele wie die berlagerung von Wrmeleitung und -strahlung
werden in spteren Kapiteln sowie in den bungsaufgaben vorgestellt.
Whrend z. B. bei schlecht wrmeleitenden Baustoffen kein Kontaktwiderstand
zwischen den einzelnen Schichten infolge (dnner) Luftspalte zu bercksichtigen ist, mssen z. B. bei Kernbrennelementen die Spalte zwischen Zirkalloy-Hlle
und Uranzylinder mit dem sehr gut wrmeleitenden Gas Helium verpresst werden, um den nicht mehr zu vernachlssigenden Kontaktwiderstand mglichst
klein zu halten.
Im Labor oder in der Elektrotechnik wird oftmals Wrmeleitpaste verwendet, um
den Kontaktwiderstand zwischen Bauelementen zu verringern.

3.2.2 Wrmedurchgangskoeffizient (U-Wert)


Bei der Wrmedmmung von Gebuden findet blicherweise der U-Wert Verwendung (frher k-Wert).

Definition: Wrmedurchgangskoeffizient
U
1
+
i

1
N

s
j =1


Einheit

1
+
j
a


W
.
m2 K

(3.18)

Indizes i : innen, a : auen.

Damit schreibt man fr den gesamten Wrmestrom einfach


= U A (T1 T2 ).
Q

(3.19)

Die U-Werte von Isolierfenstern im Zwei-Scheiben-Aufbau liegen somit im Bereich


U = 13W/(m2 K), noch niedrigere Werte knnen durch beschichtete DreifachIsolierverglasungen erreicht werden. Solche Klimaschutzglser erreichen bis
zu 05W/(m2 K). Im Bauwesen verlangt Vollwrmeschutz fr Auenmauern

72

3.2 Wrmedurchgang und Pclet-Gleichungen

U < 04W/(m2 K), was z. B. fr Mauerziegeln mit Wrmedmmverbundsystem durch


Wandstrken von etwa 50cm erreicht wird. Normwerte fr die Wrmebedarfsberechnung von Gebuden sind Ti = 20 C; Ta = 15 C; i = 68W/(m2 K); a =
15W/(m2 K).

3.2.3 Grafische Lsung fr den Wrmedurchgang


Bei einer Reihenschaltung von N thermischen Widerstnden1 gilt
=
Q

Tges
Rges

fr den gesamten Temperaturabfall Tges ber den Gesamtwiderstand Rges = R1 +


R2 + . . . + RN und genauso
= Tn
Q
Rn
fr den Temperaturabfall Tn ber den n-ten Widerstand. Folglich ist der Potentialabfall pro Widerstand, bezogen auf die treibende Temperaturdifferenz Tges , proportional zum Anteil des Einzelwiderstands am Gesamtwiderstand,
Tn
Rn
=
.
Tges
Rges

(3.20)

Aus dieser Beobachtung kann man ein einfaches grafisches Verfahren zur Lsung
oder Diskussion von Problemen des Wrmedurchgangs bei ebener Geometrie ableiten, siehe Abbildung 3.4. Dazu skizziert man die Platte so, dass ihre Dicke dem
Wrmeleitwiderstand s/ entspricht. Dann trgt man die Temperaturniveaus T1
und T2 ein und bestimmt darauf mastblich zwei Punkte jeweils im Abstand 1/i
(entsprechend dem Wrmebergangswiderstand) von der Plattenoberflche. Verbindet man schlielich diese beiden Punkte durch eine Gerade ( in der Skizze),
2

T1

TW1
TW2
1

T2

1/ 1

s/

1/ 2

Abbildung 3.4: Zur grafischen Lsung des Wrmedurchgangs bei der ebenen Platte

1 Natrlich gilt dies in Analogie auch fr Ohmsche Widerstnde.

73

STATIONRE WRMELEITUNG

so ergeben die Schnittpunkte mit den Stirnflchen der Platte die Wandtemperaturen TW 1 und TW 2 . Innerhalb der Platte entspricht die Verbindungsgerade der Temperaturverteilung, auerhalb der Platte ist dies, wie in der Abbildung angedeutet,
nicht so, da dort Konvektion und Wrmeleitung die Temperaturverteilung bestimmen (siehe Kapitel 10).

3.2.4 Pclet-Gleichung fr den Zylinder


Die Pclet-Gleichung fr den Zylinder beschreibt den Wrmedurchgang an einem
durchstrmten Rohr, siehe Abbildung 3.2. Ausgehend von (3.8) argumentiert man
wie im Abschnitt 3.2.1 fr die Platte, allerdings ist in den Newtonschen Ansatz fr
den Wrmebergang an der inneren Rohrwand eine adiabate Mischtemperatur Tm
einzusetzen:
= 1 2 r1 l (Tm TW 1 ) = 2 l / ln(r2 /r1 ) (TW 1 TW 2 ) = 2 2 r2 l(TW 2 T ).
Q
Was unter der Mischtemperatur zu verstehen ist, wird in Abschnitt 7.2 genauer erlutert, vorlufig halten wir lediglich fest, dass sie eine effektive, ber den Rohrquerschnitt gemittelte Temperatur darstellt, deren Wert zwischen der Achsentemperatur
T0 = T(r = 0) und der Wandtemperatur TW 1 liegt. Nach Elimination der Wandtemperaturen TW 1 TW 2 folgt die

Pclet-Gleichung fr den Zylinder


Q =

Tm T
2 l (Tm T )

=
.
1
r2
1
1
R1 + R + R2
+ ln
+
1 r1

r1
2 r2

(3.21)

Die thermischen Widerstnde fr den Zylinder sind dabei wie folgt definiert:
R =


1
r2

ln
2l
r1

Rj =

2 l j rj

j = 1 2.

Bei mehreren Schichten ist der mittlere Term im Nenner wie bei der Platte durch
eine Summe zu ersetzen.
Fr dnnwandige Rohre mit Radienverhltnissen r2 /r1 < 14 nhert man durch
Taylor-Reihenentwicklung mit einem Fehler kleiner 1%

ln

r2
r1


2

r2 r1

r2 + r1

was dem Wrmeleitwiderstand einer Platte der Dicke s = r2 r1 mit Flche A =


2 l(r2 + r1 )/2 entspricht.

74

3.2 Wrmedurchgang und Pclet-Gleichungen

3.2.5 Pclet-Gleichung fr die Kugelschale


Nach dem mittlerweile bekannten Muster beschreibt man auch den Wrmedurchgang bei einer Kugelschale.

Pclet-Gleichung fr die Kugelschale


Q =

4 (T1 T2 )

1 1
1
1
+

+
r1
r2
1 r12
2 r22
1

(3.22)

wobei T1 die Temperatur des Fluids im Kugelbehlter ist.


Bildet man analog zur Platte die Wrmedurchgangszahl U fr Zylinder oder Kugel,
so ist immer anzugeben, auf welche Flche sich die Durchgangszahl bezieht. Dies
wird ersichtlich durch
a ).
i ) = Ui Ai (TW T ) = Ua Aa (TW T ) = Q(r
Q(r

(3.23)

Da die uere Mantelflche Aa = 4 ra2 einer Kugelschale grer ist als die innere,
Ai = 4 ri2 , muss gelten Ua < Ui . Analoges gilt fr den Zylinder.

3.2.6 Sonderflle
Extrem dicke Krper
Fr die drei eben behandelten einfachen Krper Platte, Zylinder und Kugel soll der
Grenzfall extrem groer Dicke untersucht werden, und zwar unter Vernachlssigung
der bergangswiderstnde 1 2 und damit TW 2 T2 sowie TW 1
T1 bzw. TW 1 Tm .
Platte:

= A (T1 T2 ).
Q
s

0, R .
fr s geht Q
Hohlzylinder:
=
Q

2l
(Tm T2 )
ln (r2 /r1 )

0, R . Da ln(x) schwcher als jede andere Funktion


fr r2 geht Q
allerdings nur sehr langsam auf 0 ab.
gegen Unendlich geht, nimmt Q
Hohlkugel:
=
Q

4
(T1 T2 ).
1/r1 1/r2

75

STATIONRE WRMELEITUNG

= 4r1 (TW 1 TW 2 ). Demnach wird in den dreidimensional


Fr r2 folgt Q
unendlichen Raum ein endlicher Wrmestrom ausgespeichert. Dies gilt auch fr
ellipsoide oder scheibenfrmige Hohlrume.
Ein Lebewesen wie die Made im Speck muss folglich auch im dicksten Schinken nicht an berhitzung eingehen, sofern es seine biologisch bedingte Wrme so begrenzt, sodass mit TW 1 = TMade und TW 2 = TSchinken gilt:
produktion Q

Q
< 37 C.
TMade = TSchinken +
4r1
Kritischer Radius
Viel hilft viel ist eine Grundregel des Maschinenbaus die allerdings nicht immer
richtig ist, wie das (scheinbare) Paradoxon des kritischen Radius zeigt:
Wir betrachten ein durchstrmtes Rohr also z. B. eine Warmwasserleitung , das
auen mit einem Mantel an Isolationsmaterial versehen ist. Man wrde doch erwarten, dass sich der Wrmedurchgang also die Wrmeverluste an die kalte Umgebung
mit zunehmender Dicke des Isolationsmantels in jedem Fall verringern sollte. Dem
ist aber nicht so, wie sich mithilfe der Pclet-Gleichung fr den Zylinder leicht zeigen lsst.
Vereinfachend kann 1 angenommen werden (was bei durchstrmten, wrmegedmmten Rohren meist eine gute Nherung darstellt), d. h. der innere Wrmebergangswiderstand wird vernachlssigt. Vernachlssigt wird auch die Wandstrke und
damit der Wrmeleitwiderstand des Rohres selbst, sodass wir uns auf das Wechselspiel zwischen dem Wrmeleitwiderstand des Isolationsmaterials und dem ueren
Wrmebergangswiderstand konzentrieren knnen.
Fr den Zylinder gilt dann mit (3.21):
=
Q

2l (Tm T )

.
r2
1
1
ln
+

r1
2 r2

Konstant bleiben sollen 2 , , r1 , l und T; zu variieren ist der Auenradius r2 .


Mit der Einfhrung dimensionsloser Variablen

Auenradius

Innenradius


Wrmeleitwiderstand
2 r1

Bi =

Wrmebergangswiderstand
r2
=
r1


Wrmestrom
Q
=

2 2 r1 l (Tm T ) Wrmestrom ohne Isolation

76

(3.24)
(3.25)

(3.26)

3.2 Wrmedurchgang und Pclet-Gleichungen

Abbildung 3.5: Zum kritischen Radius: Wrmedurchgangscharakteristik des Hohlzylinders, d. h. entdimensionierte


Wrmeverlustrate als Funktion des Radienverhltnisses = r2 /r1 . Maximaler Wrmestrom jeweils am kritischen Radius crit

vereinfacht sich die obige Beziehung zu


=

1
Bi ln() +

1

(3.27)

Abbildung 3.5 zeigt den dimensionslosen Wrmestrom als Funktion des Auenradius fr verschiedene Werte des Parameters Bi. In der Tat sehen wir, dass fr
Bi < 1 ein Maximum der Wrmeverluste bei einem kritischen Auenradius crit erreicht wird bzw. die Isolationsschicht erst eine gewisse Mindestdicke annehmen
muss, damit die Wrmeverluste geringer sind als beim nackten Rohr.
Dieses Ergebnis lsst sich so berprfen: Ein Extremum des dimensionslosen Wrmestroms findet man durch Null setzen der ersten Ableitung:
1 Bi
d
=
2
d
1 + Bi ln

(3.28)

d
1
=0=
.
d
Bi

(3.29)

Ein Extremum findet sich also bei r2 /r1 = 1/Bi oder r2 = /2 . Fr die zweite Ableitung am Extremum findet man

Bi
d 2
=

< 0.
2

d
1 2
= 1/ Bi
1 + ln
Bi
Es liegt also in der Tat ein Maximum des Wrmestroms vor. Dieses Maximum liegt
jedoch nur dann im physikalisch realisierbaren Bereich = r2 /r1 1, wenn Bi 1
gilt.
Folglich kann ein Maximum des Wrmestroms am kritischen Radius crit = 1/ Bi
auftreten, wenn der Innenradius r1 und der uere Wrmebergangskoeffizient 2

77

STATIONRE WRMELEITUNG

klein sind, die Wrmeleitfhigkeit hingegen eher hoch ist. Dies ist wie folgt zu
interpretieren: Beim Zylinder (wie auch bei der Kugel, s. u.) erhht sich mit dem
Radius r2 zwar die hemmende Wirkung des Isolationsmantels und damit auch R ,
jedoch nimmt auch die fr den ueren Wrmebergang zur Verfgung stehende Flche 2 r2 l zu somit verringert sich der Wrmebergangswiderstand R2 . Solange
R2 den gesamten thermischen Widerstand R = R + R2 dominiert, kann sich dieser
mit zunehmendem verringern.

Beispiel 3.2.3

Elektrokabel
Wir betrachten ein Elektrokabel mit Drahtdurchmesser r = 2mm, PVC-Isolation
mit = 015W/m-K, Wrmebergangskoeffizient 2 = 15W/m2 -K und damit
Bi = 02. Der maximale Wrmestrom tritt auf bei einem Gesamtradius r2 =
10mm und wir drfen beruhigt schlieen, dass selbst ein dicker Isoliermantel
die Abfuhr der Jouleschen Verlustwrme begnstigt.

Fr die Hohlkugel liefert die analoge Ableitung fr das Extremum


2
r2
=
r1
Bi

oder

r2 =

whrend fr die Platte gilt, dass mehr Isolationsmaterial wirklich in jedem Fall besser isoliert.

3.2.7 Kennzahl von Biot


Die in (3.25) eingefhrte Biot-Zahl Bi [], benannt nach Jean-Baptiste Biot, einem
Zeitgenossen Fouriers, ist die erste einer Reihe dimensionsloser Kennzahlen, die wir
in diesem Buch kennen lernen werden. Kennzahlen, gebildet als eine dimensionsfreie Kombination von charakteristischen Einflussgren oder Stoffwerten, sind von
groem Nutzen, um z. B. Wrmetransport- und Strmungsvorgnge qualitativ und
quantitativ zu charakterisieren.
Viele Kennzahlen lassen sich anschaulich als Verhltnis zweier physikalischer Effekten interpretieren. So ist die Biot-Zahl als Verhltnis des Wrmeleitwiderstands (Wrmeleitung durch einen Krper) zum Wrmebergangswiderstand (Wrmetransport
von der Oberflche des Krpers zum umgebenden Fluid) zu verstehen,
Bi

78

R
.
R

3.3 Wrmeleitung mit Wrmequellen

Im Licht dieser Interpretation wird auch klar, warum der Parameter Bi entscheidet,
ob ein Maximum des Wrmestroms bei einem kritischen Radius crit > 1 berhaupt realisiert werden kann (konkret war die Forderung Bi < 1).
Wie noch gezeigt wird, spielt die Biot-Zahl nicht nur beim Wrmedurchgang, sondern auch bei Problemen der Wrmeleitung mit Quellen (siehe Abschnitt 3.3) oder
bei der instationren Wrmeleitung (siehe Kapitel 4 und 14) eine wichtige Rolle.
Weitere wesentliche Anmerkungen zu den Kennzahlen finden sich in Kapitel 12.

Definition: Biot-Zahl
Bei Wrmeleitung in einem Krper der Ausdehnung L mit Wrmeleitfhigkeit und Randbedingung der dritten Art definiert man eine Biot-Zahl
L
Bi

(3.30)

die als Verhltnis des Wrmeleit- zum Wrmebergangswiderstand interpretiert werden kann.

3.3

Wrmeleitung mit Wrmequellen

Wir haben in den ersten Abschnitten dieses Kapitels stationre Lsungen der Fourierschen bzw. Laplaceschen Differentialgleichung ohne innere Wrmequellen diskutiert. Dabei fliet in den betrachteten Gebieten ein zeitlich konstanter Wrmestrom, dessen Quellen und Senken auerhalb der betrachteten Bereiche liegen. Nun
wollen wir den Fall betrachten, dass im Krper Wrme freigesetzt und durch Wrmeleitung abgefhrt wird. Bei Aufgaben dieser Art gilt es, die Temperaturverteilung zu
bestimmen, wie sie sich je nach Strke und rumlicher Verteilung der Wrmequellendichte einstellt. Wir beschrnken uns wieder auf die drei quasi-eindimensionalen
Geometrien Platte, Zylinder und Kugel. Im stationren Fall reduziert sich die Fouriersche Differentialgleichung (siehe (2.16)) mit inneren Wrmequellen zur PoissonGleichung. Diese lautet in quasi-eindimensionaler Form vgl. mit (3.2) fr Platte,
Zylinder resp. Kugel (n = 0 1 2):
n dT

d 2T
+
+ = 0.
r dr

dr 2

(3.31)

3.3.1 Konstante Wrmequellendichte


Grundstzlich kann die Wrmequellendichte vom Ort, von der Zeit und von der
Temperatur abhngen z. B. wenn Wrme durch chemische Reaktionen freigesetzt
wird. Wir gehen allerdings in diesem Abschnitt davon aus, dass die Wrmequellendichte eine Konstante ist2 .
2 Ein Beispiel mit rumlich variabler Wrmequellendichte und variabler Auentemperatur
wird in Abschnitt 7.3 diskutiert.

79

STATIONRE WRMELEITUNG

Die folgenden Randbedingungen sind in der Praxis hufig relevant:


Symmetrie (bei der Platte auch Adiabasie) bei r = 0:

dT
= 0.
dr 0
Randbedingung der dritten Art bei r = R:

dT
= (TW T ).

dr r=R
In diesem Fall werden Differentialgleichung und Randbedingungen fr alle drei Geometrien durch ein Polynom zweiten Grades, d. h. eine parabolische Temperaturverteilung, erfllt. Dies zeigt man mit dem Ansatz
T(r) = a + b r + c r 2 .
Damit lautet die quasi-eindimensionale Poisson-Gleichung (3.31) :

n
b + 2 c r + = 0.
r

Aus der Randbedingung bei r = 0 folgt b = 0 und aus der Differentialgleichung


bestimmt man den Koeffizienten c:

2c (1 + n) + = 0

c=
.
2(1 + n)
2c +

Mit der Randbedingung bei r = R gilt fr den Koeffizienten a


2c R = (a + c R2 T )
R
c R2 + T .

Zusammenfassung (siehe auch Abbildung 3.6):

a = 2c

Stationre Wrmeleitung
mit konstanter Wrmequellendichte
Temperaturverteilung im Krper (0 r R ):

T (r ) = T +

R 2
2(n + 1)


1+

2
r
.
R

(3.32)

Fr den Wrmefluss an der Auenwand gilt


q (R ) =
mit n = 0 1 2 fr Platte, Zylinder bzw. Kugel.

80


dT
R
=
dr R
n +1

(3.33)

3.3 Wrmeleitung mit Wrmequellen

T0

w
TW

r
2R

Abbildung 3.6: Symmetrische Temperaturverteilung in den drei einfachen Krpern (Platte, Zylinder, Kugel) bei konstanter Wrmequellendichte

Beispiel 3.3.1

Maximaltemperatur Mikroprozessor
Im Beispiel 1.4.1 wurde die Oberflchentemperatur TW eines konvektiv gekhlten Mikroprozessors mit 15W thermischer Leistung bei einem Wrmebergangskoeffizienten von 150W/m2 -K zu 74 C abgeschtzt. Nun wollen wir berlegen,
ob die Temperaturen im Inneren des Prozessors einen maximal zulssigen Wert
von 80 C berschreiten knnen.
Die folgenden vereinfachenden Annahmen werden gemacht:
quaderfrmige Geometrie mit Oberflche A = 0002m2 und Dicke R = 3mm
rckseitig adiabate Montage des Chips
homogene Wrmequellendichte
konstante Wrmeleitfhigkeit = 2W/m-K
Fr die Wrmequellendichte gilt
=

Q
W
= 25 106 3 .
AR
m

Die Maximaltemperatur wird an der adiabaten Rckwand r = 0 erreicht und fr


n = 0 (ebene Geometrie) berechnet man mit (3.32):


R
2
2
1+
= 796 C.
Tmax = T(0) = T +
2
R
Damit kommt man der zulssigen Maximaltemperatur schon gefhrlich nahe.

81

STATIONRE WRMELEITUNG

3.3.2 Dimensionslose Darstellung der Lsung


Mit den Definitionen

T T

R
2 /

Bi

lsst sich das Temperaturprofil (3.32) kompakt in dimensionsfreier Form darstellen:


( ) =



2
1
1+
2
2(n + 1)
Bi

0 1.

(3.34)

Im Zentrum bzw. an der Oberflche des Krpers gilt:


(0) =

1
n+1

1
1
+
2 Bi


und (1) =

1 1
.
n + 1 Bi

Qualitativ sind die Temperaturverhltnisse in einer Platte (n = 0) fr groe bzw.


kleine Werte der Biot-Zahl Bi in Abbildung 3.7 dargestellt. Wir haben oben schon
erlutert, dass die Biot-Zahl als Verhltnis des Wrmeleitwiderstands (im Krper)
zum Wrmebergangswiderstand (vom Krper an die Umgebung) zu interpretieren
ist. Man sieht also, dass bei kleiner Biot-Zahl der Temperaturabfall ber den Wrmeleitwiderstand R , also vom Inneren zur Oberflche des Krpers, vergleichsweise
klein ist, whrend umgekehrt bei groer Biot-Zahl der Transportwiderstand R und
so auch die Temperaturdifferenz zwischen Krperoberflche und Umgebung klein
ist. Eine hnliche Beobachtung in Analogie zum Spannungsabfall an elektrischen
Widerstnden haben wir schon bei den Pclet-Gleichungen diskutiert.

Bi
1
2

Bi
1
2

Bi
1

1
Bi
1
2

Bi

1
2

1
Bi

Abbildung 3.7: Wrmeleitung in einer Platte mit konstanter Wrmequellendichte und Randbedingung der dritten
Art: qualitative Darstellung der Temperaturverhltnisse fr kleine und groe Biot-Zahlen

82

3.4 Zweidimensionale Wrmeleitung (Formfaktoren)

Beispiel 3.3.2

Maximaltemperatur Mikroprozessor (2)


Wir betrachten noch einmal den konvektiv gekhlten Mikroprozessor, der in
Kapitel 1.4 erstmals vorgestellt wurde. Wie im Beispiel 3.3.1 gezeigt, kommt man
bei einem Wrmebergangskoeffizienten von 150W/m2-K der maximal zulssigen Temperatur T = 80 C schon bedenklich nahe. Darf man bei den vorliegenden Verhltnissen noch eine merkliche Temperaturabsenkung erwarten, wenn
der Wrmebergangskoeffizient z. B. durch einen leistungsfhigeren Ventilator
erhht wird?
Um dies zu beurteilen, bestimmen wir zuerst die Biot-Zahl fr die betrachtete
Konfiguration:
150 0003
R
=
= 0225.
Bi =

2
Da Bi R /R , drfen wir den Schluss ziehen, dass bei einem Wrmebergangskoeffizienten von 150W/m2 -K der konvektive Wrmebergang den gesamten
Wrmetransport dominiert und deshalb eine Erhhung von sehr wohl zu einer
deutlichen Absenkung der Temperatur auch im Inneren der CPU fhren sollte
(vgl. hierzu auch das Paradoxon des kritischen Radius, siehe Abschnitt 3.2.6).
Allerdings nimmt die relative Temperaturberhhung zwischen Oberflche und
Rckwand, die man definieren kann als
(1/2 + 1/ Bi) 1/ Bi
Bi
T(0) T(R)
=
=

T(R)
1/ Bi
2
mit der hheren Biot-Zahl bereits etwas zu.
Bei einem Wert = 200W/m2 -K ergibt sich z. B. eine Wandtemperatur T(R) =
615 C, eine Maximaltemperatur T(r = 0) = 671 C und eine Biot-Zahl Bi = 03.

3.4

Zweidimensionale Wrmeleitung (Formfaktoren)

Wie in Abschnitt 3.1 gezeigt, fliet zwischen den Umrandungsflchen von Platte,
der sich
Zylinder und Kugel mit Temperaturen TW 1 bzw. TW 2 ein Wrmestrom Q
gem
= TW 1 TW 2
Q
R
berechnen lsst. Die Wrmeleitwiderstnde R fr Platte, Zylinder und Kugel sind
dabei jeweils umgekehrt proportional zur Wrmeleitfhigkeit des Mediums und
hngen ansonsten nur von der Geometrie ab. Dies legt die folgende Schreibweise

83

STATIONRE WRMELEITUNG

nahe:

= S (TW 1 TW 2 )
Q

(3.35)

mit einem Formkoeffizienten S (shape factor, Einheit [m]).


Fr die einfachen Krper findet man durch Vergleich mit den Ergebnissen des Abschnitts 3.1:
S=

A
s

fr die Platte

S=

2 l
ln(r2 /r1 )

fr den Zylindermantel und

S=

4
1
1

r1
r2

fr die Kugelschale.

Beziehungen gem (3.35) zwischen Wrmestrom, Wrmeleitfhigkeit, Temperaturdifferenz und Form des Krpers lassen sich auch fr andere Geometrien und insbesondere prismatische Krper herleiten.
Voraussetzung ist, dass
1.

der Querschnitt des wrmeleitenden Krpers einen ebenen, einfach zusammenhngenden, ansonsten aber beliebig geformten Bereich bildet (siehe Abbildungen 3.83.12),

2.

bei ansonsten adiabaten Oberflchen an der Umrandung auf zwei getrennten


Abschnitten die Temperaturen TW 1 und TW 2 aufgeprgt sind.

Die Wrme fliet dabei ausgehend von einem Abschnitt der Umrandung mit konstanter Temperatur TW 1 durch den Krper hin zum zweiten Abschnitt mit konstanter
im Krper ist dabei im AllgeOberflchentemperatur TW 2 . Die Wrmestromdichte q
meinen nicht homogen oder isotrop.
Fr den Zylindermantel kann man wie fr alle prismatischen Krper (Profilstangen) alternativ einen lngenbezogenen, dimensionslosen Formkoeffizienten (auch
Formfaktor genannt) einfhren:
SL
sodass man schreiben kann:

84

S
l

(Einheit [])

= l SL T.
Q

3.4 Zweidimensionale Wrmeleitung (Formfaktoren)

SL =

T2
r
T1

SL


2
a
a
ln +
1
r
r2

2
ln(2a/r)

fr

a
> 5.
r

Abbildung 3.8: Rohr im halbunendlichen Bereich

SL =
r2

r1
T2

2



ln u + u2 1

mit

T2

u
a

a2 r12 r22
.
2r1 r2

Abbildung 3.9: Zwei Rohre im unendlichen Bereich

a
2
> 14 : SL
b
093 ln(a/b) 00502

T2
b
a

T1

a
2
< 14 : SL
b
0785 ln(a/b)

Abbildung 3.10: Schacht (innen und auen quadratisch)

T2
d
a

T1

SL

2
.
ln(108 a/d)

Abbildung 3.11: Schacht (innen kreisfrmig)

2r
T1

S = 4r. (dreidimensional)

T2

Abbildung 3.12: Scheibe auf halbunendlichem Krper

85

STATIONRE WRMELEITUNG

Beispiel 3.4.1

Unterirdisch verlegtes Fernheizungsrohr


Ein isoliertes Fernheizungsrohr mit Gesamtdurchmesser d = 04m ist in einer
Tiefe von h = 12m verlegt. Fr den Formfaktor gilt nach Abbildung 3.8:
SL =

2


h +
ln d/2

h2 1
(d/2)2

= 254.

Fr die Wrmeleitfhigkeit des Erdreichs darf man = 06W/m-K annehmen.


Bei einer langen Frostperiode mit Oberflchentemperatur T2 15 C und einer
Temperatur T1 am ueren Rand der Rohrisolation von 5 C berechnet man den
Verlustwrmestrom pro Meter Rohrlnge wie folgt:

Q
W
W
= SL T = 06 254 (5 + 15)
= 304 .
l
m
m

Abbildungen 3.83.11 zeigen (lngenbezogene) Formkoeffizienten SL fr prismatische Krper (zweidimensional) mit zwei isothermen Umrandungen. Abbildung 3.12
gibt den Formkoeffizienten S fr eine Kreisscheibe mit der Temperatur T1 an, die
Wrme an einen sehr groen Krper mit Temperatur T2 bertrgt.
Weitere Formfaktoren finden sich in den ARBEITSUNTERLAGEN und der Fachliteratur [4, 2, 10].
Die Formkoeffizienten ruhen auf soliden mathematischen Grundlagen. Es wurde
bereits in Abschnitt 3.1 erwhnt, dass sich die stationre Fouriersche Differentialgleichung fr isotrope, homogene Krper mit temperaturunabhngiger Wrmeleitfhigkeit ohne innere Wrmequellen zur Potentialgleichung (Laplace-Gleichung) vereinfacht. In kartesischen Koordinaten fr zwei Dimensionen lautet diese
2T
2T
+
= 0.
x 2
y 2

(3.36)

Die enge Beziehung dieser Gleichung zur Funktionentheorie einer komplexen


Variablen ermglicht exakte analytische Lsungen, die den Formkoeffizienten zugrunde liegen. Es gibt brigens ganz hnliche Ergebnisse fr die Elektrostatik und
Elektrotechnik.
Interessant ist der Vergleich der S-Werte fr eine isotherme halbkugelfrmige
(napffrmige) Vertiefung im halbunendlich ausgedehnten Raum (Erdboden) mit
dem entsprechenden Wert fr die Kreisscheibe auf dem Halbraum.

86

Zusammenfassung

Aus obiger Beziehung folgt:


SHalbkugel = 2 r.
Abbildung 3.12 entnimmt man:
SKreisscheibe = 4 r1 .
Demnach erhht eine isotherme halbkugelfrmige Vertiefung den in den Halbraum eingetragenen Wrmestrom um 57% gegenber einer isothermen Kreisscheibe.

ZUSAMMENFASSUNG
Die Pclet-Gleichungen kombinieren elementare Lsungen fr die stationre
Wrmeleitung in einfachen, quasi-1D-Geometrien (Platte, Zylinder, Kugel).
So kann der Wrmedurchgang (inkl. des zugehrigen Koeffizienten U) durch
mehrere Schichten unterschiedlichen Materials bzw. ber die Grenzschichten
des konvektiven Wrmebergangs hinweg berechnet werden. Dies entspricht
einer Reihenschaltung von Wrmebertragungswiderstnden.
Die Energieerhaltung bereits bei der Herleitung der Fourierschen DGL bentigt findet hufig explizit Anwendung bei der Lsung von Wrmetransportproblemen (in diesem Kapitel: Absttzen auf uere Randbedingungen, alternative Herleitung der Pclet-Gleichung aus einer Wrmestrombilanz).
Dimensionslose (oder bezogene) Gren erlauben oft eine besonders kompakte und bersichtliche Darstellung von Ergebnissen.
Bei konstanter Wrmequellendichte und Randbedingungen der dritten Art
ergibt sich fr Platte, Zylinder und Kugel jeweils ein parabolisches Temperaturprofil.
Die Biot-Zahl
Bi

Wrmeleitwiderstand
R

Wrmebergangswiderstand

wurde als die erste einer Reihe wichtiger Kennzahlen (dimensionsfreie Kombinationen von Einflussgren) eingefhrt. Sie spielt beim (scheinbaren) Paradoxon des kritischen Radius beim Wrmedurchgang eine wichtige Rolle und
ist ein qualitatives Ma fr die relative berhhung des Temperaturprofils im
Krper bei der Wrmeleitung mit Quellen.
Formkoeffizienten bzw. Formfaktoren erlauben die Berechnung von Wrmestrmen in einfachen (quasi-)zweidimensionalen Geometrien, typischerweise
sog. prismatische Krper.

87

STATIONRE WRMELEITUNG

e
erzitien
Lsungshinweise

Richtig
oder falsch?

Wenn man die Wrmebilanz eines Einfamilienhauses aufstellt, so ist der


Khlschrank in der Kche aufgrund des Wrmedurchgangs bei nicht-idealer
Isolation insgesamt als eine Wrmesenke (= negative Wrmequelle) zu betrachten.
In einem homogen-isotropen Krper zeigt im stationren Zustand das Temperaturprofil zwischen ebenen, parallelen Isothermenflchen einen exponentiellen Abfall.
Weil die Mantelflche einer Zylinderschale proportional zu ihrem Radius
zunimmt, muss im stationren Fall (ohne Wrmequellen) die radiale Wrmestromdichte indirekt proportional zum Radius abnehmen, sodass sich ein
logarithmischer Temperaturverlauf ergibt.
Die Diskussion des kritischen Radius beim Zylinder hat gezeigt, dass mehr
Isolationsmaterial, z. B. um ein Heizungsrohr, nicht immer zu reduzierten
Wrmeverlusten fhrt. Dies lsst sich anschaulich wie folgt erklren: Vergrert man die Dicke des Isolationsmantels, so erhht man den Wrmeleitwiderstand, verringert aber den Wrmebergangswiderstand, da die fr den
konvektiven Wrmebergang zur Verfgung stehende Mantelflche ebenfalls
zunimmt. Da Wrmeleit- und Wrmebergangswiderstand in Reihe geschaltet sind, ist eine Verringerung des Gesamtwiderstands mglich unter der
Voraussetzung, dass der Wrmebergang den Gesamtwiderstand dominiert.
Beim Wrmedurchgang ist der U-Wert gleich dem Inversen des soeben angesprochenen Gesamtwiderstands.
Es sind auch Konfigurationen denkbar, die einer Parallelschaltung von Wrmeleitwiderstnden entsprechen.
Die Biot-Zahl Bi / ist das (entdimensionierte) Verhltnis des Wrmeleitzum Wrmebergangswiderstand.
Das Anbringen von Isolationsmaterial an einem Rohr lohnt sich bei einer
Biot-Zahl Bi < 1 nur, wenn der uere Radius r2 des Isolationsmaterials grer ist als der kritische Radius rc = r1 / Bi.
Voraussetzung fr die Anwendbarkeit der Formfaktoren ist eine jeweils einheitliche Temperatur auf den verschiedenen Umrandungsflchen.

88

bungsaufgaben

Wrmeleitung mit konstanter Wrmequellendichte:


Eine dnne, ebene Platte (einseitig adiabat, Dicke R), ein langer Zylinder und
eine Kugel (jeweils Durchmesser R) aus dem gleichen Material sind vom selben
Fluid mit konstanter Temperatur T ber- bzw. umstrmt. Die jeweiligen Wrmebergangskoeffizienten sind als unendlich gro zu betrachten.
Das Temperaturmaximum (bezglich T ) betrgt im Zylinder das Doppelte
desjenigen in der Kugel.
Das Temperaturmaximum betrgt in der Kugel nur ein Drittel desjenigen in
der Platte.
Das Temperaturmaximum bezglich T ist im Zylinder grer als in der
Platte, da die Mantelflche einer koaxialen Zylinderschale mit dem Radius
linear zunimmt und somit die Wrme aus den ueren Bereichen besser abgefhrt werden kann.

bungsaufgaben
1.

In Abschnitt 3.2.3 wurde eine grafische Methode zur Diskussion des Wrmebergangs an der ebenen Platte vorgestellt.

Lsungen

berlegen Sie, was passiert, wenn einer der Wrmebergangskoeffizienten


sehr gro wird, z. B. 1 . Welchem Typ Randbedingung entspricht dies?
Wie kann man Probleme mit einer Randbedingung der zweiten Art an einer
Oberflche (z. B. Wrmestromdichte q 1 gegeben) mit dem grafischen Verfahren lsen?
Wie muss man dieses Verfahren anpassen, um es auch fr den Zylinder oder
die Kugel einsetzen zu knnen?
2.

Trapper John baut sich in Kanada eine Blockhtte. Bar


jeglicher architektonischer Ambitionen fgt er einen
Quader mit Seitenlngen von 3 bzw. 4m und Hhe 2m
x
D
zusammen. Die Wnde der Dicke D = 20cm sind aus
Holz.
Nun versucht Trapper John abzuschtzen, wie viel
Ta
Brennholz er braucht, um durch den Winter zu kommen. Er berlegt, dass er abgehrtet, wie er ist bei einer Wand- bzw. Deckentemperatur Ti = 10 C noch halbwegs komfortabel wohnen kann. Fr die
Auenseite der Htte geht er von einer mittleren Temperatur Ta = 15 C aus.
Wie viel Raummeter Brennholz braucht Trapper John bei diesen Verhltnissen
pro Monat?
Ti

89

STATIONRE WRMELEITUNG

Rechnen Sie vereinfachend mit richtungs- und temperaturunabhngiger Wrmeleitfhigkeit = 017W/m-K der Wand (Seitenwnde und Dach der Htte
werden gleich behandelt, Wrmeverluste durch den Boden werden vernachlssigt, Fenster und Tr werden nicht weiter bercksichtigt).
Skizzieren Sie als Erstes das Temperaturprofil in der Wand.
Leiten Sie anhand einer thermischen Energiebilanz an einem differentiellen
Element eine Differentialgleichung fr die Temperatur T(x) her (1D-Betrachtung, 0 < x < D).
Lsen Sie die Differentialgleichung allgemein, bestimmen Sie die Konstanten mithilfe der Randbedingungen. berprfen Sie das Ergebnis der ersten
Teilaufgabe.
Wie gro ist die Wrmestromdichte durch die Wand?
Wie gro ist der gesamte Wrmeleitwiderstand R der Htte? Welche Gesamtheizleistung P wird bentigt, um das angestrebte Temperaturniveau aufrecht
zu erhalten?
Wie viele Raummeter (rm) Brennholz werden pro Monat bentigt? Legen Sie
dabei einen Heizwert von 1800kW h/rm fr Brennholz und einen Wirkungsgrad von 50% fr Trapper Johns Kanonenofen zugrunde.
3.

Trapper John hat nicht bercksichtigt, dass aufgrund des Wrmebergangswiderstands zwischen Raumluft und Innenseite der Wnde bzw. Decke die Raumtemperatur Ti etwas ber der Wandtemperatur Ti liegen wird.
Bestimmen Sie bei ansonsten unvernderten Bedingungen diesen Temperaturunterschied bei einem Wrmebergangskoeffizienten i = 5W/m2 -K.
Welche weiteren Wrmetransportmechanismen knnen noch zu Trapper
Johns Wohlbefinden beitragen?

4.

Leider stellt Trapper John bald fest, dass das Flachdach der Htte nicht ganz
wasserdicht ist. Das stndige Tropfen von der Decke hrt erst auf, als starker
Frost kommt und die Oberseite des Daches bei Temperaturen Ta < 0 C gefriert.
Mit dem ersten starken Schneefall bemerkt Trapper John erfreut, dass er weniger
Brennholz braucht, um die Htte warm zu halten, weil die dicke Schneedecke
auf dem Dach mit der geringen Wrmeleitfhigkeit = 005W/m-K als zustzliche Isolation wirkt.
Bestimmen Sie mit der in Kapitel 3.2.3 vorgestellten grafischen Methode die
Temperaturen in Dach und Schneedecke. Fr die Wrmebergangskoeffizienten gelte i = 5W/m2 -K, a = 20W/m2 -K. Die Schneedecke ist 40cm
dick, fr die Raum- und Umgebungstemperaturen gelte Ti = 12 C und
Ta = 20 C.
Wie gro ist die Wrmedurchgangszahl (U-Wert) des schneebedeckten Daches
bei diesen Bedingungen? Zum Vergleich: Wie gro ist der U-Wert des Daches
ohne Schnee?

90

bungsaufgaben

Ab welcher Dicke der Schneedecke muss Trapper John damit rechnen, dass
die Schneedecke zu tauen beginnt und wieder Schmelzwasser von der Decke
tropft?
5.

Bei quasi-eindimensionaler stationrer Wrmeleitung in einer Kugel gilt fr die


Wrmestromdichte in radialer Richtung q(r)

1/r 2 (warum?). Zeigen Sie, dass


deshalb T(r) 1/r und somit
T(r) =

C1
+ C2
r

eine Lsung der Fourier- bzw. Laplace-Gleichung (3.2) bei sphrischer Symmetrie darstellt. Bestimmen Sie fr eine Kugelschale mit Wandtemperaturen TW 1
und TW 2 die Konstanten C1 und C2 aus den Randbedingungen.
6.

Leiten Sie hnlich wie in Abschnitt 3.1.5 anhand einer globalen Bilanz fr den
die Ergebnisse der Gleichungen 3.13 und 3.15 fr den WrmeWrmestrom Q
leitwiderstand einer Platte bzw. einer Kugel her.

7.

Durch ein langes Stromkabel mit Kupferkern (Querschnittsflche A) und PVCIsolationsmantel der Dicke h = r2 r1 fliet ein elektrischer Strom der Strke I.
Ohmsche Verluste bei elektrischer Leitfhigkeit setzen im Kupfer Wrme frei,
die ber die Oberflche des Kabels bei einem bergangskoeffizienten an die
Umgebung abgegeben wird. Die Wrmeleitfhigkeiten K und PVC seien temperaturunabhngig.
Stellen Sie dar, wie man abhngig von den gegebenen Gren die Temperatur
an der Achse des Drahtes im stationren Zustand bestimmen kann. ber welche Kontrollvolumina bilanzieren Sie? Wie lauten die Differentialgleichungen
fr die Temperatur im Kupferkern bzw. im Isolationsmantel? Welche sind die
Koppelbedingungen an der Grenzflche zwischen Kupferkern und Isolationsmantel?
T1 T3

8.

T3 T4

Ti

Ta

Eine Gebudewand besteht aus zwei Platten (Dicke d, Flche A, Wrmeleitfhigkeit


). Der Zwischenraum (Abstand s) ist zur
Erzielung einer guten Isolierwirkung mit
PU-Schaum ausgeschumt (Wrmeleitfhigkeit s ). Der Wrmebergangskoeffizient i
aufgrund freier Konvektion im GebudeInneren und der Wrmebergangskoeffizient
a aufgrund erzwungener Konvektion an der
Auenseite sowie Innen- und Auentemperatur sind bekannt.

durch die Wand als Funktion der TemperaturGeben Sie den Wrmestrom Q
differenz (Ti Ta ) an, dabei sei Ti > Ta .

91

STATIONRE WRMELEITUNG

Zeichnen Sie das Blockschaltbild der Wrmeleit- und Wrmebergangswiderstnde.


Bestimmen Sie einen Wrmedurchgangskoeffizienten U [W/m2 -K], sodass
= UAK (Ti Ta ) einfach berechnet werden
der gesamte Wrmestrom gem Q
kann.
9.

Warum sind viele Isolationsmaterialien (z. B. Styropor und Glaswolle) pors?


Welchem Ersatzschaltbild von Wrmetransportwiderstnden entspricht ein solches Material?

10. Eine 10mm starke Platte aus Eisen und eine 20mm starke Aluminiumplatte werden aufeinandergelegt, wobei zwischen beiden ein Luftspalt von 1/100mm verbleibt.
Berechnen Sie den Wrmetransportwiderstand Rges dieses Sandwiches.
Begrnden Sie, warum dabei konvektiver Wrmebergang zwischen Metall
und Luft im Spalt nicht bercksichtigt werden muss.
Mittels Wrmeleitpaste (mit Leitfhigkeit ) wird der Luftspalt eliminiert. Wie gro ist der gesamte Wrmetransportwiderstand Rges nun?
Wrmeleitfhigkeiten :
Eisen
Aluminium
Luft
11.

15
240
0026

W/m-K
W/m-K
W/m-K

In Kapitel 3.2.3 wurde eine Methode vorgestellt, um den Wrmedurchgang bei


T
Randbedingungen der dritten Art grafisch
TW
zu analysieren. berlegen Sie, wie diese
Methode anzupassen ist, wenn wie in der
T Skizze gezeigt, auf der linken Seite ein
konstanter Wrmefluss aufgeprgt wird
s /
1/
(RB der zweiten Art).
Wie ist der Temperaturunterschied T zwischen linker und rechter Plattenoberflche mastblich zu bestimmen, um die Wandtemperatur TW abschtzen
zu knnen?
T0

Die folgenden Einflussgren seien bekannt: q


s und T .

92

bungsaufgaben

12.

1
1

T1

s/2
s

T2
AL

AK

Der Kontaktwiderstand zwischen zwei sich


berhrenden Festkrpern soll mit einem einfachen Modell abgeschtzt werden. Dazu
werden die Verhltnisse in dem mikroskopisch kleinen Kontaktbereich idealisiert.
Es wird angenommen, dass im Kontaktbereich mit einem mittleren Abstand s sich auf
der Flche AK die Materialien direkt berhren und auf der Flche AL die beiden Krper
durch eine Luftschicht getrennt sind.
Die Wrmeleitfhigkeiten der Festkrper 1 ,
2 sowie der Luft L sind bekannt. An der
Kontaktstelle herrschen die Temperaturen T1
und T2 .

Welcher Wrmestrom wird jeweils durch die Flche AL bzw. AK bertragen?


Welcher Wrmestrom wird insgesamt durch die Kontaktflche A = AL + AK
bertragen?
Bestimmen Sie einen sog. Kontaktkoeffizienten Uc [W/m2 -K], sodass der Gesamtwrmestrom gem
= Uc A(T1 T2 )
Q
einfach berechnet werden kann.

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