DEUTSCH MASSIVUMFORMUNG Massivumformung Kurz Und Bündig

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Massivumformung

kurz und bündig


Vorwort des Herausgebers
Produkte der Massivumformung haben von jeher den Fokus gestellt, gleichzeitig aber auch Ergebnisse
eine große Bedeutung in vielen Branchen mit unter­ aus anwendungsorientierten Forschungs- und Ent­
schiedlichsten Anwendungen. Durch umfassende wicklungs-Projekten und erkennbare Zukunftstrends
Weiter­entwicklung der Verfahren und Verfahrenskom­ berücksichtigt.
binationen, der Werkstoffe, der Werkzeugtechnik und
der verwendeten Maschinen ergeben sich ständig Den Autoren, Prof. Dr. Rainer Herbertz, Dipl.-Ing. Ha­
weitere Gestaltungsmöglichkeiten der Produkte. Mit rald Hermanns und Dipl.-Ing. Rainer Labs, ist eine
dieser Entwicklung hat die Bedeutung der Massiv­ schnell verständliche und übersichtliche Darstellung
umformung immer weiter zugenommen. Auch der aller Aspekte der Massivumformung gelungen.
verstärkte Trend zum Leichtbau konnte durch die
Massivumformung in den vergangenen Jahren maß­ Das Ziel, ein Fachbuch mit praktischer Ausrichtung
geblich unterstützt werden. zu schreiben, konnte unter anderem dadurch er­
reicht werden, dass die Konzeption des Buchs und
Über die etablierten technischen Möglichkeiten, aber die Ausgestaltung der einzelnen Kapitel von einem
auch über die neueren Entwicklungen aus Forschung 4-köpfigen Redaktionsbeirat intensiv begleitet wur­
und Technik wurde in der Vergangenheit immer wie­ den, dessen Mitglieder dem Kreis der Fach- und
der in zahlreichen Einzelpublikationen berichtet. In­ Führungskräfte namhafter Unternehmen der Branche
sider der Branche erhalten hierüber Gelegenheit, angehören.
ihr Wissen um die Massivumformung zu erweitern.
Branchenferne Personenkreise beziehungsweise Dem Industrieverband Massivumformung e. V., dem
Neu- und Quereinsteiger haben diese Möglichkeit Redaktionsbeirat, zahlreichen Unternehmen der
im Allgemeinen nicht. Deshalb lag es nahe, in einem Branche, den Maschinenherstellern und vielen Au­
anwendungsbezogenen Fachbuch die technischen toren von Fachliteratur sei an dieser Stelle für die
Aspekte rund um die Massivumformung kurz und großzügige und vielfältige Unterstützung in Form von
bündig darzustellen. Ideen, Anregungen, Beiträgen und Beistellung von
Dokumentationsmaterial gedankt; ohne diese Unter­
Das Ziel dieses Buchs liegt ausdrücklich nicht in der stützung wäre die Erstellung des Fachbuchs in dieser
wissenschaftlichen Darstellung der Massivumform­ Form nicht möglich gewesen.
technik; dazu gibt es bereits umfangreiche Literatur,
auch in Form von Lehrbüchern. Der Anspruch dieses
Buchs liegt vielmehr in einer umfassenden Darstellung
der praxisorientierten Massivumformtechnik und ihrer
vielfältigen Möglichkeiten, anspruchsvolle Produkte zu
entwickeln und herzustellen. Daraus leitet sich auch
die Zielgruppe ab. Angesprochen sind vornehmlich
Auszubildende, Studierende, Quereinsteiger und Ab­
nehmer von Massivumformteilen, die sich schnell und
umfassend einen Überblick über die Massivumfor­
mung verschaffen wollen. Dieser Anspruch gab auch
die Darstellungsform vor: Die Breite der Themen hat
Vorrang vor der Tiefe, auf mathematische Abhandlun­
gen und Formeln wird soweit wie möglich verzichtet, Dipl.-Ing. Hans Ulrich Volz
die praktischen Aspekte stehen im Vordergrund, der Vorsitzender des Ausschusses
Text ist einfach und knapp gehalten, Bilddarstellungen Öffentlichkeitsarbeit/Technische Information des
wurde der Vorrang eingeräumt. Dabei wurden beste­ Industrieverbandes Massivumformung e. V.
hende und etablierte Technologien und Verfahren in 58093 Hagen, im April 2013

3
Impressum
Autoren: Prof. Dr.-Ing. Rainer Herbertz, Iserlohn
Dipl.-Ing. Harald Hermanns, Iserlohn
Dipl.-Ing. Rainer Labs, Bönen

Redaktionsbeirat: Dipl.-Ing. Ramdan Haoua,


CDP Bharat Forge GmbH, Ennepetal
Dr.-Ing. Dipl.-Phys. Stephan Huber,
SEISSENSCHMIDT AG, Plettenberg
Dr.-Ing. Felix Schmieder,
Hirschvogel Eisenach GmbH und
Hirschvogel Aluminium GmbH, Marksuhl
Dipl.-Ing. Hans Ulrich Volz,
Jung, Boucke GmbH & Co., Halver

Bilder: Siehe Bildernachweis Seite 157

Verantwortlich für die Gesamtherstellung: Industrieverband Massivumformung e. V., Hagen


Dorothea Bachmann Osenberg

Titelbild: Bauteilabbildungen: CDP Bharat Forge GmbH,


Hirschvogel Automotive Group,
Jung, Boucke GmbH & Co.,
SEISSENSCHMIDT AG,
www.fotolia.com, Stahlplatte 2, Jörg Vollmer

Illustrationen: Grafik Design Peter Kanthak, Wickede (Ruhr)

Layout und Satz: Grafik Design Peter Kanthak, Wickede (Ruhr)

Ausgabe: Nachdruck April 2015

ISBN: 978-3-928726-32-0

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte,


auch die der Übersetzung und Vervielfältigung, vorbe-
halten. Auszugsweise Wiedergabe des Inhalts nur
nach Rückfrage beim Industrieverband Massivum­
formung e. V. mit Quellenangabe gestattet.

Den Veröffentlichungen des Industrieverbands liegen


die Ergebnisse der Gemeinschaftsforschung der im
Industrieverband Massivumformung e. V. zusammen-
geschlossenen Mitgliedsunternehmen zugrunde.

4
Inhalt
Seite

1 Einleitung 9

2 Massivumformteile – Potenziale und Einsatzbereiche 13

3 Grundlagenverständnis zum Umformen von Metallen 23

3.1 Metallphysikalische Grundlagen 24


3.2 Einfluss der Umformung 26
3.3 Einfluss der Temperatur 28
3.4 Einfluss der Umformgeschwindigkeit 29
3.5 Einflüsse auf die Fließkurve 29
3.6 Einordnung der Verfahren in Warm-, Kalt-, Halbwarmumformung 30

4 Werkstoffe für die Massivumformung 33

4.1 Stahlwerkstoffe 33
4.2 Aluminiumwerkstoffe 36
4.3 Sonstige Werkstoffe 36
4.4 Anlieferungszustand 38

5 Verfahren der Massivumformung 39

5.1 Walzen 40
5.2 Freiformen 43
5.3 Gesenkformen/Gesenkschmieden 46
5.4 Fließpressen 49
5.5 Weitere Verfahren 50

6 Verfahrensschritte vor und nach der Umformung 51

6.1 Trennen 51
6.2 Vorfertigung für die Kaltumformung 54
6.3 Erwärmen 54
6.4 Entzundern 56
6.5 Abgraten/Lochen 58
6.6 Nachformen 59
6.7 Wärmebehandlung für Rohteile aus Stahl 60
6.8 Wärmebehandlung für Rohteile aus Aluminium 65
6.9 Oberflächenbehandlung 66
6.10 Mechanische Bearbeitung 68

5
Inhalt
Seite

7 Prozessketten der Massivumformung 69

7.1 Prozesskette Gesenkschmieden 70


7.2 Prozesskette Fließpressen 74
7.3 Prozesskette Kombinationsverfahren Warm- und Kaltumformung 77
7.4 Prozesskette Freiformschmieden und Ringwalzen 82

8 Maschinen der Massivumformung 87

8.1 Einteilung der Umformmaschinen 87


8.2 Maschinenarten 89
8.3 Automatisierung von Umformmaschinen 97
8.4 Spezielle Anlagen 98

9 Werkzeuge der Massivumformung 105

9.1 Gesenkaufbau 106


9.2 Beanspruchung von Umformwerkzeugen 110
9.3 Werkzeugfertigung 111

10 Gestaltung und Eigenschaften der Umformteile 113

10.1 Allgemeine Gestaltungsregeln 115


10.2 Gestaltungsregeln für das Gesenkschmieden 117
10.3 Allgemeingültige Toleranzen 119
10.4 Toleranzen für Gesenkschmiedeteile aus Stahl 120
10.5 Oberflächenqualität 123

11 Qualitätssicherung 125

11.1 Planungsverfahren 126
11.2 Prüfverfahren 131

12 Produktentwicklung 135

12.1 Bauteilentwicklung 136


12.2 Fertigungsprozessentwicklung 137
12.3 3D-CAD-Modell 139
12.4 Werkzeugfertigung 140
12.5 Rapid Prototyping 140

6
Inhalt
Seite

13 Kosten- und Mengenstrukturen 143


13.1 Materialkosten 144
13.2 Werkzeugkosten 144
13.3 Rüstkosten 145
13.4 Fertigungskosten 145
13.5 Ausschuss und Nacharbeit 146
13.6 Logistikkosten 146
13.7 Verwaltung und Vertrieb 146
13.8 Kostenstruktur 146

14 Berufsbilder 149

15 Literaturverzeichnis 155

16 Weitere Literatur 156

17 Bildernachweis 157

7
8
1 Einleitung
Der Begriff Massivumformen ist die Sammelbezeich­
nung für alle Verfahren, bei denen durch Werkzeuge
an einem metallischen Werkstück Querschnittsände­
rungen erzeugt werden, ohne dabei Material abzu­
tragen.

Die Massiv­um­for­mung ge­hört zu den äl­testen Ar­beits­


tech­ni­ken des Men­schen. Schon um 8.000 v. Chr.
wur­den die in der Na­tur vor­kom­men­den reinen Me­
talle – Gold, Sil­ber, Kupfer – durch das Massiv­um­
form­ver­fah­ren Schmie­den und mit einfachsten Werk­
zeu­gen zu Schmuck und Ge­brauchs­gegen­stän­den
ver­ar­bei­tet.

Bild 1.1: Skizze aus den Darstellungen am Grabe des


Rechmirê (circa 1.450 vor Christus)

Dem Wirken der antiken bis frühmittelalterlichen


Schmiedetechnik setzte allein die verfügbare Mus­
kelkraft hinsichtlich der Größe der erzeugten Tei­
le eine Grenze. Durch die Nutzung der Wasserkraft
zum Antrieb von Blasebälgen und dem Handham­
mer nachempfundenen Stielhämmern gab es einen
Entwicklungssprung. An den Flussläufen entstan­
den sogenannte Hammerwerke, in denen eiserne
Hammerköpfe (Bären) an dicken Buchenstielen von
Wasserrädern bewegt wurden und auf entsprechend
große Ambosse schlugen. Hammerwerke dieser Art
bestimmten bis weit in das 19. Jahrhundert hinein die
Schmiedetechnik.

Bild 1.2: Wasserkraftgetriebener Eisenhammer (um 1780)

Mit der Nutzung der Dampfkraft stand eine Ener­


giequelle von bis dahin nicht gekannter Größe zur
Verfügung. Dadurch wurde auch der Standort eines
Hammerwerks unabhängig von dem Vorhandensein
eines Flusslaufs. Dampfmaschinen wurden zum An­
trieb von Transmissionen genutzt, die ihrerseits Fall­
hämmer antrieben.

Bild 1.3: Blick in die Produktionshalle der Schmiedag in


Hagen (um 1910)

9
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts
setzte mit dem Beginn der Indus­
trialisierung eine starke Entwick­
lung des Gesenkschmiedens ein.
Jetzt entstanden größere Mengen
gleicher Bauteile aus geschmie­
detem Stahl zum Beispiel für den
Eisenbahnbau. Um die Jahrhun­
dertwende wurden die ersten
Dampfhämmer gebaut, die zur
Verstärkung der Fallenergie mit
Oberdruck arbeiteten. Der größte
deutsche Dampfhammer mit ei­
nem Bärgewicht von 50 Tonnen
– der berühmte Dampfhammer
Fritz – nahm 1861 bei Krupp sei­
ne Arbeit auf. In Amerika wurde
gar ein Hammer mit einem Bärge­
wicht von 125 Tonnen in Betrieb
genommen. Etwa zur gleichen Zeit
begann auch die Entwicklung der
Freiformschmiedepressen, die all­
mählich im schwereren Gewichts­
bereich die Hämmer abzulösen
Bild 1.4: Dampfhammer „Fritz“, Standort Essen (1861) begannen.

Die stärksten Entwicklungsimpulse für die Massivumformung gingen im 20. Jahrhundert vom Fahrzeugbau
aus. Die Anforderungen der Märkte an die geometrischen und mechanischen Eigenschaften, die Zuverlässig­
keit, die Produktivität und die Wirtschaftlichkeit von Massivumformbauteilen stiegen rasant. Damit mussten
sich Werkstoffe, Massivumformverfahren, Umformwerkzeuge und -maschinen kontinuierlich weiterentwickeln.
So wird heute in unterschiedlichen Temperaturbereichen kalt, halbwarm und warm umgeformt. Neben dem
Freiform- und Gesenkschmieden gehören zum Beispiel Fließpressen sowie Reck-, Quer- und Ringwalzen zum
verfahrenstechnischen Portfolio der Massivumformung. Die Maschinentechnik umfasst neben Hämmern auch
Pressen mit hydraulischem und mechanischem Antrieb mit modernster Steuerungstechnik, sowohl für den
manuellen als auch für den vollautomatisierten Betrieb.

Für die Erwärmung des Vormaterials stehen neben Gaserwärmern elektrische Induktions- und Konduktions­
erwärmer zur Verfügung, die eine präzise Prozesstemperatur sicherstellen. Eine leistungsfähige Stahlindus­
trie sorgt mit modernsten Entwicklungen für hochwertiges Vormaterial. Die heutige Hochgeschwindigkeits-
Frästechnik ermöglicht im Zusammenwirken mit der CAD/CAM-Technik und der Stoffflusssimulation eine
treffsichere, präzise, wiederholgenaue und wirtschaftliche Herstellung der Umformwerkzeuge und somit der
Umformbauteile. Durch modernes Qualitätsmanagement können stabile Prozesse in allen Bereichen der pro­
duzierenden Unternehmen sichergestellt werden.

Kennzeichnend für den heutigen Stand der Massivumformung sind der Einsatz einer Vielzahl von Verfahren
und Verfahrenskombinationen, eine optimale Werkstoffausnutzung, eine hohe Mengenleistung und die hohe
Arbeitsgenauigkeit.

Als Ergebnis kontinuierlicher Weiterentwicklungen nimmt die deutsche Massivumformung heute hinsichtlich
Produktionsvolumen, Produktivität und Qualität weltweit eine Spitzenstellung ein. Die Massivumformung in

10
Bild 1.5: Blick in eine Produktionshalle mit einer durch Roboter verketteten automatisierten Schmiedeanlage

Deutschland ist klarer Marktführer in Europa und die Nummer 2 der Welt. Rund 250 Unternehmen gehören in
Deutschland der Massivumformbranche an. Im Jahr 2014 wurden knapp 2,8 Millionen Tonnen beziehungs­
weise rund 2 Milliarden Teile massivumgeformt. Der Produktionswert lag bei 7,8 Milliarden Euro.

Die nachfolgenden Kapitel geben in kurzer und bündiger Form einen Überblick über wesentliche Aspekte der
Massivumformung. Die Kapitel wurden so gewählt und gegliedert, dass der Leser sich schnell einen umfas­
senden und strukturierten Überblick über die Massivumformung verschaffen kann. Ausgehend von den Ein­
satzbereichen, dem Grundlagenverständnis der Umformung von Metallen und den Werkstoffen der Massiv­
umformung werden die Umformverfahren einschließlich der Verfahrensschritte vor und nach der Umformung
sowie exemplarische Prozessketten erläutert. Die wichtigsten Betriebsmittel, die Maschinen und die Werkzeu­
ge werden gesondert behandelt. Den Umformrohteilen, den Maßnahmen und Methoden zu deren Qualitätssi­
cherung und Entwicklung wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Abgerundet wird die Lektüre durch die
Darstellung der Kosten- und Mengenstrukturen sowie einen Überblick über die Berufsbilder in der Branche.

11
12
2 Massivumformteile – Potenziale
und Einsatzbereiche
Massivumformbauteile kommen immer dann zur Anwendung, wenn raum- und gewichtssparende Konstruk­
tionen mit hohen Anforderungen an die statische und/ oder dynamische Belastbarkeit bei gleichzeitig hoher
Sicherheit und Zuverlässigkeit gefordert sind. Die Entwicklung eines Bauteils erfolgt auf der Grundlage eines
Lastenhefts, in dem alle Anforderungen beschrieben werden, die das Bauteil im späteren Einsatz zu erfüllen
hat, wie zum Beispiel verfügbarer Bauraum, Befestigungspunkte, auf das Bauteil wirkende Lastkollektive,
Gewicht, erwartete Lebensdauer, Umfeldbedingungen, denen das Bauteil ausgesetzt wird und vieles andere
mehr. Neben diesen für die Auslegung eines Bauteils wichtigen Kriterien werden natürlich auch Anforderungen
bezüglich Preis, Mengen, Qualität und – immer wichtiger – Umweltaspekten beschrieben. Damit wird deutlich,
dass die Anforderungen an Bauteile vielschichtig sind; die schlichte Rückführung auf die Forderung „es muss
preiswert sein und halten“ greift zu kurz.

Es reicht auch nicht, das Bauteil isoliert zu betrachten, sondern es muss mit seinen geforderten Eigenschaften
und in Verbindung mit den möglichen Herstellverfahren als eine Einheit gesehen werden. Aus beidem zusam­
men ergibt sich schlussendlich das Potenzial, das zur Bewältigung einer jeweiligen Lastenheftanforderung zur
Verfügung steht; je größer das Potenzial ist, um so besser, einfacher und umfassender lassen sich die gestell­
ten Anforderungen umsetzen. Es setzt sich strukturell zusammen aus dem

• Entwicklungs-/Konstruktionspotenzial,
• Marktpotenzial,
• Umweltpotenzial.

Das Entwicklungs- und Konstruktionspotenzial eines Bauteils (Bild 2.1) – bestehend aus dem Gestaltungs-,
dem Belastbarkeits- und dem Sicherheitspotenzial – kommt in einer sehr frühen Phase der Bauteil­entstehung
zum Tragen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem ledig­
Gestalt lich die Funktionen definiert sind, die das Bauteil im
späteren Einsatz zu erfüllen hat. In dieser Phase ist
dann entscheidend, welche Entwicklungs- und Kon­
struktionsfreiräume zur Verfügung stehen.

Das Gestaltungspotenzial ist bei der Auslegung eines


Entwicklung
Bauteils sehr wichtig, weil das Bauteilumfeld Grenzen
und
Konstruktion vorgibt. Solche Grenzen können beispielsweise vom
verfügbaren Bauraum, von vorgegebenen Freigän­
gigkeiten oder über benachbarte Bauteile vorgege­
Belastbarkeit Sicherheit ben werden. Je größer das Gestaltungspotenzial ist,
umso besser und einfacher kann der Entwickler/ Kon­
strukteur die geforderten Bauteilfunktionen erfüllen.
Bild 2.1: Elemente des Entwicklungs- und Konstruktions­-
potenzials
Die geometrische Formenvielfalt der Massivumfor­
mung ist nahezu unbegrenzt (Bild 2.2). Sie reicht von ein­fachen rotationssymmetrischen Wellen und Ringen
bis hin zu sehr komplizierten Geometrien wie zum Beispiel Kurbelwellen, Achs- und Getriebeteilen, Trieb­
werks-, Gas- und Dampfturbinenschaufeln. Das große Gestaltungspotenzial von Massivumformbauteilen bie­
tet auch die Grundlage für den (konstruk­tiven) Leichtbau, der gerade in der Automobil- und Luftfahrtindustrie
sehr wichtig ist.

13
Bild 2.2: Beispiele für die Formenvielfalt von Massivumformteilen und Gestaltungspotenzial einzelner Bauteilfamilien

Zum Gestaltungspotenzial gehört auch die erreichbare Genauigkeit, die bei Massivumformbauteilen vom ge­
wählten Umformverfahren abhängig ist (Bild 2.3).

Umformverfahren IT-Angaben nach DIN ISO 286 Teil 1


5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Gesenkschmieden
Präzisionsschmieden
Warmfließpressen
Halbwarmfließpressen
Kaltfließpressen

= mit herkömmlichen Fertigungseinrichtungen erreichbar


= durch Sondermaßnahmen und in Ausnahmefällen erreichbar

Bild 2.3: Genauigkeit verschiedener Fertigungsverfahren

Das Bild 2.3 zeigt, dass mit einigen Verfahren der Massivumformung Genauigkeiten erreichbar sind, die eher
zerspanenden Verfahren zugeschrieben werden.

14
Das Belastbarkeitspotenzial von Massivumformbauteilen ist sehr hoch, weil eine große Anzahl umform­
barer Werkstoffe zur Verfügung steht (Bild 2.4), mit denen sich in Verbindung mit den viel­fältigen Wärme­
behandlungsverfahren ein breites Spektrum von Festigkeit und Zähigkeit einstellen lässt. D
­ ie­ses große Belast­
barkeitspotenzial bietet eine weitere Grundlage für den (stofflichen) Leichtbau.

Bild 2.4: Auswahl einiger Werkstoffgruppen der Massivumformung und deren Eigenschaften

Das große Sicherheitspotenzial von Massivumformbauteilen resultiert aus den überlegenen Werkstoffeigen­
schaften. Das gewalzte oder (zum Beispiel bei Aluminium) stranggepresste Ausgangsmaterial ist frei von
Innenfehlern, wie zum Beispiel Lunkern, es hat bereits einen gerichteten Faserverlauf, der durch den Umform­
vorgang nicht unterbrochen wird und häufig nach der Hauptbelastung des Bauteils ausgerichtet werden kann
(Bild 2.5). Die Umformwerkstoffe sind duktil, das heißt, bei Überlastung eines Bauteils wird es nicht gleich
durch Gewaltbruch versagen, sondern wird sich plastisch verformen, ohne zerstört zu werden, und behält
somit in „Crash-Situationen“ eine Restfunktionalität.

Bild 2.5: Faserverlauf in einem Massivumformbauteil

15
Das Marktpotenzial eines Bauteils wird wesentlich da­
Kosten
durch bestimmt, ob unterschiedlich g ­ roße Mengen in
hoher Qualität und zu ­vertretbaren Kosten produziert
werden können (Bild 2.6).

Das Kostenpotenzial der Massivumformprodukte ist


Markt groß. Um es zu aktivieren, müssen alle Spielräume
von der Bauteilgestaltung, der Werkstoff- und Wär­
mebehandlungsauswahl bis hin zu den vielfältigen
Umformverfahren bauteilspezifisch genutzt werden.
Menge Qualität
Das Mengenpotenzial der Massivumformprodukte
reicht von wenigen Stück bis zu Millionen-Serien. Die
Bild 2.6: Elemente des Marktpotenzials hohe Produktivität der Massivumformverfahren wirkt
sich natürlich bei großen Bauteilbedarfen besonders
vorteilhaft aus.
Ressourcenschonung
Das hohe Qualitätspotenzial der Massivumformpro­
dukte resultiert aus den oben genannten überlegenen
Werkstoffeigenschaften, der hohen Prozess­sicherheit
der Umformverfahren, der guten Prüfbarkeit der her­
gestellten Bauteile und den hohen Qualitätssiche­
Umwelt
rungsstandards der Produzenten.

Das Umweltpotenzial eines Bauteils (Bild 2.7) wird bei


knapper werdenden Ressourcen und zunehmenden
Recycling CO2-footprint Umweltproblemen für Hersteller und Nutzer der Bau­
teile immer wichtiger.

Bild 2.7: Elemente des Umweltpotenzials Die Ressourcenschonung bei der Bauteilerzeugung
steht dabei an erster Stelle. Was nicht verbraucht
wird, benötigt auch keine Ressourcen, muss nicht entsorgt werden und belastet auch nicht die Umwelt. In
der Massivumformung sind vor allem die Ressourcen Energie und Rohstoffe besonders bedeutsam. Diese
Positionen stehen für die Branche Massivumformung bereits seit geraumer Zeit im Fokus, mit teilweise be­
achtlichen Erfolgen. Zu nennen sind hier die Verfahrensalternativen Kalt-, Halbwarm- und Warmumformung
oder die Nutzung der Prozesswärme zur Wärmebehandlung. Intensive Forschungs- und Entwicklungsar­
beiten auf Branchenebene zur Nutzung der Energiepotenziale /Herb10/ und der Materialeffizienz /Herb11/
zeigen die Bedeutung des Themas Ressourcenschonung für die Massivumformung und die verfügbaren
Gestaltungsspielräume für die Zukunft.

Das Recyclingpotenzial von Massivumformprodukten ist optimal. Alle Massivumformprodukte sind uneinge­
schränkt recycelbar, im Übrigen auch das überschüssige Produktionsmaterial.

Das Emissionspotenzial bei der Herstellung von Massivumformprodukten ist eng verbunden mit der oben
genannten Ressourcenschonung und hier insbesondere mit der Materialeffizienz, weil ein Großteil des gesam­
ten Energiebedarfs – und damit des CO2-Anfalls – bereits bei der Herstellung des zugelieferten Vormaterials
anfällt. Insofern hat die Materialeffizienz eine sehr hohe Bedeutung. Zu deren Verbesserung können die Bau­
teilgestaltung und die vielfältigen, teils alternativen Umformverfahren bauteilspezifisch genutzt und somit das
Emissionspotenzial indirekt gehoben werden.

16
Aufgrund des dargestellten großen Potenzials werden Massivumformbauteile eingesetzt

• zum Übertragen von Kräften, Momenten und Bewegungen,
• bei hohen statischen und dynamischen Belastungen,
• bei großen Verschleiß- und Umfeldbeanspruchungen,
• für raum- und gewichtssparende Konstruktionen,
• bei hohen Ansprüchen an die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit und
• wenn nachhaltige Ressourcenschonung, Recyclingpotenzial und Umweltschonung mit zur System­
philosophie gehören.

Diese Kriterien definieren auch die wesentlichen Einsatzbereiche der Massivumformbauteile, wie zum
Beispiel:

• Pkw-Industrie,
• Nutzfahrzeugindustrie,
• Luftfahrtindustrie,
• Bahnindustrie,
• Energietechnik,
• Armaturenindustrie,
• Maschinenbau,

für die nachfolgend einige exemplarische Beispiele aufgezeigt werden.

Im Pkw finden sich Massivumformteile zum Beispiel in

• Motoren,
• Getrieben und
• Fahrwerken.

In Verbrennungsmotoren sind die Bauteile des Kurbel- und Ventiltriebs hohen Belastungen ausgesetzt. Mas­
sivumformbauteile erfüllen die daraus resultierenden Anforderungen.

© MAHLE

Bild 2.8: Kurbel- und Ventiltrieb eines PKW-Verbrennungsmotors

17
Die hohen Drehmomente in den Getrieben heutiger Dieselantriebe können mit hochbelastbaren Massivum­
formbauteilen übertragen werden. Die Teile sind kalt oder warm umgeformt oder auch kombiniert gefertigt.

© Mercedes-Benz

Bild 2.9: Schnitt durch ein Mercedes-Benz „7G-Tronic“ Automatik-Getriebe

Die Bauteile einer Kardanwelle müssen hohe Drehmomente übertragen und zudem wartungsfrei sein.

Bild 2.10: Kardanwelle mit massivumgeformten Kreuzgelenken und Gelenkgabeln

18
Radaufhängungen müssen viele Kriterien bezüglich Fahrdynamik, Fahrkomfort, Bauteil­größe, Ge­wicht, Modul­
fähig­keit (Platt­form-Systeme) und Sicher­heit erfüllen. Massiv­umform­bau­teile erfüllen die hohen An­forderungen
an Dauerschwingfestigkeit, Leichtbau und kostengünstige Herstellung.

© Mercedes-Benz

Bild 2.11: Mercedes-Benz SL-Vorderachse mit Lenksäule

Nfz-Bauteile sind extrem hohen Belastungen ausgesetzt. Zum Beispiel sind Querlenker, Achsschenkel und
Radnaben deshalb Massivumformbauteile.

© ZF Friedrichshafen AG

Bild 2.12: Einzelradaufhängung für Busse

19
Bei schweren Baumaschinen können die extremen Beanspruchungen nur durch Massivumformbauteile be­
wältigt werden. Anwendungsbeispiele sind: Schaufel-Gelenke, Zylinderaugen, Aufreißzähne, Antriebskranz,
Kettenführung, Tragrollen, Kettenglieder.

© Caterpillar Inc.

Bild 2.13: Planierraupe

In der Luftfahrtindustrie mit ihren sehr hohen Sicherheitsanforderungen kommen Massivumformbauteile ne­
ben dem Einsatz in Strahltriebwerken auch an weiteren hochbelasteten Bereichen wie den Tragflächen, den
Höhen- und Seitenleitwerken sowie dem Fahrwerk zur Anwendung.

© Rolls-Royce © Rolls-Royce

Bild 2.14: Strahltriebwerk eines Hochleistungsflugzeugs

20
Bei Schienenfahrzeugen haben lange Lebensdauer und hohe Sicherheitsanforderungen höchste Priorität.
Deshalb sind wichtige Komponenten zum Beispiel von Drehgestellen Massivumformbauteile.

Bild 2.15: Drehgestell einer Elektro-Lokomotive

In der Energietechnik spielt die Windenergie zukünftig eine zentrale Rolle. Windkraftanlagen unterliegen ex­
trem hohen statischen und dynamischen Belastungen, müssen hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen und
bei hoher Lebensdauer sehr zuverlässig sein. Ohne Massivumformteile sind die Anforderungen nicht zu be­
wältigen.

Bild 2.16: Blick in das Maschinenhaus einer modernen Windenergieanlage

21
In der Armaturenindustrie werden Schieber, Ventile und andere Armaturenvarianten beim Transport flüssiger
und gasförmiger Medien eingesetzt. Sie müssen druck-, korrosions- und säurebeständig sein. Hier sind zum
Beispiel Gehäuse, Flansche, Bügelarme und Bügeldeckel Massivumformteile.

© PERSTA GmbH

Bild 2.17: Armaturengruppe

Im Maschinenbau werden die Dampfturbinen in Kraftwerken mit massivumgeformten Wellen und Turbinen­
schaufeln aus hochwarmfesten Werkstoffen ausgestattet.

© Siemens AG

Bild 2.18: Welle und Turbinenschaufeln für Dampfkraftwerke

Die dargestellten Beispiele können nur einen kleinen Ausschnitt aus der großen Formenvielfalt und den viel­
fältigen Anwendungsbereichen aufzeigen; sie erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollen aber
deutlich machen, dass in vielen technischen Hochleistungssystemen an zentralen Stellen Massivumformteile
– meist unsichtbar – wichtige Funktionen sicher und zuverlässig erfüllen.

22
3 Grundlagenverständnis
zum Umformen von Metallen

Metallische Werkstoffe lassen sich unter Einwirkung einer äußeren Kraft elastisch und plastisch verformen. Bei
der elastischen Verformung wird nach Rücknahme der Kraft die ursprüngliche Form wieder eingenommen,
bei der plastischen Verformung bleibt die dabei eingenommene Form dauerhaft erhalten. Das Biegen eines
Drahts ist ein typisches Beispiel dafür. Wird der Draht jedoch mehrfach plastisch hin und her gebogen, bricht
er; sein Umformvermögen ist überschritten.

Elastische Verformung Plastische Verformung Bruch

Diese metallischen Eigenschaften lassen sich durch Versuche ermitteln. Wird beispielsweise bei einem Zug­
versuch die zur Verformung benötigte Spannung über der Dehnung in einem Diagramm aufgetragen, dann
erkennt man die für die metallischen Werkstoffe verschiedenen charakteristischen Bereiche (Bild 3.1):

Bild 3.1: Schematisches Spannungs-/Dehnungsdiagramm

23
I. Elastischer Bereich:
Nach der Entlastung findet der Körper seinen Ausgangzustand wieder, auch bei beliebig häufiger Be- und
Entlastung.

II. Übergangsbereich:
Einige Bereiche des Körpers befinden sich schon im plastischen, andere noch im elastischen Zustand.

III. Plastischer Bereich:


Der gesamte Körper befindet sich im plastischen Zustand. Mit zunehmender Verformung wird der Werkstoff
fester, bis zu einer maximalen Spannung.

IV: Instabiler plastischer Bereich:


Die gesamte Verformung konzentriert sich nur noch auf einen engen Bereich des Probenvolumens (Einschnü­
rung), bis der Werkstoff an seine Versagensgrenze kommt.

V: Bruch/Versagen:
Die Grenze der Umformbarkeit des Werkstoffs ist erreicht, die Werkstoffprobe zerreißt.

Die charakteristischen Bereiche und die Werkstoffeigenschaften werden durch Werkstoffkennwerte spezifi­
ziert (Tabelle 3.1).

Tabelle 3.1: Werkstoffeigenschaften und -kennwerte

Idealerweise hat ein Werkstoff eine hohe Zugfestigkeit und eine ebenfalls hohe Bruchdehnung (Duktilität), was
aber bei technischen Werkstoffen eher die Ausnahme ist, sondern

• Werkstoffe mit höherer Festigkeit haben eine geringere Duktilität,


• Werkstoffe mit geringerer Festigkeit haben eine höhere Duktilität.

3.1 Metallphysikalische Grundlagen

Das in Bild 3.1 dargestellte Verhalten der Metalle begründet sich durch den mikroskopischen Aufbau. Stellt
man durch Schleifen und Polieren von Metallflächen sogenannte „Schliffe“ her, die nach entsprechender Ät­
zung unter dem Mikroskop betrachtet werden, so erkennt man, dass das Metall aus einer Vielzahl einzelner
Körner besteht, die an den Korngrenzen zusammenstoßen (Bild 3.2).

24
Bild 3.2: Makroskopische und atomare Betrachtung des Metallaufbaus

Die einzelnen Körner sind kristallin aufgebaut und werden daher auch Kristallite genannt. Die Anordnung der Kör­
ner, einschließlich der Korngrenzen und der Gitterbaufehler, wird als Gefüge bezeichnet. Bei kristallinen Werkstof­
fen sind die Atome so angeordnet, dass sich ihre Abstände periodisch im Raum wiederholen. Diese regelmäßige
Atomanordnung wird Kristallgitter genannt. Die Atomanordnung des Kristallgitters wird jeweils durch eine Elemen-
tarzelle gekennzeichnet. Die Elementarzelle ist der kleinste räumliche Baustein einer Kristallgitterstruktur. Bei den
technisch wichtigen Metallen und Legierungen sind im Allgemeinen drei Kristallgitter vorzufinden (Bild 3.3.):

• das kubisch-raumzentrierte Gitter (krz),


• das kubisch-flächenzentrierte Gitter (kfz),
• das hexagonale (dichtest gepackte) Gitter (hdp).

Bild 3.3: Elementarzellen der wichtigsten Kristallsysteme bei Metallen

25
Die einzelnen Atome des Kristallgitters werden durch Bindungskräfte zusammengehalten.

Der bisher dargestellte atomare Aufbau der Metalle entspricht einem Idealzustand, das heißt der atomare
Aufbau ist vollkommen regelmäßig und fehlerfrei. Tatsächlich enthält jeder Kristallit Gitterbaufehler, die bei der
Erstarrung aus der Schmelze entstehen. Wichtige Gitterbaufehler sind zum Beispiel Korngrenzen, Leerstellen,
Fremd­atome oder Versetzungen (Bild 3.4).

Bild 3.4: Realer Aufbau der Kristallite

3.2 Einfluss der Umformung

Jeder plastischen Verformung geht eine elastische Verformung voraus.

Die elastische Verformung g eines Metalls entsteht durch Einwirken äußerer Kräfte F, wodurch die Atome zwar
aus Ihrer ursprünglichen Gleichgewichtslage wegbewegt werden, aber ein Abgleiten von Atomebenen erfolgt
nicht. Sobald die äußeren Kräfte wieder entfernt werden, bewegen sich alle Atome wieder zu ihrem ursprüng­
lichen Platz zurück (reversible Verformung) (Bild 3.5).

Bild 3.5: Elastische Verformung

26
Die plastische Verformung eines Metalls muss man sich als eine Vielzahl nicht mehr umkehrbarer mikrosko­
pischer Abgleitvorgänge von Atomschichten in bevorzugten Ebenen (den sog. Gleitebenen) und in bevorzug­
ten Richtungen (Gleitrichtungen) der Elementarzellen vorstellen (irreversible Verformung). Jede Elementarzelle
verfügt über eine unterschiedliche Anzahl von Gleitebenen und Gleitrichtungen. Je mehr Gleitebenen und
Gleitrichtungen vorhanden sind, umso einfacher lässt sich das Metall verformen.

Während dieser Abgleitvorgänge wandern die Versetzungen durch den Kristall (Bild 3.6).

Bild 3.6: Plastische Verformung durch Versetzungswanderung

Mit zunehmender Verformung werden weitere Versetzungen erzeugt, die untereinander in Wechselwirkung
treten und an Hindernissen (zum Beispiel Korngrenzen) blockiert werden, sodass für die weitere Verformung
immer größere Kräfte/Spannungen benötigt werden. Der Mechanismus der zunehmenden Abgleitbehinde­
rung zeigt sich im Spannungs-/Dehnungsdiagramm (Bild 3.1, Bereich II + III) als Verfestigung des Metalls.

Die zunehmende Abgleitbehinderung führt sozusagen zu einer Versprödung des Metalls; ab einer bestimmten
Verformung ist dann die Grenzformänderung erreicht, weil durch die äußeren Kräfte der Atomverbund aufge­
löst wird, das heißt das Material bricht.

Die Größe der Grenzformänderung hängt einerseits vom Material selbst, ganz wesentlich aber auch vom
Spannungszustand ab, dem das Material ausgesetzt ist. Je weiter der Spannungszustand im Druckbereich
liegt, umso höher ist die Grenzformänderung, und umso weiter lässt sich ein Material ohne Schädigung
verformen. Diese Eigenschaft machen sich die Massivumformverfahren zunutze. Denn die meisten Massiv­
umformverfahren sind Druckumformverfahren, bei denen die zur Einleitung und Aufrechterhaltung der plasti­
schen Verformung erforderlichen Spannungen eben Druckspannungen sind.

27
3.3 Einfluss der Temperatur

Die bisher erläuterten Eigenschaften der Metalle gelten vornehmlich bei Raumtemperatur oder niedriger Tem­
peratur. Wenn dem Metall Energie zugeführt wird, dann steigt die Temperatur an und das Material ändert seine
Eigenschaften:

• Mit steigender Temperatur sinkt die Festigkeit/Fließspannung kf des Materials (Bild 3.7), weil
die Wanderung der gleitfähigen Versetzungen bei der Überwindung von Hindernissen thermisch
aktivierbar ist.

• Ab einer materialabhängigen Grenze der Temperatur wird das Formänderungsvermögen/


die Bruchformänderung jB (Bild 3.7) aufgrund von Erholungs- und Rekristallisationsvorgängen
ansteigen.

Bild 3.7: Temperatureinfluss auf die Materialeigenschaften ausgewählter Stähle

Diese Eigenschaften der Metalle nutzt man bei der Warmumformung aus: Die Warmumformung zeichnet sich
gegenüber der Kaltumformung durch eine niedrige Fließspannung und damit niedrige Umformkräfte sowie
durch ein hohes Formänderungsvermögen der Werkstoffe aus. Diesen Vorteilen stehen aber auch Nachteile
entgegen, wie zum Beispiel:

• Bei Eisenwerkstoffen findet ab einer materialabhängigen Grenze der Temperatur an der Ober-
fläche eine Reaktion des Luftsauerstoffs mit dem Material statt mit der Folge, dass ein Oxidati-
onsprodukt entsteht, das man Zunder nennt (Bild 3.7).

• Die Oberfläche hat bei der Warmumformung eine höhere Rauheit als bei der Kaltumformung.

• Während der Abkühlung von der Umform- auf die Raumtemperatur erfolgt eine Form- und
Maßänderung der Bauteile als Folge der thermischen Schwindung der Metalle.

28
3.4 Einfluss der
Umformgeschwindigkeit
T1 = RT
Bei hoher Temperatur finden Erholungs- und Rekris­
T2 > T1
tallisationsvorgänge im Material statt. Die damit ein­
T3 > T2
hergehende Änderung der Versetzungsanordnung
Fließspannung kf

führt wieder zu einer Entfestigung des Materials. Die­


ser Vorgang erfordert aber Zeit, die mit steigender
Umformgeschwindigkeit verringert wird. Das bedeu­
tet, dass mit zunehmender Umformgeschwindigkeit
immer weniger Zeit für Erholungs- und Rekristallisa­
Umformgeschwindigkeit ϕ
. tionsvorgänge zur Verfügung steht und somit bei der
Warmumformung eine geschwindigkeitsabhängige
Bild 3.8: Abhängigkeit der Fließspannung von der Umform- Fließspannung des Materials vorhanden ist (Bild 3.8).
geschwindigkeit (schematisch); RT: Raumtempe­-
ratur

3.5 Einflüsse auf die Fließkurve

Die Fließkurve ist das makroskopische Abbild der beschriebenen mikroskopischen Effekte bei der Umformung
von Metallen. Die Fließkurve beschreibt das charakteristische Verhalten von Metallen bei der Umformung; sie
wird zum Beispiel in einem einachsigen homogenen Zug- oder Druckversuch für jeden Werkstoff experimen­
tell ermittelt.

Im Gegensatz zum Spannungs-/Dehnungsdiagramm (Bild 3.1) verwendet man für die Fließkurve die wahre
Spannung kf, auch Fließspannung oder Formänderungsfestigkeit genannt und eine wahre Dehnung, auch
Umformgrad genannt, die wie folgt definiert sind:

F h
kf = = ln
A ho

Hierin bedeuten:

F: die aktuelle gemessene Kraft


A: der aktuelle Querschnitt der Probe
h: die aktuelle Höhe/Länge der Probe
ho: die Höhe/Länge der Probe vor der Umformung

Die Formänderungsgeschwindigkeit ergibt sich dann aus:

d
=
dt

Die oben geschilderten metallphysikalischen Effekte lassen schlussfolgern, dass die Fließspannung/Formän­
derungsfestigkeit für jeden Werkstoff in einem funktionalen Zusammenhang zum Umformgrad, zur Umform­
geschwindigkeit und zur Temperatur steht, also:

kf = f ( , , T)

29
Der für metallische Werkstoffe typische funktionale Zusammenhang zwischen der Fließspannung und den
Prozessparametern ist in Bild 3.9 schematisch dargestellt.

Bild 3.9: Schematische Darstellung von kf als Funktion von Umformgrad, Umformgeschwindigkeit und Temperatur

Die Kenntnis des funktionalen Zusammenhangs von kf = f ( , T) ist eine grundsätzliche Voraussetzung für
die Anwendung der analytischen und numerischen Berechnungsverfahren der Umformtechnik.

3.6 Einordnung der Verfahren in Warm-, Kalt-, Halbwarmumformung


Die Einordnung der Verfahren in Warm-, Kalt-, Halbwarmumformung erfolgt nach der Temperatur der Werk­
stücke unmittelbar vor dem ersten Umformvorgang.

Bei der Warmumformung von Stahlwerkstoffen erfolgt der Umformvorgang bei circa 1.100 °C – 1.300 °C,
also einer Temperatur, bei der Erholungs- und Rekristallisationsvorgänge während und nach der Umformung
stattfinden. Wesentliche Merkmale der Warmumformung sind:

• Hoher Energiebedarf für die Erwärmung (gegebenenfalls nutzbar für die Wärmebehandlung),
• geringer Kraft- und Energiebedarf für die Umformung,
• für nahezu alle metallischen Werkstoffe geeignet,
• sehr großes Umformvermögen der Werkstoffe,
• deutliche Zunderbildung bei vielen Stählen,
• die Oberflächen haben eine hohe Rauheit,
• Form- und Maßänderungen durch thermische Schwindung, die durch die Werkzeuggeometrie in Form
eines Aufmaßes kompensiert werden.

Bei der Warmumformung von Aluminium entfallen die Punkte Zunderbildung und erhöhte Rauheit.

30
Bei der Kaltumformung von Stahlwerkstoffen erfolgt der Umformvorgang bei Raumtemperatur. Wesentliche
Merkmale der Kaltumformung sind:

• Kein Energiebedarf für die Erwärmung,


• großer Kraft- und Energiebedarf für die Umformung,
• nur für Werkstoffe mit einem Kohlenstoffgehalt unter 0,5 % und weniger als 5 % Legierungsbestandtei­
len geeignet,
• geringes Umformvermögen der Werkstoffe,
• eingeschränkte geometrische Gestaltungsfreiheit,
• gegebenenfalls kann die Kaltverfestigung genutzt werden,
• keine Zunderbildung,
• die Oberflächen haben eine geringe Rauheit,
• hohe Form- und Maßgenauigkeit, bis hin zu einbaufertigen Funktionsflächen,
• spezifische Vorbehandlung des Ausgangsmaterials bezüglich Gefügeeigenschaften und Oberfläche er­
forderlich.

Die Halbwarmumformung von Stahlwerkstoffen kombiniert die Vorteile der Kalt- und Warmumformung, indem
eine werkstoffspezifische Umformtemperatur gewählt wird, bei der die Fließspannung bereits merklich abge­
fallen ist, das Formänderungsvermögen schon merklich zugenommen hat, aber die Zunderbildung noch nicht
oder noch nicht wesentlich eingesetzt hat. Technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist der Temperaturbereich von
circa 600 °C – 950 °C, wobei im Bereich der höheren Temperatur ein Graphitieren des Ausgangsmaterials
empfehlenswert ist, um einen Oxidationsschutz bei der Erwärmung zu erreichen. Wesentliche Merkmale der
Halbwarmumformung sind:

• Mittlerer Energiebedarf für die Erwärmung,


• mittlerer Kraft- und Energiebedarf bei der Umformung,
• höherlegierte Werkstoffe als bei der Kaltumformung einsetzbar,
• höheres Umformvermögen der Werkstoffe als bei der Kaltumformung,
• höhere geometrische Gestaltungsfreiheit als bei der Kaltumformung,
• geringe Zunderbildung,
• bessere Oberflächenqualität als bei der Warmumformung,
• höhere Form- und Maßgenauigkeit als bei der Warmumformung.

Eine generelle Empfehlung für die Warm-, Kalt- oder Halbwarmumformung kann nicht gegeben werden. Je­
des Verfahren hat seine spezifischen Vor- und Nachteile. Eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Auswahl
eines jeweiligen Verfahrens kann nur bauteilspezifisch erfolgen, unter Berücksichtigung der Bauteilgeometrie
und der gewünschten Form- und Maßgenauigkeit, des verwendeten Werkstoffs und der mechanischen Ei­
genschaften des Bauteils sowie der Produktionsmenge.

31
32
4 Werkstoffe für die Massivumformung
Für die Massivumformung eignen sich bis auf wenige Ausnahmen alle Metalle und Metall-Legierungen, al­
lerdings unterschiedlich gut. Ganz wesentlichen Einfluss auf das Umformverhalten hat neben der Werkstoff­
gruppe die Umformtemperatur.

Für die Warmmassivumformung verfügt zum Beispiel die große Gruppe der Baustähle über ein sehr hohes
Umformvermögen bei geringem Kraft- und Arbeitsbedarf für die Umformung, bei den Nickel- und Cobalt-
Legierungen verhält sich das genau umgekehrt (Bild 4.1).

Bild 4.1. Umformeigenschaften ausgewählter Werkstoffgruppen

Für die Kaltmassivumformung sind nur Stahlsorten geeignet, deren Kohlenstoffgehalt auf circa 0,5 % und die
Legierungsbestandteile auf circa 5 % beschränkt sind. Auch innerhalb dieser Grenzen ist das Umformvermö­
gen deutlich geringer als bei der Warmumformung.

Für die Halbwarmumformung eignen sich, mit Ausnahme der AFP- und rostfreien Stähle, prinzipiell alle Stahl­
legierungen. Auch hier ist das Umformvermögen geringer als bei der Warmumformung.

Bei den NE-Metallen (Nichteisenmetalle) stellen die Aluminiumlegierungen den größten Anteil. Weitere NE-Metall­
legierungen wie zum Beispiel Kupfer-, Titan- oder Nickelbasislegierungen werden für Sonderfälle eingesetzt.

Anders als in Bild 4.1, wo die verschiedenen Werkstoffe hinsichtlich ihres Verhaltens während der Umformung 
gruppiert wurden, werden nachfolgend die Werkstoffe entsprechend der Normung bzgl. ihrer Eigenschaften
und typischen Einsatzgebiete vorgestellt.

4.1 Stahlwerkstoffe

Die wichtigste Werkstoffgruppe für die Massivumformung bilden – bezogen auf die Einsatzgebiete und das
Produktionsvolumen – die Stahlwerkstoffe. In Kombination mit den verschiedenen Wärmebehandlungsver­
fahren (Kapitel 6.7) lässt sich hiermit ein sehr breites Spektrum von Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften
einstellen (Bild 4.2).

33
Bild 4.2: Spektrum der Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften von Stählen der Massivumformung

Die Entwicklung des Werkstoffs Stahl für massivumgeformte Bauteile wird kontinuierlich fortgeführt. Es wer­
den mittels neuer Legierungen und Prozessrouten verbesserte Eigenschaftsprofile entwickelt, die zu Kosten­
senkungen oder einer Steigerung der Leistungsfähigkeit für bestimmte Anwendungen führen. Hierbei werden
sowohl die bekannten Stahlgruppen wie zum Beispiel die Vergütungs- oder AFP-Stähle weiter optimiert als
auch neue Stahlgruppen wie zum Beispiel die bainitischen Stähle entwickelt. Einige für die Massivumformung
wesentliche Stahlgruppen sind im Folgenden aufgeführt /Raed12/, /Hivo10/.

4.1.1 Unlegierte Kohlenstoffstähle (DIN EN 10250-2)

Werden von einem Umformteil keine besonderen mechanischen Eigenschaften gefordert, so empfiehlt sich
der Einsatz eines unlegierten Kohlenstoffstahls. Typische Vertreter sind hier C35 oder C45. Bei niedrigem Koh­
lenstoffgehalt können diese Stähle je nach Bauteilgeometrie kalt umgeformt werden. Wird eine etwas höhere
Festigkeit gewünscht, kann der Kohlenstoffgehalt angehoben werden, wobei dann höhere Verarbeitungstem­
peraturen (halbwarm oder warm) angezeigt sind.

4.1.2 Einsatzstähle (DIN EN 10084)

Der Name dieser Stähle rührt vom „Einsetz“-Vorgang beim anschließenden Einsatzhärten her. Dabei wurden
in früheren Zeiten die Bauteile in Kohle­pulver eingesetzt und darin geglüht. Heute wird der Kohlenstoff bevor­
zugt gasförmig dem Einsatzhärteofen zugeführt (Kapitel 6.7.10). Die Einsatzstähle ermöglichen ein Härten der
Oberfläche, ohne die Zähigkeit des Bauteilkerns zu reduzieren. Einsatzstähle haben Kohlenstoffgehalte von
circa 0,1 % bis knapp 0,3 %. Je nach Anwendung können härtbarkeitssteigernde Elemente wie Chrom oder
Molybdän zulegiert werden, wenn direkt unter der harten Randschicht eine höhere Festigkeit zur ­Abstützung
der Randschale oder – bei Verzahnungen – zur Erhöhung der Zahnfußfestigkeit verlangt wird. Elemente wie
Nickel erhöhen zudem die Zähigkeit des Werkstücks, besonders bei tiefen Temperaturen. Die typischen
Einsatzgebiete sind Getriebeteile und Antriebsteile mit Oberflächenhärtung wie Zahnräder, Wellen und ver­
zahnte Bauteile.

34
4.1.3 Vergütungsstähle (DIN EN 10083)

Vergütungsstähle sind Stähle, die durch eine Vergütungsbehandlung (Kapitel 6.7.2) eine höhere Festigkeit an­
nehmen. Diese Gruppe beginnt bei den einfachen niedriglegierten Kohlenstoffstählen (laut Norm DIN EN 10083
ab dem C22). Typische Vergütungsstähle sind C45 und für Stähle mit höherer Härtbarkeit 33MnCrB5-2 oder
42CrMo4. Die typischen Einsatzgebiete sind Maschinenbauteile und Fahrzeugteile mit hoher dynamischer
oder statischer Belastung wie Achsschenkel, Kurbelwellen, Kardanwellen sowie Sicherheitsteile im Fahrzeug-
und Seilbahnbau.

4.1.4 Ausscheidungshärtende ferritisch-perlitische Stähle


(AFP-Stähle, DIN EN 10267)

AFP-Stähle sind im Wesentlichen Kohlenstoffstähle, die mit Mikrolegierungselementen versehen sind. Die
AFP-Stähle erreichen Festigkeitswerte, die in den Bereich der Vergütungsstähle reichen, ohne dass ein zu­
sätzlicher Härte- und Anlassvorgang durchgeführt werden muss. Da durch eine gesteuerte Abkühlung aus
der Umformwärme die sonst übliche Wärmebehandlung mit Abschreckvorgang entfällt, können auch keine
Härterisse entstehen, sodass die Bauteile, je nach Anforderung des Kunden, auch nicht rissgeprüft werden
müssen. Das Zusammenwirken von kostengünstigerer Legierungslage und dem Entfall einer Vergütungs­
behandlung sowie gegebenenfalls auch der Rissprüfung resultiert in eine signifikante Kosteneinsparung ge­
genüber den Vergütungsstählen. Die Einsatzgebiete entsprechen denen der Vergütungsstähle, bieten aber
kostengünstige Alternativen für Motoren- und Fahrwerksteile mit hoher dynamischer Belastung wie Pleuel­
stangen, Kurbelwellen, Lenkungsteile, Antriebswellen und Achsen.

4.1.5 Induktiv härtbare Stähle (DIN EN 10083 und andere Normen)

Ziel der induktiven Härtung ist es, die Verschleißfestigkeit der Oberfläche zu steigern, ohne Festigkeits- und
Zähigkeitseigenschaften im Kern zu beeinträchtigen. Stähle, deren Randschicht induktiv härtbar sein soll,
benötigen einen für die martensitische Umwandlung ausreichenden Kohlenstoffgehalt. Geeignet sind unter
anderem unlegierte Kohlenstoffstähle (zum Beispiel C55), AFP-Stähle mit höherem Kohlenstoffgehalt (zum
Beispiel 38MnVS6 oder 46MnVS3) oder Vergütungsstähle. Die typischen Einsatzgebiete sind Bauteile mit
hohen Anforderungen an die Verschleißbeständigkeit, wie Bauteile für Kettenfahrzeuge, für Fördergeräte im
Bergbau oder Großwälzlager mit Laufbahnhärtung.

4.1.6 Nitrierstähle (DIN EN 10085)


Bei einigen Anwendungen wird die Verschleißbeständigkeit der Oberfläche durch einen Nitriervorgang
bewirkt. Ähnlich wie Kohlenstoff beim Einsatzhärten, diffundiert beim Nitrieren Stickstoff in die Stahl­
oberfläche ein. Dies führt durch verschiedene metallphysikalische Effekte zu einer deutlichen Härtesteige­
rung in der Randschicht. Alle Stahlsorten sind nitrierbar. Besonders hohe Randhärten und Nitriertiefen las­
sen sich mit Stählen erreichen, die zusätzlich gezielt mit nitridbildenden Elementen wie Aluminium, Chrom,
Molybdän oder Vanadium legiert sind (diese sind in der DIN EN 10085 speziell definiert). Vorteile des Nitrierens
gegenüber dem Einsatzhärten sind eine geringere Volumenänderung des Grundwerkstoffs und somit ein ge­
ringerer Verzug des Umformteils. Die typischen Einsatzgebiete sind Getriebeteile und Antriebsteile mit Ober­
flächenhärtung wie Zahnräder, Wellen und verzahnte Bauteile. Sie entsprechen damit den Einsatzgebieten der
Einsatzstähle.

35
4.1.7 Wälzlagerstähle (DIN EN ISO 683-17)

Stähle, welche die für Wälzlager typischen Belastungen ertragen können, bilden eine eigene Werkstoff­
gruppe. Die DIN EN ISO 683-17 führt hier ver­schiedene Werk­stoff­klassen auf (Einsatz­stähle, induk­tiv härtende
Stähle, …), die für die Wälz­funktion geeignet sind. Der promi­nenteste Ver­treter ist der 100Cr6. Dieser Stahl
kann bis in den Kern auf eine hohe Härte von etwa 60 HRC ver­gütet werden. Diese Härte ist erforderlich, um
die Hertzsche Pressung bei der Wälz­beanspruchung zu ertragen.

4.1.8 Nichtrostende Stähle (DIN EN 10222-5)

Für Anwendungen, bei denen korrosive Belastungen eine Rolle spielen, werden rost- und säurebeständige
Stähle eingesetzt. Höhere Chromgehalte und weitere Legierungselemente, insbesondere Nickel und Molyb­
dän, steigern die Korrosionsbeständigkeit. Hauptmerkmal dieser Stähle ist ein Chromgehalt von über 10,5 %.
Ab diesem Chromgehalt bildet sich auf der Stahloberfläche eine dichte Chromoxidschicht, die den weiteren
Zugang von Sauerstoff und damit die Korrosion wirksam unterbindet. Die typischen Einsatzgebiete sind Ar­
maturen für die Chemie- und Nahrungsmittelindustrie, Bauteile im Schiffbau, Beschläge für die Bauindustrie,
Besteck-, Schneid- und Haushaltswaren, Schrauben und Befestigungselemente in Feuchtbereichen.

4.1.9 Bainitische Stähle

Die Bainitischen Stähle (HDB-Stähle – hochduktiler Bainit) sind eine relativ junge Stahlgruppe, wodurch die
Lücke bezüglich der mechanischen Kennwerte zwischen den AFP-Stählen und den kostenintensiven Vergü­
tungsstählen geschlossen wird. Die bainitischen Stähle verdanken ihre erhöhte Festigkeit der Kombination
aus bainitischem Grundgefüge mit der festigkeitssteigernden Wirkung von Carbonitriden der Elemente Titan
und Niob. Bei kontrollierter Abkühlung aus der Umformwärme werden mechanische Kennwerte erreicht, die
mit denen eines Vergütungsstahls vergleichbar sind. Das typische Einsatzgebiet liegt wie bei den AFP- und
Vergütungsstählen bei hochbeanspruchten Bauteilen im Fahrwerks- und Motorenbereich.

4.2 Aluminiumwerkstoffe

Aluminium ist der wichtigste metallische Konstruktionswerkstoff nach Stahl. Neben dem Vorteil des niedrigen
spezifischen Gewichts von 2,7 g/cm3 (Stahl 7,85 g/cm3) bieten die Aluminium-Legierungen bei guter Korro­
sionsbeständigkeit und guter Zerspanbarkeit Festigkeiten, die bis in den Bereich einfacher Vergütungsstähle
reichen. Die in der Massivumformung verwendeten Aluminium-Knetlegierungen werden unterteilt in nichtaus­
härtbare und aushärtbare Legierungen. Die nichtaushärtbaren Legierungen werden eingesetzt, wenn geringe
Anforderungen an die Festigkeit, aber zum Beispiel erhöhte Anforderungen an optische Oberflächenbeschaf­
fenheit und Korrosionsbeständigkeit gefordert sind. Bei höheren Anforderungen an die Belastbarkeit – zum
Beispiel Bauteile für den Maschinen- und Fahrzeugbau – werden aushärtbare Legierungen verwendet, die
vorzugsweise durch Warmauslagern (Kapitel 6.8) auf hohe Festigkeitswerte gebracht werden. Für die in der
DIN EN 586-2 genannten Vorzugslegierungen sind typische mechanische Eigenschaften und Anwendungs­
beispiele in Tabelle 4.1 aufgeführt /Oste98/.

4.3 Sonstige Werkstoffe

Neben den Aluminium-Legierungen werden weitere NE-Metalllegierungen in der Massivumformung verarbei­


tet. Die Spanne der Werkstoffe reicht von den Leichtmetallen – zum Beispiel Magnesium – bis zu den Schwer­
metallen wie zum Beispiel Kupfer. Die Eigenschaften und Anwendungen einiger wesentlicher NE-Metalle sind
nachfolgend aufgeführt.

36
Bezeichnung Zustand Zugfes- Bruch- Anwendungen und
der Legierung tigkeit1) dehnung spezielle Eigenschaft
1)

Rm A
in MPa in %
Numerisch Chemisches
Symbol
EN AW- EN AW-
5754 Al Mg3 geschmiedet 180 15 Schiffbau, chemischer Appara­
tebau, dekorativ anodisierbar
(zum Beispiel durch Eloxieren).
5083 Al Mg4,5Mn0,7 geschmiedet 270 12 Schiffbau, chemischer Appara­
tebau, hohe Korrosionsbestän­
digkeit.
6082 Al SiMgMn warmausgelagert 310 6 Standardlegierung für den
Fahrzeug-, Schiff- und Maschi­
nenbau.
2024 Al Cu4Mg1 kaltausgelagert 420 8 Hochbeanspruchte Teile im
Fahrzeug- und Maschinenbau.
2014 Al Cu4SiMg warmausgelagert 440 6 Höher beanspruchte Teile im
Fahrzeug- und Maschinenbau.
7075 Al Zn5,5MgCu warmausgelagert 500 6 Höchst beanspruchte Teile im
Fahrzeug- und Maschinenbau.
7075 Al Zn5,5MgCu 2-stufige 445 6 Sonderbehandlung zur Erzie­
Warmauslagerung lung bester Spannungsriss­
korrosionsbeständigkeit für die
Luft- und Raumfahrt.

1)
Die Angaben gelten für die Prüfrichtung parallel zum Hauptfaserverlauf (Kapitel 2)

Tabelle 4.1: Eigenschaften und Anwendungen ausgewählter Aluminium-Legierungen

4.3.1 Magnesium (DIN 1729)


Magnesium ist mit einer Dichte von 1,74 g/cm3 der leichteste metallische Konstruktionswerkstoff. In der Mas­
sivumformung werden Magnesium-Knetlegierungen verwendet, die bei Temperaturen unterhalb 400 °C um­
geformt werden. Die Festigkeitswerte liegen in Abhängigkeit von der Legierung und dem Behandlungszustand
zwischen Rm = 200 und 320 MPa. Der Anwendungsbereich von Magnesium-Umformteilen liegt in der Luft-
und Raumfahrt und im Fahrzeugbau dort, wo ex­tremer Leichtbau gefordert ist.

4.3.2 Titan (zum Beispiel DIN EN 3312 oder 3351)

Titan und Titanlegierungen vereinigen hohe Festigkeit (Rm bis zu 1200 MPa) und Zähigkeit mit geringer Dichte
(4,5 g/cm3) und guter Korrosionsbeständigkeit. Aufgrund der hohen Werkstoff- und Verarbeitungskosten ist
die Anwendung begrenzt. Die Warmumformung erfolgt in Abhängigkeit von der Legierung im Temperaturbe­
reich von 700 °C bis 950 °C. Neben Anwendungen in der Luft- und Raumfahrttechnik und im Fahrzeugbau
werden Titan und Titanlegierungen aufgrund ihrer guten Biokompabilität auch zur Fertigung von Implantaten
in der Medizintechnik eingesetzt.

37
4.3.3 Nickelbasislegierungen (zum Beispiel DIN EN 2184)

Nickelbasislegierungen sind Werkstoffe, deren Hauptbestandteil aus Nickel besteht. Die Legierungen weisen
eine sehr gute Korrosions- und Hochtemperaturbeständigkeit auf. Die Dichte beträgt 8,2 g/cm3, die Festigkeit
der vielfach genutzten Legierung 718 beträgt in Abhängigkeit von der Wärmebehandlung bis Rm = 1200 MPa.
Die Warmumformtemperatur liegt im Bereich von 985 °C bis 1150 °C. Die Umformteile werden vorwiegend in
der Luft- und Raumfahrtindustrie für Antriebs- und Triebwerkskomponenten eingesetzt.

4.3.4 Kupfer (DIN EN 12420)

Kupfer und die vorrangig genutzte Kupferlegierung Messing weisen bei einer Dichte von ca. 8,5 g/cm3 Fes­
tigkeiten bis Rm = 700 MPa auf. Kupferlegierungen sind gut warm- und kaltumformbar. Zu den wesentlichen
Eigenschaften zählen neben der guten elektrischen und Wärmeleitfähigkeit die gute Korrosionsbeständigkeit
und die sehr guten Reibungs- und Verschleißeigenschaften. Die Anwendungsgebiete liegen unter anderem im
Fahrzeug- und Schiffbau sowie in der Armaturentechnik.

4.4 Anlieferungszustand

Der Anlieferungs­zustand des Halb­zeugs an den Umform­betrieb wird durch seine mechanischen und metallo­
grafischen Eigen­schaften und ins­besondere durch die Quer­schnitts­geometrie (Bild 4.3) definiert. Die vor­
wiegende Liefer­ form ist Rund- oder Vierkant-Stangen­ material mit Kreis- oder Quadrat­
quer­
schnitt. Die
Stangen­länge beträgt bis zu 12 m. Bei Kreis­quer­schnitten mit kleinem Durch­messer kann das Halb­zeug als
„Endlos-Material“ auf Coils auf­gewickelt geliefert werden.

Sonder­formen der Quer­schnitts­geometrie sind Rechteck- und Profil­quer­schnitte. Die Recht­eck­quer­schnitte


– Grobbleche – werden ein­gesetzt, wenn die Vor­produkt­fertigung durch Spalten (Kapitel 6.1.3) erfolgt. Profile
werden ver­einzelt bei Alu­minium-Legierungen ver­wendet.

Bild 4.3: Halbzeug-Querschnittsgeometrien

Die geometrischen Toleranzen und die Ober­flächen­qualität des Halb­zeugs sind von dem Herstell­verfahren
– im Allgemeinen ein Warm­walz­verfahren – abhängig. Bei besonders hohen Anforderungen an die Quer­
schnitts­toleranz oder die Ober­flächen­qualität besteht bei Stahl­werk­stoffen mit Kreis­quer­schnitt die Option, ein
Halbzeug mit spanend bearbeiteter Oberfläche – geschältes Material – zu verwenden.

Die Eigenschaften und zulässigen Toleranzen des Halb­zeugs sind in den technischen Lieferbedingungen spe­
zifiziert. Neben der Spezifikation der Legierungs­bestandteile sind unter anderem der Wärme­behandlungs­
zustand, die geometrischen Toleranzen der Quer­schnitts­geometrie und die Ober­flächen­qualität des Halb­
zeugs definiert.

38
5 Verfahren der Massivumformung
Umformen ist das Fertigen durch bildsames (plastisches) Ändern der Form eines festen Körpers; dabei wer­
den sowohl die Masse als auch der Zusammenhalt beibehalten /DIN 8580/. Umformen ist im Gegensatz zum
Verformen das Ändern einer Form unter Beherrschung der Geometrie.

Nachfolgend werden ausschließlich die Massivumformverfahren behandelt. Ein wesentliches Merkmal der
Massivumformverfahren ist die Erzeugung von Querschnittsänderungen. Nach dem Gesetz der Volumen­
konstanz bewirken Querschnittsänderungen entsprechende Längenänderungen. Querschnittsänderungen
lassen sich durch Stoffverdrängen und Stoffanhäufen erzielen, wobei die Ver­fahren des Stoffverdrängens
anwendungstechnisch überwiegen. Neben den Querschnittsänderungen werden auch Verfahren zur Rich­
tungsänderung wie zum Beispiel das Biegen eingesetzt.

Die Umformverfahren sind entsprechend der Hauptbelastung nach DIN 8582 eingeteilt in:
• Druckumformen,
• Zugdruckumformen,
• Zugumformen,
• Biegeumformen,
• Schubumformen.

Die für das Massivumformen wichtigste Gruppe „Druckumformen“ ist in der DIN 8583 weiter aufgeschlüsselt
(Bild 5.1).

Fertigungsverfahren

Hauptgruppen

2 6
1 3 4 5
Umformen Stoffeigenschaft
Urformen Trennen Fügen Beschichten
DIN 8582 ändern

Gruppen

2.1 2.2 2.3


Druckumformen Zugdruckumformen Zugumformen 2.4 2.5
DIN 8583-1 DIN 8584-1 DIN 8585-1 Biegeumformen Schubumformen
bis bis bis DIN 8586 DIN 8587
DIN 8583-6 DIN 8584-6 DIN 8585-4

Unterteilung

2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5


Walzen Freiformen Gesenkformen Eindrücken Durchdrücken
DIN 8583-2 DIN 8583-3 DIN 8583-4 DIN 8583-5 DIN 8583-6

Bild 5.1: Einteilung der Umformverfahren nach der überwiegenden Beanspruchung der Umformzone /DIN8582/

39
Von den Druckumformverfahren werden in der Praxis vorwiegend die folgenden Verfahren verwendet:

• Walzen • Freiformen
– Reckwalzen – Recken
– Querkeilwalzen – Rundkneten
– Ringwalzen – Stauchen

• Gesenkformen/Gesenkschmieden • Durchdrücken
– Gesenkschmieden mit und ohne Grat – Fließpressen

Das Prinzip der einzelnen Verfahren, die Vor- und Nachteile sowie ihre Anwendung werden nachfolgend dar­
gestellt.

5.1 Walzen

Walzen ist ein stetiges oder schrittweises Druckumformen mit einem oder mehreren rotierenden Werk­zeugen
(Walzen) /DIN 8583-2/.

5.1.1 Reckwalzen

Das Reckwalzen ist ein Längswalzen in Walzsegmenten, deren Profil sich in Umfangsrichtung ändert und sich
durch den Walzvorgang auf dem Reckwalzprodukt abbildet (Bild 5.2). Dabei durchläuft das Reckwalzpro­
dukt meist mehrere Stufen („Stiche“) und wird beim Übergang von einer zur anderen Stufe um 90 ° um seine
Längsachse gedreht. Das Ziel des Reckwalzens ist die Erzeugung von Vorformprodukten mit einer definierten
Massenverteilung über die Produktlängsachse.

Bild 5.2: Reckwalzen

40
Vorteile:
• Über die Produktlängsachse können unterschiedliche Querschnittsflächen erzeugt werden.
• Das Vorprodukt wird beim Walzen entzundert.
• Die Halbzeuggeometrie kann Kreis- und Quadratquerschnitte haben.

Nachteile:
• Die Reckwalzprodukte reagieren mit Maßschwankungen relativ empfindlich auf Prozessstörun-
gen wie zum Beispiel Temperaturstreuungen der Vorprodukte.
• Das Reckwalzen ist nur für Langprodukte sinnvoll einsetzbar.

Anwendung:
• Warmumformung von Stahl- und Aluminiumlegierungen.
• Das Reckwalzen wird ausschließlich als Vorformverfahren für ein nachfolgendes Gesenk­
schmieden eingesetzt.
• Beim Gesenkschmieden von Bauteilen mit stark unterschiedlicher Massenverteilung über der
Produktlänge wie zum Beispiel Pleuelstangen, Achsschenkel mit weit ausladenden Armen,
Nfz-Achsen etc.

5.1.2 Querkeilwalzen
Beim Querkeilwalzen wird ein zylindrisches Vorprodukt zwischen keilförmig profilierten Walzwerkzeugen
umgeformt. Durch Materialverdrängung entlang der Drehachse des Werkstücks wird eine Massenverteilung
erzielt (Bild 5.3).

Bild 5.3: Querkeilwalzen

Vorteile:
• Über die Produktlängsachse können unterschiedliche Querschnittsflächen erzeugt werden.
• Hohe Formgenauigkeit und Reproduzierbarkeit der Walzprodukte.
• Das Vorprodukt wird beim Walzen entzundert.

Nachteile:
• Nur für rotationssymmetrische Vorprodukte einsetzbar.

Anwendung:
• Warmumformung von Stahl- und Aluminiumlegierungen.
• Vorformteile für Pleuel, Lenkhebel etc.
• Rohteile, zum Beispiel Getriebewellen, Antriebswellen etc.

41
5.1.3 Ringwalzen

Ringwalzen ist ein kontinuierliches partielles Umformen von vorgeformten ringförmigen Werkstücken (Vorrin­
ge) zu Ringen größeren Durchmessers. Die Vorringe werden durch Stauchen und Lochen auf Freiform- oder
Gesenkschmiede-Pressen und -Hämmern hergestellt. Neben geometrisch einfachen, rechteckigen Ringquer­
schnitten können auch profilierte Ringe gefertigt werden. Die axiale Höhe der fertig gewalzten Ringe kann
im Bereich von etwa 20 bis etwa 1.500 mm liegen, die Durchmesser können bis zu mehreren Metern und
die Stückgewichte können bis über 10 t betragen. Bei einem Radial-Axial-Ringwalzwerk, dem häufigsten
Maschinentyp, werden während des Walzens gleichzeitig Ringhöhe und Ringwanddicke in zwei Walzspalten
reduziert (Bild 5.4).

Bild 5.4: Ringwalzen (Radial-Axial-Ringwalzen)

Vorteile:
• Ohne Umrüsten der Werkzeuge lassen sich Ringe mit unter­schiedlichen Durchmessern, Wand-
dicken und Höhen herstellen.

Nachteile:
• Nur für die Herstellung von Ringen geeignet.

Anwendung:
• Warmumformung von Stahl-, Aluminium-, Titan- und Nickellegierungen.
• Fertigung von Lagerringen. Die größten gewalzten Ringe mit Durchmessern oberhalb 6 m finden
Anwendung als Lagerringe in Baumaschinen.
• In Flugzeugtriebwerken werden im thermisch weniger belasteten Bereich gewalzte Ringe für
Turbinenscheiben oder Gehäuseteile aus Titanlegierungen, im höher belasteten Bereich aus
Nickellegierungen verwendet.

42
5.2 Freiformen

Freiformen ist ein Druckumformen mit nicht oder nur teilweise formgebundenen Werkzeugen. Die Werk­
stückform entsteht dabei durch freie oder festgelegte Relativbewegung zwischen Werkzeug und Werkstück
(kinematische Gestalterzeugung) /DIN 8583-3/. Das Freiformen als Warmumformverfahren dient außer zur
Formgebung des gewünschten Werkstücks auch dem Schließen und Verschweißen von Hohlstellen in gegos­
senem Vormaterial. Durch Freiformen werden Rohblöcke von bis zu 350 t Gewicht umgeformt. Die herstellba­
ren Werkstück­abmessungen reichen bis zu mehreren Metern.

5.2.1 Recken

Beim Recken wird der Querschnitt eines Werkstücks schrittweise vermindert und der Werkstoff vorwiegend in
Längsrichtung verdrängt. Meist wird das Werkstück zusätzlich um seine Längs­achse gedreht oder gekantet
(Bild 5.5).

Bild 5.5: Recken

Vorteile:
• Das Recken kann mit einfachen, kostengünstigen Werkzeugen ausgeführt werden, wodurch
das Verfahren auch bei kleinsten Losgrößen wirtschaftlich sein kann.
• Da das Recken mit nicht formgebundenen Werkzeugen erfolgt, können unterschiedliche
­Massenverteilungen mit denselben Werkzeugen hergestellt werden.

Nachteile:
• Aufgrund der freien Umformung ist die Formgenauigkeit der Reckprodukte eingeschränkt.
• Die schrittweise Umformung erfordert einen relativ hohen Zeitaufwand und ist daher nachteilig
für die Produktivität und den Wärmehaushalt der Produkte.

Anwendung:
• Warmumformung von Stahl- und Aluminiumlegierungen.
• Das Recken wird hauptsächlich bei Produkten mit hohen Einsatzgewichten und geringen Stück-
zahlen zur Massenvorverteilung für nachgeschaltete Fertigungsverfahren eingesetzt wie zum
Beispiel für große Schiffskurbel- oder Generatorwellen.

43
5.2.2 Rundkneten

Beim Rundkneten üben zwei oder mehrere Werkzeuge eine radiale Kraft in Richtung des Werkstückzent­
rums aus, während sich das Werkstück dreht oder sich die Werkzeuge um das Werkstück drehen (Bild 5.6).
Die Radialschläge haben einen kurzen Hub und werden mit hoher Frequenz ausgeführt.

Bild 5.6: Rundkneten

Vorteile:
• Beim Rundkneten mit nicht formgebundenen Werkzeugen können unterschiedliche Werkstück-
geometrien mit denselben Werkzeugen hergestellt werden.

Nachteile:
• Durch Rundkneten können nur rotationssymmetrische Rohteile gefertigt werden.
• Die schrittweise Umformung erfordert einen relativ hohen Zeitaufwand und ist daher nachteilig
für die Produktivität und – bei der Warmumformung – für den Wärmehaushalt der Produkte.
• Als Vorformverfahren für ein nachfolgendes Gesenkschmieden ist das Rundkneten aufgrund der
geringen Mengenleistung nur bedingt geeignet.

Anwendung:
• Das Rundkneten wird bei der Warm-, Halbwarm- und Kaltumformung von Stahl- und Aluminium­
legierungen angewandt.
• Durch Rundkneten werden vorzugsweise wellenförmige Werkstücke mit hoher Wiederhol­
genauigkeit gefertigt.

44
5.2.3 Stauchen

Das Stauchen ist ein Freiformverfahren, bei dem die Ausgangshöhe des Werkstücks reduziert wird
(Bild 5.7). Das vorwiegend angewendete Stauchverfahren ist das Parallelstauchen, das auch zum Entzundern
eingesetzt wird. Das Formstauchen zählt aufgrund der teilweise formgebundenen Umformung strenggenom­
men nicht zu den Freiformverfahren, sondern zu den Verfahren des Gesenkformens (siehe Kapitel 5.3), wird
hier aber mit aufgeführt, da in der Praxis ein fließender Übergang vom reinen Stauchen (Freiformen) zum
Formstauchen besteht.

Bild 5.7: Freies Stauchen und Formstauchen

Vorteile:
• Das Stauchen kann mit einfachen, kostengünstigen Werkzeugen ausgeführt werden.
• Die Stauchhöhe und damit die Ausprägung der Massenverteilung ist variabel.
• Das Stauchen ermöglicht auch die Herstellung flacher, scheibenförmiger Vorprodukte.

Nachteile:
• Die Stauchprodukte haben im Allgemeinen eine eingeschränkte Formgenauigkeit, da sie ohne
oder nur mit begrenztem Formzwang gefertigt werden.
• Das Verhältnis von Werkstückhöhe zu Werkstückdurchmesser ist begrenzt, ansonsten besteht
die Gefahr des Ausknickens.

Anwendung:
• Warm-, Halbwarm- und Kaltumformung von Stahl- und Leichtmetalllegierungen. Sonderwerk-
stoffe wie Nickel-, Kobalt- und Kupferlegierungen können ebenfalls durch Stauchen umgeformt
werden.
• Neben der Massenvorverteilung für nachgeschaltete Fertigungsverfahren (siehe Kapitel 7,
Prozess­ketten der Massivumformung) wird das Stauchen auch zum Entzundern eingesetzt (sie-
he Kapitel 6.4).
• Durch ihre Vielfältigkeit werden Stauchverfahren bei einer Vielzahl unterschiedlicher Produkt-
geometrien eingesetzt.

45
5.3 Gesenkformen/Gesenkschmieden

Das Gesenkformen oder Gesenkschmieden ist ein Druckumformverfahren mit formgebundenen, gegen­ein­
ander bewegten Werkzeugen. Durch Gesenkschmieden können auch geometrisch komplizierte Produkte her­
gestellt werden. Ausgangsprodukt für das Gesenkschmieden ist zum Beispiel ein quadratisches oder rundes
Ausgangs­material, das zwischen zwei Formwerkzeugen umgeformt wird. Durch Gesenk­schmieden werden
in kürzester Zeit (wenige Sekunden) komplizierte Teile mit sehr vielen Funktionsmaßen erzeugt. Je nachdem,
ob überschüssiges Material in die Teilungsfläche der beiden Werkzeughälften fließt oder nicht, unter­scheidet
man zwischen Gesenkschmieden mit Grat und dem gratlosen Schmieden. Die herstellbare Formenvielfalt ist
nahezu beliebig, sofern die Entformbar­keit (siehe Kapitel 10) gewährleistet ist.

5.3.1 Gesenkschmieden mit Grat

Das in der industriellen Praxis vorherrschende Formgebungsverfahren ist das Gesenkschmieden mit Grat
(Bild 5.8). Beim Gesenkschmieden erzwingt das Werkzeug einen Werkstofffluss in Bewegungsrichtung der
Werkzeuge und quer dazu. Das Werkstück wird hierbei fast vollständig von dem Werkzeug umschlossen,
wobei überschüssiger Werkstoff durch den Gratspalt abfließen kann.

Bild 5.8: Gesenkschmieden (Gesenkformen) mit Grat

Beim Füllen der Gesenkgravuren kann man folgende 3 Grundtypen von Füllvorgängen unterscheiden
(Bild 5.9):
1. Stauchen: Vermindern der Ausgangshöhe, wesentlicher Werkstofffluss parallel zur Werkzeug-
bewegung.
2. Breiten: Seitliches Verdrängen des Werkstoffs von innen nach außen, wesentlicher Werkstofffluss
senkrecht zur Werkzeugbewegung.
3. Steigen: Ausfüllen tiefer Gravur-Hohlräume, wesentlicher Werkstofffluss parallel gegen die Werk-
zeugbewegung.

46
Bild 5.9: Grundtypen der Vorgänge beim Füllen von Schmiedegravuren

Die Füllvorgänge beim Gesenkschmieden beginnen im Allgemeinen mit dem Stauchen des Vormaterials. In
der nächsten Phase der Umformung, dem Breiten, legt sich der Werkstoff an die formgebenden Gravurwände
an. Tiefe Gravurhohlräume werden in der Endphase der Umformung durch Steigen des Werkstoffs ausgefüllt.

Vorteile:
• Hochproduktives Verfahren, auch bei komplizierten Geometrien.
• Hohe Reproduzierbarkeit der gefertigten Teile.

Nachteile:
• Aufwendige Werkzeuge (Gesenke) notwendig.
• Materialüberschuss erforderlich.

Anwendungen:
• Warm-, Halbwarm- und Kaltumformung von Stahl- und Nichteisenlegierungen.
• Das Gesenkschmieden ist das bedeutendste Verfahren in der Massivumformung und wird für
die Produktion geometrisch komplizierter und hochbeanspruchter Bauteile eingesetzt, zum
Beispiel:
• Fahrwerkskomponenten für die Fahrzeug- und Luftfahrtindustrie
• Motor- und Getriebeteile wie zum Beispiel Kurbelwellen und Pleuelstangen
• Turbinen- und Verdichterschaufeln

47
5.3.2 Gesenkschmieden ohne Grat

Beim Gesenkschmieden ohne Grat wird das Werkstück bei der Umformung vollständig vom Werkzeug
umschlossen, aus dem kein Werkstoff austritt (Bild 5.10). Der prinzipielle Verlauf der ­Umformung entspricht
dem Gesenkschmieden mit Grat (siehe Kapitel 5.3.1).

Bild 5.10: Gesenkschmieden (Gesenkformen) ohne Grat

Vorteile:
• Hochproduktives Verfahren.
• Hohe Reproduzierbarkeit der gefertigten Teile.
• Gegenüber dem Gesenkschmieden mit Grat wird Material eingespart und das Abgraten
entfällt.

Nachteile:
• Die Werkzeuge (Gesenke) sind gegenüber dem Gesenkschmieden mit Grat auf­wendiger.
• Volumenschwankungen der Vorprodukte können entweder zur Überlastung der Werkzeuge
führen, wenn keine Ausgleichsräume vorgesehen sind, oder die Gravur wird nicht vollständig
gefüllt. Daraus ergibt sich eine besonders hohe Anforderung an die Volumengenauigkeit der
Vorprodukte.
• Bei langgestreckten Werkstücken und Werkstücken mit komplizierter Massenverteilung
(zum Beispiel Radaufhängungen, Kurbelwellen) kann das gratlose Schmieden nicht eingesetzt
werden.

Anwendungen:
• Warm-, Halbwarm- und Kaltumformung von Stahl- und Nichteisenlegierungen.
• Das gratlose Gesenkschmieden wird vorwiegend für die Massenproduktion von Bauteilen mit
rotations­symmetrischer Grundstruktur und einfacher Massenverteilung eingesetzt, wie zum
Beispiel: Zahnradrohlinge, Wälzlagerringe, Radnaben.

48
5.4 Fließpressen

Das Fließpressen gehört nach DIN 8583 zur Untergruppe Durchdrücken. Durch Fließpressen werden Werk­
stücke mit vorwiegend rotationssymmetrischer Grundgeometrie hergestellt.

Beim Fließpressen wird das Werkstück durch eine formgebende Werkzeugöffnung (Matrize) gedrückt. Hierbei
unterscheidet man die verschiedenen Fließpressverfahren (Bild 5.11) in Abhängigkeit von der Richtung des
Werkstoffflusses relativ zur Stempelbewegung in:
• Vorwärts-Fließpressen,
• Rückwärts-Fließpressen und
• Quer-Fließpressen.

Insbesondere durch Kombination mehrerer Fließpressverfahren in entsprechend vielen Umformstufen lassen


sich geometrisch komplizierte Werkstücke in großer Stückzahl wirtschaftlich fertigen.

Bild 5.11: Fließpressverfahren

Vorteile:
• Die Fließpressprodukte zeichnen sich durch hohe Maßgenauigkeit und gute Reproduzier­­­­­­barkeit
aus.
• Das Fließpressen ist auch bei schnelllaufenden Umformmaschinen einsetzbar.

Nachteile:
• Das Fließpressen kann nur bei Bauteilen mit vorwiegend rotationssymmetrischer Grundgeome­trie
ein­gesetzt werden.

Anwendung:
• Warm-, Halbwarm- und Kaltumformung von Stahl- und Nichteisenlegierungen.
• Fließpressverfahren werden als Vorformverfahren für das nachfolgende Gesenkschmieden
und zur Massenherstellung von vorwiegend rotationssymmetrischen Werkstücken mit einem
Gewicht von wenigen Gramm bis etwa 30 kg eingesetzt.

49
5.5 Weitere Verfahren

Neben den in den Kapiteln 5.1 bis 5.4 dargestellten Verfahren sind in den Untergruppen der DIN 8582 (Bild
5.1) eine große Anzahl weiterer Massivumformverfahren genannt, die jeweils für spezielle Produktspektren
eingesetzt werden.

Für bestimmte Bauteile werden immer wieder Spezialverfahren im Bereich der Massivumformung ­entwickelt,
die die Herstellung dieser Bauteile in Serie rationell gestalten sollen. Dazu gehören Präzisions­schmiede­
verfahren, wie zum Beispiel das Pressen von Ausgleichskegelrädern mit einbaufertiger Verzahnung oder
das Pressen von Kupplungsverzahnungen mit Hinterschnitt. Auch das Gratlospressen von Zahnstangen
mit veränderlichem Modul (Bishop-Verfahren), das Twisten (Verdrehen) von Kurbelwellen zur Herstellung von
Hinterschneidungen bei den Gegengewichten und das Präzisionsschmieden von Turbinenschaufeln zählen
zu den Spezialverfahren der Massivumformung, die eng auf das zu fertigende Produktspektrum abgestimmt
sind. Wenn die Stückzahl groß genug ist, sodass sich die Entwicklung von Spezialverfahren und -maschinen
wirtschaftlich lohnt, lassen sich mit den verschiedenen umformtechnischen Verfahren nahezu alle Bauteile
rationell herstellen /Hivo10/.

50
6 Verfahrensschritte
vor und nach der Umformung
Die wesentlichen Massivumformverfahren wurden in Kapitel 5 beschrieben. Die Herstellung eines Massivum­
formteils erfordert neben der eigentlichen Umformung jedoch meist mehrere vor- und nachgelagerte Prozesse
beziehungsweise Prozessschritte, die in diesem Kapitel beschrieben werden. Der Ablauf der gesamten Pro-
zesskette ist an mehreren Beispielen in Kapitel 7 dargestellt.

Die der Umformung vor- und nachgelagerten Prozessschritte reichen vom Trennen des Ausgangsmaterials,
das in unterschiedlichen Formen beim Umformbetrieb angeliefert wird, bis zur Oberflächenbehandlung und
mechanischen Bearbeitung der Rohteile. Die möglichen vor- und nachgelagerten Prozessschritte werden im
Folgenden dargestellt.

6.1 Trennen
Zielstellung
Durch das Trennen sollen längen- beziehungsweise gewichtsgenaue Vorprodukte hergestellt werden. Wenn
die Trennfläche bei der nachfolgenden Umformung innerhalb des Bauteils liegt, ist die Qualität der Trennflä­
chen von großer Bedeutung, da ansonsten Fehler am Bauteil entstehen können.

Varianten
Je nach Materialhärte, Querschnitt und Trenngeschwindigkeit kommen verschiedene Trennverfahren zum Ein­
satz, wie Scheren, Sägen, Spalten.

6.1.1 Scheren (Scherschneiden)


Beim Scheren von Halbzeug wird ein bewegliches Abschnittmesser um die Schnittspaltbreite versetzt an
einem stationären Stangenmesser vorbeigeführt. Dabei wird der Werkstoff getrennt. Das Abscheren besteht
aus einem anfänglichen Schneidvorgang, bevor das endgültige Trennen durch den Bruch des Restquer­
schnitts erfolgt. Das Verfahren kann als Kaltscheren (Bild 6.1) oder Warmscheren (Bild 6.2) eingesetzt werden.
Das Warmscheren erfolgt im Bereich der Umformtemperatur, unmittelbar vor dem Umformprozess.

Bild 6.1: Kaltscheren Bild 6.2: Warmscheren

51
Vorteile:
• Das Trennen durch Scherschneiden geschieht mit Ausnahme der Anfangs- und Endstücke ohne
Werkstoffverlust.
• Geringe Taktzeiten gewährleisten eine hohe Produktivität.

Nachteile:
• Durch die Kombination aus Schneid- und Bruchfläche können die Scherflächen uneben sein
und Oberflächenungänzen aufweisen.
• Für „weiche“ Werkstoffe (zum Beispiel Aluminium) ist das Scherschneiden nicht geeignet.

Anwendung:
• Das Kaltscheren wird beim Trennen von Halbzeug aus Stahl für Durchmesser beziehungsweise
Kantenlängen bis circa 120 mm eingesetzt.
• Das Warmscheren ist unabhängig von der Werkstoffhärte und gut geeignet für die Integration in
schnelllaufende automatisierte Schmiedeprozesse oder bei großen Halbzeug-Querschnitten.

6.1.2 Sägen

Das Sägen ist ein spanabhebendes Trennverfahren (Bild 6.3), das heißt, dass jeder Trennschnitt mit einem
Materialverlust verbunden ist. Das Sägen kann bei kleineren Halbzeugquerschnitten auch zum Trennen ganzer
Stangenbunde eingesetzt werden (Bild 6.4).

Bild 6.3: Stangen-Sägen Bild 6.4: Bund-Sägen

Vorteile:
• Das Sägen ermöglicht präzise, wiederholgenaue Abschnittslängen mit einer hochwertigen
Schnittflächenqualität.
• Das Sägen kann auch bei sehr großen Halbzeugquerschnitten und bei allen Materialqualitäten
und -sorten eingesetzt werden.
• Ein Schnittwerkzeugwechsel beim Sägen verschiedener Halbzeugquerschnitte ist normaler­
weise nicht notwendig.

52
Nachteile:
• Das Sägen ist ein spanabhebendes Verfahren und benötigt für den Trennvorgang mehr Zeit als
das Scheren und hat daher eine geringere Produktivität.
• Das Sägen verursacht einen Werkstoffverlust, der prozentual mit abnehmender Vorprodukt­
länge zunimmt.

Anwendung:
• Herstellen von Vorprodukten aus weichen Werkstoffen, wie zum Beispiel Aluminium oder bei
hohen Anforderungen an die Genauigkeit der Vorproduktlänge, wie zum Beispiel beim Gratlos-
schmieden, und/oder die Oberflächenqualität der Schnittflächen.
• Das Sägen wird beim Trennen von Halbzeug für Durchmesser beziehungsweise Kantenlängen
größer 120 mm eingesetzt oder für die Herstellung von Vorprodukten mit kleinem Längen-/
Durchmesser-Verhältnis.

6.1.3 Spalten
Das Spalten entspricht prinzipiell dem Scherschneiden und ist eine Kombination aus Trennvorgang und Mas­
senvorverteilung. Das Spaltstück wird aus einem Blechstreifen verlustfrei (mit Ausnahme der Anfangs- und
Endstücke) ausgeschnitten (Bild 6.5).

Bild 6.5: Spalten

Vorteile:
• Der Trennvorgang ist mit Ausnahme von Anfangs- und Endstücken frei von Werkstoffverlust.
• Das Spalten ermöglicht eine gleichzeitige Massenverteilung des Vorprodukts.

Nachteile:
• Der Faserverlauf des Spaltstücks kann im Allgemeinen der Form des Schmiedestücks nicht
optimal angepasst werden.

Anwendung:
• Herstellung von Vorprodukten für lange und flache Teile wie Schraubenschlüssel, Zangen, Mes-
serklingen, Scheren, etc.

53
6.2 Vorfertigung für die Kaltumformung
Das Kaltumformen von Stahl erfordert eine spezielle Vorbehandlung der Bauteile, um das Gefüge und die
Oberfläche für die nachfolgende Umformung zu optimieren. Die Vorbehandlung besteht beispielsweise aus
Glühen (Weichglühen, Kapitel 6.7.5), Säuberungsstrahlen und Beschichten. Die Beschichtung der Vorproduk­
te ist notwendig, um eine Oxidation und bei der nachfolgenden Umformung eine Kaltverschweißung zwischen
Werkzeug und Werkstück zu verhindern. Als druckbeständige feste Gleitmittel werden Graphit, Molybdändi­
sulfid, spezielle Seifen oder Wachse eingesetzt /Hivo10/. Neue Entwicklungen in der Werkstoff- und Prozess­
technologie zielen darauf, das gewünschte Gefüge ohne Glühen zu erreichen und die notwendige Beschich­
tung der Vorprodukte ausschließlich mit umweltverträglicheren Produkten auszuführen.

6.3 Erwärmen
Das Umformvermögen metallischer Werkstoffe steigt mit zunehmender Temperatur, während der notwendige
Kraftbedarf für die Umformung sinkt. Diese Eigenschaft wird bei der Halbwarm- und Warmumformung ge­
nutzt. Bei der Warmumformung von Stahl beträgt die Erwärmungstemperatur circa 1.100 °C bis 1.300 °C, bei
der Halbwarmumformung liegt der Temperaturbereich der Erwärmung bei circa 600 °C bis 950 °C.

Zielstellung
Die erwärmten Vorprodukte sollen eine homogene Durchwärmung über den Produktquerschnitt und über die
Längsachse aufweisen. Für einen prozessstabilen Fertigungsablauf ist eine reproduzierbare Erwärmung mit
möglichst geringer Temperaturstreuung von Teil zu Teil notwendig. Zur Minimierung der Oberflächenoxidation
(Zunderbildung) und der Randentkohlung sollte die Erwärmung in möglichst kurzer Zeit erfolgen. Aufgrund
stetig steigender Energiekosten und erhöhter Sensibilität bezüglich der Umweltbeeinflussung sind ein mög­
lichst geringer Energiebedarf und Schadstoffausstoß durch die Erwärmung anzustreben.

Varianten
Die Erwärmung des Vorprodukts kann durch indirekte oder direkte Erwärmungsverfahren erfolgen.

6.3.1 Indirektes Erwärmen


Bei der indirekten Erwärmung wird das Vorprodukt von außen mit Wärme beaufschlagt (Bild 6.6). Die Er­
wärmung erfolgt durch Konvektion, Wärmestrahlung und Wärmeleitung in Kammer- oder Durchlauföfen. Die
Wärmeenergie wird durch die Verbrennung von Gas oder Mineralöl erzeugt. Möglich ist auch eine elektrische
Beheizung der Öfen.

Vorteile:
• Geeignet zum Erwärmen großvolumiger Vor­-
produkte und Umformzwischenprodukte.
• Geringe Energiekosten bei Einsatz von
Primär­energie.
• Unabhängig von der Geometrie der Vorpro-
dukte.

Nachteile:
• Erhöhte Verzunderung und Randentkohlung
der Vorprodukte infolge relativ langer Wärm-
zeiten (chemische Reaktion des Teils mit der
Ofenatmosphäre).

Anwendung:
• Erwärmen großer Vorprodukte.
• Erwärmen von Schüttgut (zum Beispiel zur
Bild 6.6: Indirekte Erwärmung Wärmebehandlung)

54
6.3.2 Direktes Erwärmen
Das direkte Erwärmen erfolgt auf Basis elektrischer Energie und kann induktiv oder konduktiv erfolgen. Dabei
entsteht die Wärme im Vorprodukt selbst und braucht nicht durch Wärmeleitung übertragen zu werden.

Induktive Erwärmung
Beim induktiven Erwärmen werden die Vorproduk­
te in einer Induktionsspule erwärmt, durch die ein
hochfrequenter Wechselstrom fließt, der ein elekt­
romagnetisches Wechselfeld erzeugt (Bild 6.7). Die­
ses Wechselfeld induziert innerhalb des Vorprodukts
eine elektrische Spannung, die zur Bildung von Wir­
belströmen führt. Diese Wirbelströme bewirken auf­
grund des spezifischen elektrischen Widerstands des
Bild 6.7: Direkte Erwärmung durch Induktion Materials eine Erwärmung des Vorprodukts.

Vorteile:
• Kurze Erwärmungszeit sowie geringe Verzunderung und Randentkohlung der Vorprodukte.
• Die Anlaufzeit einer Induktionserwärmung nach einem Anlagenstillstand ist relativ kurz.
• Gute Reproduzierbarkeit der Vorprodukttemperatur.
• Geringer Platzbedarf der Erwärmeraggregate.
• Gute Automatisierbarkeit der Zuführung.

Nachteile:
• Für einen optimalen Wirkungsgrad der Erwärmung und eine gute Durchwärmung der Vorpro-
dukte muss die Spule an den Querschnitt der Vorprodukte angepasst sein. Bei einem Vorpro-
duktwechsel mit wesentlicher Querschnittsänderung ist im Allgemeinen ein Wechsel der Spule
notwendig. Nachteilig sind hier der Investitionsaufwand für die verschiedenen Spulen unter-
schiedlicher Größe und der zeitliche Aufwand des Spulenwechsels.

Anwendung:
• Erwärmen aller gängigen Rund- und Vierkantmaterialien mit kleinen bis mittleren Querschnitts-
abmessungen.

Konduktive Erwärmung
Bei der konduktiven Erwärmung bildet das Vorprodukt
einen Teil des elektrischen Stromkreises (Bild 6.8).
Das Vorprodukt wird somit direkt vom Strom durch­
flossen und erwärmt sich aufgrund seines elektri­
schen Widerstands. Die konduktive Erwärmung wird
daher auch als Widerstandserwärmung bezeichnet.

Vorteile:
• Sehr kurze Erwärmungszeit.
• Besserer energetischer Wirkungsgrad im Ver-
gleich zur induktiven Erwärmung.
• Keine Anlaufverluste.

Bild 6.8: Direkte Erwärmung durch Konduktion

55
Nachteile:
• Kurze Teile sollten wegen der Wärmeverluste an den gekühlten Elektroden nicht konduktiv er-
wärmt werden. Das Verhältnis Vorproduktlänge/-durchmesser sollte größer als 2,5 sein.
• Die Übertragung der hohen Stromwerte erfordert eine gute Oberflächenbeschaffenheit (Rau-
tiefe, Rost, Zunder, Verschmutzung) der Kontaktflächen der Vorprodukte.
• Aufwendige Automatisierung, da die Vorprodukte immer einzeln zwischen den Elektroden ge-
klemmt werden müssen.

Anwendung:
• Erwärmung von langen und dünnen Stangen.

6.4 Entzundern

Die hohen Erwärmungstemperaturen bei der Warmumformung bewirken in Abhängigkeit von der Erwär­
mungszeit eine mehr oder weniger starke Oxidation der Oberfläche des Vorprodukts. Die sich hierbei bil­
dende Zunderschicht würde Oberflächenfehler am Schmiedebauteil und erhöhten Werkzeugverschleiß nach
sich ziehen. Da Aluminium bei der Erwärmung keine lose anhaftende Oxidschicht bildet, wird das Entzundern
ausschließlich bei der Warmumfomung von Stahlwerkstoffen angewandt.

Zielstellung
Entfernung der lose anhaftenden Zunderschicht von der Oberfläche des erwärmten Vorprodukts.

Varianten
Das Entzundern kann durch Umformung, wie zum Beispiel Anstauchen, durch Druckwasser oder Bürsten
erfolgen.

6.4.1 Entzundern durch Anstauchen


Durch das Anstauchen (Bild 6.9) wird das Vorprodukt geringfügig umgeformt, wodurch die spröde Zunder­
schicht abplatzt.

Bild 6.9: Entzundern durch Anstauchen

Vorteile:
• Bereits durch eine geringfügige Umformung ist ein Entzundern möglich.
• Das Anstauchen kann gleichzeitig auch zur Massenvorverteilung genutzt werden.

Nachteile:
• Die Entzunderung gelingt nicht immer vollständig auf der gesamten Vorproduktoberfläche.

Anwendung:
• Umformprozesse, bei denen kein Reckwalzen oder sonstige Vorformoperationen dem Gesenk-
formen vorgeschaltet sind.

56
6.4.2 Entzundern mit Druckwasser

Beim Entzundern mit Druckwasser wird Wasser mit


einem Druck von bis zu 500 bar auf die heiße Bauteil­
oberfläche gespritzt (Bild 6.10). Das explosionsartig
verdampfende Wasser, die thermische Oberflächen­
schrumpfung und die mechanische Energie des
Wasserstrahls lösen dabei die lose anhaftende Zun­
derschicht ab.

Bild 6.10: Entzundern mit Druckwasser

Vorteile:
• Die Entzunderung lässt sich gut in die Prozesskette integrieren.

Nachteile:
• Bei kleinen Querschnitten kühlt das Vorprodukt zu stark ab.
• Anwendbar nur bei Vorprodukten, die aufgrund eines höheren Gewichts auch eine stabile Lage
beibehalten.
• Die Auflagefläche des Vorprodukts wird nur unvollständig entzundert.

Anwendung:
• Die Druckwasserentzunderung wird hauptsächlich bei Vorprodukten mit hohen Einsatzgewich-
ten eingesetzt.

6.4.3 Entzundern durch Bürsten


Beim Entzundern durch Bürsten werden die lose anhaftende Zunderschicht und andere Verunreinigungen der
Oberfläche mechanisch durch die Stahldrähte der rotierenden Bürsten entfernt (Bild 6.11).

Vorteile:
• Das Entzundern kann automatisiert im Durch-
laufverfahren erfolgen.

Nachteile:
• Die Bürsten verschleißen und müssen in Ab-
hängigkeit des Verschleißgrads nachgestellt
beziehungsweise ersetzt werden.

Anwendung:
• Aufgrund des starken Verschleißes der Stahl-
drähte wird das Bürsten vorzugsweise partiell
bei der konduktiven Erwärmung eingesetzt,
um die Enden der Materialabschnitte zu säu-
bern und leichte Schergrate zu entfernen. Das
Ziel ist eine saubere, gratfreie Kontaktfläche
an den Elektroden der Konduktivanlage, um
Bild 6.11: Entzundern durch Bürsten Stromspitzen zu vermeiden.

57
6.5 Abgraten/Lochen
Der beim Gesenkschmieden mit Grat verfahrensbedingte Materialüberschuss fließt während der Umformung
in die Teilungsfläche zwischen den beiden Werkzeughälften (Kapitel 5.3.1). Dieser sogenannte Grat wird durch
das Abgraten entfernt.

Durchbrüche in den Schmiedeteilen lassen sich durch den Umformvorgang nicht erzeugen. Sie werden durch
das nachfolgende Lochen erzeugt.

Zielstellung
Entfernen des Materialüberschusses, der als Außengrat und/oder Innengrat (Spiegel) vorliegen kann.

Beim Abgraten wird der außen am Teil befindliche Grat entfernt (Bild 6.12). Beim Lochen wird der Innengrat
(Spiegel) entfernt (Bild 6.13). Man unterscheidet Kalt- und Warmabgraten. Bei Bauteilen, die sowohl ein Ab­
graten als auch ein Lochen erfordern, kommen üblicherweise so genannte Kombiwerkzeuge zum Einsatz,
mit denen das Abgraten und das Lochen kombiniert in einem Hub mittels eines Verbundwerkzeuges erfolgt.

Bild 6.12: Abgraten Bild 6.13: Lochen

Vorteile des Warmabgratens/-lochens:


• Das Warmabgraten ist in die Fertigungslinie integriert.
• Die Schnittkräfte sind aufgrund der hohen Temperatur gering.

Nachteile des Warmabgratens/-lochens:


• Streuende Bauteiltemperaturen führen zu Maßschwankungen der Bauteilgeometrie und können
die Qualität der Abgrat- und Lochschnitte negativ beeinflussen.
• Die Integration in die Fertigungslinie erhöht den Rüst- und Korrekturaufwand im Warmbetrieb.

Vorteile des Kaltabgratens/-lochens:


• Die Entkopplung des Kaltabgratens vom Arbeitstakt der Schmiedelinie ermöglicht eine höhere
Mengenleistung beim Abgraten.

Nachteile des Kaltabgratens/-lochens:


• Der entkoppelte Arbeitsgang erfordert eine Zwischenpufferung und somit eine mehrfache Hand-
habung der Bauteile.

Anwendung:
• Gesenkschmiedeteile mit Grat und Lochspiegeln aller Art.

58
6.6 Nachformen

Zielstellung
Das Nachformen ist ein dem Umformen nachgelagerter Prozessschritt und dient der Verbesserung der Maß-,
Form- und Lagegenauigkeit, der Verbesserung der Oberflächenrauheit oder, bei Sonderverfahren wie dem
Twisten oder Biegen, der abschließenden Formgebung des Rohteils.

Das Nachformen (Richten, Maßprägen, Kalibrieren) ist ein meist partielles Nachdrücken des Rohteils zur Er­
höhung der geometrischen Genauigkeit (Bild 6.14) und erfolgt sowohl am warmen als auch am kalten Rohteil.
Biegen und Twisten werden zur abschließenden Formgebung eingesetzt. Beim Biegen werden Geometrieele­
mente in eine andere geometrische Lage gebracht. Das Twisten ist ein gegenseitiges Verdrehen benachbarter
Bauteilsegmente (Bild 6.15). Biegen und Twisten werden im warmen Bauteilzustand durchgeführt.

Bild 6.14: Partielles Nachformen durch Maßprägen (links) und Biegen (rechts)

Bild 6.15: Twisten einer Sechszylinder-Kurbelwelle

Vorteile:
• Durch das Richten, Maßprägen und Kalibrieren wird die Genauigkeit des Bauteils erhöht, Maß-
streuungen werden verringert.
• Beim Kaltkalibrieren können durch die hohe Maßgenauigkeit und Oberflächengüte einbaufertige
Bauteilelemente gefertigt werden (zum Beispiel Verzahnung an Differentialkegelrädern).
• Durch das nachträgliche Biegen und Twisten können Bauteilgeometrien mit Hinterschnitt ge-
fertigt werden, die durch konventionelle Umformverfahren nicht oder nur schwierig herstellbar
sind.

59
Nachteile:
• Das Nachformen ist ein eigener Fertigungsgang und benötigt eine weitere Fertigungsstation.

Anwendung:
• Herstellung eng tolerierter Dickenmaße, zum Beispiel bei Pleuelstangen, Hebeln etc.
• Kaltkalibrieren einbaufertiger Funktionselemente, zum Beispiel Verzahnungen an Kegelrädern.
• Das Twisten wird zum Beispiel bei Kurbelwellen angewendet. Hierbei werden die Kurbelwellen
in einer Ebene geschmiedet, um dann die Kurbelzapfen durch Twisten (Verdrehen) in die richtige
Lage zueinander zu bringen (Bild 6.15).

6.7 Wärmebehandlung für Rohteile aus Stahl

Der Werkstoffzustand der Rohteile nach der Umformung erfüllt meist noch nicht alle Anforderungen, die sich
aus dem Verwendungszweck ergeben. Es ist daher notwendig, den Werkstoffzustand durch eine Nachbe­
handlung so zu verändern, dass zum Beispiel die Härte, die Festigkeit, die Zähigkeit oder der Verschleißwi­
derstand den unterschiedlichen Bedingungen der jeweiligen Anwendung optimal angepasst sind. Das erfolgt
durch eine Wärmebehandlung. Wärmebehandlung ist ein zeit- und temperaturgesteuerter Prozess mit dem
Ziel, bestimmte Werkstoffeigenschaften zu erreichen.

Zielstellung
Die Eigenschaften des Stahls können durch eine Wärmebehandlung gezielt beeinflusst und somit dem Ver­
wendungszweck angepasst werden. Hierbei ist sowohl eine Anpassung an die Gebrauchseigenschaften des
Bauteils, wie zum Beispiel der Festigkeit und der Zähigkeit, als auch eine Vorbereitung auf einen nachfolgen­
den Verarbeitungsprozess, wie zum Beispiel das Kaltumformen oder Zerspanen, möglich. Der Ablauf der
Wärmebehandlung kann in den Fertigungsprozess integriert sein oder zeitlich und räumlich getrennt vom
Umformprozess erfolgen.

Varianten
Abhängig vom Ziel der Wärmebehandlung stehen mehrere unterschiedliche Verfahren zur Auswahl. Bei ei­
nigen Verfahren wird der Werkstoffzustand gezielt über den gesamten Querschnitt verändert, zum Beispiel
beim Glühen, Härten, Anlassen, Vergüten oder Bainitisieren. Bei anderen Verfahren ist nur eine Veränderung
der Randschicht beabsichtigt, wie zum Beispiel beim Randschichthärten, Nitrieren oder Nitrocarburieren. Bei
manchen Verfahren wird zwar gezielt die Randschicht verändert, jedoch erfolgt auch eine Beeinflussung des
Werkstoffzustands im gesamten Querschnitt. Dies trifft zum Beispiel auf das Einsatzhärten oder die Diffusions­
behandlungen Chromieren und Borieren zu /Lied05/.

Die Verfahren der Wärmebehandlung werden im Wesentlichen durch folgende Parameter definiert:
• Wärmebehandlungstemperatur,
• Erwärmungs- und Haltezeit,
• Ofenatmosphäre,
• Abkühlung.

Die Wahl der Temperatur hängt vom Werkstoff und vom gewünschten Wärmebehandlungsergebnis ab. Eine
typische Grenze zum Beispiel für Stähle mit 0,8 % Kohlenstoff liegt bei 723 °C (als Ac1-Temperatur bezeich­
net). Oberhalb dieser Temperatur entsteht eine Gefügestruktur (Kapitel 3), die man durch geeignetes Ab­
kühlen in ihren Eigenschaften gezielt verändern kann. Unterhalb dieser Temperatur wird angelassen oder
entspannt, um die Sprödigkeit, die beim Härten entsteht, zu beseitigen. Je nach Temperatur und Material
können dadurch verschiedene Festigkeits-/Zähigkeitsverhältnisse eingestellt werden.

60
Die Erwärmungszeit muss so bemessen sein, dass der Temperaturanstieg möglichst gleichmäßig im gesamten
Bauteil erfolgt, um so einen Verzug des Bauteils zu vermeiden oder gering zu halten. Die Haltezeit ist in einem
festgelegten Temperaturbereich so zu wählen, dass sich die gewünschten Gefügeänderungen einstellen oder
dass die Elemente Kohlenstoff (beim Einsatzhärten) beziehungsweise Stickstoff (beim Nitrieren) eindiffundie­
ren können. Durch die Auswahl geeigneter Ofenatmosphären können Verfärbungen und Verzunderungen an
den Bau­teil­oberflächen während der Wärmebehandlung vermieden werden. Hierbei wird der dafür verant­
wort­liche Sauerstoff durch andere, neutrale „Schutzgase” ersetzt oder ein Vakuum erzeugt.

Durch die Abschreckung beziehungsweise Abkühlung wird eine Veränderung der Gefügestruktur erreicht,
um so ein neues hartes Gefüge mit dem Namen „Martensit” zu erzeugen /IHT/. Der prinzipielle Temperatur-/
Zeitablauf einer Wärmebehandlung ist in Bild 6.16 dargestellt.

Bild 6.16: Ablauf einer Wärmebehandlung (schematisch) /Lied05/

Die wichtigsten Wärmebehandlungsverfahren – die über den gesamten Bauteilquerschnitt wirken – sind nach­
folgend beschrieben und deren Temperatur-/Zeitverläufe schematisch dargestellt.

6.7.1 Normalglühen
Zielstellung:
Erzeugen eines feinkörnigen, gleichmäßigen Gefüges.
Das durch Normalglühen erzeugte Gefüge besitzt –
zumindest bei unlegierten Stählen – die beste Kombi­
nation von Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften.
Es wird als „Normalgefüge“ eines Stahls bezeichnet,
weil es sich durch diese Wärmebehandlung gezielt
und reproduzierbar erzeugen lässt /Barg08/.

Beschreibung:
Die Erwärmung des Stahls erfolgt möglichst schnell
auf eine Temperatur oberhalb der Ac1-Temperatur,
das Abkühlen wird relativ langsam ausgeführt. Das
Normalisieren wird beispielsweise bei großen Frei­
Bild 6.17: Temperatur-/Zeitverlauf beim Normalglühen
form-Schmiedestücken – die relativ langsam aus der
Umformwärme abkühlen und daher ein grobkörniges
Gefüge aufweisen – angewendet /Barg08/.

61
6.7.2 Vergüten

Zielstellung:
Durch Vergüten soll eine für den jeweiligen Anwen­
dungsfall gezielte Kombination aus Festigkeit und Zä­
higkeit erreicht werden.

Beschreibung:
Das Vergüten ist eine zweistufige Wärmebehandlung,
bestehend aus Härten und nachfolgendem Anlas­
sen. Das Härten besteht aus einem relativ schnellen
Erwärmen und, nach einer vorgegebenen Haltezeit,
einem Abkühlen mit sehr großer Abkühlgeschwin­
digkeit (Abschrecken). Durch das nachfolgende An­
lassen wird die beim Härten erzielte hohe Festigkeit
und geringe Zähigkeit so eingestellt, dass Festigkeit
und Zähigkeit den Anforderungen entsprechen. Beim
Vergüten aus der Schmiedewärme erfolgt das Härten
durch das Abschrecken der Werkstücke aus der Um­
formwärme. Das Anlassen geschieht nachfolgend auf
konventionelle Weise. Der Entfall des gesonderten
Härteprozesses bietet Kostenvorteile und vermeidet
den Energieaufwand für das Erwärmen auf Härtetem­
peratur.
Bild 6.18: Temperatur-/Zeitverlauf beim Vergüten (oberes
Bild) und Vergüten aus der Schmiedewärme
(unteres Bild)

6.7.3 Kontrollierte Abkühlung aus der Warmumformung

Zielstellung:
Die Zielstellung entspricht dem des Vergütens, der
Einstellung der geforderten Festigkeit und Zähigkeit.

Beschreibung:
Die Schmiederohteile werden aus der Umformwärme
mit einem vorgeschriebenen Temperatur-Zeitverlauf
kontrolliert abgekühlt. Für die Anwendung dieser Art
der Wärmebehandlung wurden spezielle Stahlwerk­
stoffe entwickelt, die sogenannten AFP-Stähle (Kapi­
tel 4.1.4). Dieses Verfahren hat große Kostenvorteile,
weil die Wärmebehandlung ausschließlich mit der
Umformwärme erfolgt und keine weiteren Ofenanla­
gen benötigt werden.
Bild
6.19:
Temperatur-/Zeitverlauf bei der kontrollierten
Abkühlung aus der Warmumformung

62
6.7.4 FP-Glühen (Isothermglühen)

Zielstellung:
Erzeugen eines gleichmäßigen Gefügezustands mit
guter Zerspanbarkeit.

Beschreibung:
Bei dem FP-Glühen (FP bedeutet Behandlung auf
Ferrit-Perlit-Gefüge) erfolgt nach dem Erwärmen im
Temperaturbereich der Normalglühtemperatur eine
rasche Abkühlung auf die Isothermglühtemperatur,
wo dann bei einer relativ langen Haltezeit die Um­
wandlung des Gefüges in die FP-Struktur statt­fin­det.

Bild 6.20: Temperatur-/Zeitverlauf beim FP-Glühen (Iso-


thermglühen)

6.7.5 Weichglühen
Zielstellung:
Durch Weichglühen soll ein möglichst weicher Zu­
stand des Stahls erreicht werden, der die spanabhe­
bende Verarbeitung erleichtert oder eine nachfolgen­
de Kaltumformung des Werkstoffs ermöglicht.

Beschreibung:
Das Weichglühen benötigt relativ lange Haltezeiten
geringfügig unterhalb der Ac1-Temperatur und endet
mit einer langsamen Abkühlung.

Bild 6.21: Temperatur-/Zeitverlauf beim Weichglühen

6.7.6 Spannungsarmglühen
Zielstellung:
Minimierung innerer Bauteilspannungen, ohne die
wesentlichen mechanischen Eigenschaften zu be­
einflussen. Die inneren Spannungen können als Fol­
ge einer Kaltumformung oder einer ungleichmäßigen
Abkühlung nach der Warmumformung oder Wärme­
behandlung entstehen.

Beschreibung:
Zur Vermeidung von großen Temperaturdifferenzen
innerhalb der Werkstücke erfolgt das Erwärmen
und Abkühlen möglichst langsam. Bei vergüteten
Bild 6.22:
Temperatur-/Zeitverlauf beim Spannungsarm- Werkstücken liegt die Glühtemperatur unterhalb der
glühen Anlass­temperatur.

63
6.7.7 Rekristallisationsglühen

Zielstellung:
Die durch Kaltumformung bedingte Verfestigung des
Werkstoffs soll rückgängig gemacht werden.

Beschreibung:
Die Höhe der Glühtemperatur ist im Wesentlichen
vom Ausgangsgefüge und dem Kaltumformgrad ab­
hängig und beträgt im Allgemeinen etwa 600 °C bis
700 °C. Die Erwärmung erfolgt relativ schnell und die
Abkühlung üblicherweise an ruhender Luft.

Bild 6.23: Temperatur-/Zeitverlauf beim Rekristallisations-


glühen

6.7.8 Lösungsglühen
Zielstellung:
Das Lösungsglühen wird durchgeführt, um gleichmä­
ßige, homogene Gefüge- und Werkstoffeigenschaf­
ten zu erhalten.

Beschreibung:
Das Glühen wird im Temperaturbereich zwischen
950 °C und 1.200 °C durchgeführt. Die Abkühlung er­
folgt durch Abschrecken im Wasser oder bei dünnen
Querschnitten durch schnelle Luftabkühlung.

Bild 6.24: Temperatur-/Zeitverlauf beim Lösungsglühen

Im Folgenden sind die Verfahren beschrieben, die vorzugsweise nur die Eigenschaften der Bauteiloberflächen
beeinflussen. Ein Härten der Oberfläche zur Erhöhung der Verschleißfestigkeit und der Druckbelastbarkeit
wird zum Beispiel bei Bauteilen wie Zahnrädern, Bolzen oder Wellen durchgeführt.

6.7.9 Randschichthärten

Zielstellung:
Härten der Oberfläche, ohne die Zähigkeit des Bauteilkerns zu reduzieren.

Beschreibung:
Durch eine räumlich begrenzte Wärmeeinbringung wird die oberflächennahe Schicht auf Härtetemperatur
erwärmt und nachfolgend abgeschreckt. Das Randschichthärten kann durch Flammhärten oder Induktions­
härten erfolgen. Beim Flammhärten erfolgt das Erwärmen der Oberfläche durch Gasbrenner. Beim Induk­
tionshärten gewährleistet die induktive Erwärmung der Randschicht eine kurze Anwärmzeit und bei hoher
Reproduzierbarkeit eine Gleichmäßigkeit des Härteverlaufs und der Härtewerte.

64
6.7.10 Einsatzhärten

Zielstellung:
Härten der Oberfläche, ohne die Zähigkeit des Bauteilkerns zu reduzieren.

Beschreibung:
Das Einsatzhärten zählt zu den thermochemischen Verfahren. Im Rahmen dieses Verfahrens wird die Rand­
schicht von Bauteilen und Werkzeugen mit einem Kohlenstoff abgebenden Medium aufgekohlt und anschlie­
ßend abgeschreckt. Die Abschreckung kann entweder direkt aus der Aufkohlungstemperatur oder nach
einem Zwischenkühlen und Wiedererwärmen auf eine werkstoffspezifische Härtetemperatur erfolgen. Die Auf­
kohlung erfolgt in der Regel zwischen 880 °C und 980 °C. Nach dem Abschrecken der aufgekohlten Bauteile
ist meist ein Anlassen erforderlich, um die aus der Härtung entstandenen Spannungen zu mindern und die
geforderten Gebrauchsfestigkeiten einzustellen. Partielles Einsatzhärten ist mittels geeigneter Isoliertechniken
möglich. Hierbei werden Bereiche, die nicht einsatzgehärtet werden sollen, mit einem hitzebeständigen Ober­
flächenschutz, zum Beispiel Kupferpaste, abgedeckt /IHT/.

6.7.11 Plasmanitrieren

Zielstellung:
Zu den Zielstellungen zählen neben dem Härten der Oberfläche die Verbesserung der Reib- und Gleiteigen­
schaften und die Schaffung korrosionsbeständiger Schichten.

Beschreibung:
Das Plasmanitrieren zählt zu den thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren und wird bei Temperatu­
ren zwischen 350 °C und 600 °C durchgeführt. Die Härtesteigerung wird durch Bildung äußerst harter Stick­
stoffverbindungen in der Randschicht des Werkstücks erzielt. Das Plasmanitrieren findet in einer Vakuumkam­
mer unter ionisierter Gasatmosphäre statt. Als Behandlungsgase stehen Ammoniak, Stickstoff, Methan und
Wasserstoff zur Verfügung. Zur Bildung verschleißbeständiger Schichten werden auch Mischgase eingesetzt.
Qualitätsbestimmend sind die Gaszusammensetzung, der Druck, die Temperatur und die Behandlungszeit.
Zu den Hauptvorteilen des Verfahrens zählen die Verbesserung der Reib- und Gleiteigenschaften, die Schaf­
fung korrosionsbeständiger Schichten und der geringe Bauteilverzug. In der Regel werden nur fertigbearbei­
tete Bauteile plasmanitriert, die nach dieser thermochemischen Wärmebehandlung keiner weiteren mechani­
schen Fertigungsoperation wie zum Beispiel dem Schleifen unterzogen werden müssen /IHT/.

6.8 Wärmebehandlung für Rohteile aus Aluminium

Die in der Massivumformung verwendeten Aluminiumwerkstoffe gehören vorwiegend zur Gruppe der aus­
härtbaren Legierungen und erhalten ihre gewünschte Festigkeit durch eine Wärmebehandlung, die aus den
Prozessschritten Lösungsglühen, Abschrecken und Auslagern besteht (Bild 6.25). Das Auslagern findet ent­
weder bei Raumtemperatur – Kaltauslagern – oder bei erhöhten Temperaturen, dem sogenannten Warmaus­
lagern, statt. Die Auslagerungstemperatur ist abhängig von der verwendeten Aluminiumlegierung und den
gewünschten Werkstoffeigenschaften. Die in der Massivumformung verwendeten Legierungen werden vor­
wiegend warm ausgelagert.

Wird bei der Warmumformung die Lösungsglühtemperatur erreicht, so ist auch ein Abschrecken unmittelbar
aus der Umformung möglich. Das Auslagern geschieht nachfolgend auf konventionelle Weise. Der Entfall des
gesonderten Lösungsglühprozesses bietet Kostenvorteile und reduziert den Energieaufwand für das Erwär­
men auf Lösungsglühtemperatur.

65
Bild 6.25: Temperatur-/Zeitverlauf bei der Wärmebehandlung von Aluminiumlegierungen

6.9 Oberflächenbehandlung

Die Oberflächenbehandlung der Umformteile kann in zwei wesentliche Gruppen eingeteilt werden, das Reini­
gen und Entzundern der kalten Teile nach der Umformung sowie das Beschichten der Oberfläche. Das Reini­
gen/Entzundern erfolgt vorzugsweise durch Strahlverfahren – Reinigungsstrahlen – und wird bei der Vorferti­
gung der Kaltumformung und bei der Endfertigung eingesetzt. Das Beschichten wird aus prozesstechnischen
Gründen beim Umformprozess – zum Beispiel dem Auftrag von Gleitmittel bei der Kaltumformung – oder zum
Beispiel bei der Endfertigung als Korrosionsschutz der Fertigteile vorgenommen.

6.9.1 Reinigungsstrahlen

Zielstellung:
Das Reinigungsstrahlen dient in erster Linie der Reinigung der Bauteiloberfläche, kann aber auch zur Erhö­
hung der Dauerfestigkeit der Bauteile genutzt werden.

Bild 6.26: Schematische Darstellung des Reinigungsstrahlens in einer Strahlanlage

66
Das Reinigen der Bauteile durch Strahlen erfolgt mittels Kugeln oder Drahtkorn. Infolge der mit dem Strahlen
einhergehenden Oberflächenverfestigung und der Druckeigenspannungen des Werkstücks kann die dynami­
sche Belastbarkeit durch das Strahlen erhöht werden. Als Strahlverfahren wird überwiegend das Schleuder­
radverfahren eingesetzt.

Beim Schleuderradverfahren wird das Strahlmittel durch ein sich mit hoher Drehzahl drehendes Schleuderrad
beschleunigt und mit hoher Geschwindigkeit auf die Oberfläche des Bauteils gestrahlt (Bild 6.26). Die kine­
tische Energie der Strahlpartikel zerstört die Zunder- oder Oxidschicht und führt – entsprechend hohe Energi­
en vorausgesetzt – zu einer lokalen plastischen Verformung der Bauteiloberfläche. Die drehende Trommel der
Strahlanlage gewährleistet eine kontinuierliche Bewegung der Bauteile innerhalb der Strahlanlage, sodass alle
Bauteile und die gesamte Bauteiloberfläche vom Strahlkegel erfasst werden.

In Abhängigkeit der Anforderungen an die Oberflächengüte erfolgt die Auswahl des Strahlmittels. Das vor­
wiegend eingesetzte metallische Strahlmittel gibt es in kantiger oder kugeliger Grundform, in vielfältigen Kör­
nungsgrößen (Bild 6.27) und unterschiedlichen Härtegraden.

Schmiedeteile aus Aluminium sind durch die Warm­


umformung beziehungsweise die Wärmebehandlung
mit einer festanhaftenden Oxidschicht überzogen. Die
Entfernung dieser Schicht kann außer durch Strahlen
auch durch chemisches Abtragen (Beizen) erfolgen.

Bild 6.27: Strahlmittel-Varianten

6.9.2 Beschichten

Zielstellung:
Das Beschichten kann, wie bei der Kaltumformung, aus prozesstechnischen Gründen notwendig sein
(Kapitel 6.2) oder dient dem Korrosionsschutz der Fertigteile. Bei Fertigteilen kann das Beschichten auch nur
aus optischen Gründen erfolgen. Das Auftragen der Beschichtungen geschieht überwiegend im Tauch- oder
Sprühverfahren (Bild 6.28). Die Auswahl des Beschichtungsmittels richtet sich nach dem Beschichtungszweck.

Bild 6.28: Beschichtungsverfahren: Tauch- (links) und Sprühverfahren (rechts)

67
6.10 Mechanische Bearbeitung

Während Massivumformverfahren sich auszeichnen durch


• hohe Produktivität und
• hohe Materialeffizienz,

sind mechanische Bearbeitungsverfahren gekennzeichnet durch


• sehr hohe Genauigkeit und
• sehr gute Oberflächenqualität der Bearbeitungsflächen.

Durch eine Verfahrenskombination von Massivumformverfahren und mechanische Bearbeitungsverfahren ist


es möglich, die spezifischen Vorteile beider Verfahren zu nutzen, um ein einbaufertiges Bauteil mit weitgehend
beliebiger Geometrie und höchstmöglicher Qualität wirtschaftlich herzustellen. Deshalb werden Umformpro­
dukte durch meist partielle spanende Weiterverarbeitung zum einbaufertigen Bauteil. Die mechanische Bear­
beitung eines Rohteils und Komplettierung zum einbaufertigen Bauteil ist beispielhaft in Bild 6.29 dargestellt.
Normalerweise bleibt der überwiegende Anteil des Rohteils unbearbeitet, nur einige wenige Funktionsflächen,
wie die Aufnahmepunkte der Lagerstellen und die Befestigungspunkte, werden durch spanende Verfahren
bearbeitet.

Bild 6.29: Schmiedeteil vor (links) und nach der mechanischen Bearbeitung (rechts)

Abhängig vom Rohteilwerkstoff, seiner Zusammensetzung und seinem Wärmebehandlungszustand sowie


dem Bearbeitungsvolumen und der gewünschten Qualität der bearbeiteten Flächen werden die Bearbei­
tungsverfahren, die Schneidstoffe und die Schnittparameter für die mechanische Bearbeitung ausgewählt.
Zur Anwendung kommen alle klassischen Bearbeitungsverfahren wie zum Beispiel Drehen, Bohren, Fräsen
sowie Sonderverfahren.

Bei den Schneidstoffen hat es in den vergangenen Dekaden eine enorme Entwicklung gegeben, sodass heute
eine sehr große Palette an Schneidstoffen mit unterschiedlichsten Eigenschaften zur Verfügung steht.

Die Thematik der mechanischen Bearbeitung mit besonderem Bezug zu den Massivumformteilen wird aus­
führlich in /Töns10/ behandelt.

68
7 Prozessketten der Massivumformung
Die Fertigung eines Massivumformteils vom Halb­zeug zum fertigen Umformteil ist bei den unterschiedlichen
Umformverfahren prinzipiell gleich und erfordert die Prozesse Vor­fertigung, Erwärmen, Umformen und End­
fertigung. Die Abfolge dieser Prozesse stellt die Prozess­kette dar (Bild 7.1). Die einzelnen Prozesse bestehen
aus einem oder mehreren Prozess­schritten. Die einzelnen Prozessschritte können zeitlich und räumlich mit­
einander verkettet innerhalb einer Produktions­linie oder auch zeitlich und räumlich getrennt erfolgen. Eine
Trennung der Prozess­schritte erfolgt sinnvoller­weise dann, wenn die Produktionsleistungen der einzelnen
Prozess­schritte sehr unterschiedlich sind. So erfolgt zum Beispiel das Trennen des Halb­zeugs meist unab­
hängig von der übrigen Prozesskette. Eine Zusammenführung einzelner Prozessschritte ist ebenso möglich,
so sind zum Beispiel die Wärme­behandlungs­verfahren „Vergüten aus der Schmiede­wärme“ und „Kontrollierte
Abkühlung aus der Warm­umformung“ unmittelbar mit dem Umform­prozess verknüpft.

Prozesse: Vorfertigung Erwärmen Umformen Endfertigung

Prozessschritte: – Schritt 1 – Schritt 1 – Schritt 1 – Schritt 1


– Schritt 2 – Schritt 2 – Schritt 2 – Schritt 2
... ... ... ...
– Schritt n – Schritt n – Schritt n – Schritt n

Bild 7.1: Prinzipielle Prozesskette der Massivumformverfahren

Die Prozesskette beginnt mit der Vorfertigung. Hier erfolgt das maßgenaue Trennen des Ausgangsmaterials
in einzelne Abschnitte, die bei sehr hohen Anforderungen an die Gewichtsgenauigkeit gewogen und mittels
Sortieranlagen definierten Gewichtsklassen zugeordnet werden.

Das Erwärmen des Vorprodukts kann mittels indirekter oder direkter Erwärmungsverfahren erfolgen.

Das Umformen ist das wesentliche Glied der Prozesskette. Der Umformprozess kann aus unterschiedlichen
Formgebungsverfahren oder deren Kombination bestehen.

Bei der Endfertigung erhält das Bauteil durch eine Wärmebehandlung die geforderten mechanischen Eigen­
schaften (Festigkeit, Zähigkeit). Anschließend erfolgt durch eine Oberflächenbehandlung die Reinigung des
Bauteils. Die Qualitäts­prüfung der Bau­teile erfolgt meistens nach der Reinigung, wird aber vereinzelt auch
zwischen den Pro­zessen durch­geführt. Die letzten Prozessschritte zum einbaufertigen Bauteil sind die – meist
partielle – spanende Weiterverarbeitung.

In Abhängigkeit des Umformverfahrens ändern sich die Art und die Anzahl der Prozesse und Prozessschritte.
So entfällt zum Beispiel bei der Kaltumformung der Prozess „Erwärmen“.

Eine ausführliche Beschreibung der verschiedenen Verfahren der Massivumformung ist in Kapitel 5 dargestellt,
Kapitel 6 zeigt die Prozessschritte vor und nach der Umformung.

Für die Massivumformverfahren


• Gesenkschmieden (Warmumformung),
• Fließpressen (Kaltumformung),
• Kombinationsverfahren (Warm- und Kaltumformung) und
• Freiformen (Warmumformung) und Ringwalzen (Warmumformung)
ist nachfolgend je ein Beispiel einer Prozesskette aufgeführt. Die dargestellten Bauteile und Prozessketten
wurden aus dem weitreichenden Spektrum der Möglichkeiten der Massivumformung ausgewählt; sie stehen
jeweils repräsentativ für das gewählte Massivumform­verfahren.

69
7.1 Prozesskette Gesenkschmieden

Das Gesenkschmieden ist hinsichtlich Produktionsmenge und Werkstoffvielfalt das bedeutendste Verfahren
der Massivumformung und wird für die Produktion geometrisch komplizierter Bauteile eingesetzt. Exem­
plarisch für das Gesenkschmieden ist die Prozesskette (Bild 7.2) zur Fertigung eines Querlenkers (Fahrwerks­
element eines sportlichen Kleinwagens). Die nachfolgenden Darstellungen zeigen jeweils die Änderung des
Werkstücks in den einzelnen Prozessschritten. Die Bilder wurden im kalten Zustand der Werkstücke auf­
genommen.

Vorfertigung Erwärmen Umformen Endfertigung

– Kaltscheren – Induktiv – Reckwalzen – Wärmebehandlung


– Biegen – Reinigungsstrahlen
– Stauchen – Qualitätsprüfung
– Vor­ und – Oberflächen­
Fertigschmieden beschichtung
– Abgraten und – Mechanische
Lochen Bearbeitung

Bild 7.2: Prozesskette Gesenkschmieden am Beispiel der Fertigung eines Querlenkers

7.1.1 Vorfertigung

Das vom Stahlwerk angelieferte Halbzeug – Stangenmaterial mit Kreisquerschnitt und einer Länge von
6 bis 8 m – wird durch Kaltscheren (Kapitel 6.1) in längengenaue Vorprodukte getrennt.

Bild 7.3: Vorfertigungsprozess: Kaltscheren

7.1.2 Erwärmen

Vor dem Umformprozess erfolgt die Erwärmung des Vorprodukts in Induktionsspulen (Kapitel 6.3.2) auf eine
Temperatur von 1.250 °C.

Bild 7.4: Erwärmungsprozess: Induktive Erwärmung

70
7.1.3 Umformen

Im ersten Prozessschritt der Umformung wird durch ein vierstufiges Reckwalzen (Kapitel 5.1.1) ein Vorform­
produkt mit einer der Endgeometrie angenäherten Massenverteilung erzeugt. Durch das Reckwalzen erfolgt
gleichzeitig eine Entzunderung des Vorprodukts.
Verwendete Umformmaschine: Reckwalze.

Bild 7.5: Erster Schritt des Umformprozesses: Reckwalzen in 4 Stufen

Im zweiten Prozessschritt der Umformung wird das Vorprodukt durch Biegen der Krümmung der Endgeometrie
angepasst, in dem dritten Prozessschritt erfolgt in der gleichen Umformmaschine durch einen Stauchvorgang
(Kapitel 5.2.3) die geometrische Annäherung an die nachfolgende Vorschmiedegeometrie.
Verwendete Umformmaschine: Exzenterpresse mit 8.000 kN Presskraft.

Bild 7.6: Zweiter Schritt des Umformprozesses: Biegen

71
Bild 7.7: Dritter Schritt des Umformprozesses: Stauchen

Der vierte Prozessschritt der Umformung besteht aus dem Gesenkschmieden mit Grat (Kapitel 5.3.1), das in
einer Vorschmiedeoperation und einer Fertigschmiedeoperation erfolgt. Beim Vorschmieden wird eine geeig­
nete Zwischenform für das nachfolgende Fertigschmieden erzeugt.
Verwendete Umformmaschine: Exzenterpresse mit 40.000 kN Presskraft.

Bild 7.8: Vierter Schritt des Umformprozesses: Gesenkschmieden mit Grat

Im fünften Prozessschritt der Umformung erfolgt das Abgraten und Lochen (Kapitel 6.5) in einem Verbund­
werkzeug. Hier werden der Grat entfernt und die Durchbrüche im Umformteil erzeugt.
Verwendete Umformmaschine: Exzenterpresse mit 6.300 kN Presskraft.

Bild 7.9: Fünfter Schritt des Umformprozesses: Abgraten und Lochen

72
7.1.4 Endfertigung

Die Verwendung eines AFP-Stahls (Kapitel 4.1.4) ermöglicht es, die Wärmebehandlung auf ein kontrolliertes
Abkühlen aus der Umformwärme (Kapitel 6.7.3) zu reduzieren.

Bild 7.10: Erster Schritt der Endfertigung: Wärmebehandeln

Bevor die fertigen Umformteile den abschließenden Qualitäts­prüfungen unter­zogen wer­den, er­folgt die Reini­
gung der Ober­fläche durch Strahlen mit Stahl­korn (Kapitel 6.9).

Bild 7.11: Zweiter Schritt der Endfertigung: Reinigungsstrahlen

Die abschließende Qualitätsprüfung (Kapitel 11.2) der Umformteile besteht aus einer Magnetpulverrissprüfung
sowie einer Sicht- und Maßprüfung. Die Maßprüfung wird mit einer Mehrstellenmeßeinrichtung durchgeführt.

Bild 7.12: Dritter Schritt der Endfertigung: Qualitätsprüfung (hier Maßprüfung)

73
Der überwiegende Anteil des Umformteils bleibt mechanisch unbearbeitet, nur einige wenige Funktions­
flächen wie die Aufnahmepunkte der Lagerstellen und die Befestigungspunkte werden nach der Oberflächen­
beschichtung (Lackieren) durch spanende Verfahren beim Kunden fertiggestellt (Kapitel 6.10).

Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden

Bild 7.13: Vierter Schritt der Endfertigung: Mechanische Bearbeitung

7.2 Prozesskette Fließpressen


Durch Fließpressen werden Werkstücke mit vorwiegend rotationssymmetrischer Grundstruktur hergestellt.
Exemplarisch für das Fließpressen ist die Prozesskette zur Fertigung einer Abtriebswelle für ein Pkw-Automa­
tikgetriebe (Bild 7.14). Die Umformung erfolgt in dem dargestellten Beispiel im kalten Werkstoffzustand. Die
nachfolgenden Darstellungen zeigen jeweils die Änderung des Werkstücks in den einzelnen Prozessschritten.

Vorfertigung Umformen Endfertigung

– (FP-Glühen) – Fließpressen – Qualitätsprüfung


– Sägen – Reinigungsstrahlen
– Reinigungs- – Mechanische
strahlen Bearbeitung
– Beschichten

Bild 7.14: Prozesskette Fließpressen am Beispiel der Fertigung einer Abtriebswelle

7.2.1 Vorfertigung
Das Kaltumformen von Stahl erfordert eine spezielle Vorbehandlung der Bauteile, um das Gefüge und die
Ober­fläche für die nach­folgende Um­formung zu optimieren (Kapitel 6.2). Die not­wendige Wärme­behandlung
(FP-Glühen, Kapitel 6.7.4) erfolgt in diesem Beispiel schon im Stahl­werk. Das vom Stahl­werk an­ge­lieferte Halb­
zeug – Stangen­material mit Kreis­quer­schnitt und einer Länge von 6 bis 8 m – wird durch Sägen (Kapitel 6.1)
in längen­genaue Vor­produkte getrennt, durch Reinigungs­strahlen gesäubert und an­schließend be­schichtet.

Bild 7.15: Erster Schritt der Vorfertigung: Sägen

74
Bild 7.16: Zweiter Schritt der Vorfertigung: Reinigungsstrahlen

Bild 7.17: Dritter Schritt der Vorfertigung: Beschichten

7.2.2 Umformen

Die Umformung erfolgt durch ein 3-stufiges Fließpressen (Kapitel 5.4) mit mehrfachem, beidseitigem Redu­
zieren und Stauchen.
Verwendete Umformmaschine: Hydaulikpresse mit 20.000 kN Presskraft.

Bild 7.18: Umformprozesse: Fließpressen in 3 Stufen

75
7.2.3 Endfertigung

Der erste Schritt der Endfertigung ist die Reinigung der Oberfläche durch Strahlen mit Stahlkorn
(Kapitel 6.9).

Bild 7.19: Erster Schritt der Endfertigung: Reinigungsstrahlen

Bevor die Umformteile spanend bearbeitet werden, erfolgt eine Sichtprüfung (Kapitel 11.2.1) aller Umform­
teile auf Oberflächenfehler.

Bild 7.20: Zweiter Schritt der Endfertigung: Sichtprüfung

Ein Teil der mechanischen Bearbeitung (partielle Drehbearbeitung, Tieflochbohren, Endenbearbeitung,


Kapitel 6.10) erfolgt im Umformbetrieb, die weitere Bearbeitung erfolgt in diesem Fall beim Kunden.

Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden

Bild 7.21: Dritter Schritt der Endfertigung: Mechanische Bearbeitung

76
7.3 Prozesskette Kombinationsverfahren Warm­ und Kaltumformung

Die Kombination von Warm­ und Kaltumformung vereint die Vorteile beider Verfahren miteinander. Bei der
Warmumformung wird das große Formänderungsvermögen des warmen Werkstoffs ausgenutzt und bei der
anschließenden Kaltumformung die hohe Formgenauigkeit und die gute Oberflächenqualität der gefertigten
Werkstücke.

Exemplarisch für ein Kombinationsverfahren ist die Prozesskette zur Fertigung eines Kegelrads für ein Diffe­
rentialgetriebe (Bild 7.22). Die nachfolgenden Darstellungen zeigen jeweils die Änderung des Werkstücks in
den einzelnen Prozessschritten. Die Bilder wurden im kalten Zustand der Werkstücke aufgenommen.

Erwärmen Vorfertigung Umformen 1

– Induktiv – Warmscheren – Stauchen


– Vor­ und Fertig­
schmieden

Zwischen-
Umformen 2 Endfertigung
fertigung
– Wärme­ – Kalt­ – Mechanische
behandlung Kalibrieren Bearbeitung (weich)
– Reinigungs­ – Wärmebehandlung
strahlen – Reinigungsstrahlen
– Oberflächen­ – Mechanische
beschichtung Bearbeitung (hart)
– Qualitätsprüfung

Bild 7.22: Prozesskette Kombinationsverfahren Warm­/Kaltumformung am Beispiel der Fertigung eines Kegelrads

7.3.1 Erwärmen

Das vom Stahlwerk angelieferte Halbzeug – Stangenmaterial mit Kreisquerschnitt und einer Länge von 9 m –
wird in einer Induktionsanlage mit mehreren Spulen (Kapitel 6.3.2) im Durchlauf auf eine Temperatur von
1.250 °C erwärmt.

Bild 7.23: Erwärmungsprozess: Induktive Erwärmung

77
7.3.2 Vorfertigung

Das erwärmte Stangenmaterial wird durch Warmscheren (Kapitel 6.1.1) in längen­ und gewichtsgenaue Vor­
produkte getrennt. Die Warmschere ist in die Umformanlage integriert.

Bild 7.24: Vorfertigungsprozess: Warmscheren

7.3.3 Umformen 1

Der erste Umformprozess ist eine 3­stufige Warmumformung bestehend aus einem Entzunderungsstauchen
(Kapitel 6.4.1) und einem 2­stufigen Gesenkschmieden ohne Grat (Vorformen und Fertigformen) (Kapitel 5.3.2).
Verwendete Umformmaschine: Vollautomatische horizontale Mehrstufenpresse mit 5.000 kN Presskraft.

Bild 7.25: Erster Schritt von Umformprozess 1: Entzundern durch Parallelstauchen

Bild 7.26: Zweiter und dritter Schritt von Umformprozess 1: Gesenkschmieden ohne Grat.
Vorschmieden zur Massenverteilung und Fertigschmieden

78
7.3.4 Zwischenfertigung

Nach der Warmumformung erfolgt eine Wärmebehandlung durch Weichglühen. Hierdurch wird ein möglichst
weicher Zustand des Stahls erreicht, der die anschließende Kaltumformung des Werkstoffs ermöglicht und die
spanabhebende Bearbeitung erleichtert.

Bild 7.27: Erster Schritt der Zwischenfertigung: Wärmebehandeln

Vor der notwendigen Beschichtung (Kapitel 6.2) der Umformteile für die Kaltumformung erfolgt die Reinigung
der Oberfläche durch Strahlen mit Stahlkorn (Kapitel 6.9).

Bild 7.28: Zweiter Schritt der Zwischenfertigung: Reinigungsstrahlen

Bild 7.29: Dritter Schritt der Zwischenfertigung: Beschichten

79
7.3.5 Umformen 2

Bei dem zweiten Umformprozess erfolgt die abschließende Formgebung der Außenverzahnung durch Kalt-
Kalibrieren (Kapitel 6.6), die dann einbaufertig ist und nicht weiter bearbeitet wird.
Verwendete Umformmaschine: Kniehebelpresse mit 10.000 kN Presskraft.

Bild 7.30: Umformprozess 2: Kalt-Kalibrieren

7.3.6 Endfertigung

Bei der Endfertigung erfolgt in einem ersten Schritt die mechanische Bearbeitung im weichen Werkstoffzu­
stand. Hierbei werden die Außenbearbeitung des Kegelrads und die Bearbeitung der Bohrung für die Innen­
verzahnung ausgeführt. Die Innenverzahnung wird anschließend durch Räumen erstellt.

Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden

Bild 7.31:
Erster Schritt der Endfertigung: Mechanische Bearbeitung bei
weichem Werkstoffzustand

Der zweite Schritt der Endfertigung ist eine Wärmebehandlung durch


Einsatzhärten (Kapitel 6.7.10). Hierbei wird die Härte der Werkstück­
oberfläche gesteigert, ohne die Zähigkeit des Bauteilkerns zu reduzieren.
Bevor die fertigen Umformteile den abschließenden Qualitätsprüfungen

80
unterzogen werden, erfolgen eine relativ sanfte Reinigung der Oberfläche durch Strahlen (Kapitel 6.9) und die
abschließende mechanische Hart­bearbeitung der Kegelradkalotte.

Bild 7.32: Dritter Schritt der Endfertigung: Reinigungsstrahlen

Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden

Bild 7.33: Vierter Schritt der Endfertigung: Mechanische Bearbeitung im harten Werkstoffzustand

Die abschließende Qualitätsprüfung (Kapitel 11.2) der Umformteile besteht aus einer Oberflächenüberprüfung
der Innenverzahnung durch ein Bildverarbeitungssystem, einer Rissprüfung durch Wirbelstromverfahren und
einer Sichtprüfung des gesamten Bauteils.

Bild 7.34: Fünfter Schritt der Endfertigung: Qualitätsprüfung

Das auf diese Weise hergestellte Kegelrad ist einbaufertig und kann in einem Differentialgetriebe verbaut werden.

81
7.4 Prozesskette Freiformschmieden und Ringwalzen

Freiformschmieden ist ein Warmumformverfahren mit nicht formgebundenen Werkzeugen (Kapitel 5.2). Durch
Freiformschmieden werden unter anderem Vorringe für das nachfolgende Ringwalzen erstellt. Die Durch­
messer der Ringe können bis zu mehrere Meter und die Stückgewichte können bis über 10 t betragen.

Exemplarisch für das Freiformschmieden mit nachfolgendem Ringwalzen ist die Prozesskette (Bild 7.35) zur
Fertigung eines Rings (Zahnradrohling für ein Windkraftgetriebe). Die nachfolgenden Darstellungen zeigen
jeweils die Änderung des Werkstücks in den einzelnen Prozessschritten.

Vorfertigung Erwärmen 1 Umformen 1

– Sägen – Indirekte – Freiformen


Erwärmung

Erwärmen 2 Umformen 2 Endfertigung

– Indirekte – Ringwalzen – Wärme-


Erwärmung behandlung
– Mechanische
Bearbeitung
– Qualitätsprüfung

Bild 7.35: Prozesskette Freiformschmieden und Ringwalzen am Beispiel der Fertigung eines Zahnradrohlings für ein
Windkraftgetriebe

7.4.1 Vorfertigung

Das vom Stahlwerk angelieferte Halbzeug (Strangguss) – Stangenmaterial mit Vierkantquerschnitt und einer
Länge bis 8 m – wird durch Sägen (Kapitel 6.1) in gewichtsgenaue Vorprodukte getrennt.

Bild 7.36: Vorfertigungsprozess: Sägen

7.4.2 Erwärmen 1

Vor dem Umformprozess erfolgt die Erwärmung des Vorprodukts in einem gasbetriebenen Kammerofen (Ka­
pitel 6.3.1) auf eine Temperatur von 1.200 bis 1.250 °C.

82
Bild 7.37: Erwärmungsprozess: Indirekte Erwärmung. Das Foto rechts zeigt die Ofenentnahme des Vorprodukts bei
geöffneter Ofentür.

7.4.3 Umformen 1
Im ersten Umformprozess wird der Vorring durch Freiformschmieden erzeugt. Wegen des hohen Stückge­
wichts wird das Werkstück bei allen Prozessschritten durch einen manuell bedienten Manipulator bewegt und
positioniert (Bild 7.38).

Bild 7.38: Manipulator zur Handhabung der Werkstücke

Das Freiformschmieden des Vorrings erfolgt durch Stauchen (Kapitel 5.2.3), Rundieren und Lochen. Rundie­
ren ist ein Sonderverfahren des Stauchens und dient zur Fertigung von Kreisscheiben.

83
Da als Halbzeug Stranggussmaterial verwendet wird,
dienen die ersten Stauchvorgänge neben der Form­
gebung auch der Umformung des Gussgefüges und
dem Schließen und Verschweißen von Hohlstellen.
Das Entzundern des Vorprodukts erfolgt durch den
ersten Stauchvorgang.

Bild 7.39: Erster Umformprozess: Freiformschmieden

Das Vorprodukt wird zuerst über die Hochachse in


mehreren Schritten zu einem scheibenförmigen Pro­
dukt gestaucht, dann um 90 ° gewendet und durch
Rundieren zu einer Kreisscheibe geformt. Für das Lo­
chen wird ein Dorn auf dem Werkstück plaziert und
eingedrückt. Durch das abschließende Rundieren zur
endgültigen Kreisscheibe wird der Dorn gelöst und
fällt aus der Kreisscheibe heraus.
Verwendete Umformmaschine: Banning Einständer
Dampfhammer, Schlaggewicht: 1.500 kg.

84
7.4.4 Erwärmen 2

Vor dem Ringwalzen wird der Vorring in einem gasbetriebenen Kammerofen auf eine Temperatur von 1.200 °C
erwärmt.

Bild 7.40: Erwärmungsprozess: Indirekte Erwärmung

7.4.5 Umformen 2

Im zweiten Umformprozess, dem Ringwalzen, erfolgt die abschließende Formgebung.


Verwendete Umformmaschine: RAW 200/200 (Radial- und Axialwalzkraft je 2.000 kN).

Bild 7.41: Zweiter Umformprozess: Ringwalzen

85
7.4.6 Endfertigung

Der erste Schritt der Endfertigung – die Wärmebehandlung – besteht aus einem FP-Glühen (Isothermglühen)
(Kapitel 6.7.4).

Bild 7.42: Erster Schritt der Endfertigung: Wärmebehandeln. Das Foto zeigt eine Charge wärmebehandelter Ringe vor
der geöffneten Ofentüre

Im zweiten Schritt der Endfertigung wird die gesamte Oberfläche des Umformteils durch Drehen mechanisch
bearbeitet. Die abschließende Qualitätsprüfung besteht aus einer Maßkontrolle der Ringgeometrie, einer Ultra­
schallprüfung und einer Rissprüfung (Kapitel 11.2).

Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden

Bild 7.43: Zweiter Schritt der Endfertigung: Mechanische Bearbeitung

86
8 Maschinen der Massivumformung
Die Maschinen der Massivumformung sind neben den Umformwerkzeugen die wichtigsten Betriebsmittel zur
Herstellung eines Umformteils.

Die Umformmaschinen haben generell die Aufgabe


• die hohen Umformkräfte und -energien bereitzustellen,
• die Umformwerkzeuge gegen die Umformkräfte und -momente genau zu führen und dabei möglichst
präzise in eine definierte Endlage zu bringen.

Diese Anforderungen bedingen in Ver­bindung mit einem rauen Produktions­um­feld ro­bus­te und leistungs­fä­hige
Um­form­ma­schinen, die hohe In­vestitions­kosten zur Fol­ge haben. Aus den hohen In­ves­ti­tions­kos­ten lei­tet sich
eine wei­tere An­forderung ab:
• Umformmaschinen müssen eine hohe Produktivität haben, damit sich die hohen Investitionskosten auf
möglichst viele produzierte Teile verteilen.

8.1 Einteilung der Umformmaschinen

Zur Umformung eines metallischen Körpers benötigt man eine Arbeit (beziehungsweise Energie), die so­
genannte Umformarbeit. Die Größe dieser Umformarbeit ergibt sich aus dem Produkt, aus der für die
Umformung notwendigen Umformkraft und dem zurückgelegten Umformweg, also

Umformarbeit (W) = Umformkraft (F) x Umformweg (s) 1)


Die Umformmaschinen unterscheiden sich in ihrer Arbeitscharakteristik dadurch, dass jeweils eine der ge­
nannten drei physikalischen Größen durch das Maschinensystem vorgegeben wird, während die beiden an­
deren sich je nach der Art des Umformvorgangs innerhalb konstruktionsbedingter Grenzen frei einstellen, also

• bei energiegebundenen Maschinen ist die Energieabgabe (Arbeit) als charakteristische Größe
vorbestimmt,

• bei kraftgebundenen Maschinen ist die Kraft als charakteristische Größe vorbestimmt und

• bei weggebundenen Maschinen ist der Umformweg als charakteristische Größe vorbestimmt.

In Bild 8.1 sind die drei Grundprinzipien von Umformmaschinen schematisch dargestellt.

1)
Da die Umformkraft im Allgemeinen nicht konstant ist, sondern sich mit dem Umformweg ändert, lautet
der korrekte Zusammenhang W = ∫F · ds. Aus Gründen der Vereinfachung wird die oben genannte
Form benutzt.

87
Grundprinzipien von Umformmaschinen

Energiegebunden Kraftgebunden Weggebunden

Bild 8.1: Einteilung von Umformmaschinen mit linearer Arbeitsbewegung

Aus diesen drei unterschiedlichen Antriebssystemen leitet sich die jeweilige Arbeitscharakteristik der Umform­
maschinen ab, die in Form der Kraft-Weg-Diagramme in Bild 8.2 schematisch dargestellt ist.

Arbeitscharakteristik von Umformmaschinen

Energiegebunden Kraftgebunden Weggebunden

Bild 8.2: Arbeitscharakteristik von Umformmaschinen mit linearer Arbeitsbewegung

Nennenergie EN
Die Nennenergie ist die Energie, die eine Umformmaschine bei Nennbetriebsbedingungen vor Auslösen
eines Hubs gespeichert hat.

Nutzarbeit W
Die Nutzarbeit ist die von der Umformmaschine tatsächlich abgegebene Umformarbeit. Sie ist abhängig von
der Umformkraft und dem Umformweg.

Nennpresskraft FN
Die Nennpresskraft ist die für die Auslegung einer Umformmaschine maßgebende Kraft.

Stößelkraft FSt
Die Stößelkraft ist diejenige Kraft, die von der Umformmaschine in Abhängigkeit des Stößelhubs zur Verfü­
gung gestellt wird.

88
Die Flächen unter den Kurven in Bild 8.2 stellen die (Umform-) Arbeit (= Kraft x Weg) dar. Bei den energiege­
bundenen Maschinen ist die verfügbare Kraft vom Umformweg abhängig; so steht zum Beispiel bei einem
sehr kurzen Umformweg eine sehr hohe Kraft zur Verfügung. Bei kraftgebundenen Maschinen bleibt die
verfügbare (Nennpress-) Kraft über dem gesamten Umformweg konstant. Bei weggebundenen Maschinen
verändert sich die verfügbare Stößelkraft FSt über dem Umformweg, um dann in der untersten Stößellage
(unterer Totpunkt UT) zumindest theoretisch „unendlich“ groß zu werden.

Alle Maschinenarten verfügen über spezifische Besonderheiten, die für bestimmte Umformprozesse und
deren Charakteristika besonders geeignet sind.

8.2 Maschinenarten
Aus den 3 Grundprinzipien leiten sich die in Bild 8.3 aufgeführten Hauptmaschinenarten ab.

Hauptmaschinenarten

Energiegebunden Kraftgebunden Weggebunden

Mit linearer Mit umlaufender


Arbeitsbewegung Arbeitsbewegung

Exzenterpressen
Oberdruckhämmer Reckwalzen
Kurbelpressen
Gegenschlaghämmer Hydraulische Pressen Querkeilwalzen
Keilpressen
Spindelpressen Ringwalzen
Stauchmaschinen

Bild 8.3 Hauptmaschinenarten für die Umformtechnik

8.2.1 Energiegebundene Maschinen


Energiegebundene Maschinen setzen das in der Maschine gespeicherte Arbeitsvermögen bei jedem Arbeits­
spiel in Umformarbeit um, formen das Umformteil also solange um, bis die von der Maschine bereitgestellte
Arbeit verbraucht ist. Typische Vertreter energiegebundener Maschinen sind Hämmer und Spindelpressen.

Bei Hämmern (Bild 8.4) wird die Energie – bestehend aus hydraulischer oder pneumatischer Oberdruck­
energie und Fallenergie – in kinetische Energie des Bären (auch Bewegungsenergie genannt) und dann in
Umform­energie umgesetzt.

Typische Eigenschaften von Hämmern sind:

• relativ niedrige Investitionskosten,


• sehr kurze Schlagfolgezeit,
• sehr kurze Druckberührzeit zwischen Werkzeug und Werkstück,
• hohe und genau dosierbare Schlagenergie, die im Falle kurzer Umformwege in enorm hohe
Umformkräfte umgesetzt wird,
• meist mehrere Schläge (Hübe) bis zur Fertigstellung des Umformteils erforderlich,
• hohe Schallemissionen, die durch Schutzmaßnahmen gedämpft werden müssen.

89
1. Oberdruckantrieb

2. Bär

3. Obergesenk

4. Untergesenk

5. Schabotte

6. Dämpferelement

Bild 8.4:
Schematische Darstellung eines (Oberdruck-)
Hammers in der Bauart eines Schabottehammers

Für die Herstellung sehr großer und schwerer Um­


form­teile wird auch eine ent­
sprechend große Um­
form­­
energie benötigt, wofür sich die Schabotte­
hämmer nicht mehr eignen. Die dann zum Ein­satz
kommenden Gegen­schlag­hämmer (Bild 8.5) haben
dann keine Schabotte mehr, sondern zwei sich auf­
einander zu­bewegende Bären, mit dem Vor­teil, dass
die Schwingungen des Maschinen­systems reduziert
und die harten Schläge nicht mehr auf das Funda­
ment und von dort nicht mehr auf das Erd­reich über­
tragen werden.

1. Antrieb

2. Oberbär

3. Obergesenk

4. Hammergestell

5. Untergesenk

6. Unterbär

7. Hydraulische Bärkupplung

Bild 8.5:
Schematische Darstellung eines Gegenschlag-
hammers

90
Bei Spindelpressen wird die Energie aus einem sich drehenden Schwungrad gewonnen und in Umformarbeit
umgesetzt. Eine erhöhte Energie liefert die Bauform Kupplungsspindelpresse (Bild 8.6), bei der das Schwung­
rad permanent rotiert und die Spindel nur während des Arbeitshubs gekoppelt wird.

1. Ständer

2. Stößel

3. Stößelführung

4. Spindel

5. Spindelmutter

6. Spindelbremse

7. Kupplung

8. Pneumatischer
Gewichtsausgleich

9. Schwungrad

Bild 8.6: Schematische Darstellung einer (Kupplungs-) Spindelpresse

Typische Eigenschaften von Spindelpressen sind:

• große Arbeitshübe,
• hohe und genau dosierbare Umformenergie, die im Falle kurzer Umformwege in hohe Umform-
kräfte umgesetzt wird,
• gute Automatisierbarkeit.

91
8.2.2 Kraftgebundene Maschinen

Kraftgebundene Maschinen verfügen aufgrund ihres Antriebprinzips über eine konstante Stößelkraft über
den gesamten Umformweg. Typische Vertreter kraftgebundener Maschinen sind die Hydraulikpressen
(Bild 8.7).

1. Ständer

2. Stößel

3. Tisch

4. Hydraulikzylinder

5. Hubbalken-Automat

Bild 8.7: Schematische Darstellung einer Hydraulikpresse

Typische Eigenschaften von Hydraulikpressen sind:

• verfügbare Kraft konstant über dem Umformweg,


• große Arbeitshübe möglich,
• großer Arbeitsraum,
• gute Automatisierbarkeit,
• hohe Flexibilität,
• geringe Umformgeschwindigkeit,
• große Druckberührzeit.

92
8.2.3 Weggebundene Maschinen

Weggebundene Maschinen verfügen über eine fest vorgegebene Weg-Zeit-Charakteristik, die abhängig vom
Antriebskonzept unterschiedlich ist. Typische Vertreter weggebundener Maschinen sind Exzenterpressen (Bild
8.8) sowie Kurbel-, Keil- und Kniehebelpressen, die auch als mechanische Pressen bezeichnet werden.

Bild 8.8: Schematische Darstellung einer Exzenterpresse

1. Ständer 6. Gewichtsausgleich

2. Stößel 7. Stößelverstellung

3. Druckstange 8. Vorgelege

4. Stößelführung 9. Untere Auswerfer

5. Kupplungs-/Bremssystem

Typische Eigenschaften weggebundener Pressen sind:

• hohe verfügbare Kraft im unteren Totpunkt,


• hohe Umformgeschwindigkeit,
• kurze Takt- und Druckberührzeit,
• sehr gute Automatisierbarkeit.

Zu den weggebundenen Maschinen gehören auch Reckwalzen (Bild 8.9), Querkeilwalzen (Bild 8.10) und
Ringwalzen (Bild 8.11).

93
Bild 8.9: Reckwalze mit 4 Walzsegmenten

1. Walzsegmente

2. Zentrierlineal

3. Maschinenständer

4. Antriebsmotoren

Bild 8.10: Darstellung einer Querkeilwalze

Typische Eigenschaften von Reck- und Querkeilwalzen sind:

• relativ hoher Werkzeugaufwand,


• mittlere Taktzeiten,
• gute Automatisierbarkeit.

94
Bild 8.11: Radial-Axial-Ringwalzmaschine

Typische Eigenschaften von Ringwalzen sind:

• geringer Werkzeugaufwand,
• lange Taktzeiten,
• große Flexibilität.

In den Tabellen 8.1 und 8.2 sind die Eigenschaften der verschiedenen Umformmaschinen sowie typische
Teilespektren sowohl für die Warmmassiv- als auch die Kaltmassivumformung zusammenfassend dargestellt.

95
Warmumformung

Maschinentyp Eigenschaften Teilespektrum

Hämmer Niedrige Investitionskosten, Flache Gesenkschmiedestücke,


geringe Rüstzeiten, Pleuelstangen, Hebel, Flansche,
kurze Druckberührzeit, Ringe, Turbinenschaufeln.
hohe Schlagenergie.

Spindelpressen Große Arbeitshübe, Flanschwellen, Zahnräder,


kurze Rüstzeiten, Antriebs-/Abtriebswellen.
gute Automatisierbarkeit.

Hydraulische Pressen Kraft über gesamten Umformweg, Warmfließpressteile, Hülsen,


Umformweg und Kraft voneinan­ Napfteile, Freiformschmiedeteile,
der unabhängig, Vorformen von Ringen,
große Arbeitshübe, Flansche, Räder, etc.
lange Druckberührzeit.

Exzenter- und Großer Arbeitsraum, Flansche, Naben, Räder,


Kurbelpressen geringe Taktzeiten, liegende Wellen und Verteiler­
gute Automatisier­barkeit, rohre, Kurbelwellen, Schwenk­
hohe Rüstzeiten. lager, Achsschenkel, Pleuel.

Ringwalzen Längere Taktzeiten, Ringe, Tellerräder.


große Flexibilität,
geringer Werkzeugaufwand.

Querkeilwalzen Hoher Werkzeugaufwand, Einfache Wellen,


mittlere Taktzeiten. Wellen mit Hinterschnitt,
Massenvorverteilung.

Reckwalzen Hoher Werkzeugaufwand, Massenvorverteilung.


mittlere Taktzeiten.

Tabelle 8.1: Eigenschaften der verschiedenen Umformmaschinen sowie typische Teilespektren für die Warmmassivum­
formung

Kaltumformung

Maschinentyp Eigenschaften Teilespektrum

Hydraulische Pressen Langsamere Umformgeschwin­ Lange Getriebewellen,


digkeit, geeignet für Klein-, Mittel- Achswellen, Antriebskegelräder,
und Großserien, längere Taktzeit, Hohlteile, Bauteile mit
Kraft über gesamten Umformweg, Verzahnungen.
große Arbeitshübe möglich.

Mechanische Pressen, Großserie, Achszapfen, Getriebewellen,


(Kurbelpressen, Kniehebel- kürzere Taktzeit, Antriebswellen, Hohlteile,
pressen, Gelenkpressen) kurzhubige Teile. Prägeteile.

Tabelle 8.2: Eigenschaften der verschiedenen Umformmaschinen sowie typische Teilespektren für die Kaltmassivumfor­
mung

96
8.3 Automatisierung von Umformmaschinen

Mit der Automatisierung von Umformmaschinen werden unterschiedliche Ziele verfolgt, zum Beispiel

• Reduzierung der Lohnkosten durch Wegfall oder Reduzierung des Bedienpersonals,


• Steigerung der Produktivität durch Reduzierung der Taktzeit oder
• Erhöhung der Prozessstabilität durch reproduzierbare Prozessabläufe.

Andererseits setzt eine wirtschaftlich sinnvolle Automatisierung im Allgemeinen hohe Losgrößen voraus.

Bei der Konzeption einer Automatisierung von Umformanlagen ist zwischen Flexibilität (zum Beispiel großes
Teilespektrum oder unterschiedlichste Losgrößen) und Produktivität zu unterscheiden. Das Eine schließt das
Andere vielfach aus. Mit steigendem Automatisierungsgrad einer Anlage steigt im Allgemeinen die Produktivi­
tät – gleichzusetzen mit Steigerung der Ausbringungsmenge – während die Flexibilität sinkt.

In der Massivumformtechnik haben sich zwei wesentliche Automatisierungskonzepte durchgesetzt:

8.3.1 Hubbalkensysteme

Mit Hubbalkensystemen lassen sich bei mehrstufigen Umformprozessen innerhalb einer Maschine sehr kurze
Taktzeiten und somit eine hohe Produktivität realisieren (Bild 8.12). Allerdings beschränkt das Greifprinzip die
Flexibilität, die durch einseitige Transferbalkensysteme zum Beispiel mit hydraulisch betätigten Aktivgreifern
gesteigert werden kann.

1. Einlegezange

2. Antriebseinheit

3. Transportzangen

4. Hubbalken

5. Pressenständer

6. Untergesenk

7. Bewegungsablauf
des Hub­balkens

Bild 8.12: Schematische Darstellung einer Automatisierung mit Hubbalken­-


system

8.3.2 Robotersysteme

Bei Robotern wird ein sehr flexibles Greifprinzip mit einer nahezu beliebigen Bahnführung kombiniert. Das führt
dazu, dass auch geometrisch komplizierte Umformteile gegriffen und auf nahezu beliebigen Bahnen im Raum
transportiert werden können, auch über die Grenzen einer Maschine hinweg (Bild 8.13). Die in der Massiv­

97
Bild 8.13: Schematische Darstellung einer Anlagenautomatisierung durch Robotersysteme

umformtechnik zur Anwendung kommenden Roboter sind im Allgemeinen aber Taktzeit begrenzend. Die
Taktzeitbegrenzung kann manchmal umgangen werden, indem die Anzahl der eingesetzten Roboter erhöht
wird, die sich dann die Arbeit teilen.

Aufgrund der vielfältigen Anforderungen in der Massivumformtechnik haben beide Automatisierungssysteme


ihre Berechtigung.

8.4 Spezielle Anlagen

8.4.1 Mehrstufenpressen
Bei Anwendungen, wo die Anforderungen hoher Stückzahlen und mehrerer Umformstufen in Kombination zu
erfüllen sind, müssen Umformmaschinen und -prozesse auf hohe Produktivität ausgelegt werden.

Im Falle einer Automatisierung des Teiletransports zwischen den einzelnen Umformstufen und gleichzeitiger
Belegung aller Umformstufen redet man von automatisierten Mehrstufenpressen. Bei Mehrstufenpressen mit
vertikaler Stößelbewegung (Bild 8.14) werden hohe Stückzahlen von bis zu 30 – 50 Teilen/Min. erreicht.

98
© Schuler Pressen GmbH

Bild 8.14: Prinzip einer vertikalen Mehrstufenpresse mit Hubbalkentransfer

Bei Mehrstufenpressen mit horizontaler Stößelbewegung (Bild 8.15) werden abhängig vom Teilegewicht sehr
hohe Stückzahlen von 100 bis 200 Teilen/Min erreicht.

© Hatebur Umformmaschinen AG, Reinach/Schweiz

Bild 8.15: Horizontale Mehrstufenpresse

Die höheren Investitionen, die aufwendigeren Werkzeugsysteme und die längeren Rüstzeiten bei Mehr­
stufenpressen sind wirtschaftlich nur zu rechtfertigen, wenn große Stückzahlen und hohe Losgrößen gefertigt
werden.

99
8.4.2 Servomaschinen

Bei den in den Kapiteln 8.1.und 8.2 dargestellten Maschinenarten ist die Maschinencharakteristik durch das
Antriebssystem fest vorgegeben. Bei steigenden Anforderungen an die Massivumformtechnik ist es wün­
schenswert, dass die Antriebskinematik einer Umformmaschine an die jeweiligen Prozessbedingungen fle­
xibel angepasst werden kann, also zum Beispiel eine frei wählbare Weg-/Zeit-Kinematik. Diese Möglichkeit
eröffnen die Servoantriebe. Das sind hochdynamische elektrische Antriebe mit elektronischer Lage-, Ge­
schwindigkeits- und Momentenregelung, oder eine Kombination davon. Das Prinzip ist immer das Gleiche:
Der Servoantrieb mit seinen flexiblen Möglichkeiten wird genutzt, um die Umformmaschine direkt oder über
ein nachgeschaltetes Getriebe mit gleichförmiger (zum Beispiel servohydraulischer Antrieb Bild 8.16) oder
ungleichförmiger Übersetzung (zum Beispiel Servoexzenter-Antrieb Bild 8.17) anzutreiben.

Bild 8.16: Prinzip eines Servoantriebs für eine Hydraulikpresse

100
1. Servoantrieb

2. Ritzel

3. Antriebsrad

4. Exzenterwelle
© Schuler Pressen GmbH
5. Druckstange

Bild 8.17: Prinzip eines Servoantriebs für eine mechanische Presse

In Bild 8.18 sind zwei Beispiele für die Nutzung der hohen Flexibilität für einen Servoexzenter-Antrieb darge­
stellt. Im linken Bildteil ist die Weg-/Zeitcharakteristik bei derselben Zykluszeit auf die speziellen Prozessbe­
dingungen angepasst worden. Bei der Warmumformung von Stahl ist eine kurze Druckberührzeit zwischen
Werkzeug und Werkstück wünschenswert, damit die thermische Belastung der Werkzeuge möglichst gering
ist. Bei Aluminium spielt dieser Aspekt aufgrund der deutlich niedrigeren Umformtemperatur keine so wesent­
liche Rolle. Diesem Werkstoff will man im unteren Totpunkt mehr Zeit lassen, um auch engste Gravurradien in
dünnen Stegen noch ausfüllen zu können.

Im rechten Bildteil ist die Weg-/Zeitcharakteristik auf kürzeste Zykluszeit optimiert worden. Weil die gesamte
Hubhöhe in diesem Fall nicht benötigt wird, kann die Presse auf Pendelmodus programmiert werden und der
nicht benötigte Hub wird zur Taktzeitreduzierung genutzt (tZ2<tZ1).

Bild: 8.18: Beispiele für die flexible Anpassung des Servoantriebs an die gewünschten Prozessbedingungen

101
Mögliche Vorteile von Servopressen sind zum Beispiel:

• Steigerung der Ausbringungsmenge,


• Stößelgeschwindigkeit und -bewegung individuell programmierbar,
• optimale Anpassung an den Umformprozess,
• Anpassung der Stößelbewegung an den Teiletransport und den Sprühzyklus.

Auch bei Spindelpressen kommen Servo-Direktantriebe zur Anwendung (Bild 8.19) und bieten dort folgen­
de Vorteile: 

• Entfall der verschleiß- und spielbehafteten Getriebeelemente,
• hohe dynamische Regelbarkeit der Stößelbewegung,
• hoher elektrischer Wirkungsgrad,
• hohe Energieeffizienz.

Bild 8.19: Spindelpresse mit Servo-Direktantrieb

Die Anwendung der Servopressentechnologie in der Massivumformung befindet sich noch in den Anfängen,
während sie in der Blechumformung schon breiten Einsatz gefunden hat.

102
Die Servoantriebstechnologie fand auch schnell Anwendung bei den Reckwalz- und Querkeilwalzmaschinen.
Dadurch konnten folgende Vorteile gegenüber den herkömmlichen rein mechanischen Antriebskonzepten
erreicht werden:

• Der Torquemotorenantrieb macht Schwungrad, Kupplung und Bremse im Antrieb überflüssig,


• hohe Dynamik und Regelgenauigkeit durch Antrieb über zwei elektronisch synchronisierte
Servo-Synchron-Torquemotoren,
• Drehrichtungsänderung (Gleich- oder Gegenlauf) durch Direktantriebe möglich,
• entkoppelte Antriebe ermöglichen eine optimale Walzspaltdimensionierung und Walzspalt­
verstellung während des Walzvorgangs.

Reckwalze mit Direktantrieb Querkeilwalze mit Direktantrieb

Bild 8.20: Mit Servotechnologie direkt angetriebene Reck- und Querkeilwalzmaschinen

Die aufgeführten Beispiele – die nur einen kleinen Ausschnitt aus den verschiedenen Anwendungsmöglichkei­
ten zeigen können – machen deutlich, welche Vorteile mit der Servoantriebstechnologie verbunden sind und
welche Möglichkeiten sich hierüber in der Umformtechnik ergeben.

103
104
9 Werkzeuge der Massivumformung
Die in der Massivumformung eingesetzten Werkzeuge sind vorwiegend formabbildende Werkzeuge, die sich
dadurch auszeichnen, dass sie die Geometrie des herzustellenden Produkts als „Formspeicher“ enthalten.
Durch die geometrische Bindung zwischen Werkzeug und Bauteil sind sie nicht flexibel einsetzbar, sondern
immer auf ein Bauteil abgestimmt (Bild 9.1). Hierbei spricht man von formgebundenen Werkzeugen.
Eine Ausnahme bildet das Freiformen. Die beim Freiformen vorrangig eingesetzten Werkzeuge – sogenannte
Sattelwerkzeuge – haben eine einfache Geometrie in Form von Flach­, Spitz­ oder Rundsattel (Bild 9.2) und
können für verschiedene, geometrisch einfache Umformprodukte verwendet werden. Hierbei spricht man von
nicht­formgebundenen Werkzeugen.

Bild 9.1: Gesenkhälfte („Formspeicher“) Bild 9.2: Sattelwerkzeuge für das Freiformschmieden

Der Aufbau und die Komplexität des gesamten Werkzeugs – des sogenannten Werkzeugsatzes – ist im We­
sentlichen abhängig vom Umformverfahren und der Umformmaschine. Bei der Umformung an einem Ober­
druckhammer besteht zum Beispiel der Werkzeugsatz nur aus zwei Einzelwerkzeugen, dem Ober­ und Unter­
gesenk (Bild 9.3), gegebenenfalls mit mehreren Gravuren. Bei der Umformung mit Mehrstufenpressen besteht
oftmals jede Umformstufe aus mehreren Werkzeugelementen. Die einzelnen Umformstufen werden zu einem
Werkzeugsatz zusammengefasst (Bild 9.4 und 9.5). Der Anteil der produktspezifischen, formgebenden Werk­
zeugelemente ist hierbei relativ gering, sodass ein Großteil der nicht formgebenden Werkzeugelemente für
unterschiedliche Bauteile verwendet werden kann.

105
Bild 9.3: Werkzeugsatz für einen Bild 9.4: Werkzeugsatz für eine hori­ Bild 9.5: Werkzeugsatz für eine verti­
Oberdruckhammer zontale Mehrstufenpresse kale Mehrstufenpresse
(Warmumformung) (Warmumformung ) (Kaltumformung )

Die Aufgaben der Werkzeuge sind:


• Die Kräfte von der Umformmaschine auf das Werkstück übertragen,
• die gewünschte Geometrie des Werkstücks erzeugen,
• die Beibehaltung der Form (möglichst geringe Deformation und Verschleiß).

Bei der Umformung sind die Werkzeuge sehr hohen mechanischen und (im Falle der Warm­ und Halbwar­
mumformung) thermischen Belastungen ausgesetzt.

Um die spezifischen Werkzeugkosten (Kosten je hergestelltem Umformteil) gering zu halten, bedarf es einer
kostengünstigen Herstellung, einer hohen Lebensdauer und einer großen Funktionssicherheit der Werkzeuge.

Nachfolgend werden exemplarisch die formgebenden Werkzeuge des Gesenkschmiedens – Schmiedege­


senke oder auch Gesenke genannt – behandelt.

9.1 Gesenkaufbau

Ein Gesenk besteht aus einer mindestens zweiteiligen Hohlform (auch Gravur genannt), die die Negativform
des herzustellenden Werkstücks darstellt (Bild 9.6). Die Einteilung der Gesenke kann anhand unterschiedlicher
Merkmale erfolgen:

• Gesenke mit Gratspalt oder geschlossene


Gesenke,
• Einfach­ oder Mehrfach­Gesenke,
• Einstufen­ oder Mehrstufengesenke,
• Gesenke mit einer oder mehreren Teilfugen,
• Voll­ oder Einsatzgesenke,
• Einsatzgesenke mit oder ohne Vorspannung,
• Gesenke mit oder ohne Führung.

Bild 9.6: Prinzipieller Gesenkaufbau

106
9.1.1 Gesenke mit Gratspalt oder geschlossene Gesenke

Beim Gesenkschmieden mit Grat wird der überschüssige Werkstoff durch den Gratspalt nach außen ver­
drängt (Bild 9.7). Die Geometrien von Gratspalt und Gratbahn beeinflussen den Gesenkinnendruck und somit
die Gravurfüllung sowie die Umformkräfte.

Beim gratlosen Schmieden werden geschlossene Gesenke verwendet, die schon bei geringem Material­
überschuss aufgrund des hohen Gravurinnendrucks sehr stark belastet werden, wenn nicht Materialspeicher
als Ausgleichsvolumen vorhanden sind.

Obergesenk

Werkstück

Grat
Gratspalt
Untergesenk Gratbahn Gratmulde

Ausstoßer

Bild 9.7: Gesenk mit Gratspalt (links) und geschlossenes Gesenk (rechts)

9.1.2 Einfach­ oder Mehrfach­Gesenke

Ein Einfach-Gesenk enthält eine Gravur, das bedeutet, dass mit einem Arbeitsvorgang ein Werkstück gefertigt
wird (Bild 9.8).

Bei Mehrfach-Gesenken ist dieselbe Gravur mehrfach in einem Gesenkblock enthalten. Dadurch wird die
Fertigung mehrerer Werkstücke in einem Arbeitsvorgang ermöglicht, wodurch eine erhebliche Produktivitäts­
steigerung erzielt werden kann. Die Anwendung von Mehrfach­Gesenken ist vornehmlich auf kleinere Werk­
stücke begrenzt.

Bild 9.8: Einfach­Gesenk (links) und Mehrfach­Gesenk (rechts)

107
9.1.3 Einstufen- oder Mehrstufengesenke

Einstufengesenke enthalten nur eine Stufe eines mehrstufigen Stadiengangs. Um einen mehrstufigen Stadien­
gang abzubilden, sind also mehrere Gesenkblöcke mit jeweils unterschiedlichen Gravuren notwendig.

Mehrstufen-Gesenke enthalten alle Gravuren eines mehrstufigen Stadiengangs in einem Gesenkblock, wie
zum Beispiel Biegen, Vor- und Fertigschmieden (Bild 9.9).

Bild 9.9: Mehrstufen-Gesenk

9.1.4 Gesenke mit einer oder mehreren Teilfugen

Ein Gesenkpaar hat üblicherweise nur eine Teilfuge und besteht aus Ober- und Untergesenk (Bild 9.6). Für
Sonderfälle wie zum Beispiel Werkstücke mit Hinterschneidung werden Werkzeuge mit mehreren Teil­fugen
benötigt (Bild 9.10).

Bild 9.10: Gesenk mit mehreren Teilfugen

108
9.1.5 Voll- oder Einsatzgesenke

Bei Vollgesenken wird die Gravur direkt in den Materialblock eingearbeitet (Bild 9.11).

Einsatzgesenke sind mehrteilig und bestehen aus einem Gesenkeinsatz und einem Gesenkhalter. Die Gesenk-
einsätze, die die Gravur enthalten, werden im Gesenkhalter befestigt. Der Vorteil hierbei ist die sparsame Ver­
wendung von kostenintensiven Gesenkwerkstoffen. Der durch die Umformung hochbelastete Gesenkeinsatz
wird aus hochwertigen Werkstoffen gefertigt. Für den weniger belasteten Gesenkhalter können preiswertere
Werkstoffe verwendet werden.

Bild 9.11: Vollgesenk (links) und Einsatzgesenk (rechts)

9.1.6 Einsatzgesenke mit oder ohne Vorspannung

Das formgebende Werkzeugelement wird bei Einsatzgesenken mit Vorspannung als Matrize bezeichnet. Die
radiale Vorspannung der Matrize erfolgt durch eine Armierung. Diese wird erzielt, indem ein harter Matrizen­
kern mit Übermaß durch thermisches Einschrumpfen oder Einpressen in einen Armierungsring eingebracht
wird. Dadurch werden Druckspannungen im Innenring (von außen) aufgezwungen und Zugspannungen (die
durch die Umformbelastung entstehen) reduziert /Liew12/. In Bild 9.12 ist der Armierungsverband eines Um­
formwerkzeugs, bestehend aus einem äußeren und inneren Armierungsring sowie einem Matrizenkern, sche­
matisch dargestellt.

Vorgespannte Werkzeuge werden wegen der hohen Umformbelastungen häufig beim Kaltfließpressen einge­
setzt.

Bild 9.12: Armierungsverband eines Kaltumformwerkzeugs

109
9.1.7 Gesenke mit und ohne Führung

Werkzeugführungen werden zur Minimierung des horizontalen Versatzes zwischen Unter­ und Oberge­
senk eingesetzt. Die wesentlichen Ausführungsvarianten sind Flachführungen, Bolzenführungen und Rund­
führungen (Bild 9.13). Flachführungen können als Leisten­ oder Eckenführung gestaltet werden, Rundführun­
gen in offener oder geschlossener Form.

Die Führungen erfordern bei der Gesenkfertigung einen erhöhten Material­ und Bearbeitungsaufwand und
werden daher nur bei entsprechenden Anforderungen an die Versatztoleranz verwendet.

Flachführung Bolzenführung Rundführung

Bild 9.13: Führungen an Gesenken

9.2 Beanspruchung von Umformwerkzeugen

Die Umformwerkzeuge sind sehr hohen mechanischen und (im Falle der Warm­ und Halbwarmumformung)
thermischen Beanspruchungen ausgesetzt. Die mechanische Belastung – die in Kombination mit einer Rela­
tivbewegung von Werkzeug und Umformteil auftritt – resultiert aus den notwendigen hohen Umformkräften,
die hohe Spannungen im Werkzeug verursachen. Die thermische Belastung entsteht aus der Berührung eines
heißen Umformteils mit dem deutlich kälteren Werkzeug. Sie wird wesentlich beeinflusst durch Umformge­
schwindigkeit und Werkstücktemperatur. Mechanische und thermische Einflüsse zusammen bilden das Be­
lastungskollektiv des Umformwerkzeugs. Ob und wie lange das Werkzeug dieser Belastung standhält, ist von
seiner Belastbarkeit abhängig, die wiederum vom Werkzeugwerkstoff, der Wärme­ und Oberflächenbehand­
lung, der Werkzeugtemperatur sowie der Kühlung und Schmierung der Werkzeuge wesentlich beeinflusst
wird.

Abhängig vom Verhältnis aus Belastung und Belastbarkeit stellen sich früher oder später mehr oder weniger
große Schäden an den Umformwerkzeugen in Form von Verschleiß, plastischer Verformung und Rissbildung
bis hin zu Werkzeugbrüchen ein.

Bei der Massivumformung von Stahl ist der Werkzeugverschleiß meist die maßgebliche Ausfallursache und
bewirkt, dass die Werkzeuggravur durch den verschleißbedingten Werkstoffabtrag kontinuierlich größer wird
und als Folge dessen auch die darin abgeformten Umformteile immer größer werden. Wenn die Bauteilgeo­
metrie partiell die vorgegebene Toleranzgrenze erreicht hat, muss das Werkzeug ausgetauscht werden. Die
bis dahin produzierte Bauteilmenge wird auch als Standmenge des Werkzeugs bezeichnet, wodurch die
Wirtschaftlichkeit des Umformverfahrens signifikant beeinflusst wird. Die spezifischen Werkzeugkosten, als

110
Verhältnis von Werkzeugerstellungskosten und Standmenge, sind ein Anteil an den Stückkosten des Um­
formteils und werden auch als Werkzeugrate oder Werkzeugamortisationsrate bezeichnet. Insofern ist jedes
Unternehmen permanent bestrebt, die Werkzeugerstellungskosten zu reduzieren und die Standmenge der
Umformwerkzeuge durch Prozessoptimierungen zu erhöhen.

9.3. Werkzeugfertigung

Die Werkzeuge werden aus hochwertigen Werkzeugstählen hergestellt, an die hohe Anforderungen bezüglich
Härte, Zähigkeit, Formbeständigkeit und Temperaturwechselfestigkeit gestellt werden. Die Wärmebehandlung
der Werkzeugstähle erfolgt in Abhängigkeit des Fertigungsprozesses vor oder nach der Bearbeitung oder in
Einzelfällen auch zwischen den einzelnen Bearbeitungsschritten. Die Bearbeitung der Außenflächen der Ge­
senkblöcke oder der Gesenkeinsätze erfolgt durch Fräsen oder Drehen. Die Fertigung der Gravur erfolgt durch
Fräsen – bei rotationssysmmetrischen Gravuren auch durch Drehen – oder durch Erodieren.

Der übliche Ablauf einer Gravurherstellung (Bild 9.14) besteht aus:


• der CAD-Konstruktion der Gravurgeometrie,
• der Ableitung des Fräsprogramms für die Gesenkgravur oder für die Elektrode,
• dem Fräsen der Gesenkgravur oder der Elektrode,
• beim Erodieren ferner aus dem Erodieren des Gesenks mit der Elektrode,
• der Feinbearbeitung des Gesenks,
• (optional) der Oberflächenveredlung der Gravur.

Bild 9.14: Schematische Darstellung der Gravurherstellung

111
Ausgangspunkt der Werkzeugfertigung ist die herzustellende Bauteilgeometrie, aus der die Gravurgeometrie
abgeleitet wird (Kapitel 10 und 12). Bei der Festlegung der Gravurgeometrie ist insbesondere bei der Warm-
und Halbwarmumformung die thermische Schwindung der Bauteilgeometrie zu berücksichtigen. Unter ther­
mischer Schwindung versteht man das Verhältnis zwischen der Geometrie des heißen Bauteils zum Zeitpunkt
der Umformung und der Geometrie des Bauteils bei Raumtemperatur. Aufgrund dieses Schwindungsprozes­
ses ist die Gravurgeometrie immer größer als die Bauteilgeometrie.

Für das Fräsen der Gravur oder der Elektrode ist ein
NC-Programm erforderlich. Dieses NC-Programm
wird über ein CAM-Modul (Computer Aided Ma­
nufacturing) erstellt, Grundlage dafür ist das CAD-­
Modell der Gravur (siehe Kapitel 12).

Die derzeit üblicherweise verwendete Fertigungs­


technologie zur Gravurerzeugung ist das Hoch-
geschwindigkeitsfräsen, auch HSC-Fräsen (High
Speed Cutting) genannt. Das Verfahren zeichnet
sich durch eine sehr hohe Spindeldrehzahl, eine
hohe Vorschubgeschwindigkeit der Fräss­ pindel
und somit ein hohes Span­ volumen sowie geringe
Schnitt­kräfte und sehr gute Ober­flächen­qualität aus
(Bild 9.15).

Bild 9.15: Durch HSC-Fräsen erstellte Gravur für eine


Kurbelwelle

Erodieren ist die geläufige Bezeichnung für das Fertigungsverfahren funkenerosives Abtragen oder auch EDM-
Verfahren (Electrical Discharge Machining). Das Erodieren ist ein elektrothermisches Verfahren, das auf elek­
trischen Entladevorgängen zwischen einer Elektrode (Positivform der Gravur) und einem Werkstück (Gesenk)
beruht und bei elektrisch leitenden Werkstücken eingesetzt werden kann. Die Elektrode wird aus Kupfer oder
Grafit gefertigt.

Das Erodieren ist im Vergleich zum Fräsen relativ zeitaufendig und kostenintensiv und wird daher nur einge­
setzt, wenn spanende Abtragungsverfahren aufgrund der Bearbeitungsaufgabe nicht angewendet werden
können. Die Gründe sind entweder die Eigenschaften des Werkstoffs, insbesondere dessen Härte, oder die
zu erzielende Kontur, zum Beispiel tiefe, schmale Gravuren.

In Abhängigkeit von den Anforderungen an die Oberflächenqualität der Gravur erfolgt abschließend eine Fein-
bearbeitung durch Schleifen oder Polieren.

Zur Minimierung des Gravurverschleißes und damit zur Steigerung der Standmenge (Anzahl der Bauteile, die
mit einer Gravur erstellt werden können) erfolgt vielfach eine Veredelung der Gravuroberfläche durch thermi­
sche oder thermochemische Verfahren.

Gesenke, die die Verschleißgrenze erreicht haben, können oft wieder aufgearbeitet werden.

112
10 Gestaltung und Eigenschaften
der Umformteile
Als Umformteil oder Rohteil wird das Werkstück nach den umformenden Prozessen – einschließlich Wärmebe­
handlung und Reinigungsprozesse – bezeichnet. Durch nachträgliche, meist partielle spanende Bearbeitung
wird das Rohteil zum einbaugerechten Fertigteil. Aus den Anforderungen an das Fertigteil resultiert schluss­
endlich ein Lastenheft für das Rohteil (Bild 10.1), das Grundlage für dessen Entwicklung und Konstruktion ist.

Werkstoff
Medien Wärmebehandlung
Temperatur Äußere Lasten

Korrosion Steifigkeit

Spanbildung Eigenspannung

Aufmaß Bauraum

Spann-/Anlageflächen Montierbarkeit

Erstaufnahme Freigang
Kerben/Radien Toleranzen
Oberfläche

Bild 10.1: Wichtige Einflussparameter auf die Entwicklung und Konstruktion eines Fertigteils

Grundlage für die Rohteilkonstruktion ist die Geometrie und/oder Funktion des Fertigteils, das in den meisten
Fällen allein durch umformende Fertigungsverfahren nicht herstellbar ist. Verfahrensbedingt müssen geomet­
rische Änderungen vorgenommen werden, die dann zum Rohteil führen (Bild 10.2).

Bild 10.2: Rohteil und Fertigteil am Beispiel eines gesenkgeschmiedeten Pkw­Schwenklagers

113
Bei der Auslegung des Rohteils sind umformtechnische Gestaltungsregeln zu beachten. Neben dem Umform­
verfahren und dem Mengenbedarf sind der Werkstoff und die Umformtemperatur wesentliche Einflussgrößen
auf die Rohteilgestaltung und ­eigenschaften (Bild 10.3).

Einflussgrößen

Umformverfahren Werkstoff Umformtemperatur Menge


• Gesenkschmieden • Stahl • Warm
L • Einzelstücke
• Fließpressen • Aluminium • Halbwarm • Klein­ und Mittelserie
• Ringwalzen • Sonstige • Kalt • Großserie
• Freiformschmieden
• Sonstige

Geometrische Rohteileigenschaften
Makrogeometrie Toleranzen Mikrogeometrie
(Beispiele: Wellen) (Oberfläche)
Gesenkschmieden Maß Rauheit
L L

Fließpressen Form

Freiformschmieden Lage

Bild 10.3: Wesentliche Einflussgrößen auf die geometrischen Rohteileigenschaften

Die Kombination von Umformverfahren, Werkstoff und Umformtemperatur entscheidet zusammen mit der
Bedarfsmenge letztendlich darüber, welche Geometrien mit welcher geometrischen Genauigkeit zu welchen
Kosten hergestellt werden können. So benötigt zum Beispiel ein durch Freiformschmieden und Ringwalzen
in kleinen Stückzahlen hergestellter Zahnradrohling (Bild 10.4) ein relativ großes Bearbeitungsaufmaß für die
spanende Fertigbearbeitung, während ein mittels Verfahrenskombination in Großserie gefertigtes Differential­
Kegelrad (Bild 10.5) einbaufertige Oberflächen aufweist, die keiner weiteren mechanischen Bearbeitung be­
dürfen.

114
100 mm 10 mm

Bild 10.4: Rohteil für ein Zahnrad (m = 1.300 kg ) Bild 10.5: Rohteil für ein Differential­Kegelrad (m = 0,35 kg)
Die Prozesskette zur Fertigung ist in Kapitel 7.4 Die Prozesskette zur Fertigung ist in Kapitel 7.3
beschrieben. beschrieben.

Die Eigenschaften der Rohteile hinsichtlich makroskopischer Gestalt, Toleranzen, Oberflächenqualität und
mechanischer Kennwerte sind teilweise in Normen beziehungsweise Richtlinien und teilweise in Kundenvor­
schriften definiert.

10.1 Allgemeine Gestaltungsregeln

Unabhängig vom Umformverfahren erfolgt die Gestaltung der Rohteile unter Beachtung einer Vielzahl techni­
scher und wirtschaftlicher Einflussgrößen wie zum Beispiel
• der beanspruchungsgerechten Gestaltung,
• der Beachtung von umformtechnischen Gestaltungsregeln – insbesondere der stofffluss­ und werk­
zeuggerechten Gestaltung,
• der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Herstellung sowie
• den Anforderungen aus der Weiterverarbeitung zum Fertigteil.

Bei der beanspruchungsgerechten Gestaltung ist insbesondere der dem Belastungsfall angepasste Faserver­
lauf zu beachten. Das bei der Massivumformung eingesetzte Halbzeug hat durch die Vorfertigungsprozesse
zumeist einen ausgeprägten Faserverlauf, der in vielen Fällen durch geeignete Umformung gezielt der späte­
ren Bauteilbeanspruchung angepasst werden kann (Bild 10.6).

Bei der materialfluss­ und werkzeuggerechten Gestaltung ist darauf zu achten, dass eine Formgebung durch
das ausgewählte Massivumformverfahren prozessstabil möglich ist und eine große Standmenge der Um­
formwerkzeuge erzielt wird. Daher sollten scharfe Kanten im Werkzeug vermieden werden, weil sie zu hohen
Spannungsbelastungen und hohem Verschleiß führen.

Bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Herstellung müssen die Gesamtkosten des Fertigteils – die
Summe aus Rohteilkosten und den Kosten einer nachfolgenden spanenden Bearbeitung – beachtet werden.
Kann zum Beispiel die Rohteilgeometrie durch zusätzliche Vorformstufen und aufwendigere Werkzeuge der
Fertigteilgeometrie besser angenähert werden, so führt das zwar zu höheren Rohteilkosten, die Gesamtkos­
ten des Fertigteils sinken aber bei großen Stückzahlen, da der Bearbeitungsaufwand reduziert wird (Bild 10.7).

115
Halbzeug (Schnittdarstellung) mit ausgerichtetem Faserverlauf

Rohteil (Vierzylinder-Kurbelwelle mit Gegengewichten)

Bild 10.6: Faserverlauf in Halbzeug und Rohteil (jeweils Schnittdarstellung)

Bild 10.7: Abhängigkeit der Kosten des Rohteils und des Fertigteils von der Stückzahl

116
Werden die Rohteile noch durch spanabhebende Fertigungsverfahren zum Fertigteil weiterverarbeitet, dann
muss den Spann- und Anlageflächen für die Erstaufnahme in den Bearbeitungsmaschinen besondere Auf­
merksamkeit geschenkt werden. Die Flächen der Erstaufnahme des Rohteils bilden den Maßbezug und ha­
ben dadurch wesentlichen Einfluss auf die Toleranzen und Bearbeitungszugaben.

10.2 Gestaltungsregeln für das Gesenkschmieden


(Gesenke mit einer Teilfuge)

Exemplarisch für das Umformverfahren Gesenkschmieden werden nachfolgend wesentliche verfahrensspezi­


fische Gestaltungsregeln aufgeführt, die über die allgemeinen Gestaltungsregeln hinausgehen:
• Aushebe- oder Seitenschrägen,
• Lage der Gesenkteilung,
• Rundungsradien (Kantenrundungen und Hohlkehlen),
• Wand- und Rippengeometrie,
• Bearbeitungszugaben.

Die parallel zur Umformrichtung liegenden Flächen des Werkzeugs – und damit auch des Rohteils – müssen
geneigt sein, damit sich das Rohteil leicht aus dem Werkzeug lösen lässt. Die Winkel der Aushebe- oder
Seitenschrägen (Bild 10.8) sind im Wesentlichen abhängig von der Lage (innen oder außen), der Art des Um­
formaggregats und der Verfügbarkeit von maschinenseitigen Auswerfern.

Bild 10.8: Seitenschrägen am Rohteil

Als Gesenkteilung oder Teilfuge wird die Fläche bezeichnet, die die beiden Gesenkhälften trennt (Bild 10.9). Sie
legt die Aufteilung in Ober- und Untergesenk fest. Ihre Lage und ihr räumlicher Verlauf sind in gewissen, durch
die Rohteilgeometrie bestimmten Grenzen frei wählbar. Am Rohteil stellt sie sich als umlaufende Trennlinie dar.

Ebene Gesenkteilung Gesenk symmetrisch gekröpft Gesenk unsymmetrisch gekröpft

Bild 10.9: Grundformen der Gesenkteilung

117
Wann immer es die Rohteilgeometrie ermöglicht, wird eine ebene Gesenkteilung mit symmetrischer Lage zum
Rohteil angestrebt, da hier der Konstruktionsaufwand, der Materialeinsatz und der Aufwand zur Herstellung
der Gesenke und der Folgewerkzeuge – wie Abgrat- und Prägewerkzeuge – am geringsten sind.

Bei unsymmetrisch gekröpften Gesenken werden Querkräfte hervorgerufen, die zu einem erhöhten Versatz
zwischen Ober- und Untergesenk führen können. Die Querkräfte werden daher oftmals durch eine gesonderte
Gesenkführung – ein Widerlager – aufgenommen.

Bei Werkzeugen mit einer Teilfuge darf das Rohteil keine sogenannten Hinterschnitte (Bild 10.10) aufweisen,
da eine Entformung des Rohteils aus dem Gesenk dann nicht mehr möglich ist.

Bild 10.10: Rohteil mit Hinterschnitt (links) und ohne Hinterschnitt (rechts)

Für die Herstellung von Rohteilen mit Hinterschnitt sind Gesenke mit mehreren Teilfugen (Kapitel 9.1.4) not­
wendig, was aber einen wesentlich höheren Werkzeug- und Fertigungsaufwand erfordert.

Scharfe Kanten beziehungsweise kleine Radien im Gesenk – und damit am Rohteil – sind zu vermeiden, um
die Werkzeugbelastung und den Werkzeugverschleiß zu minimieren.

Wände und Rippen sind langgestreckte Formelemente mit einem Verhältnis Höhe zu Dicke beziehungsweise
Höhe zu Breite von mindestens 1,25 : 1 (Bild 10.11). Beim Gesenkschmieden muss der Werkstoff in diese
schlanken Formelemente steigen. Durch großzügige Bemessung der Rippenfuß- beziehungsweise der Wand­
fußradien kann der Werkstofffluss in die Rippen und Wände erleichtert werden.

Bild 10.11: Wand- und Rippengeometrie

Flächen an Rohteilen, die nachträglich spanend bearbeitet werden, erhalten eine Bearbeitungszugabe, die
eine ausreichende Mindestspanabnahme unter Berücksichtigung der zulässigen Maßabweichungen und To­
leranzen ermöglicht.

118
10.3 Allgemeingültige Toleranzen
Die Konstruktion von Umformteilen erfolgt auf Basis einer idealen Geometrie (Nenngeometrie). Die bei der
Serienfertigung zwangsläufigen Schwankungen von Prozessparametern haben zur Folge, dass die produzier­
ten Werkstücke (Ist-Zustand) nicht der Idealform (Soll-Zustand) entsprechen. Durch Toleranzen werden die
zulässigen Abweichungen des Ist-Zustands vom Soll-Zustand definiert.
L
Bei der Festlegung von Toleranzen ist zu beachten, dass enge Toleranzen meistens eine aufwendigere und
damit auch eine kostenintensivere Fertigung bedeuten. Als Grundsatz für die Toleranzbestimmung gilt daher:
Die Toleranz sollte so groß wie möglich und nur so eng wie nötig sein!

Bei den Geometrietoleranzen wird zwischen Maß-, Form- und Lagetoleranzen unterschieden (Bild 10.12).
t
Maßtoleranzen bestimmen die maßlichen Grenzabmessungen eines Formelements. Bauteile bestehen aber
L
in der Regel aus mehreren Formelementen, die auch Abweichungen von der idealen geometrischen Form
und Lage zueinander aufweisen können. Form- und Lagetoleranzen definieren die Zone, innerhalb der diese
Abweichungen noch zulässig sind.

Maßtoleranz Maßabweichung
bezeichnet die Abweichung, die ein Maß bezüglich t
L
seines Soll-Werts haben darf
(zum Beispiel muss das Längenmaß L innerhalb
der Toleranz t liegen).
t

Formtoleranz Formabweichung
bezeichnet die Abweichung, in der sich ein Geome­
trieelement bezüglich seiner geometrisch idealen t
Form bewegen darf
(zum Beispiel muss die Zylinderform innerhalb einer
minimalen beziehungsweise maximalen idealen
Zylindergeometrie liegen).

Lagetoleranz Lageabweichung
bezeichnet die Abweichung, in der sich ein Geome­
trieelement bezüglich seiner geometrisch idealen t
Lage zu einem oder mehreren anderen Geometrie­
elementen ändern darf. Man unterscheidet Rich­
tungstoleranzen (zum Beispiel darf die Winkelab­
weichung t zwischen Stirnfläche und Wellenachse
nicht überschritten werden), Ortstoleranzen und
Lauftoleranzen. t

Bild 10.12: Geometrische Toleranzarten

Die Grundlagen für die Form- und Lagetolerierung sind in der DIN EN ISO 1101 aufgeführt.
t
119
Die erreichbare Maßgenauigkeit der Rohteile ist ganz wesentlich vom gewählten Umformverfahren abhängig
(Bild 10.13). Die Spanne der Maßtoleranzen reicht zum Beispiel von Toleranzen im hundertstel Millimeter
Bereich, die durch Präzisionsumformung erzielt werden können, bis hin zu mehreren Zentimetern bei großen
Freiformschmiedestücken.

Umformverfahren IT-Angaben nach DIN ISO 286 Teil 1

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Gesenkschmieden

Präzisionsschmieden

Warmfließpressen

Halbwarmfließpressen

Kaltfließpressen

= mit herkömmlichen Fertigungseinrichtungen erreichbar.


= durch Sondermaßnahmen und in Ausnahmefällen erreichbar.

Bild 10.13: Erreichbare Maßgenauigkeit der Rohteile in Abhängigkeit des Umformverfahrens

Zur Erläuterung der IT (International Tolerance) Grundtoleranzen in Bild 10.13 sind in Bild 10.14 beispielhaft
für die Nennmaßbereiche 80 bis 120 mm und 250 bis 315 mm die Grundtoleranzen für die IT-Grade 5 bis 16
aufgeführt.

Nennmaß Grundtoleranzgrade
mm IT5 IT6 IT7 IT8 IT9 IT10 IT11 IT12 IT13 IT14 IT15 IT16

bis ein­ Grundtoleranzen


über
schließlich mm mm

80 120 15 22 35 54 87 140 220 0,35 0,54 0,87 1,4 2,2

250 315 23 32 52 81 130 210 320 0,52 0,81 1,3 2,1 3,2

Bild 10.14: Werte der Grundtoleranzgrade für Längenmaße

10.4 Toleranzen für Gesenkschmiedeteile aus Stahl


In Abhängigkeit des Umformverfahrens, des Werkstoffs und der Toleranzart existieren verschiedene Normen.
Exemplarisch für ein Umformverfahren, einen Werkstoff und eine Toleranzart ist nachfolgend die DIN EN
10243-1 – Gesenkschmiedeteile aus Stahl – Maßtoleranzen – beschrieben. Diese Norm gilt für Rohteile, die
warm in Hämmern oder Pressen geschmiedet werden. Die nach dieser Norm zulässigen Toleranzen werden
beeinflusst von
• den Nennmaßen,
• dem Rohteilgewicht,
• dem Verlauf der Teilungsfläche,
• der Stoffschwierigkeit,
• und der geometrischen Komplexität des Rohteils.

120
Die Stoffschwierigkeit berücksichtigt, dass beim Umformen hoch kohlenstoffhaltiger und hochlegierter Stähle
größere Maßschwankungen durch größeren Werkzeugverschleiß auftreten als bei Stählen mit geringem Koh­
lenstoffgehalt und geringeren Legierungsanteilen.

Die geometrische Komplexität des Rohteils – definiert über den Feingliedrigkeitsfaktor – berücksichtigt die
Tatsache, dass beim Schmieden von geometrisch komplexen Bauteilen gegenüber Teilen mit einfachen, ge­
drungenen Formen größere Maßschwankungen auftreten, die auf unterschiedliches thermisches Schwinden,
höhere Umformkräfte und größeren Werkzeugverschleiß zurückzuführen sind /DIN EN 10243-1/.

Neben den Maßtoleranzen werden auch die zulässigen Grenzen für Versatz, Gratansatz oder Durchbiegung
toleriert.

Die Toleranzen für den Versatz geben das Maß an,


um welches ein Punkt auf der einen Seite der Ge­
senkteilung zu dem entsprechenden Punkt auf der
anderen Seite in paralleler Richtung zur Hauptebene
der Gesenkteilung verschoben sein darf (Bild 10.15).
Versatztoleranzen sind abhängig von der Masse des
Schmiedeteils und von der Ausführungsart der Ge­
senkteilung /DIN EN 10243-1/.

Bild 10.15: Versatz

Unterschiedliches Abgraten (Kapitel 6.5) kann entweder einen Gratansatz oder eine Anschnitttiefe bewirken.
Beim Gratansatz ist der Grat nicht vollständig vom Rohteil getrennt (Bild 10.16), bei der Anschnitttiefe ist hin­
gegen der Grat zu eng am Rohteil abgetrennt worden (Bild 10.17).

Bild 10.16: Gratansatz Bild 10.17: Anschnitttiefe

Toleranzen für die Durchbiegung beziehen sich auf die Abweichung der Mittellinie von ihrem vorgeschriebenen
Verlauf (Bild 10.18).

Bild 10.18: Durchbiegung

121
Bild 10.19 zeigt einen Auszug der Toleranzen und der zulässigen Abweichungen für Längen-, Breiten-, Höhen­
maße, Versatz, Gratansatz und Anschnitttiefe.

Beispiel zur Bestimmung der Längen-, Breiten- und Höhentoleranzen und der zulässigen Abweichungen für Versatz,
Gratansatz und Anschnitttiefe:
Angaben zum Rohteil:
Größte Länge: 142 mm Gratnaht (Gesenkteilung): asymmetrisch
Größte Breite: 61 mm Feingliedrigkeitsfaktor: S2
Größte Höhe: 22 mm Stahlsorte C 45: Stoffschwierigkeit M1
Masse des Schmiedeteils 1,5 kg
Aus dem Tabellenauszug ergeben sich die zulässigen Abweichungen:
Länge: + 0,8 mm; – 0,4 mm Versatz: 0,4 mm
Breite: + 0,7 mm; – 0,4 mm Gratansatz und Anschnitttiefe: 0,5 mm
Höhe: + 0,7 mm; – 0,3 mm
Im Allgemeinen werden die zulässigen Abweichungen für die größten Bauteilmaße aus den Tabellen entnommen und auf
alle übrigen Längen-, Breiten- und Höhenmaße angewendet.

Bild 10.19: Beispiel der Toleranzen und Abweichungen für verschiedene Abmessungsarten (Auszug aus /DIN EN 10243-1/)

Die Toleranzen und zulässigen Abweichungen sind heute in den CAD-Systemen hinterlegt und werden auto­
matisch bei der Erstellung der Rohteilkonstruktion/-zeichnung berücksichtigt.

Die hier beispielhaft dargestellten Toleranzwerte sind Normwerte. Durch zusätzliche konstruktive und/oder fer­
tigungstechnische Maßnahmen sind engere Toleranzen möglich, die zwischen Hersteller und Kunde individuell
vereinbart werden können.

122
10.5 Oberflächenqualität
Die Oberflächenqualität, auch als Rauheit bezeichnet, definiert die Unebenheit der Oberfläche im mikroskopi­
schen Bereich.

Die Oberflächengüte von Rohteilen aus Stahl wird wesentlich durch die Oxidation (Zunderbildung) und damit
durch die Umformtemperatur bestimmt. Mit sinkender Umformtemperatur steigt die erreichbare Oberflächen­
güte. Die beste Oberflächenqualität wird bei der Kaltumformung erreicht (Bild 10.20).

Bild 10.20: Erreichbare Oberflächenqualität in Abhängigkeit der Umformtemperatur am Beispiel des Fließpressens

Bei der Warmumformung werden die Rohteile zur Entfernung des Zunders üblicherweise reinigungsgestrahlt.
Die Rautiefe gestrahlter Oberflächen wird von der Art und der Korngröße des Strahlmittels beeinflusst. Ohne
Sonderaufwand werden Rautiefen (Rz) von 40 bis 100 μm erreicht.

Beim Präzisionsschmieden können Funktionsflächen so genau hergestellt werden, dass keine spanende Be­
arbeitung erforderlich ist. Die Oberflächennachbehandlung – zum Beispiel durch Kaltprägen – wird der gefor­
derten Oberflächengüte angepasst. So werden zum Beispiel an Zahnflanken von Zahnrädern Rautiefen (Rz)
bis 10 μm erreicht.

Bei der Kaltmassivumformung ergeben sich im Allgemeinen Oberflächen mit sehr geringer Rauheit. Es können
Rautiefen (Rz) bis zu 4 μm erreicht werden.

Bei Rohteilen aus Aluminium wird die Rautiefe im Wesentlichen von der Oberflächengüte der Umformwerk­
zeuge bestimmt. Erreichbar sind Rautiefen (Rz) bis 5 μm.

Die Anforderungen an die Oberflächenqualität der Umformteile werden von den Funktionen des Fertigteils
bestimmt und sind oftmals partiell unterschiedlich. Geringe Rautiefen bedingen eine aufwendigere und damit
auch eine kostenintensivere Fertigung. Auch hier gilt der Grundsatz bei der Toleranzbestimmung: Die Rauheit
sollte so groß wie möglich und nur so klein wie nötig sein.

123
124
11 Qualitätssicherung
Heute wird Qualität sehr umfassend und als ein „messbarer und bewertbarer“ Zustand eines gesamten
Unternehmens verstanden. Dazu gehören alle Bereiche, Prozesse und Produkte eines Unternehmens. Nur
die Sicherstellung einer vereinbarten und zugesagten Qualität in diesem Sinne wird die Kunden dauerhaft
zufriedenstellen und die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens sichern. Hierfür hat sich die Ein­
führung und Anwendung eines Qualitätsmanagementsystems bewährt, wodurch sichergestellt werden soll,
dass die Kundenanforderungen erfüllt sowie alle behördlichen und rechtlichen Auflagen eingehalten werden.
Als weitere zentrale Funktion gibt es den Unternehmen eine Prozessstruktur, um sich kontinuierlich zu ver­
bessern.

Bild 11.1: Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems

Das Qualitätsmanagementsystem beschreibt alle Maßnahmen, die der Qualitätssicherung und ­verbesserung
von Prozessen, den Produkten oder den sonstigen Leistungen des Unternehmens dienen. Es soll sicherstel­
len, dass alle organisatorischen, kaufmännischen und technischen Vorgänge in einem Unternehmen geplant,
gesteuert, überwacht und dokumentiert werden.

125
Die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem sind in Normen und technischen Spezifikationen fest­
gelegt. Für Unternehmen, die beispielsweise Produkte für die Automobilindustrie herstellen – wie das bei
Umformbetrieben häufig der Fall ist – wird in erster Linie die ISO/TS 16949 als Grundlage für das eigene
Qualitätsmanagementsystem verwendet. Im Rahmen von regelmäßigen Zertifizierungen wird von unab­
hängiger Stelle geprüft, ob die Anforderungen von dem jeweiligen Unternehmen auch eingehalten werden. Für
eine detaillierte Beschreibung bezüglich Umfang und Inhalt eines Qualitätsmanagementsystems wird auf die
oben genannte Norm verwiesen. Hier sollen nur die beiden bei der Produktentstehung wesentlichen Elemente
• Planungsverfahren und
• Prüfverfahren
herausgestellt werden.

11.1 Planungsverfahren

Bereits während des Entwicklungsprozesses, in den der Lieferant vielfach eingebunden ist, werden Maßnah­
men zur Qualitätssicherung in der Serienproduktion festgelegt. Einige Methoden, die dabei bedeutsam sind,
werden im Folgenden vorgestellt.

11.1.1 Qualitätsvorausplanung (APQP)

Die Qualitätsvorausplanung hat zum Ziel, dass die Erwartungen des Kunden an das Produkt in allen Phasen
des Entwicklungs- und Herstellungsprozesses bekannt sind und erfüllt werden. Dafür stehen an­erkannte Me­
thoden zur Verfügung.

Eine dieser Methoden ist der „Advanced Product Quality Planning (APQP)/Qualitätsvorausplanungs-
Prozess“. Die einzelnen Phasen und Meilensteine sind in Bild 11.2 dargestellt.

Bild 11.2: Prozessablauf APQP

Der detaillierte inhaltliche Ablauf eines Qualitätsvorausplanungsprozesses ist in Bild 11.3 dargestellt.


Bei der Qualitätsvorausplanung werden standardisierte Werkzeuge eingesetzt, von denen einige wesentliche
im Folgenden dargestellt werden.

126
Kundenvorgaben Erscheinungsbild des
Kundenauftrag Vertragsprüfung
berücksichtigen Produkts festlegen

Planung von Versuchen


Qualitätsplanung und Berechnungen Entwurfsprüfung
Design-FMEA
Unterlieferanten zur Überprüfung des (Design Review)
Produkts

Prüfplan (Control Plan) Herstellung


Freigabe von Prüfmethoden und
für Prototypenteile und Prüfung von
Betriebsmitteln Prüfmittel festlegen
festlegen Prototypen

Festlegen von
Layout des
Bestätigung der Zeichnungen und
Prozess-FMEA Serienfertigungs-
Herstellbarkeit Spezifikationen
prozesses festlegen
(Design Freeze)

Vorserien/ Prozessanweisungen
Prüfmittelfähigkeit Logistikkonzept
Serienlaufprüfplan erstellen und
bestimmen erstellen
festlegen einführen

Vorläufige
Serienprüfplan
Prozessfähigkeits- Produktionsprobelauf Packmittel festlegen
festlegen
untersuchung

Technische Tests an Produktionsprozess-


Erstbemusterung Start Serienfertigung
Serienteilen und Produktfreigabe

Bild 11.3: Prozess einer Qualitätsvorausplanung

11.1.2 Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse (FMEA)

Die Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ist eine systematische Methode, um das Risiko eines
möglicherweise auftretenden Fehlers früh­zeitig aufzuzeigen und zu bewerten. Sie ist ein wirksames Mittel, um
bereits in den Vorphasen der Serienfertigung potenzielle Fehler zu identifizieren und vorbeugend zu vermei­
den. Es wird zwischen Produkt- und Prozess-FMEA unterschieden. Der Kern der Methode ist, dass im Rah­
men einer Risikoanalyse die vorstellbaren Fehler- und/oder Ausfall­möglichkeiten gesammelt und hinsichtlich
• A: Folgen des Fehlers,
• B: Entdeckungswahrscheinlichkeit des Fehlers,
• C: Auftretenswahrscheinlichkeit des Fehlers
bewertet und zu einer
• Risikoprioritätszahl: RPZ = A x B x C

127
zusammengefasst werden. Auf diese Weise wird das Risiko eines zunächst nur unterstellten Fehlers an der
Höhe der RPZ erkennbar. Liegt die RPZ über dem definierten Grenzwert, müssen Maßnahmen zur Risikomini­
mierung eingeleitet und danach eine neue FMEA durchgeführt werden. Dieser Prozess wird solange wie­
derholt, bis die RPZ unter der zulässigen RPZ liegt. Da definitionsgemäß die Werte der Faktoren A, B, C alle
zwischen 1 und 10 liegen, können die RPZ Werte zwischen 1 und 1.000 annehmen.

11.1.3 Messmittelfähigkeitsuntersuchung (MSA)

Um die Qualität eines Bauteils beurteilen zu können, werden Messmittel benötigt, die befähigt sind, die
betroffenen Merkmale mit hinreichender Genauigkeit und Reproduzierbarkeit zu erfassen. Um das objektiv
beurteilen zu können, müssen für die eingesetzten Messmittel sogenannte Messmittelfähigkeitsuntersuchun-
gen durchgeführt werden. Dabei wird nicht nur das Messmittel selbst betrachtet, sondern auch alle Einfluss­
größen, die unter normalen Einsatzbedingungen den Messwert beeinflussen können (Bild 11.4).

Bild 11.4: Mögliche Einflussgrößen auf den Messwert

11.1.4 Statistische Prozessregelung (SPC)

Bei einer Großserienproduktion ist es aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich, jedes Qualitätsmerk­
mal an jedem Produkt zu prüfen. Deshalb werden aus der laufenden Produktion Stichproben entnommen, an
denen die Qualitätslage bewertet wird. Um das Ergebnis der Stichprobe auf alle produzierten Teile übertragen
zu können, bedient man sich statistischer Methoden. Dadurch wird erreicht, dass trotz reduzierter Datenquelle
(Stichprobe) die Beurteilungsgüte hoch ist, bei deutlich reduziertem Aufwand.

Die Statistische Prozessregelung dient zur Überwachung von Fertigungsprozessen. Anstelle einer 100 % Prü­
fung werden die vorher festgelegten Merkmale durch Stichproben erfasst und ausgewertet (zum Beispiel eine
5 Teile umfassende Stichprobe nach jeweils 100 produzierten Teilen).

128
Zur Auswertung und Darstellung der Qualitätslage werden unterschiedliche Qualitätsregelkarten (kurz Regel­
karten) eingesetzt. Eine sehr häufig eingesetzte Regelkarte ist die x– / s Regelkarte (Bild 11.5). Mit dieser
kombinierten Regelkarte wird zum einen die Prozesslage in Form des Mittelwertes (x–) und zum anderen die
Prozessstreuung (s) überwacht. Spätestens wenn einer dieser beiden Werte eine vorher festgelegte Eingriffs­
grenze überschreitet, muss der Anlagenbediener in den Prozess regelnd eingreifen, um zu verhindern, dass
Teile außerhalb der zulässigen Toleranz produziert werden. Die Eingriffsgrenzen werden auf Basis von Mess­
werten eines längeren Produktionsvorlaufs berechnet. Grundlage für die Berechnung sind der Stichproben­
umfang, die Verteilung der Messwerte und die gewünschte statistische Sicherheit.


Bild 11.5: Schematische Darstellung einer x /s-Regelkarte für ein Merkmal

11.1.5 Prozessfähigkeitsuntersuchung (PCA)

Durch die Prozessfähigkeitsuntersuchungen wird beurteilt, ob Prozesse geeignet sind, die geforderte Pro­
duktqualität reproduzierbar herzustellen. Die Beurteilung erfolgt mit Hilfe eines Fähigkeitsindex, im einfachsten
Fall mit

OT – UT cp: Prozessfähigkeitsindex (Capability of Process)


cp = OT und UT: Obere und untere Toleranzgrenze der Merkmalswerte
6 s^
Prozessstreuung der Merkmalswerte

Ein Prozess wird als „fähig“ bezeichnet, wenn der Wert des Fähigkeitsindex zum Beispiel größer als 1,67 ist.
Vereinfacht steckt im Kern dahinter, dass die Streuung immer um ein Vielfaches kleiner sein muss als die zu­
lässige Toleranz (Bild 11.6). Nur dann wird der Prozess als fähig bezeichnet.

129
Bild 11.6: Schematische Darstellung der Prozessfähigkeit

In einer erweiterten und verschärften Betrachtung wird neben der Streuung des Prozesses auch die Prozess­
lage (Mittelwert der Merkmalswerte einer Stichprobe) relativ zur Toleranzmitte durch den Fähigkeitsindex cpk
bewertet. Auch dieser Wert muss zum Beispiel größer als 1,67 sein, um von einem fähigen Prozess sprechen
zu können. Ein entsprechendes Verfahren gibt es auch für die Maschinenfähigkeitsuntersuchung.

11.1.6 Weitere Werkzeuge und Methoden zur Qualitätssicherung

Außer den beschriebenen gibt es weitere Methoden, die nachfolgend nur noch bezüglich ihrer Zielsetzung
erläutert werden.

Design of Experiments / Statistische Versuchsplanung:


DoE Optimierung von Produkt- und Prozessparametern durch Quantifizierung der Wirk­
zusammenhänge anhand minimaler Versuchsaufwendungen.
Wandel zum Besseren:
Kaizen Stetige Verbesserung von Produkten, Prozessen und Abläufen durch alle Mitarbeiter
des Unternehmens.
KVP Kontinuierlicher Verbesserungsprozess: siehe Kaizen.
Qualitätsaudit Überwachung und Verbesserung aller Teile eines Qualitätsmanagement­systems.
Vergleich der eigenen Produkte / Prozesse mit dem Branchenbesten, um hieraus
Benchmarking
Verbesserungspotenziale und Maßnahmen abzuleiten.
Quality-Function-Deployment / Qualitätsfunktionendarstellung
QFD QFD ist eine Methode zur Ermittlung der Kundenanforderungen und deren direkter
Umsetzung in technische Lösungen.
Narrensicher:
Ziel ist es, Fehler durch vorbeugende Maßnahmen zu vermeiden. Durch das Einrich­
Poka Yoke ten von Hilfsmitteln – wie zum Beispiel Sensoren – soll die Ent­stehung von Fehlern
vermieden beziehungsweise ein entstandener Fehler sofort behoben werden.

130
11.2 Prüfverfahren

Um die Qualität eines Bauteils beurteilen zu können, muss man es prüfen. Abhängig vom zu prüfenden Merk­
mal und der zulässigen Toleranz kommen unterschiedliche Prüfverfahren zur Anwendung. Im Folgenden sind
einige in der Massivumformung wichtige Prüfverfahren aufgeführt.

11.2.1 Sichtprüfung

Die Sichtprüfung wird angewendet, um makroskopische Oberflächenfehler wie zum Beispiel unzureichende
Gravurfüllung oder Kerben zu erkennen. Prozessbegleitend werden hiermit Stichprobenprüfungen vorgenom­
men. Vor Auslieferung der Bauteile an die Kunden wird oft eine 100 % Sichtprüfung durchgeführt. In den
meisten Fällen wird diese Art der Prüfung manuell durch erfahrene Mitarbeiter ausgeführt. Die Sichtprüfung
als schnelles und einfaches Verfahren ist mit geringem Geräte- und ohne Materialeinsatz möglich, erfordert
aber einen nicht vernachlässigbaren Personaleinsatz. In einigen speziellen Fällen wird heute auch schon eine
automatisierte Oberflächenprüfung unter Verwendung von Bildverarbeitungssystemen eingesetzt.

11.2.2 Rissprüfung

Es ist nicht auszuschließen, dass Massivumformbau­


teile teils mikroskopisch kleine Risse enthalten, die
mit bloßem Auge meist nicht zu detek­tieren sind. Die
Ursachen für die Rissentstehung können sehr unter­
schiedlich sein. Sie können zum Beispiel bereits im
Vormaterial vorhanden sein, sie können aber auch bei
der Wärmebehandlung oder durch den Umformpro­
zess entstehen. Solche Mikrorisse sind meist nicht
zulässig, insbesondere nicht bei Sicherheitsteilen.

Genauere Beschreibung
Für die Rissprüfung stehen mehrere Verfahren zur
Auswahl. Das in der Massivumformung am häufig­
sten eingesetzte Verfahren ist das Magnetpulver­
Bild 11.7: Blick in eine Fluxkabine
prüfen (auch „Fluxen“ genannt). Mit diesem Rissprüf­
verfahren können unter UV-Licht (Bild 11.7) Risse in
magnetisierbaren Materialien bis zu Fehlerbreiten von
1 μm nachgewiesen werden (Bild 11.8). Hierzu wird
das zu prüfende Bauteil zunächst magnetisiert und
mit einem fluoreszierenden Magnetpulverprüfmittel
benetzt. Hat das Bauteil an der Oberfläche Risse,
dann werden dort die Magnetfeldlinien abgelenkt,
was unter UV-Licht sichtbar wird. Bei nicht zu tiefen
Rissen kann das Bauteil durch Schleifen noch nach­
gearbeitet werden.

Bei Sicherheitsteilen wird häufig eine 100 % Rissprü­


fung gefordert.

Bild 11.8: Rissanzeige

131
Ein weiteres Verfahren zur Prüfung auf Oberflächenrisse ist die Farbeindringprüfung. Hierbei wird auf die Bau­
teiloberfläche ein Eindringmittel aufgebracht, das in vorhandene Risse eindringt. Nach einer Reinigung der
Oberfläche wird ein Entwickler aufgetragen, der das in den Rissen befindliche Eindringmittel wieder an die
Oberfläche bringt. Hierbei wird der tatsächliche Riss optisch stark vergrößert, sodass Fehlstellen gut zu erken­
nen sind. Das Farbeindringverfahren wird überwiegend bei nicht magnetisierbaren Werkstoffen angewendet,
wie zum Beispiel bei Aluminium und nichtrostenden Stählen.

Weitere Rissprüfverfahren sind:


• Ultraschallprüfung (hauptsächlich für Innenfehler) und
• Wirbelstromprüfung (hauptsächlich für Ober­­flächen- und oberflächennahe Risse).

11.2.3 Maßprüfung

Bei der Maßprüfung werden geometrische Größen wie zum Beispiel Länge, Dicke oder Breite erfasst und
ausgewertet. Darüber hinaus werden aber auch Form- und Lageabweichungen wie zum Beispiel Versatz oder
Rundlaufabweichung überprüft. In der Regel werden Maßprüfungen produktionsbegleitend als Stichproben­
prüfung durchgeführt. Insbe­son­dere bei kritischen Merkmalen kann aber auch eine 100 %-Prüfung notwendig
sein. Da die Merkmalsausprägungen, die Nennmaße und Toleranzen sehr unterschiedlich sein können, kom­
men auch unterschiedlichste Messmittel zum Einsatz, wie zum Beispiel:
• Messschieber,
• Bügelmessschrauben,
• Messuhren,
• Messtaster.

Bild 11.9: Beispiel eines Mehrstellenmessgeräts

Wenn bei einer Großserie viele Maße an einem Bauteil geprüft werden müssen, dann kann es aus wirtschaft­
lichen Gründen sinnvoll sein, ein bauteilspezifisches Mehrstellenmessgerät zu entwickeln, mit dem es möglich
ist, mehrere Maße gleichzeitig zu prüfen, zu beurteilen und zu dokumentieren (siehe Bild 11.9).

132
Soll ein Bauteil umfassend vermessen werden (zum
Beispiel für die Erstbemusterung oder die Produk­
tionsfreigabe), so bieten sich Koordinatenmessgeräte
an (siehe Bild 11.10). Mit dem Taster eines Koordina­
tenmessgeräts werden die Oberflächenpunkte eines
Bauteils durch ihre x, y, z Koordinaten erfasst. Mit Hil­
fe einer Software werden diese Punkte­informationen
zu aussagefähigen Messergebnissen verdichtet.
Durch diese Vorgehensweise können ver­schieden­ste
Bauteilmerkmale erfasst und ausgewertet werden,
wie zum Beispiel:
• Längen-, Dicken- und Breitenmaße,
• Positions-, Form- und Lagemaße,
• SOLL-IST Flächenvergleiche (SOLL = zum
Beispiel CAD Geometrie; IST = Fläche, die aus
mehreren Mess­punkten generiert wurde).

Auf Grund des relativ hohen Messaufwands ist die


Koordinatenmesstechnik für die serienbegleitende
Prüfung nur bedingt geeignet.

Bild 11.10: Messung und Beurteilung eines Bauteils mittels


Koordinatenmessgerät

11.2.4 Prüfung mechanischer Eigenschaften

Durch Prüfung und Beurteilung der mechanischen Werkstoffeigenschaften soll sichergestellt werden, dass
das Bauteil den unter Betriebsbedingungen auftretenden Belastungen standhält, entsprechend den Vorgaben
des Lastenhefts. Dies ist insbesondere für Sicherheitsteile wie zum Beispiel Fahrwerksteile relevant. Nachfol­
gend werden einige wichtige Prüfverfahren vorgestellt, die sich in zerstörungsfreie und zerstörende Prüfver­
fahren unterteilen.

Die Härteprüfung wird angewendet, um


• die Wirksamkeit einer Werkstoffbehandlung (zum Beispiel Wärmebehandlung) zu überprüfen und
• Rückschlüsse auf weitere Werkstoffeigenschaften zu ziehen (zum Beispiel die Festigkeit).

Für Metalle sind die wichtigsten Härteprüfverfahren:


• Brinell,
• Vickers und
• Rockwell.

Bei all diesen Verfahren wird mit einem definierten Prüfkörper unter definierten Bedingungen ein Eindruck in
das zu prüfende Bauteil eingebracht. Dieser Eindruck wird geometrisch vermessen. Aus diesem Messwert
wird dann die Härte des Bauteils in einer verfahrensspezifischen Skalierung bestimmt. Da die erzeugten Ein­
drücke sehr klein sind und die Bauteile in der Regel weiter verwendet werden können, werden die genannten
Härteprüfverfahren in die Gruppe der zerstörungsfreien Werkstoffprüfungen eingeordnet.

Der Zugversuch wird an einer Probe (aus dem zu prüfenden Werkstück / Werkstoff) mit genormter Geometrie
durchgeführt. Er dient der Beurteilung des Werkstoffs unter gleichmäßiger Zugbelastung. Die Zugprobe wird
bis zum Bruch in einer Zugprüfmaschine einer kontinuierlich ansteigenden Zugkraft ausgesetzt.

133
Die beim Zugversuch ermittelten Werkstoffkennwerte sind (siehe Kapitel 3):
• Elastizitätsmodul E (MPa),
• 0,2% – Dehngrenze Rp0,2 (MPa),
• Streckgrenze Re (MPa),
• Zugfestigkeit Rm (MPa),
• Bruchdehnung A (%),
• Brucheinschnürung Z (%).

Da das Bauteil zur Entnahme der Zugprobe zerstört werden muss, gehört der Zugversuch zu der Gruppe der
zerstörenden Werkstoffprüfungen

Der Kerbschlagbiegeversuch dient der Beurteilung der Zähigkeit eines Werkstoffs. Ein zäher Werkstoff wird
sich unter Belastung erst merklich verformen, bevor er bricht. Im Gegensatz dazu wird ein spröder Werkstoff
sich vor dem Bruch nur wenig verformen. Beim Kerbschlagbiegeversuch wird die Verformungsarbeit an einer
gekerbten Probe bis zum Bruch gemessen, die dann ein Maß für die Zähigkeit des Werkstoffs ist. Da das
Bauteil zur Entnahme der Probe zerstört werden muss, gehört der Kerbschlagbiegeversuch zu der Gruppe
der zerstörenden Werkstoffprüfungen.

134
12 Produktentwicklung
Die Entwicklung von Massivumformprodukten umfasst die gesamte Kette vom einbaufertigen Bauteil
über das Rohteil, die Stadiengangentwicklung bis hin zur Fertigungsprozessentwicklung. Immer kürzere
Entwicklungszyklen, steigende Variantenvielfalt und zunehmender Kostendruck erfordern eine zielgerichtete
Produktentwicklung unter Anwendung neuester und effizienter Entwicklungswerkzeuge.

Die Entwicklung technischer Systeme – zum Beispiel eines Fahrzeugs – erfolgt nach dem Top­Down­Prinzip,
sozusagen vom Allgemeinen zum Speziellen. Zunächst werden die übergeordneten Systemanforderungen
festgeschrieben, die dann auf Komponenten­ und schließlich auf Bauteilebene heruntergebrochen und in
Lastenheften spezifiziert werden. Die Entwicklung eines Massivumformbauteils erfolgt in mehreren Entwick­
lungsschritten (Bild 12.1) unter Berücksichtigung der im Lastenheft spezifizierten Anforderungen.

Bild 12.1: Entwicklungsprozesskette: Vom Lastenheft zum massivumgeformten Bauteil

Die Anforderungen an ein Massivumformbauteil ergeben sich beispielsweise durch

• den verfügbaren Bauraum und die Anbindungspunkte zu den benachbarten Bauteilen,


• die geforderte Festigkeit und Steifigkeit des Bauteils,
• die geforderte Bauteillebensdauer und
• die Kostenziele.

Um vom Lastenheft zum konkreten Bauteilentwurf zu gelangen, kommen moderne Entwicklungswerkzeuge


zum Einsatz. Nachfolgend werden einige Stufen der Entwicklungsprozesskette exemplarisch durchlaufen und
für unterschiedliche Bauteile der Einsatz der Entwicklungswerkzeuge dargestellt.

135
12.1 Bauteilentwicklung
Wichtiger Bestandteil einer Bauteilentwicklung ist die Topologieoptimierung, was bedeutet, dass unter Beach­
tung des verfügbaren Bauraums, der vorgegebenen Anbindungspunkte und der äußeren Bauteilbelastungen
die bestmögliche Bauteilgestalt gefunden werden muss, die den Festigkeits­ und Steifigkeitsanforderungen
genügt. Als Ergebnis entsteht ein Funktionsmodell, das fertigungstechnische Randbedingungen noch nicht
berücksichtigt. Der Ablauf einer Topologieoptimierung ist in Bild 12.2 schematisch dargestellt.

Bild 12.2: Schematischer Ablauf einer Topologieoptimierung

Die Topologieoptimierung erfolgt mit Hilfe numerischer Rechenverfahren, womit in mehreren Optimierungs­
zyklen schrittweise eine Bauteilgestalt ermittelt wird, die idealerweise zu homogenen Spannungsbelastung
an jeder Stelle des Bauteils führt und das Bauteilgewicht minimiert. Dieses optimierte Grobmodell wird häufig
umformtechnisch so nicht herstellbar sein und muss deshalb unter Berücksichtigung fertigungstechnischer
Randbedingungen in einen ersten Bauteilentwurf überführt werden.

Der Ablauf einer Topologieoptimierung bis hin zum Schmiedeteilentwurf ist in Bild 12.3 für ein Aluminium­
Serienbauteil dargestellt.

Bild 12.3: Topologieoptimierung für einen Radträger

136
Der beschriebene topologieoptimierte Bauteilentwurf führt zwar generell zu einer bestmöglichen Spannungs­
verteilung im Bauteil, lokal ist aber meist noch Gestaltoptimierungspotenzial vorhanden, das durch linear­
elastische FEM­Berechnungen anhand von Spannungen und Verformungen sichtbar gemacht werden kann.
Die Zielsetzung der Gestaltoptimierung ist es, das Bauteil unter fertigungstechnischen Randbedingungen
gewichtsmäßig weiter zu optimieren, wobei die werkstoffbedingten elastischen Maximalspannungen und die
vorgegebenen Grenzen der Bauteilverformungen nicht überschritten werden dürfen und die resultierende
Lebensdauer gleich oder höher der Lastenheftanforderung ist.

Bild 12.4: Schematischer Ablauf einer Gestaltoptimierung auf Basis der FEM­Berechnung

Wie bei der Topologieoptimierung sind auch bei der Gestaltoptimierung die 3D­CAD­Technik und die Finite
Elemente Methode (FEM) unverzichtbare Hilfsmittel.

12.2 Fertigungsprozessentwicklung
Die Fertigungsprozessentwicklung beinhaltet die Festlegung aller notwendigen Fertigungsoperationen ausgehend
vom Ausgangsmaterial bis zum fertigen Umformteil, auch Rohteil genannt. Ganz wesentlicher Bestandteil der
Fertigungsprozessentwicklung ist die Festlegung des Stadiengangs (siehe Kapitel 7). Hier müssen die Anzahl
und die geometrische Form der jeweiligen Zwischenoperationen genau festgelegt werden. Beides ist von der
geometrischen Komplexität des Umformteils abhängig, aber auch von den verfügbaren Fertigungseinrichtungen
und der Erfahrung des Werkzeugkonstrukteurs. Während dieser Schritt in früheren Zeiten ein sehr zeit­ und kos­
tenintensiver Trial and Error Prozess im Produktionsumfeld war, erfolgt die Entwicklung heute weitgehend auf Ba­
sis von FEM­Simulationen, womit der Stofffluss in den Werkzeugen während der Umformung sichtbar gemacht
werden kann, mögliche Fehler erkannt werden und die Umformkräfte ermittelt werden können. Bild 12.5 zeigt
das Ergebnis einer Stoffflusssimulation zu verschiedenen Zeitpunkten der Umformung. Das Umformwerkzeug ist
grau, das Umformteil grün dargestellt. Die blau­grünen Flächen zeigen in diesem Fall die Kontaktstellen des aus­
geblendeten Oberwerkzeuges mit dem Umformbauteil.

137
1. Zustellung kurz nach Beginn der Umformung Aus­gehend von einem als CAD-Modell ab­gebildeten
Planent­ wurf eines Stadien­ gangs wird der Stoff­ fluss
innerhalb der Werk­ zeuge simuliert, mögliche Fehler
werden erkannt und Korrektur­ maß­ nahmen an den
CAD-Modellen durch­geführt. Dieser iterative Prozess
wird solange fort­geführt, bis ein fehler­freier Stadien­
gang vorliegt. Die prinzipielle Vorgehens­weise bei der
Prozess- und Werk­zeug­ent­wicklung hat sich also nicht
grund­legend geändert, nur die Methodik. Was früher
mit realen Werk­ zeugen und auf Produktions­ anlagen
ab­gewickelt wurde, vollzieht sich heute weit­gehend in
virtuellen Räumen. Die Folgen sind weit­reichend: Werk­
zeuge und Produktions­einrichtungen werden erst ein­
gesetzt, wenn die Ent­ wicklung im Computer­ umfeld
ab­geschlossen ist; durch Produktions­experimen­te
er­folgt nur noch eine Fein­ ab­
stim­
mung. Diese Vor­
ge­ hens­weise hat dazu geführt, dass Fer­ tigungs­pro­
2. Zwischenstellung
zess­ entwicklungen heute schneller, treff­ sicherer und
kosten­günstiger erfolgen.

Für die Stoff­fluss­simulation stehen leistungs­fähige nu­


merische Rechen­programme auf Basis der FEM (Fi­
nite Elemente Methode) zur Ver­fügung, die nach ver­
gleichbaren Algorithmen ar­bei­ten. Deshalb ist für die
Ergebnis­qualität weniger das jeweilige Simulationspro­
gramm entscheidend, sondern die den Prozess be­
schreibenden Parameter, zum ­Beispiel für den Werk­
stoff (Fließkurve), den Wärme­ haushalt, die Reibung,
den Verschleiß. In der Kenntnis dieser Para­meter und
deren angemessener Gewichtung liegt das Know-how
bei der virtuellen Fertigungs­prozess­ent­wicklung.

3. Zustellung zum Ende der Umformung

Bild 12.5: Beispiel einer Stoffflusssimulation in einer Vor­-


form­­
operationsstufe bei verschiedenen Zustel-
lungen des Pressenstößels

138
12.3 3D-CAD-Modell

Die Kapitel 12.1 und 12.2 haben schon deutlich gemacht, dass die 3D-CAD-Modelle des zu entwickelnden
Bauteils und der dafür erforderlichen Werkzeuge eine zentrale Bedeutung haben. Diese Modelle bein­halten
im Wesentlichen das Funktions- und Prozess-Know-how, abgebildet in der Geometrie. Ein vollständiges
3D-CAD-Modell als Werkzeugsatz ist in Bild 12.6 am Beispiel eines Kreuzgelenks dargestellt.

CAD-Modell „Bauteil“ CAD-Modell 3-stufiges „Umformwerkzeug“

CAD-Modell „Schnittplatte“ CAD-Modell „Schnittstempel“

CAD-Modell „Abstreiferplatte“ CAD-Modell „Niederhalter“

Bild 12.6: Vollständiges 3D-CAD-Modell für ein Kreuzgelenk und zugehörige Aktivwerkzeuge

In diesem Fall wurde der Umformstadiengang in einem Mehrstufenwerkzeug abgebildet, bestehend aus einer
Stauch-, einer Vorform- und einer Fertigformoperation. Für die nachgelagerte Operation des Abgratens sind
weitere 4 Werkzeugelemente notwendig.

139
12.4 Werkzeugfertigung

So wichtig die CAD-Modelle für die virtuelle Prozessentwicklung auch sind, für seriennahe Erstmuster und die
Serienfertigung der entwickelten Bauteile werden Umformwerkzeuge in Stahl benötigt. Eine hierfür übliche
Fertigungstechnologie ist das Hochgeschwindigkeitsfräsen, auch HSC-Fräsen genannt, oder das Erodieren
mittels einer Grafitelektrode (siehe hierzu Kapitel 9.3).

12.5 Rapid Prototyping

Eine weitere sehr wichtige Stufe in der Entwicklungsprozesskette ist die Bemusterung der entwickelten Bau­
teile. Die Bemusterung erfolgt an physischen Bauteilen, den sogenannten „Seriennahen Mustern“ und ist
somit ein zeit- und kostenauf­wendiger Prozess. Von daher ist es verständlich, dass von jeher versucht wurde,
diese Prozessstufe zu optimieren. Der Begriff Rapid Prototyping entstand in den 1980er Jahren. Getrieben
durch die Automobilindustrie wurde intensiv das Ziel verfolgt, Prototypen innerhalb der Entwicklungsprozess­
kette möglichst schnell herzustellen, um darüber die Entwicklungszeit eines Automobils deutlich zu verkürzen.
Aufgrund des hohen Bedarfs entwickelten sich sehr schnell verschiedene Rapid Prototyping-Verfahren.

Unter dem Begriff Rapid Prototyping werden heute die Verfahren zur schnellen Herstellung von Musterbau­
teilen auf Grundlage von 3D-CAD-Konstruktionsdaten subsumiert, wobei diese Verfahren keine bauteil­
spezifischen Werkzeuge benötigen.

Alle Rapid Prototyping-Verfahren arbeiten nach dem selben (generativen) Prinzip: Die 3D-CAD-Modelle der
Bauteile werden rechnerintern in viele ebene Scheiben geschnitten, die dann einzeln aus einem meist form­
losen Stoff gefertigt und schichtweise zu einem physischen Bauteil verbunden werden. In Bild 12.7 ist der
Ablauf schematisch dargestellt.

Bild 12.7: Schematischer Ablauf der Prototypenherstellung nach dem Rapid Prototyping-Verfahren

Abhängig von dem verwendeten Stoff haben die Prototypen unterschiedliche (Festigkeits-) Eigenschaften.

140
In Bild 12.8 ist der Herstellprozess eines Einspritzteil-Musters nach dem Rapid-Prototyping-Verfahren beispiel­
haft dargestellt.

a) b) c)

d) e) f)

Bild 12.8: Herstellung eines Modells nach dem Rapid-Prototyping-Verfahren

Da Umformbetriebe meist über einen eigenen leistungs­ fähigen Werkzeugbau verfügen und s­omit die
3D-Frästechnologie sehr gut beherrschen, ­können diese Unternehmen alternativ zu den generativen Rapid
Prototyping-Verfahren Prototypen mit deutlich besseren und seriennäheren Eigenschaften mittels der HSC-
Frästechnologie schnell und direkt auch in Stahl oder Aluminium fräsen (Bild 12.9).

Bild 12.9: Fräsen eines Aluminium-Musterbauteils (halbfertig)

Es sei an dieser Stelle nochmals hervorgehoben, dass die Prototypen helfen, den Entwicklungs- und Bemus­
terungsprozess zu verkürzen, aber die letztendliche Bemusterung mit „seriennahen Mustern“ nicht ersetzen
können.

141
142
13 Kosten- und Mengenstrukturen
Schon immer, vor allem aber seit Beginn der Globalisierung ab den 1990er Jahren, unterliegt die Branche
Massiv­umformung und jedes der Branche zugehörige Unternehmen einem zunehmenden Wettbewerbs­
druck. Wesentliche Wettbewerbsparameter sind
• die Kosten,
• die Qualität,
• die Liefertreue und
• die Entwicklungskompetenz,
wobei die Kosten eine besonders hohe Priorität haben.

In diesem schwierigen Umfeld können sich die Unternehmen letztlich nur behaupten, wenn sie Ihre Leistungs­
fähigkeit und Organisation den Erfordernissen der Märkte ständig anpassen und ihre Kostenstruktur mit den
Marktpreisen korreliert. Die enorme Veränderung, die die Branche Massivumformung dabei vollzogen hat,
zeigt die Veränderung einiger wesentlicher Kosten- und Leistungsparameter über einen Zeitraum von 20 Jah­
ren (Bild 13.1). Die Werte in Bild 13.1. entsprechen einem Branchenmittelwert für Unternehmen mit über 400
Mitarbeiter.

Bild 13.1: Änderung wesentlicher Kosten- und Leistungsparameter der Branche Massivumformung

Nachfolgend werden einige wesentliche Einflussparameter auf die Kostenstruktur anhand des Schemas einer
typischen Stückkostenkalkulation (Bild 13.2) erläutert.

143
Gewicht
Gratanteil
1. Materialkosten
Verschnitt
2. Werkzeugkosten Materialpreis
3. Rüstkosten

Stückkosten
Kalkulation
Vorfertigung Personalkosten
Erwärmen Kapitalkosten
4. Fertigungskosten Maschinenstundensatz
Umformen Fertigungsgemeinkosten
5. Ausschuss/Nacharbeit Menge/Zeit
Endfertigung Auslastung
6. Logistikkosten

7. Verwaltung/Vertrieb

Bild 13.2: Schema einer Stückkostenkalkulation

13.1 Materialkosten

Die Materialkosten ergeben sich aus dem Materialpreis und der für die Herstellung des Bauteils erforderlichen
Materialmenge.

Bei Stahl setzt sich der Materialpreis zum Beispiel aus den Elementen Grundpreis, Schrott- und Legierungs­
zuschlag sowie dem Schrotterlös zusammen. Alle vier Preiselemente unterliegen den Marktmechanismen und
bestimmen sich ganz wesentlich aus Angebot und Nachfrage.

Die Materialmenge ergibt sich aus dem Materialgewicht des Umformrohteils, dem Materialüberschuss (Grat­
anteil), einem gewichteten Anteil an dem Verschnitt und dem Abbrand bei der Warmumformung. Der Ver-
schnitt ist der Anteil einer Materialstange, der für die Produktion nicht verwendet werden kann.

13.2 Werkzeugkosten

Die Werkzeugkosten (auch Werkzeugrate genannt) ergeben sich aus den Werkzeugerstellungskosten und der
Werkzeugstandmenge.

Bei der Neuerstellung setzen sich die Werkzeugerstellungskosten zusammen aus den Werk­zeug­material­
kosten, den Bearbeitungskosten, den Kosten der Wärme­behandlung und gegebenenfalls der Beschichtung.
Ganz grob gilt: Je komplizierter die Geometrie eines Um­formteils ist, desto mehr Umformstufen und somit
Werkzeuge werden benötigt und umso höher sind somit die Werk­zeug­erstellungs­kosten. Bei der Auf­arbeitung
verschlissener Werk­zeuge entfallen gegen­über der Neu­erstellung einige der oben genannten Kosten­­positionen.

Unter der Werkzeugstandmenge versteht man die Anzahl der in einem Werkzeug produzierbaren Umformteile.
Wenn die Werkzeugstandmenge erreicht ist, lässt der Verschleißzustand der Werkzeuge eine weitere Gutteilpro­
duktion nicht mehr zu, die Werkzeuge müssen ausgetauscht werden. Die Werkzeugstandmenge hängt von di­
versen Parametern ab (siehe Kapitel 9); wesentlich sind der Werkzeugdruck während der Umformung, die Um­
formtemperatur, die Größe der Fließwege des Werkstoffs, die Kühlung und Schmierung, die Oberflächenhärte der
Werkzeuge und die zulässige Verschleißrate, wobei die zulässige Verschleißrate ganz wesentlich von der Bauteil­
toleranz bestimmt wird.

144
13.3 Rüstkosten

Unter Rüsten versteht man alle notwendigen Tätigkeiten, um die Umformanlagen für die Produktion vor­
zubereiten und einzurichten, sie also mit den Werkzeugen zu bestücken. Für das Rüsten gibt es zwei mögliche
Gründe:

• Die Werkzeuge sind verschlissen und müssen gegen neue Werkzeuge ausgetauscht werden.
• Die Umformanlage muss für die Produktion eines anderen Artikels vorbereitet werden.

Während der Rüstzeit wird die Umformanlage nicht produktiv genutzt, es entstehen aber weiterhin Personal-
und Maschinenkosten, die sogenannten Rüst­kosten. Die Rüstkosten ergeben sich aus der benötigten Rüst­
zeit (Minuten oder Stunden) und dem Maschinen­stundensatz (€/Stunde) der Umformanlage. Bei gegebenem
Maschinen­stundensatz sind die Rüstkosten also ganz wesentlich von der benötigten Rüstzeit abhängig.

Um zu den Rüst­stück­kosten zu gelangen, werden die Rüstkosten auf die Stückzahl der zwischen zwei Rüst­
vorgängen produzierten Bau­teile verteilt. Bei kleiner werdender Fertigungsstückzahl steigen die spezifischen
Rüstkosten über­proportional an.

13.4 Fertigungskosten

Die Fertigungskosten bewerten den direkten, nicht materialbezogenen Ressourceneinsatz des Produktions­
prozesses. Hierzu gehören die Maschinen- und Personalkosten sowie die indirekt mit der Produktion anfal­
lenden Fertigungsgemeinkosten wie zum Beispiel Raumkosten, auftrags­bezogene Herstellungskosten von
Lehren und Prüfmitteln oder Kosten der Qualitätsüberwachung.

Für die Herstellung eines Umformrohteils besteht der Arbeitsplan zum Beispiel aus den Arbeits­gängen Vor­
fertigung, Erwärmen, Umformen und Endfertigung (siehe Bild 13.2). Hinter den einzelnen Arbeits­gängen kön­
nen sich mehrere Einzelarbeitsschritte verbergen. Der Arbeits­gang Umformen besteht bei einem mehr­stufigen
Warm­umform­prozess beispiels­weise aus den Positionen Erwärmen, Reckwalzen, Biegen, Vor- und Fertig­
formen und Ab­graten. Für jede Position werden häufig eigene Betriebsmittel (Umformmaschinen) benötigt, die
zu einer Umform­linie zusammen­gefasst werden können.

Jedes Betriebsmittel verursacht Kosten, die durch den Maschinenstundensatz (€/Stunde) bewertet werden.
Die spezifischen Herstellkosten (€/Stück) für jeden Arbeitsgang ermitteln sich dann aus dem Maschinen­
stundensatz dividiert durch die Produktivität (Stück/Stunde). Die gesamten Fertigungskosten ergeben sich
dann aus der ­Summe der spezifischen Herstellkosten aller Arbeitsgänge. Hieraus wird ersichtlich, dass die
Fertigungskosten bei gegebenem Maschinenstundensatz ganz wesentlich von der Anzahl der benötigten
Arbeitsgänge und der Produktivität beeinflusst werden.

Zur Vervollständigung soll an dieser Stelle auch erläutert werden, wie der Maschinenstundensatz strukturell
ermittelt wird. Der Maschinenstundensatz eines Betriebsmittels ergibt sich aus den Positionen

• Personalkosten,
• Kapitalkosten,
• Fertigungsgemeinkosten,
• betriebliche Umlagekosten sowie der
• Auslastung des Betriebsmittels.

145
Die Personalkosten ergeben sich aus den Lohn- und Lohnnebenkosten des an dem Betriebsmittel und im
unmittelbaren Umfeld eingesetzten Personals.

Unter Kapitalkosten werden die jährlichen Kosten für das eingesetzte Kapital verstanden; sie er­ge­ben sich
aus der kalkulatorischen Abschreibung und den kalkulatorischen Zinsen auf das ein­gesetzte Kapital. Beide
werden wesentlich durch den Wiederbeschaffungswert und die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Betriebs­
mittels beeinflusst.

Als Fertigungsgemeinkosten werden die Kosten bezeichnet, die nur indirekt etwas mit der Produktion eines
bestimmten Bau­teils zu tun haben. Hierzu gehören beispiels­weise Hilfs- und Betriebs­stoffe, Vorrichtungs­
kosten, Raum­kosten, Instand­haltungs­kosten.

Bei der Ermittlung des Maschinenstundensatzes muss bei einigen Kostenpositionen (nämlich den fixen Kos­
ten, wie zum Beispiel den Kapitalkosten) die Auslastung des Betriebsmittels berücksichtigt werden, wobei
man unter der Auslastung die Anzahl der Stunden pro Jahr versteht, in denen das Betriebsmittel Umformteile
produziert. Ganz wesentliche Einflussparameter bei der Ermittlung der Auslastung sind die Anzahl der tägli­
chen Produktionsschichten (1-Schicht-, 2-Schicht- oder 3-Schicht-Betrieb) und die technische Verfügbarkeit
des Betriebsmittels.

13.5 Ausschuss und Nacharbeit

Bei der Massenproduktion ist nicht auszuschließen, dass auch nicht spezifikationsgerechte Bauteile produ­
ziert werden, die durch Qualitätssicherungsmaßnahmen identifiziert werden müssen. Der größte Anteil davon
ist durch Nacharbeit weiterverwendbar. Der restliche Anteil muss als Ausschuss ausgesondert werden. Aus­
schuss und Nacharbeit verursachen Kosten, die in der Stückkostenkalkulation berücksichtigt werden müssen.

13.6 Logistikkosten

Unter Logistikkosten werden alle Kosten verstanden, die zwischen dem Zeitpunkt der Produktfertigstellung
und der Anlieferung beim Kunden entstehen. Hierzu gehören beispielsweise Verpackungskosten, Transport­
kosten, Lagerkosten.

13.7 Verwaltung und Vertrieb


In jedem Unternehmen gibt es Bereiche, die zwar benötigt werden, die aber zur direkten Wertschöpfung eines
Produkts nicht beitragen, vor allem aber einem spezifischen Produkt auch nicht direkt zugeordnet werden
können (zum Beispiel Kosten für Vertrieb, Finanzbuchhaltung, Qualitätsmanagement). Diese Kosten werden
als Gemeinkosten anteilig dem Produkt zugerechnet.

13.8 Kostenstruktur

Nachdem dar­gestellt wurde, welche Para­meter auf die Stück­kosten und damit auf die Kosten­struk­tur ein­wir­
ken, stellt sich nun noch die Frage, welchen Anteil sie an den Gesamtkosten haben. Hierzu ist in ­Tabelle 13.1
die Kostenstruktur am Beispiel der Warmmassivumformung dargestellt.

146
Kostenparameter Anteil

Materialkosten 30-50 %

Werkzeugkosten circa 10 %

Rüstkosten circa 5 %

Fertigungskosten 30-50 %

Ausschuss und Nacharbeit 0-5 %

Verwaltungs- und Vertriebskosten 5-10 %

Tabelle 13.1: Kostenstruktur Warmmassivumformung

Obwohl die Tabelle 13.1 einen ganz guten Überblick über die Kostenstruktur in der Warmmassiv­umformung
gibt, so zeigt doch die Spanne der einzelnen Kostenblöcke, dass relativ große Kostenunterschiede vor­handen
sind. Die Unterschiede sind wesentlich begründet durch die unterschiedlichen Bauteilkomplexitäten, die Fer­
ti­gungs­verfahren, den Automatisierungsgrad und die Mengenstrukturen.

Um langfristig unter nationalen und internationalen Wettbewerbsbedingungen bestehen zu können, muss ein
Unternehmen durch kontinuierliche technische, organisatorische und investitionstechnische Maßnahmen die
Leistungsparameter derart verbessern, dass sie schlussendlich Kostenreduzierungen nach sich ziehen.

147
148
14 Berufsbilder
Zur Branche Massivumformung gehören in Deutschland mehr als 200 meist mittelständische Unternehmen,
die zusammen etwa 30.000 Mitarbeiter in unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern beschäftigen.

Die Massivumformung ist eine Zukunftstechnologie mit hocheffizienten Herstellverfahren. Internationaler Wett­
bewerb und knapper werdende Rohstoffressourcen erfordern, dass auch zukünftig die Prozesse und Verfah­
ren noch effizienter und ressourcenschonender gestaltet werden. Hierzu bedarf es intelligenter Konzepte, die
von hochmotivierten und gut ausgebildeten Menschen entwickelt und umgesetzt werden. Die Vielfältigkeit
der Aufgabenstellungen erfordert ein großes Spektrum an unterschiedlichen Fachdisziplinen in den einzelnen
Unternehmen der Branche Massivumformung, in denen bereits ausgebildete Menschen ein interessantes
Aufgabengebiet finden oder aber junge Frauen und Männer einen ihren Neigungen entsprechenden Beruf
erlernen und danach ausüben können.

Für die unterschiedlichen Bildungswege gelten verschiedene Voraussetzungen. Grundsätzlich wird bei den
anerkannten, nach dem Berufsbildungsgesetz geregelten Ausbildungsberufen keine bestimmte schulische
oder berufliche Vorbildung rechtlich vorgeschrieben. Die Einstellungsbedingungen können jedoch von Unter­
nehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein. Im Einzelnen:

Bei den Ausbildungsberufen wird von den Arbeitgebern in der Regel zumindest ein sehr guter Hauptschul­
abschluss erwartet.

Für die Weiterbildungsberufe wird im Allgemeinen ein Abschluss in einem der Fachrichtung entsprechenden
Ausbildungsberuf sowie eine mehrjährige Berufspraxis vorausgesetzt.

Für ein Studium ist entweder die Fachhochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife erforderlich. Dabei
kann es notwendig sein, zusätzlich ein hochschulspezifisches Auswahlverfahren zu bestehen oder spezifische
Praktika zu absolvieren.

Bild 14.1 gibt einen Überblick über typische Berufe in der Branche Massivumformung

Wie in jedem Industriebetrieb fällt auch in den Betrieben der Massivumformung in den unterschiedlichen Un­
ternehmensbereichen eine Vielzahl von Aufgaben an, zum Beispiel in den Bereichen
• Vertrieb und Marketing,
• Produktentwicklung und -herstellung,
• Verwaltung.

Im Bereich Einkauf, Vertrieb und Marketing wird eng mit den Kunden und Lieferanten zusammengearbeitet.
Neben der fachlichen Qualifikation sind eine gute Kommunikationsfähigkeit und gutes Verhandlungsgeschick
vorteilhaft. Bei internationalen Kundenkontakten sind gute Fremdsprachenkenntnisse erforderlich.

Die wesentlichen Aufgaben und die Zuordnung typischer Berufsgruppen sind in Bild 14.2 dargestellt.

149
Typische Berufe innerhalb der Branche
Massivumformung

Ausbildungsberufe Weiterbildungsberufe Berufe mit Studium

• Elektroniker/-in • Techniker/-in (unterschiedli­ • Ingenieur/-in (unterschied­


• Fachinformatiker/-in che Fachrichtungen) liche Fachrichtungen, zum
• Fertigungsmechaniker/-in • Meister/-in (unterschiedliche Beispiel Umformtechnik,
• Maschinen- und Anlagen­- Fachrichtungen) Produktions­technik etc.)
führer/-in • Industriefachwirt/-in • Informatiker/-in
• Industriemechaniker/-in • Betriebswirt/-in
• Mechatroniker/-in und weitere
• Technische/r Assistent/-in und weitere
für Me­tallo­­graphie und
Werk­stoff­kunde
• Werkstoffprüfer/-in
• Verfahrensmechaniker/-in
für Stahlumformung
• Werkzeugmechaniker/-in
• Zerspanungsmechaniker/-in
• Technische/r
Produktdesigner/-in
• Industriekaufmann/-frau
und weitere

Bild 14.1: Typische Berufe innerhalb der Branche Massivumformung

Aufgabengebiete typische Ausbildungsberufe

Einkauf/Materialwirtschaft
• Bedarfsermittlung
• Angebote einholen
• Verhandlungen führen
• Bestellungen auslösen und überwachen

Vertrieb
• Industriekaufmann/-frau
• Kundenkontakte knüpfen
• Bürokaufmann/-frau
• Angebotsbearbeitung
• Kaufmann/-frau des Groß- und Außenhandels
• Auftragsabwicklung
• Kundenbetreuung

Marketing
• Außendarstellung
• Marktforschung
• Planen, Steuern und Kontrolle der Nachfrage

Bild 14.2: Typische Einkaufs- ,Vertriebs- und Marketingaufgaben ausgewählter Ausbildungsberufe

150
Im Bereich der Produktentwicklung und -herstellung ist vor allem das Interesse an Technik gefragt. Interesse
und Kenntnisse in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sind hier hilf­
reich.

In Bild 14.3 ist eine Auswahl von Aufgabengebieten bei Produktentwicklung und -herstellung in Umformbe­
trieben dargestellt.

Aufgabengebiete typische Ausbildungsberufe

Konstruktion
• CAD Daten und Zeichnungen erstellen • Technische/r Produktdesigner/-in
• Erstellen und pflegen technischer Dokumente

Arbeitsvorbereitung
• Erstellen von Arbeits- und Prüfplänen • Industriekaufmann/-frau
• Kapazitätsplanung

Werkzeugbau
• Herstellung von Werkzeugen, Lehren,
• Werkzeugmechaniker/-in
Vorrichtungen
• Zerspanungsmechaniker/-in
• Nacharbeit und Reparatur von Werkzeugen
• Kontrolle der Maßhaltigkeit

Produktion
• Zerspanungsmechaniker/-in
• Maschinen und Anlage rüsten, bedienen
• Verfahrensmechaniker/-in für Stahlumformung
und überwachen
• Maschinen- und Anlagenführer/-in
• Überwachung der Fertigungsqualität

Qualitätssicherung
• Technischer/r Assistent/-in für Metallographie
• Kontrolle der Fertigungsqualität
und Werkstoffkunde
• Eingangsprüfungen wie zum Beispiel
• Werkstoffprüfer/-in
Werkstoffprüfungen

Instandhaltung und Reparatur


• Wartung, Pflege und Reparatur von Maschi­ • Elektroniker/-in
nen und Anlagen • Industriemechaniker/-in
• Betreuung der Betriebstechnik • Mechatroniker/-in
(zum Beispiel Energieversorgung)

Logistik
• Verpackung und Versandabwicklung von
Produkten • Fachkraft für Lagerlogistik
• Innerbetrieblicher Transport
• Lagerung von Gütern

Bild 14.3: Typische Aufgaben ausgewählter Ausbildungsberufe bei der Produktentwicklung und -herstellung

151
Im Bereich der Verwaltung sind Kenntnisse in Betriebswirtschaft, Personal- und Rechnungswesen erfor­derlich.

In Bild 14.4 ist eine Auswahl von Aufgabengebieten in der Verwaltung von Umformbetrieben dargestellt.

Aufgabengebiete typische Ausbildungsberufe

Buchhaltung/Controlling
• Erfassung und Buchung aller Kosten
• Industriekaufmann/-frau
• Erstellung Jahresabschluss
• Bilanzbuchhalter/-in
• Mahn- und Rechnungswesen
• Regelmäßige wirtschaftliche Berichterstattung

EDV
• Betriebliche Hard- und Softwaresysteme ein­
richten und warten • Fachinformatiker/-in
• Unterweisung von Anwendern
• Planen von Nachrüstungen und Neuinstallationen

Personalwesen
• Planung Personalkapazität
• Industriekaufmann/-frau
• Einstellungen/Kündigungen
• Personalkaufmann/-frau
• Interne Weiterbildung
• Entgeltmanagement

Bild 14.4: Typische Verwaltungsaufgaben ausgewählter Ausbildungsberufe

Die Beschäftigungsfelder der Weiterbildungsberufe und der Berufe mit Studium sind prinzipiell die gleichen
wie bei den Ausbildungsberufen, nur werden bei diesen Berufsgruppen in erster Linie Führungsaufgaben und/
oder Entwicklungstätigkeiten wahrgenommen. So sind zum Beispiel typische Aufgaben eines Meisters, Tech­
nikers oder Industriefachwirts in Bild 14.5 dargestellt

Aufgabengebiete typische Weiterbildungsberufe

• Planen, Koordinieren und Überwachen von


Fertigungsabläufen
• Einteilung von Mitarbeitern
• Materialbedarf disponieren • Meister/-in
• Arbeitsleistung, Fertigungsqualität und • Techniker/-in
Kostenentwicklung kontrollieren • Industriefachwirt/-in
• Einarbeitung und Qualifizierung von Mitarbeitern
• Einhaltung von betrieblichen, behördlichen
und gesetzlichen Auflagen überwachen

Bild 14.5: Typische Aufgaben eines Meisters, Technikers oder Industriefachwirts

152
Typische Aufgaben eines Ingenieurs können sein:

Aufgabengebiete typische Berufe mit Studium

• Technische Kundenbetreuung
• Optimierung von Produktionsprozessen
• Investitionsvorbereitung von Maschinen und
Anlagen • Ingenieur/-in
• Planung und Einführung neuer Prozesse
(zum Beispiel Fertigungsprozesse, Prüfpro­
zesse und so weiter)

Bild 14.6: Typische Aufgaben eines Ingenieurs

Grundsätzlich stellt sich für bereits ausgebildete Menschen oder für Auszubildende die Frage, ob die Tätig­
keit in einem mittelständischen Unternehmen oder in einem Großunternehmen ausgeübt werden soll oder
ob die eine oder andere Branche besondere Vorteile bietet. Der besondere Reiz, in einem Unternehmen der
Massivumformung zu arbeiten, kann durch die typischen Vorteile mittelständischer Unternehmen begründet
werden:

• flache Hierarchien,
• kurze Entscheidungswege,
• Kreativität ist erwünscht, der Freiraum dafür wird gegeben,
• im Mittelstand werden individuelle Fähigkeiten gebraucht und gestärkt, der Einzelne zählt,
• breites Tätigkeitsfeld, wo Generalisten und Spezialisten gleichermaßen benötigt werden,
• gute Karrierechancen für Frauen und Männer,
• schnellerer Aufstieg und frühere Übernahme von Verantwortung als in großen Firmen beziehungsweise
Konzernen,
• angenehme Arbeitsatmosphäre, insbesondere bei Familienunternehmen,
• der Mittelstand ist innovationsfreudig, das Initiieren anwendungsorientierter Entwicklungsprojekte ist die
Regel,
• internationale Ausrichtung.

Für diejenigen, die mehr über die vielfältigen und faszinierenden Berufe und Tätigkeitsfelder in der Branche
Massivumformung erfahren möchten, gibt es einen informativen Branchenfilm. Beispiele aus unterschied­
lichsten Anwendungsbereichen verdeutlichen, wie heute Hightech-Umformprodukte entstehen und welche
Rolle dabei die verschiedensten Berufsgruppen spielen (www.youtube.de/Massivumformung).

Und wer sich über mögliche Ausbildungsberufe ganz allgemein und neutral informieren möchte, der findet
nachfolgend nützliche Tipps und Links:

Welche Berufe gibt es und wo kann man Informationen dazu finden?

Berufenet – das Netzwerk für Berufe – ist ein Online-Angebot der Bundesagentur für Arbeit, das umfas­
send, komfortabel und kostenlos Informationen und Suchmöglichkeiten aller Berufsbilder bereitstellt:
www.berufenet.arbeitsagentur.de/berufe.

153
Welcher Schulabschluss wird für eine Ausbildung benötigt? Wie lange dauert eine Ausbildung?

Grundsätzlich wird bei den anerkannten, nach dem Berufsbildungsgesetz geregelten Ausbildungsberufen
keine bestimmte schulische oder berufliche Vorbildung rechtlich vorgeschrieben. Die Einstellungsbedingun­
gen können aber von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein. Für rein schulische Ausbildungsgänge ist meist
ein bestimmter Schulabschluss Voraussetzung. Genauere Informationen findet man bei der Bundesagentur
für Arbeit: www.arbeitsagentur.de.

Weitere Internetseiten mit nützlichen Informationen und Hilfestellungen:

• rund um das Thema „Ausbildung und Berufswahl“: www.bibb.de/de/ausbildungsinfos-online.htm,


• speziell für junge Frauen: www.bibb.de/de/14587.htm,
• bundesweite Lehrstellenbörse der IHK zu allen Ausbildungsberufen: www.ihk-lehrstellenboerse.de.

154
15 Literaturverzeichnis

/Adlo00/ Adlof, W., Schulz, V. S.: Freiformschmieden und Ringwalzen verbessern Bauteileigenschaften,
Sonderdruck aus MM Maschinenmarkt 7/2000

/Barg08/ Bargel, H.-J., Schulze, G.: Werkstoffkunde, Springer Verlag, 2008

/Hivo10/ Hirschvogel Automotive Group: Massivumgeformte Komponenten, Hirschvogel Holding GmbH,


2010

/Herb10/
Herbertz, R., Labs, R., Langejürgen, M.: Energiepotenziale in der Massivumformung;
SchmiedeJOURNAL 3/2010

/Herb11/
Herbertz, R., Licht, W., Fuss, F.: Materialeffizienz in der Massivumformung;
SchmiedeJOURNAL 9/2011

/Liew12/ Liewald, M., Kannewurf, M.: Kaltmassivumformung: Präzision in Serie, Info-Reihe Massiv-
umformung, Extraausgabe 2012

/IHT/ Industrieverband Härtetechnik (IHT): Technische Informationen

/Keul11/ Keul, C., Mosecker, L., Bleck, W., Rekersdrees, T., Stüber, A., Schliephake, H., Beyer, C., Raedt,
H.-W.: New developments in the material and process design of forged components in the
automobile industry; 3rd International SCT Conference Steels for Cars and Trucks, June 5-9, 2011,
Salzburg, Austria

/Klug05/ Kluge, A., Faber, H.: Info-Reihe Massivumformung, Ausgabe 41, „Ringwalzen“, 2005

/Lied05/ Liedtke, D.: Merkblatt 450 „Wärmebehandlung von Stahl – Härten, Anlassen, Vergüten, Bainitisieren“
Stahl-Informationszentrum, 2005

/Oste98/ Ostermann, F.: Anwendungstechnologie Aluminium, Springer Verlag, 1998

/Raed12/ Raedt, H.-W., Speckenheuer, U., Vollrath, K.: Neue Stähle für die Massivumformung; Info-Reihe
Massivumformung, Extraausgabe 2012

/Töns10/ Tönshoff, H. K.: Massivumformteile wirtschaftlich spanen; Info-Reihe Massivumformung, Extraaus-


gabe 2010

155
16 Weitere Literatur

Hoffmann, H., Neugebauer, R. und Spur, G.: Handbuch Umformen, Hanser Verlag, 2012

Doege, E.; Behrens, B.-A.: Handbuch Umformtechnik, Springer Verlag, 2010

Tschätsch, H. und Dietrich, J.: Praxis der Umformtechnik, Vieweg+Teubner Verlag, 2008

Klocke, F., König, W.: Fertigungsverfahren Umformen, Springer Verlag, 2006

Lange, K.: Umformtechnik, Band 2: Massivumformung, Springer Verlag, 1988

Info-Reihe Massivumformung, Extraausgaben, Industrieverband Massivumformung e. V.:


• Simulation in der Massivumformung, 2013
• Simulation of forging processes, 2013
• Neue Stähle für die Massivumformung, 2012
• Kaltmassivumformung: Präzision in Serie, 2012
• Massivumformteile wirtschaftlich spanen, 2010
• Leichtbau durch Massivumformung, 2004

156
17 Bildernachweis
Bilder, die nachfolgend nicht aufgeführt sind, stammen vom Industrieverband Massivumformung e. V., Hagen.

2.4; 4.2 Nach /Keul11/

2.8 MAHLE International GmbH

2.9; 2.11 Daimler AG

2.12 ZF Friedrichshafen AG

2.13 Caterpillar Inc.

2.14 Rolls-Royce Deutschland Ltd. & Co. KG

2.17 Stahl-Armaturen PERSTA GmbH

2.18 Siemens-Pressebild

3.7 Nach Lindner, H., Dissertation, 1965

5.1 Nach DIN 8582

6.16 Nach /Lied05/

1.5; 6.29; 7.2 bis 7.13; CDP Bharat Forge GmbH


10.2; 11.7; 11.8; 12.1;
12.5

2.5; 7.14 bis 7.21; 9.5; Hirschvogel Automotive Group


12.2; 12.3; 12.4; 12.8;
12.9

7.22 bis 7.34; 9.4; 10.5 SEISSENSCHMIDT AG

7.35 bis 7.43; 10.4 Karl Diederichs KG

8.4; 8.10; 8.13; 8.16; LASCO Umformtechnik GmbH


8.20

8.5; 8.7; 8.14; 8.17; Schuler AG


8.18; 10.20

8.6; 8.8; 8.9; 8.11; 8.12; SMS Meer GmbH


8.19

8.15 Hatebur Umformmaschinen AG

9.15; 10.6 ThyssenKrupp Gerlach GmbH

10.3 Oben und Mitte: Hirschvogel Automotive Group, unten: Karl Diederichs KG

10.13; 10.14 Nach DIN EN ISO 286-1

10.15 bis 10.19 Nach DIN EN 10243-1

11.1 Nach DIN EN ISO 9000

12.6 Proheris Daten- und Prozesstechnik GmbH

14 Aufmacherbild Agentur simplon.

157
A. + E. Keller GmbH & Co. KG

Niedereimerfeld 10 · 59823 Arnsberg


Telefon: +49 2931 899120 · E-Mail: [email protected] · www.aekeller.com
Mit Leidenschaft für das Automobil – Gegründet 1919 ist A. + E. KELLER Kaltumformtechnik der kom­petente und
zuverlässige Partner in der Kaltumformung. Bei der Entwicklung individueller Problemlösungen in der Kaltumformung
nehmen wir eine führende Stellung innerhalb der internationalen Automobilindustrie ein. Unser motiviertes Team stellt auf
modernsten Anlagen ein breites Spektrum an anspruchsvollen Kaltfließpressteilen aus Stahl und Aluminium her. Bei der
Auftragserteilung konstruieren und erproben wir Umformwerkzeuge, die im eigenen Werkzeugbau wirtschaftlich gefertigt
werden. Ein weiteres Plus ist unsere große Kompetenz im Bereich der Weiterbearbeitung – bei uns ergänzen sich die
Möglichkeiten der spanlosen und spanenden Fertigung in idealer Weise.

Amtek Tekfor Holding GmbH

Amtek Tekfor Holding GmbH · Hauptstrasse 33 · 77652 Offenburg, Germany


Phone: +49 7831 808 0 · Fax: +49 7831 808 115
E-mail: [email protected] · www.amtektekfor.com
The Amtek Group, headquartered in India, is one of the largest integrated component manufacturers in India with
a strong global presence. It has also become one of the world’s largest global forging and integrated machining
companies. The Group has operations across Forging, Iron and Aluminium Casting, Machining and Sub-Assemblies.
It has world-class facilities across India, UK, Germany, Brazil, Italy, Mexico, Hungary and US.

Buderus Edelstahl Schmiedetechnik GmbH

Buderusstraße 25 · 35576 Wetzlar


Telefon: +49 6441 3744513 · E-Mail: [email protected] · www.buderus-forging.com
Die Buderus Edelstahl Schmiedetechnik GmbH mit Sitz in Wetzlar zählt zu den namhaften deutschen Gesenkschmieden
für hochwertige Gesenkschmiedeteile. Der Fertigungs-Gewichtsbereich liegt von 2,0 bis 220,0 kg – inklusiv mechanischer
Bearbeitung. Die Gesenkschmiede entwickelt und produziert in erster Linie Antriebs- und Achskomponenten für die Nutz­
fahrzeugindustrie, aber auch hochwertige Bauteile für Bau und Landmaschinen, den Offshorebereich, die Bergbautechnik,
Bahntechnik sowie für den Armaturen und den allgemeinen Maschinenbau. Gesenkschmiedestücke von Buderus Edelstahl
Schmiedetechnik GmbH sind entscheidend für die Sicherheit des Kundenprodukts, zum Beispiel im Verbau einer LKW
Achse. Buderus Edelstahl Schmiedetechnik GmbH ist ein Mitglied der Böhler-Uddeholm Gruppe.

CDP Bharat Forge GmbH

Mittelstraße 64 · 58256 Ennepetal


Telefon: +49 2333 7960 · E-Mail: [email protected] · www.cdp-bharatforge.de
CDP BHARAT FORGE gehört innerhalb der global vernetzten Kalyani Gruppe zu Bharat Forge Ltd., dem weltweit
größten Anbieter von geschmiedeten und einbaufertig bearbeiteten Komponenten für die unterschiedlichsten
Anwendungen. Wir produzieren unter anderem Achsschenkel für LKWs, Kolben für hochbeanspruchte Dieselmotoren
und Kurbel­wellen für PKWs. Weiterhin fertigen wir Verschleißteile für Baumaschinen sowie Komponenten für Eisen­bahn-
Weichensysteme. Wir sind ein Full-Service-Supplier, der seine Kunden unter Einsatz modernster Entwicklungssoftware
bereits bei der Bauteilentwicklung und bei der Werkstoffauswahl unterstützt. Dabei bieten wir auch Bauteiltests auf
eigenen Prüfständen an.

Karl Diederichs KG – Dirostahl

Luckhauser Straße 1-5 · 42899 Remscheid


Telefon: +49 2191 5930 · E-Mail: [email protected] · www.dirostahl.de
Dirostahl steht für eine Jahrhunderte lange Schmiedetradition und ist mit 490 Mitarbeitern eine der größten und
modernsten privaten Freiformschmieden in Europa. Gefertigt werden Freiformschmiedestücke von 10 kg bis ca.
35.000 kg, nahtlos gewalzte Ringe bis ca. 3.500 mm Außen-Ø, geschmiedeter Stabstahl bis 1.000 mm rund
bzw. vierkant und bis 15 m Länge aus unlegierten und legierten Stählen. Optimale Fertigungsmöglichkeiten und
hohe Liefersicherheit sind durch ein gut sortiertes Vormateriallager (rund 30.000 t in ca. 60 Güten) sowie eine Vielzahl
leistungsfähiger Fertigungseinrichtungen für Warmumformung, Wärmebehandlung, mechanische Bearbeitung und
Werkstoffprüfungen gegeben. Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9001, 14001 und 50001 und Zulassungen diverser
Abnahmegesellschaften liegen vor.

Dold Kaltfliesspressteile GmbH

Langenbacher-Straße 17-19 · 78147 Vöhrenbach


Telefon: +49 07727 509100 · E-Mail: [email protected] · www.doldgmbh.de
Dold Kaltfliesspressteile GmbH liefert Rohteile und einbaufertige Endprodukte aus Stahl und Aluminium. Als
Entwicklungspartner führender Automobilhersteller und deren Systemlieferanten begleiten wir die Projekte unserer
Kunden von der Definitionsphase mit Prototypenfertigung bis zur Serienreife und der anschließenden Großserien­
fertigung. Unsere Kernkompetenzen sind das Kaltfließpressen und das Halbwarmumformen von Stahl und Aluminium
sowie die einbaufertige Zerspanung.

158
FUCHS LUBRITECH GmbH – LUBRODAL Division

Werner-Heisenberg-Straße 1 · 67661 Kaiserslautern


Telefon: +49 6301 3206760 · E-Mail: [email protected] · www.fuchs-lubritech.com
FUCHS LUBRITECH konzentriert sich seit mehr als 60 Jahren auf die Entwicklung und Herstellung von Hochleistungs­
schmierstoffen für anspruchsvollste Anwendungen. Durch prozessübergreifende, technische Beratungskompetenz
tragen wir zur Effizienz und Wirtschaftlichkeit unserer Kunden bei. Unsere Marken wie unter Anderem LUBRODAL,
CEPLATTYN oder LAGERMEISTER sind in vielen Branchen feststehende Begriffe. Das Kerngeschäft der LUBRODAL
Division von FUCHS LUBRITECH ist die Herstellung von Umformschmierstoffen. Diese werden bei der Warmumformung
von Metallen (Schmiedeoperationen) eingesetzt und weltweit vertrieben. Die Hauptmärkte sind West- und Osteuropa,
Süd- und Nordamerika und Asien, darunter China und Indien.

GEDORE Tool Center GmbH & Co. KG

Remscheider Straße 149 · 42899 Remscheid


Telefon: +49 2191 596 900 · E-Mail: [email protected] · www.gedore.com
Die GEDORE Gruppe verfügt am Standort Remscheid über ein Schmiedezentrum (vormals die Firma KRUMM),
welches 1864 gegründet wurde und damit seit mehr als 145 Jahren in Deutschland geschmiedete Qualitäts-Werkzeuge
produziert. Hohe Fertigungsqualitäten werden gewährleistet durch die Verwendung hochwertiger Rohstoffe, eine stren­
ge Qualitätssicherung und letztendlich durch langjährige Erfahrungen und Fachwissen unserer Mitarbeiter. Von der
technischen Beratung und Konstruktion bis hin zur Umsetzung werden Kundenwünsche konsequent aus einer Hand
verfolgt. Dabei erfolgt die Gesenk-Herstellung auf eigenen, modernen CNC-Maschinen. GEDORE fertigt Qualitäts­
schmiedestücke für jeden Verwendungszweck und alle Industriezweige in Kleinst- und Großserien.

GKN Driveline Trier GmbH

Hafenstraße 41 · 54293 Trier


Telefon: +49 651 96610 · E-Mail: [email protected] · www.gkndriveline.com
Im Jahr 1964 gegründet, haben wir uns durch Innovationskraft und Leistungsfähigkeit einen Namen gemacht. Heute
gehören wir mit circa 450 Mitarbeitern zur GKN Driveline und beliefern direkt oder über Schwester­firmen weltweit alle
namhaften Automobilhersteller. Im Mittelpunkt unseres Produktspektrums stehen präzisionsumgeformte Teile für den
Antriebsstrang. Unser Programm reicht von kalt fließgepressten Teilen mit einem Gewicht von weniger als 0,1 kg bis zu
30 kg warm geschmiedeten Achswellen.

Hammerwerk Fridingen GmbH

Dr.-Werner-Esser-Straße 1 · 78567 Fridingen


Telefon: +49 7463 810 · E-Mail: [email protected] · www.hammerwerk.de
Egal ob zu Wasser, zu Lande oder in der Luft – wo unsere Produkte eingesetzt werden, kommt es seit über 60 Jahren
auf Präzision, Top-Qualität und Zuverlässigkeit an. Für unsere Kunden fertigen wir Produkte, die ihre Funktion oft unter
härtesten Bedingungen im Verborgenen erfüllen. Unsere Fertigung stellt ein breites Spektrum von Gesenkschmiede­
stücken und Warmfließpressteilen mit einem Gewicht von 0,5 bis 80 kg dar. Dabei verarbeiten wir Langteile bis zu
800 mm und drehsymmetrische Teile mit einem Durchmesser von 50 bis 425 mm. Mit unserer zerspanenden
Bearbeitung können wir alle metallischen Werkstoffe mit den üblichen CNC-Verfahren einbaufertig bearbeiten.

Hirschvogel Holding GmbH

Dr.-Manfred-Hirschvogel-Straße 6 · 86920 Denklingen


Telefon: +49 8243 2910 · E-Mail: [email protected] · www.hirschvogel.com
Mit einem Umsatz von 869 Millionen Euro im Jahr 2014 zählt die Hirschvogel Automotive Group zu den erfolgreichsten
Herstellern von massiv umgeformten Bauteilen aus Stahl und Aluminium. Mehr als 4.000 Mitarbeiter stellen weltweit
Umformteile und Komponenten für die Automobilindustrie und ihre System­lieferanten her. Mit den Verfahren Gesenk­
schmieden, Halbwarmumformung, Kaltfließpressen und Rundhämmern von Stahl und Aluminium sowie Weich- und
Hartbearbeitung kann ein breites Spektrum von umgeformten oder auch einbaufertigen Komponenten bis circa 25 kg
für die Geschäftsfelder Diesel-/Benzineinspritzung, Getriebe, Antriebsstrang, Fahrwerk und Motor abgedeckt werden.

Johann Hay GmbH & Co. KG

Automobiltechnik · Haystraße 7-13 · 55566 Bad Sobernheim


Telefon: +49 6751 830 · E-mail: [email protected] · www.hay.de
HAY- ERSTKLASSIG IN FORM GEBRACHT Als namhafter Zulieferer massiv umgeformter Komponenten für Getriebe,
Motoren und Achsen, die wir in Deutschland an drei Standorten produzieren, sorgen wir dafür, dass Millionen von Fahr­
zeugen tagtäglich sicher und zuverlässig bewegt werden. Wir liefern seit mehr als 80 Jahren Produkte höchster Qualität
und Dauerhaltbarkeit weltweit an unsere Kunden der PKW-, Nutzfahrzeug-, Agrar- und Lagerindustrie. Je nach Kunden­
wunsch reicht die Fertigungstiefe dabei vom geschmiedeten oder gewalzten Rohteil, über angearbeitete Bauteile, bis
hin zu einbaufertigen Komponenten. HAY ist der größte europäische Hersteller von warm gewalzten nahtlosen Ringen,
querkeilgewalzten Wellen, Achsantriebs- und Tellerrädern für Differentialgetriebe, sowie europaweit führender Produzent
von Zahnkränzen.

159
LASCO Umformtechnik GmbH

Hahnweg 139 · 96450 Coburg


Telefon: +49 9561 6420 · E-Mail: [email protected] · www.lasco.com
Als Partner der Schmiedeindustrie entwickelt und baut LASCO Maschinen und Anlagen, mit denen sich Umform­
aufgaben so präzise und wirtschaftlich wie nur möglich lösen lassen. Leistung, Qualität und Fortschritt unserer Erzeug­
nisse begründen die weltweite Anerkennung von LASCO Umformtechnik als Technologie­lieferant und Innovator der
Umformindustrie. Unser Fokus gilt der Warm-, Halbwarm- und Kaltmassivum­formung. Maßstab unseres Handelns sind
die Wünsche unserer Kunden. Wir analysieren, finden und realisieren die beste Lösung für ihre individuellen Anforde­
rungen. Dies schließt Automatisierungs-, Handlings- und Steuerungstechnik ebenso ein wie die Überholung und
Modernisierung von Maschinen und Anlagen aller Hersteller.

Maschinenfabrik ALFING Kessler GmbH

Auguste-Kessler-Straße 20 · 73433 Aalen


Telefon: +49 7361 5014758 · E-Mail: [email protected] · www.alfing.de
Die Maschinenfabrik ALFING Kessler GmbH steht für höchste Kompetenz in Kurbelwellen. In über 100 Jahren
wurden mehr als 8 Millionen Kurbelwellen produziert. Auf einer Produktionsfläche von über 90 000 m2 fertigen wir mit
modernsten Fertigungseinrichtungen Kurbelwellen von 0,3 m bis zu 8 m Länge. Als mittelständisches Unternehmen mit
rund 1250 Mitarbeitern ist die Maschinenfabrik ALFING Kessler global ausgerichtet und hat sich auf den Weltmärkten
eine herausragende Position erarbeitet. Im Bereich Großkurbelwellen von 1,5 bis 8 m Länge ist die Maschinenfabrik
ALFING Kessler der weltgrößte unabhängige Anbieter. Kurbelwellen-Rohteile bis zu einer Länge von 4,5 m werden in
unserer Gesenkschmiede hergestellt. Rohteile bis 9 m Länge werden in unserer Pressenschmiede umgeformt.

Metaldyne Zell GmbH & Co. KG – Sales Office Zell –

Buchenwaldstraße 2 · 77736 Zell am Harmersbach


Telefon: +49 7835 7810 · E-Mail: [email protected] · www.metaldyne.de
Unsere Sonderstellung in der Automobilzulieferindustrie beweist sich in unserer Kompetenz, eine große Produkt­
palette an Metallkomponenten und Bauteilen für Motoren, Kraftübertragungs- und Getriebesysteme zu entwickeln und
herzustellen. Unsere qualitativ hochwertigen Produkte bringen Sie unseren gemeinsamen Zielen näher: Optimierung der
eingesetzten Ressourcen, Verringerung der Prozesstaktzeiten und somit Kosteneinsparungen und Verbesserung von
Fahrzeugqualität und -leistung.

Presstrade Gruppe

Angensteinerstrasse 6 · 4153 Reinach · Schweiz


Telefon: +41 61 7162000 · E-Mail: [email protected] · www.presstrade.com
Die Presstrade Gruppe konzipiert seit über 20 Jahren maßgeschneiderte Lösungen im Bereich der Massivumformung.
Ein großes Maschinenangebot, Marktkenntnis, jahrzehntelange Erfahrung sowie ein weltweites Servicenetz machen
Presstrade hier zum Weltmarktführer. Neben dem Handel mit Gebraucht- und Neumaschinen im Schmiedebereich
bietet Presstrade auch technische Dienstleistungen wie Reparaturen, Überholungen, Modernisierungen und Automati­
sierungen an. Maschinentransporte sowie weitere Logistikdienstleistungen organisiert die hauseigene Spedition STL.

Presswerk Krefeld GmbH & Co. KG

Idastraße 60 · 47809 Krefeld


Telefon: +49 2151 5810 · E-Mail: [email protected] · www.pwk-mf.de
Das 1898 gegründete Presswerk Krefeld (PWK) ist seit Jahren ein Inbegriff für hochwertige Komponenten, die in
Lenkungs- und Radaufhängungssystemen der Automobilindustrie zum Einsatz kommen. Seit 2004 ist das Presswerk
Krefeld als rechtlich selbstständiges Unternehmen in die MacLean-Fogg Component Solutions (MFCS), einem der
weltweit größten privaten Umformunternehmen, eingegliedert. MFCS gehört zur MacLean-Fogg Company (Mundelein,
Illinois, USA). Als Technologieführer der Kaltmassivumformung , des Gesenkschmiedens, des Aluminiumschmiedens,
des Kunststoffspritzgießens sowie der Fertigbearbeitung hat sich PWK zu einem der führenden Lieferanten auf seinem
Gebiet entwickelt. Wir fertigen Sicherheitsteile mit höchsten Qualitätsanforderungen für nahezu jeden Automobilhersteller
weltweit.

Rasche Umformtechnik GmbH & Co KG

Unterm Grünen Berg 2-4 · 58840 Plettenberg


Telefon: +49 2391 6040 · E-Mail: [email protected] · www.rasche.de

WIR FORMEN ZUKUNFT.


Mit über 180 qualifizierten Mitarbeitern werden seit mehr als 90 Jahren unter Einsatz von modernsten Fertigungs­
verfahren und einer breiten Werkstoffpalette Warmumformteile mit einem Stückgewicht von 50 g bis zu 14 kg entwickelt
und gefertigt. Die Weiterverarbeitung der Rohteile zu einbaufertigen Produkten bis hin zur Baugruppen- Montage ist
unsere Stärke. RASCHE verfügt über ein qualifiziertes Qualitäts-, Umwelt- und Energiemanagement und ist zertifiziert
nach ISO 9001, ISO/TS 16949, ISO 14001 und EN ISO 50001.

160
Richard Neumayer, Gesellschaft für Umformtechnik mbH

Wilhelm-Zangen-Straße 8 · 77756 Hausach


Telefon: +49 7831 8030 · E-Mail: [email protected] · www.r-neumayer.de
entwickeln – schmieden – bearbeiten – montieren.
Als eines der führenden Unternehmen für Umformtechnik stellen wir jährlich über 40.000 Tonnen einbaufertige
Präzisions­schmiedeteile für den Antriebsstrang, Fahrwerk, Motor, Lenkung sowie den Maschinen- und Straßenbau her.
Hinzu kommen Armaturen und Flanschen in allen Edelstahlqualitäten und Sonderlegierungen. Wir schmieden Ideen! Aus
rohem Stahl schmieden wir Baugruppen als massiver Leichtbau. Durch unsere Fertigungstechnik und unser Bauteile­
design ergeben sich im massiven Leichtbau signifikante Gewichtseinsparungen. Binden Sie uns von Beginn an ein, damit
komplexe und facettenrieche Schöpfungen entstehen können, die so staunend betrachtet werden wie Schmetterlinge,
die entpuppt die Flügel ausbreiten und in die Welt hinausfliegen. Unser Leistungsangebot und unser Service umfassen
eine Spannweite, die von der Entwicklung über die Herstellung bis hin zur Logistik reicht.

Schmiedag GmbH

Grüntaler Straße 11 · 58089 Hagen


Telefon: +49 2331 1280 · E-Mail: [email protected] · www.schmiedag.de
Im Verbund der Georgsmarienhütte Holding GmbH ist die Schmiedag ein eigenständiges Unternehmen mit Standorten
in Hagen und Homburg. Mit dem Schwesterwerk Wildauer Schmiedewerke GmbH & Co. KG in Wildau fertigen wir
Gesenkschmiedeteile mit Stückgewichten von 5 kg bis 3,5 to, Längen bis 4.000 mm und Ø bis 1.100 mm. Mecha­
nische Bearbeitungen, wie Drehen, Fräsen, Verzahnung, Oberflächenveredelung, Komponetenfertigung, Montage sowie
geschmiedete Reibschweißteile auf Anfrage. Unsere Märkte sind unter anderem die Fahrzeug- und Baumaschinen­
industrie, der Maschinen- und Großmotorenbau sowie die Schiffs-, Bahn- und Wehrtechnik. Zertifiziert nach: ISO/
TS16949, DIN EN ISO 9001, DIN EN 14001, ISO 50001. Kundenzulassungen, wie SNCF, Trenitalia und viele mehr –
weltweit zugelassen bei allen namhaften Abnahmegesellschaften.

SCHMIEDEWERK STOOSS AG

Maienbrunnenstrasse 8 · 8908 Hedingen, Schweiz


Telefon: +41 43 322 6200 · E-Mail: [email protected] · www.stooss.com
Schmiedeteile bis 5 to. freiformgeschmiedet und gewalzt, Platten, Wellen, Flanschwellen, abgesetzte Wellen, Scheiben,
Nabenscheiben, Buchsen, nahtlos warmgewalzte rechteckige und profilierte Ringe, Kugeln, Flansche. Werkstoffsorten:
Kohlenstoffstähle, niedrig- und hochlegierte Stähle, Nickel und Nickellegierungen, Alu­mi­nium, Bronze, Kupfer. Nieder­
lassungen im Ausland: Deutschland, USA, Asien. Industrien: Öl und Gas, Futtermittel, Maschinenbau, Energie, Bauma­
schinen, Schiffsbau sowie Bergbau- und Bahntechnik.

Schuler AG

Bahnhofstraße 41 · 73033 Göppingen


Telefon: +49 7161 66307 · E-Mail: [email protected] · www.schulergroup.com/massivumformung
Seit über 170 Jahren steht der Name Schuler für innovative Technologien, Qualität und kundenorientierte Service­
leistungen in der Umformtechnik. Rund um die Welt ist Schuler heute überall dort zu finden, wo produktions­sichere
und wirtschaftliche Massivumformsysteme zum Einsatz kommen. Dafür sorgen über 5.000 Mitarbeiter an Standorten in
Europa, den USA, in Mexiko, Brasilien, Indien, China und Russland. Durch die Integration der Müller Weingarten AG und
der Marke Bêché wurde die Technologieführerschaft im globalen Wettbewerb weiter ausgebaut. Als führender System­
lieferant der Kalt-, Halbwarm- und Warmumformung bietet Schuler alles aus einer Hand. Von der Bauteilentwicklung über
die Methodenplanung und den Werkzeugbau bis zur Inbetriebnahme effizienter Produktionsanlagen. Anlagentechnologie
von Schuler bietet einen entscheidenden Wettbewerbs- und Qualitätsvorsprung.

SEISSENSCHMIDT AG

Daimlerstraße 11 · 58840 Plettenberg


Telefon: +49 2391 9150 · E-Mail: [email protected] · www.seissenschmidt.com
Komponenten von SEISSENSCHMIDT haben die Geschichte der Mobilität mitgeprägt. Ob es beim Bau der trans­
sibirischen Eisenbahn Ende des 19. Jahrhunderts war oder beim legendären VW Käfer. Auch heute gehört
SEISSENSCHMIDT zu den Taktgebern für den Fortschritt in der mobilen Welt. Mit einem hochqualifizierten Team und
modernster Ausstattung fertigen wir Präzisionskomponenten für die Antriebs- und Fahrwerktechnik. Als Partner nahezu
aller namhaften Automobilhersteller und Systemlieferanten begleiten wir Projekte von der Idee bis zur professionellen
Serienfertigung.

SIEPMANN-WERKE GmbH & Co. KG

Emil-Siepmann-Straße 28 · 59581 Warstein


Telefon: +49 2902 76201 · E-Mail: [email protected] · www.siepmann.de
Unsere Produkte sind anspruchsvolle Gesenkschmiedeteile von 5 bis 1.500 kg, auch einbaufertig span­ abhebend
bearbeitet, geschweißt, lackiert und zu Baugruppen montiert. Unsere Kunden sind Technologieunternehmen der
Bereiche Maschinenbau, Verkehrswesen und der Energietechnik. Die Entwicklung unseres Produktprogramms
erfolgt in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Sie legen Wert auf stabile langfristige Lieferbeziehungen,
kurze Lieferzeiten, qualitativ hochwertige Produkte, wirtschaftliche Problemlösungen sowie hohe Flexibilität im
Tagesgeschäft und bei Neuentwicklungen. Als unabhängiges Familienunternehmen in der vierten Generation
gehören wir zu den europäischen Marktführern.

161
SMS Elotherm GmbH

In der Fleute 2 · 42897 Remscheid


Telefon: +49 2191 8910 · E-Mail: [email protected] · www.sms-elotherm.com
Elotherm ist Technologieführer und weltweit kompetenter Partner, wenn es um energieeffiziente und inno­ vative
Maschinen und Anlagen der Induktionstechnologien geht. Auf Basis jahrzehntelanger Erfahrungen entwickelt, pro­
duziert und vertreibt Elotherm sowohl Einzelmaschinen als auch komplette Anlagen für die Integration in Fertigungslinien.
Elotherm bedient seine internationalen Kunden durch lokale Vertriebs- und Servicestandorte.

SMS Meer GmbH

Ohlerkirchweg 66 · 41069 Mönchengladbach


Telefon: +49 2161 3500 · www.sms-meer.com
SMS Meer ist ein Unternehmensbereich der SMS group, die mit mehr als 13.000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund
3,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Im Unternehmensbereich SMS Meer sind die Schwermaschinen- und Anlagen­
bauaktivitäten für die Bereiche Stahlwerke/Stranggusstechnik (Langprodukte), Rohrwerke, Profil-, Schmiede- und
NE-Anlagen sowie Wärmetechnik gebündelt. Das Spektrum reicht von Einzelmaschinen über Modernisierungen
bis hin zur Errichtung schlüsselfertiger Werke. Das integrierte Leistungsportfolio umfasst Planung, Finanzierung,
Engineering, Fertigung, Montage, Inbetriebnahme und Service aus einer Hand. Die globale Präsenz von SMS Meer wird von
opera­tiven Einheiten in vielen Ländern auf der ganzen Welt unterstützt.

SONA BLW Präzisionsschmiede GmbH

Frankfurter Ring 227 · 80807 München


Telefon: +49 89 323060 · E-Mail: [email protected] · www.sona-blw.de
Die SONA BLW Präzisionsschmiede fertigt in sechs Werken weltweit mit rund 2.000 Mitarbeitern Getriebe- und
Achskomponenten sowie Schwerfahrzeugteile. Die Standorte befinden sich in Remscheid, München, Duisburg
(Deutschland), in Selma (USA) sowie in Gurgaon und Pune (Indien). Unsere Stärken liegen in der Gruppe und in den
Kernkompetenzen einer am Kunden orientierten Präzisionsschmiede. Entwicklungskompetenz bei Getriebe- und
Achskomponenten nehmen weltweit eine bedeutende Stellung ein. Mit dem Trend zur einbaufertigen Komponente
erweitern wir unsere vielfältigen Möglichkeiten auch auf die mechanische Bearbeitung.

Tribo-Chemie GmbH

Gutenbergstraße 4 · 97762 Hammelburg


Telefon: +49 9732 78380 · E-Mail: [email protected] · www.tribo-chemie.com
Tribo-Chemie GmbH löst seit knapp 25 Jahren technisch schwierige Aufgabenstellungen zusammen mit ihren
Kunden. Neue Rezepte mit außergewöhnlichen Rohstoffen werden herstellungstechnisch für die Anwendung beim
Kunden perfektioniert. Der eigene Anspruch an eine hohe Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung wird von
der F&E Abteilung exzellent umgesetzt. Ein motiviertes Team stellt sicher, dass von der Entwicklung bis zur Lieferung und
Anwendung beim Kunden alles „wie geschmiert“ läuft. Unsere Graphitex® Produkte für die Umformung überzeugen
durch verbesserte und optimierte Prozessabläufe beim Anwender. Unsere Marken Graphitex® und Isolat® werden
weltweit vertrieben. 

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163
Industrieverband
Massivumformung e. V.

Goldene Pforte 1
58093 Hagen, Deutschland
Telefon: +49 2331 958830
Telefax: +49 2331 958730

E­Mail:
[email protected]

Weitere Informationen unter:


www.massivumformung.de

ISBN: 978­3­928726­32­0

Den Veröffentlichungen
des Industrieverbands
liegen die Ergebnisse der
Gemeinschaftsforschung
der im Industrieverband
Massivumformung e. V.
zusammengeschlossenen
Mitgliedsunternehmen
zugrunde.

Stand: April 2015


B­0415­10 DOM

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