Joachim Engel

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Komplexe Zahlen und

ebene Geometrie
von
Prof. Joachim Engel, Ph.D.
Oldenbourg Verlag Mnchen

Joachim Engel ist seit 2006 Professor fr Mathematik an der Pdagogischen Hochschule
Ludwigsburg. Nach dem Ph.D. in Applied Mathematics an der University of Southern Cali-
fornia, Los Angeles, arbeitete Joachim Engel zunchst als Visiting Assistant Professor an der
University of Michigan, Ann Arbor. Anschlieend war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an
den Universitten in Heidelberg und in Bonn sowie als StR a.e.H. an der PH Ludwigsburg
ttig, wo er auch 1999 habilitiert wurde. Von 2004 bis 2006 lehrte er als Professor an der
Universitt Hannover.

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2009 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH
Rosenheimer Strae 145, D-81671 Mnchen
Telefon: (089) 45051-0
oldenbourg.de

Das Werk einschlielich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung
auerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig
und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen
und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Lektorat: Kathrin Mnch
Herstellung: Dr. Rolf Jger
Coverentwurf: Kochan & Partner, Mnchen
Gedruckt auf sure- und chlorfreiem Papier
Gesamtherstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-486-58992-4
Vorwort
Die natrlichen Zahlen hat der liebe Gott geschaen, alles andere ist Men-
schenwerk.
Leopold Kronecker, 18231891
Die Entwicklung der komplexen Zahlen ist aufs Engste verknpft mit der Entwicklung
der Theorie zur Ausung von algebraischen Gleichungen. Gleichzeitig sind komplexe
Zahlen ein wichtiges Darstellungsmittel fr zentrale Problemstellungen der Analysis, der
Geometrie und fr viele Anwendungen z. B. aus der Physik. Wie das natrliche Modell
zur Darstellung reeller Zahlen der Zahlenstrahl ist, so ist die (Gausche) Zahlenebene
die natrliche grasche Reprsentation der komplexen Zahlen.
Mit Hilfe komplexer Zahlen knnen auf elegante Weise algebraische, analytische und
geometrische Probleme der Ebene bearbeitet werden. Aufbauend auf komplexen Zah-
len lassen sich wichtige Zusammenhnge zwischen diesen mathematischen Teilgebieten
herstellen. Der Zugang ber komplexe Zahlen bildet die Grundlage zur Lsung von
Fragen, die die Mathematik ber viele Jahrhunderte beschftigt hatte. Viele klassische
Probleme der Mathematik, die z. T. schon seit der Antike formuliert waren, konnten
mit Hilfe komplexer Zahlen und komplexer Funktionen im 18. und 19. Jahrhundert auf
elegante Weise gelst werden.
Eine Beschftigung mit komplexen Zahlen und Abbildungen der komplexen Zahlenebe-
ne ist auch fr angehende Lehrerinnen und Lehrer bedeutsam: ber den Tellerrand
der bisherigen Zahlbereiche hinauszuschauen hilft, ein tieferes Verstndnis der bisher
vertrauten Zahlen zu erwerben und die Notwendigkeit von Zahlbereichserweiterungen
zu verstehen. Jenseits der reellen Zahlen besitzen pltzlich auch Gleichungen der Form
x
2
+1 = 0 Lsungen. Bei der Suche nach Lsungen von Gleichungen 2., 3. oder 4. Grades
nden altbekannte Rechenmethoden wie das quadratische Ergnzen oder Koezienten-
vergleiche neue Anwendung. Besonders instruktiv ist die enge Verbindung von Algebra
und Elementargeometrie wie sie mit Hilfe komplexer Zahlen hergestellt werden kann.
Komplexe Zahlen erweisen sich als hervoragend geeignete Darstellungsmittel zur Al-
gebraisierung von Fragen der ebenen Geometrie. Im Gegensatz zur Vektorgeometrie
beschrnkt sich ein auf komplexen Zahlen basierter Zugang zur Geometrie nicht nur
auf lineare geometrische Objekte, sondern net uns die mathematische wie sthetische
Vielfalt gekrmmter Objekte wie z. B. Ellipsen, Hyperbeln, Spiralen und vieles andere
mehr. Auch ein kleiner Ausug in die Welt der Fraktale ist mit den hier dargestellten
Methoden mglich.
vi Vorwort
Komplexe Zahlen erhlt man durch eine Zahlbereichserweiterung aus den reellen Zahlen.
Wir werden uns in Kapitel 1 in den Abschnitten 1.1 bis 1.5 mit den Rechenregeln und al-
gebraischen Eigenschaften des Krpers der komplexen Zahlen befassen. Dieser Teil stellt
das mathematische Handwerkzeug fr die folgenden Kapitel bereit. Die Abschnitte 1.6
bis 1.11 lassen durchblicken, wie man mit Hilfe komplexer Zahlen geometrische Objekte
und geometrische Zusammenhnge darstellen kann. Nach einem kleinen Ausug in die
Teilbarkeitslehre der sogenannten ganzen Gauschen Zahlen in Kapitel 2 wenden wir
uns in Kapitel 3 Fragen der Lsbarkeit algebraischer Gleichungen zu, die historisch in
der Entwicklung der Algebra eine so zentrale Rolle gespielt haben. Dazu gehren sowohl
die Lsungsformeln von Cardano und Ferrari fr Gleichungen 3. und 4. Grades sowie
die Resultate von Abel und Galois ber die Nichtausbarkeit algebraischer Gleichun-
gen hheren Grades. Der Fundamentalsatz der Algebra (Kapitel 4) weist die komplexen
Zahlen schlielich als algebraisch abgeschlossenen Krper aus. Eine zur Gauschen Zah-
lenebene alternative Darstellung komplexer Zahlen bildet die Riemannsche Zahlenkugel
(Kapitel 5). Anschlieend betrachten wir Abbildungen oder Funktionen der komplexen
Ebene auf sich selbst. Allerdings werden wir das Gebiet der komplexen Analysis (d. h.
der Dierential- und Integralrechnung im Komplexen), das in der Mathematik auch als
Funktionentheorie bezeichnet wird, nur kurz streifen knnen. Stattdessen betrachten wir
Abbildungen der komplexen Ebene, die folgende spezielle Eigenschaften besitzen: Sie
sind winkeltreu und im Kleinsten mastabstreu. Mit diesen Abbildungen erhlt man
einen algebraischen Zugang zu interessanten Fragestellungen der ebenen Abbildungs-
geometrie. Nach einer allgemeinen Hinfhrung zu komplexen Funktionen (Kapitel 6)
wird die Klasse der Mbiustransformationen (Kapitel 7) detaillierter untersucht. Eine
wichtige Anwendung nden konforme Abbildungen in der Strmungslehre. Hierzu gibt
Kapitel 8 einige Illustrationen am ausgewhlten Beispiel der Jukowski-Funktion.
Moderne benutzerfreundliche Software entlastet nicht nur von mhsamer Rechenarbeit,
sondern dient auch als exibles Mittel zur Veranschaulichung. Das 9. Kapitel gibt eine
Einfhrung, wie die Inhalte dieses Buches mit dem Computeralgebrasystem MAPLE
dargestellt und illustriert werden knnen.
Viele Impulse, wie die mathematische Vielfalt komplexer Zahlen und ihre Vernetzung
mit Fragen der Geometrie Studierenden der Lehrmter an Grund-, Haupt- und Real-
schulen zugnglich gemacht werden knnen, erhielt ich von meinen Vorgngern Karl-
Dieter Klose und Heinrich Wlpert an der Pdagogischen Hochschule Ludwigsburg.
Diese Anregungen konnte ich in einer Reihe von Vorlesungen und Seminaren weiter
vertiefen. Komplexe Zahlen sind aber nicht nur fr die reine Mathematik und Geo-
metrie von zentraler Bedeutung. Viele angewandte Probleme, z. B. zur Beschreibung
periodischer Vorgnge oder in der Strmungslehre lassen sich auf relativ einfache Weise
im Kontext komplexer Zahlen darstellen und lsen. Daher kann dieses Buch auch als
Lektre fr angehende Physiker oder Ingenieurwissenschaftler zur Einfhrung dienen.
Begleitend zu diesem Buch wurde eine Internetseite eingerichtet, auf der neben Errata,
weiteren ergnzenden Beispielen und Illustrationen aktualisierte Internetadressen zu
einzelnen Themenbereichen eingesehen werden knnen. Sie nden diese Seite ber die
Homepage des Verfassers
http://www.joachimengel.eu
per Mausklick auf das Titelbild dieses Buches.
Vorwort vii
Heinrich Wlpert gilt mein besonderer Dank fr zahlreiche Anregungen, die mich dazu
ermutigten, der Welt der komplexen Zahlen und ihrer Verknpfung mit der Geometrie in
der Lehrerausbildung meine Aufmerksamkeit zu schenken. Auerdem danke ich meinen
Kolleginnen und Kollegen Sebastian Kuntze, Laura Martignon, Jrg Meyer und Markus
Vogel sowie Bianca Watzka und den Studierenden in meinen Seminaren fr stetige
Ermutigungen und so manche detaillierte Rckmeldungen, die mir halfen, viele Details
der in diesem Buch vorgestellte Inhalte und ihre Prsentation zu verbessern.
Ludwigsburg Joachim Engel
Inhaltsverzeichnis
Vorwort v
1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung 1
1.1 Von den natrlichen Zahlen zu den komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Die komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.3 Rechnen im Krper (C, +, ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.4 Die Gausche Zahlenebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.5 Die Betragsfunktion in C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.6 Punktmengen in der Gauschen Zahlenebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.7 Polarkoordinatendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
1.8 Die Formeln von Moivre und Euler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1.9 Anwendungen in der Physik: Bewegungen eines Punktes in der Ebene . . 31
1.10 Spiralen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
1.11 Komplexe Zahlen und Fraktale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
2 Primzahlen im Komplexen 47
2.1 Die Menge der ganzen Gauschen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.2 Norm und Einheiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.3 Die Gauschen Primzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2.4 Division mit Rest im Ring der ganzen Gauschen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . 52
2.5 Primfaktorzerlegung in G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
x Inhaltsverzeichnis
3 Lsungen algebraischer Gleichungen 57
3.1 Quadratwurzeln und quadratische Gleichungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
3.2 Allgemeine Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
3.3 Einheitswurzeln: n-te Wurzeln aus der Zahl 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
3.4 Kubische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
3.5 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.6 Lsungen der Gleichung 4. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4 Fundamentalsatz der Algebra 87
4.1 Die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.2 Der Fundamentalsatz der Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
4.3 Die Bedeutung des Fundamentalsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
5 Riemannsche Kugel 99
5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
5.2 Stereograsche Projektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
5.3 Eigenschaften der stereograschen Projektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
5.4 Darstellung einer Funktion auf der Riemannschen Zahlenkugel
ein Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
6 Komplexe Funktionen 107
6.1 Begrisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
6.2 Dierenzieren von komplexen Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
6.3 Konforme Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
7 Gebrochen lineare Funktionen 117
7.1 Ganze lineare Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
7.2 Die Inversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
7.3 Spiegelung am Kreis und hyperbolische Fraktal-Ornamente . . . . . . . . . . . . . 127
Inhaltsverzeichnis xi
7.4 Kurvenverwandtschaft bei der Inversion y = 1/z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
7.5 Gebrochen lineare Funktionen: Mbiustransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . 132
7.6 Das Doppelverhltnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
7.7 Normalform der Mbiustransformation mit zwei Fixpunkten . . . . . . . . . . . 139
Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
8 Die Jukowski-Funktion und die Funktion w = z
2
147
9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE 153
Lsungen zu den Aufgaben 163
Literatur 173
Index 175
1 Komplexe Zahlen und ihre
geometrische Darstellung
Das Lsen von Gleichungen durchzieht nicht nur die gesamte Schulmathematik, sondern
hatte auch groen Einuss auf die historische Entwicklung der Mathematik. Kann man
eine Gleichung nicht mit den vorhandenen Zahlen lsen, so deniert man neue Zahlen,
die eine Lsung erlauben. Diese Kernidee durchzieht die Geschichte der Algebra vom
Altertum bis in die Neuzeit. Hieraus entwickelten sich aus den natrlichen Zahlen zu-
nchst die Bruchzahlen. Die ersten Beweise, dass der Zahlenstrahl irrationale Zahlen
enthlt, wurden bereits von den Pythagorern gefhrt. Hinweise auf die Existenz nega-
tiver Zahlen nden sich zwar schon beim griechischen Mathematiker Diophant (um 250
n. Chr.). Da die Mathematik im Altertum jedoch stark vom geometrischen Denken ge-
prgt war, konnte man sich nur Zahlen vorstellen, die eine geometrische Interpretation
besaen. Negative Zahlen und auch die Zahl Null mussten daher lange warten, bis sie in
der Mathematik Akzeptanz fanden. Schlielich fhrten die Inder zwischen 500 und 1200
nach Christus die Zahl Null sowie negative Zahlen ein. In Europa dauerte es sogar bis
1487, als der in Esslingen geborene Michael Stifel in seinem 1544 verentlichten Werk
Arithmetica integra wesentlich zur Klarstellung der negativen und irrationalen Zahlen
beitrug. Imaginre Zahlen, die man anfangs noch als eingebildete Zahlen bezeichnete,
wurden zwar auch schon im 16. Jahrhundert eingefhrt. Sie wurden lange Zeit aber mit
viel Skepsis angesehen, bis ihnen dann im 19. Jahrhundert der Durchbruch gelang und
sie als in sich konsistentes und herausragendes Darstellungsmittel fr algebraische und
geometrische Problemstellungen akzeptiert wurden.
1.1 Von den natrlichen Zahlen zu den
komplexen Zahlen
Betrachten wir die Menge der natrlichen Zahlen einschlielich der Null N
0
=0, 1, 2, . . .
mit der Verknpfung der Addition (N
0
, +), so sind uns schon seit den ersten Jahren der
Schulzeit die wesentlichsten Eigenschaften dieses Zahlbereiches vertraut:
Die natrlichen Zahlen sind bezglich der Addition abgeschlossen:
Fr alle a, b N
0
gilt a +b N
0
.
Die Addition natrlicher Zahlen ist eine assoziative Verknpfung:
Fr alle a, b, c N
0
gilt (a +b) +c = a + (b +c).
Es gibt ein neutrales Element in N
0
bezglich der Addition:
Es existiert ein Element n N
0
, so dass fr alle a N
0
gilt a + n = n + a. Das
neutrale Element bezglich der Addition heit 0.
2 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Die Verknpfung ist kommutativ: Fr alle a, b N
0
gilt a +b = b +a.
Inverses: Fr a ,= 0 ist die Gleichung a +x = 0 in N
0
nicht lsbar.
Wir stellen somit auch Mngel der Addition natrlicher Zahlen fest:
M1. Auer der Null besitzt kein anderes Element in N
0
innerhalb der natrlichen
Zahlen ein inverses Element: Zu a ,= 0, a N
0
existiert kein a

N
0
mit a+a

= 0.
Etwas allgemeiner stellen wir fest:
In (N
0
, +) ist eine Gleichung a +x = b nur lsbar fr a b.
Welche Eigenschaften besitzen die natrlichen Zahlen bezglich der Multiplikation als
Verknpfung (N
0
, )?
Es gilt:
Die natrlichen Zahlen sind abgeschlossen bezglich der Multiplikation:
Fr alle a, b N
0
gilt: a b N
0
.
Die Multiplikation natrlicher Zahlen ist eine assoziative Verknpfung:
Fr alle a, b, c N
0
gilt: (a b) c = a (b c).
Innerhalb der natrlichen Zahlen gibt es bezglich der Multiplikation ein neutrales
Element: Es existiert ein Element e N
0
, so dass fr alle a N
0
gilt ae = ea = a.
Das neutrale Element bezglich der Multiplikation heit 1.
Die Multiplikation natrlicher Zahlen ist kommutativ: Fr alle N
0
gilt: ab = ba.
Nur zu 1 gibt es ein inverses Element: 1
1
= 1.
Jedoch stellen wir auch bezglich der Multiplikation Mngel der natrlichen Zahlen
fest:
M2. In (N
0
, ) ist eine Gleichung a x = b nur lsbar, wenn b ein Vielfaches von a ist
(bzw. a ein Teiler von b ist).
Weitere Rechengesetze regeln die Verbindung von Addition und Multiplikation natrli-
cher Zahlen. Es gilt das Distributivgesetz: Fr alle a, b, c N
0
a (b +c) = a b +a c.
Man versucht die Mngel zu beheben, indem man den Zahlbereich erweitert. Dabei
sollen alle Rechengesetze erhalten bleiben (Permanenzprinzip). Die Behebung von
Mangel M1 fhrt auf den Zahlbereich der ganzen Zahlen Z. Welche algebraischen Ei-
genschaften charakterisieren die ganzen Zahlen?
Zu jedem Element a Z gibt es ein inverses Element bzgl. der Addition a.
Jede Gleichung a +x = b mit a, b Z ist in Z lsbar.
Die Lsung lautet x = (a) +b.
(Z, +) ist eine kommutative Gruppe.
Der zweite Mangel M2 der natrlichen Zahlen bleibt jedoch auch bei den ganzen
Zahlen bestehen. Auer den Elementen 1 und 1 haben ganze Zahlen kein Inverses
bezglich der Multiplikation innerhalb der Menge der ganzen Zahlen. Von seiner
algebraischen Struktur ist (Z, +, ) ein Ring, aber kein Krper.
1.1 Von den natrlichen Zahlen zu den komplexen Zahlen 3
Die Beseitigung von Mangel M2 fhrt zu den rationalen Zahlen
Q =
_
p
q
[ p Z, q Z 0
_
.
Es gelten die Inklusionen
N
0
Z Q.
Die rationalen Zahlen haben folgende algebraische Eigenschaften:
Zu jedem a Q, a =
p
q
,= 0 gibt es ein inverses Element bzw. der Multiplikation:
a
1
=
q
p
(Kehrwert).
Jede Gleichung a x = b mit a, b Q, a ,= 0 ist in Q lsbar. Die Lsung lautet
x = a
1
b.
(Q, +) ist eine kommutative Gruppe. Ebenso ist (Q 0, ) eine kommutative
Gruppe. Es gilt das Distributivgesetz. Damit ist (Q, +, ) ein Krper. Seine Zah-
len sind die endlichen und (gemischt-)periodischen Dezimalbrche.
Alternativ und so entspricht es sowohl der historischen Entwicklung wie auch den
meisten Schulcurricula htte man sich auch zuerst auf die Beseitigung von Mangel
M2 und anschlieend auf M1 konzentrieren knnen. Dann fhrt die erste Zahlbereichs-
erweiterung von den natrlichen Zahlen N
0
auf die Bruchzahlen B und schlielich zu
den rationalen Zahlen Q.
Allerdings haben auch die rationalen Zahlen Mngel:
M3. Viele nicht-lineare Gleichungen haben keine Lsung, z. B. x
2
= 2. Die Lsungen

2,

2 sind irrational.
M4. Die Werte von trigonometrischen Funktionen und Logarithmen sind meist irratio-
nal.
M5. Wichtige Zahlen wie e und sind irrational.
M6. Es gibt Folgen von natrlichen Zahlen, die keinen rationalen Grenzwert haben,
z. B.
1, 1
1
3
, 1
1
3
+
1
5
, 1
1
3
+
1
5

1
7


4
(Gottfried Wilhelm Leibniz, 16461716).
Eine Innitesimalrechnung ist deshalb in Q nicht mglich.
Die Beseitigung der Mngel M3M6 fhrt zu den reellen Zahlen R = QI, wobei I die
Menge der irrationalen Zahlen bezeichnet. Man beachte, dass eine alleinige Behebung
von Mangel M3 nur zu den algebraischen Zahlen fhrt, d. h. denjenigen Zahlen, die als
Lsungen algebraischer Gleichungen bzw. als Nullstellen von Polynomen mit rationalen
Koezienten auftreten. Transzendente Zahlen wie die Kreiszahl oder die Eulerzahl e
erhlt man erst durch Einschluss aller Grenzwerte von sog. Cauchy-Folgen in Q. Wir
haben somit folgende Inklusionen:
N Z Q R.
4 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Die reellen Zahlen haben folgende Eigenschaften:
(R, +, ) ist ein Krper. Seine Zahlen sind die endlichen und unendlichen Dezi-
malbrche.
R heit vollstndig, weil jede Intervallschachtelung in R wieder eine reelle Zahl
einschliet.
R heit angeordnet, weil folgende Axiome gelten:
1. Trichotomie: Fr alle a, b R gilt genau eines: a > b, a = b oder a < b.
2. Transitivitt: Fr alle a, b, c R gilt: aus a > b und b > c folgt a > c.
3. Monotonie der Addition: Aus a > b folgt a +c > b + c.
4. Monotonie der Multiplikation: Aus a > b und c > 0 folgt a c > b c.
Die reellen Zahlen knnen als Punkte auf der Zahlengeraden dargestellt werden.
E
-3 -2 -1 0 1 2 3

2 e
R
Abb. 1.1: Zahlenstrahl
Obwohl R vollstndig ist, hat R auch einen oensichtlichen Mangel: Es knnen
nicht alle Gleichungen gelst werden, z. B. quadratische Gleichungen.
Beispiel 1.1
a) Die Gleichung
x
2
x 2 = 0
hat als Lsung
x
1,2
=
1
2

_
1
4
+ 2 =
1
2

3
2
, d. h. x
1
= 2, x
2
= 1;
Probe (nach Satz von Vieta):
(x
1
+x
2
) = (2 1) = 1, x
1
x
2
= 2.
Allgemein gilt:
x
2
+px +q = 0 x
1,2
=
p
2

_
_
p
2
_
2
q.
1.1 Von den natrlichen Zahlen zu den komplexen Zahlen 5
Dann sagt der Satz von Vieta:
x
1
+x
2
= p, x
1
x
2
= q.
ber die Anzahl der reellen Lsungen entscheidet die Diskriminante
D =
_
p
2
_
2
q.
Ist D > 0, so gibt es zwei reelle Lsungen. Im Fall D = 0 existiert eine, und
falls D < 0 gibt es gar keine reelle Lsung.
b) Die Gleichung des Goldenen Schnitts
x
2
x 1 = 0
hat als Lsung:
x
1
=
1 +

5
2
1, 618 . . . , x
2
=
1

5
2
0, 618 . . . .
c) Die Gleichung
x
2
x + 1 = 0
fhrt auf
x
1,2
=
1
2

_
1
4
1 =
1
2

1
2

3,
was jedoch keine reelle Zahl sein kann, da Quadrate reeller Zahlen niemals
negativ sein knnen. Formal erfllen jedoch die Lsungen
x
1,2
=
1
2

1
2

3
die Bedingungen des des Satzes von Vieta. Denn es gilt:
(x
1
+x
2
) = 1, x
1
x
2
= 1,
d. h. die Probe nach Vieta klappt!!
Die reellen Lsungen quadratischer Gleichungen lassen sich geometrisch als Schnitt-
punkte von Normalparabel und bestimmten Geraden veranschaulichen: In Abbildung
1.2 sind die Normalparabel und verschiedene Geraden dargestellt. Der Schnittpunkt
(genauer die Abszisse) von der Normalparabel mit der Geraden y = x + 2 stellt die
Lsung aus Beispiel 1.1a) dar, der Schnittpunkt mit y = x + 1 die Lsung von Beispiel
1.1b. Jedoch hat die Parabel keine Schnittpunkte mit der Geraden y = x 1 (1.1c).
Fr welche Geraden y = x +a fallen die Lsungen zusammen?
x
2
x a = 0, D = 1 + 4a = 0 a = 1/4.
Die Unlsbarkeit vieler quadratischer Gleichungen in R fhrt uns zu den komplexen
Zahlen.
6 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
5
4
1 -1 0 -2 2
1
2
3
Abb. 1.2: Veranschaulichung der Lsung quadratischer Gleichungen als Schnittpunkt von Nor-
malparabel und Geraden
1.2 Die komplexen Zahlen
Die einfachste Gleichung, die in R nicht lsbar ist, lautet:
x
2
+ 1 = 0, d. h. x
2
= 1.
Abb. 1.3: L. Euler
Das Quadrat einer Zahl a R ist nie negativ! Leonard Euler
(17071783) fhrte eine neue Zahl i ein, die diese Gleichung
lst:
i
2
= 1, oder i =

1.
Der Name imaginre Einheit fr die neue Zahl i geht auf
Ren Descartes (15961650) zurck. Man rechnete schon lan-
ge vor Descartes und Euler mit Wurzeln aus negativen Zahlen.
Sie wurden als eingebildete Zahlen (numeri imaginarii) be-
zeichnet. Die Lsungen der dritten Gleichung (Beispiel 1.1c)
x
2
x + 1 = 0 lauten dann mit

3 =
_
3 (1) =

1 = 3i
x
1
=
1
2
+
1
2

3i und x
2
=
1
2

1
2

3i.
1.2 Die komplexen Zahlen 7
Denition 1.1
Ein Ausdruck der Form z = a + bi, a, b R heit komplexe Zahl. a heit der Re-
alteil, b der Imaginrteil von z: Re(z) = a, Im(z) = b. Die Menge aller komplexen
Zahlen wird mit C notiert.
Gleichheit:
Zwei komplexe Zahlen heien gleich, wenn sie in Realteil und Imaginrteil ber-
einstimmen
a +bi = c +di a = c und b = d.
Addition:
Zwei komplexe Zahlen werden addiert, indem Realteil und Imaginrteil addiert
werden
z
1
+ z
2
= (a +bi) + (c +di) = (a +c) + (b +d)i.
(Hier wurde die Assoziativitt und die Kommutativitt fr + verwendet).
Multiplikation:
z
1
z
2
= (a +bi) (c +di)
= ac +adi +bci +bdi
2
(Distributivitt)
= (ac bd) + (ad +bc)i (Kommutativitt, Assoziativitt).
Die Einfhrung der komplexen Zahlen ist historisch so geschehen. Das Vorgehen ist aber
problematisch. Man kann nicht einfach eine neue Zahl mit bestimmten Eigenschaften
(wie i mit i
2
= 1) einfhren und erwarten, dass alles klappt. Dazu ein illustratives
Beispiel 1.2
In R gibt es bekanntlich zu 0 kein Inverses 0
1
bezglich der Multiplikation. Durch
0 darf man (genauer: kann man) nicht teilen, wie jeder Schler lernt. Um diesen
Mangel zu berwinden, fhren wir eine neue Zahl j ein mit j = 0
1
, d. h.
0 j = 1.
Als Konsequenz ergibt sich (die blichen Rechenregeln sollen dann auch fr das
Rechnen mit der neuen Zahl j gelten) einerseits
(0 + 0) j = 0 j = 1 (Addition in der Klammer)
und anderseits
(0 + 0) j = 0 j + 0 j = 1 + 1 = 2 (Distributivgesetz),
also folgt in R: 1=2. Widerspruch!
8 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Wie kann man nachweisen, dass die Einfhrung von i auf keinen Widerspruch fhrt?
Man geht analog vor wie bei der Erweiterung von den natrlichen Zahlen N zu den
Bruchzahlen B oder von N nach Z, d. h. wie bei der Einfhrung der Bruchzahlen nach
dem quivalenzklassenkonzept. Man verwendet geordnete Zahlenpaare und deniert ge-
eignete Verknpfungen. Fr Zahlenpaare muss man nun nachrechnen, dass alle Gesetze
gelten. Die Widerspruchsfreiheit bertrgt sich dann auf den neuen Zahlbereich:
z = a + bi, a, b R wird als Paar geschrieben: z = (a, b). Eine komplexe Zahl ist
(zunchst) ein geordnetes Paar z = (a, b) reeller Zahlen.
Wir denieren fr z
1
= (a, b), z
2
= (c, d)
Addition: z
1
+z
2
= (a, b)
..
Add. in C
(c, d) = (a +c, b +d)
. .
Add. in R
Multiplikation: z
1
z
2
= (a, b)
..
Mult. in C
(c, d) = (a c b d, a d +b c)
. .
Add.,Subtr.,Mult. in R
.
Die Abgeschlossenheit von C bezglich und ist somit erfllt. Nachzuprfen sind
noch Assoziativitt, Kommutativitt und Distributivitt. Neutrales Element bezglich
ist (0, 0): (a, b) (0, 0) = (a + 0, b + 0) = (a, b)
ist (1, 0): (a, b) (1, 0) = (a 1 b 0, a 0 +b 1) = (a, b).
Was ist das inverse Element von (a, b) ,= (0, 0) bezglich und bezglich ? Wir
machen den Ansatz
(x, y) (a, b) = (0, 0)
und sehen, dass diese Gleichung genau dann erfllt ist, wenn x = a, y = b, whrend
(x, y) (a, b) = (1, 0)
genau dann gilt, falls
xa yb = 1 , xb +ya = 0,
was wiederum gelst wird von
x =
a
a
2
+b
2
, y =
b
a
2
+b
2
.
Man beachte, dass wegen (a, b) ,= 0 stets a
2
+b
2
> 0 ist.
Schlielich betten wir die reellen Zahlen in die Menge der neu denierten Objekte,
die komplexen Zahlen, ein. Dazu beobachten wir zunchst, dass die Paare mit dem
Imaginrteil 0 eine bezglich Addition und Multiplikation abgeschlossene Teilmenge
von C bilden.
(a, 0) (c, 0) = (a +c, 0), (a, 0) (c, 0) = (a c, 0).
1.2 Die komplexen Zahlen 9
Wir setzen (a, 0) = a (analog zu dem bei der Einfhrung der Bruchrechnung blichen
3
1
= 3). Damit ist R C. Es gilt
(0, 1) (0, 1) = (0 0 1 1, 0 1 + 1 0) = (1, 0) = 1,
also ist (0, 1) die Zahl, deren Quadrat 1 ist. Wir setzen (0, 1) = i.
Mit (0, b) = (b, 0) (0, 1) ergibt sich schlielich
(a, b) = (a, 0) (0, b) = a +b i.
Damit ist gezeigt, dass die Einfhrung von i zulssig ist und auf keinen Widerspruch
fhrt.
Satz 1
Mit C
0
= (x, 0) [ x R gilt
(C
0
, , )

=
..
isomorph
(R, +, ).
Der Isomorphismus ist die Abbildung f(x, 0) = x. f ist bijektiv und operationstreu,
d. h. f((x, 0) (y, 0)) = f(x y, 0) = x y = f(x, 0) f(y, 0).
Da wegen der Isomorphie zwischen R und C
0
die Addition in C die Addition + in
R fortsetzt, schreiben wir fr der Einfachheit halber +, ebenso notieren wir auch die
Multiplikation in C mit .
Damit ist gezeigt, dass die Einfhrung der komplexen Zahlen widerspruchsfrei mglich
ist. Die neue Welt der komplexen Zahlen ist also in Ordnung, allerdings mit einer
Einschrnkung. Bei der Erweiterung von R nach C geht die Anordnung verloren. Fr
0 und i gilt weder 0 < i noch 0 = i noch 0 > i. Nehmen wir nmlich an, dass die
imaginre Einheit positiv sei, d. h. i > 0, so fhrt die Multiplikation mit i zu einem
Widerspruch
1 = i
2
= i i > 0 i = 0,
weil ja Multiplikation mit einer positiven Zahl (hier i, das ja nach Voraussetzung i > 0
ist) die Ungleichung erhlt. Nehmen wir andererseits an, dass i negativ sei, also i < 0,
so folgt wiederum durch Multiplikation mit der jetzt als negativ angenommenen Zahl i
ein Widerspruch
1 = i
2
= i i > 0 i = 0,
d. h. 1 > 0. Schlielich fhrt auch die dritte Mglichkeit i = 0 auf ein unsinniges
Ergebnis, da die Multiplikation mit i zu 1 = 0 fhrt. Wir halten also fest: Die imaginre
Einheit, und somit alle komplexen Zahlen mit von Null verschiedenem Imaginrteil sind
weder positiv noch negativ. Eine Anordnung komplexer Zahlen ist nicht mglich. Wir
fassen zusammen:
10 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Satz 2
(C, , ) ist ein Krper, allerdings kein angeordneter Krper.
brigens bildet C auch einen Vektorraum ber R. Die Dimension dieses Vektorraums
ist zwei und 1 und i bilden eine Basis.
1.3 Rechnen im Krper (C, +, )
Beispiel 1.3
Es sei z
1
= 5 + 2i, z
2
= 3 4i. Dann ist
z
1
+z
2
= (5 + 2i) + (3 4i) = 5 + 3 + (2 4)i = 8 2i
z
1
z
2
= (5 + 2i) (3 4i) = 5 3 + (2 + 4)i = 2 + 6i.
Inverses Element bezglich der Addition zu z
2
ist z
2
= 3 + 4i, denn
z
2
+ (z
2
) = (3 4i) + (3 + 4i) = 0 + 0i = 0.
Fr die Multiplikation und Division ergibt sich
z
1
z
2
= (5 + 2i) (3 4i) = 23 14i
z
1
z
2
=
5 + 2i
3 4i
=
(5 + 2i) (3 + 4i)
(3 4i) (3 + 4i)
=
15 8 + (20 + 6)i
9 16i
2
=
7 + 26i
25
Denition 1.2
Die beiden Zahlen z = a+bi und z = abi heien konjugiert komplex zueinander
(conjugere = verbinden).
Eigenschaften von konjugiert komplexen Zahlen:
z = (z) = a bi = a +bi = z
z +z = (a +bi) + (a bi) = 2a = 2Re(z)
z z = 2iIm(z)
z z = a
2
+b
2
R

1
z
=
z
z z
=
a bi
a
2
+b
2

z
z
=
a +bi
a bi
=
(a +bi) (a +bi)
(a bi) (a +bi)
=
a
2
b
2
+ 2abi
a
2
+b
2

z
z
=
a
2
b
2
2abi
a
2
+b
2
, es ist also
_
z
z
_
=
z
z
z
1
z
2
= z
1
z
2
z
1
+z
2
= z
1
+z
2
1.3 Rechnen im Krper (C, +, ) 11
Satz 3
Die Abbildung k : z z ist ein Automorphismus von (C, +, ), d. h. k ist ein
strukturerhaltender Isomorphismus von C.
Zum Beweis siehe Aufgabe 1.3.
Aufgaben
1.1. Informieren Sie sich in der Literatur ber die Zahlbereichserweiterung von den
natrlichen Zahlen zu den Bruchzahlen. Welche mathematischen Anstze gibt es
hier? Erarbeiten Sie sich das quivalenzklassenkonzept zur Einfhrung von Br-
chen. Wie sind dabei Brche deniert? Wie sind Addition und Multiplikation de-
niert? Worauf muss man bei den Denitionen der Rechenoperationen besonders
achten?
1.2. (a) Weisen Sie die Assoziativitt der Multiplikation im Komplexen nach, d. h.
die Operation auf R
2
gegeben durch (a, b) (c, d) = (ac bd, ad +bc) ist
assoziativ.
(b) Weisen Sie das Distributivgesetz fr und auf R
2
nach.
(c) Worin liegt das Problem mit der folgenden Multiplikation auf R
2
:
(a, b) (c, d) = (a c, b d)?
1.3. Die Abbildung
k : C C
z z
ist ein Automorphismus von (C, +, ).
1.4. Berechnen Sie fr z
1
= 2 +i, z
2
= 3 2i und z
3
=
1
2
+

3
2
i:
(a) 3z
1
4z
2
(b) z
3
1
3z
2
1
+ 4z
1
8 (c) (z
3
)
4
1.5. Berechnen Sie (fr n = 2, 3, 4, . . . in (d), (e), (f))
(a)
3 2i
1 +i
(b)
5 + 5i
3 4i
(c)
3i
30
i
19
2i 1
(d) i
n
(e) (i)
n
(f) (1 +i)
n
12 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
1.4 Die Gausche Zahlenebene
E
T
X u
b
E
z
1
z
2
z
3
= z
1
+z
2
z
4
= z
1
z
2
Abb. 1.4: Addition komplexer Zahlen
Die reellen Zahlen fllen die Zahlengerade
vollstndig aus. Die Darstellung komplexer
Zahlen in der Form z = x + yi = (x, y)
legt es nahe, einer komplexen Zahl z den
Punkt P(x, y) in einem x, y-Koordinatensys-
tem zuzuordnen. Den Punkt bezeichnen wir
mit z. Jeder komplexen Zahl z kann der Vek-
tor

OZ zugeordnet werden, den wir auch z
nennen. Die Addition von komplexen Zahlen
entspricht dann der Addition der zugeordne-
ten Vektoren (Parallelogrammregel). Additi-
on und Subtraktion erfolgen komponenten-
weise, sei z. B. z
1
= 3 + 2i, z
2
= 2 + i, dann
ist
z
3
= z
1
+z
2
= 1 + 3i
z
4
= z
1
z
2
= 5 +i.
T
E

B
z
r
r
r
r
r
r
rrj
z
Abb. 1.5: Komplexe Zahl und die zu ihr
konjugiert komplexe Zahl
Die vertikale Achse der Gauschen Ebene
z[z = iy, y R heit imaginre Achse,
die horizontale Achse z[z = x, x R heit
reelle Achse.
Die Gausche Zahlenebene ist die in die
Ebene ausgebreitete komplexe Zahlengerade.
An jeder reellen Zahl a hngen die komplexen
Zahlen z = a +yi, y R, auf der dazugehri-
gen imaginren Gerade. Wegen i
2
= 1 lsst
sich die Anordnung nicht auf die komplexen
Zahlen ausdehnen. Der bergang von z zu z
bedeutet eine Spiegelung an der reellen Achse,
siehe Abbildung 1.5.
1.5 Die Betragsfunktion in C
Denition 1.3
Die Lnge des Vektors z heit sein Betrag [z[. Die Funktion der Gauschen Ebene,
die jeder komplexen Zahl z = a +bi ihren Betrag zuordnet, heit Betragsfunktion
: z [z[ = [a +bi[ =
_
a
2
+b
2
(Satz des Pythagoras)
1.5 Die Betragsfunktion in C 13
Es ist
[z[
2
= a
2
+b
2
= (a +bi)(a bi) = z z
und
[z[ = [z[ , [ z[ = [z[
Beispiel 1.4
[3 + 2i[ =

9 + 4 =

13 3, 6
[1 i[ =

1 + 1 =

2
[
1
2
+
1
2

3i[ =
_
1
4
+
3
4
= 1.
T
E
1
i
e
e
e
e
e
e

1
2
+
1
2

3i
Abb. 1.6: Zahl auf dem Einheitskreis
Die Zahl z =
1
2
+
1
2

3i liegt auf dem Ein-


heitskreis, da [z[ = 1.
Satz 4
Die Betragsfunktion ist mit der Multipli-
kation und Division vertrglich:
[z
1
z
2
[ = [z
1
[ [z
2
[

z
1
z
2

=
[z
1
[
[z
2
[
Die Betragsfunktion : z [z[ ist
ein Homomorphismus von C auf R
+
0
.
Beweis als bung.
Beispiel 1.5
Es seien z
1
= 15 + 8i, z
2
= 5 + 12i,
dann ist
[z
1
[ =

225 + 64 =

289 = 17,
[z
2
[ =

25 + 144 =

169 = 13.
Bei diesem Beispiel bleiben wir im ganzzahligen Bereich, da 8, 15, 17 sowie 5, 12, 13
pythagoreische Zahlentripel sind, d. h. Zahlen a, b, c mit a
2
+b
2
= c
2
.
z
1
z
2
= 75 + 180i 40i 96 = 171 + 140i
[z
1
z
2
[ =
_
171
2
+ 140
2
=

29241 + 19600 =

48841 = 221.
Ist die Betragsfunktion mit der Addition vertrglich?
14 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
T
E
X
!
Q
z
1
z
2
z
1
+z
2
[z
1
[
[z
2
[
[z
1
+z
2
[
Abb. 1.7: Dreiecksungleichung
Es sei z
1
= 2 +i; z
2
= 1 + 3i. Dann ist
[z
1
[ =

5, [z
2
[ =

10,
und
z
1
+z
2
= 3 + 4i, d. h. [z
1
+z
2
[ = 5,
whrend

5 +

10 2, 23 + 3, 26 = 5, 39,
also

5 +

10 > 5.
Satz 5
Fr z
1
, z
2
C gilt:
[z
1
+z
2
[ [z
1
[ +[z
2
[.
Diese Gleichung ist auch als Dreiecksungleichung bekannt: In jedem Dreieck
ist die Summe von zwei Seitenlngen grer als die Lnge der dritten Seite.
Gleichheit gilt genau dann, wenn z
1
= k z
2
fr ein k R.
[z
2
z
1
[ [z
2
[ [z
1
[.
Beweis: Es sei z
1
= a
1
+ib
1
, z
2
= a
2
+ib
2
. Dann ist [z
1
+z
2
[
2
= (a
1
+a
2
)
2
+(b
1
+b
2
)
2
.
Es ist zu zeigen, dass
(a
1
+a
2
)
2
+ (b
1
+b
2
)
2
a
2
1
+b
2
1
+a
2
2
+b
2
2
+ 2
_
(a
2
1
+b
2
1
)(a
2
2
+b
2
2
).
Dies ist quivalent zu
a
1
a
2
+b
1
b
2

_
(a
2
1
+b
2
1
)(a
2
2
+b
2
2
)

a
2
1
a
2
2
+ 2a
1
a
2
b
1
b
2
+b
2
1
b
2
2
a
2
1
a
2
2
+a
2
1
b
2
2
+b
2
1
a
2
2
+b
2
1
b
2
2

2a
1
a
2
b
1
b
2
a
2
1
b
2
2
+b
2
1
a
2
2

0 (a
1
b
2
b
1
a
2
)
2
.
Letzteres ist immer erfllt, da Quadrate reeller Zahlen niemals negativ sind. Gleichheit
gilt genau wenn b
2
= b
1
/a
1
a
2
, d. h. es gibt ein k R (nmlich k = a
1
/b
1
) mit
a
1
+ia
2
= k(b
1
+b
2
).
Zum Beweis von b) setze man w
1
= z
2
z
1
, w
2
= z
1
und erhlt bei Anwendung von a)
auf w
1
, w
2
[w
1
+w
2
[ [w
1
[ +[w
2
[,
1.6 Punktmengen in der Gauschen Zahlenebene 15
das heit
[z
2
[ [z
2
z
1
[ +[z
1
[,
woraus die Behauptung unmittelbar folgt.
E
T
I
#
}
z
1
z
2
[z
1
[
[z
2
[
[z
2
z
1
[
z
2
z
1
Abb. 1.8: Der Betrag einer Dierenz ist
grer oder gleich der Dierenz der Be-
trge
[z
2
z
1
[ gibt den Abstand der Punkte z
1
und z
2
in der Zahlenebene an. Die geometrische Aussa-
ge dieser Ungleichung lautet: In jedem Dreieck
ist die Lnge einer Seite grer als die Dierenz
der anderen beiden Seitenlngen.
Der Betrag einer komplexen Zahl z lsst sich
auch mit Hilfe der konjugiert komplexen Zahl
z ausdrcken. Es sei z = x + yi. Dann ist
[z[ =
_
x
2
+y
2
und
[z[
2
= (x +yi) (x yi) = z z.
Satz 6
[z[
2
= z z oder [z[ =

z z.
1.6 Punktmengen in der Gauschen Zahlenebene
Gesucht sind alle Punkte z = x + yi, die eine Gleichung oder Ungleichung erfllen.
1
Abb. 1.9: Einheitsscheibe als
Lsungsmenge von z 1
1. [z[ 1:
[z[ =
_
x
2
+y
2
, also
_
x
2
+y
2
1
x
2
+y
2
1
Die Lsung ist die Scheibe des Einheitskreises mit
Rand.
1.

z 3
z + 1

1:
Wir illustrieren drei unterschiedliche Methoden zur Bestimmung der Punktmenge,
die dieser Ungleichung gengen.
16 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
1. Methode: Betrge ausrechnen.
Es ist

z
1
z
2

=
[z
1
[
[z
2
[
. Daher suchen wir alle z mit
[z 3[ [z + 1[
[x +yi 3[ [x +yi + 1[
_
(x 3)
2
+y
2

_
(x + 1)
2
+y
2
x
2
6x + 9 +y
2
x
2
+ 2x + 1 +y
2
x 1.
Die Lsung ist somit die Halbebene aller Punkte der Gauschen Zahlenebene,
deren Realteil 1 ist.
2. Methode: Mit Hilfe der konjugiert komplexen Zahlen.
Es ist z z = [z[
2
, daher

z 3
z + 1

1
[z 3[
2
[z + 1[
2
=
(z 3)(z 3)
(z + 1)(z + 1)
1
(z 3)(z 3) (z + 1)(z + 1)
zz 3z 3z + 9 zz +z +z + 1
8 4(z +z = 8Re(z)
Re(z) 1, also x 1.
3. Methode: Geometrisch
Die Ungleichung bedeutet: Der Abstand eines
Punktes z von (3,0) ist gleich oder grer als
der Abstand von (1, 0). Fr gleiche Abstn-
de ergibt sich die Mittelsenkrechte von (3,0)
und (1, 0), d. h. die Gerade x = 1.
Insgesamt ergibt sich die Halbebene links von
der Geraden x = 1.
1
Abb. 1.10: Halbebene als L-
sungsmenge
3.

z 3
z + 3

2.
Wir wenden die 2. Methode mit dem konjugiert Komplexen an:

z 3
z + 3

2
=
(z 3)(z 3)
(z + 3)(z + 3)
4
Durchrechnen fhrt auf
[z + 5[ 4,
d. h. die Lsung ist das Auengebiet des Kreises um (5,0) mit dem Radius 4.
1.6 Punktmengen in der Gauschen Zahlenebene 17
Wir fhren einige Punktproben durch:
z
1
= 1 :

1 3
1 + 3

= 2,
d. h. z = 1 liegt auf dem Rand.
z
2
= 9 :

19 3
9 + 3

= 2
liegt ebenfalls auf dem Rand.
z
3
= 0 :

3
+3

2
liegt im Inneren der Punktmenge.
5 1
Abb. 1.11: Auengebiet eines
Kreises als Lsungsmenge
Was besagt die Gleichung

z 3
z + 3

= 2 geometrisch?
Die Lsungsmenge besteht aus allen Punkten, deren Ab-
stand zu 3 doppelt so gro ist wie der Abstand zu 3.
Als Lsung haben wir den Kreis um (5, 0) mit Radi-
us 4 errechnet. Wir haben somit eine bemerkenswerte
Charakterisierung eines Kreises gefunden, die zu Ehren
des griechischen Mathematikers Apollonius von Perge
(262190 v. Chr.) benannt ist:
Satz 7
Satz des Apollonius: Alle Punkte, deren Abstandsverhltnis zu zwei festen Punk-
ten A, B den konstanten Wert ,= 1 haben, liegen auf einem Kreis, dem Apolloni-
uskreis zu A, B und .
Abb. 1.12: Apollonius
Die bekanntere und wohl auch anschaulichere geometrische
Charakterisierung deniert den Kreis als die Menge aller
Punkte, die zu einem vorgegebenem Punkt (nmlich dem Mit-
telpunkt des Kreises) einen festen Abstand (den Radius) ha-
ben. Dies lsst sich direkt mit Hilfe komplexer Zahlen aus-
drcken:
Allgemeine Kreisgleichung:
k(M; r) = z[[z m[ = r, m C, r R
+
.
18 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Hieraus lsst sich eine betragsfreie Form herleiten:
[z m[
2
= r
2
(z m)(z m) = r
2
z z mz mz +mmr
2
. .
=R
= 0,
zz mz mz + = 0 Kreisgleichung
whrend die Gleichung ohne den Produktterm z z
bz +bz + = 0
eine Gerade in der Gauschen Zahlenebene darstellt.
Denn der Ansatz z = x +iy, b =
1
+i
2
fhrt zu
(
1

2
i)(x +yi) + (a +bi)(x yi) + = 0

1
x +
1
yi
2
xi +by +ax ayi +bxi +by + = 0
2
1
x + 2
2
y + = 0,
was die Gerade
y =

1

2
x

2
2
charakterisiert.
Beispiel 1.6
3+i
Abb. 1.13: Kreis um 3 + i mit
Radius 4
Welcher Kreis wird dargestellt durch
zz (3 i)z (3 +i)z 6 = 0?
zz (3 i)z (3 +i)z 6 = 0
(z (3 +i))(z (3 i)) = 16
[z (3 +i)[ = 4,
d. h. wir erhalten den Kreis um 3+i mit Radius 4.
Beispiel 1.7
Welche Punktmenge wird dargestellt durch
[z 1[ +[z + 1[ = 4?
1.6 Punktmengen in der Gauschen Zahlenebene 19
Wir setzen an mit
_
(x 1)
2
+y
2
+
_
(x + 1)
2
+y
2
= 4
(x 1)
2
+ y
2
+ (x + 1)
2
+y
2
+ 2
_
(x 1)
2
+y
2
_
(x + 1)
2
+y
2
= 16
2x
2
+ 2y
2
+ 2 + 2
_
(x
2
1)
2
+y
2
[(x 1)
2
+ (x + 1)
2
] +y
4
= 16
_
(x
2
1)
2
+y
2
(2x
2
+ 2) +y
4
= 7 x
2
y
2
Quadrieren auf beiden Seiten fhrt zu
x
4
2x
2
+ 1 + 2x
2
y
2
+ 2y
2
+y
4
= 49 +x
4
+y
4
14x
2
14y
2
+ 2x
2
y
2
12x
2
+ 16y
2
= 48
x
2
4
+
y
2
3
= 1.
1
1
1
Abb. 1.14: Ellipse mit den Brenn-
punkten +1 und 1
Das Ergebnis ist somit eine Ellipse. Ei-
ne geometrische Interpretation der Aus-
gangsgleichung kann uns direkt zu diesem
Ergebnis fhren: Gesucht ist die Menge
der Punkte z der Gauschen Ebene, de-
ren Summe der Abstnde zu den Punk-
ten 1 und 1 konstant 4 ist. Aus der ana-
lytischen Geometrie ist bekannt, dass die
Ortslinie aller Punkte, die zu zwei gege-
benen Punkten konstante Abstandssumme
besitzt, eine Ellipse ist. Die Brennpunkte
der Ellipse sind die Punkte 1 und 1.
Beispiel 1.8
x
1 0,5
y
0
1,5
-0,5
1
0,5
-1
0
Abb. 1.15: Parabel mit Brennpunkt
1
2
i und reeller Achse als Leitgerade
Welche Punktmenge wird dargestellt durch
[z
1
2
i[ = Im(z)?
Wir setzen an
_
x
2
+ (y
1
2
)
2
= y
und erhalten nach Quadrieren auf beiden
Seiten und Vereinfachen
y = x
2
+
1
4
,
d. h. das Resultat ist eine Parabel.
In der analytischen Geometrie ist eine Pa-
rabel deniert als die Menge aller Punk-
te, deren Abstand zu einem Brennpunkt F
20 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Abb. 1.16: Kegelschnitte: Kreis, Ellipse, Parabel, Hyperbel
gleich dem Abstand zu einer gegebenen Geraden g, der Leitgeraden, ist. Fr obige
Gleichung knnen wir schreiben
[z
1
2
i[ = [z Re(z)[ = [Im(z)[.
Die gesuchte Punktmenge ist somit eine Parabel mit Brennpunkt
1
2
i und reeller
Achse als Leitgerade.
Beispiel 1.8 lsst sich verallgemeinern: Gegeben ein Punkt P
1
und eine Gerade g. Die
Menge aller Punkte P, deren Abstand zu P
1
gleich dem Abstand zur Geraden g ist, ist
eine Parabel.
hnlich lassen sich die anderen Beispiele verallgemeinern. Gegeben seien zwei Punkte
P
1
und P
2
: Die Menge aller Punkte P in der Gauschen Ebene, deren Summe der
Abstnde zu P
1
und P
2
konstant ist,
[PP
1
[ +[PP
2
[ = konstant,
ist eine Ellipse. Ebenso haben wir mit Hilfe des Apolloniuskreises gesehen: Die Menge
aller Punkte P, deren Quotient der Abstnde konstant ,= 1 ist,
[PP
1
[
[PP
2
[
= konstant > 0, ,= 1,
ist ein Kreis. Ebenso lsst sich zeigen (bungen): Soll die Dierenz der Abstnde
zu P
1
und P
2
konstant sein, so ergibt sich eine Hyperbel, d. h. die Gleichung
[PP1[ [PP
2
[ = konstant
beschreibt eine Hyperbel. Damit haben wir eine interessante Charakterisierung einer
wichtigen Klasse von Kurven gefunden. Parabel, Kreis, Ellipse und Hyperbel sind Ke-
gelschnitte, d. h. diese Kurven entstehen, wenn man die Oberche eines unendlichen
Kegels bzw. Doppelkegels mit einer Ebene schneidet.
Welche Punktmenge erhlt man, wenn nicht Summe, Dierenz oder Quotient, sondern
das Produkt des Abstandes zu zwei vorgegebenen Punkten P
1
,
2
konstant ist?
1.6 Punktmengen in der Gauschen Zahlenebene 21
Wir whlen fr P
1
und P
2
die Punkte 1 und 1 in der komplexen Ebene und suchen
die Menge der Punkte, fr die gilt
[z 1[ [z + 1[ = k fr k = 1/4, 1 und k = 4.
1,5
-1 -2
y
1
-0,5
0
0,5
x
2
1
0
-1,5
-1
Abb. 1.17: Cassinische Kurven fr k = 1/4, k = 1 und k = 4.
Der Ansatz z = x +iy fhrt zu
[(x 1)
2
+y
2
][(x + 1)
2
+y
2
) = k
(x 1)
2
(x + 1)
2
+y
2
[(x + 1)
2
+ (x 1)
2
] +y
4
= k
(x
2
1)
2
+ 2y
2
(x
2
+ 1) +y
4
= k
x
4
2x
2
+ 2x
2
y
2
+ 2y
2
+y
4
= k 1
(x
2
+y
2
)
2
2(x
2
y
2
) = k 1.
Whlen wir fr k die Werte k = 1/4, k = 1 und k = 4, so erhalten wir die Kurven, die in
Abbildung 1.17 dargestellt sind. Fr 0 < k < 1 erhalten wir zwei getrennte geschlossene
Kurven, fr k = 1 die brezelfrmige Lemniskate. Je grer k ist, umso mehr nhert sich
die Kurve einer Ellipse an. Sie heien Cassinische Kurven. Der Spezialfall k = 1, der
zu der Brezelkurve gehrt, heit Lemniskate.
Aufgaben
1.6. Es seien z
1
= 2 +i und z
2
= 3 2i komplexe Zahlen. Berechnen Sie:

2z
2
+z
1
5 i
2z
1
z
2
+ 3 i

1.7. Zeigen Sie: Die Betragsfunktion z [z[ ist mit der Multiplikation und Division
vertrglich:
(a) [z
1
z
2
[ = [z
1
[ [z
2
[
22 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
(b)

z
1
z
2

=
[z
1
[
[z
2
[
(c) Die Betragsfunktion ist ein Homomorphismus von (C, ) auf (R
+
0
, ).
1.8. Welche Punktmenge in der Gauschen Ebene wird beschrieben durch folgende
Ungleichungen:
[z[ < 2 und

z
1
2

1
2
?
1.9. Weisen Sie nach: fr komplexe Zahlen z = x +iy, x, y R gilt:
(a)

z +i
z i

= 1 genau dann, wenn z R, d. h. z = x


(b)

z + 3
z 3

= 1 genau dann, wenn z = iy


1.10. Weisen Sie nach: [z[ = 1
1
z
= z.
1.11. Welche Punktmenge wird in der Gauschen Ebene festgelegt durch

z 1
z + 1

2 ?
1.12. Weisen Sie nach: Durch die Gleichung: z z m z m z + = 0 wird in der
Gauschen Ebene ein Kreis beschrieben.
1.13. Weisen Sie nach, dass die Menge der komplexen Zahlen, die der Gleichung
[z 1[ [z + 1[ = 1
gengen, eine Hyperbel in der komplexen Ebene bilden.
(In der analytischen Geometrie ist eine Hyperbel eine Kurve, deren Punkte der
Gleichung
x
2
a

y
2
b
= 1 gengen.)
1.7 Polarkoordinatendarstellung
Eine komplexe Zahl z ist eindeutig durch ihren Betrag und den Winkel zwischen z und
der reellen Achse bestimmt. Wir erhalten somit eine zweite Darstellungsform komplexer
Zahlen durch sogenannte Polarkoordinaten.
Gegeben die komplexe Zahl z = x + yi, dann ist der Abstand zum Ursprung gegeben
durch den Betrag von z, d. h.
r = [z[ =
_
x
2
+y
2
=

zz.
1.7 Polarkoordinatendarstellung 23
T
E
0

y
x
z = x +iy
Abb. 1.18: Polarkoordinaten einer kom-
plexen Zahl
Der Winkel bezglich der x-Achse, orientiert
im Gegenuhrzeigersinn, heit das Argument
von z, notiert als = arg(z), und ist gegeben
durch
tan =
y
x
(x ,= 0) und 0 < 2
bzw.
cos =
x
r
, sin =
y
r
.
Wir lesen ab:
x = r cos y = r sin
Whrend man
z = x +iy
als die rechteckige oder kartesische Darstellung der komplexen Zahl z bezeichnet,
ist
z = r(cos +i sin)
die Polarkoordinatenform von z.
Umgekehrt lsst sich aus der kartesischen Darstellung einer komplexen Zahl z = x +yi
die Polardarstellung sofort berechnen:
r = [z[ =
_
x
2
+y
2
, = arctany/x = tan
1
y/x
cos =
x
_
x
2
+y
2
, sin =
y
_
x
2
+y
2
.
Denition 1.4
Die Darstellung einer komplexen Zahl z = x +yi in der Form
z = r(cos +i sin )
mit r =
_
x
2
+y
2
, tan =
y
x
heit Polarkoordinatendarstellung und (r, ) hei-
en die Polarkoordinaten von z. Das Argument ist dabei immer so zu whlen,
dass 0 < 2 gilt. Diesen Winkel nennt man den Hauptwert des Winkels.
Fr den Hauptwert muss die Lage von z = x +yi beachtet werden:
x > 0, y 0 x < 0, y 0 x < 0, y 0 x > 0, y 0
Gradma 0

< 90

90

< 180

180

< 270

270

< < 360

Bogenma 0 < /2 /2 < < 3/2 3/2 < < 2


24 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Fr x = 0, y > 0 ist = /2; fr x = 0, y < 0 ist = 3/2. Fr x = y = 0, also z = 0
ist r = 0 und unbestimmt.
Umwandlungen:
1. z = 2 + 2

3i
[z[ = [2 + 2

3i[ =

4 + 12 = 4,
cos = x/[z[ = 2/4 = 1/2 = /3 Hauptwert
z = 4(cos /3 +i sin /3)
Andere Lsungen erhlt man, indem man Vielfache von 2 zu hinzuaddiert.
2. Fr z = 3 + 3i ergibt sich [z[ = [ 3 + 3i[ =

9 + 9 = 3

2
cos =
x
[z[
=
3
3

2
=
1
2

2
sin =
y
[z[
=
3
3

2
=
1
2

=
3
4
3. Fr z = 4 3i errechnen wir [z[ =

4
2
+ 3
2
= 5 und sin = 0, 8, cos = 0, 6,
woraus folgt = 5.63968 im Bogenma bzw. = 323, 24

im Gradma.
4. Fr z =
1 +

5
4
+

2
_
5 +

5
4
i erhalten wir [z[ = 1, =
2
5
5. Ist umgekehrt die komplexe Zahl in Polarkoordinatenform gegeben als r =
2

2, = 7/6, so errechnet sich die kartesische Form als z =

2i
Rechnen in der Polarform:
Gegeben seien zwei komplexe Zahlen z
1
, z
2
,
z
1
= r
1
(cos
1
+i sin
1
) = x
1
+y
1
i
z
2
= r
2
(cos
2
+i sin
2
) = x
1
+y
1
i.
Die Addition erfolgt komponentenweise, ganz analog wie in der kartesischen Darstellung:
z
1
+z
2
= (r
1
cos
1
+r
2
cos
2
) +i(r
1
sin
1
+r
2
sin
2
).
Satz 8
Zwei komplexe Zahlen in Polarkoordinatendarstellung werden addiert, indem Real-
teil und Imaginrteil addiert werden.
Fr die Addition stellt die Polarkoordinatendarstellung keine Erleichterung bei den
Berechnungen dar. Anders ist es bei der Multiplikation: Dargestellt in Polarkoordinaten
lsst sich die Multiplikation zweier komplexer Zahlen einfach charakterisieren:
1.7 Polarkoordinatendarstellung 25
z
1
z
2
= r
1
(cos
1
+ sin
1
) r
2
(cos
2
+ sin
2
)
= r
1
r
2
[cos
1
cos
2
sin
1
sin
2
) +i (cos
1
sin
2
+ sin
1
cos
2
)]
= r
1
r
2
[cos(
1
+
2
) + i sin(
1
+
2
)]
Satz 9
Zwei komplexe Zahlen in Polarform werden multipliziert, indem man die Betrge
multipliziert und die Argumente addiert.
[z
1
z
2
[ = r
1
r
2
= [z
1
[ [z
2
[
arg(z
1
z
2
) =
1
+
2
= arg(z
1
) + arg(z
2
) modulo 2
Beispiel 1.9
z
1
=

2
_
cos
5
4
+i sin
5
4
_
, z
2
=

18
_
cos
5
6
+i sin
5
6
_
z
1
z
2
= 6
_
cos

12
+i sin

12
_
.
Was ist das inverse Element zu z = r(cos +i sin )?
1
z
=
1
r
[cos() +i sin()] =
1
r
(cos i sin).
Denn
z
1
z
= r(cos +i sin )
1
r
(cos() +i sin())
=
r
r
[cos( ) +i sin( )] = 1.
Allgemein gilt fr die Division
z
1
z
2
= z
1

1
z
2
=
r
1
r
2
[cos(
1

2
) +i sin(
1

2
)].
Satz 10
Zwei komplexe Zahlen in Polarkoordinaten werden dividiert, indem ihre Betrge
dividiert und ihre Argumente subtrahiert werden.
26 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
1.8 Die Formeln von Moivre und Euler
Potenzen einer komplexen Zahl auf dem Einheitskreis:
Moivre-Formel
Wir bilden die Potenzen einer Zahl z auf dem Ein-
heitskreis:
z = cos + i sin
z
2
= (cos +i sin)
2
= cos
2
sin
2
+i(2 sincos )
= cos 2 +i sin2
z
3
= z z
2
= (cos +i sin)(cos 2 +i sin2)
= cos 3 +i sin3.
1

2
3
Abb. 1.19: Potenzen einer komple-
xen Zahl mit z = 1
Allgemein gilt:
Satz 11
Fr alle n N und alle R gilt die Formel von Abraham de Moivre (16671754):
(cos +i sin )
n
= cos(n) +i sin(n).
Beweis: Beweis mit vollstndiger Induktion:
A(n) : (cos +i sin )
n
= cos(n) +i sin(n)
Verankerung: A(1) ist richtig.
Induktionsschluss: Fr alle n N : A(n) A(n + 1)
(cos +i sin )
n+1
= (cos +i sin )
n
(cos +i sin )
= [cos n +i sinn] (cos +i sin )
= cos(n +) +i sin(n +)
= cos(n + 1) +i sin(n + 1).
Beim Schritt von der ersten zur zweiten Zeile wurde die Induktionsvoraussetzung ange-
wandt, der Schluss von der zweiten zur dritten Zeile gilt aufgrund von Satz 8.
Mit Hilfe dieser Formel kann man cos n und sin n in Potenzen von cos bzw. sin
ausdrcken.
1.8 Die Formeln von Moivre und Euler 27
Beispiel 1.10
cos 5 +i sin5 = (cos +i sin)
5
=
_
5
0
_
cos
5
+
_
5
1
_
cos
4
i sin +. . . +
_
5
5
_
(i sin )
5
= cos
5
+ 5i cos
4
sin 10 cos
3
sin
2

10i cos
2
sin
3
+ 5 cos sin
4
+i sin
5

Realteil: cos 5 = cos


5
10 cos
3
sin
2
+ 5 cos sin
4

= cos
5
10 cos
3
(1 cos
2
) + 5 cos (1 cos
2
)
2
= 16 cos
5
20 cos
3
+ 5 cos
Imaginrteil: sin5 = 16 sin
5
20 sin
3
+ 5 sin .
Die Multiplikation komplexer Zahlen in Polarkoordinaten erlaubt eine anschauliche geo-
metrische Interpretation. Diese Tatsache stellt eine wichtige Verbindung zwischen dem
algebraischen Rechnen mit komplexen Zahlen und Aussagen der hnlichkeitsgeometrie
her.
Gegeben sei z
1
= r
1
(cos
1
+i sin
1
) beliebig, aber z
1
,= 0, d. h. r
1
,= 0, z
2
= r
2
(cos
2
+
i sin
2
), z
2
,= 0. Wir betrachten folgende Flle:
1. [z
2
[ = 1, also r
2
= 1, d. h. z
2
liegt auf dem Einheitskreis. Die Multiplikation mit
z
2
entspricht eine Drehung mit dem Winkel
2
um den Ursprung.
2. z
2
= r
2
, also
2
= 0, z
2
R
+
. Die Multiplikation mit z
2
bewirkt eine Streckung
von z
1
mit dem Ursprung als Streckzentrum mit dem Streckfaktor k = r
2
(oder
Stauchung). Konstruktion mittels Strahlensatz: [z
1
z
2
[ : [z
2
[ = [z
1
[
3. z
2
beliebig: Die Multiplikation mit z
2
bedeutet eine Drehstreckung von z
1
mit
dem Ursprung als Zentrum mit Drehwinkel
2
und Streckfaktor r
2
.
z
1

1
1

z
1
z
2
z
2
z
1
z
2
z
1
z
2
x
1
x
2
x
1
x
2
Abb. 1.20: Multiplikation mit a) komplexer Zahl vom Betrag 1 entspricht einer Drehung
(links); b) reeller Zahl entspricht Streckung (Mitte) c) beliebiger komplexer Zahl entspricht
Drehstreckung (rechts)
28 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Komplexe Exponenten: Formel von Euler
Im Reellen gilt: lim
n
_
1 +
x
n
_
n
= e
x
, e = 2, 71828 . . . Wir bertragen dies gem
Leonard Euler (17071783) ins Komplexe:
lim
n
_
1 +
ix
n
_
n
= e
ix
.
Was soll e
ix
bedeuten? Wir untersuchen die Folge (1 +
ix
n
)
n
fr x = 2/3 2, 0944.
z
1
= 1 +ix = 1 + 2, 09i = 2, 32 (cos 1, 1245 +i sin 1, 1245)
z
2
= (1 +
ix
2
)
2
= (1 + 1, 05i)
2
= 2, 10(cos 1, 6196 +i sin 1, 6196)
z
3
= (1 +
ix
3
)
3
= (1 + 0, 700i)
3
= 1, 81(cos 1, 8322 +i sin1, 8322
z
5
= (1 +
ix
5
)
5
= (1 + 0, 419i)
5
= 1, 50(cos 1, 9839 +i sin1, 9839)
z
10
= (1 +
ix
10
)
1
0 = (1 + 0, 209i)
10
= 1, 24(cos 2, 0603 +i sin)2, 0603
z
100
= (1 +
ix
100
)
100
= (1 + 0, 0209i)
100
= 1, 022(cos 2, 0897 +i sin2, 0897)

e
i
2
3
1 (cos
2
3
+i sin
2
3
) (
2
3
2, 0944).
Allgemein gilt
Satz 12
(Formel von Euler)
e
ix
= cos x +i sinx, x R. (1.1)
Somit ergibt sich fr die komplexe Exponentialfunktion
z f(z) = e
z
= e
x+iy
= e
x
e
iy
= e
x
(cos y +i siny).
Beweis:
1
Wir betrachten die Funktion
f(x) = e
ix
(cos x +i sinx).
Die Formel von Euler besagt dann gerade, dass f(x) 1. Wir beweisen diese Aussage,
indem wir zunchst nachweisen, dass f

0 ist. Die Ableitung des ersten Faktors ist


i e
ix
, die des zweiten Faktors sinx +i cos x. Anwendung der Produktregel ergibt
somit
f

(x) = i e
ix
(cos x +i sin x) +e
ix
(sinx +i cos x)
= e
ix
(i cos x + sin x) +e
ix
(sin x +i cos x)
= 0 fr alle x .
1
Wir unterstellen hier, dass die im Reellen gltigen Dierentiationsregeln auch im Komplexen gelten.
Die in der Literatur meist blichen Beweise der Euler-Formel kommen ohne diese Annahmen aus und
basieren auf einem Potenzreihenargument, siehe z. B. Needham (2001).
1.8 Die Formeln von Moivre und Euler 29
Da die Ableitung berall 0 ist, ist f konstant. Um den konstanten Wert zu berechnen,
gengt es, f an einer einzigen Stelle zu berechnen. Es gilt
f(0) = e
i0
(cos 0 +i sin0) = 1.
Die Gleichung erscheint in Leonhard Eulers Introductio, verentlicht in Lausanne 1748.
Fr den Winkel x = ergibt sich die Identitt
e
i
= 1 bzw. e
i
+ 1 = 0,
die einen verblend einfachen Zusammenhang zwischen vier der bedeutendsten ma-
thematischen Konstanten herstellt: Der Eulerschen Zahl e, der imaginren Einheit i,
der Kreiszahl sowie der Einheit 1 der reellen Zahlen.
Eine Leserumfrage des Fachblattes Mathematical Intelligencer im Jahre 1990 sah die
Eulersche Identitt als das schnste Theorem der Mathematik an. Die Zeitschrift Physics
World nannte im Jahre 2004 die Identitt die grte Gleichung aller Zeiten.
Die Eulersche Identitt ist der Schlssel zur hheren Arithmetik im Komplexen. Wie
wir in Abschnitt 1.3 gesehen haben, sind Addition, Subtraktion, Multiplikation und
Division komplexer Zahlen eine einfache Fortsetzung dieser Operationen im Reellen.
Basierend auf der Eulerschen Identitt lassen sich nun Logarithmen auch aus negativen
und sogar komplexen Zahlen bestimmen. Ebenso lassen sich Potenzen mit komplexer
Basis oder komplexer Potenz berechnen.
Beispiel 1.11
Was ist i
i
? Zunchst gilt
i
i
= e
(i ln(i))
und wir mssen den Logarithmus der imaginren Einheit nden.
Der Ansatz
ln(i) = a +bi
fhrt zu
i = e
a+bi
= e
a
e
bi
= e
a
(cos b +i sinb).
Eine Lsung hiervon ist b = /2, a = 0, was aber bedeutet, dass
ln(i) = i

2
.
Der Potenzausdruck i
i
ist mehrdeutig. Die Lsungen sind aber alle reell mit dem
Hauptwert
i
i
= e
/2
0, 207879576350762.
30 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Etwas allgemeiner fragen wir: Was ist ln(z)? Der Ansatz ln(z) = a +ib fhrt auf
z = e
a+ib
= e
a
e
ib
= e
a
(cos b +i sinb).
Aber
z = [z[e
iarg(z)
,
weshalb
a = ln [z[, b = arg(z) +k2
und daher
ln z = ln [z[ +iarg(z).
Die komplexe Exponentialfunktion bildet die reelle Achse auf die reelle Achse ab und
die imaginre Achse auf den Einheitskreis.
Folgerungen:
1. e
i(y+k2)
= e
iy
fr k Z.
2. e
iy
= cos y i siny.
3. Ausen der Formel fr e
iy
und e
iy
nach siny und cos y ergibt:
cos y =
e
iy
+e
iy
2
sin y =
e
iy
e
iy
2i
.
4. Sonderflle:
e
2i
= 1 e
i/2
= i
e
i
= 1 e
3/2i
= i.
Die Eulersche Formel dient auch als Bindeglied zwischen Analysis und Trigonometrie,
da die trigonometrischen Funktionen als Linearkombinationen von imaginren Expo-
nentialfunktionen dargestellt werden knnen.
y
1
w=e
iy
Abb. 1.21: Das Bild der imaginre Achse unter der Exponentialfunktion ist der Einheitskreis
1.9 Anwendungen in der Physik: Bewegungen eines Punktes in der Ebene 31
Denition 1.5
Wir denieren zwei Funktionen cosh und sinh (genannt: Cosinus Hyperbolicus und
Sinus Hyperbolicus) .
coshx =
e
x
+e
x
2
sinh x =
e
x
e
x
2
Dann ist fr z = x +yi C
cos z = cos x coshy i sinxsinh y.
Denn
cos z = cos(x +iy) = cos x cos(iy) sin x sin(iy)
= cos x
e
y
+e
y
2
sin x
e
y
e
y
2i
= cos xcoshy i sinxsinh y
und entsprechend
sin z = sin(x +iy) = sinx coshy +i cos y sinh x.
1.9 Anwendungen in der Physik:
Bewegungen eines Punktes in der Ebene
Ein Punkt P bewege sich in der Ebene ber die Zeit t hinweg. Die Koordinaten des
Punktes P zum Zeitpunkt t notieren wir mittels des Koordinatenpaares (x(t), y(t)). Die
Zuordnung
t (x(t), y(t))
wird auch als Parameterdarstellung einer (Bahn-)Kurve bezeichnet. So ist zum Bei-
spiel
t (sin(t), cos(t)), 0 t < 2
die Parameterdarstellung eines Kreises. Da wir komplexe Zahlen als Vektoren in der
Ebene kennengelernt haben, knnen wir die Bahnkurve eines Punktes durch die kom-
plexe Funktion
z(t) = x(t) +iy(t)
darstellen. Diese Darstellung wird sich als sehr geeignet erweisen, um verschiedene Be-
wegungen in der Ebene zu charakterisieren.
Man beachte, dass z eine Funktion von R (meist R
+
0
) nach C ist. Im nchsten Ab-
schnitt betrachten wir mit diesem Ansatz speziell Spiralen. In Kapitel 6 werden wir
auch komplexe Funktionen von C nach C untersuchen.
32 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Die Ableitung der komplexwertigen Funktion z(t) ist ganz analog zum reellen Ablei-
tungsbegri deniert als
d
dt
z(t) = lim
t0
z(t + t) z(t)
t
= lim
t0
_
x(t + t) x(t)
t
+i
y(t + t) y(t)
t
_
= lim
t0
x(t + t) x(t)
t
+i lim
t0
y(t + ) y(t)
t
=
d
dt
x(t) +i
d
dt
y(t),
vorausgesetzt diese Grenzwerte existieren. In der Physik wird die Ableitung nach der
Zeit blicherweise durch einen ber die Gre gesetzten Punkt bezeichnet. Man schreibt
also z(t) =
d
dt
z(t) und
z(t) = x(t) +i y(t).
Man erhlt somit die Ableitung von z(t), indem man Real- und Imaginrteil nach t
ableitet und die imaginre Einheit i wie eine Konstante behandelt.
Was bedeutet die Ableitung z(t) physikalisch? Der Vektor z(t + t) z(t) stellt die
Verschiebung des Vektors z im Zeitintervall t dar. Der Dierenzenquotient
z(t + t) z(t)
t
ist die mittlere Geschwindigkeit, und der Grenzwert fr t 0 , d. h. die Ableitung z(t),
ist die Momentangeschwindigkeit von z im Zeitpunkt t. Man beachte dabei, dass x die
Geschwindigkeit in horizontaler Richtung, y die Geschwindigkeit in vertikaler Richtung
angibt. Die Geschwindigkeit in Flugrichtung ist ein Vektor bzw. eine komplexe Gre,
deren Betrag gegeben ist durch
[ z(t)[ =
_
x
2
(t) + y
2
(t).
Entsprechend ist die zweite Ableitung deniert als
d
dt
z(t) = z(t) = x(t) +i y(t).
Als Grenzwert der mittleren Beschleunigung gibt die zweite Ableitung die Momentan-
beschleunigung im Zeitpunkt t an.
Beispiel 1.12
Ein Fuballtormann schiet den Ball beim Absto mit einer Geschwindigkeit von
25 m/Sek im 45

Winkel nach oben. Wie weit iegt der Ball? Mit welcher Geschwin-
digkeit kommt der Ball auf dem Boden wieder auf?
1.9 Anwendungen in der Physik: Bewegungen eines Punktes in der Ebene 33
Wir entnehmen dem Text, dass wegen des Winkels von 45

gilt x(0) = y(0), x(0) =


y(0) und daher
25 = [ z(0)[ =
_
x
2
(0) + y
2
(0) =

2 x(0).
Die Horizontalbewegung, ausgedrckt durch x(t), ist eine gleichmige Bewegung,
die vertikale Bewegung y(t) des Fuballs ist eine gleichmig beschleunigte Bewegung
mit Beschleunigung y = g 9, 81m/Sek
2
.
Hieraus folgt fr die Flugbahn des Fuballs
z(t) =
25

2
t +i
_
25

2
t
g
2
t
2
_
.
Die Geschwindigkeit des Fuballs zum Zeitpunkt t ist dann gegeben durch
z(t) =
25

2
+i
_
25

2
gt
_
bzw.
[ z(t)[ =

625
2
+
_
25

2
gt
_
2
.
Der Ball ist wieder auf dem Spielfeld, wenn der Imaginrteil von z(t) 0 ist, d. h. nach
t =
50

2g
3, 604 Sekunden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Ball 25/

2 3, 604m =
63, 71m geogen und hat eine Geschwindigkeit von 25 m/Sek, also genau wiederum
die Anfangsgeschwindigkeit des Abstoes, was ja vom Energieerhaltungsprinzip auch
zu erwarten ist.
Harmonische und gedmpfte Schwingungen
Dank der Euler-Formel 1.1 lassen sich Kreisbewegungen elegant mit komplexen Zahlen
ausdrcken. Ein Punkt P laufe mit konstanter Winkelgeschwindigkeit auf einer Kreis-
bahn mit Radius r um den Ursprung. Dann ist der Ortsvektor des Punktes P gegeben
durch
z(t) = re
it
= r[cos(t) +i sin(t)].
Seine Geschwindigkeit ist gegeben durch
z(t) = ire
it
= r[sin(t) +i cos(t)] = iz(t)
und die Beschleunigung betrgt
z(t) =
2
re
it
=
2
z(t).
Man beachte dabei, dass der Vektor z(t) durch eine Drehstreckung um 90

aus dem
Vektor z(t) entsteht, die Vektoren somit senkrecht sind. Der Beschleunigungsvektor z
ist dem Vektor z(t) genau entgegengerichtet.
34 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Abb. 1.22:
Schrau-
benfeder
Die Projektion der Kreisbewegung auf die reelle oder imaginre Achse be-
schreibt eine Schwingung. Bei einer konstanten Winkelgeschwindigkeit
erhlt man die harmonische Schwingung mit der Amplitude r. Beispiele
hierfr sind das Pendel oder die Schraubenfeder.
Physikalisch lsst sich dieser Zusammenhang wie folgt beschreiben: Die
Kraft ist einerseits proportional zur Auslenkung, d. h. F = D z(t), wobei
D als Federkonstante wiedergibt, wie steif die Feder ist. Anderseits wirkt
dieser Kraft entgegengerichtet eine Kraft, die deniert ist als Produkt aus
Masse und Beschleunigung, d. h. F = m z(t).
Sind m und D gegeben, so lsst sich bestimmen als
=
_
D
m
.
Daher erhalten wir zur Beschreibung der harmonischen Schwingung die
Formel
z(t) = r
_
cos
_
D
m
t +i sin
_
D
m
t
_
.
Der Vorzug des Rechnens im Komplexen tritt besonders hervor, wenn man gedmpfte
Schwingungen betrachtet. Hier tritt noch ein Term hinzu, der proportional zur Ge-
schwindigkeit z(t) ist. Die Dierenzialgleichung der gedmpften Schwingung lautet
m z(t) +k z(t) +Kz(t) = 0. (1.2)
Zur Lsung dieser Dierenzialgleichung machen wir den Ansatz
z(t) = A e
it
und erhalten mit
z(t) = iAe
it
= iz(t) und z(t) =
2
A e
it
=
2
z(t)
die Gleichung

2
i
k
m

D
m
= 0,
deren Lsung
=
ik
2m

_
D
m

k
2
4m
2
ist. Daraus ergibt sich als Lsung von (1.2)
z(t) = A e
(
k
2m
ti
q
D
m

k
2
4m
2
)t
.
1.9 Anwendungen in der Physik: Bewegungen eines Punktes in der Ebene 35
Der Punkt z(t) luft in der Zahlenebene auf einer logarithmischen Spirale (siehe nchster
Abschnitt) von auen nach innen. Die Projektion auf die Zahlengeraden beschreibt eine
gedmpfte Schwingung, die durch den Realteil (oder den Imaginrteil) dieser komplexen
Zahl dargestellt wird
z(t) = A e

k
2m
t
cos
_
_
D
m

k
2
4m
2
t
_
.
berlagerung von Schwingungen
Oft kommt es vor, dass sich Schwingungen berlagern. Der Punkt P bewegt sich dann
auf zwei oder mehreren Schwingungen gleichzeitig.
x
1
(t) = A
1
cos
1
t
x
2
(t) = A
2
cos(
2
t +),
wobei A
1
, A
2
die jeweiligen Amplituden,
1
,
2
die Winkelgeschwindigkeiten und die
Phasenverschiebung der beiden Wellen angibt. Die Bewegung des Punktes P ist dann
durch die Summe
x(t) = x
1
(t) +x
2
(t) = A
1
cos
1
t +A
2
cos(
2
t +)
gegeben und man sagt, dass sich die Schwingungen berlagern.
Eine illustrative Darstellung von berlagerungen ist mittels des Zeigerdiagramms mg-
lich. Die komplexen Zahlen z
1
(t) und z
2
(t) bewegen sich in der komplexen Ebene auf
einem Kreis. Wir knnen sie uns wie die zwei Zeiger einer Uhr vorstellen. Ihre Sum-
me ist dann die Diagonale im Parallelogramm (siehe Abbildung 1.23). Wenn sich jetzt
die Zeiger mit mglicherweise unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten
1
bzw.
2
drehen, so bendet sich die Diagonale in einer stndigen nderung.
z
1
z
z +
z
2
2
1

2
1
Abb. 1.23: Zeigerdiagramm zweier Schwingungen
36 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Abb. 1.24: berlagerung zweier Schwingungen mit unterschiedlichen Frequenzen
Mit Hilfe der komplexen Darstellung lsst sich die berlagerung von Schwingungen
elegant darstellen. Wir reprsentieren die Schwingungen in der komplexen Ebene mittels
z
1
(t) = A
1
e
i
1
t
und z
2
(t) = A
2
e
i
2
t+
.
Wir betrachten zwei wichtige Spezialflle:
1. Es sei =
1
=
2
. Die beiden Schwingungen sind also von gleicher Frequenz.
Dann ist
z(t) = z
1
(t) +z
2
(t) = A
1
e
it
+A
2
e
i(t+)
= [A
1
+A
2
e
i
]e
it
= Ae
i
e
it
= Ae
i(t+)
.
Die Summe in der eckigen Klammer ist eine komplexe Zahl, die man in Polardar-
stellung als Ae
i
schreiben kann. Die resultierende berlagerungsschwingung hat
A als Amplitude und eine Phasenverschiebung gegenber der ersten Schwin-
gung.
2. Weichen die Frequenzen der sich berlagernden Schwingungen nur geringfgig
voneinander ab, so ndert sich der Winkel zwischen z
1
und z
2
bestndig, vergli-
chen mit der Drehgeschwindigkeit jedoch nur langsam. Der resultierende Vektor
z
1
(t) + z
2
(t) ndert dauernd seinen Betrag und ist maximal, wenn z
1
und z
2
dasselbe Argument haben, und minimal, wenn die jeweiligen Argumente gerade
entgegengesetzt gerichtet sind. Die resultierende berlagerungsschwingung vern-
dert somit stndig ihre Amplitude (siehe Abbildung 1.24). Der Einfachheit halber
nehmen wir an, beide Schwingungen haben eine Amplitude von 1 und haben zum
Zeitpunkt t = 0 keine Phasenverschiebung. Dann ist
z(t) = z
1
(t) +z
2
(t) = e
i
1
t
+e
i
2
t
= e
i

1
+
2
2
t
_
e
i

2
2
t
+ e
i

2
t
_
= e
i

1
+
2
2
t
_
2 cos

1

2
2
t
_
.
1.10 Spiralen 37
1.10 Spiralen
Abb. 1.25: Spiralen gibt es berall
Spiralen haben die Menschen schon immer fasziniert.
Sie sind auerordentlich beeindruckende und sthe-
tisch attraktive Gebilde, fr die sich die Menschheit
zu allen Zeiten interessiert hat (Schupp & Dabrock,
1995). Es gibt Spiralen berall:
In der Natur vom Schneckenhaus ber den
Luftwirbel und Wasserwirbel, bei Schnecken
und Muscheln und beim Fruchtstand der Son-
nenblume bis hin zum Spiralnebel; in der Tech-
nik vom Korbboden ber die Bandwicklung
und Turbinen bis zur Datenspur einer CD;
In der Kunst von der Hhlenmalerei und neo-
lithischen Keramikzieraten ber arabische Or-
namente bis hin zu phantastischen Figuren bei
Friedensreich Hundertwasser ebenso wie in der
Musik (Ravels Bolero);
In der Mystik von Formen und Verzierungen
an antiken Kultgegenstnden ber mittelalterliche Mandalas bis hin zu Symbol-
guren moderner Sekten.
Gemeinsam ist allen diesen Gebilden dass ein Zentrum in immer greren (bzw. klei-
neren) Windungen stetig umlaufen wird. Mit Hilfe von komplexen Zahlen lassen sich
Spiralen auf einfache Weise mathematisch darstellen. Auch vom Mathematischen her
sind Spiralen hchst interessante Objekte, die geeignet erscheinen, zu wesentlichen In-
halten und Zielen des Geometrieunterrichts hinzufhren (Schupp, 2000).
Denition 1.6
Unter einer Spirale versteht man eine Kurve, die in der Gauschen Zahlenebene
durch eine Gleichung der Form
z(t) = f(t) e
it
mit einer stetigen und streng monotonen Funktion f dargestellt wird.
Der Einfachheit halber betrachten wir nur sich um den Ursprung windende Spiralen.
Ansonsten addiere man das Zentrum z
0
zu z(t) hinzu. In Polarkoordinaten gibt die
Funktion f den Abstand vom Ursprung und t den Winkel des Punktes z(t) an.
Spezielle Spiralen sind ber den jeweiligen Typ der Funktion f deniert.
1. Ist f eine proportionale Funktion
f(t) = a t mit t R
+
0
, a R
+
,
38 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
so heit die resultierende Kurve Archimedische Spirale. Sie hat die Gleichung
z(t) = at e
it
.
Ein Beispiel einer Archimedischen Spirale ist in Abbildung 1.27 (linkes Bild) dar-
gestellt. Bei einer Archimedischen Spirale wchst die Entfernung zum Ursprung
proportional zum Winkel. Diese Spirale ist somit die Bahnkurve eines Punktes,
der sich auf einem mit konstanter Winkelgeschwindigkeit drehenden Strahl vom
Rotationszentrum aus mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Die Windungen
einer Archimedischen Spirale sind gleichabstndig. Oder anders ausgedrckt: Aus
allen Urspungsgeraden schneidet diese Spirale Strecken gleicher Lnge aus. Die
Entfernungen benachbarter Kurvenpunkte auf einer Nullpunktsgeraden sind kon-
stant, nmlich immer 2a.
2. Bei der Archimedischen Spirale ist der Radius r = f(t) proportional zum Winkel
t. Die 1. Ableitung der Funktion f ist daher konstant, d. h. r wchst konstant.
Betrachten wir hingegen eine Spirale, bei der das Wachsen des Radius proportional
zu r geschieht, d. h.
f

(t) = r

= a r = a f(t)
ist, so hat diese Dierenzialgleichung die Lsung
f(t) = ce
at
.
Eine Spirale mit der Gleichung
z(t) = ce
(a+i)t
heit logarithmische Spirale. Ein Beispiel einer logarithmischen Spirale ist in
der mittleren Darstellung von 1.27 abgebildet.
Die Darstellung einer logarithmischen Spirale lsst sich noch vereinfachen zu
z = ce
(a+i)t
= c
_
e
a+i
_
t
= cz
t
0
mit z
0
= e
a
(cos 1 +i sin1).
Andererseits ist fr jede komplexe Zahl z
0
mit Im(z
0
) ,= 0
z = z
t
0
= e
t lnz
0
= e
t(ln |z
0
|+iarg(z
0
))
= [z
0
[
t
e
itarg(z
0
)
,
so dass jede Exponentialfunktion mir reellen Exponenten zu
einer logarithmischen Spirale fhrt.
Abb. 1.26: Nautilus
Logarithmische Spiralen nden sich auch in der Natur, z. B. beim
Nautilius, einem lebenden Fossil. Hier wird auch deutlich, dass lo-
garithmische Spiralen bei biologischen Wachstumsprozessen eine
wichtige Rolle spielen.
2
Die logarithmische Spirale hat eine Reihe
2
Die heutigen Vertreter der Nautiliden leben in Wassertiefen bis zu 600 m, meist um 400 m, nur
selten beobachtet man sie nahe der Wasseroberche. Soweit man dies in Erfahrung bringen konnte,
halten sich die Tiere am Boden oder in Bodennhe auf. Ihr Verbreitungsgebiet sind die tropischen
Meere auerhalb der Korallenrie, die die Inseln des westlichen Paziks umgeben.
1.10 Spiralen 39
10
-10
55
10
5
-10 0
0
5
-0,4
-0,2
0,2
0
0,6
-0,6 0,6
0
0,8 0,4 1
0,4
-0,2
0,2 -0,4 1
0,5
-0,5
-0,5
Abb. 1.27: Archimedische Spirale (links) z(t) = 2te
it
, Logarithmische Spirale (Mitte) z(t) =
(0, 15 + 0, 8i)
t
und Potenzen der komplexen Zahl z = 0, 7 + 0, 6i (rechts)
einzigartiger Eigenschaften, die Jakob Bernoulli (16541705) so
begeisterten, dass er sie als wundersame Spirale (spira mirabi-
lis) bezeichnete.
Einige der besonderen Eigenschaften logarithmischer Spiralen
sind:
a) Unterzieht man eine logarithmische Spirale einer zentrischen Streckung, so kommt
dies einer Drehung gleich. Denn
k ce
at
= e
ln k
ce
at
= ce
a(t+
ln k
a
)
,
d. h. die logarithmische Spirale wurde um den Winkel
ln k
a
gedreht. Diese Tatsache
entspricht dem optischen Phnomen, dass eine logarithmische Spirale beim Drehen
um ihr Zentrum zu wachsen bzw. zu schrumpfen scheint.
b) Mit jeder Windung wchst der Radius um einen konstanten Faktor:
r(t + 2) = ae
k(t+2)
= ae
k2
e
kt
= a(e
2
)
k
r(t).
Diese Eigenschaft unterscheidet die logarithmische Spirale von der archimedischen,
die sich mit jeder Windung um eine Konstante ausdehnt. Da e
2
535, 5 relativ
gro ist, ergeben nur Spiralen mit sehr kleinem k << 1 hbsche Spiralen.
c) Jede Nullpunktgerade schneidet die Spirale unter demselben Winkel.
d) Nimmt man irgendeine beliebige komplexe Zahl z
0
mit nichtverschwindendem
Imaginrteil Im(z
0
) ,= 0, und bildet die Folge der ganzzahligen Potenzen
z
0
, z
2
0
, z
3
0
, z
4
0
, . . . ,
so liegen diese Punkte in der Gauschen Zahlenebene auf einer logarithmischen
Spirale. Abbildung 1.27 (rechte Darstellung) zeigt die ersten 25 Potenzen der
komplexen Zahl z = 0, 7 + 0, 6i.
Unter einer Vielzahl von weiteren Spiralen stellen wir zwei weitere Exemplare vor: Die
Hyperbolische Spirale und den Krummstab.
40 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
1
1
3
0,5
2
1,5
4 3 2 1 6
1
-1 5
Abb. 1.28: Hyperbolische Spirale z(t) =
2
t
e
it
(links), Krummstab z(t) =
2

t
e
it
(rechts)
3. Hyperbolische Spirale
Whlt man als Radiusfunktion
[z[ = f(t) =
a
t
,
so erhlt man die hyperbolische Spirale mit der Gleichung
z =
a
t
e
it
=
a
t
(cos t +i sint).
Sie hat die Eigenschaft, dass sie sich dem Wert 0 nhert, wenn t immer grer
wird, und sich dem Wert a nhert, falls t 0, da
sin t
t
1 falls t 0.
Abbildung 1.28, linke Darstellung, zeigt eine hyperbolische Spirale.
Jede Archimedische Spirale geht durch Spiegelung am Einheitskreis (siehe Kapitel
7.4) in eine hyperbolische Spirale ber und umgekehrt geht jede hyperbolische
Spirale durch Spiegelung am Einheitskreis in eine Archimedische Spirale ber.
4. Krummstab
Der Krummstab ist deniert durch die Gleichung
z =
a

t
e
it
.
Der Anblick der dazugehrigen Kurve, siehe 1.28 (rechte Darstellung), erinnert an
einen Bischofsstab, daher wohl die Namensgebung. Der Krummstab windet sich
um den Ursprung fr t und hat die Asymptote y = 0 fr t 0. Letzteres
gilt wegen
sin t

t
0 falls t 0.
Es ist oensichtlich, dass nach Denition 1.6 kaum Grenzen gesetzt sind, weitere Typen
von Spiralen zu denieren und ihre mitunter bemerkenswerten Eigenschaften zu studie-
ren. Wir verweisen fr weitere lohnenswerte Untersuchungen auf die Literatur (Schupp
& Darbrock, 1995; Davis, 1993).
1.11 Komplexe Zahlen und Fraktale 41
1.11 Komplexe Zahlen und Fraktale
Wolken sind keine Kugeln, Berge keine Kegel, Kstenlinien keine Kreise. Die Rinde
ist nicht glatt und auch der Blitz bahnt sich seinen Weg nicht gerade. Die Existenz
solcher Formen fordert zum Studium dessen heraus, was Euklid als formlos beiseite
lsst und fhrt zu einer Morphologie des Amorphen. Als Antwort darauf wurde in den
letzten 20 Jahren in der Mathematik eine neue Geometrie der Natur entwickelt. Diese
neue Geometrie beschreibt viele der unregelmigen und zersplitterten Formen um uns
herum und zwar mit einer Familie von Figuren, die man als Fraktale bezeichnet.
Die Begrie Fraktal und fraktale Geometrie wurden in den siebziger Jahren von Be-
not B. Mandelbrot (polnisch-franzsischer Mathematiker, geb. 1924.) eingefhrt. Frak-
tale Geometrie beschftigt sich nicht mit einfachen Formen wie z. B. Gerade, Kreis,
Wrfel, Kugel, sondern mit komplexeren Gebilden, wie sie auch in der Natur vorkom-
men: ein Berg, ein Farn oder die Kstenlinie eines Meeres. Ein mathematisches Beispiel
fr ein Fraktal ist das Sierpinski-Dreieck. Dieses Dreieck erhlt man, wenn man in der
Mitte eines gleichseitigen Dreiecks wiederholt kleinere Dreiecke mit fortlaufend kleineren
Seiten konstruiert (siehe Abbildung 1.29). Theoretisch gesehen erhlt man als Ergebnis
eine Figur von endlicher Flche, die aber einen Umfang von unendlicher Lnge hat.
Ein Fraktal besitzt die Eigenschaft der Selbsthnlichkeit: Jeder kleine Ausschnitt hnelt
dem gesamten Objekt. So hnelt z. B. die Struktur eines vergrerten Ausschnittes eines
Berggipfels dem gesamten Gebirge selbst, whrend demgegenber z. B. der Ausschnitt
einer Kugeloberche bei groer Vergrerung mehr und mehr einer ebenen Flche
hnelt. Fraktale erlauben uns, komplexe Naturerscheinungen mathematisch zu erfassen
und auf dem Computer zu modellieren.
Die Fraktale werden dabei oft sehr einfach deniert. Allerdings muss die Denitions-
vorschrift sehr oft iterativ auf die anfallenden Daten angewandt werden, was einen
enormen Rechenaufwand bedeutet. Das erklrt, warum die bereits zwischen 1875 und
1925 entdeckten und beschriebenen Fraktale erst durch die Verfgbarkeit leistungs-
fhiger Computer visualisiert werden konnten und schlielich Popularitt erlangten.
Praktische Anwendungen nden Fraktale beim Studium der Form von so unterschiedli-
chen Objekten der Natur wie z. B. Kstenlinien, Schneeocken, Wolken, Gehirnfurchen,
Zellmembranen, Lungenblschen oder Speisen wie Broccoli und Blumenkohl.
Im Abschnitt ber Spiralen hatten wir gesehen, dass die durch fortgesetztes Potenzieren
einer komplexen Zahl z
0
erhaltenen Zahlen z
n
= z
n+1
0
auf einer logarithmische Spirale
Abb. 1.29: Entstehung des Sierpinski-Dreiecks: Jedes gleichseitige Dreieck wird in vier weitere
gleichseitige Dreiecke unterteilt und das mittlere Dreieck wird herausgenommen.
42 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Abb. 1.30: Mandelbrots Apfelmnnchen
liegen, vorausgesetzt Im(z
0
) ,= 0. Die Vorschrift zur Berechnung der Zahlenfolge lsst
sich auch durch eine Rekusionsvorschrift ausdrcken
z
n
= z
n1
z
0
.
Eine andere einfache Rekursionsvorschrift komplexer Zahlen fhrt auf Fraktale. Wir
betrachten die Folge, deren Glieder sich berechnen mittels
z
n+1
= z
2
n
+c, c C. (1.3)
Dadurch entsteht fr jede komplexe Zahl c und jedes Anfangsglied z
0
eine andere Folge
komplexer Zahlen. Die ersten Glieder dieser Folge lauten
z
0
, z
2
0
+c, (z
2
0
+c)
2
+c, [(z
2
0
+c)
2
+c]
2
+c, . . . .
Divergiert diese Folge, d. h. gilt [z
n
[ oder bleibt die Folge beschrnkt? Das hngt
von der Wahl von c und z
0
ab! Wir whlen z
0
= 0. Es lsst sich dann leicht zeigen: Gilt
fr irgendein n erstmalig 2 < z
n
, so strebt die Folge im weiteren Verlauf dem Betrage
nach monoton gegen unendlich. Andererseits gibt es Werte c, fr welche die Folge (z
n
)
beschrnkt bleibt. Die Mandelbrot-Menge ist deniert als die Menge derjenigen c, fr
welche die Folge (z
n
) nicht divergiert.
Somit ist die Mandelbrotmenge deniert als die Menge aller komplexen Zahlen c, fr
die die Folge komplexer Zahlen (1.3) mit fest gewhltem z
0
= 0 beschrnkt bleibt.
/= c

[z
n
[ist beschrnkt, wobei z
n
= z
2
n1
+c, z
0
= 0.
Die grasche Darstellung dieser Menge erfolgt in der komplexen Ebene. Die Mandel-
brotmenge erscheint auf dem Bildschirm als Apfelmnnchen, wenn man fr jeden (als
Pixel sichtbaren) Punkt c der Gauschen Zahlenebene die Folge z
n
iteriert und einen Pi-
xel setzt, wenn sie beschrnkt bleibt. Abbildung 1.30 zeigt die Mandelbrotmenge. Eine
genauere Beschreibung zur Darstellung der Mandelbrotmenge mit Hilfe des Computer-
Algebra-Systems MAPLE erfolgt in Kapitel 9.
1.11 Komplexe Zahlen und Fraktale 43
Abb. 1.31: Juliamenge mit j = 0, 3 + 0, 55i (links), j = 0, 769531 + 0, 117187i (Mitte) und
j = 0, 34 + 0, 16i (rechts)
Die Mandelbrotmenge ist eng verwandt mit einem anderen Fraktal: der Juliamenge,
benannt nach dem franzsischen Mathematiker Gaston Julia, der 1918 lange vor dem
Auftreten von Computern eine groe grundlegende Arbeit ber die Eigenschaften
komplexer Iterationen publizierte. Genau genommen handelt es sich bei der Juliamenge
nicht um eine bestimmte Menge, sondern um eine Klasse von Mengen. Eine Juliamenge
erhlt man mit der etwas vernderten Reihenfolge
z
n+1
= z
2
n
+j, z
0
= c, c, j C,
wobei j eine konstante komplexe Zahl ist und man jetzt die Menge aller komplexen
Zahlen c sucht, fr die die Folge (z
n
) beschrnkt bleibt. Die Folge (z
n
) fngt also wie
folgt an
c, c
2
+j, (c
2
+j)
2
+j, [(c
2
+j)
2
+j]
2
+j, . . . .
Die zur komplexen Zahl j gehrende Juliamenge ist deniert als

j
= c

[z
n
[ ist beschrnkt, wobei z
n
= z
2
n1
+j, z
0
= c.
Fr jeden Wert von j erhlt man eine andere Juliamenge. sthetisch besonders in-
teressante Juliamengen erhlt man nun gerade dann, wenn man die komplexe Zahl j
im Randbereich der Mandelbrot-Menge whlt. Abbildung 1.31 zeigt drei verschiedene
Juliamengen.
Die faszinierende Welt der Fraktale und der Juliamengen lsst sich dank der Verfg-
barkeit moderner Computer detailliert studieren. Kapitel 9 bietet neben einem MAPLE
Programm zur Erstellung der Mandelbrotmenge auch Hinweise zur Erstellung von Julia-
mengen. Hier konnten wir nur einen kleinen Einblick in die wunderbare Welt der Frak-
tale geben. Zum vertieften Studium muss auf die Literatur verwiesen werden, z. B. Peit-
gen & Richter (1986) oder Mandelbrot (1987). Darber hinaus nden sich im Internet
eine Vielzahl von interaktiven Applets, mit denen man diese Mengen eingehend studie-
ren kann. Man gebe in eine Suchmaschine nur die Begrie Mandelbrot, Juliamenge,
Applet ein.
44 1 Komplexe Zahlen und ihre geometrische Darstellung
Aufgaben
1.14. Berechnen Sie die Polarkoordinaten von
(a) 13 (b) 20i (c) 5i (d) 3 + 3i (e) 5 + 12i
(f) 20 + 21i (g) 7 24i
1.15. Berechnen Sie die rechtwinkligen Koordinaten des Produktes und des Quotienten
der in Polarkoordinaten gegebenen Punkte P = (2; 3/4), Q = (

3; 5/12) auf
zwei Arten:
(a) Man berechne zuerst die Polarkoordinaten des Produktes und des Quotienten
und daraus die rechtwinkligen Koordinaten.
(b) Man berechne die rechtwinkligen Koordinaten der gegebenen Punkte und
daraus das Produkt und den Quotienten.
1.16. Ein Kreis hat seinen Mittelpunkt auf der reellen Achse und geht durch den Ur-
sprung. Stellen Sie die Kreisgleichung auf
(a) im kartesischen Koordinatensystem
(b) in betragsfreier komplexer Form
(c) in Polarkoordinaten.
Was ndert sich, wenn der Mittelpunkt des Kreises auf der imaginren Achse
liegt?
1.17. Gegeben sind die beiden komplexen Zahlen z
1
= 2+2

3i, z
2
= 1+i. Konstruieren
Sie in der Zahlenebene ber Polarkoordinaten
(a) z
1
z
2
(b) z
2
1
(c) z
2
2
(d) z
2
1
z
2
2
1.18. Gegeben eine komplexe Zahl z = x +iy, x, z R. Berechnen Sie die Polarkoordi-
naten von z und
1
z
.
1.19. Gegeben sei eine komplexe Zahl z. Wie lsst sich z e
i
geometrisch darstellen fr
R?
1.20. Gegeben eine komplexe Zahl mit Polarkoordinaten mit r = 2

2 und = 7/6.
Stellen Sie die Zahl geometrisch in der Gauschen Zahlenebene und in der Form
z = x +iy, x, y R dar.
1.21. Gegeben sei die komplexe Zahl z =
1 +

5
4
+

2
_
5 +

5
4
i. Stellen Sie z in
Polarkoordinaten und als Punkt in der Gauschen Zahlenebene dar.
1.22. Beweisen Sie folgende Identitten:
(a) sin
3
() =
3
4
sin
1
4
sin3 (b) cos
4
=
1
8
cos 4 +
1
2
cos 2 +
3
8
.
1.23. Zeigen Sie, dass
(a) cos =
e
i
+e
i
2
(b) sin =
e
i
e
i
2i
1.24. Was ist
(a) 2
i
(b) ln i (c) (1)
i
(d) 5
1
i
?
1.11 Komplexe Zahlen und Fraktale 45
1.25. Wandeln Sie folgende komplexe Zahlen in die Form x +iy um:
(2 e
i
)
7
(e
i
)
3
, wobei = /12 und = /4.
1.26. Gegeben seien die beiden komplexen Zahlen z
1
=

2
_
cos
5
4
+i sin
5
4
_
,
z
2
=

18
_
cos
5
6
+i sin
5
6
_
. Berechnen Sie mittels Polarkoordinaten
(a) z
1
z
2
(b)
z
1
z
2
1.27. Beweisen Sie mit Hilfe der Euler-Formel die Additionstheoreme fr Sinus und
Cosinus
sin( +) = sin cos + sin cos
cos( +) = cos cos sin sin .
2 Primzahlen im Komplexen
2.1 Die Menge der ganzen Gauschen Zahlen
Um eine Teilbarkeitslehre fr komplexe Zahlen entwickeln zu knnen, bilden wir eine
Teilmenge G von C, die vergleichbar mit der Teilmenge Z von R ist.
Denition 2.1
Unter der Menge der ganzen Gauschen Zahlen versteht man die Menge der
komplexen Zahlen, deren Realteil und Imaginrteil beide ganzzahlig sind, in Zeichen
G = a +bi[a, b Z.
(G, +, ) ist ein kommutativer, nullteilerfreier Ring mit Einselement. G ist isomorph zu
ZZ und lsst sich in der Gauschen Zahlenebene als Menge aller ganzzahligen Gitter-
punkte darstellen. Der Teilbarkeitsbegri in G ist analog zur Teilbarkeit in Z deniert.
Im Folgenden notieren wir ganze Gausche Zahlen mit griechischen Buchstaben , , . . .
Denition 2.2
Fr , G nennen wir einen Teiler von (in Zeichen [), wenn es ein G
gibt mit = .
Es ist somit
1 +i [ 2, denn 2 = (1 +i) (1 i).
1 +i [ 1 i, denn 1 i = (1 +i) (i).
6 + 3i [ 9 + 48i, denn 9 + 48i = (6 + 3i) (2 + 7i).
Da G zwar ein Ring, aber kein Krper ist, teilt nicht jede Zahl jede andere Zahl. Zum
Beispiel ist 1 +i kein Teiler von 1 +2i. Denn gbe es eine ganze Gausche Zahl x +iy,
fr die (1 + i) (x + iy) = x y + i(x + y) = 1 + 2i ist, dann msste x y = 1 und
x +y = 2. Diese beiden Gleichungen haben aber keine ganzzahligen Lsungen.
48 2 Primzahlen im Komplexen
2.2 Norm und Einheiten
Denition 2.3
Fr = a + bi G heit die ganze Zahl N() = (a + bi) (a bi) = a
2
+ b
2
die
Norm von .
Die Norm von ist somit das Quadrat des Abstandes des Punktes (a, b) vom Ursprung
bzw. das Quadrat des Betrages von .
Satz 13
Fr alle , G gilt: N( ) = N() N().
Beweis: Es seien = a
1
+b
1
i, = a
2
+b
2
i, somit = (a
1
a
2
b
1
b
2
)+i(b
1
a
2
+a
1
b
2
).
Dann ist
N( ) = (a
1
a
2
b
1
b
2
)
2
+ (a
1
b
2
+a
2
b
1
)
2
= (a
1
a
2
)
2
2a
1
a
2
b
1
b
2
+ (b
1
b
2
)
2
+ (a
1
b
2
)
2
+ 2a
1
b
2
a
2
b
1
+ (a
2
b
1
)
2
= a
2
1
a
2
2
+b
2
1
b
2
2
+a
2
1
b
2
1
+a
2
2
b
2
2
= (a
2
1
+a
2
2
)(b
2
1
+b
2
2
)
= N() N().

Hieraus folgt unmittelbar


Satz 14
Wenn [, dann gilt auch N()[N().
Beweis: Aus = folgt aus dem gerade bewiesenen Satz
N()N() = N(),
also die Teilbarkeitsbeziehung N()[N() in N.
In der Menge der ganzen Zahlen Z hat die 1 nur die beiden Teiler 1 und 1. Jede Zahl
z Z, z ,= 1, 1 hat somit mindestens vier Teiler, nmlich 1, 1, z und z. Welche
Teiler hat die 1 im Ring der ganzen Gauschen Zahlen?
2.3 Die Gauschen Primzahlen 49
Denition 2.4
Eine ganze Gausche Zahl heit Einheit von G, wenn gilt:
[1 in G.
Ist eine Einheit von G, ist also [1, so muss wie wir bei der Norm schon gesehen
haben N()[N(1) = 1 gelten. Wir setzen nun fr = x +iy und erhalten, dass dann
x
2
+y
2
[1
gelten muss. Diese Gleichung hat genau vier ganzzahlige Lsungen
x = 1, y = 0 x = 1, y = 0
x = 0, y = 1 x = 0, y = 1.
Hieraus knnen wir die Menge aller Einheiten c ablesen:
c = 1, 1, i, i.
Denition 2.5
Ist eine Einheit und ist = , so heien und zueinander assoziiert.
Jedes G hat vier assoziierte Elemente: , i, und i.
Zwei zueinander assoziierte ganze Gausche Zahlen haben die gleiche Norm. Denn es
gilt
N() = N()N() = N().
Hieraus knnen wir schlieen, dass jede ganze Gausche Zahl durch die Einheiten 1, i, 1
und i sowie durch alle zu assoziierten Zahlen , i, und i teilbar ist. Jede
ganze Gausche Zahl hat somit mindestens acht Teiler.
2.3 Die Gauschen Primzahlen
Denition 2.6
Eine ganze Gausche Zahl heit Gausche Primzahl, wenn sie auer den Einheiten
und ihren Assoziierten keine weiteren Teiler hat. G ist somit eine Primzahl, wenn
fr die Teilermenge T() gilt:
T() = 1, i, 1, i, , i, , i.
Wir notieren die Menge aller Gauschen Primzahlen mit GP.
50 2 Primzahlen im Komplexen
Im Folgenden wollen wir nun eine Methode vorstellen, mit der man einige Gausche
Primzahlen auf leichte Art nden kann. Dabei wird berprft, ob die Norm einer Zahl
eine Primzahl in Z ist. Gilt nmlich fr eine Zahl = mit , G, so folgt
N() = N() N(). Hieraus folgt nun, dass entweder N() = 1 oder N() = 1 sein
muss, d. h. entweder ist c oder c. Somit haben wir bewiesen:
Satz 15
Eine ganze Gausche Zahl, deren Norm eine Primzahl Z ist, ist auch eine Gausche
Primzahl.
Beispiel 2.1
= 2 +i ist Primelement in G, da N() = 5 eine Primzahl in Z ist.
Hieraus kann man aber nicht die Umkehrung schlieen. Wenn eine Gausche Primzahl
ist, so muss die Norm von nicht unbedingt eine Primzahl in Z sein. Beispielsweise
betrachten wir 3 = 3 +0 i G. 3 ist eine Gausche Primzahl. Nehmen wir nmlich an,
3 = liee sich als Produkt zweier ganzer Gauscher Zahlen schreiben mit
= a
1
+b
1
i, = a
2
+b
2
i, a
1
, b
1
, a
2
, b
2
Z,
so muss gelten, da und keine Einheiten sind,
a
2
1
+b
2
1
= 3.
Ebenso folgt a
2
2
+ b
2
2
= 3. Wie man leicht berprfen kann, gibt es aber keine ganzen
Zahlen a
1
, b
1
mit dieser Eigenschaft. Daher muss 3 G eine Primzahl sein. Fr die
Norm N(3) gilt aber: N(3) = 9, d. h. N(3) ist nicht prim.
Eine ganze Zahl a, die Primelement in G ist, muss auch eine Primzahl in Z sein. Denn
jede nicht-triviale Zerlegung von a in Z wrde eine nicht-triviale Zerlegung in G nach
sich ziehen, weil die Norm jedes dieser nicht-trivialen Faktoren in G grer als 1, der
Faktor selbst somit keine Einheit ist.
Lsst sich die eben gewonnene Erkenntnis verallgemeinern zu der Feststellung, dass jede
Primzahl p in Z auch in G prim ist? Diese Aussage lsst sich am Beispiel der 2 oder 5
widerlegen. Denn es gilt: 2 = (1 + i) (1 i), 5 = (2 + i) (2 i). Da jedes Mal keiner
der beiden Faktoren eine Einheit ist, knnen die Zahlen 2 und 5 in G nicht prim sein.
Allgemein gilt der
Satz 16
Gengt die in Z prime Zahl p der Bedingung p 3 (mod 4), dann ist p eine Gausche
Primzahl.
Beweis: Angenommen p htte in G die Zerlegung p = , wobei weder noch
Einheiten sind, so folgt aus p
2
= N(p) = N() N() sowohl N() = p als auch
N() = p. Ist etwa = a +bi, so muss p = a
2
+b
2
sein.
2.3 Die Gauschen Primzahlen 51
Eine Quadratzahl ist aber immer entweder 0(mod 4) oder 1(mod 4). Somit kann die
Summe von zwei Quadratzahlen niemals 3 (mod 4) sein. Da aber nach Voraussetzung
p 3(mod4) ist, erhalten wir einen Widerspruch zur angenommen Zerlegbarkeit von p.

Als Folgerung ergibt sich, dass es unendlich viele Gausche Primzahlen gibt. Denn es
gibt unendlich viele Primzahlen in Z mit p 3(mod 4).
Von Satz 16 gilt auch die Umkehrung.
Satz 17
Ist die in Z prime Zahl p auch eine Gausche Primzahl, so gilt p 3 (mod 4).
Beweis: Wir fhren die Annahme, dass p bei Division durch 4 den Rest 1 lsst, zum
Widerspruch. Wir stellen zunchst fest, dass die Kongruenz
1 x
2
mod p
eine Lsung besitzt, und zwar
x = (2n)!.
Nach dem Satz von Wilson aus der Zahlentheorie ist nmlich 1 (p 1)!mod(p) und
somit
1 (p 1)! = [1 2 . . . (2n)][(p 1)(p 2) . . . (p 2n)]
[(2n)!][(1)
2n
(2n)!] = [(2n)!]
2
mod p.
Wir erhalten
p[x
2
+ 1 = (x +i)(x i).
p teilt jedoch keinen der Faktoren x+i, xi und ist daher kein Primelement im Ring G.

Es folgt, dass die in Z primen Zahlen 3, 7, 11, 19, 23, 31 etc. auch Gausche Primzahlen
sind.
Wir sind jetzt in der Lage, alle Gauschen Primzahlen zu beschreiben.
Satz 18
Die Primzahlen in G sind bis auf Assoziierte wie folgt gegeben:
(1) = 1 +i
(2) = a +bi mit a
2
+b
2
= p, p 1 mod 4, a > [b[ > 0
(3) = p, p 3 mod 4
Dabei bedeutet p eine Primzahl in Z.
52 2 Primzahlen im Komplexen
Beweis: Die Zahlen unter (1) und (2) sind prim, weil aus einer Zerlegung =
in G die Gleichung
p = N() = N() N()
mit einer Primzahl p folgt, so dass entweder N() = 1 oder N() = 1, d. h. oder
sind Einheiten. Zahlen der Form (3) sind Gausche Primzahlen, wie in Satz 16 gezeigt
wurde.
Es bleibt noch umgekehrt zu zeigen, dass eine beliebige Gausche Primzahl zu einer
Zahl der Form (1), (2) oder (3) assoziiert ist. Zunchst folgt aus
N() = = p
1
. . . p
r
,
p
i
Primzahl in Z, dass [p fr ein p = p
i
. Daher ist
N()[N(p) = p
2
,
d. h. entweder ist N() = p oder N() = p
2
. Falls N() = p, so ist = a + bi mit
a
2
+ b
2
= p, d. h. ist vom Typ (2). oder falls p = 2 assoziiert zu 1 + i. Ist jedoch
N() = p
2
, so ist assoziiert zu p, weil p/ wegen N(p/) = 1 eine Einheit ist. Es
muss auerdem gelten, dass p 3 mod 4, weil sonst p = 2 oder p = 1 mod 4 und daher
p = a
2
+ b
2
= (a +bi)(a bi) nicht prim wre.
2.4 Division mit Rest im Ring der ganzen
Gauschen Zahlen
Die komplexen Zahlen besitzen nicht die Anordnungseigenschaft. Wenn wir daher ein
Analogon zum Teilen mit Rest und somit auch zum Euklidischen Algorithmus aufstel-
len wollen, so mssen wir dabei auf die Normen zurckgreifen, die ja der Menge N
0
angehren. Es gilt
Satz 19
Zu zwei Zahlen
0
,
1
G mit
1
,= 0 gibt es ein Zahlenpaar
1
,
2
G mit

0
=
1

1
+
2
, wobei N(
2
) < N(
1
) ist.
Beweis: Der Quotient der zwei Zahlen ist wiederum eine komplexe Zahl

1
= A +Bi mit A, B Q.
Es bezeichne
1
= x +yi den nchstgelegenen Punkt im Gitter der ganzen Gauschen
Zahlen, d. h. x und y sind so gewhlt, dass [Ax[
1
2
und [By[
1
2
. Darber hinaus
2.4 Division mit Rest im Ring der ganzen Gauschen Zahlen 53
notieren wir
2
=
0

1
. Dann ist

2
=
1
_

1
_
=
1
[(A x) + (B y)i]
und somit
[
2
[ = [
1
[
_
(A x)
2
+ (B y)
2
[
1
[
_
1
4
+
1
4
< [
1
[.
Daraus folgt, dass
N(
2
) = [
2
[
2
< [
1
[
2
= N(
1
).

Wiederholte Anwendung von Satz 19 fhrt zu einem Analogon zum Euklidischen


Algorithmus. Gegeben ganze Gausche Zahlen
0
und
1
,= 0, so existieren nach Satz
19 ganze Gausche Zahlen
1
,
2
G mit

0
=
1

1
+
2
mit N(
2
) < N(
1
) .
Ist
2
,= 0, so knnen wir den Satz erneut anwenden, und erhalten

1
=
2

2
+
3
mit N(
3
) < N(
2
)
und so weiter. Dabei bilden die N(
1
), N(
2
), . . . eine abnehmende Folge von Zahlen
N
0
. Es muss daher ein n geben, fr das N(
n+1
) = 0 und somit auch
n+1
= 0 ist. Der
Algorithmus bricht daher ab, und die beiden letzten Schritte lauten

n2
=
n1

n1
+
n
mit N(
n
) < N(
n1
)

n1
=
n

n
.

Wie in der Teilbarkeitslehre innerhalb der ganzen Zahlen lsst sich hieraus schlieen,
dass
n
ein gemeinsamer Teiler von
0
und
1
ist und dass jeder andere gemeinsame
Teiler von
0
und
1
auch ein Teiler von
n
ist.
Denition 2.7
a) Ist G ein gemeinsamer Teiler von
0
,
1
G und jeder andere Teiler von

0
,
1
ein Teiler von , so heit grter gemeinsamer Teiler von
0
und

1
, in Zeichen
ggT(
0
,
1
) = .
b) Zwei Zahlen
0
,
1
G heien teilerfremd, falls ihr grter gemeinsamer
Teiler eine Einheit ist.
54 2 Primzahlen im Komplexen
Der grte gemeinsame Teiler in G ist nicht eindeutig bestimmt, da jedes assoziierte
Element eines ggT auch ein grter gemeinsamer Teiler ist.
2.5 Primfaktorzerlegung in G
Nachdem wir nun die Gauschen Primzahlen kennen gelernt haben, stellt sich die Frage,
ob man jede ganze Gausche Zahl als Produkt von Gauschen Primzahlen darstellen
kann, wie dies fr Primzahlen in Z der Fall ist, und ob diese Darstellung eindeutig ist.
Nun gilt
2 = (1 +i) (1 i) = (1 i) (1 +i).
Die Darstellungen von 2 als Produkt von Primfaktoren unterscheiden sich hier nur in
der Reihenfolge der Faktoren oder in Einheitsfaktoren bei den einzelnen Primfaktoren.
Auch in G gilt der Satz der eindeutigen Primfaktorzerlegung. Zunchst zeigen wir einige
Stze der Teilbarkeitslehre in G, die ganz analog wie in Z auch im Komplexen ihre
Gltigkeit haben.
Satz 20
Ist der grte gemeinsame Teiler zweier ganzer Gauscher Zahlen
0
und
1
eine
Einheit und teilt
0
das Produkt
1
, so teilt
0
die ganze Gausche Zahl .
Beweis: Multiplizieren wir jede Zeile des Euklidischen Algorithmus, angewandt auf

0
und
1
, mit , so erhalten wir ggT(
0
,
1
) =
n
. Da
0
und
1
teilerfremd sind,
ist
n
eine Einheit. Somit ist der ggT(
0
,
1
) =

ein zu assoziiertes Element.


Nach Voraussetzung gilt
1
[
0
und somit auch
1
[ggT(
0
,
1
) =

. Mit

teilt

1
auch .
Satz 21
Teilt eine Gausche Primzahl GP ein Produkt von zwei ganzen Gauschen
Zahlen, so teilt die Primzahl schon einen der beiden Faktoren, d. h. aus [ folgt
entweder [ oder [. Verallgemeinernd gilt: Teilt eine Gausche Primzahl ein
Produkt mehrerer ganzer Gauscher Zahlen, so teilt die Primzahl mindestens einen
der Faktoren, in Zeichen
[
1

2
. . .
s
[
1
oder [
2
oder . . . oder [
s
.
Beweis: Es sei ggT(, ) = . Da prim ist, ist entweder zu assoziiert oder selbst
eine Einheit. Im ersten Fall folgt aus [ dass auch ein Teiler von ist. Im zweiten
Fall folgt aus Satz 20, dass ein Teiler von ist.
Die Verallgemeinerung folgt direkt per vollstndiger Induktion.
2.5 Primfaktorzerlegung in G 55
Satz 22
Die Primfaktorzerlegung einer ganzen Gauschen Zahl ist bis auf assoziierte Ele-
mente eindeutig, d. h. aus =
1

2
. . .
r
=

2
. . .

s
, r, s 1, folgt
1. r = s
2. Die Primelemente
i
sind, von der Reihenfolge abgesehen, assoziiert mit ent-
sprechenden Elementen
j
.
Beweis: Die erste Aussage wird mittels vollstndiger Induktion bewiesen.
Der Satz ist richtig fr N() = 2. Denn eine Zahl, deren Norm 2 (oder irgendeine
Primzahl) ist, ist eine Gausche Primzahl. In diesem Fall ist r = s = 1 und
1
=

1
.
Es sei N() > 2 und die Behauptung fr jedes mit 1 < N() < N() schon bewiesen.
Ist prim, so ist r = s = 1,
1
=

1
und der Satz gezeigt. Andernfalls sind r, s > 1. Aus
Satz 20 folgt aus
r
[

2
. . .

s
, dass
r
[

j
fr ein gewisses 1 j s. Da wir von der
Reihenfolge der Primfaktoren ohnehin absehen, knnen wir ohne Einschrnkung j = s
annehmen, d. h.
r
[

s
. Das bedeutet wegen N(
r
) > 1, dass
r
und

s
miteinander
assoziiert sind. Daher gilt
=

r
=
1

2
. . .
r1
=

2
. . .

s1
.
Fr ist wegen 1 < N() < N() die Induktionsvoraussetzung erfllt, und weil mit

1
auch

1
=

1
prim ist, folgt r1 = s1, d. h. r = s, und abgesehen von der Reihenfolge
sind
1
,
2
, . . . ,
r1
zu

1
,

2
, . . . ,

s1
zueinander assoziiert. Dasselbe gilt dann auch
fr =
r
, weil
r
zu

s
assoziiert ist.
Wir fassen diese Resultate zusammen im Hauptsatz der Gauschen Zahlen.
Satz 23
Jede ganze Gausche Zahl mit N() > 1 kann als ein Produkt von endlich vielen
Primzahlen geschrieben werden. Diese Primfaktordarstellung ist abgesehen von der
Reihenfolge der Faktoren und von Faktoren aus c eindeutig.
Aufgaben
2.1. Zeigen Sie, dass (G, +, ) ein kommutativer, nullteilerfreier Ring mit Einselement
ist.
2.2. Weisen Sie nach: 1 +i[2 und 1 +i ,[1 + 2i
2.3. Zeigen Sie: Die [-Relation in G ist reexiv und transitiv, jedoch nicht antisymme-
trisch.
56 2 Primzahlen im Komplexen
2.4. Bestimmen Sie alle zu = 3 + i assoziierten Zahlen. Geben Sie eine graphische
Darstellung.
2.5. Bestimmen Sie alle Gauschen Primzahlen, deren Norm 15 ist.
2.6. Zeigen Sie: Gibt es zu n N zwei Zahlen r, s N, so dass n = r
2
+ s
2
, so ist n
keine Gausche Primzahl.
2.7. Zeigen Sie:
(a) Jede Primzahl p, fr welche p keine Gausche Primzahl ist, ist Summe von
zwei Quadratzahlen (aus N).
(b) Es sei p Primzahl in Z. p zerfllt in G genau dann, wenn sich p in N als
Summe von zwei Quadratzahlen darstellen lsst.
3 Lsungen algebraischer
Gleichungen
3.1 Quadratwurzeln und quadratische
Gleichungen
Quadratwurzeln
Die Zahlbereichserweiterung von R nach C wurde vorgenommen, weil in R nicht jede
quadratische Gleichung lsbar ist, d. h. nicht zu jeder Zahl die Quadratwurzel gefunden
werden kann.
In R gilt zum Beispiel:
x
2
= a, a 0, hat als Lsungen x
0
= +

a, x
1
=

a.
Damit x

x, x 0 eine Funktion ist, wird gewhnlich festgesetzt:


Fr a 0 ist

a die positive reelle Zahl, die mit sich selbst multipliziert a ergibt.
Auf der Grundlage dieser Festsetzung sind dann auch bestimmte Regeln mglich wie
z. B. das Wurzelgesetz

a b =

b.
In C ist die Situation komplizierter:
z
2
= 5 hat als Lsungen: z
0
=

5, z
1
=

5, denn (

5)
2
= (

5)
2
= 5. Aber z
2
= 5
hat auch zwei Lsungen: z
0
= +

5i, z
1
=

5i, denn (

5i)
2
= (

5i)
2
= 5.
Lsst sich auch die Wurzel aus der imaginren Einheit i bilden? Wir schreiben
z
2
= i = 1 (cos /2 +i sin /2).
Was ist z?
Wir setzen an ber Polarkoordinaten:

z = r (cos +i sin )
und erhalten
(

z)
2
= r
2
(cos 2 +i sin2).
58 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
E
T
1
i
z
1
z
2

4
b
a
Abb. 3.1: Die Wurzel aus der ima-
ginren Einheit i hat zwei Lsun-
gen.
Ein direkter Vergleich ergibt:
r
2
= 1 r = 1(r > 0),
2 = /2 +k 2, k Z, = /4 +k
Wir erhalten somit die beiden Lsungen

0
= /4 fr k = 0 und

1
= /4 + =
5
4
fr k = 1 .
Fr k = 2, 3, . . . ergeben sich Werte, die sich von
0
und
1
um Vielfache von 2 unterscheiden. Daher
sind die Lsungen
z
0
= cos

2
+i sin

2
=
1
2

2 +
1
2

2i
=

2
2
(1 +i)
z
1
= cos
5
2
+i sin
5
2
=
1
2

2
1
2

2i
=

2
2
(1 +i)
Probe:
_

2
2
(1 +i)
_
2
=
1
2
(1 + 2i 1) = i.
Allgemein lsst sich aus komplexen Zahlen wie folgt die Wurzel ziehen:
Gegeben sei z = x +iy = r(cos +i sin).
Gesucht sind Zahlen w mit w
2
= z bzw. w =

z.
Wir setzen wiederum ber die Polardarstellung an, die besser fr die Multiplikation im
Komplexen geeignet ist:
w = s (cos +i sin)
w
2
= s
2
(cos 2 +i sin2).
Es soll w
2
= z sein. Ein direkter Vergleich ergibt
s
2
= r s =

r
2 = +k 2, k Z
= /2 +k

1
= /2
2
= /2 +
Ergebnis:
z
0
=

r(cos /2 +i sin/2)
z
1
=

r[cos(/2 +) +i sin(/2 +)].
3.1 Quadratwurzeln und quadratische Gleichungen 59
Wir fassen zusammen:
Satz 24
Jede komplexe Zahl z ,= 0 hat in C zwei Quadratwurzeln.
Fr z = r(cos +i sin) sind dies die Zahlen
z
0
=

r[cos /2 +i sin/2]
z
1
=

r[cos(/2 +) +i sin(/2 +)] = z
1
.
Die Zahl mit 0 /2 < heit der Hauptwert und wird mit

z bezeichnet.
T
E
u

3
2
3
z
z
1
=

z
z
2
=

z
!

Abb. 3.2: Die Wurzel aus jeder komplexen Zahl


hat zwei Lsungen
Beispiel 3.1
Fr
z = 3 + 3

3i = 6
_
cos
2
3
+i sin
2
3
_
erhalten wir
z
0
=

6
_
cos

3
+i sin

3
_
=

6
_
1
2
+
i
2

3
_
=

6
2
+ 3

2
2
i
z
1
=

6
2
3

2
2
i.
Wenn die komplexe Zahl z = x +iy nicht in Polarform gegeben ist, ist die Berechnung
der Wurzel weniger elegant. Dies illustriert folgende, zweite Methode zur Berechnung
der Quadratwurzel einer komplexen Zahl, die natrlich zum gleichen Ergebnis fhrt.
Ansatz:
Zu z = x +iy ist w = a +bi mit
w
2
= z = (a +bi)
2
= a
2
b
2
+ 2abi
gesucht.
Ein direkter Vergleich fhrt zu:
a
2
b
2
= x (3.1)
2ab = y. (3.2)
60 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
Ausen von (3.2) und Einsetzen in (3.1) resultiert in
a
2

_
y
2a
_
2
= x
4a
4
4a
2
x y
2
= 0
a
4
xa
2

_
y
2
_
2
= 0
a
2
1,2
=
x
2

_
x
2
+y
2
4
=
x [z[
2
.
Nun ist a eine reelle Zahl, a
2
daher nicht negativ. Da aber a [z[, entfllt die zweite
Lsung und wir erhalten durch Wurzelziehen
a =
_
x +[z[
2
=
1

2
_
x +[z[.
Einsetzen in (3.2) fhrt dann auch zu einer Lsung fr b
b =
y
2a
=

2y
2
_
x +[z[
=
1

2
y
_
[z[ x
_
[z[ +x
_
[z[ x
=
1

2
y
_
[z[ x

z
2
x
2
=
1

2
_
[z[ x.
Welche Vorzeichen sind fr a und b mglich?
Wegen 2ab = y gilt: Fr y > 0 haben a und b das gleiche Vorzeichen, fr y < 0 haben
a und b verschiedene Vorzeichen. Wir bezeichnen das Vorzeichen von y mit sgn(y)
(Signum), d. h.
sgn(y) =

1 falls y > 0
1 falls y < 0
0 sonst
.
Mit der Festlegung a 0 ergibt sich
Satz 25
Die Quadratwurzeln von z = x +iy sind
z
0
=
1

2
_
_
[z[ +x +i sgn(y)
_
[z[ x
_
,
z
1
=
1

2
_
_
[z[ +x +i sgn(y)
_
[z[ x
_
.
Der Hauptwert ergibt sich aus der Lage in der Zahlenebene.
3.1 Quadratwurzeln und quadratische Gleichungen 61
Beispiel 3.2
a) Was ist

3 + 4i? Mit x = 3, y = 4, sgn (y) = +1, [z[ = 5 ergibt sich
z
0
= 2 +i(Hauptwert) , z
1
= 2 i.
Probe: (2 +i)
2
= 3 + 4i
b) Was ist

3 4i? Mit x = 3, y = 4, sgn(y) = 1 und [z[ = 5 ergibt sich
z
0
=
1

2
_

8 i

2
_
= 2 i
sowie z
1
= 2 +i, wobei z
1
der Hauptwert ist.
c) Fr

1 +i erhalten wir mit x = y = 1 mit den obigen Formeln
z
0
=
1

2
__

2 + 1 +i
_

2 1
_
z
1
=
1

2
__

2 + 1 +i
_

2 1
_
.
Quadratische Gleichungen
Mit Hilfe der Quadratwurzeln aus komplexen Zahlen kann jede allgemeine quadratische
Gleichung in C
z
2
+pz +q = 0 p, q C
gelst werden. Quadratische Ergnzung fhrt zu:
z
2
+ 2
p
2
z +
_
p
2
_
2

_
p
2
_
2
+q = 0
_
z +
p
2
_
2
=
_
p
2
_
2
q
z
0
=
p
2
+
_
_
p
2
_
2
q
z
1
=
p
2

_
_
p
2
_
2
q.
Die aus R bekannte Lsungsformel gilt somit auch in C. Die Quadratwurzel kann in C
jedoch stets berechnet werden, so dass gilt:
Satz 26
In (C, +, ) hat jede quadratische Gleichung genau zwei Lsungen.
62 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
Beispiel 3.3
z
2
+ 2iz + 1 + 2i = 0 hat die beiden Lsungen
z
0,1
= i

2 2i = i

2i

1 +i
= i

2i
_
1

2
_

2 + 1 +
i

2
_

2 1
_
=
_

2 1 (1
_

2 + 1)i,
(siehe Beispiel 3.2c).
3.2 Allgemeine Wurzeln
Eine n-te Wurzel z
1
einer komplexen Zahl z ,= 0 ist Lsung der Gleichung z
n
1
= z. Da
sich die Potenzen einer komplexen Zahl besonders einfach in der Polarform darstellen
lassen, verwenden wir diese Form:
z = r (sin +i sin).
Wir verfolgen den Ansatz:
w = s (cos +i sin) w
n
= s
n
(cos n +i sin n).
Ein Vergleich ergibt:
s
n
= r bzw. s =
n

r,
n = +k 2k Z,
d. h.
=
+ 2k
n
, k Z fr k = 0, 1, . . . , n 1.
Es ergeben sich somit n verschiedene Werte.
Satz 27
Fr jedes n N hat die komplexe Zahl z = r(cos + i sin), z ,= 0, genau n
verschiedene Wurzeln, nmlich
w
k
=
n

r
_
cos
+ 2k
n
+i sin
+ 2k
n
_
, k = 0, . . . , n 1.
w =
n

r
_
cos

n
+i sin

n
_
mit 0

n

2
n
heit der Hauptwert. Fr ihn schreibt
man w =
n

z = z
1
n
.
Achtung: Beim Rechnen mit Wurzeln im Komplexen ist Vorsicht geboten. Die aus dem
Rechnen in R bekannten Wurzelgesetze wie z. B.

a b =

b gelten im Komplexen
3.2 Allgemeine Wurzeln 63
nur eingeschrnkt. Was ist verkehrt mit folgender Rechnung? Es ist
_
(1) (1) =

1 = 1.
Andererseits gilt doch auch nach den Wurzelgesetzen
_
(1) (1) =

1 = i i = i
2
= 1.
Ist also 1 = 1???
Das in R gltige Wurzelgesetz

ab =

a

b gilt in C nicht uneingeschrnkt. Eine


auch fr C gltige Fassung msste lauten: Irgendeine Wurzel von a multipliziert mit
irgendeiner Wurzel von b ergibt irgendeine Wurzel von a b.
E
w
0
w
1
w
3
w
4
/5
w
2
= 2
T
Abb. 3.3: z
5
= 32 hat fnf verschiedene
Lsungen
Beispiel 3.4
z = 32 hat folgende fnfte Wurzeln:
w
0
= 2
_
cos

5
+i sin

5
_
w
1
= 2
_
cos
3
5
+i sin
3
5
_
w
2
= 2 (cos +i sin )
w
3
= 2
_
cos
7
5
+i sin
7
5
_
w
4
= 2
_
cos
9
5
+i sin
9
5
_
E
T
w
0
w
1
w
2
w
3
Abb. 3.4: Vierte Wurzeln von z =
2

3 2i (rechts)
Beispiel 3.5
z = 2

3 2i = 4(
1
2

3
1
2
i)
= 4
_
cos
7
6
+i sin
7
6
_
hat folgende vierte Wurzeln:
w
0
=

2
_
cos
7
24
+i sin
7
24
_
w
1
=

2
_
cos
19
24
+i sin
19
24
_
w
2
=

2
_
cos
31
24
+i sin
31
24
_
w
3
=

2
_
cos
43
24
+i sin
43
24
_
64 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
3.3 Einheitswurzeln: n-te Wurzeln aus der Zahl 1
Denition 3.1
Die Lsungen der Gleichung
w
n
= 1 (3.3)
heien n-te Einheitswurzeln. Die Gleichung (3.3) heit Kreisteilungsgleichung.
n-te Einheitswurzeln haben alle den Betrag 1 und liegen somit auf dem Einheitskreis.
Satz 28
Die n-ten Einheitswurzeln sind

k
= cos
2k
n
+i sin
2k
n
, k = 0, 1, . . . , n 1
Es ist

0
= 1

1
= cos
2
n
+i sin
2
n

2
= cos
2
n
2 +i sin
2
n
2 =
2
1

3
= cos
2
n
3 +i sin
2
n
3 =
3
1

n1
= cos
2(n 1)
n
+i sin
2(n 1)
n
=
n1
1
Die n-ten Einheitswurzeln bilden ein regelmiges n-Eck, das dem Einheitskreis ein-
beschrieben ist und die Ecke 1 enthlt. Wegen der Punktsymmetrie der Sinusfunktion
ergibt sich Folgendes:

1
+
n1
= cos
2
n
+i sin
2
n
+ cos
2(n 1)
n
+i sin
2(n 1)
n
= 2 cos
2
n
R

2
+
n2
= 2 cos
4
n
R,

3
+
n3
= 2 cos
6
n
R,
. . . .
Mit Hilfe der Einheitswurzeln knnen die Wurzeln der Gleichung w
n
= z einfacher
geschrieben werden.
3.3 Einheitswurzeln: n-te Wurzeln aus der Zahl 1 65
T
E

2/9

2
=
2
1
3
=
3
1
Abb. 3.5: Neun 9-te Einheitswurzeln
Satz 29
Die n-ten Wurzeln einer komplexen Zahl z erhlt man, wenn man eine n-te Wurzel
von z mit den n-ten Einheitswurzeln multipliziert.
Beispiel 3.6
w
4
= 2

3 2i = 4
_

1
2

3
1
2
i
_
= 4
_
cos
7
6
+i sin
7
6
_
w
0
=

2
_
cos
7
24
+i sin
7
24
_
= w
1

0
w
1
=

2
_
cos
_
7
24
+
2
4
_
+i sin
_
7
24
+
2
4
__
= w
1

1
w
2
=

2
_
cos
_
7
24
+
2
4
2
_
+i
_
sin
7
24
+
2
4
2
__
= w
1

2
1
w
3
=

2
_
cos
_
7
24
+
2
4
3
_
+i
_
sin
7
24
+
2
4
_
3
_
= w
1

3
1
Dritte Einheitswurzeln
Die dritten Einheitswurzeln sind Lsungen der Gleichung z
3
1 = 0 (Kreisteilungs-
gleichung fr n = 3). Eine Lsung wissen wir:
0
= 1. Polynomdivision ergibt
(z
3
1) : (z 1) = z
2
+z + 1.
66 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
z
2
+z + 1 = 0 hat als Lsungen

1
=
1
2
+
1
2

3i = cos 2/3 +i sin 2/3

2
=
1
2

1
2

3i = cos 4/3 +i sin 4/3.


Es ist

2
=
2
1
=
_

1
2
+
1
2

3i
_
2
=
1
2

1
2

3i =
1
=
1

1
+
2
=
1
+
1
=
1
+
1

1
= 1 = 2 sin
2
3
.
Fnfte Einheitswurzeln
Fnfte Einheitswurzeln sind Lsungen der Kreisteilungsgleichung z
5
1 = 0, in Polar-
form

k
= cos
2k
5
+i sin
2k
5
, k = 0, 1, 2, 3, 4.
Wir suchen eine Darstellung der 5. Einheitswurzeln mit Wurzelausdrcken. Wir spalten
zunchst die Lsung
0
= 1 ab und erhalten mittels Polynomdivision
(z
5
1) : (z 1) = z
4
+z
3
+z
2
+z + 1.
Es ist

1
+
4
=
1
+
1

1
= 2 cos
2
5
= 2Re(
1
) =: t
1

2
+
3
=
2
+
1

2
= 2 cos
4
5
= 2Re(
2
) =: t
2
Wir versuchen eine Lsung fr t
1
und t
2
zu nden.
Wir stellen zunchst fest, dass
1
, . . . ,
4
als fnfte Einheitswurzeln eine Lsung der
Gleichung
z
4
+z
3
+z
2
+z + 1 = 0
sind. Denieren wir t = z +
1
z
, so ist dies gleichbedeutend mit
t
2
+t 1 = 0,
was
t
1,2
=
1
2

1
2

5
zur Lsung hat. Damit erhalten wir
Re(
1
) = Re(
4
) =
1
2
t
1
=
1
4
+

5
4
Re(
2
) = Re(
3
) =
1
2
t
2
=
1
4

5
4
.
3.3 Einheitswurzeln: n-te Wurzeln aus der Zahl 1 67

4 Abb. 3.6: Regelmiges Fnfeck


Fr die Imaginrteile erhlt man, da
i
als Einheitswurzel auf dem Einheitskreis liegt,
Im(
1
) =
_
1 Re
2
(
1
) =
1
4
_
10 + 2

5
Im(
2
) =
_
1 Re
2
(
2
) =
1
4
_
10 2

5
Damit lauten die 5. Einheitswurzeln

0
= 1

1
=
1
4
_
1 +

5 +i

2
_
5 +

5
_

2
=
1
4
_
1

5 +i

2
_
5 +

5
_

3
=
1
4
_
1

5 i

2
_
5 +

5
_

4
=
1
4
_
1 +

5 i

2
_
5 +

5
_
Somit ist auch die Frage beantwortet, ob das regelmige Fnfeck mit Zirkel und Lineal
konstruierbar ist. Da nur Quadratwurzeln auftreten, ist die Konstruktion mglich. In
der Wurzelschnecke (Abbildung 3.7) ergibt sich
a =

2, b =

3, c =

4, d =

5.
1
1
a
1
b
1
c
1
d
Abb. 3.7: Wurzelschnecke
Die klassische Mathematik des Altertums, d. h. die
griechische Mathematik zwischen ca. 600 bis 200
v. Chr., beschftigte sich mit mehreren Problemen,
auf die man im Altertum keine Antwort fand. Dazu
gehren
die Dreiteilung des Winkels, d. h. einen gege-
benen Winkel in drei Teile zu teilen;
68 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
die Verdoppelung des Wrfels, d. h. zu einem gegebenen Wrfel einen Wrfel mit
dem doppelten Volumen zu konstruieren;
die Quadratur des Kreises, d. h. zu einem gegebenen Kreis ein Quadrat mit glei-
chem Flcheninhalt zu konstruieren;
die Konstruktion des regelmigen Vielecks.
Abb. 3.8: Gau
Alle Aufgaben durften nur mit Zirkel und Lineal und in endlich
vielen Schritten durchgefhrt werden. Erst im 19. Jahrhundert
konnte dann fr die ersten drei Probleme bewiesen werden, dass
sie so nicht lsbar sind. Durch die Arbeiten von Carl Friedrich
Gau (17771855) und Evariste Galois (18111832) konnten geo-
metrische Probleme jetzt auch algebraisch angegangen werden.
Bezglich der Konstruierbarkeit des regelmigen n-Ecks kannte
man im Altertum neben den Konstruktionen des Dreiecks, des
Quadrates und des Fnfecks mit Zirkel und Lineal nur noch die
darauf aufbauenden, nmlich das 15-Eck durch berlagerung von
Drei- und Fnfeck, sowie aus den genannten durch Kantenverdoppelung bzw. Winkel-
halbierung hervorgehenden mit 6, 8, 10, 12, 16, 20, 24, 30, 32, 40, . . . Ecken. Damit schien
das Problem abgeschlossen.
Abb. 3.9: Galois
Das hier verwendete Verfahren fhrt nur fr spezielle n zum Ziel.
Carl Friedrich Gau hat im Alter von 20 Jahren bewiesen, dass
fr Primzahlen der Form p = 2
2
k
+ 1, k N
0
das regelmige
p-Eck konstruierbar ist. Das bedeutet, dass dann die p-ten Ein-
heitswurzeln durch Quadratwurzeln ausgedrckt werden knnen.
Damit hat der junge Gau ein Problem gelst, das die Mathema-
tik schon seit dem Altertum beschftigt hat.
k = 0 regelmiges Dreieck 2
2
0
+ 1 = 2
1
+ 1 = 3
k = 1 regelmiges Fnfeck 2
2
1
+ 1 = 2
2
+ 1 = 5
k = 2 regelmiges Siebzehneck 2
2
2
+ 1 = 2
4
+ 1 = 17.
Nicht alle diese Zahlen sind Primzahlen. Man wei nicht, wie viele solche sogenannte
Fermatsche Primzahlen es gibt. Es gilt folgender
Satz 30
Ein regulres n-Eck ist genau dann mit Zirkel und Lineal konstruierbar, falls n =
2
k
p
1
. . . p
r
, wobei p
k
verschiedene Fermatsche Primzahlen sind.
Aufgaben
3.1. Berechnen Sie jeweils die beiden Quadratwurzeln und stellen Sie das Ergebnis in
der Gauschen Zahlenebene dar:
(a) z = 3 + 3

3i (b) z = 3 + 4i (c) z = 4 + 5i
3.2. Berechnen Sie:
(a) (4 + 4i)
1/5
(b) (64)
1/6
(c) (i)
2/3
3.3 Einheitswurzeln: n-te Wurzeln aus der Zahl 1 69
3.3. Bestimmen Sie die Lsungen der Gleichungen:
(a) z
2
6z + 10 = 0 (b) z
2
+ (5 2i)z + (5 + 5i) = 0
(c) z
2
+ (2i)z 1 = 0
3.4. Berechnen Sie alle Lsungen von
(a) z
5
= 32 (b) z
3
= 64i (c) z
5
= 16 + 16

3i
3.5. Es seien
0
, . . . ,
n1
die n-ten Einheitswurzeln.
(a) Was ist
0

1
. . .
n1
? (Hinweis: Erst mit n = 2, 3, 4, 5, 6 probieren)
(b) Was ist
0
+
1
+. . . +
n1
?
3.6. Gibt es zu beliebigen z
1
, z
2
C immer eine quadratische Gleichung z
2
+bz+c = 0,
deren Lsungen z
1
, z
2
sind?
3.7. Es sei z
2
+bz +c = 0 eine Gleichung mit b, c R. Zeigen Sie: Sind die Lsungen
z
1
, z
2
nicht reell, so gilt z
2
= z
1
.
3.8. (a) Es sei w
2
= z. Gesucht sind die Wurzeln aus dem komplex konjugierten von
z, d. h.

z.
(b) Es sei
n

z = w, und
0
, . . . ,
n1
die n-ten Einheitswurzeln. Berechnen Sie
alle Lsungen von
n

z.
3.9. Es sei EW
n
die Menge aller n-ten Einheitswurzeln und EW = z[k N : z
k
= 1
die Menge aller Einheitswurzeln. Zeigen Sie:
(a) (EW, ) ist eine Gruppe.
(b) Fr jedes n N ist (EW
n
, ) eine Untergruppe von (EW, ).
(c) Ist k ein Teiler von n N, so ist (EW
k
, ) eine Untergruppe von (EW
n
, ).
(d) Gilt auch die Umkehrung der Aussage in (c)?
3.10. Bilden Sie alle mglichen Produkte aus einer 2-ten und einer 3-ten Einheitswurzel
und zeichnen Sie diese Produkte in die Gausche Zahlenebene ein. Interpretieren
die das Ergebnis!
3.11. Zeigen Sie:
(a) Ist z eine n-te Einheitswurzel, so ist auch z eine n-te Einheitswurzel. Was
bedeutet das geometrisch?
(b) Ist z eine n-te Einheitswurzel, so auch
1
z
3.12. Berechnen Sie die Lsungen der Gleichungen
(a) z
2
= 2 + 2

3i (b) z
3
= 1

3i (c) z
4
= 3 + 3

3i
3.13. Lsen Sie die Gleichungen
(a) iz
3
+2 = 0 (b) 9z
3
i = 0 (c) (zi)
3
+i = 0 (d) (z+

3)
3
+24 = 0
70 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
3.14. Zeigen Sie rechnerisch und geometrisch, dass eine komplexe Zahl nur dann eine
reelle n-te Wurzel hat, wenn sie selbst reell ist.
3.15. Zeigen Sie: Ist q R, dann ist mit z auch z eine n-te Wurzel aus q. Erklren Sie
diese Tatsache auch geometrisch. Ist in diesem Fall auch stets mit z die Zahl
1
z
eine n-te Wurzel aus q?
3.4 Kubische Gleichungen
Wir betrachten Gleichungen der Form
x
3
+ax
2
+bx +c = 0, a, b, c R.
Zur Geschichte
Die Lsung der kubischen Gleichung mit Hilfe von Wurzeln ist eng mit der Entwicklung
der komplexen Zahlen verknpft. Gleichungen 3. Grades waren aus der Antike (Babylon,
Griechenland) bekannt: Ein klassisches Problem der Antike war die Frage nach der
Mglichkeit, einen beliebigen Winkel mit Hilfe von Zirkel und Lineal in drei gleiche
Teile zu teilen. Das Problem fhrt auf die Gleichung
4x
3
3x = b mit b = cos .
Fr = /3(b = 1/2) ist die Gleichung nicht in Faktoren zerlegbar (irreduzibel) und
damit x nicht konstruierbar.
Die Ausung von Polynomgleichungen hat die Mathematiker mehrere Jahrhunder-
te lang beschftigt. Die ersten interessanten Beitrge stammen dabei aus dem Italien
der Renaissance. Der Franziskanermnch Luca Pacioli (14451509) hatte noch keine
Lsung gefunden. Scipione del Ferro (14651526) und Niccolo Tartaglia (14991557)
fanden ein Lsungsverfahren. Sie stritten heftig um den Ruhm der Entdeckung. Gero-
nimo Cardano (15011576) lernte 1539 das Verfahren von Tartaglia und verentlichte
es 1545 in seiner Ars magna de Regulis Algebraicis. Die Geschichte der Cardano-
schen Formeln zur Ausung von Gleichungen dritten Grades ist abenteuerlich. Car-
dano hat die Formeln von Tartaglia gestohlen. Doch auch dieser ist nicht ihr erster
Entdecker. Vielmehr sind sie wahrscheinlich zum ersten Mal von del Ferro aufgestellt
worden. Schwierigkeiten bereitete der sogenannte casus irreducibilis, bei dem Wurzeln
aus negativen reellen Zahlen auftraten. Mindesten eine der sich ergebenden Lsungen
war aber reell. Dieser Weg ber komplexe Zahlen war lange Zeit sehr umstritten. Man
sprach von unmglichen Lsungen, sophistischen Gren, nur eingebildeten Wur-
zeln.
Cardano und viele seiner Nachfolger haben quadratische oder auch kubische Gleichun-
gen keineswegs als Anlass gesehen, einen neuen Typ von Zahlen, nmlich die komple-
xen Zahlen, einzufhren. Sie betrachteten viele quadratische und kubische Gleichungen
als skurrile, aber falsche oder unmgliche Aufgaben (siehe Fhrer, 2001). Wahre
Aufgaben mussten anschaulich, und das heit vor allem geometrisch deutbar sein. Sie
3.4 Kubische Gleichungen 71
Abb. 3.10: Von links nach rechts: Pacioli, Tartaglia, Cardano, Bombelli
durften somit nur positive reelle Koezienten enthalten, wie das folgende Beispiel von
Bombelli illustriert.
Rafael Bombelli (15261572) entwickelte die Algebra von Cardano weiter, indem er mit
den komplexen Zahlen rechnete und quadratische und kubische Gleichungen lste. Er
konnte spezielle dritte Wurzeln ausrechnen und damit bestimmte Gleichungen lsen:
Die Gleichung
x
3
= 15x + 4
fhrt auf
x
1
=
3
_
2 +

121 +
3
_
2

121 = (2 +

1) + (2

1) = 4.
Denn
2 +

121 = (2 +

1)
3
, 2

121 = (2

1)
3
,
wie sich leicht nachrechnen lsst.
Er berlegte geometrisch, dass die Gleichung x
3
= ax +b, a, b > 0 stets eine positive
reelle Lsung hat. Dazu benutzte er ein Rechteck mit der Seite a und dem Flcheninhalt
b, also h = b/a, und konstruierte eine Strecke x, die die Gleichung erfllt. Das war der
Grund, warum er das Rechnen mit

1 fr sinnvoll hielt.
72 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
Bombellis Sicht der Gleichung x
3
= ax +b
Eine Gleichung der Form x
3
= ax + b mit a > 0, b > 0 hat stets eine positive reelle
Lsung:
Gegeben sei die Strecke AB der Lnge a. Diese sei Seite eines Rechtecks ABCD mit
dem Flcheninhalt b. Man verlngere die Strecke AB ber B hinaus bis zum Punkt
E, so dass BE die Lnge 1 hat. Auf der verlngerten Gerade CD whle man nun
einen Punkt F wie folgt: Die Verlngerung der Verbindungsgerade FA schneide die
Verlngerung von DB in G. Man errichte auf GE in G die Senkrechte. Sie schneide
die Verlngerung von AB in H. F ist so zu whlen, dass FH auf FD senkrecht steht.
Behauptung: Die Strecke BG hat die Lnge x mit x
3
= ax +b.
Beweis: Es bezeichne x die Lnge von BG. Dann hat BH die Lnge x
2
(x ist
nmlich die Hhe im rechtwinkligen Dreieck HEG). Nach dem Hhensatz gilt x
2
=
[BE[[BH[ . Es ist aber [BE[ = 1. Folglich hat das Rechteck HBIG den Flcheninhalt
x
3
. Andererseits ist dieser Flcheninhalt die Summe der Flcheninhalte der Rechtecke
ABKG (mit dem Inhalt ax) und AHIK. AHIK hat aber den gleichen Flcheninhalt
wie ABCD, also b. Es gilt also in der Tat x
3
= ax + b. Fr beliebige positive a, b
erhalten wir somit einen positiven Wert fr x.

3.4 Kubische Gleichungen 73


Erste Lsungsanstze fr kubische Gleichungen: Spezialflle
Allgemein geht es um Lsungen von Gleichungen der Form
f(x) = x
3
+ax
2
+bx +c = 0 a, b, c R. (3.4)
Ist c = 0, so ist x(x
2
+ ax +b) = 0, also x
0
= 0 eine Lsung und x
1,2
knnen nach der
Lsungsformel fr quadratische Gleichungen berechnet werden.
Hat man eine Lsung x
0
mit f(x
0
) gefunden, so lsst sich f(x) faktorisieren mit (xx
0
)
als einem Faktor. Allgemein deniert man
Denition 3.2
Ein Term der Form
f(x) = a
n
x
n
+a
n1
x
n1
+. . . +a
1
x +a
0
in dem x eine Variable ist und a
n
, . . . , a
0
R heit Polynom in R. Die natrliche
Zahl n heit Grad des Polynoms, wobei a
n
,= 0, da sonst x
n
wegfllt und der Grad
n 1 wre.
Mit Hilfe dieses Polynoms lsst sich eine ganzrationale Funktion x f(x) = a
n
x
n
+
. . . +a
1
x +a
0
denieren. Man erhlt eine Gleichung n-ten Grades, wenn man f(x) = 0
setzt. Deren Lsungen heien Nullstellen der Funktion f.
Satz 31
Ist x
0
Nullstelle eines Polynoms n-ten Grades, d. h.
f(x
0
) = a
n
x
n
0
+a
n1
x
n1
0
+. . . +a
1
x
0
+a
0
= 0,
so lsst sich f schreiben als Produkt von (x x
0
) mit einem Polynom f
1
(x) vom
Grade n 1.
Beweis:
f(x) f(x
0
)
. .
=0
=
_
a
n
x
n
+a
n1
x
n1
+. . . +a
1
x +a
0
_

_
a
n
x
n
0
+a
n1
x
n1
0
+. . . +a
1
x
0
+a
0
_
= a
n
(x
n
x
n
0
) +a
n1
(x
n1
x
n1
0
) +. . . +a
1
(x x
0
).
In jedem Term der Form x
k
x
k
0
kann der Faktor x x
0
abgespalten werden:
x
k
x
k
0
= (x x
0
)
_
x
k1
+x
0
x
k2
+x
2
0
x
k3
+. . . +x
k1
0
_
= (x x
0
)g
k
(x, x
0
)
mit
g
k
(x, x
0
) = x
k1
+x
0
x
k2
+x
2
0
x
k3
+. . . +x
k1
0
.
74 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
Also folgt
f(x) = f(x) f(x
0
)
= (x x
0
)[g
n
(x, x
0
) +a
n1
g
n1
(x, x
0
) +. . . +a
1
g
1
(x, x
0
)]
= (x x
0
) f
1
(x)

Ist x
0
eine Lsung von (3.4), so ist f(x) = (x x
0
)(x
2
+ px + q) und x
1,2
knnen mit
Hilfe der p q-Formel berechnet werden. Denn es gilt ja
0 = x
3
0
+ax
2
0
+bx
0
+c
und somit
f(x) = f(x) 0 = x
3
+ax
2
+bx +c 0
= x
3
+ax
2
+bx +c (x
3
0
+ax
2
0
+ bx
0
+c)
= (x
3
x
3
0
) +a(x
2
x
2
0
) +b(x x
0
)
= (x x
0
)
_
x
2
+xx
0
+x
2
0
+a(x +x
0
) +b

.
Bei manchen Gleichungen kann man die erste Nullstelle durch Probieren in wenigen
Schritten erhalten. Diese Methode ist auch unter dem Namen Nullstellen erraten be-
kannt. Wir formulieren gleich allgemein:
Satz 32
Gegeben sei eine Gleichung n-ten Grades mit ganzzahligen Koezienten
a
n
x
n
+a
n1
x
n1
+. . . +a
1
x +a
0
= 0 mit a
k
Z. (3.5)
Ist
r
s
Q mit ggT(r, s) = 1 eine Lsung von (3.5), so gilt
r[a
0
, s[a
n
.
Insbesondere gilt: Hat (3.5) eine ganzzahlige Lsung x
0
Z, so ist diese Lsung
Teiler des absoluten Gliedes, d. h. x
0
[a
0
.
Beweis: Nach Voraussetzung gilt
a
n
r
n
s
n
+a
n1
r
n1
s
n1
+. . . +a
1
r
s
+a
0
= 0. (3.6)
Multiplikation mit
s
n
r
und Subtraktion von a
0
fhrt zu
a
n
r
n1
+a
n1
r
n2
s +. . . +a
1
s
n1
=
a
0
s
n
r
.
Da auf der linken Seite nur ganze Zahlen additiv und multiplikativ verrechnet werden,
muss auch die rechte Seite eine ganze Zahl ergeben. Da aber r und s teilerfremd sind,
folgt r[a
0
.
3.4 Kubische Gleichungen 75
Analog ergibt sich aus (3.6) durch Multiplikation von s
n1
und Subtraktion von
a
n
r
n
s
a
n1
r
n1
+a
n2
r
n2
s +. . . +a
1
rs
n2
+a
0
s
n1
=
a
n
r
n
s
,
woraus folgt, dass die rechte Seite eine ganze Zahl ist. Wegen der Teilerfremdheit von r
und s bedeutet dies aber, dass s ein Teiler von a
n
ist.
Beispiel 3.7
a) Welche Lsungen hat
x
3
6x
2
+ 15x 14 = 0?
Falls diese Gleichungen rationale Lsungen r/s hat, so muss r[14 und s[1 sein,
d. h. es kommen lediglich die Zahlen 1, 2, 7, 14 in Frage. Ausprobieren
dieser 8 Mglichkeiten fhrt auf x
0
= 2 als Lsung. Polynomdivision ergibt
x
3
6x
2
+ 15x 14 = (x 2) (x
2
4x + 7).
Fr die beiden anderen Lsungen ergeben sich die konjugiert komplexen Werte
x
1
= 2 +

3i, x
2
= 2

3i.
b) Welche Lsungen hat
6x
4
25x
3
+ 32x
2
+ 3x 10 = 0?
Falls diese Gleichung berhaupt rationale Lsungen hat, kommen nur Br-
che r/s in Frage, fr die gilt r[10, d. h. r 1, 2, 5, 10 und s[6, d. h.
s 1, 2, 3, 6. Ausprobieren fhrt zu
r
s
=
1
2
und
r
s
=
2
3
, d. h. wir haben
die beiden Nullstellen
x
0
=
1
2
, x
1
=
2
3
.
Daher lsst sich die Gleichung teilen durch
(2x + 1) (3x 2) = 6x
2
x 2
und Polynomdivision fhrt zu
(6x
4
25x
3
+ 32x
2
+ 3x 10) = (6x
2
x 2) (x
2
4x + 5).
Hieraus ergeben sich die anderen Nullstellen mit Hilfe der p q-Formel
x
2
= 2 +i, x
3
= 2 i.
76 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
Herleitung der Formel von Cardano
berlegungen am Graph einer kubischen Funktion weisen darauf hin, dass jede kubische
Gleichung mindestens eine Nullstelle hat, gegeben als den Schnittpunkt von Funktions-
graph und horizontaler Achse. Mittels Polynomdivision lsst sich die Gleichung auf
eine quadratische Gleichung mit reellen Koezienten reduzieren. Diese hat zwei weitere
Lsungen, die entweder reell oder einander komplex konjugiert sind (siehe Aufgabe 3.7).
Satz 33
Jede kubische Gleichung hat stets entweder eine reelle und zwei konjugiert komplexe
Lsungen oder drei reelle Lsungen.
Aber: Wie ndet man die eine reelle Lsung? Das ist oft sehr schwierig. Deshalb ist eine
Lsungsformel wichtig.
Es zeigt sich, dass man stets das quadratische Glied beseitigen kann und dann eine re-
duzierte kubische Gleichung erhlt, die einfacher zu bearbeiten ist. Dazu dient folgender
Ansatz: Wir setzen x = t +k (Koordinatentransformation) und erhalten
x
3
= t
3
+ 3kt
2
+ 3k
2
t +k
3
ax
2
= at
2
+ 2akt +ak
2
bx = bt +bk
c = c.
Addiert man die linken und rechten Seiten zusammen, so ergibt sich
f(x) = t
3
+ (3k +a)t
2
. .
=0 fr k=a/3
+(3k
2
+ 2ak +b)t +k
3
+ak
2
+bk +c (3.7)
Fr k = a/3 fllt der Koezient des quadratischen Terms weg und es ergibt sich fr
die anderen Koezienten
3k
2
+ 2ak +b =
a
2
3

2a
2
3
+b =
a
2
3
+b =: p
k
3
+ak
2
+bk +c =
a
3
27
+
a
3
9

ab
3
+c =
2a
3
27

ab
3
+c =: q.
Also erhalten wir die reduzierte Gleichung
t
3
+pt +q = 0 , p, q R.
Aus einer Lsung dieser Gleichung erhalten wir eine Lsung von (3.4) durch Rcktrans-
formation x = t
a
3
.
Man kann diese Gleichung grasch lsen:
t
3
..
kubische Parabel
= pt q
. .
Gerade
.
3.4 Kubische Gleichungen 77
Fr die rechnerische Lsung von
t
3
= pt q (3.8)
hilft ein Ansatz mittels der Substitution t = u +v weiter:
t
3
= (u +v)
3
= u
3
+ 3u
2
v + 3uv
2
+ v
3
= 3uv (u +v)
. .
t
+u
3
+v
3
.
Ein Vergleich mit (3.8) ergibt
3uv = p (3.9)
u
3
+v
3
= q. (3.10)
Wir nehmen an, wir htten Zahlen u, v schon gefunden, die (3.9) und (3.10) erfllen.
Dann gilt
wegen (3.10) u
3
+v
3
= q (3.11)
wegen (3.9) u
3
v
3
=
_
p
3
_
3
. (3.12)
u
3
und v
3
sind nach dem Satz von Vieta Lsungen der quadratischen Gleichung (Re-
solventengleichung)
y
2
+q y
_
p
3
_
3
= 0. (3.13)
Also ist
y
0
= u
3
=
q
2
+
_
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
und
y
1
= v
3
=
q
2

_
_
q
2
)
2
+ (
p
3
_
3
(3.14)
oder
y
0
= v
3
=
q
2

_
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
und
y
1
= u
3
=
q
2
+
_
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
.
Durch Vertauschen von u und v bleiben (3.9) und (3.10) unverndert, also reicht das
erste Paar.
Ist u
0
eine Lsung von (3.14), so ist u
1
= u
0
und u
2
= u
0

2
auch eine Lsung, wobei
die dritte Einheitswurzel (Hauptwert) ist.
Analog gilt: Ist v
0
Lsung von (3.14), so auch v
1
= v
0
, v
2
= v
0

2
. Welche (u
i
, v
j
)
bilden Lsungspaare, die neben (3.10) auch (3.9) erfllen?
78 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
Sei u
0
eine Lsung von (3.14). Dann ist v
0
so zu whlen, dass (3.9) erfllt ist, also
3u
0
v
0
= p, somit
v
0
=
p
3u
0
.
Dieses v
0
ist dann auch Lsung von (3.14), denn
v
3
0
=
_
p
3
_
3

q
2
+
_
(
q
2
)
2
+ (
p
3
)
3
=
q
2

_
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
.
Der bergang von der ersten zur zweiten Zeile lsst sich leicht verizieren, wenn man
den Nenner des zweiten Faktors aus der ersten Zeile mit der zweiten Zeile multipliziert.
Fr die dritte Einheitswurzeln gilt
3
= 1, also
2
=
2
= 1. Somit sind die
Lsungen fr t
3
= pt q
t
0
= u
0
+v
0
, t
1
= u
0
+v
0

2
, t
2
= u
0

2
+v
0
. (3.15)
Denn es ist in Erfllung von (3.9) u
0
v
0

2
= u
0
v
0
= p/3 und u
0

2
v
0
= u
0
v
0
=
p/3.
Wir fassen zusammen:
Satz 34
Die kubische Gleichung
x
3
+ax
2
+bx +c = 0
hat als eine Lsung (Cardanosche Formel)
x
0
=
3
_

q
2
+

D +
3
_

q
2

D
a
3
mit D =
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
Diskriminante.
Dabei ist bei den dritten Wurzeln der Hauptwert zu nehmen. Die beiden anderen L-
sungen x
1
, x
2
erhlt man z. B., indem man die dritten Wurzeln mit =
1
2
+

3
2
i
bzw.
2
=
1
2

3
2
i gem (3.15) multipliziert und dann addiert. Alternativ kommt
man zu den beiden anderen Lsungen, indem nach Division durch (xx
0
) die kubische
Gleichung auf eine quadratische Gleichung reduziert ist, die mit Hilfe der p q-Formel
gelst werden kann.
3.4 Kubische Gleichungen 79
Beispiel 3.8
Gegeben die Gleichung
x
3
3x
2
3x + 9 = 0 d. h. a = 3, b = 3, c = 9.
Es errechnet sich
p =
a
2
3
+b = 6 q =
2a
3
27

ab
3
+c = 4
t
3
6t + 4 = 0 D =
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
= 4
und somit
u
3
=
q
2
+
_
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
= 2 + 2i
u
3
= r(cos +i sin) : r = (

2)
3
, =
3 + 2k
4
u
0
=
3

r
_
cos

3
+i sin

3
_
=

2
_
cos

4
_
+i sin
_

4
_
=

2
_
1
2

2 +
1
2

2i
_
= 1 +i
v
0
=
p
3u
1
=
6
3(1 +i)
=
2(1 i)
(1 +i)(1 i)
= 1 i
t
0
= u
0
+v
0
= 2 , x
0
= t
0
a/3 = 3
t
1
= u
0
+v
0

2
= (1 +i)
_

1
2
+

3
2
i
_
+(1 i)
_

1
2

3
2
i
_
= 1

3, x
1
=

3
t
2
= u
0

2
+v
0
= 1 +

3, x
2
=

3.
Untersuchung der drei Flle D > 0, D = 0, D < 0
Zur Klassizierung der Lsungen werfen wir einen Blick zurck auf die Herleitung der
Cardanoschen Formeln: Fr die Lsung ist die Diskriminante entscheidend
D =
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
.
Da p in der dritten Potenz auftritt, kann dieser Term und damit D negativ werden.
1. Fall D > 0:

D ist reell
u
3
=
q
2
+

D, v
3
=
q
2

D
80 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
u
0
, v
0
sind reell, t
0
= u
0
+v
0
ist reell,
t
1
= u
0
+v
0

2
= u
0
_

1
2
+
1
2

3i
_
+v
0
_

1
2

1
2

3i
_
=
1
2
(u
0
+v
0
) +i

3
2
(u
0
v
0
)
t
2
= u
0

2
+v
0
= u
0
_

1
2

1
2

3i
_
+v
0
_

1
2
+
1
2

3i
_
=
1
2
(u
0
+v
0
) i

3
2
(u
0
v
0
),
d. h. t
1
, t
2
sind konjugiert komplex.
2. Fall D = 0, d. h. es ist(q/2)
2
= (p/3)
3
oder: u
3
= q/2, v
3
= q/2. Somit folgt
u
0
=
3
_
q
2
reell
v
0
=
p
3u
1
=
3

_
p
3
_
3

q
2
=
3
_
q
2
= u
1
t
0
= u
0
+v
0
= 2
3
_
q
2
t
1
= u
0
+ v
0

2
= u
0
=
3
_
q
2
Beachte +
2
= 1, siehe bung 3.5b
t
2
= u
0

2
+v
0
= u
0
=
3
_
q
2
,
d. h. t
1
= t
2
reelle Doppellsung.
3. Fall D < 0:

D ist nicht reell (casus irreducibilis)

D = i

D; wegen D =
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
< 0 ist p < 0
u
3
=
q
2
+i

D = r(cos +i sin )
v
3
=
q
2
i

D = r(cos i sin )
mit
r =
_
_
q
2
_
2
+ (

D)
2
=
_

_
p
3
_
3
reell, da p < 0
cos =

q
2
r
=
q
2
__

p
3
_
3
3.4 Kubische Gleichungen 81
u
0
= =
3

r
_
cos

3
+i sin

3
_
v
0
=
p
3u
1
=
3

r
_
cos

3
+i sin

3
_
=
3

r
_
cos

3
i sin

3
_
da
_

p
3
_
3
= r
2
t
0
= u
0
+v
0
= 2
_

p
3
cos /3 reell
t
1
= u
0
+v
0

2
=
3

r
_
cos
+ 2
3
+i sin
+ 2
3
+ cos
+ 4
3
+i sin
+ 4
3
_
=
3

r
_
cos
+ 2
3
+i sin
+ 2
3
+ cos
2
3
+i sin
2
3
_
= 2
_

p
3
cos(

3
+
2
3
) reell
t
2
= u
0

2
+v
0
= 2
_

p
3
cos
_

3
+
4
3
_
reell .
Das Ergebnis fassen wir zusammen:
Satz 35
Die kubische Gleichung t
3
+pt +q = 0, (p, q R) mit D =
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
hat
fr D > 0 eine reelle und zwei konjugiert komplexe Lsungen,
fr D = 0 drei reelle Lsungen, von denen mindestens zwei zusammenfallen,
und
fr D < 0 drei verschiedene reelle Lsungen.
Das Bemerkenswerte hieran ist, dass man im ersten und zweiten Fall (D > 0 bzw. D =
0) auch ohne die Einfhrung komplexer Zahlen zu einer Lsung der kubischen Gleichung
kommt. Lediglich die beiden anderen Lsungen sind dann einander komplex konjugiert.
Im dritten Fall (D < 0) jedoch kommt man nicht um das Rechnen mit komplexen
Zahlen herum. Aber komplexe Zahlen treten dort nur auf einer Zwischenstufe auf, die
letztlich erhaltenen Nullstellen sind alle drei reelle Zahlen. Diese berraschung ist auch
literarisch belegt. In seinem Roman Verwirrungen des Zglings Trless schreibt Robert
Musil:
In solch einer Rechnung sind am Anfang ganz solide Zahlen, die Meter oder
Gewichte oder irgend etwas anderes Greifbares darstellen knnen und we-
nigstens wirkliche Zahlen sind. Am Ende der Rechnung stehen ebensolche.
Aber diese beiden hngen miteinander durch etwas zusammen, das es gar
nicht gibt. Erscheint dies nicht wie eine Brcke, von der nur Anfangs- und
Endpfeiler vorhanden sind und die man dennoch so sicher berschreitet, als
ob sie ganz dastnde?
82 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
Historisches Beispiel (Stevin, 1585)
Wir betrachten die Gleichung
t
3
= 6t + 40 t
3
6t 40 = 0.
Hier ist
D =
_
q
2
_
2
+
_
p
3
_
3
= 400 8 = 392 > 0
u
3
=
q
2
+

D = 20 +

392, v
3
=
q
2

D = 20

392
t
0
= u
0
+v
0
=
3
_
20 +

392 +
3
_
20

392 = 3, 41421 . . .
+0, 56787 . . . = 4.
Probe fr t
0
= 4 : 64 6

4 40 = 0

Werte fr t
1
, t
2
:
1. Mglichkeit mit 3. Einheitswurzeln
t
1
= u
0
+v
0

2
= u
0
_

1
2
+
1
2

3i
_
+v
0
_

1
2

1
2

3i
_
=
1
2
(u
0
+v
0
) +
1
2

3i (u
0
v
0
)
= 2 +

6i
t
2
= u
0

2
+v
0
= u
0
_

1
2

1
2

3i
_
+v
0
(
1
2
+
1
2

3i)
= 2

6i.
2. Mglichkeit mittels Polynomdivision
(t
3
6t 40) : (t 4) = t
2
+ 4t + 10
t
2
+ 4t + 10 = 0 t
1,2
= 2

4 10 = 2

6i
Daher sind die Lsungen:
t
0
= 4, t
1
= 2 +

6i, t
2
= 2

6i.
3.5 Ausblick
ber mehrere Jahrhunderte hinweg versuchten Mathematiker auch Gleichungen hhe-
ren Grades mit Wurzeln zu lsen. Fr Gleichungen 4. Grades gelang dies Luigi Ferrari
(15221565), einem Schler von Cardano, der die Formeln in seine Ars Magna auf-
nahm.
Fr Gleichungen 5. Grades gelang dies trotz eifriger Bemhungen im 17. und 18. Jahr-
hundert nicht.
3.6 Lsungen der Gleichung 4. Grades 83
Carl Friedrich Gau vermutete 1799 in seiner Doktorarbeit, dass die allgemeine Glei-
chung 5. Grades nicht algebraisch ausbar sei. Auch Paolo Runi (17651822) ver-
suchte dies zu beweisen. Dass algebraische Gleichungen 5. und hheren Grades nicht
allgemein durch Wurzelziehen gelst werden knnen, konnte erst Nils Hendrik Abel
(18021829) in den Jahren 18241826 beweisen. Abel war norwegischer Mathematiker
und starb mit 27 Jahren an Schwindsucht. Er schloss damit die klassische Algebra, die
sich mit der Ausung von Gleichungen befasste, ab.
Zur gleichen Zeit etwa schrieb der Franzose Evariste Galois (18111832) in der Nacht
vor einem tdlichen Duell eine neue Theorie auf, in der die Theorie der Gleichungen
mit Hilfe des Gruppenbegris in eine ganz neue Richtung genet wurde. Er gab Be-
dingungen an, unter denen Gleichungen hheren Grades ausbar sind. Gleichzeitig
wurden auch die berhmten klassischen Probleme der Geometrie gelst, indem ihre Un-
mglichkeit mathematisch bewiesen werden konnte: Die Dreiteilung des Winkels, die
Verdoppelung des Wrfels und die Quadratur des Kreises. Mit Hilfe der zugehrigen
Gleichungen konnte nachgewiesen werden, dass eine Konstruktion mit Zirkel und Lineal
nicht allgemein mglich ist.
3.6 Lsungen der Gleichung 4. Grades
Luigi Ferrari suchte einen Weg, Gleichungen 4. Grades
x
4
+ax
3
+bx
2
+cx +d = 0
durch Reduktion zu vereinfachen. Dazu eliminierte er den kubischen Term der Glei-
chung, indem er substitutierte x = z
a
4
:
0 =
_
z
a
4
_
4
+a
_
z
a
4
_
3
+b
_
z
a
4
_
2
+c
_
z
a
4
_
+d.
Nach Ausmultiplizieren und Zusammenfassen gleichartiger Terme folgt
0 =z
4
az
3
+ 6z
2
_
a
4
_
2
4z
_
a
4
_
3
+
_
a
4
_
4
+
az
3
3z
2
a
2
4
+ 3az
_
a
4
_
2
a
_
a
4
_
3
+bz
2
2z
ab
4
+
a
2
b
16
+cz
ac
4
+d
0 =z
4
+
_
b
3
8
a
2
_
z
2
+
_
1
8
a
3

1
2
ab +c
_
z +
_

3
256
a
4
+
1
16
a
2
b
1
4
ac +d
_
.
Zur Vereinfachung und aus Grnden der besseren bersicht wird nochmals substituiert.
Ferrari setzte fr die Koezienten p, q und r ein
p = b
3
8
a
2
q = c
1
2
ab +
1
8
a
3
r = d
1
4
ac +
1
16
a
2
b
3
256
a
4
,
84 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
womit die zu lsende Gleichung die Form hat
0 = z
4
+pz
2
+qz +r
bzw.
z
4
= pz
2
qz r. (3.16)
Nun versuchte Ferrari aus dieser Gleichung vierten Grades zwei quadratische Gleichun-
gen zu machen, deren Produkt wiederum die ursprngliche Gleichung ergeben sollte.
Der Trick besteht in einer geschickt gewhlten quadratischen Ergnzung auf beiden Sei-
ten von Gleichung (3.16). Dazu wird auf beiden Seiten von (3.16) der Term 2z
2
u +u
2
mit noch zu przisierendem u addiert
z
4
+ 2z
2
u +u
2
= 2z
2
u +u
2
pz
2
qz r
= (2u p)z
2
qz + (u
2
r). (3.17)
Damit ist die linke Seite schon ein vollstndiges Quadrat, nmlich (z
2
+ u)
2
. Auf der
rechten Seite erhlt man ein vollstndiges Quadrat durch eine geeignete quadratische
Ergnzung, d. h. durch eine geeignete Wahl von u. Es ist nmlich
(2u p)z
2
qz + (u
2
r)
= (2u p)z
2
qz +
_
q
2

2u p
_
2
+ (u
2
r)
_
q
2

2u p
_
2
=
_
_
2u pz
q
2

2u p
_
2
+ (u
2
r)
q
2
4(2u p)
.
Hieraus sieht man, dass die rechte Seite ein volles Quadrat wird, wenn
(u
2
r) =
q
2
4(2u p)
,
d. h. wenn
q
2
= 4(2u p)(u
2
r).
Dies ist eine Gleichung dritten Grades fr die Unbekannte u in der Form
u
3

pu
2
2
ru +
pr
2

q
2
8
= 0.
Wie wir in Abschnitt 3.4 gesehen haben, hat diese Gleichung mindestens eine reelle
Wurzel u
1
. Diese reelle Wurzel eingesetzt in (3.17) ergibt
(z
2
+u
1
)
2
=
_
z
_
2u
1
p
q
2

2u
1
p
_
2
.
Durch Wurzelziehen erhlt man zwei quadratische Gleichungen
z
2
+u
1
= +
_
z
_
2u
1
p
q
2

2u
1
p
_
3.6 Lsungen der Gleichung 4. Grades 85
und
z
2
+u
1
=
_
z
_
2u
1
p
q
2

2u
1
p
_
,
bzw.
z
2
z
_
2u
1
p +u
1
+
q
2

2u
1
p
= 0
z
2
+z
_
2u
1
p +u
1

q
2

2u
1
p
= 0.
Somit wurde die ursprngliche Gleichung vierten Grades in zwei quadratische Gleichun-
gen aufgespaltet, die wiederum beide je zwei Lsungen haben. Diese sind somit auch
die vier Lsungen unserer ursprnglichen Gleichung.
Aufgaben
Die Probleme der Aufgaben 3.10 bis 3.12 fhren auf die Lsung kubischer Gleichungen.
Diese kubischen Gleichungen sollen aufgestellt werden.
3.16. Gegeben ist der Inhalt und der Umfang eines gleichschenkligen Dreiecks, gesucht
sind die Seiten.
3.17. Gegeben seien Inhalt und Oberche eines Zylinders, gesucht sind der Radius
und die Hhe.
3.18. Wie tief sinkt eine Eiskugel im Wasser ein? (Hinweis: Bei Abkhlung unter O

C
wird unter Vergrerung des Volumens um
1
11
aus Wasser Eis.)
3.19. Errechnen Sie fr folgende historische kubische Gleichungen mit Hilfe der Formeln
die Lsungen:
(a) t
3
13t 12 = 0 (Girard, 15951632)
(b) x
3
6x
2
+ 13x 10 = 0 (Descartes, 15961650)
(c) x
3
3x 1 = 0 (Al-Biruni, 9731048)
(d) x
3
+x = 4x
2
+ 4 (Diophant, um 250 n. Chr.)
3.20. Beweisen Sie folgende Erweiterung der Methode Nullstellen erraten auf ganze
Gausche Zahlen (Kapitel 2):
Ist z
0
G eine Lsung der Gleichung
a
n
z
n
+. . . +a
1
z +a
0
= 0, a
i
G,
so gilt: z
0
ist Teiler von a
0
.
86 3 Lsungen algebraischer Gleichungen
3.21. Bestimmen Sie mit der Methode Nullstellen erraten die Lsungen von
(a) z
3
9z
2
+ 15z + 25 = 0
(b) z
3
+ (1 + 2i)z
2
+ (3 + 2i)z + 3 = 0
(c) z
3
z
2
+ (3 i)z 2 2i = 0
3.22. Bestimmen Sie das Polynom f(z) = z
3
+ pz
2
+ qz + r, das die drei gegebenen
Nullstellen hat
(a) i, 5, 1+i (b) 3, 7, 2 (c) 2i, 9, 3+2i (d) 11, 4+6i, 46i
(e) 2 i, 7 + 2i, 7 2i (f) 1 +i, 3 + 5i, 5 8i
4 Fundamentalsatz der Algebra
4.1 Die Problemstellung
Haben Polynome n-ten Grades immer Nullstellen?
Fr Polynome bis zum Grade 4 haben wir schon geklrt, dass sie im Komplexen immer
Nullstellen haben. Im vorangegangenen Kapitel haben wir konkrete Lsungsformeln fr
diese Polynome entwickelt.
Man betrachte
ein Polynom 1. Grades mit einer Gleichung der Form
a
1
z +a
0
= 0 mit a
0
, a
1
C, a
1
,= 0.
Es besitzt genau eine Lsung: z
1
=
a
0
a
1
;
ein Polynom zweiten Grades mit einer quadratischen Gleichung der Form
a
2
z
2
+a
1
z +a
0
= 0 mit a
2
,= 0
Seine Lsungen werden nach der bekannten Lsungsformel quadratischer Gleichun-
gen berechnet;
Fr Polynome 3. und 4. Grades gibt es die Cardanoschen Lsungsformeln;
Um eine Lsung der allgemeinen Gleichung 5. Grades und hher durch Radikale
(d. h. mit Hilfe von Wurzelausdrcken) bemhten sich Generationen von Mathe-
matikern vergebens. Nur fr Sonderflle konnten Lsungen gefunden werden. Die
Nichtausbarkeit von Gleichungen 5. Grades und hher bedeutet nicht, dass keine
Lsungen existieren, sondern nur, dass es keine allgemeine Formeln aus den ele-
mentaren Rechenoperationen einschlielich Wurzeln beliebiger Ordnung fr diese
Lsungen der Gleichungen gibt.
Die Lsbarkeit einer Gleichung f(z) = 0 hngt wesentlich von der zugelassenen Grund-
menge ab, aus der die Zahl z
0
stammt, fr die f(z
0
) = 0 gelten soll. Zum Beispiel ist die
Gleichung z
2
+1 = 0 unlsbar, wenn wir die reellen Zahlen R zugrunde legen. Schlielich
gab ja der Wunsch, diese Gleichung lsbar zu machen, den Ansto fr die Einfhrung
der komplexen Zahlen.
88 4 Fundamentalsatz der Algebra
4.2 Der Fundamentalsatz der Algebra
Satz 36
(1. Fassung von Carl Friedrich Gau, 1799)
Jede Gleichung n-ten Grades (n 1) der Form
f(z) = a
n
z
n
+a
n1
z
n1
+. . . +a
1
z +a
0
= 0
mit a
k
C hat in C mindestens eine Lsung.
Folgerungen aus diesem Satz:
Ist z
0
eine Lsung von f(z) = 0, dann lsst sich wie wir schon im vorangegange-
nen Kapitel gesehen haben, siehe Seite 73 f(z) in ein Produkt zerlegen:
f(z) = (z z
0
) f
1
(z),
wobei f
1
(z) ein Polynom vom Grad n 1 ist. Der Fundamentalsatz gilt aber
ebenso fr f
1
(z), d. h. f
1
(z) hat in C mindestens eine Nullstelle z
1
und kann somit
geschrieben werden als
f
1
(z) = (z z
1
) f
2
(z),
wobei f
2
ein Polynom vom Grad n 2 ist. Wenn wir dieses Argument fortsetzen
so erhalten wir:
Jede Gleichung n-ten Grades zerfllt ber C vllig in Linearfaktoren, d. h. es gibt
z
0
, . . . , z
n1
C mit
f(z) = a
n
(z z
0
) (z z
1
) . . . (z z
n1
).
Satz 37: Fundamentalsatz der Algebra, 2. Fassung
Jede Gleichung n-ten Grades (n 1) der Form
a
n
z
n
+a
n1
z
n1
+. . . +a
1
z +a
0
= 0
mit a
k
C, a
n
,= 0 hat genau n Nullstellen in C.
Das bedeutet, dass in C jedes Polynom f(z) =

n
k=0
a
k
z
k
in n Linearfaktoren zerfllt.
Dies wiederum bedeutet: Der Krper (C, +, ) ist algebraisch abgeschlossen. Es gibt
keine unlsbaren algebraischen Gleichungen mehr, die eine Zahlbereichserweiterung er-
fordern wrden.
4.2 Der Fundamentalsatz der Algebra 89
Mit Hilfe des Fundamentalsatzes knnen auch Aussagen ber Gleichungen mit reellen
Koezienten gemacht werden: Es sei
f(z) = a
n
z
n
+ a
n1
z
n1
+. . . +a
1
z +a
0
, a
k
R, a
n
,= 0.
In C hat f(z) genau n Nullstellen. Einige davon knnen auch in R liegen. Sei x
0
R
Nullstelle von f(z). Dann kann der Linearfaktor (z x
0
) abgespalten werden:
f(z) = (z x
0
) f
1
(z).
Dabei hat f
1
(z) wieder reelle Koezienten. Andernfalls htte nmlich auch das Produkt
f(z) = (z x
1
) f
1
(z) nicht-relle Koezienten. Sei z
1
C eine komplexe Nullstelle von
f(z), d. h.
f(z
1
) = a
n
z
n
1
+. . . +a
1
z
1
+a
0
= 0.
Setzen wir anstelle von z
1
die konjugiert komplexe Zahl z
1
ein, so ergibt sich
f(z
1
) = a
n
z
1
n
+a
n1
z
1
n1
+. . . +a
1
z
1
+a
0
= a
n
z
n
1
+a
n1
z
n1
1
+. . . +a
1
z
1
+a
0
= f(z
1
) = 0 = 0,
da ja fr reelle Koezienten a
k
= a
k
. Daher ist mit jeder komplexen Lsung z
1
eines
Polynoms mit reellen Koezienten auch die konjugiert komplexe Zahl z
1
ein Lsung.
Satz 38
Hat die algebraische Gleichung f(z) = a
n
z
n
+ a
n1
z
n1
+ . . . + a
1
z + a
0
= 0 mit
reellen Koezienten a
k
R die Lsung z
1
C, so ist auch die konjugierte Zahl z
1
eine Lsung.
Fr jede komplexe Lsung z
1
ergeben sich Linearfaktoren z z
1
und z z
1
. Es ist
(z z
1
)(z z
1
) = z
2
(z
1
+z
1
)
. .
2Re(z
1
)R
z + z
1
z
1
..
|z
2
|R
= z
2
pz q, p, q R.
Also ergibt sich fr je zwei konjugierte komplexe Lsungen ein reeller quadratischer
Faktor. Wir haben damit bewiesen
Satz 39
Jedes Polynom f(z) = a
n
z
n
+a
n1
z
n1
+. . . +a
1
z +a
0
= 0 zerfllt in R in lineare
und quadratische Faktoren:
f(x) = a
n
(x
2
+p
1
x+q
1
) (x
2
+p
2
x+q
2
) . . . (xx
1
) (xx
2
) . . . (xx
r
)
mit p
i
, q
i
, x
i
R und (p
i
/2)
2
q
i
< 0.
Fr hhere Ordnungen n der Gleichungen oder Polynome ist es oft sehr schwierig die
Zerlegungspolynome zu nden. Verfahren wie fr die quadratische Gleichungen gibt es
nur noch fr Gleichungen 3. und 4. Grades. Der Hauptsatz sagt nur etwas ber die
Existenz der Lsungen aus. Wie man diese Lsungen ndet, ist ein anderes Problem.
90 4 Fundamentalsatz der Algebra
Zur Geschichte des Fundamentalsatzes
Abb. 4.1: Cauchy
Das erste Auftreten komplexer Zahlen geht zwar bis in die Re-
naissance zurck, wo man vorsichtig mit komplexen Zahlen rech-
nete, ohne sie wirklich anzuerkennen. Auch die allgemeine Su-
che nach Lsungen quadratischer oder kubischer Gleichungen zu
Zeiten Cardanos konnten den komplexen Zahlen keine allgemei-
ne Anerkennung verschae. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
gelang keine exakte Begrndung der Theorie der imaginren Zah-
len. Jedoch die immer erfolgreicher werdenden Arbeiten mit die-
sen Zahlen, ihre gute Verwendbarkeit, die mgliche Darstellung in
der Ebene und schlielich die Gltigkeit des Fundamentalsatzes,
den man mit ihnen beweisen konnte, verhalfen zum Durchbruch.
Erst allmhlich wurde man im 18. Jahrhundert bereit, komplexen
Zahlen wie brigens auch der Null und den negativen Zahlen
ein Brgerrecht in der Mathematik einzurumen (Fhrer, 2001).
Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Zweifel eines Cardano, Descartes, Leibniz
oder Newton, ob die komplexen Zahlen wirklich existierten, endgltig beiseite gescho-
ben. Sie funktionierten nicht nur gut, man erkannte dass man sie auch als geometrische
Gren veranschaulichen kann, nmlich sowohl als Vektoren in der Ebene wie auch
als Drehstreckungen.
Dabei dauerte es einige Zeit, bis der Fundamentalsatz in der uns heute bekannten Form
bewiesen und anerkannt war. Ein kurzer berblick:
Ambrosius Roth (15771633) meinte, Gleichungen n-ten Grades haben hchstens n
Lsungen. Franois Vieta (15401603) konnte mit seinem Wurzelsatz Gleichungen
n-ten Grades notieren, die wirklich n Lsungen haben.
Albert Girard (15951632) behauptete als Erster, dass immer n Lsungen vorhan-
den seien. Einen Beweis gibt er aber nicht, er erlutert den Satz nur an Beispielen.
Ren Descartes (15961650) notiert den Satz, dass ein Polynom mit der Nullstelle
c den Faktor x c abspalten lsst.
Gottfried Wilhelm Leibniz (16461716) meinte, dass nicht jedes reelle Polynom als
Produkt von Faktoren ersten und zweiten Grades darstellbar ist. Er kam nicht auf
die Form a +bi, und machte daher falsche Behauptungen.
Leonard Euler (17071783) formuliert den Faktorisierungssatz fr reelle Polynome
genau in der Form, in der Leibniz ihn fr falsch hielt. Er behauptet den Fundamen-
talsatz der Algebra fr reelle Polynome: Jedes Polynom n-ten Grades hat genau
n Nullstellen im Oberkrper C. Er konnte diesen Satz fr Polynome vom Grade
6 beweisen.
Jean-Baptiste DAlembert (17171783) machte den ersten ernst zu nehmenden
Versuch, den Faktorisierungssatz zu beweisen. Durch seine und Eulers Arbeit setzte
sich die Ansicht durch, dass nur die ngierte Gre

1 zugelassen werden msse,


damit eine Gleichung n-ten Grades n Nullstellen hat.
Joseph-Louis Lagrange (17361813) gelingt es, die Eulerschen Lcken zu schlieen,
jedoch benutzt auch er ktive Wurzeln.
4.2 Der Fundamentalsatz der Algebra 91
Pierre-Simon Laplace (17491827) machte einen Ansatz zum Beweis des Funda-
mentalsatzes, der von den Anstzen Eulers und Lagranges vllig verschieden ist.
Carl Friedrich Gau (17771855) verentlichte seine Abhandlung, in der er alle
vorhandenen Beweisanstze kritisierte. Das eigentlich Neue an seinem Beweis ist,
dass er die Nullstelle nicht berechnet, sondern zuerst ihre Existenz beweist. Er
lieferte insgesamt vier Beweise, die jedoch nicht alle korrekt sind.
Jean-Robert Argand (17681822) verentlichte den einfachsten Beweis des Fun-
damentalsatzes unter Anwendung der DAlembertschen Grundidee. Er benutzt den
Satz vom Vorhandensein des kleinsten Wertes einer stetigen Funktion.
Augustin Louis Cauchy (17891857) gab im Wesentlichen denselben Beweis, aber
in zugnglicherer Gestalt.
Beweis des Fundamentalsatzes nach Cauchy
Beweis: Der Cauchysche Beweis ist ein Widerspruchsbeweis.
Annahme: w = f(z) und somit auch [w[ = [f(z)[ ist fr jedes z C von 0 verschieden.
Dann muss es eine komplexe Zahl z
0
geben, fr die [f(z)[ einen minimalen Wert > 0
hat:
[f(z
0
)[ = [w
0
[.
Wir fhren dies zu einem Widerspruch, indem wir zeigen, dass es dann in der z-Ebene
Punkte z = z
0
+ gibt, fr deren Bilder w = f(z) gilt: w = [f(z)[ [w
0
[.
Dazu entwickeln wir das Polynom f(z) um die Stelle z
0
:
w = f(z) = a
n
(z
0
+)
n
+a
n1
(z
0
+)
n1
+. . . +a
1
(z
0
+) +a
0
,
und ordnen nach Auspotenzieren nach steigenden Potenzen von
w = f(z) = a
n
z
n
0
+a
n1
z
n1
0
+. . . a
1
z
0
+a
0
+b
1
+b
2

2
+. . . +b
n

n
= w
0
+b
1
+b
2

2
+. . . +b
n

n
fr geeignet denierte komplexe Zahlen b
1
, . . . , b
n
. Einige der bs knnen dabei null sein.
Benennen wir den ersten von null verschiedenen Koezienten mit b
k
, k 1, so haben
wir die Darstellung
w = w
0
+b
k

k
+. . . +b
n

n
.
Wir zeigen nun, dass w
0
nicht die Zahl mit dem kleinstmglichen Betrag ist, sondern
dass es bei geeigneter Wahl von noch betragsmig kleinere Werte w = f(z
0
+ )
gibt. Dazu teilen wir zunchst durch w
0
und erhalten fr geeignet denierte komplexe
Koezienten c, c
1
, . . . , c
nk
die Darstellung
w
w
0
= 1 +c
k
+c
1

k+1
+. . . c
nk

n
(4.1)
= 1 +c
k
+
k
g() (4.2)
wobei g() = c
1
+c
2

2
+. . . c
nk

nk
.
92 4 Fundamentalsatz der Algebra
Jetzt stellen wir c und in Polarkoordinaten dar
c = r(cos +i sin) , = (cos + sin ).
Dann wird aus (4.2)
w
w
0
= 1 +r
k
[cos( +k) +i sin( +k)] +
k
(cos k +i sink)g().
Da man und somit und frei whlen kann, setzen wir
+k = d. h. =

k
.
Dann ist nach dem Einsetzen von
cos( +k) +i sin( +k) = 1,
also somit nach Dreiecksungleichung

w
w
0

1 r
k

k
g()

[1 r
k
[ +
k
[g()[. (4.3)
Man hat jetzt noch als frei whlbare Gre brig. ist der Betrag von . Wir whlen
so klein, dass erstens r
k
< 1 und dass zweitens [g()[ < r. Letzteres ist mglich, da
fr g() = c
1
+ c
2

2
+ . . . + c
nk

nk
gilt, so dass g(0) = 0. Fr ein so gewhltes
erhlt man dann aus (4.3)

w
w
0

[1 r
k
[ +
k
[g()[
< 1 r
k
+r
k
= 1
Somit haben wir eine komplexe Zahl w gefunden, fr die die Funktion f einen betrags-
mig noch kleineren Wert annimmt als f(z
0
), obwohl doch nach Annahme w
0
= f(z
0
)
als Minimum der Funktion f angenommen wurde.
Topologischer Beweis des Fundamentalsatzes
Der Beweis nach Cauchy ist sehr technisch und wenig anschaulich. Auerdem basiert
er auf der Annahme, dass der Betrag der Funktion f an irgendeiner Stelle sein Mi-
nimum annimmt. Dies ist zwar korrekt, msste aber der Vollstndigkeit halber noch
bewiesen werden, worauf wir verzichten. Wir prsentieren stattdessen einen zweiten,
anschaulicheren Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra.
Beweis:
Vorberlegung:
Wir betrachten ein beliebiges Polynom der Form
f(z) = a
0
+a
1
z +. . . +a
n
z
n
.
Jedem z der Urbildebene wird mittels w = f(z) ein w = f(z) der Bildebene zugeordnet.
Das Bild der 0 in der z-Ebene ist die komplexe Zahl a
0
, die wir als von 0 verschieden
4.2 Der Fundamentalsatz der Algebra 93
annehmen (sonst ist nichts zu beweisen, weil z = 0 eine Nullstelle von f ist). Betrachten
wir die Abbildung f
1
(z) = a
1
z + a
0
, so wird ein Kreis um den Ursprung auf einen
Kreis um a
0
abgebildet. Hingegen wird durch f
2
(z) = z
n
ein Kreis mit Radius r um
den Ursprung auf einen Kreis mit Radius r
n
um den Ursprung abgebildet, der n-mal
umlaufen wird.
Die Beweisidee besteht nun darin, dass wir die Bilder von konzentrischen Kreisen um
den Ursprung mit wachsendem Radius betrachten. Bei kleinem Radius dominiert bei
f wegen der Potenzen der Term a
1
z + a
0
, und das Bild ist daher ungefhr ein kleiner
Kreis um a
0
. Bei groem Radius r dominiert der Term z
n
und das Bild eines Kreises
ist ungefhr ein n-fach umschlungener Kreis um den Ursprung mit groem Radius. Da
f eine stetige Funktion ist, gengt jetzt die berlegung, dass bei einer Deformierung
eines kleinen einfachen Kreises um a
0
herum in einen n-fach durchlaufenen Kreis um
den Ursprung dieser Ursprung mindestens einmal berschritten werden muss.
Wir machen diese berlegung jetzt przise: Es ist zu beweisen, dass es in der z-Ebene
einen Punkt z
0
gibt, der auf den 0-Punkt der w-Ebene abgebildet wird, d. h. f(z
0
) = 0.
Um die Existenz eines solches Punktes zu beweisen, gehen wir davon aus, dass das Bild
eines hinreichend groen Kreises K
R
um den 0-Punkt der z-Ebene eine geschlossene, den
0-Punkt der w-Ebene n-mal umschlingende Kurve K
(n)
R
ist. Es kommt nicht darauf an,
dass das Bild mglichst gut einem Kreis hnelt, sondern nur, dass der 0-Punkt der w-
Ebene umschlungen wird. Nun wird der Radius R des Kreises der z-Ebene kontinuierlich
verkleinert und die Vernderung der Bildkurve K
(n)
R
betrachtet. Wird der Radius R = 0,
dann besteht die Kurve nur aus einem einzigen Punkt, nmlich w
0
= f(0). Ist R eine
kleine positive Zahl, dann liegen alle Punkte der Kurve in einer Umgebung von f(0), die
beliebig klein gemacht werden kann, wenn R entsprechend klein ist. Ist w
0
= f(0) ,= 0,
dann kann man die Umgebung von f(0) so klein machen, dass sie den 0-Punkt nicht
mehr enthlt. Somit kann auch die Kurve den 0-Punkt nicht mehr umschlingen.
Wenn R so gro gemacht werden kann, dass die Kurve den 0-Punkt umschlingt, R an-
dererseits auch so klein gemacht werden kann, dass die Kurve den 0-Punkt nicht mehr
umschlingt, dann muss wenigstens einmal der Fall auftreten, dass die Kurve ber den
0-Punkt streicht, da der bergang vom einen zum anderen Fall als stetiger Deformati-
onsvorgang betrachtet werden kann. Wir mssen nur noch zeigen, dass die Kurve C
(n)
R
,
also das Bild vom Kreis K
R
den Nullpunkt der w-Ebene n-fach umschlingt.
Dazu betrachten wir ein Polynom f(z) = z
n
+a
n1
z
n1
+. . . +a
1
z +a
0
, d. h. a
n
= 1.
Dies ist keine Einschrnkungen, da wir uns ja nur fr die Nullstellen interessieren und
wir jedes beliebige Polynom mittels Division durch a
n
in ein Polynom mit a
n
= 1
berfhren knnen, ohne die Nullstellen zu verndern. Die Abbildung f
2
(z) = z
n
fhrt
den Kreis K
R
in einen n-fach durchlaufenen Kreis K
(n)
R
ber. Welchen Abstand hat der
Punkt w = f(z) von z
n
?
[f(z) z
n
[ = [a
n1
z
n1
+a
n2
z
n2
+. . . +a
1
z +a
0
[
[a
n1
[ [z
n1
[ +[a
n2
[ [z
n2
[ +. . . +[a
1
[ [z[ +[a
0
[
= [z
n
[
_
[a
n1
[
[z[
+
[a
n2
[
[z
2
[
+ . . . +
[a
1
[
[z[
n1
+
[a
0
[
[z[
n
_
.
94 4 Fundamentalsatz der Algebra
Die Summe in der Klammer geht gegen 0, wenn R hinreichend gro gewhlt wird, d. h.
wenn [z[ = R geht. Die Summe in der Klammer wird also beliebig klein, z. B.
kleiner als
1
2
.
Man kann den Abstand ausdrcken durch
[f(z) z
n
[ <
1
2
[z[
n
=
1
2
R
n
.
Der Abstand der Punkte w = f(z) zu z
n
ist unter dieser Voraussetzung kleiner als die
Hlfte des Radius von K
(n)
R
n
. Daraus folgt, dass w innerhalb einer Kreisscheibe mit dem
Radius
1
2
R
n
liegt, deren Mittelpunkt z
n
den Kreis K
(n)
R
n
n-mal durchluft, whrend z
den Kreis K
R
einmal umluft. Daher liegt die Kurve C
(n)
R
ganz im Kreisring mit den
Radien
1
2
R
n
und
3
2
R
n
.

Zur Illustration und als exemplarischen Beweis (d. h. Demonstration am Beispiel einer
konkreten Gleichung, die aber fr jede beliebige Gleichung unter Beibehaltung desselben
Arguments stehen kann) geben wir folgendes Beispiel: Wir betrachten die Gleichung
f(z) = z
3
+ (2 +i)z
2
+iz + 2 + 1, 5i = 0.
Abbildung 4.2 (linke Darstellung) zeigt einen kleinen Kreis mit Radius r = 0, 4 um
den Ursprung und das Bild dieses Kreises, das noch grob einem Kreis um den Punkt
f(0) = 2 + 1, 5i hnelt. Das berrascht nicht, da [z[ = 0, 4 recht klein ist, und fr
betragsmig kleine z der Term iz + 2 + 1, 5i in f(z) dominiert. Multiplikation mit i
bewirkt lediglich eine Drehung, Addition von 2+1, 5i eine Verschiebung. Die Terme mit
hherer Potenz bewirken eine Verzerrung des Urbildkreises, haben aber desto weniger
Einuss je kleiner dieser Urbildkreis ist.
Jetzt stellen wir uns vor, dass r immer grer wird. Die Bilder des Kreises um 0 werden
umso mehr von Termen mit dem hheren Exponenten geprgt, je grer r ist, weil fr
betragsmig groe r der Term z
3
(bzw. der Term mit dem hchsten Exponenten) den
Ausdruck f(z) dominiert.
Die rechte Darstellung von Abbildung 4.2 zeigt das Bild des Kreises mit Radius r = 3
um den Ursprung unter w = f(z). Der Ursprung ist dreifach umschlungen. Da bei f
als stetiger Funktion der bergang vom Bild in der linken Darstellung zum Bild in der
rechten Darstellung durch eine stetige Deformation erfolgt, muss der Ursprung (und
somit der Wert f(z) = 0) dreimal berschritten worden sein, d. h. dreimal liegt eine
Nullstelle von w = f(z) vor.
Im Anhang beschreiben wir die Details eines MAPLE-Programms, mit dem dieser
Schritt animiert nachvollzogen und auch an beliebigen anderen Beispielen durchgefhrt
werden kann. Auch wenn das letzte Argument an einem Beispiel vollzogen wurde, be-
achte man die Allgemeingltigkeit dieses Beispiels: Alles Gesagte lsst sich an jedem
Polynom in C beliebigen Grades nachvollziehen, solange die beiden Radien geeignet
gewhlt sind.
4.3 Die Bedeutung des Fundamentalsatzes 95
2
1,5 2
1
1
1,5
0,5
0,5
20
40
-20
-20
-40
20
40
Abb. 4.2: Kreis um Ursprung mit Radius r = 0, 4 als Urbild und Bild unter w = f(z) (links);
Bild des Kreises mit Radius r = 3 unter w = f(z): Der Ursprung ist dreifach umschlungen
(rechts).
4.3 Die Bedeutung des Fundamentalsatzes
Der Krper (C, +, ) ist algebraisch abgeschlossen, denn es gibt keine unlsbaren al-
gebraischen Gleichungen, die eine weitere Zahlbereichserweiterung erfordern wrden.
Wir erinnern daran: Ausgehend von den natrlichen Zahlen Z wurden negative Zahlen
eingefhrt, damit allgemeine Gleichungen der Form
a +z = b, a, b N
lsbar werden. Zu den Bruchzahlen Q gelangt man, wenn auch Gleichungen der Form
a z = b, a, b, Z
lsbar werden sollen. Die reellen Zahlen R mssen eingefhrt werden, damit auch Glei-
chungen der Form
x
n
= b, b R
+
, n N
lsbar sind. Schlielich gelangten wir zu den komplexen Zahlen C mittels der Forderung,
dass Gleichungen der Form
x
n
= b, b R, n N
lsbar sein sollen. Der Fundamantalsatz der Algebra besagt darber hinaus, dass in C
sogar alle Gleichungen der Form
a
n
z
n
+a
n1
z
n1
+. . . a
1
z +a
0
= 0 , a
n
, . . . a
0
C (4.4)
lsbar sind. Man nennt den Krper C deshalb algebraisch abgeschlossen. Eine wei-
tere Zahlbereichserweiterung ist nicht mehr ntig, um algebraische Gleichungen ber C
lsbar zu machen.
Umgekehrt ist es keineswegs so, dass jede komplexe Zahl Lsung einer Gleichung der
Form (4.4) ist.
96 4 Fundamentalsatz der Algebra
Denition 4.1
Eine Zahl z heit algebraisch ber einem Krper K, wenn z Lsung einer Gleichung
der Form
a
n
z
n
+ a
n1
z
n1
+. . . a
1
z +a
0
= 0 mit a
0
, . . . , a
n
K
ist. Die Menge aller algebraischen Zahlen ber K bezeichnen wir mit A
K
. Zahlen,
die nicht algebraisch sind, heien transzendent.
Beliebige Wurzeln reeller Zahlen sind algebraische Zahlen ber Q, da
k

a die Lsung
der Gleichung
x
k
a = 0
ist. Hingegen sind z. B. die Kreiszahl oder die Eulersche Zahl e nicht transzendent
ber Q.
Satz 40
Die Menge der ber dem Krper Q algebraischen Zahlen A=A
Q
ist eine abzhlbare
Menge.
Beweis: Wir verwenden die folgenden Aussagen aus der Mengenlehre, die im Grunde
auf der Abzhlbarkeit von NN beruhen: Vereinigungen von abzhlbar vielen abzhl-
baren Mengen und kartesische Produkte von endlich vielen abzhlbaren Mengen sind
jeweils wieder abzhlbar.
Nach dem 1. Cantorschen Diagonalisierungsverfahren ist Q abzhlbar. Ordnet man
jedem (a
0
, . . . , a
n
) Q
n+1
die Gleichung
a
n
z
n
+. . . a
1
z +a
0
= 0
zu, so erhlt man eine bijektive Abbildung von Q
n+1
auf die Menge der algebraischen
Gleichungen vom Grade n, die damit abzhlbar ist. Dann ist auch die Menge aller
algebraischen Gleichungen als Vereinigung dieser abzhlbar vielen Mengen selbst ab-
zhlbar. Da jede algebraische Gleichung nur endlich viele Lsungen hat, ist schlielich
A als Vereinigung von abzhlbar vielen endlichen Lsungsmengen abzhlbar.
Da R berabzhlbar ist, nach Satz 40 die Menge der ber Q algebraischen Zahlen jedoch
abzhlbar, muss auch die Menge der transzendenten Zahlen berabzhlbar sein. Trotz
dieser Tatsache ist es bemerkenswert, dass es sehr schwierig ist, die Transzendenz einer
konkreten transzendenten Zahl nachzuweisen.
Bei der Zahlbereichserweiterung von R auf C hat man einen kleinen Preis zu zahlen: Die
Anordnungsaxiome gelten nicht mehr. Den Krper C knnen wir als zweidimensionalen
reellen Vektorraum R
2
auassen, bei dem zustzlich zu den blichen Vektorraumaxio-
men eine Vektormultiplikation deniert ist:
4.3 Die Bedeutung des Fundamentalsatzes 97
(a
1
, a
2
) (b
1
, b
2
) = (a
1
b
1
a
2
b
2
, a
1
b
2
+a
2
b
1
).
Da diese Erweiterung fr algebraische Betrachtungen oensichtlich so erfolgreich ist,
liegt es nahe, noch einen Schritt weiter zu gehen: Lsst sich auf dem Vektorraum
R
n
, n > 2 eine Multiplikation denieren, so dass (R
n
, +, ) ein Krper ist? Dabei sollen
folgende Eigenschaften gewahrt sein:
(1, 0, . . . , 0) ist neutrales Element und die Elemente (x
1
, 0, . . . , 0) bilden einen zu
R isomorphen Unterkrper.
Jedes Element ,= (0, . . . , 0) hat ein Inverses bezglich der Multiplikation.
Die Multiplikation ist vertrglich mit der Multiplikation von Vektoren und Ska-
laren.
Es lsst sich zeigen, dass es keinen Krper mit diesen Eigenschaften gibt, der isomorph
zu R
3
ist. Jedoch ist es mglich, in R
4
eine solche Multiplikation zu denieren. Analog
zu der Einfhrung von komplexen Zahlen gehen wir von (x
1
, x
2
, x
3
, x
4
) als Elemente
des kartesischen Produkts R
4
aus und schreiben diese Elemente in der Form
x
1
e +x
2
i +x
3
j +x
4
k,
was man auch als Quaternionen bezeichnet. R
4
wird dann mit seinen Verknpfungen
zu einem vierdimensionalen linearen Vektorraum mit den Basiselementen e, i, j und k.
Dabei gilt folgende Multiplikationstabelle:
e i j k
e e i j k
i i e k j
j j k e i
k k j i e
Abb. 4.3: Hamilton (links);
Cayley (rechs)
Man kann leicht nachprfen, dass bei dieser Multipli-
kation die Kommutativitt verletzt ist: Die Elemente
spiegeln sich nicht an der Diagonalen. Die Menge aller
Quaternionen bildet somit einen assoziativen Schiefkr-
per.
Die Entdeckung der Quaternionen gehen auf die briti-
schen Mathematiker Sir William Rowan Hamilton und
Arthur Cayley zurck und werden auch als Hamilton-
Zahlen oder hyperkomplexe Zahlen bezeichnet. Cayley
entdeckte, dass sich mit Quaternionen Drehungen im
Raum beschreiben lassen. Diese Tatsache wird heute
im Bereich der interaktiven Computergrak (z. B. bei Computerspielen) genutzt. Bei
der Verwendung von Quaternionen anstatt Rotationsmatrizen werden weniger Rechen-
operationen bentigt. Die schnellere Verarbeitungszeit macht sich vor allem bemerkbar,
wenn mehrere Rotationen miteinander kombiniert werden.
Fr n = 8, also in R
8
ist es ebenso mglich, eine Multiplikation mit den oben genannten
Forderungen einzufhren. Allerdings ist dann zustzlich auch die Assoziativitt verletzt.
98 4 Fundamentalsatz der Algebra
Fr alle anderen n ist es unmglich, auf R
n
eine Multiplikation einzufhren, bei der
obige Forderungen gewahrt bleiben.
Aufgaben
4.1. Weisen Sie nach, dass die folgende Aussage quivalent zum Fundamentalsatz der
Algebra ist:
Gegeben ein beliebiges Polynom im Komplexen vom Grad 1
f(z) =
n

k=0
a
k
z
k
.
Dann nimmt f(z) jede komplexe Zahl w C als Funktionswert an, d. h. f(z) = w
hat fr alle w C (mindestens) eine Lsung.
4.2. Zeigen Sie:
Jedes Polynom mit komplexen Koezienten vom Grad n 1 zerfllt vllig in
Linearfaktoren, d. h. es gibt z
1
, . . . , z
n
C mit:
p(z) = (z z
1
) (z z
2
) . . . (z z
n
)
4.3. Zerlegen Sie in Linearfaktoren:
(a) p(z) = z
2
2z+2 (b) p(z) = z
4
+1 (c) p(z) = z
4
z
2
(3+2i)+(86i)
4.4. Bestimmen Sie das reelle Polynom f(z) = z
3
+ az
2
+ bz + c, das die Nullstellen
6 und 5 + 7i hat. Warum ist das Polynom schon durch diese beiden Nullstellen
eindeutig bestimmt?
5 Riemannsche Kugel
5.1 Einleitung
Bisher haben wir zur Veranschaulichung der komplexen Zahlen die Gausche Zahlen-
ebene verwendet. Fr manche Zwecke erweist es sich jedoch als gnstiger, dazu eine
Kugel zu verwenden. Soll die Darstellung der komplexen Zahlen als Punkte auf einer
Kugel dasselbe leisten, so mssen wir eine bijektive Abbildung zwischen den Punkten
der Ebene und denen auf der Kugel herstellen. Man muss die Kugel auf die Ebene
abbilden und umgekehrt jedem Punkt der Ebene einen Punkt auf der Kugel zuordnen.
Bei der Herstellung einer solchen Abbildung besteht das gleiche Problem wie bei der
Anfertigung geograscher Weltkarten. Die Abbildung kann zwar auf verschiedene Arten
durchgefhrt werden. Dabei entstehen jedoch zwangslug Verzerrungen. Es ist nicht
mglich, eine Abbildung durchzufhren, so dass die Bilder verschiedener Objekte den
Urbildern hnlich sind. Je nach Wahl der Abbildung werden gewisse Gren (Abstnde,
Winkel, Flchen, Formen) erhalten, nie jedoch alle.
Navigationskarten fr die Seefahrt zum Beispiel mssen winkeltreu sein. Die beiden fol-
genden Abbildungen zeigen zwei Beispiele fr verschiedene Entwrfe von Weltkarten.
Abbildung 5.1 (linke Darstellung) zeigt die Mercator-Projektion. Die Kugeloberche
wird auf einen die Kugel umhllenden Zylinder projiziert, dessen Symmetrieachse durch
die beiden Pole luft. Das Resultat ist eine winkeltreue Abbildung, allerdings fr den
Preis, dass eine starke Flchenverzerrung in den Polarregionen in Kauf genommen wird.
Insbesondere die Schifahrt benutzt in den Seekarten diese Darstellung der Erdober-
che zur Navigation.
Abb. 5.1: Winkeltreue Mercator-Projektion links; chentreue Peters-Projektion der Weltkugel
rechts
100 5 Riemannsche Kugel
Abb. 5.2: Riemannsche Kugel mitsamt ihrer Projektion auf die Ebene
Die Weltkarte in Abbildung 5.1 (rechte Darstellung) ist hingegen chentreu. Sie geht
auf den Historiker Arne Peters zurck. Im Vergleich beider Karten werden Verzerrun-
gen deutlich, die durch die unterschiedliche Wahl der Projektion zustande kommen.
Im Folgenden werden aus Grnden der Anschaulichkeit auch geograsche Begrie wie
quator, Breitenkreis, Meridian, Nordpol, Sdpol etc. in naheliegender Weise fr Orte
auf der Kugeloberche verwendet.
5.2 Stereograsche Projektion
Fr unsere Zwecke verwenden wir als Abbildung der Ebene auf die (Oberche der)
Kugel die stereograsche Projektion, die folgendermaen zu denken ist: Wir fassen die
Gausche Zahlenebene als die Ebene mit z = 0 im dreidimensionalen Euklidischen
Raum auf und legen auf den Ursprung dieser Ebene eine Kugel mit Radius 1/2. Den
Berhrpunkt S(0, 0, 0) bezeichnen wir als Sdpol, den diametral gegenberliegenden
Kugelpunkt N(0, 0, 1) als Nordpol. Die Kugeloberche stellt eine zweidimensionale
Flche im dreidimensionalen Raum R
3
dar.
Einen beliebigen Punkt P der Ebene verbinden wir durch einen Halbstrahl mit dem
Nordpol. Dieser Strahl schneidet die Kugel in genau einem weiteren, von N verschiede-
nen Punkt Q. Dieser Punkt wird dem Punkt P als Bild zugeordnet. Verschiedene Punkte
der Ebene haben unter dieser Abbildung oensichtlich verschiedene Bilder. Auerdem
wird jeder Punkt der Kugel auer dem Nordpol selbst von einem derartigen Strahl
getroen. Die so konstruierte Abbildung ist also injektiv und surjektiv (auf die Kugel
ohne N), somit bijektiv, d. h. umkehrbar eindeutig. Je weiter man sich auf der Ebene
vom Ursprung entfernt, desto nher kommen die Bilder der entsprechenden Punkte dem
Nordpol, ohne diesen jemals zu erreichen.
Fhrt man nun den Nordpol als Bild des uneigentlichen Punktes ein, so erhlt man
ein geschlossenes Gebilde, das die komplexen Zahlen reprsentiert. Die Wendung im
5.3 Eigenschaften der stereograschen Projektion 101
Unendlichen geschlossen in der Geometrie bekommt durch die Darstellung auf der
Kugel eine anschauliche Bedeutung.
Geometrische Beispiele
Folgende Beispiele sollen das Prinzip der stereograschen Projektion und einige ihrer
Eigenschaften verdeutlichen. Entfernt man sich auf der x-Achse der Ebene (d. h. der
Geraden z = y = 0 im R
3
) immer weiter vom Ursprung, so erhlt man als Verbindung
der Punkte zum Nordpol immer achere Strahlen, deren Schnittpunkte mit der Ku-
gel sich auf dem Nullmeridian immer mehr dem Nordpol nhern. Bildlich gesprochen
werden die beiden Unendlichs der Achse am uneigentlichen Punkt, dem Nordpol, zu-
sammengeknotet.
Durch eine einfache geometrische Figur kann man sich veranschaulichen, dass der Punkt
P(1, 0) der Ebene (also der Punkt P(1, 0, 0) des Raumes) und mit diesem der gesam-
te Einheitskreis auf den quator der Kugel abgebildet wird. Fr die Punkte inner-
halb des Einheitskreises werden die Strahlen entsprechend steiler und sie werden auf
die Sdhalbkugel abgebildet, whrend alle Punkte auerhalb des Einheitskreises auf
die Nordhalbkugel ohne den Nordpol projiziert werden. Dieses einfache Beispiel ver-
anschaulicht die Tatsache, dass es bei der stereograschen Projektion zu erheblichen
Flchenverzerrungen kommt. Whrend die relativ kleine Flche des Einheitskreises
auf eine Halbkugel abgebildet wird, steht fr den gesamten Rest der Ebene auch nur
eine Halbkugel als Bild zur Verfgung.
So wie der Einheitskreis auf den quator abgebildet wird, werden alle konzentrischen
Kreise um den Ursprung auf Breitenkreise projiziert. Umgekehrt sind smtliche Brei-
tenkreise Bilder von konzentrischen Kreisen um den Ursprung.
Das Bild einer Geraden in der Ebene ist ein Kreis auf der Kugel. Dies lsst sich wie folgt
begrnden: Die Verbindung der Geraden mit dem Nordpol ergibt eine Ebene im R
3
.
Der Schnitt dieser Ebene mit der Zahlenkugel wiederum ist ein Kreis. Dieser Kreis ohne
den Nordpol ist das Bild der Geraden unter der stereograschen Projektion. Speziell
werden Ursprungsgeraden auf Lngenkreise abgebildet, so wie das Bild der x-Achse der
Nullmeridian ist.
5.3 Eigenschaften der stereograschen Projektion
Um Eigenschaften der stereograschen Projektion auch rechnerisch berprfen zu kn-
nen, bentigen wir Beziehungen zwischen den Koordinaten eines Punktes P(, ) der
Ebene und seines Bildes Q(u, v, w).
Koordinatenbeziehungen
Zur Bestimmung der drei Unbekannten u, v und w bentigen wir drei Gleichungen, die
im Folgenden geometrisch hergeleitet werden. Die Skizze in Abbildung 5.3 zeigt einen
Schnitt durch die Zahlenkugel entlang der Ebene durch S, N und P ,= S.
102 5 Riemannsche Kugel
P(, , 0)
N(0,0,1)
Q(u,v,w) Q (0,0,w)
S(0,0,0)
Abb. 5.3: Projektion der Riemannschen Kugel auf die Ebene
Die erste Gleichung erhalten wir mit Hilfe des Strahlensatzes. Mit den Bezeichnungen
wie in Abbildung 5.3 gilt nmlich
SP
QQ

=
SN
Q

N
.
Daraus folgt fr die Koordinaten (P ,= S (u, v) ,= (0, 0))
_

2
+
2

u
2
+v
2
=
1
1 w
oder
(1 w)
2
=
u
2
+v
2

2
+
2
. (5.1)
Eine zweite Beziehung lsst sich wiederum mit dem Strahlensatz aus der in Abbildung
5.4 dargestellten Draufsicht auf die Kugel gewinnen. Das Verhltnis zwischen x- und
y-Koordinate muss fr Bild- und Urbildpunkt dasselbe sein, also
u : v = : . (5.2)
Eine dritte Gleichung entspricht einfach der Tatsache, dass der Punkt Q(u, v, w) auf
der Kugel mit Radius 1/2 und Mittelpunkt M(0, 0, 1/2) liegt. Es gilt also
u
2
+ v
2
+
_
w
1
2
_
2
=
_
1
2
_
2
,
oder
u
2
+ v
2
= w(1 w). (5.3)
5.3 Eigenschaften der stereograschen Projektion 103
u
x
y
v
Q(u,v,w)
P(, , 0)

Abb. 5.4: Sicht auf Kugel und Gausche Zahlenebene von oberhalb des Nordpols
Setzt man (5.3) in die rechte Seite von (5.1) ein, so ergibt sich nach Division durch 1w
(1 w) =
w

2
+
2
bzw.
w =

2
+
2
1 +
2
+
2
.
Fr ,= 0 kann man (5.2) nach u ausen und erhlt durch Einsetzen in (5.1)
(1 w)
2
=
v
2

2
+v
2

2
+
4
=
v
2

2
. (5.4)
Aus 0 < w < 1 folgt 1 w > 0 und aus Abbildung 5.4 kann man entnehmen, dass
und v dasselbe Vorzeichen haben und somit v/ > 0. Also folgt aus (5.4)
v

= 1 w = 1

2
+
2
1 +
2
+
2
=
1
1 +
2
+
2
und somit
v =

1 +
2
+
2
.
Fr = 0 gilt diese Beziehung ebenfalls, da dann auch v = 0 ist. Aus Symmetriegrnden
folgt fr u die Beziehung
u =

1 +
2
+
2
,
104 5 Riemannsche Kugel
und der Punkt P(, ) wird auf den Punkt
P

_

1 +
2
+
2
,

1 +
2
+
2
,

2
+
2
1 +
2
+
2
_
abgebildet. Umgekehrt ist das Urbild eines Punktes Q(u, v, w) gegeben durch den Punkt
P(, ) mit den Koordinaten
=
u
1 w
und =
v
1 w
. (5.5)
Kreisverwandtschaft
Die im vorigen Abschnitt hergeleiteten Koordinatenbeziehungen sollen nun verwendet
werden, um die Kreisverwandtschaft der stereograschen Projektion zu zeigen. Kreis-
verwandt bedeutet, dass Kreise der Ebene auf Kreise im Raum auf der Oberche
der Zahlenkugel abgebildet werden. Dazu betrachten wir einen allgemeinen Kreis der
(x, y)-Ebene, dessen Punkte P(, ) die Gleichung

2
+
2
+ + = mit >

2
+
2
4
erfllen. Der Kreis hat den Mittelpunkt Q(m
1
, m
2
) und den Radius r mit
m
1
=

2
, m
2
=

2
, r
2
= +

2
+
2
4
.
Setzt man die Koordinatengleichung (5.5) in die Kreisgleichung ein, so erhlt man eine
Gleichung, die von den Bildern Q(u, v, w) der Kreispunkte imR
3
erfllt werden, nmlich
u
2
(1 w)
2
+
v
2
(1 w)
2
+
u
1 w
+
v
1 w
= .
Multiplikation mit (1 w) ergibt
u
2
+v
2
1 w
+u +v = (1 w).
Da die Bildpunkte auerdem auf der Riemannschen Zahlenkugel liegen, erfllen sie
deren Kugelgleichung (5.3). Einsetzen ergibt
w(1 w)
1 w
+u +v = (1 w)
oder
u +v +w(1 +) = .
Dies ist jedoch eine lineare Gleichung. Also liegen alle Bildpunkte in einer Ebene. Der
Schnittpunkt dieser Ebene mit der Kugel ist gerade das Bild des ursprnglichen Kreises
unter der stereograschen Projektion und selbst wieder ein Kreis. Mit Hilfe der umge-
kehrten Koordinatenbeziehung lsst sich auch zeigen, dass das Urbild eines Kreises auf
der Kugel eine Kreis in der Ebene oder eine Gerade ist.
5.3 Eigenschaften der stereograschen Projektion 105
Winkeltreue
In diesem Abschnitt soll gezeigt werden, dass die stereograsche Projektion winkeltreu
ist. Bezeichnen g und h zwei sich schneidende Geraden in der Zahlenebene, so sollen
ihre Bilder g

und h

als Kreise auf der Riemannschen Zahlenkugel denselben Winkel


einschlieen. Dabei ist der Winkel zwischen Kreisen im Raum deniert als der Winkel
zwischen ihren Tangenten im Schnittpunkt der Kreise. g

und h

schneiden sich, wenn


man den Nordpol mitbetrachtet, in genau zwei Punkten: Im Nordpol und im Bildpunkt
Q des Schnittpunktes P = g h. In beiden Punkten schlieen die Bildkreise denselben
Winkel ein und es gengt zu zeigen, dass sie im Nordpol genau den Winkel einschlieen,
unter dem sich g und h in der Ebene schneiden.
Um Letzteres zu verizieren, gengt es wiederum zu zeigen, dass eine beliebige Gerade
g der (x, y)-Ebene (im Raum) parallel zur Tangente t
g
ihres Bildkreises g

im Nordpol
ist. Dann folgt nmlich
g | t
g
und h | t
h
=g, h = t
g
, t
h
.
Wir zeigen also g | t
g
. Zunchst liegen g, g

und damit auch die Tangente t


g
in einer
Ebene E
g
, die durch die Projektionsstrahlen von g nach N aufgespannt wird. Auer-
dem liegt t
g
in der Tangentialebene T an die Riemannsche Zahlenkugel im Nordpol.
Diese Ebene ist durch die Gleichung z = 1 gegeben und ist parallel zur (x, y)-Ebene E
(Gausche Zahlenebene). Wir knnen also schlieen
g = E E
g
und t
g
= T E
g
und E | T =g | t
g
.
N
g
t
g
Abb. 5.5: g und t
g
sind parallel
106 5 Riemannsche Kugel
5.4 Darstellung einer Funktion auf der
Riemannschen Zahlenkugel ein Beispiel
Gegeben sei eine komplexe Zahl = + i, die dem Punkt P(, ) in der Gauschen
Zahlenebene und dem Punkt Q(u, v, w) auf der Riemannschen Zahlenkugel entspricht.
Welcher Zahl wird der Punkt Q

zugeordnet, der auf der Kugel diametral gegenber Q


liegt? Diesen Gegenpunkt Q

(u, v, 1 w) erhlt man durch Spiegelung von Q am


Mittelpunkt M der Kugel.
Das Urbild P

) von Q

unter der stereograschen Projektion ergibt sich unter


Verwendung der Koordinatenbeziehung (5.5). Es gilt

=
u
1 (1 w)
=
u
w
und

=
v
1 (1 w)
=
v
w
.
Der Gegenpunkt Q

von Q entspricht also der komplexen Zahl

+i

=
u iv
w
.
Setzt man darin die umgekehrten Koordinatenbeziehungen
w =

2
+
2
1 +
2
+
2
, u =

1 +
2
+
2
, v =

1 +
2
+
2
ein, so ergibt sich

=
i

2
+
2
.
Bezeichnet = i die zu konjugiert komplexe Zahl, so ergibt Multiplikation mit

=
( i)( i)

2
+
2
=

2

2
+
2
= 1.
Der Zuordnung diametral gegenberliegender Punkte der Kugel, d. h. der Spiegelung
der Kugel an ihrem Mittelpunkt, entspricht also die Funktion f(z) =
1
z
.
Aufgaben
5.1. Welche Eigenschaften haben die Kreise auf der Riemannschen Zahlenkugel, die
zwei parallelen Geraden der Gauschen Zahlenebene zugeordnet werden? Welche
Eigenschaften haben Kreise, die zwei sich schneidenden Geraden der Gauschen
Ebene zugeordnet werden?
5.2. Welcher Abbildung in der Zahlenebene entspricht auf der Zahlenkugel die Spiege-
lung an der quatorche?
6 Komplexe Funktionen
6.1 Begrisbildung
Komplexe Funktionen werden analog wie reelle Funktionen deniert.
Denition 6.1
Eine komplexe Funktion einer komplexen Variablen ist eine Abbildung, die jedem
Element z A mit A C genau ein Element w B mit B C zuordnet.
Notation: f : A B, f : z w = f(z).
A heit Denitionsmenge von f, B heit Zielmenge von f. Nicht jedes Element
von B muss als Bild vorkommen.
Die Wertemenge von f ist W = w B[ es gibt ein z A mit w = f(z).
Meist werden Funktionen durch Funktionsterme festgelegt:
Mit z = x +iy und w = u +iv, x, y, u, v R kann man jede komplexe Funktion in zwei
reelle Funktionen zerlegen:
w = u +iv = f(z) = f(x +iy).
Beispiel 6.1
a) w = f(z) = z
2
, z C :
w = u +iv = (x +iy)
2
= x
2
y
2
+ 2ixy
Realteil: u(x, y) = x
2
y
2
, Imaginrteil: v(x, y) = 2xy
b) w = f(z) =
z
[z
2
[
, z ,= 0 :
w = u +iv =
x +iy
x
2
+y
2
Realteil: u(x, y) =
x
x
2
+y
2
, Imaginrteil: v(x, y) =
y
x
2
+y
2
.
c) w = f(z) = (1 +i)z + (1 i)
w = u +iv = (1 +i)(x +iy) + (1 i) = (x y + 1) +i(x +y 1),
Realteil: u(x, y) = x y + 1, Imaginrteil: v(x, y) = x +y 1.
108 6 Komplexe Funktionen
1
0
1
2
y
2 1 1 2
x
4
2
2
4
1 1 2 3
Abb. 6.1: Linke Darstellung: Urbildebene (z-Ebene), rechte Darstellung: Bildebene (w-Ebene).
Unter w = z
2
wird der Halbkreis auf den Vollkreis, die Parallele zur reellen Achse auf eine
Parabel abgebildet
d) w = f(z) =
1
z
, A = C 0
w = u +iy =
1
x +iy
==
x
x
2
+y
2
i
y
x
2
+y
2
.
Realteil: u(x, y) =
x
x
2
+y
2
, Imaginrteil: v(x, y) =
y
x
2
+y
2
.
Die Transformationsgleichungen u = u(x, y) und v = v(x, y) sind quivalent zur kom-
plexen Funktion w = f(z). Dabei sind die reellen Funktionen u und v nicht willkrlich,
sondern sie mssen zueinander passen, damit sie eine komplexe Funktion darstellen.
Wenn man eine komplexe Funktion grasch darstellen will, bentigt man fr die De-
nitionsmenge eine z-Ebene und fr die Zielmenge eine w-Ebene.
Beispiel 6.2
a) w = f(z) = z
2
. Was ist das Bild des Halbkreises z = cos t +i sin t, 0 t < , unter
dieser Abbildung?
w = z
2
= (cos t +i sin t)
2
= cos 2t +i sin2t,
d. h. der Halbkreis wird auf den vollen Einheitskreis abgebildet, siehe Abbildung
6.1.
b) Was ist das Bilde der Parallelen zur reellen Achse durch den Punkte i, d. h. der
Geraden z = x +i, unter w = f(z) = z
2
? Einsetzen ergibt
w = u +iv = (x +i)
2
= (x
2
1) + 2xi,
d. h.
u = x
2
1, v = 2x.
6.2 Dierenzieren von komplexen Funktionen 109
Elimination von x aus diesen beiden Gleichungen fhrt zu
u =
_
v
2
_
2
1 =
1
4
v
2
1.
Dies ist eine Parabel in der u v-Ebene, siehe Abbildung 6.1.
Das Bild der oberen Halbebene der z-Ebene unter f(z) = z
2
bedeckt schon die
ganze w-Ebene. Wird die volle z-Ebene abgebildet, dann wird die w-Ebene dop-
pelt berdeckt (mit Ausnahme von w = 0). Jeder w-Punkt ist also Bild von zwei
verschiedenen z-Punkten.
6.2 Dierenzieren von komplexen Funktionen
Die Denition der Ableitung wird vom Reellen ins Komplexe bertragen:
In R gilt fr eine Funktion y = f(x):
Gegeben ein fester Punkt auf dem Graphen der Funktion f an der Stelle x
0
, d. h.
(x
0
, y
0
) mit y
0
= f(x
0
) sowie ein Punkt in der Nhe, d. h. (x
0
+ x, y
0
+ y) mit
y
0
+ y = f(x
0
+ x). Dann ist die Ableitung von f an der Stelle x
0
(oder der
Dierenzialquotient) der Grenzwert des Dierenzenquotienten.
f

(x
0
) =
dy
dx
..
Dierenzialquotient
= lim
x0
f(x
0
+ x) f(x
0
)
x
. .
Dierenzenquotient
.
Im Reellen wird deniert: Die Funktion f heit an der Stelle x
0
dierenzierbar, wenn
der Grenzwert fr x 0 existiert, und zwar unabhngig davon, ob x > 0 oder
x < 0 ist, d. h. ob man sich von rechts oder von links der Stelle x
0
nhert, siehe
Abbildung 6.2.
Wir denieren jetzt analog den Ableitungsbegri in C:
Denition 6.2
Eine komplexe Funktion w = f(z) heit dierenzierbar im Punkt z
0
wenn der
Grenzwert des Dierenzenquotienten existiert
f

(z
0
) = lim
z0
f(z
0
+ z) f(z
0
)
z
= lim
z0
w
z
.
Dabei ist w
0
= f(z
0
), w
0
+w = f(z
0
+z), und die Nachbarstelle z
0
+z liegt in
einer Kreisscheibe um z
0
. Der Grenzwert muss unabhngig von der Art der Annhe-
rung z 0 existieren.
110 6 Komplexe Funktionen
T
E
y = f(x)
x
0 x
0
+ x
f(x
0
)
f(x
0
+ x)
y
x
Abb. 6.2: Dierenzierbarkeit einer reellen Funktion
Man beachte: Die Forderungen an den Grenzwert sind im Komplexen schrfer als im
Reellen, da man sich von allen Seiten dem Punkte z
0
annhern kann.
Es gelten die entsprechenden Grundregeln fr das Dierenzieren wie sie auch fr reelle
Funktionen bekannt sind, z. B.:
f(z) = z
2
f

(z) = 2z
f(z) = z
3
f

(z) = 3z
2
f(z) = z
n
f

(z) = nz
n1
f(z) =

z f

(z) =
1
2

z
f(z) =
1
z
f

(z) =
1
z
2
f(z) = g(z) h(z) f

(z) = g

(z) h(z) +g(z) h

(z) Produktregel
f(z) = g(h(z)) f

(z) = g

(h(z)) h

(z) Kettenregel
Der Beweis der jeweiligen Regel ist ganz analog zum Beweis im Reellen.
Beispiel 6.3
Betrachten wir die Funktion, die jeder komplexen Zahl ihren Realteil zuordnet: w =
f(z) = Re(z) = x, und nehmen eine beliebige feste Stelle z
0
= x
0
+iy
0
, f(z
0
) = x
0
.
Nhern wir uns dem Punkte z
0
auf einer Parallelen zur reellen Achse an, so folgt
f

(z
0
) = lim
x0
f(x
0
+ x +iy
0
) f(x
0
+iy
0
)
(x
0
+ x +iy
0
) (x
0
+iy
0
)
= lim
(x
0
+ x) x
0
x
= 1.
6.2 Dierenzieren von komplexen Funktionen 111
Nhern wir uns hingegen dem Punkt z
0
auf einer Parallelen zur imaginren Achse,
so gilt
f

(z
0
) = lim
y0
f(x
0
+i(y
0
+ y)) f(x
0
+iy
0
)
x
0
+i(y
0
+ y) (x
0
+iy
0
)
= lim
x
0
x
0
iy
= 0.
Da die Grenzwerte nicht gleich sind, ist f nirgends dierenzierbar.
Wie wirkt sich das Dierenzieren auf die
Transformationsgleichungen u = u(x, y) und v = v(x, y) aus?
Wir gehen aus von einer komplexen Funktion w = f(z).
w = f(z) = u(x, y) +iv(x, y)
f

(z) = lim
z0
f(z + z) f(z)
z
= lim
z0
u(x + x, y + y) u(x, y) +i[v(x + x, y + y) v(x, y)]
x +iy
.
Dieser Grenzwert muss bei jeder Annherung an z existieren und den gleichen Wert
haben.
1. Fall: Annherung parallel zur reellen Achse: x 0, y = 0
f

(z) = lim
x0
u(x + x, y) u(x, y) +i[v(x + x, y) v(x, y)]
x
=
u(x, y)
x
+i
v(x, y)
x
.
Hierbei bezeichnet partielle Ableitungen, d. h. die anderen Variablen werden wie Kon-
stanten behandelt.
2. Fall: Annherung parallel zur imaginren Achse: x = 0, y 0
f

(z) = lim
y0
u(x, y + y) u(x, y) +i[v(x, y + y) v(x, y)]
iy
= i
u(x, y)
y
+
v(x, y)
y
.
Da die beiden Grenzwerte gleich sein mssen, folgt
u(x, y)
x
=
v(x, y)
y
u(x, y)
y
=
v(x, y)
x
.
Diese beiden Gleichungen heien die Cauchy-Riemannschen Dierentialgleichun-
gen. Sie sind eine notwendige und hinreichende Bedingung fr die komplexe Dieren-
zierbarkeit, d. h. es gilt auch die Umkehrung der eben hergeleiteten Aussage.
112 6 Komplexe Funktionen
Satz 41
Eine komplexe Funktion w = f(z) = u(x, y)+iv(x, y) ist genau dann dierenzierbar,
wenn die Cauchy-Riemannschen Dierenzialgleichungen erfllt sind.
Beispiel 6.4
Betrachten wir die Funktion w = f(z) = z
2
, d. h. u(x, y) = x
2
y
2
, v(x, y) = 2xy,
so gilt
u
x
= 2x =
v
y
;
u
y
= 2y =
v
x
Die Cauchy-Riemannschen-Gleichungen sind erfllt. Daher ist f(z) = z
2
dieren-
zierbar und es ist
f

(z) =
u
x
+i
v
x
= 2x +i2y = 2(x +iy) = 2z
6.3 Konforme Abbildungen
Im Reellen gilt: Gegeben eine Funktion x y = f(x). Ist f dierenzierbar an der
Stelle x
0
, so gibt f

(x
0
) die Steigung der Tangente im Punkt (x
0
, f(x
0
)) an (siehe
Abbildung 6.3).
T
E
x
0
y = f(x)

x
y
Abb. 6.3: Steigung der Tangente einer reellen Funktion
6.3 Konforme Abbildungen 113
Kann man die Ableitung einer komplexen Funktion
auch geometrisch deuten?
Wir bilden eine Kurve aus der z-Ebene in die w-Ebene ab.
Gegeben sei eine Kurve k, deren Punkte z durch einen Parameter t beschrieben sind:
z = z(t), wobei t ein reeller Parameter ist. Die Tangente in z
0
ist wie auch bei reellen
Funktionen die Grenzlage von Sekanten. Wir fhren folgende Betrachtung durch:
Ausgehend von einem festen Punkt z
0
= z(t
0
) betrachten wir einen Nachbarpunkt
z
1
= z
0
+ z = z(t
0
+ t) und bilden den Quotienten
z
t
=
z(t
0
+ t) z(t
0
)
t
.
Dies ist eine komplexe Zahl. Das Argument dieser Zahl, d. h. der Winkel von
z
t
gibt
die Richtung der Sekanten an.
arg
z
t
Richtung der Sekante.
Wir gehen jetzt ganz analog zum Dierenzierbarkeitsbegri im Reellen zum Grenz-
wert ber, indem t 0.
Dann nhert sich der Dierenzenquotient immer mehr der Tangenten an, und
arg
dz
dt
gibt die Richtung der Tangente in z
0
an.
Ergebnis: Wie in Abbildung 6.4 illustriert, gibt
dz
dt
die Richtung der Tangente an.
Wir betrachten jetzt das Bild der Kurve k unter einer Funktion w = f(z). Das Ergebnis
ist die Bildkurve k

mit der Gleichung w(t) = f(z(t)).


Der Tangentenvektor der Bildkurve errechnet sich nach der Kettenregel als
dw
dt
=
dw
dz

dz
dt
Die Winkel (Argumente) werden bei Multiplikation komplexer Zahlen addiert, d. h.
arg
dw
dt
= arg
_
dw
dz

dz
dt
_
= arg
_
dw
dz
_
+ arg
_
dz
dt
_
Kettenregel
oder

= arg(f

(z)) +.
Die Tangente in w
0
wird gegenber der Tangente in z
0
um arg(f

(z
0
)) = gedreht.
Diese Drehung ist fr alle Richtungen durch z
0
gleich.
114 6 Komplexe Funktionen
Abb. 6.4: Graphische Interpretation der Dierenzierbarkeit einer komplexen Funktion f: Eine
Kurve in der z-Ebene mit Steigungswinkel im Punkt z
0
(linke Darstellung) wird unter f auf
eine Kurve k

abgebildet, deren Steigungswinkel im w


0
= f(z
0
) sich ergibt aus + arg(f

(z
0
))
(rechte Darstellung)
Betrachten wir jetzt zwei Kurven k
1
, k
2
, die sich in der z-Ebene im Punkt z
0
schneiden,
so betrgt ihr Schnittwinkel
2

1
, wobei wir die jeweiligen Steigungswinkel mit
1
bzw.
2
notieren. Wie gro ist der Schnittwinkel der beiden Bildkurven k

1
und k

2
, die
sich in w
0
= f(z
0
) schneiden?
Nun, der Steigungswinkel von k

1
ist
1
+, der Steigungswinkel von k

2
betrgt
2
+,
wobei = arg(f

(z
0
)). Der Schnittwinkel ergibt sich als die Dierenz dieser Winkel
(
2
+) (
1
) =
2

1
,
d. h. der Schnittwinkel zweier Kurven bleibt unter einer dierenzierbaren Funktion f
erhalten. Man sagt eine dierenzierbare Funktion f ist winkeltreu.
Satz 42
Ist w = f(z) dierenzierbar und ist f

(z) ,= 0, dann ist f winkeltreu.


Wie ndert sich die Gre einer Figur in einer kleinen Umgebung
von z
0
unter einer dierenzierbaren Funktion f?
Wir notieren z = z
1
z
0
, w = f(z
1
) f(z
0
)
und betrachten den nderungsmastab
[w[
[z[
=
[f(z
1
) f(z
0
)[
[z
1
z
0
[

z
1
z
0
[f

(z
0
)[,
d. h. lokal, in der Nhe von z
0
, werden alle Abstnde mit dem gleichen Faktor, nmlich
[f

(z
0
)[, gestreckt. In einer kleinen Umgebung von z
0
ist die Abbildung f mastabstreu,
zumindest in einer innitesimalen Nherung.
6.3 Konforme Abbildungen 115
Satz 43
Ist w = f(z) dierenzierbar und ist [f

(z)[ ,= 0, so ist f im Kleinen mastabstreu.


Diese beiden Eigenschaften der Winkeltreue und der Mastabstreue im Kleinen nehmen
wir als Denition einer konformen Abbildung.
Denition 6.3
Eine winkeltreue und im kleinen mastabstreue komplexe Abbildung heit konform.
Wie kann man erkennen, ob eine komplexe Funktion eine konforme Abbildung be-
schreibt? Es gilt der
Satz 44
Eine Abbildung, die durch eine dierenzierbare komplexe Funktion w = f(z) mit
[f

(z)[ ,= 0 gegeben ist, ist konform.


Ob eine komplexe Funktion dierenzierbar ist, lsst sich leicht entscheiden. Nach Satz
6.1 mssen wir dazu lediglich prfen, ob die Cauchy-Riemannschen Dierenzialglei-
chungen erfllt sind. Ist dies fr f der Fall, dann ist die Funktion f dierenzierbar. Ist
zustzlich [f

(z)[ ,= 0, so ist f konform.


Beispiel 6.5
4
8
4
-8
0 -4
-4
0
2 -2
Abb. 6.5: Bilder von Parallelen der
Achsen unter f(z) = z
2
. Man beach-
te, dass sich alle Parabeln im rechten
Winkel schneiden
Man betrachte w = f(z) = z
2
. Dann ist
f

(z) = 2z, arg(f

(z)) = arg(2z) = arg(z);


[f

(z)[ = 2[z[
Die Parallelen zu den Achsen (x= const, y=
const) sind senkrecht zueinander. Sie werden
in Parabeln abgebildet, die sich auch senk-
recht zueinander schneiden. Eine Masche wird
wegen [f

(z)[ = 2[z[ umso strker vergrert,


je weiter sie von 0 entfernt ist. Innerhalb des
Kreises [z[ < 1/2 werden die Maschen verklei-
nert.
Fr z = 0 ist f

(z) = 0. Im Ursprung blei-


ben die Winkel also nicht erhalten. Der Ur-
sprung ist ein singulrer Punkt. Die 1. Win-
kelhalbierende z = t + it = t(1 + i), t 0
wird abgebildet auf w = z
2
= t
2
2i, also auf
die positive imaginre Achse der w-Ebene. Sie
halbiert dort die rechten Winkel zwischen den
Parabeln, siehe Abbildung 6.5.
116 6 Komplexe Funktionen
Aufgaben
6.1. Was sind die Bilder der ganzzahligen Parallelen zur den Koordinatenlinien durch
w = z
2
?
6.2. Zerlegen Sie die folgenden Funktionen in Real- und Imaginrteil u = u(x, y) und
v = v(x, y)
(a) w =
1
z
, z ,= 0 (b) w =
z 1
z + 1
, z ,= 1 (c) w = z
3
(d) w = ze
z
(e)w = cos z
6.3. Wohin werden folgende Punktmenge durch f(z) =
1
z
, z ,= 0, abgebildet:
(a) [z 1[ = 1 (b) [z z
0
[ = [z
0
[ > 0
(c) [z z
0
[
2
= [z
0
[
2
1; [z
0
[ > 0 (d) Re(z) = 1 (e) Re(z) = a, a R.
6.4. Betrachten Sie die Abbildung w = f(z) = z
2
, z ,= 0.
(a) Ist f dierenzierbar im Komplexen?
(b) Bestimmen Sie das Bild in der w-Ebene unter f von Geraden x = a bzw.
y = b, die in der z-Ebene parallel zur y- bzw x-Achse sind.
6.5. Betrachten Sie die Abbildungen w = f(z) =
z
[z[
. Ist diese Abbildung dierenzier-
bar im Komplexen? Beschreiben Sie diese Abbildung geometrisch.
6.6. In welche Kurve der w-Ebene geht der Kreis [z 2i[ = 4 der z-Ebene unter der
Abbildung w = (1 i)z ber?
6.7. (a) Wo ist die Abbildung w = f(z) = x
3
y
2
+ix
2
y
3
dierenzierbar?
(b) Ist w = f(z) = [z[
2
dierenzierbar?
(c) Untersuchen Sie die Dierenzierbarkeit von w = f(z) = z
6.8. Zu u(x, y) = x
2
y
2
+ xy soll v(x, y) gefunden werden, so dass f(z) = u(x, y) +
iv(x, y) im Komplexen dierenzierbar ist und f(0) = 0 gilt.
7 Gebrochen lineare Funktionen
Denition 7.1
Die Abbildung w = f(z) =
az +b
cz +d
mit a, b, c, d C legt eine gebrochen lineare
Funktion fest. Sie wird auch Mbiustransformation genannt. Dabei drfen c und
d nicht beide null sein.
Wir betrachten zwei unterschiedliche Flle:
Fall 1: c = 0, d ,= 0. Dann haben wir
w = f(z) =
a
d
z +
b
d
. (7.1)
Die Funktion f heit ganze lineare Funktion
Fall 2: c ,= 0. Wir formen den Funktionsterm durch Polynomdivision um in
az +b
cz +d
=
a
c

ad bc
c

1
cz +d
. (7.2)
Wir lesen ab: Fr ad bc = 0 ergibt sich w =
a
c
= konstant. Dann ist die
Funktion nicht umkehrbar. Wir setzen deshalb im Folgenden voraus: adbc ,=
0. Wenn wir der Abbildung w = f(z) die Matrix A =
_
a b
c d
_
zuordnen, so
bedeutet dies, dass die Determinante der Matrix A von null verschieden ist.
detA =

a b
c d

,= 0.
Wir betrachten folgenden Sonderfall: c = b = 1, a = d = 0. Dann folgt
w = f(z) =
1
z
. (7.3)
Diese Abbildung heit Inversion.
Aus (7.1) und (7.3) lsst sich (7.2) zusammensetzen, d. h. jede Mbiustransformation
mit c ,= 0 lsst sich darstellen als Verkettung einer ganzen linearen Funktion mit einer
118 7 Gebrochen lineare Funktionen
Inversion und einer weiteren Verkettung mit einer ganzen linearen Funktion. Denn es
gilt
s = g
1
(z) = cz +d ganze lineare Funktion
t = h(s) =
1
s
Inversion
w = g
2
(t) =
bc ad
c
t +
a
c
ganze lineare Funktion (7.2).
Bilden wir jetzt f = g
2
h g
1
, dann folgt
w = g
2
(h(g
1
(z))) =
bc ad
c

1
cz +d
+
a
c
=
az +b
cz +d
= f(z).
Um Mbiustransformationen zu studieren, untersuchen wir daher zuerst die ganzen
linearen Funktionen und die Inversionen getrennt. Jede Mbiustransformation lsst sich
als geeignete Komposition dieser Abbildungen darstellen.
7.1 Ganze lineare Funktionen
Wir betrachten Abbildungen der komplexen Ebene der Form
w = az + b , a, b C mit a ,= 0.
Wir untersuchen verschiedene Sonderflle, wobei wir auf die geometrische Interpretation
der Addition und der Multiplikation zurckgreifen.
1. a = 1 : w = z +b
(a) Ist b = 0, d. h. w = z. Dann ist f die identische Abbildung w = f(z) = z.
(b) Ist b ,= 0, d. h. w = z + b. Dann ist f eine Parallelverschiebung (Translation)
um den Vektor b.
2. a ,= 1, b = 0 : w = a z
(a) Ist [a[ = 1, so ist a = cos + i sin, 0 < 2 und f ist eine Drehung um
den Ursprung mit dem Winkel .
(b) Ist a reell, so ist a = r R
+
, w = rz, = 0 und f ist eine zentrische
Streckung von 0 aus mit dem Streckfaktor r.
(c) Ist a = r(cos + i sin), r ,= 1, ,= 0, so ist f eine Drehstreckung um 0 mit
dem Winkel und dem Streckfaktor r.
Drehung und Streckung sind bei gleichem Zentrum vertauschbar. Algebraisch lsst sich
dies mit der Kommutativitt der Multiplikation in C begrnden. 1b) und 2a) sind
Kongruenzabbildungen, 2b) und 2c) sind gleichsinnige hnlichkeitsabbildungen.
3. a ,= 0 : w = az +b, a, b C.
Dann ist f eine Verkettung von einer Drehstreckung (s = az) und einer Translation
(w = s +b).
7.1 Ganze lineare Funktionen 119
Aus w = a
_
z +
b
a
_
sieht man, dass man auch zuerst eine Verschiebung ausfhren
kann (t = z +
b
a
) und dann eine Drehstreckung um den Nullpunkt der t-Ebene
(w = a t). Die allgemeine ganze lineare Funktion stellt eine hnlichkeitsabbildung
dar.
Beispiel 7.1
Wir verketten zwei Drehstreckungen um den Ursprung miteinander:
z s = g(z) = 2
_
cos

4
+i sin

4
_
z,
s w = h(s) = 1, 5
_
cos

3
+i sin

3
_
s.
Dann ist die Verkettung
w = f(z) = h(g(z)) = 1, 5
_
cos

3
+i sin

3
_
2
_
cos

4
+i sin

4
_
z
= 3
_
cos
7
12
+i sin
7
12
_
z,
d. h. die Verkettung der beiden Drehstreckungen ergibt wiederum eine Drehstreckung
um den Winkel
7
12
mit Streckfaktor 3.
Fixpunkte
Ein Fixpunkt ist ein Punkt, der auf sich selbst abgebildet wird. Im Fall ganzer linearer
Funktionen ergibt sich
z
0
= f(z
0
) = az
0
+b, d. h. z
0
=
b
1 a
.
Aus den beiden Gleichungen
w = az +b
z
0
= az
0
+b
ergibt sich durch Subtraktion sofort
w z
0
= a(z z
0
) oder w = f(z) = a(z z
0
) +z
0
.
Wie ist diese Gleichung geometrisch zu interpretieren? Die Dierenz wird um den Ur-
sprung dreh-gestreckt gem a, dann wird z
0
hinzugefgt. Das Ergebnis ist eine Dreh-
streckung um z
0
herum ohne nachfolgende Verschiebung, wie Abbildung 7.1 illustriert.
Wir knnen also bei einer ganzen linearen Funktion w = az + b auf die der Dreh-
streckung folgende Verschiebung verzichten, wenn wir um den Fixpunkt z
0
herum die
Drehstreckung durchfhren.
120 7 Gebrochen lineare Funktionen
T
E
z
z
0
z z
0
a(z z
0
)
a(z z
0
) +z
0
Abb. 7.1: Illustration einer ganzen linearen Abbildung: Der Punkt z wird gedreht und gestreckt;
Zentrum ist der Fixpunkt z
0
.
Beispiel 7.2
Wir betrachten die Abbildung
w = f(z) = 2
_
cos

3
+i sin

3
_
z + (3 +i),
die geometrisch als Drehstreckung um den Ursprung um /3 mit Streckfaktor 2 und
nachfolgender Verschiebung um 3 nach rechts und 1 nach oben gedeutet werden kann.
Lsst sich ein geeigneter Punkt als Drehzentrum ndet, so dass diese Abbildung auch
als Drehstreckung um diesen Punkt dargestellt werden und keine Verschiebung mehr
ntig ist?
Wir berechnen den Fixpunkt f(z
0
) = z
0
und erhalten
z
0
=

2
2

3
2

2i.
Dann gilt
w = f(z) = 2
_
cos

3
+i sin

3
_
(z z
0
) +z
0
,
d. h. f ist eine Drehstreckung um z
0
um den Winkel /3 und Streckfaktor 2.
Wie in Beispiel 7.2 gesehen, knnen wir jede Drehstreckung der Ebene darstellen als
f(z) = a(z z
0
) +z
0
,
7.2 Die Inversion 121
wobei z
0
das Drehzentrum, [a[ den Streckfaktor und arg(a) den Drehwinkel reprsen-
tieren. Mit Hilfe dieser Darstellung knnen wir leicht ersehen, was eine Verkettung von
zwei Drehstreckungen mit (mglicherweise) unterschiedlichen Drehzentren ergibt. Oh-
ne Beschrnkung der Allgemeinheit legen wir den Ursprung der Gauschen Ebene in
das Drehzentrum einer der beiden Drehstreckungen, d. h. wir betrachten eine Drehstre-
ckung f mit Zentrum in O, Streckfaktor [a
1
[ und Drehwinkel arg(a
1
), dargestellt durch
f(z) = a
1
z, und eine zweite Drehstreckung g mit Zentrum z
0
, Streckfaktor a
0
und Dreh-
winkel arg(a
0
), d. h. g(z) = a
0
(z z
0
) +z
0
. Die Verkettung der beiden Drehstreckungen
resultiert in
(f g)(z) = f(g(z)) = f(a
0
(z z
0
) +z
0
) = a
1
a
0
(z z
0
) +a
1
z
0
= a
1
a
0
(z z

) +z

mit
z

=
a
1
z
0
(1 a
0
)
1 a
1
a
0
vorausgesetzt a
1
a
0
,= 1. Wir erhalten als Verkettung somit wiederum eine Drehstre-
ckung, wobei sich die Drehwinkel addieren und die Streckfaktoren multiplizieren. Hier-
bei hat die resultierende Drehung auer im Fall z
0
= 0 ein neues Zentrum. Ist allerdings
a
1
a
0
= 1, was impliziert dass die Streckfaktoren einander reziprok und die Drehwinkel
sich auf eine volle Drehung addieren, so ist die Verkettung der beiden Drehstreckungen
selbst keine Drehstreckung, sondern eine Translation um (a
1
1)z
0
.
Diese berlegungen deuten an, wie mit Hilfe linearer Abbildungen der komplexen Ebene
Fragestellungen der hnlichkeitsgeometrie algebraisiert werden knnen.
7.2 Die Inversion
Wir betrachten jetzt die Inversion und wollen geometrisch deuten, was diese Abbildung
der komplexen Ebene bewirkt. Wir notieren einen Punkt z der komplexen Ebene in
Polarkoordinaten.
z = [z[(cos +i sin).
Wenn z ,= 0, dann knnen wir notieren
w =
1
z
=
1
[z[
[cos() +i sin()] =
1
[z[
(cos i sin).
w hat somit den Kehrwert des Betrags und das entgegengesetzte Argument von z. Wir
zerlegen die Abbildung w = f(z) in zwei Teile w = g(h(z)), wobei h jeder komplexen
Zahl z die Zahl z

zuordnet, deren Betrag der reziproke Betrag von z ist und deren
Argument dasselbe wie das Argument von z ist, whrend g jeder Zahl ihre konjugiert
komplexe Zahl zuordnet.
1. Das Bild h(z) hat als Betrag den Kehrwert des Betrages von z und das gleiche
Argument wie z:
122 7 Gebrochen lineare Funktionen

.
z
z

Abb. 7.2: Spiegelung am Einheitskreis: Konstruktion mittels Kathetensatz


z h(z) = z

=
1
[z[
(cos +i sin ) =
1
z
[z[ [z

[ = 1.
z

lsst sich geometrisch mit Hilfe des Kathetensatzes konstruieren: Dazu zeich-
nen wir ein rechtwinkliges Dreieck ber der Hypotenuse OZ mit der Kathete der
Lnge 1, siehe Abbildung 7.2. Man sagt: z geht durch Spiegelung am Einheitskreis
in z

ber. Man nennt z

den bezglich des Einheitskreises zu z inversen Punkt.


Die Spiegelung am Einheitskreis ist involutorisch oder selbstinvers. Sie bildet je-
den Punkt des Einheitskreises auf sich ab. Das Auengebiet und das Innengebiet
werden vertauscht.
2. Als zweiten Schritt bilden wir die konjugiert komplexe Zahl von z

w = g(z

) = g(h(z)) = z

=
1
[z[
(cos i sin),
die durch Spiegelung von z

an der reellen Achse entsteht: Die obere und die untere


Halbebene werden vertauscht.
Die Gesamtabbildung f = g h : z w =
1
z
ist involutorisch:
f ,= Id und f(f(z)) = f
_
1
z
_
=
1
1
z
= z.
Die Inversion w = f(z) =
1
z
ergibt sich also als eine Verkettung aus einer Spiegelung
am Einheitskreis und dem Bilden des Konjugiert-komplexen.
Der Punkt O = (0, 0) hat bei f(z) =
1
z
als einziger Punkt keinen Bildpunkt. Rckt z
sehr nahe an O heran, so liegen z

und w sehr weit weg von ihm. Da die Annherung


an O in jeder Richtung erfolgen kann, ist es hier sinnvoll, einen Punkt als Bild von O
einzufhren:
7.2 Die Inversion 123
f(z) =
1
z
, z = 0 w =
z = w = 0
Denition 7.2
Fgt man zur komplexen Ebene den uneigentlichen Punkt hinzu, dann wird die
Gausche Zahlenebene durch den Punkt abgeschlossen. Sie heit Vollebene
C = C .
Jede Gerade geht dann durch den Punkt und kann als Kreis aufgefasst werden,
der durch geht. Wir knnen somit auch Geraden als Kreise mit groem Radius
auassen. Diese Sichtweise wird sich als ntzlich erweisen.
Abbildung von Kreisen und Geraden:
Eine einheitliche Gleichung fr Kreise und Geraden lautet:
zz +z +z + = 0 (7.4)
, R, C und [
2
[ > 0 (7.5)
Fall 1: ,= 0: Es liegt ein Kreis mit dem Mittelpunkt z
0
=

und dem Radius


r =
1
[[
_
[[
2
vor.
Fall 2: = 0: Es liegt eine Gerade mit der Gleichung z +z + = 0 vor.
Jetzt betrachten wir die Bildkurve von Kreisen (Geraden sind als Spezialfall eingeschlos-
sen) unter der Abbildung w = f(z) =
1
z
. Dazu ersetzen wir in den obigen Gleichungen
z =
1
w
und erhalten

1
w

1
w
+
1
w
+
1
w
+ = 0
+w +w +ww = 0
ww +w +w + = 0 (7.6)
Wir machen wiederum eine Fallunterscheidung:
Fall 2a: ,= 0. w liegt auf dem Kreis mit dem Mittelpunkt w
0
=

und dem
Radius =
1
[[
_
[[
2

Fall 2b: = 0. w liegt auf der Geraden w + w + = 0. Der Originalkreis (7.5)


geht dann durch 0.
124 7 Gebrochen lineare Funktionen
Wir fassen die Resultate unserer berlegungen fr die Abbildung w =
1
z
in einer Ge-
samtbersicht zusammen:
1. ,= 0, ,= 0: Jeder z-Kreis, der nicht durch O geht, wird auf einen w-Kreis
abgebildet, der nicht durch O geht.
2. ,= 0, = 0: Jeder z-Kreis, der durch O geht, wird auf eine w-Gerade abgebildet,
die nicht durch O geht.
3. = 0, ,= 0: Jede z-Gerade, die nicht durch O geht, wird auf einen w-Kreis
abgebildet, der durch O geht.
4. = 0, = 0: Jede z-Gerade durch O wird auf eine w-Gerade durch O abgebildet.
Satz 45
Durch die Abbildung f(z) =
1
z
wird die Gesamtheit der Kreise in der z-Vollebene auf
die Gesamtheit der Kreise in der w-Vollebene abgebildet. Man sagt, die Abbildung
ist kreisverwandt.
Abbildung von Winkeln:
Die Funktion f(z) =
1
z
ist fr z ,= 0 dierenzierbar und es ist f

(z) =
1
z
2
,= 0. Also
ist die Abbildung w =
1
z
fr z ,= 0 konform und damit winkeltreu.
Beispiel 7.3
In der z-Vollebene sei ein Dreieck gegeben durch die drei Punkte: z
1
= 1, z
2
= i, z
3
=
1 + i. Es wird durch w =
1
z
in die w-Vollebene abgebildet. Was sind die Bilder der
Eckpunkte?
z
1
= 1 w
1
= 1
z
2
= i w
2
=
1
i
= i
z
3
= 1 +i w
3
=
1
1 +i
=
1
2
(1 i)
Was sind die Bilder der Dreiecksseiten?
Die Dreiecksseiten liegen auf Geraden, die nicht durch 0 gehen. Ihre Bilder liegen
auf Kreisen durch O, siehe Abbildung 7.3. Eine genauere Betrachtung zeigt:
Bild von z
1
z
2
auf Kreis k
1
durch 0,1,-ik
1
: [z
1
2
(1 i)[ =
1
2

2
Bild von z
2
z
3
auf Kreis k
2
durch 0, i,
1
2
(1 i)k
2
: [z
i
2
[ =
1
2
(7.7)
Bild von z
1
z
3
auf Kreis k
3
durch 0, 1,
1
2
(1 i)k
3
: [z
1
2
[ =
1
2
7.2 Die Inversion 125
Abb. 7.3: Bild eines Dreiecks unter f(z) =
1
z
.
Wie erhlt man z. B. die Gleichung des Kreises durch 0, 1, i? Fr einen Kreis in
der w-Ebene, der durch den Ursprung geht, setzen wir an mit
ww +w +w = 0
bzw.
(w +) (w +) = . (7.8)
Dabei haben wir der Einfachheit halber = 1 gesetzt, was mittels Division durch
und entsprechender Neudenition von immer erreicht werden kann. Damit ergibt
sich, da 1 und i auf dem Kreis liegen,
1 + + = 0
1 +i i = 0,
woraus sofort folgt, dass Re () =
1
2
und Im () =
1
2
. Gleichung 7.8 wird damit
zu
_
w +
_

1
2
+
1
2
i
__ _
w +
_

1
2

1
2
i
__
=
1
2
,
was genau obiger Gleichung (7.7) entspricht.
126 7 Gebrochen lineare Funktionen
Exkurs:
Bilder von Kurven unter Abbildungen der komplexen Ebene
Wie bestimmt man das Bild einer Kurve in der z-Ebene unter einer konformen Abbil-
dung? Hierzu gibt es zwei unterschiedliche Methoden. Der jeweilige Kontext entscheidet,
ob beide Mglichkeiten durchgefhrt werden knnen wie auch darber, welches Verfah-
ren leichter anwendbar ist.
1. Mglichkeit ber Parametrisierung:
Gegeben die Kurve z(t), t [a, b] in der z-Ebene.
Dann hat die Bildkurve die Gleichung w(t) = f(z(t)), t [a, b].
2. Mglichkeit ber die Umkehrfunktion:
Ist f invertierbar, so fhrt auch folgende Methode zum Erfolg: Die Kurve in
der z-Ebene sei gegeben durch eine Gleichung in z der Form g(z) = 0. Nun ist
w = f(z), d. h. z = f
1
(w). Dann ist die Bildkurve gegeben durch die Gleichung
g(f
1
(w)) = 0.
Welche der beiden Methoden sich empehlt, lsst sich nicht allgemein sagen, sondern
hngt vom mathematischen Kontext ab.
Beispiel 7.4
a) Betrachte f(z) = (1 + i)z, eine Drehung um /4. Was ist das Bild der Parallelen
zur imaginren Achse durch 1? Mittels Parametrisierung erhalten wir: Die Parallele
zur imaginren Achse hat die Gleichung z(t) = 1 +ti. Dann ist
f(z(t)) = (1 +ti)(1 +i) = (1 +i) +t(1 +i),
was eine Gerade durch die Punkte 2, 2i und 1 +i ist.
Alternativ erhalten wir auf direktem Wege: Die Parallele zur imaginren Achse
durch 1 in der z-Ebene hat die Gleichung
1
2
(z +z) 1 = 0.
Daraus folgt mit
w = f(z) = z(1 +i) bzw. z =
w
1 +i
fr die Bildkurve
1
2
_
w
1 +i
+
w
1 i
_
1 = 0,
was die Gerade mit der Gleichung u+v = 2 ist. Wir erhalten bei beiden Methoden
dasselbe Ergebnis.
7.3 Spiegelung am Kreis und hyperbolische Fraktal-Ornamente 127
b) Was ist das Bild der Geraden durch den Ursprung mit der Steigung
1
2
unter der
Abbildung w = f(z) = z
2
? Diese Gerade hat in der z-Ebene die Parameterdar-
stellung z(t) = (2 +i)t. Daraus folgt:
w(t) = (2 + i)
2
t
2
= t
2
+ 4it
2
u = t
2
, v = 4t
2
v = 4u,
d. h. das Bild ist wiederum eine Gerade durch den Ursprung, mit Steigung 4.
c) Was ist das Bild des Inneren des Kreises mit Mittelpunkt 2 und Radius 2, d. h. des
Kreises mit der Gleichung [z 2[ 2, unter der Abbildung w = f(z) = (1 + i)z?
Da f invertierbar ist mit z = f
1
(w) =
w
1 +i
, ergibt sich
(z 2)(z 2) 4
_
w
i + 1
2
__
w
1 i
2
_
4
ww
2

2w
1 i

2w
1 +i
0
ww w2(1 +i) w2(1 i) 0
(w (2 + 2i))(w (2 2i)) 2

2,
d. h. das Bild ist ein Kreis um 2 + 2i mit Radius 2

2.
7.3 Spiegelung am Kreis
und hyperbolische Fraktal-Ornamente
Abb. 7.4: Engel und Teufel, von
M. C. Escher. c 2009 The M.C. Escher
Company-Holland. All rights reserved.
www.mcescher.com
Der niederlndische Graker Maurits Corne-
lis Escher (18981972) hat zahlreiche Werke
geschaen, die vor allem unter Freunden der
Mathematik starke Beachtung nden. Abbil-
dung 7.4 zeigt sein Kunstwerk mit dem Ti-
tel Engel und Teufel. Im Zentrum erkennt
man als Vexierbild drei Engel und drei Teufel,
zum Rand hin wiederholen sich diese Figuren
in immer kleinerem Format und entsprechend
hugerer Anzahl. Die zunehmend kleineren
Figuren am Rande des Kreises sind sich alle
selbsthnlich.
Der Konstruktion des Bildes liegt eine Spiege-
lung am Kreis zugrunde. Grundkonstruktion
ist ein hyperbolisches Dreieck ABC mit den
Winkeln , und . Das Dreieck heit hyper-
bolisch weil die Punkte B, C nicht mit einer
128 7 Gebrochen lineare Funktionen
Abb. 7.5: Geometrische Gundkonstruktion zu Eschers Bild in 7.4: Ausgangspunkt links, Er-
gebnis nach der ersten Iteration von Spiegelungen (rechts)
Geraden, sondern mit einem Kreisbogen verbunden sind, whrend A, B und A, C mit
Geraden verbunden sind, siehe Abbildung 7.5. Die Winkel und sind Winkel zwi-
schen der Kreistangente und der Strecke AB bzw AC. Da der Kreisbogen zum Punkt
A hin gewlbt ist, ist die Winkelsumme + + < . Als Kreisbogen nehmen wir
einen Teil des Einheitskreises k
E
, was durch entsprechende Wahl des Koordinatensys-
tems immer erreicht werden kann. Auerdem zeichnen wir durch den Punkt A einen
Kreis K, der den (Einheits-)Kreis, d. h. den zum Kreisbogen durch B und C gehrigen
Kreis im rechten Winkel schneidet.
Jetzt spiegeln wir die (geradlinigen) Dreiecksseiten AC und AB am Einheitskreis k
E
.
Auerdem spiegeln wir den Kreisbogen durch B und C sowie die Strecke BC an der
Geraden durch A und C. Gleiches tun wir mit der anderen Dreiecksseite: Wir spie-
geln den Kreisbogen BC sowie die Strecke AC an der Geraden durch B und C. Wenn
wir dies iterativ fortsetzen, d. h. die entstehenden Dreiecke (deren eine Seite jeweils
ein Kreisbogen ist) werden an den jeweiligen anderen Dreiecksseiten gespiegelt, dann
entsteht ein Escher-Bild, bis im Grenzfall schlielich der gesamt Kreis k ausgefllt
ist.
Die Bilddreiecke, die bei der iterativen Spiegelung des Ausgangsdreiecks an seinen
Seiten entstehen, pastern den Kreis k lckenlos und berschneidungsfrei.
Die Bildpunkte der Ecken sind wie die Ausgangspunkte Drehpunkte derselben
Ordnung.
Eine illustrative Animation mit Hilfe eines Java-Applets ndet sich im Internet unter
http://www.fraktalwelt.de/myhome/hyperbolic-g.htm
7.4 Kurvenverwandtschaft bei der Inversion y = 1/z 129
7.4 Kurvenverwandtschaft bei der Inversion
y = 1/z
Bewegt sich bei der konformen Abbildung w = 1/z der Originalpunkt in der z-Ebene
auf einem Kreis, der nicht durch den Ursprung geht, so trit dies wie wir in Abschnitt
7.2 auf Seite 124 gesehen haben auch auf den Bildpunkt in der w-Ebene zu. Auf
welcher Kurve bewegt sich das Bild unter w = 1/z, wenn der Originalpunkt statt einer
kreisfrmigen eine andere gekrmmte Bahn beschreibt?
Zunchst betrachten wir den Fall, dass sich der Originalpunkt auf einer Hyperbel mit
der Gleichung y = a/x, a > 0 bewege. Setzen wir ein, so erhalten wir
w = u +iv =
1
z
=
1
x +iy
=
x iy
x
2
+y
2
=
x ia/x
x
2
+a
2
/x
2
=
x
3
iax
2
x
4
+a
2
,
d. h.
u =
x
3
x
4
+a
2
, v =
ax
2
x
4
+a
2
,
und somit
a(u
2
+v
2
)
2
= uv.
Dies ist die Gleichung einer Lemniskate, einer im 2. und 4. Quadranten schrg liegen-
den Acht, die wir schon in Kapitel 1.6 kennengelernt haben (siehe S. 21). Abbildung
7.6 zeigt das Bild der Hyperbel y = 0, 5/x unter der Inversion zusammen mit der Hy-
perbel als Originalkurve. Hyperbel und Lemniskate sind demnach ber die Abbildung
w = 1/z in gleicher Weise miteinander verwandt wie Kreise der z- und w-Ebene.
Als Nchstes betrachten wir in der z-Ebene eine Parabel, die symmetrisch zur imagi-
nren Achse verluft, d. h. y = ax
2
+ b. Es ergibt sich
u +iv = =
1
x +iy
=
x iy
x
2
+y
2
.
Direktes Einsetzen von
u =
x
x
2
+y
2
, v =
y
x
2
+y
2
fhrt zu
130 7 Gebrochen lineare Funktionen
1
0,5
0,5
-0,5
-1
-1
-0,5
1
v
u
Abb. 7.6: Hyperbel y = 0, 5/x und ihr Bild unter der Inversion
au
2
+b(u
2
+v
2
)
2
+ (u
2
+v
2
)v
= a
x
2
(x
2
+y
2
)
2
+b
_
x
2
(x
2
+y
2
)
2
+
y
2
(x
2
+y
2
)
2
_
2

_
x
2
(x
2
+y
2
)
2
+
y
2
(x
2
+y
2
)
2
_
y
x
2
+y
2
=
ax
2
(x
2
+y
2
)
2
+
b
(x
2
+y
2
)
2

y
(x
2
+y
2
)
2
= 0, (7.9)
da ja y = ax
2
+b nach Voraussetzung.
Der Graph dieser Funktion wird leichter zu beschreiben, wenn wir zu Polarkoordinaten
bergehen und schreiben
u = r cos , v = r sin .
Dann wird Gleichung (7.9) zu
br
2
+r sin + a cos
2
= 0.
Die Lsung dieser quadratischen Gleichung ist
r
1,2
=
sin
_
sin
2
4ab cos
2

2b
.
Ist die Urbildparabel so gewhlt, dass 4ab = 1, so vereinfacht sich die Lsung zu
r = 2a(sin + 1).
7.4 Kurvenverwandtschaft bei der Inversion y = 1/z 131
Der hierzu gehrige Graph beschreibt eine Kurve, die Kardioide genannt wird. Die
linke Darstellung von Abbildung 7.7 zeigt das Bild der Parabel y = 1/2x
2
1/2 unter
der Inversion.
Ersetzt man in der Gleichung der Ausgangsparabel das Minuszeichen durch ein Plus-
zeichen, im Beispiel also y = 1/2x
2
+ 1/2, so liefert das Bild unter der Inversion eine
Bildkurve, die an einen Tropfen erinnert (siehe Abbildung 7.7, rechte Darstellung).
Nach Kreis, Hyperbel und Parabel darf auch der vierte Kegelschnitt, die Ellipse, als
Urbildkurve in unseren Untersuchungen der Bildkurven unter der Inversion nicht fehlen.
Wir beginnen mit der Ellipsengleichung
ax
2
+by
2
= 1.
Mit u =
x
x
2
+y
2
, v =
y
x
2
+y
2
erhalten wir
au
2
+ bv
2
=
ax
2
+by
2
(x
2
+y
2
)
2
=
1
(x
2
+y
2
)
2
=
_
x
2
+ y
2
(x
2
+y
2
)
2
_
2
= (u
2
+v
2
)
2
.
Abbildung 7.8 zeigt das Bild der Ellipse 3x
2
+y
2
= 1 unter der Inversion.
1,5 1 0,5 -0,5
1
-1 -1,5
0,5
-0,5
1,5 1
1,5
0,5
-0,5
-0,5 -1 -1,5
1
-1
0,5
Abb. 7.7: Parabel y = 0, 5x
2
0, 75 (linke Darstellung) bzw. y = 0, 5x
2
+ 0, 75 (rechte Dar-
stellung) und ihre jeweiligen Bilder unter der Inversion
0,5
-0,5
0,5
1
-1
-1
1
0,5
Abb. 7.8: Bild der Ellipse 3x
2
+ y
2
= 1 unter der Inversion
132 7 Gebrochen lineare Funktionen
7.5 Gebrochen lineare Funktionen:
Mbiustransformationen
Wie bauen die Mbiustransformation
w = f(z) =
az +b
cz +d
, ad bc ,= 0 (7.10)
aus ganzen linearen Funktionen und der Inversion zusammen:
s = c z +d bildet die z-Vollebene auf die s-Vollebene
t =
1
s
bildet die s-Vollebene auf die t-Vollebene
w =
ad bc
c
t +
a
c
bildet die t-Vollebene auf die w-Vollebene.
Zusammen ergibt sich
w =
ad bc
c

1
s
+
a
c
=
ad bc
c

1
cz +d
+
a
c
=
az +b
cz +d
= f(z)
Kreisverwandtschaft und Winkeltreue
Da die ganzen linearen Funktionen als hnlichkeitsabbildungen und die Inversionen
kreisverwandt und winkeltreu sind, ist es auch ihre Verkettung.
Satz 46
Die Mbiustransformationen (7.10) sind kreisverwandte und winkeltreue Abbildun-
gen der z-Vollebene auf die w-Vollebene.
Umkehrbarkeit
Wir wollen zeigen, dass (7.10) bijektiv ist. Dafr bentigen wir noch Rechenregeln
fr .
z = s = t = 0 w =
a
c
z =
d
c
s = 0 t = w =
Damit wird die Abbildung (7.10) auf die volle z-Ebene ausgedehnt. Wir haben dabei
verwendet:
c = (c ,= 0), d += ,
a

= 0,
a
0
= (a ,= 0).
7.5 Gebrochen lineare Funktionen: Mbiustransformationen 133
Satz 47
Jede Mbiustransformation (7.10) bildet die z-Vollebene bijektiv auf die w-Vollebene
ab.
Beweis: Jedem Punkt der z-Vollebene wird durch (7.10) und den Regeln fr genau
ein Bildpunkt der w-Ebene zugeordnet. Fr die Umkehrabbildung lsen wir (7.10) nach
z auf:
w(cz +d) = az +b z(cw a) = dw +b
z =
dw +b
cw a
= f
1
(w)
=
d
c

ad bc
c

1
cw a
.
Wegen adbc ,= 0 ist f
1
(w) nicht konstant und somit eine Abbildung der w-Vollebene
auf die z-Vollebene.
Gruppenstruktur
Wenn man zwei Mbiustransformationen nacheinander ausfhrt, erhlt man wieder eine
solche Abbildung.
Satz 48
Die Mbiustransformationen bilden bezglich der Verkettung eine Gruppe.
Beweis als bung.
Fixpunkte
Fixpunkte sind Punkte z mit f(z) = z, im Falle einer Mbiustransformation (7.10)
muss also gelten
az +b
cz +d
= z , ad bc ,= 0
cz
2
+ (d a)z b = 0.
Fr c ,= 0 liegt eine quadratische Gleichung vor, fr c = 0 eine lineare Gleichung. Daher
machen wir eine Fallunterscheidung:
Fall 1a: c ,= 0
z
1,2
=
a d
_
(d a)
2
+ 4bc
2c
134 7 Gebrochen lineare Funktionen
Es gibt zwei Fixpunkte, die von verschieden sind und auch zusammenfallen
knnen.
Fall 1b: c = 0
(d a)z b = 0 oder z
1
=
b
d a
Fr f(z) =
a
d
z +
b
d
ist stets ein Fixpunkt.
Fall 2a: d a ,= 0: Die Fixpunkte sind z
1
=
b
d a
, z
2
= und f ist eine ganze
lineare Abbildung.
Fall 2b: d a = 0, b ,= 0: Der einzige Fixpunkt ist z
1
= (Translation). Ist c =
0, d a = 0, b = 0, so ist f(z) = z, d. h. f ist die identische Abbildung.
Satz 49
Eine von der Identitt verschiedene Mbiustransformation besitzt einen oder zwei
Fixpunkte. Eine Mbiustransformation mit drei oder mehr Fixpunkten ist die iden-
tische Abbildung.
Beispiel 7.5
Gegeben sei w = f(z) =
3
z 2
. Wir berechnen die Fixpunkte:
z =
3
z 2
z
2
2z 3 = 0
z
1,2
= 1

1 + 3 = 1 2
Alle Kreise durch z
1
und z
2
werden in ihrer Gesamtheit auf sich abgebildet, da f
kreisverwandt ist. Diese Kreise haben alle den Mittelpunkt auf der Mittelsenkrechten
zu z
1
und z
2
. Der Mittelpunkt liegt also auf der Geraden
z
0
= 1 +ti, t R
und sie haben einen Radius von
r
2
= 2
2
+t
2
2 = 4 +t
2
.
Diese Kreise gengen somit der Gleichung
Kreis k
t
: zz (1 ti)z (1 +ti)z + 1 +t
2
(4 +t
2
) = 0.
Als Umkehrabbildung von f ergibt sich
f
1
(w) = z =
3 + 2w
w
.
7.5 Gebrochen lineare Funktionen: Mbiustransformationen 135
Somit erhalten wir als Bild eines beliebigen Kreises durch z
1
, z
2
3 + 2w
w

3 + 2w
w
(1 ti)
3 + 2w
w
(1 +ti)
3 + 2w
w
3 = 0.
Weiteres Ausrechnen ergibt:
ww (1 ti)w (1 +ti)w 3 = 0,
d. h. k
t
ist Fixkreis, mit allerdings nur zwei Fixpunkten.
Beispiel 7.6
w = f(z) = 2iz +(3 i) ist eine ganze lineare Abbildung mit folgenden Fixpunkten
z = 2iz + 3 i
z(1 2i) = 3 i
z =
3 i
1 2i
= 1 +i
Fixpunkte sind somit: z
1
= 1 +i , z
2
= .
Die Geraden durch z
1
= 1 + i und z
2
= gehen als Ganzes in sich ber, z. B. die
1. Winkelhalbierende in Parameterform g : z = (1 +i)t, t R ergibt, eingesetzt:
w = 2i(1 +i)t + 3 i = 2it 2t + 3 i = 3 2t + i(2t 1).
Mit w = u +iv bedeutet dies
u +iv = 3 2t +i(2t 1)
u = 3 2t , v = 2t 1.
Durch Addition wird t eliminiert und es ergibt sich u + v = 2, d. h. als Bildgerade
g

erhalten wir: v = 2 u.
Jeder Kreis k mit Mittelpunkt z
1
= 1+i schneidet die Geraden durch z
1
rechtwinklig.
Da f kreistreu und winkeltreu ist, ist das Bild von k wiederum ein Kreis um z
1
, z. B.
k : [z (1 +i)[ = 1
(z 1 i)(z 1 +i) = 1
zz (1 i)z (1 +i)z + 2 = 1.
Die Umkehrabbildung errechnet sich als
z =
1 i(w 3)
2
.
Somit ergibt sich als Bild von k
1 i(w 3)
2

1 i(w 3)
2
(1 i)
1 i(w 3)
2
(1 +i)
1 i(w 3)
2
+ 1 = 0.
Ausrechnen fhrt zu
[w (1 +i)[ = 2,
d. h. das Bild ist ein Kreis um 1 +i mit dem Radius 2.
136 7 Gebrochen lineare Funktionen
Festlegung einer Mbiustransformation
Wie viele Punkte mitsamt Bildpunkten bentigt man, um eine Mbiustransformation
eindeutig festzulegen?
w = f(z) =
az +b
cz +d
Es gibt oensichtlich vier Parameter a, b, c und d, aber es kommt auf das Verhltnis an,
z. B. wenn d ,= 0
f(z) =
a
d
z +
b
d
c
d
z + 1
=
a

z +b

z + 1
, (7.11)
dann bentigt man 3 Angaben. Soll z
k
auf w
k
abgebildet werden, so erhlt man die drei
Bedingungen
w
k
=
az
k
+b
cz
k
+d
, k = 1, 2, 3.
Satz 50
Eine Mbiustransformation ist festgelegt, wenn zu drei verschiedenen Punkten
z
1
, z
2
, z
3
ihre verschiedenen Bildpunkte w
1
, w
2
, w
3
vorgegeben sind.
Beispiel 7.7
Wir suchen die Mbiustransformation, die folgende drei Punkte wie angegeben ber-
fhrt:
z
1
= 1 w
1
= i,
z
2
= 0 w
2
= 1,
z
3
= 1 w
3
= i
Wenn man in (7.11) einsetzt, erhlt man
i =
a

(1) +b

(1) + 1
,
1 = b

i =
a

+b

+ 1
.
Daraus ergibt sich c

= i, a

= i, d. h.
w =
iz + 1
iz + 1
=
z +i
z +i
.
Drei Punkte legen einen Kreis fest. Da die Mbiustransformationen kreistreu sind,
geht der Kreis durch z
1
, z
2
, z
3
in den Kreis durch w
1
, w
2
, w
3
ber.
Die drei Punkte legen auf dem Kreis eine Orientierung fest. Das links liegende Gebiet
wird als das Innere des Kreises bezeichnet.
7.5 Gebrochen lineare Funktionen: Mbiustransformationen 137
Wegen der Winkeltreue der Abbildung wird das Innere des z-Kreises auf das Innere
des w-Kreises abgebildet (Gebietstreue), z. B.
z = i w =
i i + 1
i i + 1
=
1 + 1
1 + 1
= 0.
Beweis: (Satz 50)
1. Existenz der Abbildung:
Wir konstruieren eine Abbildung, die das Verlangte leistet. Dazu bilden wir die
gegebenen Punkte auf spezielle Punkte einer Hilfsebene ab, nmlich auf die Punkte
0, 1 und . Denieren wir die Abbildungen
f
1
(z) =
z z
1
z z
3

z
2
z
3
z
2
z
1
, f
2
(w) =
w w
1
w w
3

w
2
w
3
w
2
w
1
,
so bildet f
1
den Punkt z
1
auf die 0, z
2
auf die 1 und z
3
auf ab. Ebenso bildet
f
2
den Punkt w
1
auf die 0, w
2
auf die 1 und w
3
auf .
Nun ist aber f
2
als Mbiustransformation invertierbar. Daher bildet f
1
2
die Punk-
te 0, 1, auf w
1
, w
2
und w
3
ab. Die Verkettung f = f
1
2
f
1
ist wegen der
Gruppeneingenschaft auch eine Mbiustransformation. Diese Abbildung f leistet
das Gewnschte, denn
f(z
k
) = (f
(1)
2
f
1
)(z
k
) = f
1
2
(f
1
(z
k
)) = w
k
.
2. Eindeutigkeit:
Angenommen es gbe zwei Mbistranformationen f und g, und auch g erflle
g(z
k
) = w
k
, k = 1, 2, 3. Dann folgt
(g
1
f)(z
k
) = g
1
(f(z
k
)) = g
1
(w
k
) = z
k
.
Damit besitzt g
1
f mindestens drei Fixpunkte. Daraus folgt aber, dass g
1
f
die identische Abbildung ist, d. h. f = g

Wir bauen die Abbildung f zusammen: w = f


1
2
(f
1
(z)) bzw. f
2
(w) = f
1
(z), d. h.
w w
1
w w
3

w
2
w
3
w
2
w
1
=
z z
1
z z
3

z
2
z
3
z
2
z
1
.
Damit kann die gesuchte Abbildung durch Einsetzen der drei gegebenen Punkte berech-
net werden.
Beispiel 7.8
Gesucht ist die Mbiustransformtion f mit f(0) = 1, f(1) = i, f() = 1. Wir
setzen an
138 7 Gebrochen lineare Funktionen
w + 1
w 1

i 1
i + 1
. .
i
=
z 0
z

1
1 0
(w + 1)(i) = z(w 1)
w(i z) = z +i
w =
z i
z +i
Man beachte, dass Quotienten mit den Wert 1 ergeben.
7.6 Das Doppelverhltnis
Die Mbiustransformation f, die z
1
, z
2
, z
3
in dieser Reihenfolge auf w
1
, w
2
, w
3
abbildet,
ergibt sich aus
w w
1
w w
3

w
2
w
3
w
2
w
1
=
z z
1
z z
3

z
2
z
3
z
2
z
1
.
Ist z
4
ein beliebiger Punkt mit dem Bild f(z
4
) = w
4
, so gilt
w
4
w
1
w
4
w
3

w
2
w
3
w
2
w
1
=
z
4
z
1
z
4
z
3

z
2
z
3
z
2
z
1
.
Wir schreiben die Multiplikation der Bruchterme in Quotienten um:
w
4
w
1
w
4
w
3
/
w
2
w
1
w
2
w
3
=
z
4
z
1
z
4
z
3
/
z
2
z
1
z
2
z
3
.
Denition 7.3
Unter dem Doppelverhltnis von vier Punkten versteht man den Ausdruck
DV (z
1
, z
2
, z
3
, z
4
) =
z
4
z
1
z
4
z
3
/
z
2
z
1
z
2
z
3
.
Da bei der Konstruktion der Mbiustransformation ein dem Doppelverhltnis entspre-
chender Ausdruck die Abbildungsvorschrift liefert, gilt
Satz 51
Das Doppelverhltnis von 4 Punkten ist invariant gegenber Mbiustransformatio-
nen.
Satz 52
Liegen vier Punkte auf einem Kreis, dann ist ihr Doppelverhltnis eine reelle Zahl.
7.7 Normalform der Mbiustransformation mit zwei Fixpunkten 139
Beweis: Da das Doppelverhltnis von 4 Punkten invariant gegenber Mbiustransfor-
mationen ist, bilden wir den Kreis mit einer Mbiustransformation auf die reelle Achse
ab. Ist das mglich?
Dazu whlen wir w
1
= 1, w
2
= 0, w
3
= 1. Dann ist
w + 1
w 1

1
1
=
z z
1
z z
3

z
2
z
3
z
2
z
1
,
d. h.
w =
1 +
zz
1
zz
3

z
2
z
3
z
2
z
1
zz
1
zz
3

z
2
z
3
z
2
z
1
1
.
Ist w
4
R, dann ist das Doppelverhltnis reell. Ist w
4
= , dann ist das Doppelver-
hltnis = .

7.7 Normalform der Mbiustransformation


mit zwei Fixpunkten
Gegeben sei eine Mbiustransformation in der Form
w =
az +b
cz +d
.
Falls c ,= 0, hat sie die zwei Fixpunkte
z
1,2
=
a d
_
(a +d)
2
4(ad bc)
2c
.
Wir beziehen die Abbildung auf die Fixpunkte z
1
= w
1
und z
2
= w
2
w w
1
=
az +b
cz +d

az
1
+b
cz
1
+d
=
(az +b)(cz
1
+ d) (az
1
+b)(cz +d)
(cz +d)(cz
1
+d)
=
(ad bc)(z z
1
)
(cz +d)(cz
1
+d)
.
Analog
w w
2
=
(ad bc)(z z
2
)
(cz +d)(cz
2
+d)
.
140 7 Gebrochen lineare Funktionen
Wir bilden den Quotienten und erhalten
w w
1
w w
2
=
(cz
2
+d) (z z
1
)
(cz
1
+d) (z z
2
)
=
z z
1
z z
2
, (7.12)
wobei
=
cz
2
+d
cz
1
+d
=
cz
1
z
2
+dz
1
cz
1
z
2
+dz
2

z
2
z
1
=
b +dz
1
b +dz
2

z
2
z
1
=
cz
2
1
+az
1
cz
2
2
+az
2

z
2
z
1
=
cz
1
+a
cz
2
+a
=
a cz
1
a cz
2
.
Dabei beachte man, dass z
1
, z
2
ja Lsungen der Gleichungen
cz
2
+az = dz b
sind, und somit nach dem Satz von Vieta gilt
z
1
z
2
=
b
c
.
Wir fhren folgende Koordinatentransformationen als Hilfsabbildungen ein:
Abbildung s

:
z
1
z

1
= 0
z
2
z

2
=
_
z z

=
z z
1
z z
2
Abbildung t

:
w
1
w

1
= 0
w
2
w

2
=
_
w w

=
w w
1
w w
2
.
Dann geht (7.12) ber in
w

= z

(7.13)
mit =
cz
2
+d
cz
1
+d
und den beiden Fixpunkten z

1
= 0, z

2
= (7.14)
Die Abbildung (7.13) ist als lineare Abbildung kreisverwandt. Die Kreise durch 0 und
, also die Geraden durch 0, gehen als Ganzes in sich ber. Die dazu orthogonalen
Kreise um 0 (und ) gehen dann wegen der Winkeltreue als Ganzes in sich ber.
Ist positiv reell ( ,= 1), dann gehen die Geraden durch 0 und in sich ber. Sie
sind Fixgeraden, weil dann die Abbildung eine zentrische Streckung von 0 oder aus
ist. Die auf diesen Geraden senkrecht stehenden Kreise gehen in andere zu den Geraden
orthogonale Kreise ber: Die Abbildung heit dann hyperbolisch.
Ist [[ = 1, also = e
i
, dann gehen die Kreise um 0 und in sich ber. Sie sind
Fixkreise, weil die Abbildung jetzt eine Drehung um den Ursprung ist. Jede Geraden
7.7 Normalform der Mbiustransformation mit zwei Fixpunkten 141
durch den Ursprung hingegen wird auf eine andere Ursprungsgerade abgebildet. Die
Abbildung heit dann elliptisch. Der Bschel aller Geraden durch 0 und das System
der Kreise mit 0 als Mittelpunkt spielen hier eine ausgezeichnete Rolle. Diese Bschel
bleiben nmlich bei hyperbolischen und elliptischen Abbildungen ungendert. Im Falle
der hyperbolischen Funktionen geht insbesondere jede der genannten Geraden einzeln
in sich ber, whrend die Kreise untereinander vertauscht werden; bei den elliptischen
Mbiustransformationen geht in der z

- bzw. w

-Ebene umgekehrt jeder Kreis in sich


ber, whrend die Geraden vertauscht werden.
In allen anderen Fllen ist w

= z

eine Drehstreckung, also eine Verkettung einer


zentrischen Streckung mit einer Drehung. Die Abbildung heit dann loxodromisch.
Auf der Kugel sind Loxodrome die Kurven, die immer unter dem gleichen Winkel die
Lngskreise und Breitenkreise schneiden. Fr Schie auf den Weltenmeeren heit das:
Wenn sie Kurs halten, dann fahren sie auf einer Loxodrome, die sich vom quator
kommend um einen Pol windet.
Zurck zur z- bzw. w-Ebene:
Kreise durch z
1
und z
2
gehen bei hyperbolischen Abbildungen in sich selbst ber, bei
elliptischen Abbildungen gehen sie in andere Kreise durch z
1
und z
2
ber. Kreise, die
orthogonal zu den Kreisen durch z
1
und z
2
stehen, gehen bei elliptischen Abbildungen
in sich selbst ber, bei hyperbolischen Abbildungen gehen sie in andere zu den Kreisen
durch z
1
, z
2
orthogonale Kreise ber. Bei einer loxodromischen Abbildung werden die
Kreise eines jeden der beiden Bschel miteinander vertauscht. Kein einzelner Kreis
bleibt fest. Nur die beiden Fixpunkte bleiben fest.
Die Ursprungsgeraden durch gehen ber in die Kreise durch die Fixpunkte z
1
und
z
2
. Die Kreise um 0 und gehen ber in die Kreise um z
1
und z
2
, die zu den anderen
Kreisen orthogonal sind.
Abbildung 7.9 illustriert die Klassizierung der Mbiustransformation. In der linken
Darstellung sind Ursprungsgeraden und Kreise um den Ursprung in der z

- bzw. w

-
Ebene abgebildet. Eine hyperbolische Mbiustransformation streckt die Geraden und
permutiert die Kreise. Rckbertragen in der z-Ebene bedeutet, dass die Kreise durch
die Fixpunkte auf sich selbst abgebildet werden, whrend die dazu orthogonalen Kreise
untereinander permutieren.
Eine elliptische Mbiustransformation hingegen lsst die Kreise in der z

-Ebene x, und
dreht die Ursprungsgeraden. In der z- bzw w-Ebene bedeutet dies, dass Kreise durch die
beiden Fixpunkte auf andere Kreise durch die Fixpunkte abgebildet werden, whrend
die dazu orthogonalen Kreise x bleiben.
Beispiel 7.9
(a) Zunchst betrachten wir die Mbiustransformation
f
1
: z w =
(7 + 5i)z + 8
2z + 5 i
, ad bc = (7 + 5i)(5 i) 8 2 ,= 0
mit den beiden Fixpunkten
z
1
= 2 + 2i, z
2
= 1 +i.
142 7 Gebrochen lineare Funktionen
4
4
0
0
-4
-4
x
10
y
5
5
0
0
-5
-5
Abb. 7.9: Mbiustransformation in der w

-z

-Ebene (links) und in der w-z-Ebene rechts


errechnet sich in diesem Fall als
=
2(1 +i) + 5 i
2(2 + 2i) + 5 i
=
1
3
Da positiv reell ist, ist die Abbildung hyperbolisch (Streckung).
z = 0 w =
8
5 i
= 1, 54 . . . + 0, 31 . . . i
z = 1 w =
7 + 5i + 8
2 + 5 i
= 2 +i
z = 3i w =
(7 + 5i)3i + 8
2(3i) + 5 i
= 1, 4 + 2, 8i.
Die Ursprungsgeraden in der linken Darstellung von Abbildung 7.9 sind Fixgera-
den, Kreise um den Ursprung gehen in andere Kreise um den Ursprung ber. In
der z- bzw. w-Ebene bedeutet dies, dass die Kreise durch die beiden Fixpunkte
Fixkreise sind, whrend die zu diesen Kreisen orthogonalen Kreise untereinander
permutieren.
(b)
f
2
: z w =
(3 + 3i)z + 4 4i
(1 i)z 1 +i
, ad bc ,= 0
Fixpunkte w = z: z
1
= 2 + 2i, z
2
= 1 +i
=
(1 i)(1 +i) 1 +i
(1 i)(2 + 2i) 1 +i
= i
[[ = 1, also ist die Abbildung elliptisch (Drehung).
7.7 Normalform der Mbiustransformation mit zwei Fixpunkten 143
z = 0 w =
(4 4i)(1 +i)
(1 +i)(1 +i)
= 4
z = 1 w =
3 + 3i + 4 4i
1 i 1 +i
=
z = 3i w =
3(1 +i)3i + 4 4i
(1 i)3i 1 +i
=
1
2
+
3
2
i.
Die Ursprungsgeraden in der z

- bzw. w

-Ebene gehen unter f


2
auf andere Ur-
sprungsgeraden ber, whrend die Kreise um den Ursprung Fixkreise sind (siehe
linke Darstellung von Abbildung 7.9). In der z- bzw. w-Ebene permutieren die
Kreise durch die beiden Fixpunkte untereinander, whrend die dazu orthogonalen
Kreise unter f
2
auf sich selbst abgebildet werden.
(c)
f
3
: z w =
4 + 8i
(1 + 2i)z + 5 5i
, ad bc ,= 0
Fixpunkte w = z: z
1
= 2 + 2i, z
2
= 1 +i
=
(1 + 2i)(1 +i) + 5 5i
(1 + 2i)(2 + 2i) + 5 5i
= 2i
[[ ,= 1, , R
+
, also ist die Abbildung loxodromisch.
z = 0 w =
4 + 8i
5 5i
= 0, 4 + 1, 2i
z = 1 w =
4 + 8i
1 + 2i + 5 5i
=
4
3
i
z = 3i w =
4(1 + 2i)
(1 + 2i)3i + 8 5i
= 4.
Unter der loxodromischen Abbildung f
3
werden zwar die beiden Kreisbschel jeweils
aufeinander abgebildet, d. h. alle Kreise durch die beiden Fixpunkte z
1
, z
2
werden wie-
derum auf Kreise durch z
1
, z
2
abgebildet, und zu diesen Kreisen orthogonale Kreise
werden auf andere orthogonale Kreise abgebildet. Im Gegensatz zu den elliptischen
und hyperbolischen Mbiustransformationen f
1
und f
2
gibt es unter f
3
jedoch keine
Fixkreise.
Aufgaben
7.1. Gegeben ist die konforme Abbildung z w = f(z) = az +b, a ,= 0. Durch welche
geometrischen Operationen lassen sich die Bildpunkte w aus dem Urbild z kon-
struieren, falls
(a) a = 1
(b) [a[ = 1, b = 0
(c) a R, b = 0
144 7 Gebrochen lineare Funktionen
(d) a = r(cos +i sin) C, r ,= 1 R, ,= 0, b = 0
(e) a = r(cos +i sin) C, r ,= 0, r R, ,= 0, b ,= 0, b C
(f) Bestimmen Sie den Fixpunkt z
0
von f(z) = w = az +b
(g) Drcken Sie die Funktionsgleichung w = f(z) = az+b mit Hilfe des Fixpunktes
aus!
Falls bei a) bis e) mehr als eine geometrische Operation ntig ist, welche Rolle
spielt die Reihenfolge ihrer Anwendung?
7.2. Der Punkt z
1
= 1 + i wird durch eine Drehstreckung um O in den Bildpunkt
w
1
= 2 abgebildet. In welche Bildpunkte gehen z
2
= 1 + i und z
3
= 1 durch
die gleiche Abbildung ber? Geben Sie die Abbildungsfunktion an!
7.3. Wo liegt bei der linearen Abbildung
(a) w = 3z + 5i (b) w =
i
2
(z + 3) (c) w = az +b
der Fixpunkt und welche Drehstreckung um ihn bedeutet sie?
7.4. Welche Drehstreckung um den Nullpunkt bildet den Punkt Z in den Punkt W ab?
(a) Z(56[0); W(112[0) (b) Z(0[2); W(8[0) (c) Z(4[ 3); W(8[ 6)
(d) Z(2[ 1); W(3[ 4).
7.5. Bestimmen Sie die Drehstreckung, die sich als Verkettung der beiden Drehstre-
ckungen um den Nullpunkt mit dem Streckfaktor s
1
bzw. s
2
und den Drehwinkel

1
bzw.
2
ergibt:
(a) s
1
= 2,
1
= /6, s
2
= 1, 5,
2
= /4,
(b) s
1
=

2,
1
= /3, s
2
=

8,
2
= /5
7.6. Formulieren Sie, welche Bedingungen zwei Dreiecke erfllen mssen, damit sich
das eine als Bild des anderen bei einer Drehstreckung (a) um den Nullpunkt (b)
um irgendeinen (nicht nher bestimmten) Punkt ergibt.
7.7. Berechnen Sie die Verkettungen f g und g f und veranschaulichen Sie die
entsprechende Abbildung
(a) f(z) = 3z, g(z) = z+i (b) f(z) = (1+i)z(32i), g(z) = (2i)z+(5+3i)
7.8. Die Abbildung f sei eine Drehung mit Zentrum z
1
, Winkel und Streckfaktor
s. Die Abbildung g sei die Translation um den Vektor b. Untersuchen Sie die
Verkettung f g. Um welche Art von Abbildung handelt es sich jeweils? Bestimmen
Sie gegebenenfalls Zentrum, Drehwinkel und Streckfaktor.
7.9. Untersuchen Sie, wann die Verkettung der Abbildungen f(z) = qz +p und g(z) =
sz+t die identische Abbildung, eine Translation oder eine Drehstreckung darstellt.
7.10. Bestimmen Sie das Bild der Parallelen zu den beiden Achsen unter der Abbil-
dung f(z) =
1
z
. Was ist das Bild der Parallelen der Achsen bei Spiegelung am
Einheitskreis?
7.7 Normalform der Mbiustransformation mit zwei Fixpunkten 145
7.11. Sind die Bildkreise konzentrischer Kreise nach der Spiegelung am Einheitskreis in
jedem Fall wiederum konzentrisch?
7.12. Zeichnen Sie eine Gerade, die den Einheitskreis berhrt. Wie lsst sich das Bild
dieser Geraden unter der Spiegelung am Einheitskreis konstruieren?
7.13. Gibt es Kreise, deren Inneres durch die Spiegelung am Einheitskreis auf Punkte
auerhalb des Bildkreises abgebildet werden?
7.14. Das durch die drei Punkte z
1
= 1 +3i, z
2
= 1 + 2i, z
3
= 4 +2i gegebene Dreieck
soll durch die Funktion w = f(z) =

2(1 i)z + 2 +i in die wEbene abgebildet


werden. Konstruieren Sie (graphisch!) die Lsung!
7.15. Gegeben die konforme Abbildung w = f(z) =
1
z
und ein fester Punkt z
0
,= 0 C.
Es bezeichne z

0
den Punkt, den man durch Spiegelung am Einheitskreis erhlt.
Fr welche Punkte z C gilt: z = z

? In welchem Verhltnis stehen f(z


0
) und
f(z

0
)?
7.16. In der zEbene ist ein Kreis K
z
gegeben und zwei in Bezug auf ihn spiegelbildliche
Punkte z
1
und z
2
. Durch die Abbildung w = f(z) =
az +b
cz +d
, ad bc ,= 0 erhlt
man als Bild einen Kreis K
w
und zwei Punkte w
1
und w
2
. Erweitern Sie die
Denition von Spiegeln am Einheitskreis sinngem auf Spiegeln an einem Kreis
mit Mittelpunkt m und Radius r und beweisen Sie, dass w
1
und w
2
Spiegelbilder
bezglich K
w
sind.
7.17. Zeigen Sie: Die Menge der Mbiustransformationen
w = f(z) =
az +b
cz +d
ad bc ,= 0
bilden bezglich der Verkettung von Abbildungen eine Gruppe.
7.18. (a) Bestimmen Sie die Mbiustransformation f, die die Punkte 1, i, +1 in dieser
Reihenfolge berfhrt in die Punkte 1,
1
5
(4 + 3i), +1.
(b) Auf welche Kurve wird dabei der Einheitskreis der z-Ebene abgebildet?
7.19. Berechnen Sie mit Hilfe der Quotientenregel die Ableitung fr die allgemeine M-
biustransformation w =
az +b
cz +d
. Was ergibt sich im Sonderfall ad bd = 0? Was
folgt daraus fr die Ableitung von w?
7.20. Gegeben sei die folgende Abbildung f der zEbene in die wEbene:
f(z) =
z i
z +i
= w.
Bestimmen Sie das Bild der Geraden der zEbene durch die Punkte i und 2 i.
8 Die Jukowski-Funktion
und die Funktion w = z
2
In diesem Kapitel betrachten wir eine Funktion, die sich durch Verketten von Mbi-
ustransformationen mit der Funktion w = z
2
ergibt. Am Beispiel der Jukowski-Funktion
illustrieren wir die Bedeutung konformer Abbildungen fr die Strmungslehre. Zuvor
werden wir die Funktion w = z
2
und ihre Wirkung auf Geraden und Kreise etwas
genauer untersuchen.
Die Wirkung der Abbildung w = z
2
auf Geraden und Kreise
Aus den Beziehungen
z = x +iy = r(cos +i sin) = re
i
und
z
2
= x
2
y
2
+ 2ixy = r
2
(cos 2 +i sin2)
folgt unmittelbar
Satz 53
Die Abbildung w = z
2
verdoppelt die Winkel und quadriert die Radien.
In Kapitel 6 hatten wir schon gesehen, dass w = z
2
, auer an der Stelle z = 0, eine
konforme Abbildung ist. Aus Satz 53 folgt unmittelbar
Satz 54
a) Geht Figur B aus Figur A durch Drehung um den Ursprung mit Drehwinkel
hervor, so geht die Bildgur von B unter w = z
2
aus der Bildgur von A durch
Drehung um den Ursprung mit Drehwinkel 2 hervor.
b) Das Bild einer Ursprungsgeraden mit dem Winkel zur reellen Achse ist eine
Halbgerade mit dem Anfang im Koordinatenursprung und einem Winkel von 2
zur reellen Achse.
c) Der nichtnegative Teil der reellen Achse ist x (Fixhalbgerade).
148 8 Die Jukowski-Funktion und die Funktion w = z
2
4
2
5
-3
1
1
-2
3
2
-1
-1 -2 -4
Abb. 8.1: Bild der Gerade y = 3x 2 unter w = z
2
d) Der negative Teil der reellen Achse wird auf den positiven Teil der reellen Achse
abgebildet.
e) Die imaginre Achse wird auf den nichtpositiven Teil der reellen Achse abgebildet.
In Verallgemeinerung der Erkenntnisse von Beispiel 6.5 auf Seite 115 gilt der folgende
Satz, dessen Aussage in Abbildung 8.1 illustriert wird (Schupp & Stubenitzky, 2001).
Satz 55
Das Bild einer Geraden, die den Abstand d > 0 vom Ursprung und den Winkel
zur reellen Achse hat, ist eine Parabel, deren Achse den Winkel 2 zur horizontalen
Achse und deren Scheitel einen Abstand von d
2
vom Ursprung hat.
Beweis: Wegen Satz 54a) gengt es, den Fall einer Geraden zu betrachten, die im
Abstand a parallel zur reellen Achse verluft, d. h. y = a. Dann ist u = x
2
a
2
und
v = 2xa. Hieraus folgt
u =
v
2
4a
2
a
2
.
Das ist die Gleichung einer Parabel in der Bildebene, deren Scheitel einen Abstand von
a
2
zum Ursprung hat.
8 Die Jukowski-Funktion und die Funktion w = z
2
149
1,5 1
2
0
1,5
-0,5
0,5
0
0,5
2,5
1
-1,5
-0,5
-1
Abb. 8.2: Das Bild des Kreises mit Mittelpunkt M(0, 3/0, 3) und Radius 1 unter w = z
2
ergibt
eine Pascalsche Schnecke
Bezogen auf die Bilder von Kreisen folgt aus Satz 53 sofort
Satz 56
a) Das Bild eines Kreises um den Ursprung mit dem Radius r ist ein Kreis um den
Ursprung mit dem Radius r
2
.
b) Der Einheitskreis ist x.
c) Das Bild eines Kreises ist achsensymmetrisch. Seine Symmetrieachse bildet mit der
reellen Achse einen doppelt so groen Winkel wie die Gerade, die den Ursprung
und den Mittelpunkt des Kreises verbindet.
Satz 57
Es sei r der Radius eines Kreises K, dessen Mittelpunkt den Abstand d vomUrsprung
hat. Dann gilt
a) Die Bildkurve von K unter w = z
2
schneidet ihre Symmetrieachse in der Ent-
fernung (r + d)
2
und in der Entfernung (r d)
2
vom Ursprung. Dabei liegt der
Ursprung nicht zwischen den beiden Schnittpunkten.
b) Ist r > d, liegt also der Ursprung im Inneren des Kreises, so schneidet die Bildkurve
ihre Symmetrieachse auerdem in der Entfernung r
2
d
2
in einem Doppelpunkt.
Der Ursprung liegt zwischen dem Doppelpunkt und den anderen Schnittpunkten.
Beweis:
a) Wegen Satz 54a) gengt es zu zeigen: Liegt der Mittelpunkt der Kreises auf der
reellen Achse, so hat die Bildkurve die Nullstellen (r + d)
2
und (r d)
2
. Dies ist
150 8 Die Jukowski-Funktion und die Funktion w = z
2
-1
1,5
1
0,5
-0,5
-0,5 1 0,5
Abb. 8.3: Bereich zwischen den beiden sich im Punkt 1 berhrenden Kreisen als Urbild der
Jukowski-Funktion
wiederum klar, da die Schnittpunkte des Kreises mit der horizontalen Achse r +d
und r d reelle Zahlen sind, die unter w = z
2
auf (r +d)
2
bzw. (r d)
2
abgebildet
werden.
b) Wiederum gengt es, Kreise mit Mittelpunkt auf der reellen Achse zu betrachten.
Dann gilt: Ist r > d, so schneidet der Kreis die imaginren Achse bei

r
2
d
2
.
Das Bild unter w = z
2
des Schnittpunktes ist r
2
d
2
.

Das Bild eines Kreises unter w = z


2
ist eine sogenannte Pascalsche Schnecke. Die
Schnecke hat genau dann eine innere Schleife, wenn der Kreis den Ursprung berdeckt,
siehe Abbildung 8.2
Die Jukowski-Funktion
Nach den Betrachtungen der konformen Abbildung w = z
2
sind wir jetzt in der Lage
die Jukowski-Funktion
w = f(z) =
1
2
_
z +
1
z
_
nher zu untersuchen. Wir zeigen zuerst, dass man die Anwendung der Jukowski-
Funktion auf die schrittweise Ausfhrung schon bekannter Abbildungen zurckfhren
kann. Dazu betrachten wir zunchst den Quotienten
w 1
w + 1
und ersetzen darin w durch
1
2
_
z +
1
z
_
. Wir erhalten dann
w 1
w + 1
=
1
2
(z +
1
z
) 1
1
2
(z +
1
z
) + 1
=
z
2
+ 1 2z
z
2
+ 1 + 2z
=
_
z 1
z + 1
_
2
. (8.1)
8 Die Jukowski-Funktion und die Funktion w = z
2
151
Umgekehrt folgt auch aus Gleichung (8.1), dass
w =
1
2
_
z +
1
z
_
.
Denieren wir die Funktionen g und h durch
g(z) =
z 1
z + 1
, h(z) = z
2
so besagt die in (8.1) hergeleitete quivalenz, dass
g(w) = h(g(z))
oder
w = f(z) = g
1
(h(g(z))).
Man beachte, dass g
1
selbst auch eine Mbiustransformation ist, fr die gilt
g
1
(z) =
1 z
1 +z
.
Die Jukowski-Funktion setzt sich somit zusammen aus dem Verketten einer Mbi-
ustransformation, der Funktion w = z
2
und einer weiteren Mbiustransformation
z z
1
= g(z) =
z 1
z + 1
z
1
z
2
= z
2
1
=
_
z 1
z + 1
_
2
z
2
z
3
= g
1
(z
2
) =
1 z
2
z
2
+ 1
=
1
2
_
z +
1
z
_
.
Wir betrachten nun das Bild eines Gebietes der komplexen Ebene, das durch zwei
Kreise berandet wird. Der eine Kreis gehe durch die Punkte 1 und +1, der andere
Kreis tangiere den ersten Kreis im Punkt in +1, siehe Abbildung 8.3.
Abbildung 8.4 zeigt die Zwischenschritte gem der obigen Zerlegung der Jukowski-
Funktion: Die linke Darstellung zeigt das Bild der beiden Kreise aus Abbildung 8.3
unter der Abbildung z
1
=
z 1
z + 1
, die rechte Darstellung das Bild davon unter z
2
= z
2
1
.
Schlielich wenden wir im dritten Schritt die Abbildung g
1
an und erhalten
w = g
1
(z
2
) =
1 z
2
z
2
+ 1
.
Die resultierende Figur in Abbildung 8.5 hat die Form des Prols eines Traggels. n-
dert man den Winkel der Tangente an die beiden Kreise im Punkt 1 oder den Radius des
kleineren inneren Kreises, so kann man unterschiedlichste Prole fr Traggel erzeu-
gen. Diese Art von Prolen wurde zuerst von den Russen Sergei A. Tschaplygin (1869
1942) und Nikolai J. Joukowski (18471921) untersucht. Die Joukowski-Tschaplygin-
Prole sind die Grundprole bei Untersuchungen zur Theorie des Traggels. Abbil-
dung 8.6 zeigt das Bild der Flche zwischen zwei Kreisen mit Mittelpunkt auf der reellen
Achse.
152 8 Die Jukowski-Funktion und die Funktion w = z
2
-4
1
0
1
-2
3
-1 0
-3
-2
-1
2
-3
15 10
10
-20 -15
5
-15
-5
-10
-10
Abb. 8.4: Zwischenschritt bei Anwendung der Jukowski-Funktion auf zwei sich im Punkt +1
berhrende Kreise: z
1
=
z1
z+1
(linke Darstellung), z
2
= z
2
1
(rechte Darstellung)
0,5
0,6
-0,5 -1 1
0,2
0,4
Abb. 8.5: Bild der zwei sich berhrenden Kreise unter der Jukowski-Abbildung
1
1
0,5
0,5
0
-0,5
0
-1
-0,5 -1
-1
0,2
-0,2
0 0
1
Abb. 8.6: Urbild und Bild unter dem Jukowski-Funktional: die Flche zwischen den beiden
Kreisen (links) wird auf eine einem Traggel hnelnde Flche (rechts) abgebildet.
9 Komplexe Zahlen und Konforme
Abbildungen mit MAPLE
Rechnen mit Komplexen Zahlen in Maple
Mit den Funktionen Re und Im wird der Real- bzw. Imaginrteil eines komplexen Aus-
drucks ermittelt. Man beachte, dass diese Funktionen im Gegensatz zu den meisten
anderen Maple-Funktionen mit groen Anfangsbuchstaben geschrieben werden. Ebenso
wird die imaginre Einheit mit dem Grobuchstaben I notiert.
>
z:=1+3*I;
z := 1 + 3 I
>
Re(z), Im(z);
1, 3
abs berechnet den Betrag einer komplexen Zahl, argument den Winkel zur positiven
reellen Achse. conjugate gibt die konjugiert komplexe Zahl zurck.
>
abs(z), argument(z);

10, arctan(3)
>
conjugate(z);
1 3 I
Maple gibt komplexe Zahlen in der Regel in der Form a + bI aus. Man kann mit
convert(z, polar) eine Schreibweise in der Form polar(r,phi) erzwingen. Eben-
so kann man die Funktion polar einsetzen, wenn man selbst komplexe Zahlen in der
polaren Form eingeben will.
>
convert(z,polar);
polar(

10, arctan(3))
>
z1:=polar(1,Pi/3);
z1 := polar(1,
1
3
)
>
abs(z1);
1
Komplexe Zahlen werden normalerweise in einer komplexen Variablen gespeichert.
Wenn die Komponenten in zwei reellen Variablen eingegeben werden und damit ge-
arbeitet werden soll, ist fr die meisten Flle das Kommando evalc erforderlich. Durch
evalc werden Ausdrcke unter der Annahme weiterverarbeitet, dass alle auftretenden
154 9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE
Variablen reell sind. Maple kann dann diverse Vereinfachungen durchfhren, die sonst
nicht mglich wren.
>
evalc(Re((a+I*b)^3));
a
3
3 a b
2
>
evalc(polar(a,b));
a cos(b) +I a sin(b)
>
evalc(Re(sqrt(a+I*b)));
1
2
_
2

a
2
+b
2
+ 2 a
>
evalc(I^I);
e
(1/2 )
Die Ergebnisse oben gelten nur unter der Annahme, dass a und b reelle Zahlen sind!
Wenn man fr a eine beliebige komplexe Zahl mit einem Imaginrteil ungleich 0 einset-
zen wrde, wren die Ergebnisse falsch! Aus diesem Grund fhrt Maple Vereinfachungen
dieser Art normalerweise nicht aus und muss explizit mit evalc dazu aufgefordert wer-
den.
evalc ist auch in der Lage, komplexe Exponenten in Sinus- und Cosinusterme umzu-
wandeln:
>
f:=(3-I)*exp((3-I)*t)+(3+I)*exp((3+I)*t);
f := (3 I) e
((3I) t)
+ (3 +I) e
((3+I) t)
>
evalc(f);
6 e
(3 t)
cos(t) 2 e
(3 t)
sin(t)
Gleichungen lsen mit Maple
Gleichungen bis dritten Grades werden algebraisch gelst durch den Befehl solve. Bei
Gleichungen 4. Grades muss noch der Befehl _EnvExplicit:=TRUE gesetzt werden. Glei-
chungen 5. und hheren Grades knnen nicht mehr allgemein durch Lsungsformeln
algebraisch gelst werden. Der Befehl fsolve liefert jedoch auch dann eine numerische
Nherung.
>
solve(z^2-6*z+12=0);
3 +I

3, 3 I

3
>
solve(z^3-6*z+20=0);
%2 2 %1,
1
2
%2 + %1 +
1
2
I

3 (%2 + 2 %1),
1
2
%2 + %1
1
2
I

3 (%2 + 2 %1)
%1 :=
1
(10 + 2

23)
(1/3)
%2 := (10 + 2

23)
(1/3)
>
_EnvExplicit:=true;
9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE 155
_EnvExplicit := true
>
solve(x^4-x=1);
1
12

6 %2 +
1
12

_
6 %2 %1
(2/3)
+ 288 %2 + 72

6 %1
(1/3)
%1
(1/3)

%1
(2/3)
48
%1
(1/3)
,
1
12

6 %2
1
12

_
6 %2 %1
(2/3)
+ 288 %2 + 72

6 %1
(1/3)
%1
(1/3)

%1
(2/3)
48
%1
(1/3)
,

1
12

6 %2 +
1
12
I

_
6 %2 %1
(2/3)
288 %2 + 72

6 %1
(1/3)
%1
(1/3)

%1
(2/3)
48
%1
(1/3)
,

1
12

6 %2
1
12
I

_
6 %2 %1
(2/3)
288 %2 + 72

6 %1
(1/3)
%1
(1/3)

%1
(2/3)
48
%1
(1/3)
%1 := 108 + 12

849
%2 :=

%1
(2/3)
48
%1
(1/3)
>
fsolve(z^3-6*z+20=0,z,complex);
3.437707241, 1.718853620 1.692150497 I, 1.718853620 + 1.692150497 I
Mandelbrotmenge und Juliamenge
Wie lassen sich auf komplexen Zahlen basierende Fraktale am Computer darstellen?
Wie in Abschnitt 1.11 dargestellt, ist die Mandelbrotmenge deniert als Menge aller
komplexen Zahlen c, fr die die Folge z
n+1
= z
2
n
+ c, z
0
= 0 fr n beschrnkt
bleibt. Da kein Computer das Verhalten im Unendlichen errechnen kann, mssen wir
uns mit einer endlichen Nherung begngen. Die Mandelbrotmenge erscheint auf dem
Bildschirm als Apfelmnnchen, wenn man fr jeden (als Pixel sichtbaren) Punkt eines
Gitters c der Gauschen Zahlenebene die Folge z
n
iteriert und einen Pixel setzt, wenn
sie nicht divergiert. Jedoch erfordern feinere Gitter erheblich lngere Rechenzeiten. Ein
visuell besseres Ergebnis erhlt man, wenn gezhlt wird, nach wie vielen Iterationen der
Betrag grer als 2 wurde und dieser Wert in Grau- oder Farbabstufungen bersetzt
wird. Hier erhlt man dierenziertere Darstellungen wenn man die Zahl der Iterationen
ber n = 30 hinaus noch erhht. Allerdings geht auch das erheblich auf Kosten der
Rechenkapazitt.
156 9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE
>
restart: with(plots):
>
mandelbrot:=proc(x, y)
>
local z, c, m;
>
c:=evalf(x+y*I);
>
z:=evalf(x+y*I);
>
for m from 0 to 30 while abs(z)<2 do
>
z:=z^2+c
>
od;
>
m;
>
end:
Die Abbildung in Abschnitt 1.11 wurde erzeugt mit folgendem Befehl:
>
implicitplot(mandelbrot=31, -2 ... 0.7, -1.2 ... 1.2,
grid=[300,300], color=black,scaling=constrained);
Eine farbige Darstellung erlaubt die Zahl der Iterationen darzustellen, nach denen z
n
betragsmig auf mindestens 2 gewachsen ist bzw. unterhalb dieser Schranke bleibt.
>
plot3d(1, -2 .. 0.7, -1.2 .. 1.2, orientation=[-90,0],
grid=[300, 300], style=patchnogrid,scaling=constrained,
color=mandelbrot);
Die Julia-Menge hier zu c = 0, 3 + 0, 55i lsst sich durch folgende Prozedur
erzeugen
>
julia:=proc(x, y)
>
local z, c, m;
>
c:=.3+.55*I;
>
z:=evalf(x+y*I);
>
for m from 0 to 30 while abs(z)<2 do
>
z:=z^2+c
>
od;
>
m;
>
end:
>
plot3d(1, -1 .. 1, -1.2 .. 1.2, orientation=[-90,0],
grid=[100, 100], style=patchnogrid,scaling=constrained, color=julia);
9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE 157
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
0.4 0.2 0.2 0.4
Abb. 9.1: Graph der komplexen Tangensfunktion w = tan(z), z = t(1 + i), t
Visualisierung komplexer Funktionen
Das Problem beim Zeichnen komplexer Funktionen besteht darin, dass mglichst vier
Variable (Real- und Imaginrteil der unabhngigen und der abhngigen Variable bzw.
Betrag und Argument dieser Variablen) in einer einzigen Graphik abgebildet werden
sollen. Eine normale dreidimensionale Grak stellt dagegen nur drei Variable dar,
z. B. die Betrge [f(z)[ = [f(x, y)[-Werte einer Funktion aufgetragen ber den x- und
y-Koordinaten.
Zweidimensionale Abbildung komplexer Funktionen
complexplot stellt einparametrige Funktionen zweidimensional dar. Die folgende Abbil-
dung zeigt den Verlauf der tan-Funktion, wenn komplexe Zahlen zwischen I und
+I entlang der Geraden x x(1 +i) eingesetzt werden. Zunchst muss allerdings
mit dem Befehl with(plots) das plot-Paket aufgerufen werden
>
with(plots):complexplot(tan(x*(1+I)),x=-Pi..Pi);
Will man das Bild des Kreises mit Mittelpunkt 2 + 2i und Radius 3 unter der Mbi-
ustransformation f(z) = (z +i)/(z i) bestimmen, so kann man wie folgt vorgehen:
>
f:=z->(z+I)/(z-I);
f := z
z +I
z I
>
complexplot(f(2+2*I + 3*(cos(t)+I*sin(t))),t=0..2*Pi,
scaling=constrained);
Das Bild eines Kreises durch den Punkt (1[0) mit Mittelpunkt M(a[b) unter der
Jukowski-Funktion f(z) = z +
1
z
erhlt man wie folgt:
>
with(plots):
>
m:=0.5;
m := 0.5
158 9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE
2.5
2
1.5
1
0.5
0.5
Abb. 9.2: Bild des Kreises um 0 mit Radius r = 3 unter einer Mbiustransformation
>
r:=.7;
r := 0.7
>
j:=z->.5*(z+1/z);
z 0.5 z + 0.5 z
1
:= z 0.5 z + 0.5 z
1
>
jk:=complexplot(j(a+b*I+sqrt((a-1)^2+b^2)*(cos (phi)+I*sin(phi))),
phi=0..2*Pi,scaling=constrained):
mapleinput
>
display(ki,jk);
Interessant ist es auch, das Bild von anderen krummliniegen Kurven unter z 1/z zu
betrachten. So ist z. B. das Bild einer Hyperbel eine Lemniskate (siehe Abbildung 7.6).
f := z 1/z
complexplot(f(t +I/t), t = 100...100)
complexplot eignet sich auch dazu, einige komplexe Punkte rasch zu zeichnen. Dazu
muss lediglich die Option style=point verwendet werden.
>
solve(w^12=1);
1, 1, I, I,
1
2
_
2 + 2 I

3,
1
2
_
2 + 2 I

3,
1
2
_
2 2 I

3,
1
2
_
2 2 I

3,
1
2

1
2
I

3,
1
2
+
1
2
I

3,
1
2
+
1
2
I

3,
1
2

1
2
I

3
>
complexplot([%],style=point,axes=boxed);
Als Resultat erhlt man die Punkte eines regelmigen 12-Ecks auf dem Einheitskreis
(siehe Abbildung 9.3).
9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE 159
1 0,5
1
0,5
0
0 -0,5
-0,5
-1
-1
Abb. 9.3: Regelmiges Zwlfeck
Zum Fundamentalsatz der Algebra
Mit Hilfe von Abbildungen der komplexen Ebene auf sich selbst lsst sich der Beweis des
Fundamentalsatzes der Algebra (siehe Kapitel 4) illustrieren. Dazu dient ein animier-
tes MAPLE-Programm. Dazu muss zunchst ein konkretes Polynom w = g(z) ber C
gewhlt werden. Dieses Polynom steht exemplarisch fr jedes andere Polynom mit Ko-
ezienten in C, d. h. die folgende Argumentation durchgefhrt an diesem konkreten
Polynom kann genauso an anderen Polynomen durchgefhrt werden.
Es wird der (einfach durchlaufene) Kreis k um O mit Radius r abgebildet auf die Kurve
g(k), wobei g(z) =

n
m=0
a
m
x
m
ein Polynom ist.
Fall a) Fr sehr kleine r ist das Bild ein kleiner, einfach durchlaufener Kreis um a
0
mit Radius a
1
r.
Fall b) Fr sehr groe r ist das Bild der n-fach durchlaufene Kreis um O mit Radius
a
n
r
n
.
Wenn r von 0 gegen geht, so verformt sich die Kurve vom Fall a) zum Fall b) und
berquert damit genau n-mal den Nullpunkt, was dann jeweils von Nullstellen von g(z)
herrhrt. Eine Umsetzung in Maple sieht wie folgt aus:
>
restart; with(plots):
Denition des Kreises k:
>
r:=0.3;
>
k:=plot([Re(r*(cos(t)+I*sin(t))),Im(r*(cos(t)+I*sin(t))),
t=0..2*Pi],scaling=constrained,color=blue):
160 9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE
2
1,5 2
1
1
1,5
0,5
0,5
20
40
-20
-20
-40
20
40
Abb. 9.4: Kreis um Ursprung mit Radius r = 0, 3 als Urbild und Bild unter w = f(z) (links);
Bild des Kreises mit Radius r = 3 unter w = f(z): Der Ursprung ist dreifach umschlungen
(rechts).
Denition des Polynoms g(z):
>
g:=x->x^3+(2+I)*x^2+I*x+2+1.5*I;
Berechnung des Kreisbildes g(k):
>
g(k):=plot([Re(g(r*(cos(t)+I*sin(t)))),Im(g(r*(cos(t)+I*sin(t)))),
>
t=0..2*Pi],scaling=constrained,color=red):
>
display(k,g(k));
r := 0.3
g := x x
3
+ (2 +I) x
2
+I x + 2 + 1.5 I
>
r:=r; # die Variable r wird fr die Animation wieder frei
>
gegeben
r := r
Der folgende MAPLE-Befehl fhrt zu einer Animation bei wachsendem Kreisradi-
us r, d. h. man sieht f(k(r)) fr wachsenden Kreisradius r. Wichtig ist dabei die
Feststellung, dass irgendwann der Nullpunkt der w-Ebene berstrichen wird.
>
animate([Re(g(r*cos(t)+I*r*sin(t))),Im(g(r*cos(t)+I*r*sin(t))),
t=0..2*Pi],r=0..5,scaling=constrained,frames=20,numpoints=100,
color=blue);
Dreidimensionale Abbildung komplexer Funktionen
complexplot3d stellt standardmig den Betrag einer zweiparametrigen Funktion dar
und verwendet den Phasenwinkel zur Kolorierung. Abbildung 9.5 zeigt den Betrag der
komplexen Sinusfunktion w = [ sin(z)[ fr Werte von z mit Realteil(z) , 1
Imaginrteil(z) 1. Durch die Einstellung der orientation-Option wurde die Grak so
gedreht, dass der Realteil von links nach rechts, der Imaginrteil von vorne nach hinten
geht.
9 Komplexe Zahlen und Konforme Abbildungen mit MAPLE 161
0
1
2
3
4
5
6
x
1
0.5
0
0.5
1
y
0
0.5
1
1.5
Abb. 9.5: Graph der komplexen Sinusfunktion
3
2
1
0
1
2
3
3 2 1 0 1 2 3 4
Abb. 9.6: Bild der Parallelen zu den beiden Achsen unter der Inversion
>
complexplot3d(sin(z),z=-I*Pi-Pi.. Pi+I*Pi,orientation=[-70,20],
axes=boxed,style=patch,grid=[40,40]);
Konforme Abbildungen
Das Kommando conformal berechnet fr einen Bereich der komplexen Zahlenebene die
Resultate der komplexen Funktion und zeichnet das entstehende, verzerrte Gitter. An
das Kommando wird im ersten Argument die darzustellende Funktion und im zweiten
Argument ein rechteckiger komplexer Bereich bergeben. Maple berzieht den kom-
plexen Bereich mit einem Raster, berechnet die Funktionswerte an den Rasterpunkten
und verbindet die resultierenden komplexen Koordinatenpunkte. Abbildung 6.5 auf Sei-
te 115 zeigt das Bild von Parallelen zu den beiden Achsen unter f(z) = z
2
, Abbildung
9.6 stellt das Bild der Parallelen der beiden Achsen unter der Inversion f(z) = 1/z dar.
Man erhlt diese graphischen Darstellungen mit folgenden Kommandos von MAPLE:
>
conformal(z^2,z=-3-3*I..3+3*I,axes=boxed, scaling=constrained);
>
display(conformal(1/z,z=-1-I..2+I,-4-3*I..4+3*I,grid=[50,50],
axes=boxed),view=[-4..4,-3..3]);
Lsungen zu den Aufgaben:
Kapitel 1
1.2. (a)
[(a, b) (c, d)] (e, f) = (ac bd, ad +bc) (e, f)
= [(ac bd)e (ad +bc)f, (ac bd)f + (ad +bc)e]
= (ace bde adf bcf, acf bdf +ade +bce)
whrend
(a, b) [(c, d) (e, f)] = (a, b) (ce df, cf +de)
= [a(ce df) b(cf +de), a(cf +de) +b(ce df)]
= ace adf bcf bde, acf +ade +bce bdf,
d. h. wir erhalten beide Male dasselbe Resultat.
(b)
(a, b) [(c, d) (e, f)] = (a, b) (c + e, d +f)
= (a(c +e) b(d +f), a(d +f) +b(c + e))
= (ac +ae bd bf, ad +af +bc +be)
whrend
(a, b) (c, d) (a, b) (e, f) = (ac db, ad +bc) (ae bf, af +be)
= (ac +ae bd bf, ad +af +bc +be)
(c) Die Multiplikation (a, b) (c, d) = (a c, b d) hat Nullteiler, d. h. es ist
mglich, 0 als Produkt zweier Zahlen ,= 0 zu erhalten !
Beispiel: (1, 0) (0, 1) = (0, 0).
1.3. Ein Automorphismus ist ein Isomorphismus einer Menge auf sich selbst. k bildet
oensichtlich C auf C ab.
k ist injektiv: Sei k(z
1
) = k(z
2
). Dann ist z
1
= z
2
. Nochmaliges komplex
konjugieren fhrt zu z
1
= z
2
.
k ist surjektiv: Gegeben eine beliebige komplexe Zahl z. Dann gilt k(z) = z.
k(z
1
+z
2
) = z
1
+z
2
= z
1
+z
2
.
k(z
1
z
2
) = z
1
z
2
= z
1
z
2
.
164 Lsungen
1.4. (a) 3z
1
4z
2
= 6 + 11i.
(b) z
3
1
3z
2
1
+ 4z
1
8 = 7 + 3i.
(c) (z
3
)
4
=
1
2

1
2

3i = z
3
.
1.5. (a)
3 2i
1 +i
=
5 +i
2
(b)
5 + 5i
3 4i
=
1 + 7i
5
(c)
3i
30
i
19
2i 1
= 1 +i
(d) i
n
=

i falls Rest(n, 4) = 1
1 falls Rest(n, 4) = 2
i falls Rest(n, 4) = 3
1 falls Rest(n, 4) = 0
(e) (i)
n
=

i falls Rest(n, 4) = 1
1 falls Rest(n, 4) = 2
i falls Rest(n, 4) = 3
1 falls Rest(n, 4) = 0
(f) (1 +i)
n
=
_
2
k
i
k
falls n = 2k
2
k
i
k
(1 +i) falls n = 2k + 1
1.6. Ausrechnen fhrt zu der Antwort: 1.
1.7. Es gilt [z[ =
_
x
2
+y
2
=

z z, wobei wir von z = x+yi ausgehen. Damit ergibt


sich
(a)
[z
1
z
2
[ =

z
1
z
2
z
1
z
2
=

z
1
z
2
z
1
z
2
=

z
1
z
1

z
2
z
2
= [z
1
[z
2
[
(b)

z
1
z
2

z
1
z
2

_
z
1
z
2
_
=
_
z
1
z
1
z
2
z
2
=
[z
1
[
[z
2
[
(c) folgt direkt aus Satz 1.4
Lsungen 165
1.8. Die Punkte, die im Inneren des Kreises um
den Ursprung mit Radius 2 liegen und zugleich
auerhalb des Kreises um 1/2 mit Radius 1/2.
1/2 2
1.9. Mit Ansatz z = x +yi folgt
(a) [x + (y + 1)i[ = [x + (y 1)i[
x
2
+ (y + 1)
2
= x
2
+ (y 1)
2
y = 0
(b) [z + 3[ = [z 3[
(z + 3)(z + 3) = (z 3)(z 3)
3(z +z) = 3(z +z)
z +z = Re(z) = 0
z = iy
1.10. [z[ = 1 z z = 1 z =
1
z
1.11. Nachrechnen ergibt: Das Innere des Kreise um (
5
3
[0) mit Radius 4/3.
1.12. Die vorgegebene Gleichung ist quivalent zu
zz mz mz +mm = mm,
was wiederum quivalent ist zu
[z m[ =
_
mm,
was wiederum einen Kreis um m mit dem Radius

mm beschreibt, voraus-
gesetzt dieser Ausdruck ist > 0.
1.13. Der Ansatz mit z = x +yi fhrt auf die Gleichung x
2

y
2
3
=
1
4
.
1.14. (a) (13; ) (b) (20; /2) (c) (5; 3/2), (d) (3

2; 3/4), (e) (13; 1, 1760),


(f) (29; 2, 3318), (g) (25; 4, 9951)
1.15. Mit Hilfe der Moivre-Formel berechnen wir den Sinus und Cosinus der bentigten
Winkel und erhalten sin5/12 =

2+

3
2
, cos 5/12 =

3
2
. Darber hinaus
ist sin 3/4 =

2
2
, cos 3/4 =

2
2
, sin 7/6 =
1
2
, cos 7/6 =

3
2
. Somit ergibt
sich in (a) schnell und einfach die Lsung 3 i

3, whrend die Vorgehensweise


in (b) sehr umstndlich ist.
166 Lsungen
1.16. (a) (x m)
2
+ y
2
= m
2
(b) zz zm zm = 0 (c) (r, ) mit 0 r 2m und
= arctan

m
2
r
2
r
bzw. (r, ) mit 90

90

, r = 2mcos .
Falls der Kreismittelpunkt auf der imaginren Achse liegt ergibt sich
(a) (x
2
+ (y +m)
2
= m
2
, (b) zz +imz imz = 0 und (c) (r, ) mit 0 r 2m
und = 90

arctan

4m
2
r
2
r
bzw. (r, ) mit 0 180

, r = 2mcos(90

)
1.17. (a) (4

2; 7/12), (b) (16; 2/3), (c) (2, /2), (d) (32; 7/6).
1.18. z = x +yi hat Polarkoordinaten
_
x
2
+y
2
; arctany/x),
z hat Polarkoordinaten
_
x
2
+y
2
; arctany/x), und 1/z hat Polarkoordinaten
(
1

x
2
+y
2
; arctany/x).
1.19. Drehung von z um Ursprung mit Winkel .
1.20. z =

2i.
1.21. (1; 4/9).
1.22. Moivre-Formel fr n = 2, n = 3 und n = 4 anwenden und Ergebnisse geeignet
verbinden.
1.23. ber Eulerformel fr und .
1.24. (a) cos(ln 2)+i sin(ln 2); (b) i/2+k2, k N; (c) e
+2k
; (d)cos(ln 5)i sin(ln 5).
1.25. 2
6
(

3 i)
1.26. (a) z
1
z
2
= 6
_
cos

12
+i sin

12
_
(b)
z
1
z
2
=
1
3
_
cos
5
12
+i sin
5
12
_
.
1.27. Ansatz e
i(+)
= e
i
e
i
fhrt direkt zum Resultat.
Kapitel 2
2.2. (1 + i) (a + bi) = a b + i(a + b) = 2 wird gelst von a = 1, b = 1, d.h.
(1 +i) (1 i) = 2.
Der Ansatz (1+i) (a+bi) = 1+2i fhrt auf die Gleichungen ab = 1, a+b = 2,
die innerhalb der ganzen Zahlen nicht lsbar sind.
2.3. Reexivitt ist trivial: Jede ganze Gausche Zahl teilt sich selbst, Transitivitt
ergibt sich unmittelbar.
2.4. Zu 3 +i assoziiert sind die Zahlen (3 +i) i = 1 +3i, (3 +i) (1) = 3 i und
(3 +i) (i) = 1 3i. Zusammen bilden sie ein Quadrat.
2.5. Da fr alle a, b Z gilt a
2
+ b
2
,= 3 mod (4), gibt es keine ganzen Gauschen
Zahlen mit N() 3 mod (4). Im Intervall 2 x 15 entfallen somit als
Normen 3, 7, 11 und 15. Ist a N und a , 3 mod (4), so gibt es aber nicht
immer ein G mit N() = a. Im Intervall 2 x 15 lassen sich 6, 12, 14
und 15 nicht als Summe von zwei Quadraten darstellen. Es knnen daher nur die
Normen 2, 4, 5, 8, 9, 10 und 13 auftreten. Von den dazugehrigen Zahlen wird
Lsungen 167
nur jeweils eine der Assoziierten angegeben:
N() = 2 : = 1 +i GP, da N() prim.
N() = 4 : = 2 , GP, da 2 = (1 +i) (1 i).
N() = 5 : = 2 +i oder = 1 + 2i GP, da N() prim.
N() = 8 : = 2 + 2i , GP, da = (1 +i) 2.
N() = 9 : = 3 GP, da N() prim (Satz 2.3).
N() = 10 : = 3 + i oder 1 + 3i , GP, da 3 + i = (1 + i)(2 i), (1 + 3i) =
(1 +i)(2 +i).
N() = 13 : = 3 + 2i oder 2 + 3i GP, da N() prim.
2.6. n = (r +si)(r si) = r
2
+s
2
.
2.7. (a) Es sei p prim und in G gelte p = , wobei weder = a+bi noch Einheiten
sind. Dann folgt N(p) = p
2
= N() N(). Daher ist N() = N() = p und
somit a
2
+b
2
= p.
(b) Es sei p prim in Z, jedoch p , GP. Dann besagt Teil (a) gerade, dass p =
r
2
+ s
2
. Umgekehrt besagt Aufgabe 2.6, dass p , GP, falls p als Summe zweier
Quadratzahlen darstellbar ist.
Kapitel 3
3.1. (a) z
1
=

6
2
+
3

2
2
i, z
2
= z
1
(b) z
1
= 2 i, z
2
= z
1
(c) z
1
=
1

2
_
_

41 4 +i
_

41 + 4
_
, z
2
= z
1
.
3.2. (a) z
1
=

2(cos 27

+i sin27

), z
2
, . . . , z
5
haben die Winkel 99

, 171

, 243

, 315

.
(b) z
1
= 2, z
k
= 2(cos
k
+ i sin
k
) mit
2
= 60

,
3
= 120

,
4
= 180

,
5
=
240

,
6
= 300

.
(c) z
1
= cos /3 +i sin/3, z
2
= cos +i sin , z
3
= cos 5/3 +i sin5/3.
3.3. (a) z
1
= 3 +i, z
2
= 3 i (b) z
1
= 2 + 2i, z
2
= 3 + 2i (c) z
1,2
= i.
3.4. (a) w
k
= 2(cos
+2k
5
+i sin
+2k
5
), k = 0, . . . , 4.
(b)z
0
= 2

3 + 2i, z
1
= 2

3 + 2i, z
2
= 4i.
(c) z
k
= 2
_
cos
2/3+2k
5
+i sin
2/3+2k
5
_
3.5. (a) Es gibt (n 1) von 1 verschiedene Faktoren und es gilt
i
=
ni
,
i

i
= 1.
Daher ist
0

1
. . .
n1
= 1 falls n ungerade und
0

1
. . .
n1
=
n/2
= 1,
falls n ungerade.
(b) Es sei w =
0
+
1
+ . . . +
n1
. Es gilt
1
w =
1
(
0
+
1
+ . . . +
n1
) =

1
+
2
+. . . +
n1
+
0
= w, d. h. (
1
1) w = 0. Wegen
1
,= 1 folgt w = 0.
3.6. z
2
(z
1
+z
2
)z +z
1
z
2
= 0
3.7. Nach p-q-Formel gilt z
1,2
= b/2
_
b
2
/4 c. Falls d = b
2
/4 c < 0, so ist
z
1
= b/2 +

di, z
2
= b/2

di, d. h. z
1
= z
2
.
3.8. (a)

z = w. (b)
n

z = w
k
, k = 0, . . . , n 1.
168 Lsungen
3.9. (a) EW ist eine Gruppe, da abgeschlossen (mit x, y EW folgt xy EW) ,
1 EW, zu x EW ist x EW das inverse Element.
(b) Ganz hnlich zeigt man, dass auch EW
n
eine Gruppe ist.
(c) Sei k[n. Nach (b) ist EW
k
Gruppe. Sei z EW
k
, d. h. z
k
= 1. Dann ist
z
n
= z
kt
= 1
t
= 1 und somit z EW
n
.
(d) Es sei EW
k
EW
n
. Dann ist e
i2/k
EW
n
. Das bedeutet aber
_
e
i2/k
_
n
= e
i2/kn
= 1,
woraus folgt, dass n/k eine natrliche Zahl ist, d. h. k[n.
3.10. Es entstehen alle sechsten Einheitswurzeln
3.11. Aus z
n
= 1 folgt direkt z
n
= 1. Einheitswurzeln an der reellen Achse gespiegelt
ergeben wiederum Einheitswurzeln. Mit z
n
ist natrlich auch (1/z)
n
= 1.
3.12. Lsungen in Polarkoordinaten (a) (2; 1/6), (2; 7/6) (b)
(
3

2, 5/9), (
3

2, 11),
3

2, 17)
(c) (
4

6; 1/6), (
4

6; 2/3pi), )(
4

6; 7/6), (
4

6; 5/3)
3.13. (a)
3

2/2(

3 +i), i
3

2,
3

2/2(

3 +i)
(b)
9
2/3
18

3 +
9
2/3
18
i,
3

9i,
9
2/3
18

3 +
9
2/3
18
i
(c) 2i,

3
2
+
1
2
i,

3
2
+
1
2
i
(d) 2
3

3,
3

3 + 3
5/6
i,
3

3 + 3
5/6
i
3.14. Ist z nicht reell, d. h. arg(z) ,= 0, dann ist auch der n-Teil des Winkels nicht Null.
3.15. Aus z
n
= q folgt z
n
= q = q.
3.16. Wenn F den Flcheninhalt, U den Umfang und c die Grundseite des gleichschenk-
ligen Dreiecks bezeichnen, so ergibt sich folgende kubische Gleichung
4F
2
=
U
2
4
c
2
Uc
3
.
3.17. Mit O als Oberche und V als Volumen ergibt sich die kubische Gleichung
r
3

O
2
r +
V

= 0.
3.18. Das Volumen des eingetauchten Eisballes errechnet sich als
V =
_
t
r
(r
2
h
2
)dh =
1
3
t
3
+
d
2
4
t +
1
12
d
3
.
Dies soll 11/12 des Volumens sei, d. h. =
11
12


6
d
3
, was auf die Gleichung fhrt
t
3

3
4
d
2
t +
5
24
d
3
= 0.
Lsungen 169
Setzen wir d = 1, so sind die Lsungen dieser Gleichung
t
1
= cos
+ 2k
3
, k = 0, 1, 2 mit cos =
5
6
.
Als numerische Nherung ergibt sich t
1
= 0, 65850, t
2
= 0, 3225, t
3
= 0, 981.
3.19. (a) t
1
= 4, t
2
= 1, t
3
= 3, (b) x
1
= 2, x
2
= 2 + i, x
3
= 2 i, (c) x
1
=
2 cos 20

, x
2
= 2 cos 140

, x
3
= 2 cos 260

(d) x
1
= 4, x
2
= i, x
3
= i
3.20. Der Beweis von Satz 32 bertrgt sich direkt auch auf C.
3.21. (a) z
1
= 1, z
2,3
= 5, (b)z
1
= 1, z
2
= i, z
3
= 3i4 ,
(c) z
1
= 1 +i, z
2
= i, z
3
= 2i
3.22. (a) z
3
+ (4 2i)z
2
(6 + 9i)z 5 + 5i, (b) z
3
2z
2
29z 42,
(c) z
3
(6 + 4i)z
2
(31 30i)z + 36 + 54i, (d) z
3
19z
2
+ 140z 572,
(e)z
3
(16 i)z
2
+(81 14i)z +(106 +53i) (f) z
3
(7 2i)z
2
+(50 12i)z +
(56 54i)
Kapitel 4
4.1. Betrachte g(z) = f(z) w und wende auf g den Fundamentalsatz an.
4.2. p hat nach dem Fundamentalsatz eine Nullstelle z
1
. Dann folgt
p(z) = (z z
1
) p
1
(z)
fr ein Polynom p
1
vom Grad n1. Fr p
1
gilt aber ebenso: p
1
hat eine Nullstelle
z
2
und kann daher dargestellt werden mittels
p
1
(z) = (z z
2
) p
2
(z)
mit einem Polynom p
2
vom Grade n 2. Fortgesetztes Argumentieren fhrt auf
ein Polynom p
n
vom Grade 0 (d. h. eine Konstante). Sukzessives Einsetzen fhrt
zum gewnschten Resultat.
4.3. (a) z
2
2z + 2 = (1 i)(z 1 +i)
(b) z
4
+ 1
=
_
z

2
2
(1 +i)
__
z

2
2
(1 i)
_ _
z

2
2
(1 +i)
__
z

2
2
(1 i)
_
(c) z
4
z
2
(3 + 2i) + (8 6i) = (z + 2 +i)(z 2 i)(z 1 +i)(z + 1 i)
4.4. Da f reelle Koezienten hat, ist die dritte Nullstelle 5 7i und somit f(z) =
z
3
16z 134z 444.
Kapitel 6
6.1. Parallele zur reellen Achse: a+iy a
2
y
2
+i2ay. Ansatz mit u = a
2
y
2
, v = 2ay
fhrt auf u = a
2

v
2
4a
2
.
170 Lsungen
Parallele zur imaginren Achse: x + bi x
2
b
2
+ i2bx fhrt zu u =
v
2
4b
2
b
2
.
Wir erhalten beide Male Parabeln, deren nungen jedoch in unterschiedliche
Richtungen gehen.
6.2. a) u(x, y) =
x
x
2
+y
2
, v(x, y) =
y
x
2
+y
2
b) u(x, y) =
x
2
+y
2
1
x
2
+y
2
+ 2x + 1
, v(x, y) =
2y
x
2
+y
2
+ 2x + 1
c) u(x, y) = x
3
3xy
2
, v(x, y) = 3x
2
y y
3
d) u(x, y) = e
x
(xcos y y sinx), v(x, y) = e
x
(y cos y +xsin x)
e) u(x, y) = cos xcoshy, v(x, y) = sinxsinh y.
6.3. a) Re(z) =
1
2
b) Gerade mit xx
0
yy
0
=
1
2
c) Kreis mit Mittelpunkt z
0
und Radius
_
[z
0
[
2
1
d) Kreis um
1
2
mit Radius
1
2
e)Kreis mit Mittelpunkt
1
2a
und Radius 1/2a.
6.4. a) Cauchy-Riemannsche DGL sind erfllt, daher dierenzierbar im Komplexen
b) Parabel
6.5. Cauchy-Riemannsche DGL sind nicht erfllt, daher ist f nicht dierenzierbar.
6.6. Kreis um 2 2i mit Radius 4

2.
6.7. a) nur im Ursprung dierenzierbar b) nur im Ursprung c) nirgends
6.8. v(x, y) =
1
2
x
2
+
1
2
y
2
+ 2xy
Kapitel 7
7.1. (a) b = 0: Identitt, b ,== 0: Translation um Vektor b.
(b) [a[ = 1, d. h. a = cos +i sin : Drehung um O mit Winkel .
(c) a R, b = 0: Zentrische Streckung von O aus, Streckfaktor a.
(d) a = r(cos + i sin): Drehstreckung um O mit Winkel , Streckfaktor r;
Drehung und Streckung sind vertauschbar.
(e) Drehstreckung wie bei (d) plus Translation um Vektor b oder zuerst Transla-
tion um Vektor
ba
[a[
2
, dann Drehstreckung um O mit Winkel und Streckfaktor
r oder als Drehstreckung um Fixpunkt (siehe (g))
(f) z
0
=
b
1a
, falls a ,= 1. Ist a = 1, b ,= 0, so ist der einzige Fixpunkt. Ist
a = 1, b = 0, so ist jeder Punkt Fixpunkt.
(g) w = a(z z
0
) +z
0
, d. h. Drehstreckung um den Fixpunkt z
0
.
7.2. w = (1 i) z
7.3. (a) z
0
=
5
2
i, w = 3(z z
0
) +z
0
, d. h. Streckung um Faktor 3, Zentrum z
0
(b) Zentrum z
0
=
3
5
(1 2i), Drehung um /2, Streckung um Faktor 1/2.
7.4. (a) Streckung um Faktor k = 2,
(b) Drehung um /2, Streckung um k = 4,
(c) Streckung um Faktor k = 2,
(d) Streckung Faktor k =

5, Drehung um ca. 333, 4

.
Lsungen 171
7.5. (a) Streckung um Faktor k = 2, Drehwinkel 5/12,
(b) Streckung um Faktor k = 4, Drehwinkel 8/15.
7.6. Es muss eine Zahl a C geben, so dass p
i
= a q
i
, i = 1, . . . , 3 bzw. es muss
a, p
0
C geben so dass p
i
= a (q
i
p
0
) + p
0
. Dabei bezeichnet p
1
p
2
, p
3
und
q
1
, q
2
, q
3
die Eckpunkte des Urbild- bzw. Bilddreiecks.
7.7. (a) (f g)(z) = 3(z 3/2i) + 3/2i, d. h. Streckung um 3/2i, Streckfaktor 3;
(g f)(z) = 3(z +i/2) i/2, d. h. Streckung um i/2), Streckfaktor 3;
(b) (f g)(z) = (3+i)(z+
8+21i
5
)
8+21i
5
, Drehstreckung um
8+21i
5
, Streckfaktor
k =

10, Drehwinkel arctan(1/3.; (g f)(z) = (3 +i)(z


8+21i
5
) +
8+21i
5
.
7.8. Ist = 0, so ist f g eine Streckung um denselben Streckfaktor s und Streckzen-
trum z
0
=
(z
1
b)sz
1
s1
, vorausgesetzt s ,= 1. Ist s = 1, so ist die Verkettung eine
Verschiebung um b. Ist ,= 0, so erhalten wir eine Drehstreckung mit Streckfak-
tor s und Winkel um das Zentrum
z
0
=
s
2
(z
1
b) +z
1
2z
1
s cos se
i
(z
1
b)
s
2
+ 1 2s cos
.
7.9. (f g)(z) = qsz +qt +p ist die Identitt falls qs = 1, qt +p = 0, eine Translation,
falls qs = 1, qt + p ,= 0 und eine Drehstreckung falls qs ,= 1, ,= 0. (g f)(z) =
sqz +sp +t analog.
7.10. In beiden Fllen erhalten wir Kreise durch den Ursprung, z. B. erhlt man als
Bild der Parallelen zur imaginren Achse durch a R den Kreis mit Mittelpunkt
1
2a
mit Radius
1
2a
.
7.11. Umfasst genau einer der Kreise den Ursprung, der andere aber nicht, so sind die
Bildkreise nicht mehr konzentrisch.
7.12. Das Bild ist der Kreis durch den Berhrpunkt und den Ursprung mit Radius 1/2.
7.13. Genau die Kreise, in deren Inneren der Ursprung liegt, haben die gewnschte
Eigenschaft.
7.14. Entweder zuerst Drehstreckung um O (Streckfaktor 2, Winkel = /4, dann
Translation um 2+i, oder lediglich Drehstreckung um den Fixpunkt z
0
=
6

2
17

i
7+13

2
17
.
7.15. z = z

fr alle Punkte auf dem Einheitskreis; f(z

0
) =
1
z

0
ist das Spiegelbild von
f(z
0
) am Einheitskreis.
7.16. z

0
heit Spiegelpunkt von z
0
bezglich eines Kreises mit Mittelpunkt m und
Radius r, falls (1) z

0
auf der Geraden durch m und z
0
liegt und (2) [m z

0
[
[mz
0
[ = r
2
gilt. Nun gilt nach Voraussetzung [m
z
z
1
[[m
z
z
2
[ = r
2
z
(der Index
z soll nur andeuten, dass es sich um einen Kreis in der z-Ebene handelt). Der
Schnittpunkt p
z
des Thaleskreises ber m
z
z
1
mit dem Kreis K
z
fhrt zu einem
rechtwinkligen Dreieck mit den Ecken m
z
, z
1
und p
z
(siehe Abbildung 7.2). Da
die Mbiustransformation Kreise auf Kreise abbildet und als konforme Abbildung
172 Lsungen
winkeltreu ist, wird K
z
auf einen Kreis K
w
mit Mittelpunkt m
w
und Radius r
w
abgebildet. Das Bild von p
z
bezeichnen wir mit p
w
. Wegen der Winkeltreue ist
der Winkel in p
w
wiederum rechtwinklig und der Hhensatz liefert [w
1
m
w
[
[w
2
m
w
[ = r
2
w
.
7.17. Assoziativitt ist klar, da alle Funktionen assiziativ bezgl. Verkettung sind; das
neutrale Element ist f(z) = z, d. h. a = d = 1, b = c = 0); zu f(z) =
az+b
cz+d
invers
ist f
1
(w) =
dwb
cw+a
; die Abgeschlossenheit zeigt man durch (etwas mhsames)
direktes Nachrechnen.
7.18. (a) w =
4z+2
2z+4
(b) Der Einheitskreis wird berfhrt auf einen Kreis durch die Punkte 1, 1/5(4+
3i), 1). Da [1/5(4 + 3i)[ = 1, ist dies wiederum der Einheitskreis!
7.19.
dw
dz
= w

=
ad bc
(cz +d)
2
. Falls ad bc = 0, so ist die Ableitung =0, d. h.
w=Konstante.
7.20. f(i) = 0, f(2 i) = 1 i, f() = 1. Daher ist das Bild der Kreis durch 0, 1, und
1 i.
Literatur:
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Fhrer, Lutz (2001): Kubische Gleichungen und die widerwillige Entdeckung der kom-
plexen Zahlen. Praxis der Mathematik 2/43, 5767.
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Mandelbrot, Benot (1987): Die fraktale Geometrie der Natur. Birkhuser: Basel.
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Silverman, Richard (1972): Introductory Complex Analysis. Dover Publications: New
York.
Spiegel, Murray (1964): Theory and Problems of Complex Variables. McGraw-Hill: New
York.
Index
Abel, Hendrik, 83
Achse
imaginr, 12
reell, 12
Addition komplexer Zahlen, 7
hnlichkeitsgeometrie, 121
algebraisch abgeschlossen, 88, 95
Anordnung, 4
Apfelmnnchen, 42, 155
Apollonius-Kreis, 17
Argand, Jean-Robert, 91
Bombelli, Rafael, 71
Cardano, Geronimo, 70
Cardano-Formeln, 76, 78
Cassinische Kurven, 21
Cauchy, Augustin Louis, 91
Cauchy-Riemannsche Dierenzial-
gleichungen, 111
Cayley, Arthur, 97
Cosinus Hyperbolicus, 31
DAlembert, Jean-Baptiste, 90
del Ferro, Scipione, 70
Descartes, Ren, 6, 90
Dezimalbruch, 4
Dierenzierbarkeit, 109
Doppelverhltnis, 138
Dreiecksungleichung, 14
Einheit, 49
Einheitswurzel, 64
Dritte, 65
Fnfte, 66
Ellipse, 19, 20, 131
Escher, Maurits Cornelis, 127
Euklidischer Algorithmus, 53
Euler, Leonard, 6, 90
Euler-Formel, 28
Exponentialfunktion
komplex, 28
Fermatsche Primzahlen, 68
Ferrari, Luigi, 82, 83
Fixpunkt, 119, 133
Fraktal, 41, 127
Fundamentalsatz
der Algebra, 87, 88, 159
Funktion
einer komplexen Vernderlichen, 107
Galois, Evariste, 68, 83
Ganze Gausche Zahl, 47
Ganze Zahlen, 2
Gau, Carl Friedrich, 68, 83, 88, 91
Gausche Zahlenebene, 12
Geradengleichung, 18
Girard, Albert, 90
Gleichung
4. Grades, 83
kubisch, 70
Quadratische, 61
Goldener Schnitt, 5
Hamilton, William Rowan, 97
Hauptsatz
Gausche Zahlen, 55
Hauptwert, 23, 59
Hyperbel, 20, 129
Imaginre Einheit, 6
Inversion, 117
Jukowski-Funktion, 150
Juliamenge, 43
Kartesische Darstellung
einer komplexen Zahl, 23
Kegelschnitt, 20
176 Index
Komplexe Zahl
Imaginrteil, 7
Realteil, 7
Argument, 23
Betrag, 12
Konforme Abbildung, 112
Konjugierte komplexe Zahl, 10
Konstruierbarkeit von Vielecken, 68
Kreisgleichung, 18
Kreisteilungsgleichung, 64
Kreisverwandtschaft, 104, 124, 132
Krummstab, 40
Lagrange, Joseph-Louis, 90
Laplace, Pierre-Simon, 91
Leibniz, Gottfried Wilhelm, 90
Lemniskate, 21, 129
Mandelbrot
Benot, 41
Mandelbrotmenge, 42
Mercator-Projektion, 99
Mbiustransformation, 117, 132
elliptisch, 141
hyperbolisch, 140
loxodromisch, 141
Normalform, 139
Moivre-Formel, 26
Multiplikation komplexer Zahlen, 7
Natrliche Zahlen, 1
Norm
einer ganzen Gauschen Zahl, 48
Pacioli, Luca, 70
Parabel, 20, 129
Parameterdarstellung einer Kurve, 31
Pascalsche Schnecke, 150
Permanenzprinzip, 2
Peters-Projektion, 100
Polarkoordinaten, 22, 23
Polynom, 73
Primfaktorzerlegung, 54
Primzahl
Gausche, 49
Quadratwurzel
einer komplexen Zahl, 59
Quaternionen, 97
Rationale Zahlen, 3
Reelle Zahlen, 3
Riemannsche Kugel, 99
Roth, Ambrosius, 90
Runi, Paolo, 83
Schwingung
gedmpft, 34
harmonisch, 34
Sierpinski-Dreieck, 41
Sinus Hyperbolicus, 31
Spirale, 37
Archimedisch, 38
Hyperbolisch, 40
Logarithmisch, 38
Stereograsche Projektion, 100
Stifel, Michael, 1
Tartaglia, Niccolo, 70
Teiler
einer ganzen Gauschen Zahl, 47
ggT, 53
Vieta
Satz von, 4
Vieta, Franois, 90
Vollebene, 123
Vollstndigkeit, 4
Wurzel
allgemeine, 62
Zahlen
algebraisch, 96
transzendent, 96
Zeigerdiagramm, 35

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