Kapitel 08 DINO Techn Teil
Kapitel 08 DINO Techn Teil
Stahlbau
8.1 HV-Verbindungen für den Stahlbau wie im Brückenbau, auch mit Schrauben mit Passschaft
„HV“ ist die Kennzeichnung einer Schraubenverbindung (GVP) ausgeführt werden. Die Kraftübertragung erfolgt
im Stahlbau mit hochfesten Schrauben der Festigkeits hierbei durch Reibung zwischen den Kontaktflächen der
klasse 10.9. „H“ steht dabei für hochfest, entsprechend verspannten Bauteile. Dazu müssen die Kontaktflächen
den Anforderungen für die Festigkeitsklasse 10.9 und durch Strahlen oder zugelassene gleitfeste Anstriche gleit
„V“ für „vorgespannt“, d.h. die Möglichkeit, die Verbin fest gemacht werden. Durch das Anziehen der Schrauben
dung mit standardisierten Verfahren auf eine definierte werden dann Betriebskräfte senkrecht zur Schraubenach
Vorspannkraft zu bringen. se übertragen, wie in Abb. 2 dargestellt.
Abb. 1
Tab. 2a
10
1807
Klemmlänge Σtmin. und Σtmax. für HV- und HVP-Schrauben1)
Nenn M12 M16 M20 M22 M24 M27 M30 M36
länge l
30 11– 16
35 16– 21 12– 17
40 21– 26 17– 22
45 26– 31 22– 27 18– 23
50 31– 36 27– 32 23– 28 22– 27
55 36– 41 32– 37 28– 33 27– 32
60 41– 46 37– 42 33– 38 32– 37 29– 34
65 46– 51 42– 47 38– 43 37– 42 34– 39
70 51– 56 47– 52 43– 48 42– 47 39– 44 36– 41
75 56– 61 52– 57 48– 53 47– 52 44– 49 41– 46 39– 44
80 61– 66 57– 62 53– 58 52– 57 49– 54 46– 51 44– 49
85 66– 71 62– 67 58– 63 57– 62 54– 59 51– 56 49– 54 43– 48
90 71– 76 67– 72 63– 68 62– 67 59– 64 56– 61 54– 59 48– 53
95 76– 81 72– 77 68– 73 67– 72 64– 69 61– 66 59– 64 53– 58
100 81– 86 77– 82 73– 78 72– 77 69– 74 66– 71 64– 69 58– 63
105 86– 91 82– 87 78– 83 77– 82 74– 79 71– 76 69– 74 63– 68
110 91– 96 87– 92 83– 88 82– 87 79– 84 76– 81 74– 79 68– 73
115 96–101 92– 97 88– 93 87– 92 84– 89 81– 86 79– 84 73– 78
120 101–106 97–102 93– 98 92– 97 89– 94 86– 91 84– 89 78– 83
125 106–111 102–107 98–103 97–102 94– 99 91– 96 89– 94 83– 88
130 111–116 107–112 103- 108 102–107 99–104 96–101 94– 99 88– 93
135 116–121 112–117 108–113 107–112 104–109 101–106 99–104 93– 98
140 121–126 117–122 113–118 112–117 109–114 106–111 104–109 98–103
145 126–131 122–127 118–123 117–122 114–119 111–116 109–114 103- 108
150 131–136 127–132 123–128 122–127 119–124 116–121 114–119 108–113
155 136–141 132–137 128–133 127–132 124–129 121–126 119–124 113–118
160 141–146 137–142 133–138 132–137 129–134 126–131 124–129 118–123
165 146–151 142–147 138–143 137–142 134–139 131–136 129–134 123–128
170 151–156 147–152 143–148 142–147 139–144 136–141 134–139 128–133
175 156–161 152–157 148–153 147–152 144–149 141–146 139–144 133–138
180 161–166 157–162 153–158 152–157 149–154 146–151 144–149 138–143
185 158–163 157–162 154–159 151–156 149–154 143–148
190 163–168 162–167 159–164 156–161 154–159 148–153
195 168–173 167–172 164–169 161–166 159–164 153–158
200 173–178 172–177 169–174 166–171 164–169 158–163
210 183–188 182–187 179–184 176–181 174–179 168–173
220 193–198 192–197 189–194 186–191 184–189 178–183
230 203–208 202–207 199–204 196–201 194–199 188–193
240 213–218 212–217 209–214 206–211 204–209 198–203
250 223–228 222–227 219–224 216–221 214–219 208–213
260 233–238 232–237 229–234 226–231 224–229 218–223
1)
Klemmlänge Σt umfasst auch die beiden Scheiben
Tab. 2b
10
1808
Nach DIN 18800-1:2008-11 dürfen die Bemessungs
kw
X
Serien-Nr. werte der Lochleibungsbeanspruchungen VI die Grenz
Ø ds lochleibungskräfte VI,R,d nicht überschreiten.
Ød
e
ls u VI
15° bis 30° s ≤1
lg VI,R,d
k l
Gewinde-Ende nach DIN 78-K
u = unvollst. Gewinde = max. 2P Die Grenzlochleibungskraft VI,R,d ist
fz,k
= t · dSch · al ·
Schraube nach Scheibe nach γM
Ø dw
Mutter nach
DIN EN 14399-4 dSch Schaftdurchmesser der Schraube
h
a1 Faktor zur Ermittlung der Lochleibungsbeanspruch
Detail X Klemmlänge Σt m
barkeit, abhängig vom Lochbild
fy,k charakteristische Streckgrenze des Bauteilmaterials
Abb. 5 γM = 1,1 Teilsicherheitsbeiwert für den Widerstand
8.3 Konstruktionshinweise und Nachweise für Der Faktor a1 ist hierbei abhängig von der Geometrie
HV-Verbindungen nach DIN 18800-1 und des gesamten Schraubenanschlusses, insbesondere von
DIN EN 1993-1-8. den Abständen der Schrauben zu den Bauteilrändern
8.3.1 HV-Verbindungen nach DIN 18800-1 und untereinander. Zu Berechnungszwecken stehen hier
(2008) meist Tabellenwerke oder entsprechende Software zur
Die Bemessungswerte der Abscherbeanspruchung Va Verfügung.
dürfen die nach der DIN 18800-1:2008-11 Grenz
abscherkräfte Va,R,d nicht überschreiten. Für die Berechnung der Grenzzugkraft unter reiner Zugbe
lastung der Schrauben macht die DIN 18800-1 eine
Va
≤ 1 Die Grenzabscherkraft Va,R,d ist Fallunterscheidung. Aufgrund des Streckgrenzenverhält
Va,R,d
nisses der Festigkeitsklasse 10.9 ist für HV-Schrauben das
f
Va,R,d = A · τa,R,d = A · aa · u,b,k Versagen im Gewinde maßgeblich. Die Grenzzugkraft
γM
berechnet sich daher zu:
A Schaftquerschnitt Asch, wenn der glatte Schaft in der
ASp · fu,b,k
Scherfuge liegt. NR,d =
1,25 · γM
Spannungsquerschnitt ASp, wenn der Gewindeteil
ASp Spannungsquerschnitt
des Schaftes in der Scherfuge liegt.
fu,b,k für FK 10.9 = 1.000 N/mm²
aa 0,55 für HV-Schrauben der Festigkeitsklasse 10.9,
1,25 = Beiwert zur erhöhten Absicherung gegen
wenn der glatte Schaft in der Scherfuge liegt.
Zugfestigkeit
0,44 für HV-Schrauben der Festigkeitsklasse 10.9,
γM = 1,1
wenn der Gewindeteil in der Scherfuge liegt.
fu,b,k charakteristische Zugfestigkeit des Schraubenmateri
Wenn auf eine Schraube gleichzeitig eine Zug- und eine
als, bei HV-Schrauben:
Scherkraft einwirkt ist zusätzlich ein Interaktionsnachweis
1.000 N/mm²
gemäß den Vorgaben der DIN 18800-1 zu führen.
γM = 1,1 Teilsicherheitsbeiwert für den Widerstand
10
1809
Für gleitfeste Verbindungen (GV und GVP) dürfen im 8.3.2 HV-Verbindungen nach DIN EN 1993-1-8
Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit die Beanspru Die europäische Norm teilt die Schraubenverbindungen
chungen Vg die Grenzgleitkräfte Vg,R,d nicht überschreiten. gemäß Tabelle 3 ein und trifft eine grundsätzliche Unter
scheidung abhängig von der Richtung der äußeren Kraft.
Vg
≤1
Vg,R,d
Tab. 3
Die Grenzgleitkraft Vg,R,d ist Der Nachweis auf Lochleibung unterscheidet sich hier im
Ansatz vom Vorgehen nach der DIN 18 800-1 so dass
μ · Fv
Vg,R,d = , wenn keine äußere Zugkraft auf die eine Übertragung von Berechnungsergebnissen oder
(1,15 · γM)
Tabellenwerten nicht möglich ist. Hier ist eine Neube
HV-Schraube einwirkt,
rechnung gemäß den Vorgaben der DIN EN 1993-1-8
N erforderlich. In vielen Fällen ist die Beanspruchbarkeit
μ · Fv · (1 –
)
Fv nach der EN höher als nach DIN.
Vg,R,d = , wenn eine äußere Zugkraft auf
(1,15 · γM)
die HV-Schraube einwirkt. Der Nachweis auf Abscheren der Schrauben nach EN
unterscheidet sich nur geringfügig und ist vom theoreti
Dabei ist schen Ansatz her gleich aufgebaut. Wenn sich der Schaft
µ die Reibungszahl nach Vorbehandlung der Reib in der Scherfuge befindet sind die Beanspruchbarkeiten
flächen nach DIN 18800-7 annähernd gleich. Bei Gewinde in der Scherfuge sind sie
Fv die Vorspannkraft nach DIN 18800-7 gleich.
N die anteilig auf die Schraube entfallende Zugkraft
γM = 1,0 Für HV-Schrauben unter Zugbelastung in Schrauben
längsachse unterscheidet sich der Berechnungsansatz
Darüber hinaus ist für GV- und GVP-Verbindungen ein kaum von dem nach der DIN und die Ergebnisse sind
Tragsicherheitsnachweis wie für SL- und SLP-Verbindungen annähernd gleich.
zu führen.
Für den einfachen Fall gleitfester Verbindungen ohne
äußere Zugbelastung sind die Ansätze nach DIN und EN
ebenfalls ähnlich, allerdings muß an dieser Stelle auf ei
10
1810
nen bedeutsamen Unterschied eingegangen werden, der Schraubenverbindungen nach der DIN EN 1993-1-8,
auch Auswirkungen auf das anzuwendende Vorspann die nicht gleitfest vorgespannt werden mit dem für
verfahren hat. Schraubenverbindungen üblichen Drehmomentverfahren
vorgespannt werden dürfen. Die Montagewerte können
Die DIN EN 1993-1-8 sieht für gleitfeste Verbindungen der DIN 18800-7 entnommen werden und sind im Kapitel
(und nur für diese) ein höheres Vorspannkraftniveau vor 8.4 dargestellt.
als für vorgespannte HV-Verbindungen nach DIN 18
800-7 üblich. Die Vorspannkraft soll 70% der Zugfestig 8.4 Montage
keit der Schraube betragen: 8.4.1 Montage und Prüfung nach DIN 18 800-7
Fp,C = 0,7 fub AS Für das Vorspannen ist bevorzugt das Drehmomentverfah
ren anzuwenden. Die Regelvorspannkraft nach Tabelle 4
Dieses Vorspannkraftniveau ist auf Grund von Reibungs entspricht 70% der Schraubenstreckgrenze und wird
streuungen mit dem Drehmomentverfahren nicht mehr durch Aufbringen eines Anziehmomentes MA erzeugt.
sicher erreichbar, so dass hier alternative Verfahren Dabei ist das Anziehmoment für alle Oberflächenzustän
angewendet werden müssen, die den Einfluss der Reibung de der Verbindungselemente gleich.
verringern.
Schraubenverbindungen, die mit Hilfe des Drehmoment
Für alle Schraubenverbindungen allerdings, die nicht verfahrens vorgespannt wurden sind in recht einfacher
gleitfest berechnet werden und aus anderen Gründen vor Weise durch Aufbringen eines gegenüber dem Anzieh
gespannt werden sollen, wie zum Beispiel zur Erhöhung moment um 10% erhöhten Prüfdrehmomentes einer
der Ermüdungsfestigkeit ist auch ein niedrigeres Vorspann Überprüfung zugänglich.
kraftniveau Fp,C* zulässig. Dies kann beispielsweise das
Vorspannkraftniveau nach der DIN 18800-7 sein. Für nicht planmäßig vorgespannte Verbindungen werden
keine Überprüfungsmaßnahmen gefordert. Für planmäßig
Fp,C* = 0,7 fyb AS vorgespannte Verbindungen werden bei nicht vorwiegend
ruhend beanspruchten Verbindungen mindestens 10% der
D.h. die Vorspannkraft beträgt 70% der Schraubenstreck Garnituren des ausgeführten Anschlusses geprüft und bei
grenze. Das bedeutet, dass auch alle vorgespannten vorwiegend ruhend beanspruchten Verbindungen mindes
10
1811
tens 5% der Garnituren des ausgeführten Anschlusses (bei
Anschlüssen mit weniger als 20 Schrauben mindestens 2
Verbindungen bzw. 1 Verbindung). Die Garnitur ist nach
der Markierung (Lage der Mutter relativ zu Schrauben
schaft) von der Seite, von der aus angezogen wurde, zu
überprüfen.
Tabelle 5
10
1812
8.4.2 Montage nach DIN EN 1090-2 8.5 Besondere Hinweise bei der Verwendung
Für alle vorgespannten Verbindungen, die nicht gleitfest von HV-Garnituren
ausgelegt wurden ist die Vorspannung auf 70% der • HV- Schrauben, Muttern und Scheiben sind bei der
Schraubenstreckgrenze und damit das Drehmomentver Lagerung vor Korrosion und Verschmutzung zu schüt
fahren nach DIN 18800-7 ohne Einschränkung EN-kon zen.
form anwendbar. In den Fällen, in denen die Verbindung • Bei Vorspannen durch Drehen des Schraubenkopfes ist
gleitfest ausgelegt wurde, ist nach der DIN EN 1993-1-8 eine geeignete kopfseitige Schmierung aufzubringen
eine Vorspannung auf: und eine Verfahrensprüfung durchzuführen.
Fp,C = 0,7 fub AS • Wird eine vorgespannte Garnitur später gelöst ist sie
vorgesehen. Dies macht die Anwendung anderer Verfah auszubauen und durch eine neue zu ersetzen.
ren erforderlich, wobei hier das kombinierte Verfahren • Nach dem Anziehen muss das Schraubengewinde in
praktikabel erscheint. Dabei werden die Verbindungen mit der Regel einen vollständigen Gewindegang über die
einem Voranziehmoment angezogen, das vom Schrau Mutter hinausragen.
benhersteller empfohlen wird oder mit • Zum Ausgleich der Klemmlänge sind auf der Seite der
Mr,1 = 0,13 d Fp,C Garnitur, die nicht gedreht wird bis zu drei Scheiben
abgeschätzt werden kann wenn keine Hersteller mit einer Gesamtdicke von 12 mm zulässig.
empfehlung vorliegt. Danach werden die Verbindungen
um jeweils in der Norm festgelegte Weiterdrehwinkel
angezogen. Tabelle 6 gibt die Anziehparameter für das
kombinierte Verfahren nach DIN EN 1090-2 an.
Kombiniertes Verfahren
Maße M12 M16 M20 M22 M24 M27 M30 M36
Vorspannkraft Fp,C = 0,7 · fub ·AS [kN] 59 110 172 212 247 321 393 572
Voranziehmoment MA [Nm]1) 75 190 340 490 600 940 1240 2100
Weiterdrehwinkel bzw. -umdrehungsmaß für Klemmlänge Σt
Gesamtnenndicke „t“ der zu verbindenden Teile Weiterdrehwinkel Weiterumdrehungsmaß
(einschließlich aller Futterbleche und Scheiben)
d = Schraubendurchmesser
1 t < 2d 60 1/6
2 2d ≤ t ≤ 6d 90 1/4
3 6d ≤ t ≤ 10d 120 1/3
Anmerkung: Ist die Oberfläche unter dem Schraubenkopf oder der Mutter (unter Berücksichtigung von gegebenenfalls eingesetzten Keilscheiben) nicht senkrecht zur Schrauben
achse, sollte der erforderliche Weiterdrehwinkel durch Versuche bestimmt werden.
1)
beispielhafte Herstellerempfehlung
10
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