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TOXIKOLOGISCH ODER FORENSISCH WICHTIGE

PFLANZEN UND VEGETABILISCHE DROGEN


MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG

IHRER MIKROSKOPISCHEN VERHÄLTNISSE.

VON

DR . WILHELM MITLACHER,
PRIVATDOZENT FÜR PHARMAKOGNOSIE UND ASSISTENT
AM PHARMAKOLOG.-PHARMAKOGNOST. INSTITUTE DER K. K. UNIVERSITÄ'.r IN WIEN.

MIT 106 IN DEN TEXT GEDRUCKTEN ABBILDUNGEN.

-- ~_. -\-.
BIBLIOTHEK. i
HERZGGL
TECHN. HOC . H. SCHUUJ
f CAROLO-WIL "H.MINA
t BRAUNSCHWEIG.
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URBAN & SCHWARZENBERG
BERLIN WIEN
N., FRIEDRICHSTRASSE 105' I., MAXIMILIANSTRASSE 4
1904.

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Alle Rechte vorbehalt.en.

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Vorwort.

Unter den Aufgaben der Toxikologie und forensischen Me-


dizin ist bekanntlich die Führung des exakten Nachweises eines
Pflanzengiftes nach dem gewöhnlichen chemischen, pathologisch-
anatomischen oder physiologischen Untersuchungsvorgange unter
Umständen sehr schwierig.
Die ihrer Natur nach gewöhnlich leicht zersetzlichen Pflanzen-
gifte, besonders die Alkaloide und Glykoside, sind häufig schon
nach kurzer Zeit im Inhalte des Magendarmtraktes oder in den
Exkreten und Organen des vergifteten Körpers nur unter großen
Schwierigkeiten, oft überhaupt nicht mehr nachweisbar.
In .solchen Fällen kann die pharmakognostische Untersuchung
des vorhandenen Materiales von allergrößtem Vorteile sein. Sie
weist vor allem in bezüglich ihrer Provenienz unklaren Fällen
nach, ob die Vergiftung von einer Pflanze selbst, d. h. durch
Pflanzenteile hervorgerufen wurde, oder ob bei negativem Befunde
das Gift in Form irgend eines Präparates aus einer Pflanze in
den Organismus gelangt ist. Sie vermag aber auch in den meisten
Fällen die im Untersuchungsmateriale vorhandenen Pflanzenteile
noch mit Sicherheit auf ihre Stammpflanze zurnckzuführen, wenn
diese äußerlich bereits vollkommen unkenntlich, zerkaut, maceriert
oder gepulvert vorliegen.
Auf diese Weise ist die pharmakognostische Untersuchung
in Fällen von Intoxikationen durch Teile giftiger Pflanzen eine
sehr wesentliche Stütze des Chemikers, der durch sie auf dem
kürzesten Wege Anhaltspunkte erhält, in welcher Richtung er zu
untersuchen hat, um den Giftkörper darzustellen oder seine Reak-
tionen zu prüfen.
a*

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IV Vorwort.

Tr:otz dieser in die Augen springenden Vorteile der pharma-


kognostischen Untersuchung ist im allgemeinen diese Methode
sehr wenig benutzt, indem sich in den toxikologischen Lehrbüchern
gewöhnlich gar keine oder doch nur so geringe Hinweise auf die
anatomischen Verhältnisse der betreffenden Giftpflanzen vorfinden,
daß darauf ein eingehender exakter Nachweis nicht zu gründen ist.
Auch die zahlreichen, größtenteils populär geschriebenen Bücher
über Giftpflanzen berücksichtigen ausschließlich die mit freiem Auge
oder höchstens mit der Lupe sichtbaren morphologischen Verhältnisse
derselben und sind aus diesem Grunde für den praktischen Toxi-
kologen, dem ja gewöhnlich ein äußerlich sehr verändertes Mate-
riale, fast niemals die ganze Pflanze zur Untersuchung vorliegt,
von geringem Werte.
Hingegen ist durch die gemeinsame Arbeit der Pharma-
kognosten und Botaniker die mikroskopische Untersuchung der
Pflanzenwelt und besonders der medizinalen Pflanzen heute schon
derart vorgeschritten, daß diese Methode sich bezüglich ihrer prak-
tischen Bedeutung der chemischen Untersuchungsmethode in den
für sie passenden Fällen vollkommen gleichwertig zur Seite stellen
kann.
Da in den pharmakognostischen Lehrbüchern gewöhnlich
nur die giftigen Pflanzen oder Drogen besprochen sind, welche
medizinal benutzt werden, und eine zusammenfassende Darstellung
der für die Toxikologie oder die gerichtliche Medizin wichtigen
Pflanzen mit besm:i.derer Berücksichtigung ihrer anatomischen Ver-
hältnisse meines Wissens noch nie veröffentlicht wurde, unternahm
ich es, eine derartige Zusammenstellung auszuarbeiten, in der
Hoffnung, durch diese der pharmakognostischen Untersuchungs-
methode in der praktischen Toxikologie mehr Geltung zu schaffen.
Bei der ungemein großen Anzahl der physiologisch wirk-
samen Pflanzen mußte in der Auswahl des Stoffes mit großer Be-
schränkung vorgegangen werden, um nicht den Umfang dieser Arbeit
zu sehr anwachsen zu lassen. Daher werden im speziellen Teile
hauptsächlich nur jene Pflanzen und Drogen besprochen, welche
für Deutschland und Österreich toxikologisch oder forensisch von
Bedeutung sind. Ferner konnten im allgemeinen nur solche Pflanzen
berücksichtigt werden, die bisher tatsächlich zu Vergiftungen ge-
führt haben, oder zu verbrecherischen oder kurpfuscherischen
Zwecken (Abortus etc.) benutzt wurden, während die enorme Zahl
der Pflanzen, in welchen nur auf chemischem oder experimentellem

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Vorwort. v
Wege' Giftstoffe gefunden wurden oder die als reine Medizinal-
pflanzen anzusehen sind, von der Besprechung ausgeschieden
wurden, denn diese gehören in das Gebiet der allgemeinen Phar-
makognosie.
Von unschädlichen Pflanzen mußten manche wegen ihrer
forensischen Bedeutung aufgenommen werden.
Die botanische, chemische und toxikologische Literatur über
das abgehandelte Materiale wurde nach Tunlichkeit bei der Be-
sprechung der einzelnen Pflanzen berücksichtigt, .soweit es dem
Zweck der vorliegenden Arbeit entspricht. In der systematischen
Beschreibung der Pflanzen wurden die Werke von Thome, Neilreich
und Garl Müller hauptsächlich herangezogen. Die toxikologische
Kasuistik, sowie die Chemie werden nur im allgemeinen, soweit sie
für die Untersuchungen praktisch von Wichtigkeit sind, erwähnt,
da diese in den toxikologischen und chemischen Lehr- und Hand-
büchern ohnehin genügend besprochen werden. Von der bildlichen
Wiedergabe der botanisch-systematischen Verhältnisse der' be-
sprochenen Pflanzen mußte ich Abstand nehmen, da hierdurch
die Kosten des Buches zu sehr gesteigert worden wären. Im Hin-
blicke darauf, daß eine große Anzahl von Werken vorhanden sind,
in welchen die Giftpflanzen abgebildet sind, erschien mir zudem
eine Reproduktion derselben auch in diesem Werke überflüssig.
Ein Verzeichnis der bei der Abfassung benutzten Literatur
findet sich am Schlusse der Abhandlung.
Bevor ich an die eigentliche Besprechung des Materiales
schreite, fuhle ich mich verpflichtet, meinem verehrten gütigen Chef,
Herrn Hofrat A. v. Vogl, für seine' Anregung zu dieser Arbeit und
seine in jeder Hinsicht wertvolle und tatkräftige Förderung der-
selben meinen wärmsten und innigsten Dank abzustatten.
Eine große Anzahl der in diesem Buche wiedergegebenen
Abbildungen entstammt seinem phannakognostischen Atlas.
Zugleich danke ich auch ergebenst Herrn Prof. A. Tschirch
für die gütige Erlaubnis, eine Anzahl der in seiner "Angewandten
Anatomie des Pflanzenreiches" erschienenen Abbildungen verwenden
zu dürfen.
Wien, im März 1904.
W. MitIacher.

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Inhaltsverzeichnis.
Die aus differentialdiagnostischen und anderen Rücksichten besprochenen Pflanzen
und Drogen sind hier nicht separat angeführt.

Seite
Vorwort . . . . . . . . . . III
Allgemeine Vorbemerknngen. X
Präparation XI
Reagenzien XIV
Mikrochemie . XVII
Pulveruntersuchung und Maceration XIX
Literatur ......... . . XXI

I. Kryptogame Pflanzen.
Fungi (Pilze).
1. Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum 1
Anatomie . . . . . . . . . 1
2. Giftpilze. . . . . . . . . . . . . 5
Tabellarische Übersicht.
1. Hautpilze, Hymenomycetes 5
1I. S eh ei benpilze, Dys comycete s 8
IU. Knollenpilze, Tuberaceae . . 8
Verwechslungen mit giftigen oder für giftig gehaltenen
Pilzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

ll. Phanerogame Pflanzen.


A. Gymnospermae.
3. Taxus baccata L., Eibe, Eibenbaum, Taxus. 10
Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . 11
Anatomie der Samen . . . . . . . . . . 14
4. Juniperus Sabina L., Sevenbaum, Sadebaum . 16
Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . . 17
5. Thuja occidentalis L. und Biota orientalis L. (Lebensbaum) 19
Anatomie der Blätter. ......... . 20

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Inhaltsverzeichnis. VII
B. Angiospermae.
Seite
a) Monocotyle Pflanzen . . . . . 21
6. Lolium temulentum L., Taumellolch, Schwindelhafer 22
Anatomie der Früchte . . . . . . 23
7. Arum maculatum L., gefleckter Aronsstab 27
Anatomie der WurzelknolIen . . . . . . 28
8. Colchicum autumnale L., Herbstzeitlose. 30
Anatomie der Blätter. . . . 32
Anatomie der Wurzelknollen . . . . . . 33
Anatomie der Samen. . . . . . . . . 33
9. Veratrum album L., weißer Germer, weiße Nieswurz 37
Anatomie des Wurzelstocks . . . . . . . . . 38
Anatomie der Nebenwurzeln . . . . . . . . . 40
10. Tamus (Thamnus) communis L., Schmerwurz. 42
Anatomie der Früchte und Samen 43
11. Safran (Cl'ocus) 45
Anatomie . . . . . . 47

b) Dicotyle Pflanzen 47
12. Asarum EUl'opaeum L., Haselwurz 48
Anatomie des Wurzelstocks 49
Anatomie der Blätter. . . . . . 49
13. Aristolochia Clematidis L., Osterluzei, Wolfskraut 50
Anatomie des Wurzelstocks . . . . . 51
Anatomie des Wurzelstocks von Aristolochia longa und rotunda . 53
Anatomie der Blätter. . . . . . . . ........ 54
14. Illicium l'eligiosum Sieb. et Zucc., japanischer oder giftiger
Sternanis . . . . . . . . . . . . . . 55
Vergleichende Anatomie der Früchte von Illicium religiosum und
I. verum . . . . . . . 57
15. Nux moschata, Muskatnuß . . 61
Anatomie . . . . . . . . . 61
16. lIelleborus viridis L., grüne Nieswurz 63
Anatomie des Wurzelstocks 64
Anatomie der NebenwurzeIn . . . . . 65
Anatomie der Blätter. . . . . . . . 67
17. Aconitum Napellus L., blauer Sturmhut. 67
Anatomie der Wurzelknollen . . . . . . 70
Anatomie der Blätter. . . . . . . . . 74
18. Delphinillm Staphysagria L., Stephans- oder Läusekraut 74
Anatomie der Samen. . . . . . . . . . . 75
Giftige Ranunculaceen . . . . . . . . . 77
19. Kockelskörner (Cocculi Indici, Fructus Cocculi) 77
Anatomie . . . . . . . . . . . . . 79
20. Opium und Mohnfrüchte . . . . . . 81
Anatomie der Fruchtschale des Mohns. .83
Mikroskopie des Opiums 85

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VIII Inhaltsverzeichnis.

Seite
21. Jecquirity·Samen, Paternostersamen, Semen Abri precatorii 86
Anatomie. . . . . . . . . . . 87
22. Cytisus Laburnum L., Goldregen . 90
Anatomie der Samen . 92
Anatomie der Blüten . 95
Anatomie der Blätter . 96
Giftige Leguminosen 98
23. Ruta graveolens L., Weinraute. 98
Anatomie der Blätter. . . . . 99
Anatomie der Blumenblätter . . .100
Anatomie der Früchte und Samen .100
24. Crotonsamen, Purgierkörner .100
Anatomie . . .102
25. Rieinussamen .103
Anatomie . . .104
26. Euphorbia Lathyris L., kreuzblätterige Wolfsmilch. .106
Anatomie der Samen. . . . .106
27. Rbus toxieodendron Miehx., Giftsumach . . . . . .106
Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . . . . . .107
Giftige und ungiftige Sumach-Arten und Primulaceen .108
28. Daphne Mezereum L., Kellerhlils, Seidelbast .109
Anatomie der Früchte . . . . , . . .110
Anatomie der Blätter. . . . . . . . . . . .113
Anatomie des Stengels und der Rinde. . . . .113
29. Daphne Laureola L., Immergrüner Seidelbast .115
Anatomie der Blätter. . . . . . . .115
30. Conium maeulatum L., der gefleckte Schierling .115
Anatomie der Blätter. .118
Anatomie des Stengels .119
Anatomie der Wurzel. .120
Anatomie der Früchte .122
31. Cieuta virosa L., Wasserschierling .127
Anatomie der Blätter. . . .128
Anatomie des Wurzelstocks . .129
Anatomie der Früchte .130
32. Strychnossamen, Krähenaugen, Brechnüsse . .131
Anatomie der Samen. . . . . . . . . . .132
Anatomie der Strychnosrinde und Angosturarinde .136
33. Nerium Oleander L., Oleanderbaum . .136
Anatomie der Blätter. . . . . . . . . ,',' . . .137

Hyoscyamin· bzw. atropinhaltige Solanaceen .139


34. Atropa Belladonna L., Tollkirsche .140
Anatomie der Blätter. . . . . . .141
Anatomie der Früchte und Samen .143
Anatomie der Wurzel. . . . . . .145

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Inhaltsverzeichnis. IX
Seite
35. Hyoscyamns niger L., Schwarzes Bilsenkraut .148
Anatomie der Blätter. . . . . . . . .149
Anatomie der Samen. . . . . . . . .149
36. Datllra Strammonillm L., Stechapfel . .153
Anatomie der Blätter. . . . . . . . .153
Anatomie der Samen. . . . . . . . .156
37. Solanum nigrum L., Schwarzer Nachtschatten .158
Anatomie der Früchte und Samen . . . . . .159
38. Solanum Dulcamara L., Bittersüßer Nachtschatten .160
Anatomie der Früchte und Samen .160
39. Tabak, Folia Nicotianae .162
Anatomie der Blätter. . .162

Asthmapräparate . .163
40. Indischer Hanf, Cannabis sativa L .. .164
Anatomie des Krautes . . . . . . .164
41. Lobelia inllata L., Lobelienkraut . . .167
Anatomie der Blätter, Früchte und Samen .167
42. Digitalis pnrpnrea L., Roter Fingerhut .169
Anatomie der Blätter. . . . . . . .169
43. Gratiola officinalis L., Gnadenkraut .171
Anatomie der Blätter. . . . . . . .172
Anatomie der Früchte und Samen . .173
Anatomie des Stengels und Wurzelstocks . 174
44. Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe, Teufels-
kirsche . . . . . . . . . 175
Anatomie der Früchte . . . . . . . . . .176
Anatomie der Wurzel. . . . . . . . . . .179
45. Citrnllus Colocynthis Schrad., Coloquinte .182
Anatomie der Früchte . . . . . . . . . .183
46. Artemisia Cina Berg., Wurmsamen, Zittwersamen .186
Anatomie der Hüllkelchblätter. . . . '. . . .187
47. Tanacetnm yulgare L., Rainfarn, Wurmkraut .189
Anatomie der Blätter. . . .191

Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

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Allgemeine Vorbemerkungen.

Die mikroskopische Untersuchung der Pflanzen und Drogen


ist heute die Grundlage der modernen Pharmakognosie und ihre
Anwendung setzt daher die allgemeinen Kenntnisse aus der Anatomie
und Physiologie der Pflanzenwelt voraus.
Da eine große Anzahl vortrefflicher Werke über dieses Gebiet
vorhanden ist, aus welchen sich der in diesem Gebiete Unbe-
wanderte zu informieren imstande ist (vgl. Literaturverzeichnis)
würde eine mehr oder weniger ausführliche Wiederholung der
allgemeinen Pflanzenanatomie in diesem Buche dasselbe un-
nötigerweise über Gebühr vergrößern, ohne dem Leser wesent-
licheren Nutzen zu gewähren, als er durch das Studium jener
Werke erlangen kann ..
Ebenso muß bei einem Buche, welches sich an naturwissen-
schaftlich geschulte Leser richtet, die Kenntnis der gewöhnlichen
Methoden der mikroskopischen Technik vorausgesetzt werden
und so seien hier die für die pharmakognostische Untersuchung
des Materiales anzuwendenden Methoden nur in kurzen Worten
besprochen.
Das Untersuchungsmateriale kann sehr verschiedener Art
sein. Entweder handelt es sich um ein äußerlich noch wenig ver-
ändertes Materiale, z. B. eine Pflanze, von welcher der Vergiftete
erwiesenermaßen genossen hat, oder bei dem Vergifteten aufge-
fundene oder von ihm als Ursache der Vergiftung bezeichnete
Bestandteile einer Pflanze (Wurzeln, Blätter, Früchte etc.) , die
wenigstens äußerlich noch als Pflanzenbestandteile diagnostiziert
werden können, oder es ist ein Untersuchungsmateriale vor-
handen, das äußerlich vollkommen unkenntlich ist, z. B. ein

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Allgemeine Vorbemerkungen. XI

Pulver, . ein klein zerschnittenes Teegemisch oder endlich ein


durch Sedimentierung aus dem Magen- oder Darminhalt gewonnenes
Gemenge.
In den allermeisten Fällen wird eine Bestimmung nach der
in der botanischen Systematik üblichen Methode deshalb nicht
möglich sein, weil hierzu die ganze Pflanze nötig ist, und so er-
weist sich die mikroskopische Untersuchung von Anfang an als
der einzige Weg, der zum Ziele führt. Leider ist die anatomische
Forschung heute noch nicht zu einer anatomischen Systematik
gediehen, die mit derselben Genauigkeit arbeiten könnte, wie es
die morphologische Systematik tut, und es setzt daher dIe Anwendung
der mikroskopischen Methode bedeutend mehr an speziellen Kennt-
nissen und Erinnerungsbildern voraus als die systematische, nach
welcher sich mit Hilfe eines analytischen Schlüssels selbst der
Ungeübte bald zurechtfindet.
Der Untersuchungsvorgang richtet sich natürlich ganz nach
der Beschaffenheit des Materiales. Unveränderte oder nur grob
zerschnittene Pflanzenteile können leicht bezüglich ihrer morpho-
logischen Abstammung erkannt und an daraus hergestellten
Schnitten bestimmt werden.
Sehr schwierig ist im Verhältnisse zu dieser relativ einfachen
Untersuchung die Diagnostizierung pulverförmiger oder macerierter
EleJIlente, speziell wenn es sich um Gemenge handelt, wie sie
sich ja z. B. im Magen und Darmtrakte eines Vergifteten mit den
Teilen genossener Nahrungsmittel regelmäßig vorfinden.
So ist für die Erforschung des aus dem Magen oder Darm-
trakte gewonnenen Untersuchungsmateriales die Kenntnis der ana-
tomischen Verhältnisse wenigstens der wichtigeren Nahrungspflanzen
eine notwendige Vorbedingung, da hierdurch der Beobachter vor
vielen Irrtümern bewahrt bleibt.
Diese Kenntnis ist wohl bei Ärzten, die sich der Aufgabe,
Stühle etc. zu untersuchen, häufig unterziehen müssen, ziemlich
verbreitet und es existieren zudem einige sehr eingehende Hand-
und Lehrbücher über diesen Gegenstand, von denen dasjenige von
A.v. Vogl (vgl. Literaturverzeichnis) diesen Gegenstand besonders
eingehend und erschöpfend behandelt.
Die Präparation ist im allgemeinen sehr einfach und bedarf
keiner umständlichen Vorbereitungen. Außer einem Mikroskop
sind zur Präparation unbedingt nötig: Ein Rasiermesser, das wenig-
stens an der Unterseite flach geschliffen ist, zwei Präpariernadeln,

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XII Allgemeine Vorbemerkungen.

eine anatomische Pinzette mit gl at t e n Branchen, ein gröberes


und ein feineres Skalpell und eine chirurgische Schere, daneben
mehrere kleine Schälchen und Uhrgläser, die zum Aufbewahren de~
Schnitte, Färben etc. benutzt werden.
Die Präparation besteht bei gut erhaltenem Materiale in der
Anfertigung von Schnitten, eventuell von Macerationspräparaten.
Frische Pflanzenteile werden gewöhnlich ohne weitere Vorbehandlung
geschnitten, oder, wenn sie sehr hart sind, zuerst in warmem Wasser
erweicht.
Mit trockenen Pflanzenteilen geschieht das Erweichen, be-
stimmte Fälle ausgenommen, regelmäßig.
Man klemmt die Pflanzenteile zwischen zwei Stückehen käuf-
lichen Hollundermarks, oder bei härteren Objekten zwischen zwei
Korkstöpsel (für sehr kleine Objekte (Samen etc.) empfiehlt sich
Einbetten in Paraffin etc.) und fertigt dann durch ein ziehendes
Schneiden möglichst feine Schnitte an.
Hierzu verwendet man am besten das Rasiermesser. Ein
Mikrotom ist allerdings für die Ausführung von Schnitten, besonders
von Serienschnitten, ein sehr brauchbares Instrument, doch leistet
das Rasiermesser, wenn man einmal die nötige Fertigkeit erlangt
hat, ganz dieselben Dienste und i:;t sogar bei hartem Materiale
dem Mikrotom vorzuziehen.
Sehr weiche Objekte muß man vor dem Schneiden in ab-
soluten Alkohol längere Zeit einlegen. Dasselbe gilt für Materiale,
das in Wasser zu stark aufquellen oder sich sonstwie verändern
könnte (Schleimgewebe etc.).
Die erhaltenen Schnitte werden in Wasser oder Alkohol zur
weiteren Untersuchung aufbewahrt.
Man fertige sich stets eine größere Anzahl von Schnitten an.
Bei Blättern und Blütenteilen geht man so vor, daß man das
Blatt nach dem Aufweichen parallel zu den größeren Nerven in
zirka 1 cm breite Lamellen schneidet, diese übereinander legt und
nun das ganze Paket schneidet. Dadurch erhält man mit jedem
Zuge des Messers gleich eine größere Anzahl von Schnitten, aus
welchen man sich mit Hilfe der Lupe oder des Präpariermikroskops
die besten leicht heraussuchen kann.
Auch kleinere Stengel und Samen schneidet man am besten,
indem man gleich mehrere nebeneinander einklemmt. Von Blättern
sind besonders auch Flächenpräparate der Epidermis von Wichtig-
keit für die Diagnose. Man fertigt diese an, indem man das auf-

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Allgemeine Vorbemerkungen. XIII

geweichte Blatt über den Zeigefinger der linken Hand oder ein
plattes Korkstückehen glatt spannt, es mit dem Mittelfinger und
Daumen fest fixiert und nun parallel zur Oberfläche einen kleinen
Schnitt ausführt, den man dann mit der Pinzette abhebt, wobei man,
wenn man recht vorsichtig in der Richtung des Schnittes den-
selben vom Blatte abzieht, gewöhnlich eine größere Partie der
Epidermis als feines, sich leicht zusammenrollendes Häutchen ab-
hebt. Bei frischen Blättern, die man ohne Aufweichen schneidet,
gelingt diese isolierte Präparation der Epidermis sehr leicht.
Bei Blattfragmenten , die infolge ihrer Kleinheit die Aus-
führung von Flächenschnitten unmöglich machen, kann man bei
Anwendung starker Aufhellungsmittel nach Erwärmen die Blatt-
lamina in toto untersuchen und sieht auch dann, wenngleich
etwas undeutlicher, die Epidermis im Flächenbilde.
Rinden, Wnrzeln und Stengel beobachtet man an Quer- und
Längsschnitten. Diese führt man in radialer Richtung von der
Außenseite nach innen und in tangentialer Richtung parallel znr
Oberfläche in verschiedenen Schichten aus.
Erst die vergleichende Beobachtung aller drei
Schnitte (Quer-, Radial- und Tangentialschnitt) gibt ein
richtiges Bild von der Anatomie einer Rinde oder einer
Wurzel.
Früchte und Samen erfordern eine besondere Präparation,
die sich ganz nach den speziellen Verhältnissen des Objektes
richtet. Früchte mit sehr weichem saftigen Fruchtfleische muß
man vor dem Schneiden in Alkohol härten.
Die einzelnen, an Quer- und Längsschnitten leicht darstell-
baren Schichten der Fruchtwand (Perikarp), Außenschicht (Epikarp),
Mittelschicht (Mesokarp) und Innenschicht (Endokarp), müssen
dnrch Tangentialschnitte , die man in der entsprechenden Region
ausführt, auch zur Flächenansicht gebracht werden.
Dasselbe gilt für Samen. Hier ist es außer den gewöhnlichen
senkrecht zur Achse des Keimes bezw. Samens und parallel hierzu
geführten Schnitten besonders wichtig, die einzelnen sich häufig
leicht voneinander trennenden Schichten mit dem Messer oder der
Pinzette isoliert znr Flächenansicht zu bringen.
Den Eiweißkörper , sofern einer vorhanden ist, und den
Keimling schneidet man gewöhnlich für sich, da er sich leicht
von der Testa trennen läßt und zudem eine abweichende Behand-
lung in chemischer Hinsicht meist erfordert.

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XIV Allgemeine Vorbemerkungen.

Zur Untersuchung sind folgende Reagenzien in Stiftfläschchen


unbedingt erforderlich:
1. destilliertes Wasser; 2. absoluter Alkohol; 3 . .Äther; 4. con-
zentrierte Lösung von Kalimnhydroxyd in W asser (Kalilauge);
5.conzentrierte wässerige Lösung von Chloralhydrat (5 : 2 Aq. dest:);
6. Jodsolution (1 Teil Jodkalium, 1 Teil Jod, 100 Aq. dest.); 7. Jod-
glyzerin; 8. Chlorzinkjodlösung (Lösung von metallischem Zink in
Salzsäure, eindampfen bis zur Sirupkonsistenz, darin Jodkalium bis
zur Sättigung aufzulösen und der Lösung noch reines Jod zuzu-
setzen); 9. Eisenchloridlösung (Liquor ferri sesquichlorati 1: 5 Aq.
dest.); 10. Oliven- oder Mandelöl; 11. Glyzerin; 12. chlorsaures
Kalium in Substanz; 13. conzentrierte Schwefelsäure; 14. Salzsäure
und 15. Salpetersäure.
Färbemittel: 16. Cochenillelösung (fein gepulverte Cochenille
wird mit zirka acht Teilen Wasser in der Eprouvette durchgeschüttelt
und filtriert; um Zersetzung zu hindern, fügt man dem Filtrat einige
Tropfen Karbolsäure zu, A. v. Vogl); 17. Cochenilleglyzerin (Mischung
der Cochenillelösung mit Glyzerin); 18. Fuchsinlösung und Saffranin-
lösung (1: 100 Aq. desto oder Alkoh.); 19. Naphtylenblaulösung (0'1
N aphtylenblau, 400'0 Aq. dest., 100'0 Alkohol ab sol. ); 20. Phloroglucin-
lösung (1-5üfo mit Aq. desto od. Alkoh.); 21. Alkannatinktur (ausschüt-
teln von Radix Alkannae mit conzentriertem Alkohol und filtrieren).
Die Untersuchung der Schnitte erfolgt in der gewöhnlichen
Weise, indem man hierzu dieselben auf den Objektträger in einen
Tropfen des betreffenden Reagenz einlegt und mit dem Deckglase
bedeckt. Grundsätzlich untersucht man jeden Schnitt zuerst in
Wasser oder Glyzerin, um die Art der Zelleinschlüsse (Stärke,
Chlorophyll, Fett, Harz etc.) festzustellen.
Die Stärke kann man durch Zusatz einer Spur der Jod-
solution (6) schön blau färben. In dem Wasserpräparate erzeugt
man durch Zufließenlassen von Eisenchlorid eventuell die Reaktion
auf Gerbsäuren (Blau- oder Grünfärbung).
Zur Authellung der Schnitte verwendet man,' wenn dieselben
nicht schon in Wasser deutlich ihre Struktur erkennen lassen,
Kalilauge (4) oder Chloralhydrat (5), indem man je nach den
speziellen Verhältnissen des Objektes oder Schnittes die con-
zentrierte Lösung verwendet oder diese auf dem Objektträger mit
Wasser entsprechend verdünnt.
Kalilauge bewirkt eine vollkommene Quellung und Lösung
der Stärke, die ganz verschwindet, die Zellmembranen quellen

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Allgemeine Vorbemerkungen. XV

oft sehr stark auf und werden durchsichtiger, Fette werden ver-
seift. Das Chlorophyll nimmt eine grüngelbe bis bräunliche Farbe
an, wobei die Körner selbst zerstört werden. Viele Farbstoffe in
den Zellmembranen und im Inhalte werden gelöst, wodurch haupt-
sächlich die Schnitte gut durchsichtig werden. Es eignet sich daher
Kalilauge hauptsächlich für Schnitte aus stark tingierten Objekten
(Rinden, Samentesta, Früchte etc.), besonders wenn die Schnitte
etwas dicker sind.
Durch Erwärmen in diesem Reagenz wird. die Aufhellung
noch stärker, doch quellen hierbei die meisten Zellen sehr stark
und oft unregelmäßig auf (z. B. Bastfasern, Grundparenchym der
Wurzeln etc.), was mitunter recht störend wirkt. Zum Vergleiche
ist daher stets das Wasserpräparat heranzuziehen. Kalilauge ist
auch sehr gut für Macerationspräparate (s. d.) verwendbar.
Chloralhydrat bewirkt gleichfalls eine starke Aufhellung der
Zellmembranen unter geringerer Quellung. Das Amylum wird voll-
kommen unsichtbar, wird aber, wenn man die Präparate hinter-
her mit Wasser auswäscht, wieder in gequollenem Zustande
sichtbar. Vorteilhaft ist bei stärkehaltigen Schnitten auch die
Verwendung einer Mischung von Chloralhydrat und Jod, wobei
die Stärke unter Aufquellen sich blau färbt und die Schnitte
zugleich gut aufgehellt werden. Durch Erwärmen wird die Auf-
hellung sehr befördert, bei zartwandigen Zellen oft so sehr, daß
die Membranen fast unsichtbar werden. Chlorophyll wird voll-
kommen zerstört, ebenso sehr viele andere Farbstoffe der Zellen
gelöst. Im allgemeinen wirkt bezüglich dieser aber Kalilauge
stärker.
Schichtungen und feinere Strukturverhältnisse werden durch
Kalilauge deutlicher als durch Chloral.
In vielen Fällen genügt zur Aufhellung das Einlegen der
Schnitte in Glyzerin und nachheriges Erwärmen derselben. Das
Erwärmen (zum Sieden) ist zur Entfernung der in vielen Zellen
vorhandenen Luft überhaupt sehr häufig notwendig. Hierbei ver-
quillt die Stärke auch in Wasser und Glyzerinpräparaten und es
lösen sich einige Inhaltsstoffe. Die Zellwände verändern sich
hierbei wenig mit Ausnahme schleimiger Membranen.
Es empfiehlt sich, an stark lufthaltigen Schnitten die Ent-
fernung der Luft zuerst durch Erwärmen in Wasser vorzunehmen
und dann erst das Aufhellungsreagenz hinzuzufügen oder den
Schnitt in dieses direkt einzulegen.

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XVI Allgemeine Vorbemerkungen.

Die Luft kann bei subtileren Präparaten auch dadurch


entfernt werden, daß man die Schnitte in Wasser etc. auf dem
Objektträger ohne Deckglas unter den Rezipienten einer Luft-
pumpe bringt.
Die Untersuchung in öl oder ganz reinem Glyzerin ist für
solche Schnitte notwendig, in welchen man das Aleuron beob-
achten will, denn die Aleuronkörner zerfallen fast ausnahmslos
schon auf Zusatz von Wasser.
Diese Schnitte dürfen auch nicht aus in Wasser erweichten
Objekten hergestellt werden. Die Kristalloide in.den Aleuronkörnern
werden am deutlichsten durch Einlegen der Schnitte in Jodsolution
oder Cochenillelösung. Durch absoluten Alkohol können die Aleu-
ronkörner fixiert werden und vertragen dann gewöhnlich auch
den Zusatz von Wasser oder wässeriger Farbstofflösungen.
Von diesen ist außer Cochenille besonders Naphtylenblau-
glyzerin für Eiweißkörper , aber auch Fette etc. ein sehr gutes
Färbemittel, indem es diese nach längerer Zeit violettrot färbt.
Da die Zellmembranen zugleich blau werden, erhält man auf
diese Weise durch ein und dasselbe Färbemittel sehr instruktive
Doppelfarbungen.
Färbungen sind in den meisten Fällen überhaupt von großem
Yorteile, da sie die anatomischen Verhältnisse viel deutlicher
hervortreten lassen.
Von den derzeit in großer Menge käuflichen mikroskopischen
Färbemitteln ist besonders das Fuchsin (18) neben den bereits er-
wähnten Farbstoffen gut brauchbar.
Man färbt die Schnitte, indem man sie direkt in die sehr
verdünnte Farbstofflösung legt und darauf mit Wasser auswäscht.
Sind die Schnitte mit Kalilauge behandelt worden, so muß diese
zuerst mit Essigsäure neutralisiert werden, worauf man noch das
Präparat vor der Tinktion in Wasser. auswäscht.
Alkannatinktur dient besonders zum Nachweise von fetten
ölen, die sich dadurch intensiv rot färben, während die unver-
holzten Zellmembranen den Farbstoff nur schwach oder gar nicht
annehmen. Zum Nachweise von Fetten kann auch Osmiumsäure
verwendet werden, welche dieselben tiefbraun bis schwarz farbt.
Dauerpräparate stellt man am besten mitte1st Glyzerin oder Glyzerin-
gelatine dar. Nach einiger Zeit schließt man das Präparat mit
einem der im Handel erhältlichen Einschlußmittel (Asphaltlack etc.)
ein, worauf es sich jahrelang aufbewahren läßt.

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Allgemeine Vorbemerkungen. XVII

Mikrochemie.
Die Mikrochemie ist heute bereits zu ziemlicher Bedeutung
gelangt. Wenn ihr auch keineswegs bis jetit in diagnostischer
Hinsicht eine sehr hervorragende Rolle zuzusprechen ist, so besitzt
sie doch in Fragen physiologischer und anatomischer Natur großen
Wert, ist 'also von eminent wissenschaftlichem Interesse.
Sie ist in den hier zur Besprechung kommenden Fällen einer-
seits für die Untersuchung der chemischen Verhältnisse der Zell-
wände (Cellulose, Verholzung) etc., die oft diagnostisch von Be-
deutung sind, wichtig, andererseits für den Nachweis von Alka-
loiden, Glykosiden etc. im Zellinhalte verschiedener Gewebe unserer
Giftpflanzen von Wert.
Bezüglich des letzterwähnten Nachweises sind allerdings die
gewonnenen Resultate - Niederschläge und Farbenreaktionen :..-.
mit einiger Vorsicht zu beurteilen.
Einerseits ist eine Reihe der für den Nachweis dieser Gift-
stoffe gültigen Reaktionen bei ihrer Anwendung- an pflanzlichen
Objekten nicht allein für diese beweisend, da viele darin vor-
handene Stoffe anderer chemischer Natur, ähnliche Reaktionen geben
können (z. B. Eiweißkörper), andererseits sind die Giftpflanzen in
ihrem Giftgehalte überhaupt schwankend, indem diesbezüglich
Standort, Kultur und Entwicklungsperiode der Pflanzen eine wichtige
Rolle spielen.
Pflanzenteile, die längere Zeit bereits im Darmtrakte eines
damit vergifteten Organismus geweilt haben, sind natiirlich ihres
Gehaltes an Giftstoffen größtenteils beraubt, so daß die Ausführung
mikrochemischer Reaktionen schon im vorhinein wenig Aussicht
auf Erfolg gibt. Dasselbe gilt für solche, aus denen irgend ein
Präparat, Infusum, Tinktur etc. hergestellt wurde.
Zur Prüfung mikrochemischer Reaktionen ist daher ein Ma-
terial zu verwenden, welches keine Veränderungen chemischer
Natur erlitten hat und möglichst frisch ist.
Auch das Aufweichen' der Pflanzenteile ist für diesen Zweck
nicht zu empfehlen und man schneidet diese am besten trocken.
Die Schnitte werden direkt in das betreffende Reagenz eingelegt.
Um ähnliche Reaktionen ungiftiger Pflanzenstoffe auszuscheiden,
empfiehlt es sich auch nach dem Vorschlage von Errera mit den
Reaktionen der direkt mit dem Reagenz untersuchten Schnitte
130lche zu vergleichen, die man mit Schnitten ausfuhrt, denen das
Alkaloid entzogen wurde.
Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtjge Pflanzen etc. b

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XYIll Allgemeine Y orbemerkungen.

Die ersteren werden mit +, die letzteren mit - bezeichnet.


Man stellt - Schnitte dar, indem man diese bis zwei Tage lang
in mit Weinsäure angesäuerten Alkohol (1 : 20) legt und hierauf
einen Tag in Wasser läßt, um den Alkohol und die überschüssige
Säure wieder zu entfernen.
Der Vergleich der mit demselben Reagenz behandelten +
und - Schnitte lehrt dann, ob die Reaktion allein dem Alkaloid
oder auch anderen Stoffen zuzuschreiben ist.
Die Reagenzien für die mikrochemische Untersuchung auf
Alkaloide etc. sind dieselben wie bei der gewöhnlichen chemischen,
so daß ich sie hier nur kurz nach den Werke von Schmidt an-
führe, das ja den auf toxikologischen Gebieten Arbeitenden ohne-
hin bekannt ist:
1. Phosphormolybdänsäure, 2. Phosphorwolframsäure, 3. Jod-
jodkaliumlösung (5Jod, 10 Jodkali, 100 Wasser), 4. Gerbsäure-
lösung (1 Gallusgerbsäure, 8 Wasser, 1 Alkohol, frisch bereitet),
5. Wismutjodidjodkalium, 6. Quecksilberjodidjodkalium, 7. Kalium-
cadmiumjodidlösung, 8. Pikrinsäurelösung (1 : 100), 9. Platinchlorid-
lösung (1: 20), 10. Goldchloridlösung (1: 20), 11. Quecksilberchlorid-
lösung (1: 20), 12. Fröhdes Reagenz (conzentrierte reine Schwefel-
säure, in jedem Kubikzentimeter 0'01 g molybdänsaures Ammo-
nium oder Natrium enthaltend), 13. Mandelins Reagenz (1 vanadin-
saures Ammonium in 200 Teilen reiner Schwefelsäure vom spez.
Gew. 1·840, frisch bereitet), 14. Erdmanns Reagenz (10 Tropfen
sehr verdünnter Salpetersäure auf 20 g reiner conzentrierter
Schwefelsäure) u. a.
Die Herstellung von 1, 2, 5, 6, 0 vgl. Schmidt.
Sehr empfehlenswert ist der Vorschlag von H. Barth, mikro-
chemische Reagenzien in Dampfform auf die Schnitte einwirken
zu lassen, da hierdurch besonders die Lösung gebildeter Nieder-
schläge in Wasser hintangehalten wird. Dies gilt besonders für
die mit den Halogenen Jod, Brom, Chlor, sowie Salzsäure und
Salpetersäure erhaltenen kristallinischen Niederschläge. Jod ver-
wendet man hierbei nach der Vorschrift des genannten Autors, in-
dem man einige Gramm festes Jod auf den Boden eines kleinen
Exsikkators bringt, darauf eine einige Zentimeter hohe Schicht
Sand streut, um das zu rasche Verdunsten des Jods zu hindern,
und auf den oberen Teil des Exsikkators die auf dem Objekt-
träger liegenden Schnitte gibt.

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Allgemeine Vorbemerkungen. XIX

N ach mehreren Stunden werden die Schnitte in weißem Paraf-


finöl untersucht.
Brom und Chlor können in Form von Brom- und Chlorkalk
verwendet werden. Bei Verwendung von Salz und Salpetersäure
ist darauf zu achten, daß leicht Wasser mit verdunstet, daher man
gut tllt, die Schnitte vor dem Einschließen in Paraffine)! längere
Zeit über Schwefelsäure in einem Ex~;ikkator auszutrocknen.
Die diagnostisch wichtigen Reaktionen der Zellwand
sind in kurzem folgende:
Cellulose färbt sich mit Chlorzinkjod oder Jod und Schwefel-
säure unter gleichzeitiger Destruktion der Zellwand violettblau.
In den meisten Fällen gelingt die Reaktion erst, nachdem man
vorher den Schnitt mit Kalilauge behandelt hat, welche durch
Essigsäure hinterher zu neutralisieren ist.
Verholzte Zellwände färbe~l f'ich mit Phloroglucin und Salz-
säure rot, mit Anilinsulfat gelb, ebenso auch gelb mit Kalilauge. Farb-
stoffe werden von verholzten Membranen viel stärker aufgenommen
als von unverholzten. Chlorzinkjod und Jodschwefelsäure färben
das Holz gelb bis braun. Verholzte :Membranen sind übrigens auch
gewöhnlich de natura gelb gefärbt.
Verkorkte Zellwände sind besonders resistent gegen Mineral-
säuren, durch Chlorzinkjod oder Jod-Schwefelsäure färben sie
sich bräunlich, mit Kalilauge gelb; beim Kochen damit treten in
der Membran kleine Körnchen auf. Während im Schulzeschem
Macerate die verholzten Membranen gut erhalten bleiben, werden
verkorkte zu kugeligen Gebilden aufgelöst.
Die Pulveruntersuchung bedient sich derselben Methoden
wie die der Schnitte. Man untersucht das Präparat in Wasser und
iu einem der Aufhellungsreagentien. Die Suspendierung in Öl ist
zur Cntersuchung von Aleuron notwendig. Indem man am Rande
des Deckglases zum Präparate Glyzerin zufließen läßt, kann
man es für eine längere Autbewahrung tauglich machen.
Für fein zerschnittene Drogen sowie auch zum Studium der
einzelnen Zellen in toto ist die Anwendung des :\1 ace rat ion s ver-
fahrens sehr förderlich.
Die Maceration nach Schulze wird so ausgeführt, daß man
ein Stückehen der Droge mit einer annähernd gleich großen Menge
VOll chlorsaurem Kali in einer Eprouvette mit konzentrierter Salpeter-
säure kocht und hierauf die macerierten Teilchen in einem Schäl-
chen mit vVasser oder Alkohol auswäscht.
b'~

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xx Allgemeine Vorbemerkungen.

Es wird hierdurch die Verbindung zwischen den einzelnen Zellen


gelöst oder mindestens gelockert und man kann durch Zerdrücken
eines solchen macerierten Pflanzenteiles mit dem Deckglase oder
Zerzupfen mit der Nadel die einzelnen Zellen isoliert beobachten.
Das Gewebe wird vollkommen entfärbt und die Zellformen
werden hierdurch oft undeutlich. Man kann aber durch Zusatz
eines Farbstoffes auch die isolierten Zellen ganz gut färben .
.Eine zweite Art der Maceration ist die mit Kalilauge, indem
man die Objekte in Kalilauge 24 Stunden liegen läßt oder mit
derselben zum Kochen erhitzt und dann zerzupft.
Die Gewebselemente quellen hierbei oft sehr stark und un-
gleich auf, was ein Nachteil dieser Methode ist, doch bleiben die
Pigmente größtenteils in den Zellen erhalten.
Oxalsaurer Kalk wird durch die Schulzesche Maceration voll-
kommen zerstört; durch das intensive Kochen in Kalilauge zer-
fallen die Kristalle in einen körnigen Detritus.
Schließlich ist Chromsäure ein gutes Macerationsmittel, be-
sonders für verholzte Gewebe.
Das Studium macerierter Präparate durch Anwendung einer
dieser Methoden ist gerade für die hier besprochenen Pflanzen-
teile von großer Bedeutung, da das aus dem Darm- oder Magen-
inhalte erhaltene Untersuchungsmateriale gewöhnlich durch die
Verdauungstätigkeit stark verquollen oder maceriert ist, daher
Macerationspräparate die größte Ähnlichkeit mit diesen Objekten
besitzen.
Die Veränderungen, welche Pflanzenteile im Darmtrakte er-
leiden, sind gewöhnlich nicht so weitgehend, daß die Struktur der
Gewebe hierdurch sehr verschwommen würde. Sklerosierte Teile,
z. B. viele Samen und Früchte, bleiben gewöhnlich so gut erhalten,
daß man Schnitte aus ihnen anfertigen kann.
Die Stärke verquillt sehr stark, doch kann man meistens die
Form der Stärkekörner wenigstens an einigen derselben ganz gut
erkennen. Am raschesten verlieren sich leicht zersetzliche Inhalts-
körper wie Aleuron, Fett, Chlorophyll etc. Der oxalsaure Kalk
bleibt gut erhalten. Auf Zusatz von Schwefelsäure bilden sich aus
den Oxalatkristallen lange Nadeln von schwefelsaurem Calcium,
was differentialdiagnostisch bezüglich anderer im Stuhl vor-
kommender Kristallbildungen mauchmal von Wichtigkeit ist.

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Literatur.

1. Pilzkunde.
v. Ahles: Allgemein verbreitete eßbare und schädliche Pilze. EßIingen bei Stutt-
gart 1896.
C. A. Fr. Harzer: Naturgetreue Abbildungen der vorzüglichsten eßbaren, giftigen
und verdächtigen Schwämme. Dresden 1842.
J. V. Krombholz: Naturgetreue Abbildungen und Beschreibungen der eßbaren,
schädlichen und verdächtigen Schwämme. Prag 1831.
O. H. Lenz: Nützliche, schädliche und verdächtige Pilze. 7. Aufl., bearb. von
Dr. Otto Wünsche. Gotha 1890.
F. W. Lorinser: Die wichtigsten eßbaren, verdächtigen und giftigen Schwämme.
Wien.
A. E. Vogl: Die gewöhnlichen eßbaren Pilze (sogenanuten Schwämme). Zeitschr.
f. Nahrungsmittelunters., Hygiene u. Warenkunde, 1896, Nr. 1.

2. Allgemeine und spezielle Botanik.


Brandt, Phoebus und Ratzeburg: Abbildung und Beschreibung der in Deutsch-
land wildwachsenden und in Gärten ausdauernden Giftgewächse. Berlin 1838.
G.Dragendorjf: Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten. Stutt-
gart 1898.
K. Giesenhagen: Lehrbuch der .Botanik. Stuttgart 1903, 3. Aufl.
V. F. Kosteletzky: Allgemeine medizinisch - pharmazeutische Flora. Mannheim
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C. Müller: Medizinalftora. Berlin 1890.
Neilreick: Flora von Niederösterreich. Wien 1859.
R. SchimPfky: Deutschlands Giftgewächse in Wort und Bild. Gera-Unterm-
haus 1893.
E. Strassburger, NOll, Schenk und Schimper: Lehrbuch der Botanik. Jena
1894.
E. Strussburger: Das botanische Praktikum. 3. Aufl. Jena 1897.
Thome: Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz in Wort und Bild.
4 Bde. Gera-Untermhaus 1893.

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XXII Literatur.

3. Pflanzenanatomie, Pharmakognosie und Nahrungsmittelkunde.


A. Flückiger: Pharmakognosie des Pflanzenreiches. Berlin 189l.
A. Flückiger and H. Hanbury: Pharmacographia, a history of the principal
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v. Ledden Hülsebosch: Über die mikroskopische Untersuchung der Exkremente.
Pharm. Weekbl., 1897, Nr. 14.
A. Meyer: Wissenschaftliche Drogenkunde. Berlin 189l.
J. Möller: Lehrbuch der Pharmakognosie. Wien 1889.
J. Möller: Leitfaden zu mikroskopisch-pharmakognostischen Übungen für Stu-
dierende und zum Selbstunterrichte. Wien 1901.
J. Möller: Über die forensische Bedeutung der Exkremente. Wiener klin. Rund-
schau, 1897, Nr.1l.
J. Möller: Die Vegetabilien im menschlichen Kote. Zeitsehr. f. Biologie, 1898,
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H. Solereder: Systematische Anatomie der Dicotyledonen. Stuttgart 1889.
A. Tschirch: Angewandte Pflanzenanatomie. Wien-Leipzig 1889.
A. Tschirch und O. Österle: Anatomischer Atlas der Pharmakognosie und Nah-
rungsmittelkunde. -Leipzig 1900.
A. E. YogI: Pharmakognosie. Separatausgabe des 2. Bandes des Kommentars zur
österr. Pharmakopoe, Wien 1892 (mit einem allgemeinen Teile, betreffend
die mikroskopische Untersuchungsmethode und allgemeine Pflanzenanatomie).
A. E. Yogl: Anatomischer Atlas zur Pharmakognosie. Wien 1887.
A. E. Vogl: Die wichtigsten vegetabilischen Nahrungs- und Genußmittel, mit beson-
derer Berücksichtigung der mikroskopischen Untersuchung. Wien·Berlin 1899.
J. Wiesner: Anatomie und Physiologie der Pflanzen. 4. Auf!. Wien 1898.

4. Chemie, Pharmakologie und Toxikologie.


H. Beckurts (früher Wiggers und Husemann, dann Dragendorff): Jahresbericht
über die Fortschritte der Pharmakognosie, Pharmazie und Toxikologie.
Göttingen 1864-1902.
G. Dragendorff: Die gerichtlich-chemische Ermittlung von Giften. Göttingen 1895.
A. Falck: Lehrbuch der praktischen Toxikologie. Stuttgart 1880.
E. Geissier und J. Möller: Real-Enzyklopädie d. ges. Pharmazie. Wien-Leipzig
1886-1891 (erscheint gegenwärtig in neuer Auflage).
J. Fr. Gmelin: Allgemeine Geschichte der Pflanzengifte. Nürnberg 1777.
E. v. Hofmann: Lehrbuch der gerichtlichen Medizin. 5. Aufl., Wien 1891.
A. und Th. Husemann: Die Pflanzenstoffe in chem., physiolog., pharmakolog. und
toxikolog. Hinsicht. Berlin 1871.
R. Kobert: Lehrbuch der Intoxikationen. Stuttgart 1893 (1. Band in 2. Au1I. 1902).
E. Ludwig: Medizinische Chemie in Anwendung auf gerichtliche Untersuchungen.
2. Aufl., Wien 1895.
M. J. B. Orfila: Traite des poisons tires des regnes mineral., vegetab. et animal.
ou toxicologie generale. 5. Aufl., Paris 1852 (übersetzt von G. Krupp:
Lehrbuch der Toxikologie von M. Orfila);
E. Schmidt: Ausführliches Lehrbuch der pharmazeut. Chemie. 4. Aufl., Braun-
schweig 1901.
K. ehr. Schmidt: Jahrbücher der in- und ausländischen gesamten Medizin.
1834-1902 (gegenwärtig redigiert von Möbius und Dippe).

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Literatur. XXIII

A. E. Vogl: Bernatzik- Vogls Lehrbuch der Arzneimittellehre , mit besonderer


Berücksichtigung der österreichischen und deutschen Pharmakopoe. 3. Auß..,
Wien-Berlin 1900.
K. Wibmer: Die Wirkung der Arzneimittel und Gifte. München 1831.

5. Mikrochemie.
H. Barth: Studien über den mikrochemischen Nachweis von Alkaloiden in phar-
mazeutisch verwendeten Drogen. Dissert. (Zürich), Cassel 1898.
L. Braemer: De la localisation des principes actives des Cucurbitacees. Tou-
louse 1893.
Marten Elfstrand: Studier öfver Alkaloidernas Localisation företrödes vis inom
familijen Loga'niaceae. Upsala, Universitets Arsskrift 1895.
Errera, Maistriau und Clautriau: Premieres recherehes sur la localisation et
la signification des alcaloides dans les plantes. BuH. de la societe royale
de Pharmacie, BruxeHes 1887, pag. 144.
A. Goris: Recherches microchimiques sur quelques GIucosides et quelques tanins
vegetaux. Paris 1903.
F. Jadin: Du siege des principes medicamentaux dans les vegetaux. Paris 1894.
P. C. Plugge: Overzicht van de wisselende chemische Samenstelling en pharma-
codynamische Waarde van eenige belangrijke Geneesmiddeln. Amster-
dam 1885. .

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I. Kryptogame Pflanzen.
Fungi (Pilze).
1. Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum.
Das Dauermycelium oder Sklerotium des in der Blüte meh-
rerer Gramineen, besonders des Roggens (Secale cereale), seltener
d~s Weizens (Triticum) und der Gerste (Hordeum) u. a. sich ent-
wIckelnden Pilzes Claviceps purpurea Tulasne, aus der Fa-
milie der Pyrenomyceten.
Der Pilz macht drei Entwicklungsstadien durch, von welchen das erste
früher als selbständiger Pilz - Sphacelia segetum - beschrieben wurde und
~ur Entstehung der unter dem Namen Roggen-Honigtau bekannten eigentüm-
hchen Erscheinung erkrankter Roggenpfianzen Veranlassung gibt.
. Aus diesem ersten Entwicklungsstadium geht allmählich ein zur Über-
WInternng taugliches Sklerotium oder Dauermycelium - das Mutterkorn - hervor,
aus welchem sich schließlich die Fruchtträger des Pilzes entwickeln.
. Der Pilz ist gewöhnlich stabfönnig, stumpf dreikantig oder
Yierkantig mit etwas verschmälerten Enden, von 1·5-2·5 Gm Länge
und 3-5 mm Dicke, in der Regel gerade, mitunter schwach gebogen.
~ seiner Außenseite finden sich manchmal flache Längsfurchen,
I~ übrigen ist er glatt. Seine Farbe ist schwärzlich-violett, im
ffl~chen Zustande etwas weißlich bereift, hingegen ist er im Innern
weIß, von derbfleischiger Konsistenz, der Bruch eben. An frisch
g.esammelten oder sorgfältig aufbewahrten Pilzkörpern befindet
SIch an einem Ende mitunter ein kleiner, bräunlich gefärbter, ge-
schrumpfter Anhang - das sogenannte Mützchen - , der Rest
der Vom Dauermycelium verdrängten Sphacelia. .
Frisch riecht das Mutterkorn pilzartig , längere Zeit aufbe-
wahrt, unangenehm nach Trimethylamin. Dieser Geruch tritt auch
auf Zusatz von Kalilauge auf. Geschmack anfangs süßlich, dann
scharf.
. An a tomi sch besteht der ganze Pilz aus einem allenthalben
gleIchförmigen sogenannten Scheinparenchym. Die sein Gewebe
z~sa~mensetzenden Hyphen besitzen eine sehr unregelmäßige Form;
SIe Sllld am Querschnitte fast kreisrund, am Längsschnitte meist nur
~ehr ,;enig gestreckt und sehr dicht aneinander gelagert, so daß
as PIlzgewebe dem Parenchym einer höheren Pflanze (z. B. dem
Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 1

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2 Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum.

Gewebe des Keimlings unserer Cerealien) sehr ähnlich erscheint


(Fig. 1 u. 2). Der Mangel einer Zwischensubstanz (Primärmembran)
zwischen den einzelnen Zellen läßt aber leicht den Unterschied er-
kennen. Die Randpartien dieses Gewebes unterscheiden sich von
dem übrigen Teile dadurch, daß hier die Hyphenzellen mit einem
formlosen, braunvioletten Farbstoff tingiert sind, dem Skler-
erythrin, das sich in säurehaltigem Alkohol mit blutroter Farbe
löst. Kalilauge löst es rein violett. Die übrigen Zellen des Schein-
parenchyms enthalten reichlich farbloses Fett, das bei Behandlung
mit Äther und Alkohol sich löst.

Fig.1. Fig.2.

Secale cornutum. Secale cornutum.


Partie des Querschnittes mit Äther behandelt. Partie des Längsschnittes mit Ather behandelt.
r die äußerste, das rote Pigment führende r wie 1!'ig. 1. (A. E. VoglJ
rindenartige GewebRBchicht. (A. E. VoglJ

Die mikroskopische Erkennung selbst der kleinsten Frag~


mente des Pilzes, wie sie sich z. B. in feinen Mehlen vorfinden,
ist· an dem ungemein charakteristischen Scheinparenchym stets
mit voller Sicherheit ausführbar.
Besonders typisch sind die gefärbten Randpartien , deren
}1-'ragmente man an gröberen Mehlen selbst makroskopisch mit der
Nadel aus der plattgedrückten Mehlprobe heraussuchen kann.
Zu Verwechslungen könnte bei Untersuchung des Mehles
auf Mutterkorn höchstens das Gewebe des Keimlings der Cerealien-
früchte Anlaß geben, dessen Zellen ungefahr den gleichen Durch-
messer wie die des Mutterkorns besitzen.

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Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum.

. Die Zeilen desselben sind schärfer polyedrisch, regelmäßig


In Längsreihen angeordnet und mit Plasma erfüllt. Auch findet
man stellenweise sehr feine Gefäßbündel im Keimling vor, welche
dem Pilzgewebe vollkommen fehlen.
Anfänger in der mikroskopischen Technik verwechseln auch
~äufig - wie ich oft beobachten' konnte - enge aneinander
hegende, durch Chloral nur halb verquollene Stärkekörner der
Cerealien (die Kleinkörner) mit den runden Fettropfen, die sich
In den Hyphen des Mutterkorns vorfinden.
Zusatz von Jod klärt diesen Irrtum sofort auf, da im Mutter-
korn auch nicht die Spur von Stärke sich vorfindet. '
Präparation. Schnitte, untersucht man am besten in Gly-
cerin oder Chloralhydrat, nachdem man das Fett durch Lösung
mit Äther-Alkohol entfernt hat.
Der fettige Inhalt färbt sich mit Alkannatinktur intensiv
rot, mit Methylenblau blau und mit Naphtylenblau violett.
Die Membranen können durch Safranin oder Fuchsin ge-
färbt werden.
Zur Untersuchung des Pulvers verwendet man mit Vorteil
eine Lösung von Chloralhydrat, durch welches beim Erwärmen
gleichfalls das Gewebe deutlich hervortritt.
Für die Auffindung von Mutterkornfragmenten im Mehle
empfiehlt sich die von A. v. Vogl*) angegebene Methode der Unter-
Suchung eines :Mehles auf Kleienbestandteile. "In einem Glas-
schälchen werden zirka 2 9 des Mehles mit alkoholischer Naph-
tylenblaulösung**) mit Hilfe eines Glasstabes gemischt und nach
einigem Stehen mit diesem oder einem Haarpinsel möglichst gleich-
mäßig auf einem Objektträger aufgestrichen, eintrocknen gelassen
und sodann unter einem Tropfen Sassafrasöles (oder eines ana-
logen ätherischen Öles, oder von Kreosot, Guajakol etc.) mikro-
skopiert. " Hierbei treten die stark gefärbten Membranen deutlich
hervor. Für die Untersuchung speziell auf Mutterkorn empfiehlt
A. v. Vogl die Anwendung einer Lösung von Methylenblau an
Stelle des Naphtylenblaus. Der mikroskopischen Untersuchung
läßt man - soweit es sich um ein Mehl handelt - mit Vorteil
die gleichfalls von VO,ql***) angegebene Vorpro be mit S alzsäure-
Weingeist vorangehen. .
. Es werden zirka 2 9 des Mehles in einer Eprouvette mit
ZIrka 10 eem eines 70 0/ oigen Weingeistes, dem 5% Salzsäure bei-
g~mengt sind, kräftig durchgeschüttelt (eventuell unter Erwärmen).
HIerauf läßt man die Flüssigkeit absetzen und beobachtet die
li'arbe der überstehenden Flüssigkeit im reflektierten Lichte.
. Bei ganz reinem Mehle bleibt die Flüssigkeit farblos oder
WIrd höchstens gelb bis gelbrötlich, während sie bei Anwesenheit

*) Nahrungsmittel, pag.17.
**) 0'1 Naphtylenblau, 100'0 Alcoh. absol., 400'0 Aq. desto
***) Vogl, I. c. pag. 24.
1*

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4 Mutterkorn, Fungus secalis, Secale cornutum.

von gewissen Verunreinigungen - den Samen oder Früchten der


Ausreutet ~ eine charakteristische Färbung annimmt. Die An-
wesenheit von Mutterkorn verrät sich hierbei durch eine fleisch-
rote bis blutrote Farbe.
Dieser Vorprobe kommt aber, wie auch Vogl erwähnt, nur
die Bedeutung einer allgemeinen Orientierung zu, ob das Mehl
iiberhaupt in einigermaßen größerer Menge Ausreuterbestandteile
enthält. Auch die Testa der Wicken enthält einen Farbstoff, der
bei dieser Behandlung die Flüssigkeit rot färbt.
Man wird daher aus dem positiven Ausfall dieser Vorprobe
nicht allein auf Mutterkorn schließen dürfen, sondern nur zu dem
mehr allgemeinen Schlusse berechtigt sein, daß das Mehl über-
haupt Ausreuterbestandteile und darunter wahrscheinlich auch
Mutterkorn enthält, dessen Anwesenheit mit voller Sicherheit nur
mikroskopisch festzustellen ist.
In praxi findet man auch neben Mutterkorn fast regelmäßig
andere Verunreinigungen (Rade, Taumellolch, Wicke etc.) vor,
wie sie sich eben aus der mangelhaften Reinigung des Getreides
von Ausreutern erklären lassen.
Als giftige Bestandteile des Mutterkorns müssen die von
Kobert als Sphacelinsäure und als Cornutin bezeichneten
Substanzen bezw. das Ergotinin Tanrets angesehen werden.
Jacobj (1896) nennt als wirksamen Bestandteil das Sphacelo-
toxin.
Von übrigen chemischen Bestandteilen ist insbesondere Fett
(zirka 30%) zu erwähnen, Mykose, Ergosterin und der oben er-
wähnte Farbstoff Sklererythrin.
Mutterkorn gehört zu den wichtigsten Giftpflanzen, da durch
dasselbe einerseits der chronische Ergotismus, die Kriebelkrank-
heit und Brandseuche hervorgerufen werden kann, andrerseits
der Pilz im Volke als Abortivum zu verbrecherischen Zwecken
häufig benutzt wird.
Die Kriebelkrankheit, deren epidemisches Auftreten in Zeiten
von Mißwachstum besonders in früheren Jahrhunderten eine große
Gefahr für die Menschheit bedeutete, ist gegenwärtig durch die
in den meisten Kulturstaaten gesetzlich eingeführten Vorschriften
über die Reinigung des Getreides vor dem Vermahlen sehr ein-
geschränkt worden und tritt jetzt wohl nur niehr selten auf. Doch
konnte noch im Jahre 1896 ein geringes epidemisches Auftreten
derselben in Galizien beobachtet werden. *)
Hingegen sind die akuten Vergiftungen durch Verwendung
des Pilzes als Abortivum auch gegenwärtig von großer forensi-
scher Wichtigkeit, wenn auch die Literatur hierüber nicht
groß ist.

*) Vogl i~ Eul~nburg8 E~zyklopädie.

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Giftpilze.

2. Giftpilze.
Unter den Vergiftungen durch Pflanzen nehmen die, welche
auf Genuß giftiger Pilze (sogenannter Schwämme) entstehen, so-
wohl durch ihr sehr häufiges Auftreten, als durch die Schwere
ihres Verlaufs eine besondere: Stellung ein.
Größtenteils beruhen die Vergiftungen auf Venvechslung von
eßbaren Pilzen mit ihnen nahe verwandten Giftpilzen, die um so
leichter möglich ist, als die botanischen Unterschiede vielfach so
subtiler Art sind, daß ihre Differenzierung nur sehr schwer -
zumal für den Laien: - möglich ist. .
Insbesondere ist es aber, wie Vogl *) hervorhebt, ganz un-
möglich, getrocknete und zerschnittene oder geschälte Pilze mit
Sicherheit in ihrer Art festzustellen, und wir besitzen leider auch
gegenwärtig noch keine anatomischen Methoden, um solche Unter-
suchungen durch das Mikroskop zu einem sicheren unzweifelhaften
Resultat zu führen, indem das Gewebe der Pilze ungemein gleich-
förmig zusammengesetzt ist.
Die wichtigsten, für die mikroskopische Beobachtung taug-
lichen Momente liegen jedenfalls in der Ausbildung des Hyme-
niums (blätterförmig, leistenförmig, strahlig, stachelig) und der
Sporen, doch sind die Charakteristika dieser Gewebs- und Zell-
formen höchstens für die Erkennung der Familie brauchbar, hin-
gegen selten für die Differenzierung zweier nahe verwandter gif-
tiger und ungiftiger Arten. Man kann also die Art eines Pilzes
in toxikologischen Fällen gewöhnlich mit Sicherheit nur dann be-
stimmen, wenn der Pilz in toto zur Untersuchung vorliegt.
Zur allgemeinen Orientierung führe ich hier die von Vogl
in seinem Werke über die wichtigsten vegetabilischen Nahrungs-
mittel pag. 218 angeführten Unterscheidungsmerkmale mit Erlaub-
nis des Verfassers an:

Tabellarische Übersicht.
I. Hautpilze. Hymenomycetes.
A. Fruchtkörper ein meist deutlich gestielter Hut.
a) An der Unterseite des Hutes strahlig gestellte Blätter (Lamellen) oder
Falten. Blätterpilze, Agaricini.
c<) Fleischige, meist rasch faulende (vergängliche) Fruchtkörper.
t) Lamellen dünn, scharfschneidig (bleibend, das heißt nicht in
eine schwarze Jauche zerfließend). **)
*) Lamellen ohne Milchsaft.
§) Lamellen häutig, weich, leicht spaltbar: Blätterpilz,
Agaricus.
6. Stiel mit einem Ringe.
6 Ring nicht beweglich (nicht verschiebbar).
o Lamellen frei.
*) L. c. pag. 213.
**) Das letztere kommt unter anderem den Angehörigen der Gattung
Coprinus, Tintenpilz, als Merkmal zu.

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6 Giftpilze.

1. Lamellen gelb wie der Stiel und die große hängende Manschette (Ring). Hut-
oberfläche morgenrot oder orange: Kaiserling, Agaricus caesareus Scop.
2. Lamellen rosen- oder fleischrot, später schwarzbraun. Hutoberfläche weiß,
weißlich oder gelblich: Champignon, Agaricus campestris L.
o 0 Lamellen angewachsen oder etwas herab-
laufend. Ring flockig , bald schwindend.
3. Kleiner Pilz von zimmtbrauner Farbe des dünnfleisehigen Hutes, der Lamellen
und des mit dunkleren Fasern und Schüppchen besetzten Stieles: Stock-
schwamm, Agaricus mutabilis Schaeff.
4. Mittelgroßer Pilz mit honiggelber Farbe des besonders gegen die Mitte 'zu
mit schwärzlichen haarigen Schuppen besetzten, am Rande meist unregel-
mäßig gelappten Hutes, rötlichen (gelblichen) Lamellen und meist fleisch-
rotem Stiel: Hallimasch. Agaricus melleus Fl. D.
66 Ring beweglich (auf und ab verschiebbar).
5. Hut und Stiel angedrückt-schuppig; großer Pilz: Parasolpilz, AgariciIs
procerus Scop.
6.6. Stiel ringlos.
6. Lamellen breit, mit einem zahnförmigen Fortsatz angeheftet, weißlich oder
gelblich. Rand des meist gelblichen oder bräunlichen Hutes stark eingerollt.
Mittelgroß: Maischwamm, Agaricus gambosus Fr.
7. Lamellen herablaufend. Hutoberfläche weiß bis gelbbräunlich ; Lamellen
weißlich; daun fleischfarbig: Pflaumenpilz, Agarieus prunulus Scop.
8. Lamellen herablaufend. Hutoberfläche graubraun bis schwärzlich. Lamellen
weiß: Drehling, Agaricus os:treatus Jacq.
§§) Lamellen steif, saftlos, zerbrechlich. Täubling. Russula.
**) Lamellen oder auch der ganze Fruchtkörper mehr oder
weniger reich an Milchsaft • der bei Verletzungen hervor-
tritt. Milchblätterpilz, L act ari uso
9. Lamellen weißlich oder gelblich, an verletzten Stellen sich braun färbend.
Milchsaft weiß, milde: Goldbrätling, Lactarius volemus Fr.
10. Lamellen gelbrötlich oder ziegelrot, gleich der Hutoberfläche bei Ver-
letzungen. sich spangrün färbend. Milchsaft safrangelb oder ziegelrot:
Echter Reizker, Lactarius deliciosus Fr.
tt) Lamellen faltenförmig, das ist dick, niedrig, stumpf, lang, herab·
laufend. Faltenpilz, Cantharellus.
11. Der ganze Pilz dottergelb, kahl, fettig anzufühlen.: Eßbarer Rötling, Cau-
tharellus cibarius Fr.
ß) Dauerhafte, nicht faulende (nicht vergängliche) Fruchtkörper mit
lederartigem Hut, häutigen, trockenen, scharfschneidigen Lamellen
und knorpeligem, vom Hute verschiedenem Stiel. Schwindling,
Marasmius.
12. Kleiner, zierlicher, gesellig auf der Erde wachsender Pilz. Lamellen ent-
fernt, fmi, dreireihig, Fleisch weiß, von angenehm würzigem Geruch und
Geschmack: Marasmius Oreades Bolt.
b) An der Unterseite des gestielten oder sitzenden hutförmige;' Fruchtkörpers
getrennte (isolierte) oder zu einer zusammenhängenden Schicht verwachsene
Röhren. Hutmiterseite im letzteren Falle daher dicht mit Löchern
(Poren), den Mündungen der Röhren, besetzt. Röhrenpilze im weitern
Sinne, Polyporei.
13. Röhren voneinander völlig getrennt; Hut zungen- oder lappenförmig, blut-
rot, einer Ochsenzunge oder einem Stücke rohen Fleisches gleichend, oft sehr
groß: Leberschwamm, Fistulina hepatica Fr.
Röhren zu einer zusammenhängenden Schicht verwachsen.
A. Diese von der Hutsubstanz nicht oder schwer trennbar, mit derselben ver-
wachsen. Löcherpilz, Polyporus.
14. Fruchtkörper einzeln oder in dichten Massen. Hut zentral oder exzentrisch
gestellt, unregelmäßig gelappt, gelblich, weiß oder fleischfarbig ; Poren weiß,
dann schwefelgelb: Schafeuter, Polyporus ovinus Schaeff. .

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Giftpilze. 7
15. Kleine, niedergedrückt-kreisrunde, ganzrandige, meist schwärzlichbraune Hüte
mit verlängerten, oben getrennten, unten verschmolzenen Stielen fast dolden-
artig, rasenförmig vereinigt: Eichhase: Polyporus umbellatus Pers.
16. Eine Anzahl fleischiger, gelappter, semmelfarbiger, schuppiger Hüte dach-
ziegelig-rasig, mit seitlichen kurzen Stielen zusammenfließend: Semmelpilz,
Polyporus confluens Alb. et Schw.
17. Sehr zahlreiche, halbierte, runzelige, gelappte, verbogene,. meist braune Hüte
dachziegelig-rasenformig vereinigt mit aus den verschmolzenen Stielen her-'
vorgegangenem unförmlichem, dickem gemeinschaftlichem Stamm: Klapper-
schwamm, Polyporus frondosus Fl. D.
B. Röhren voneinander und von der Hutsubstanz leicht zu trennen. Röhrenpilz,
Boletus.
a) Stiel mit einem großen häutigen Ringe.
18. Stiel über dem Ringe gelblich, braun oder rötlich punktiert. Röhrenschicht
angewachsen, gelb wie die Poren: Butterpilz, Boletus luteus L.
b) Stiel ohne Ring.
ce) Röhrenschicht frei oder halbfrei, weißlich, gelblich oder grünlich.
Fleisch unveränderlich.
19. Stiel dick, ganz oder oben weiß genetzt: Edelpilz, Steinpilz, Boletus
edulis Bull.
20. Stiel meist schlank, nach oben allmählich verjüngt, von schwärzlichen fase-
rigen Schuppen rauh, Röhrenschicht frei: Kapuzinerpilz, Boletus scaber Fr.
ß) Röhrenschicht angeheftet oder herablaufend.
t) Oberfläche des Hutes zottig-filzig.
21. Hutoberfläche braun oder grünlichbraun, Poren zuletzt weit, eckig, ungleich.
Stiel rotgestreift. Fleisch etwas blau anlaufend: Ziegenlippe, Boletus sub-
tomentosus L.
tt) Oberfläche des Hutes kahl. Fleisch gelblich, unveränderlich.
22. Hutoberfläche purpurn oder blutrot. Poren fein, chromgelb, wie der am
Grunde oft rotgefärbte Stiel: Königspilz, Boletus regius Krombh.
23. Hutoberfläche bräunlichgelb oder braun. Poren weit, eckig, zusammen-
gesetzt, zuletzt rostbraun: Kuhpilz, Boletus bovinus L.
24. Hutoberfläche bräunlichgelb oder braun. Poren einfach, gekörnt, goldgelb:
Schmerling, Boletus granulatus L.
c) An der Un~erseite des hutformigen Fruchtkörpers als Träger des Frucht-
lagers spitze, pfriemenförmige weiche Stacheln. ~tachelpilze, Hydnei.
25: Hut unregelmäßig-ausgeschweift. Stiel nach unten verdickt und gleich dm:
Hutoberfläche gelblich oder fleischfarbig : Stoppelschwamm , H Ydn um re pa n-
dnm L.
26. Hnt genabelt oder fast trichterformig, an der Oberfläche mit großen, spitzen,
konzentrisch-dachziegelformigen Schuppen, umbrabraun. Stacheln weiß, dann
graubraun, herablanfend. Stiel meist nach unten verjüngt: Habichtschwamm,
Hydnum imbricatum L.
B. Fruchtkörper nicht hutförmig, sondern ein (einfacher, ungeteilter, keulen-
förmiger oder) strauchförmig-ästiger Körper. Keulenpilze, Clavarici.
a) Aste stielrund oder ziemlich stielrund, nicht blattartig. Keulenpilz (Ast-
pilz), Clavaria.
27. Aste aufsteigend, verlängert, orangerötlich. Astehen gelblich, stumpf: Schöne
Bärentatze, Clavaria formosa Pers.
28. Aste aufrecht, gleich hoch, glatt, gelb bis gelbrötlich. Astehen hell- oder
dottergelb, stumpf: Gelbe Bärentatze, Clavaria flava Schaeff.
29. Aste kurz, gedrungen, ungleich, etwas runzelig, auseinander tretend, gelb-
lich. Astehen sehr kurz, dicht, rötlich: Trauben-Bärentatze, Clavaria Bo-
trytis Pers.
b) Aste zusammengedrückt, blattformig_ Ziegenbart, Spa rassis.
30. Aste mannigfach verzweigt, verbogen und gewunden, dicht verworren-kraus,
weißlich, gelblich oder bräunlich. Stamm kurz, dick, oft fast knollenförmig,
weiß: Gemeiner Ziegenbart, Sparassis (lrispa Wulf.

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8 Giftpilze.

11. Scheibenpilze, Discomycetes.


Fruchtkörper ein einfacher gestielter ei-, kegel- oder mützenformiger Hut, dessen
Unterseite nicht frei hervortritt und keine bestimmt gestalteten Vorsprünge trägt.
Sporen in Schläuchen. Lorcheln, Helvellaceae.
a) Hnt eiförmig, kegel- oder glockenförmig, an der Oberfläche mit zu
einem groben Netze verbundenen Leisten oder Rippen und Vertiefungen
(Zellen) zur Aufnahme des Fruchtlagers. Morchel, Morchella.
31. Hutoberfläche gelblich, gelbbraun bis braun. Stiellänglich-walzlich, am Grunde
faltig und grubig, hohl, weiß: Speisemorchel, Morche11a esculenta L.
b) Hut mützenförmig, verschiedenartig verbogen, gerunzelt, gelappt, blasig-
runzelig , ohne Rippen und ohne Zellen an seiner freien Oberfläche.
T,orchel, Helvella.
32. Hutoberfläche gelb-, rotbraun oder schwärzlichbtaun, kahl. Stiel an der Ober-
fläche' höckerig oder flachgruhig, hier fein weißfilzig , im Innern mit kleinen
nnregelmäßigen Höhlungen: Speiselorchel, Hel v e 11 a es c u I e n t a Pers.

111. KnoIJenpilze, Tuberaceae.


Fruchtkörper unterirdisch, knollenförmig, im Tnnern hartfleisehig.
a) Oberfläche dicht warzig, rötlichschwarz, schwarzbraun oder schwarz, im
Innern marmoriert. Schwarztrüffel. Tuber.
33. Auf der Schnittfläche innerhalb der dunkel gefärbten derben Außenschicht eine
dichte, rotbräunlich, violett oder violettschwarz und weiß fein-aderig-marmo-
rierte, zuletzt oft braunrote oder violettschwarze, von rötlichen Adern durch-
setzte Masse (Fleisch): Eßbare echte Trüffel, Tuber melanosporum Vitt.
b) Oberfläche glatt, warzenlos, meist gelbbraun, im Innern weiß, von wasser-
hellen, dann gelblichen ver'lchlungenen Adern durchzogen, später bräun-
lich oder gelblichbraun. Weißtrüffel, Ohaeromyces.
34. Unregelmäßig knollig, einer Kartoffelknolle ähnlich: Weißtrüffel , 0 ha e r 0-
myces maeandriformis Vitt.

Verwechslungen mit giftigen oder flir giftig gehaltenen Pilzen.


1. Namentlich hei dem Champignon (2) ist auf die ihm zukommenden Merk-
male Lmd ganz besonders auf die rötlichen resp. schwarzbraunen Lamellen zu
achten, da wiederholt Verwechslungen mit dem sehr giftigen Schirlings-
pilz, Agaricus phalloides Fr. vorkamen, die zu schweren, selbst töt-
lichen Erkrankungen Veranlassung gegeben haben.
Der Schierlingspilz hat einen grünlichen, weißlichen oder gelb-
lichen mit größeren und kleineren weißen oder bräunlichen Hautfetzen be-
setzten oder davon freien kahlen Hut, weiße, gelbliche oder gränliehe
(niem als rötliche) Lamellen, 'einen teilweise oder ganz hohlen Stiel, dessen
unteres Ende auffallend knollig verdickt und mit einer schmutzig-
braunen Wulsthaut (Volva) besetzt ist, und ein weißes Fleisch.
2. Als Verwechslung des Ohampignons und des Parasolpilzes (5) wird
auch der sogenannte Giftchampignon, Agaricus Vittadini ~Iorett, genannt
mit sparrig-abstehenden spitzen Schuppen auf der Hut- und Stieloberfläche,
mit einem nicht hohlen und nicht knolligen, oben mit einem glocken-
förmigen hängenden Ringe versehenen Stiel und gränlichen Lamellen.
3. Als Verwechslung des Hallimasch (4) wird der sogenannte Schwefel-
kopf, Agaricus fascicularis Huds., angeführt. Derselbe hat einen ocker-
gelben Hut, angewachsene grünliche Lamellen, gelblichen Stiel und
gelbliches, bitter schmeckendes Fleisch.
4. Der echte Reizker (10) kann bei sehr oberflächlichem Ansehen verwechselt
werden mit dem Giftreizker., Lactarius torminosus Schaeff. Er unter-
scheidet sich vom echten Reizker hauptsächlich durch den weißgebärteten
Hutrand, durch weißliche Lamellen und durch den weißen unver-
änderlichen scharfen Milchsaft.

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Giftpilze. 9
DIITch die safrangelbe oder ziegelrothe Milch und durch die spangrüne
Färbung verletzter Stellen ist der echte Reizker überhaupt von anderen Milch-
blätterpilzen (die einen weißen, schwefelgelben oder violetten Milchsaft haben)
ausgezeichnet. .
5. Täublinge, Russulaarten. Die zahlreichen Täublingarten sind größten-
teils mittelgroße, meist sehr regelmäßig gebaute Pilze mit grell (rot, vio-
lett, grün, blau etc.) gefärbter Hutoberfiäche, mit breiten, s t e i fe n, saftlosen
gebrechlichen Lamellen, mit meist gleich dickem walzlichen Stiel und in der
Mitte eingedrücktem Hut. Von den Täublingen sind allerdings einige un-
schädlich und genießbar, andere aber entschieden giftig oder wenigstens
verdächtig. Da die Unterscheidung der giftigen und genießbaren Arten nach
. äußeren Merkmalen angesichts der großen Einformigkeit in der Gestalt dieser
Pilze und der großen Veränderlichkeit und Unbeständigkeit der Farben sehr
schwer, ja kaum möglich ist, so diirfen Täublinge auf dem Markte nicht
geduldet werden. Auch ist aus demselben Grunde von ihrer Einsammlung
und ihrem Gebrauche als Nahrungsmittel eindringlichst zu warnen.
6. Als Verwechslung des eßbaren Rötlings, Cantharellus cibarius
Fr. (11), wird der orangefarbige Rötling, Cantharellus aurantiacus
Wulf. genannt. Derselbe hat einen weichen, feinfilzigen, nicht fettig,
sondern wie feines weiches Waschleder oder Samt sich anfühlenden
hellrotbraunen oder orangegelben Hut, orangerote faltenformige Lamellen
und einen weißlichen, rotbraun- oder orangegelben, am Grunde feinfilzigen
und später schwarz werdenden Stiel.
7. Der Königspilz, Boletus regius Krombh. (22), könnte verwechselt
werden besonders mit dem Satanspilz, Boletus Sata,nas Lenz, dem
Schuster- ober Hexenpilz, B. luridus Schaeff. und dem Schönfuß,
B. calopus Pers. Von ihnen ist der erstgenannte entschieden und sehr giftig_
Ihre Merkmale seien in folgender Übersicht hervorgehoben:
.4_ Röhrenschicht frei, gelb oder grünlich; Poren klein, rundlich, blutrot oder
o r a n g e. Stiel dick, aufgetrieben.
a) Hut filzig, meist oliven braun ; Stiel rotgelb oder rot mit netzformiger
Zeichnung. Fleisch gelb, am Bruche sofort blau werdend. Bo-
letus luridus Schaeff.
b) Hut kahl, braungelb oder rot, ausgebleicht weißlich. Stiel blutrot
oder oben gelb, weißlich genetzt. Fleisch weißlich, am Bruche
rötlich oder violett anlaufend. Boletus Satanas Lenz_
B_ Röhrenschicht angewachsen, blaßgelb oder grünlich; Poren eckig, gelb.
e) Hut filzig, lederbraun; Stiel scharlachrot oder blutrot, oder im
obersten Teile gelb, weiß genetzt; F 1eis c h weißlich, am Bruche bl a u
werdend_ Boletus calopus Pers.
Der Königspilz hat ein blaßgelbes unveränderliches festes, beim
Kochen das Wasser gelb färbendes F lei s c h; die genannten drei giftigen,
respektive für giftig gehaltenen Boletusarten haben dagegen ein gelbes oder
weißliches, auf Bruch- und Schnittflächen sofort blau, beziehungsweise rot
oder violett sich verfärbendes Fleisch.
8. Die sogenannte Hirschbrunst, Elaphomyces granulatus Fr., welche
als Verwechslung der Triiffel genannt wird, besitzt zwar auch wie diese
einen unterirdischen, an der Oberfläche warzigen Fruchtkörper von Hasel-
nuß- bis Walnußgröße und kugeliger oder niedergedrückt-kugeliger Gestalt,
aber eine gelbe oder gelbbraune Oberflächenfarbe, eine harte, holzige
Außenschicht (Peridie), ein nicht marmoriertes Innere, widrigen Geruch
und bitteren Geschmack. Jedenfalls mindestens ungenießbar, wenn nicht
auch giftig.

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10 Taxus baccata L.

11. Phanerogame Pflanzen.


A. Gymnospermae.
Von den Gymnospermen sind toxikologisch hauptsächlich
die einerseits den Eiben- (Taxineae) und andrerseits den Cypressen-
gewächsen (Cupressineae) angehörigen Spezies Taxus baccata L. Eibe,
und Juniperus Sabina, sowie die nahe verwandten Arten Juniperus
Virginiana, Thuja und Biota von Wichtigkeit.

3.. Taxus baccata L., Eibe, Eibenbaum, Taxus.


Ein in ganz Europa verbreiteter immergrüner Nadelbaum oder
buschiger Strauch, der aber gegenwärtig nur mehr vereinzelt in
Wäldern zu finden ist, hingegen als Zierpflanze vielfach in Gärten
gezogen wird.
Sowohl die Blätter als die Beeren sind sehr giftig, wenn
auch die Giftigkeit der Beeren von manchen Autoren geleugnet wird.
Sie enthalten das Alkaloid Taxin als physiologisch wirk-
samen Bestandteil.
Die zahlreichen publizierten Vergiftungen waren häufig vom
Tode der Patienten gefolgt und betreffen Fälle, in denen·· die
Beeren oder Blätter aus Unkenntnis oder Spielerei genossen wurden,
aber auch solche, wo die Blätter. als Abortivnm dienen sollten.
Bei dem Umstande, daß Taxus eine sehr beliebte Zierpflanze
ist, sind die Vergiftungen nicht selten.

Di~ Blätter (Nadeln) sind zweizeilig zu beiden Seiten des


Triebes angeordnet, länglich lineal, schwach rinnenförmig, dicklich,
kurz stachelspitzig ,oberseits dunkelgrün und .glänzend, unterseits
heller und matt. Einnervig , ohne Sekundärnerven (getrocknet
häufig verbogen und dünn, stärker nach unten eingerollt).
Männliche und weibliche Blüten sind getrennt (z,yeihäusig),
·die Früchte einzeln und hängend, Scheinbeeren, von 1-2 cm
Länge, bestehend aus einem becherförmigen, außen scharlachroten,
dicken, schleimig-saftigenSamenmantel (Arillus\ aus dessen offenem
Saume die Spitze des eigentlichen Samens hervorsieht. Dieser ist
eiförmig, hart, braun und glänzend, von den Seiten her etwas zu-
sammengedrückt, in ein kleines Spitzehen endend, von welchem
gegen die abgerundete Basis zu auf beiden Seiten je eine scharfe
Leiste am Rande herabläuft. An der Basis befindet sich eine breite
Narbe.
Die ziemlich dicke äußere holzige Samenschale ist innen von
einer feinen iuneren Samenhaut gefolgt, die sich leicht nach Er-
öffnung des Samens von jener und vom Samenkern ablösen läßt.
Der Samenkem besteht aus einem weißgefärbten harten Eiweiß-
körper, in dessen oberem Teile, der Mittellinie entsprechend, Rich

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Taxus baccata L. 11

der walzeniörmige Keim befindet, der aus einem im oberen Teile


dicklichen, dann fadenförmig auslaufenden Würzelchen und einem
plumpen kurzen Cotyledonarende besteht.
Anatomie des Blattes.
Die Blätter besitzen bifacialen Bau. Die Palissadenschicht
ist zweireihig aus ziemlich kurzen schmalen Zellen beetehend, das
Schwammparenchym fast doppelt so breit und locker. Kristalle
fehlen.
I,,:~.i!\ IDie Epidermis der Oberseite, welche, gleich jener der Unter-
seite,' nach außen auffallend stark verdickte Zellwände besitzt, wie
Fig.3.

~'axus JJa.ccata.
UntBre Epidermis des Blattes in der Fläche. Über dem Lumen der Zellp,n papillöse
Cuticulal'höcker, SSpaltöffnungen, erkennbar an dem geschlossenen ringförmigen Walle,
jn dessen Mitte die eigentliche Spalte undeutlich sichtbar. Vergr. 1 : 460.

aus Querschnitten hervorgeht, besteht aus derbwandigen Tafelzellen


und enthält keine Spaltöffnungen. Das Lumen der Zellen ist mit
einer braunen harzartigen Masse erfüllt. Sehr charakteristisch ist
die Epidermis der Unterseite entwickelt. Im Flächenbilde erscheinen
die Grenzen der gerundet polygonalen oder unregelmäßig begrenzten
Zellen sehr undeutlich. Über jeder Zelle erhebt sich ein aus
mehreren halbkugeligen massiven Protuberanzen der Cuticula be-
stehender papillöser Hügel, so daß bei hoher Einstellung die ganze
Fläche aus lauter derart inselartig begrenzten, aus Papillen gebil-
deten Hügeln zu bestehen scheint, zwischen welchen in den Furchen
die Zellgrenzen verlaufen (Fig.3).

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12 Taxus baccata L.

Aus Querschnitten geht hervor, daß das Lumen der Zelle


an den Vorwölbungen nicht beteiligt ist, wie es bei Papillen sonst
der Fall ist, sondern diese nur aus den gelb glänzenden Cuticular-
schichten der Epidermis bestehen.
Die Spaltöffnungen stehen in Längsreihen und fehlen nur
über den Nerven, wo auch die Papillen viel weniger hervortreten
und dafür· die Konturen der hier gestreckt polygonalen Epidermis-
zellen deutlicher werden.
Die Schließzellen liegen an Querschnitten tief unter dem Niveall
der Epidermis. Über ihnen befindet sich ein gestreckter Vorraum,
der ringsum von einem niächtigen papillösen Walle umgeben ist.
In der Fläche sind die Schließzellen nicht sichtbar, nur der ge-
nmdet vierseitige Papillenwall , in dessen Tiefe undeutlich eine
längsverlaufende Spalte sichtbar wird, läßt das Vorhandensein
einer Spaltöffnung erkennen. Hingegen können die Schließzellen

Fig.4.

I II

~
Taxus baccata.
I Spaltöffnung des Blattes in der Fläche von innen gesehen; 11 im Querschnitte.
In 11 tiber den an die Schließzellen angrenzenden Epidermiszellen elle Papillen der
Cuticula im Querschnitte sichtbar. Vcrgl'. 1: 460.

im Flächenpräparate zur Anschauung gebracht werden, indem 111an


ein abpräpariertes Stück der Epidermis derart auf den Objekt-
träger bringt, daß die dem Schwammparenchym zugewendete Seite
nach oben sieht. Die Schließzellen sind zirka 56 f-l lang. An beiden
Polen befindet sich eine eigentümliche ankerförmige Cuticularver-
dickung. (Diese eigentümliche Verdickung ist auch bei den Cupres-
sineen allgemein.) (Fig.4.)
Sehr deutlich werden die Konturen der Epidermiszellen im
Schulze'schen Macerat, in welchem sie sich ziemlich resistent er-
weisen, so daß man dadurch die Epidermis leicht in größeren
Fetzen erhalten kann. Die Zellen erscheinen hierbei deutlich ge-
tüpfelt, die Papillen eigentümlich körnig.
Das in der Mitte des Blattes verlaufende Gefäßbündel be-
sitzt collateralen Typus. Am Querschnitte ist es im tangentialen
Durchmesser gestreckt. Zu beiden Seiten desselben verlaufen
Bündel sogenannter Querbalkentracheiden, wie sie sich bei Coui-
feren allgemein vorfinden. (Fig.5.)

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Taxus baccata L. 13
Es sind axial gestreckte annähernd rectangulär begrenzte,
derbwandige, verholzte Zellen, in deren Lumen zapfenartige oder
leistenf6rmige Vorsprünge der Zellwand hineinragen , die häufig
blind enden, häufig querbalkenartig von einer Zellwand zur gegen-
überliegenden ausgespannt sind.
Die aus dem Holzteile des Gefäßbündels stammenden Tra-
cheiden besitzen spiralige oder einfach leiterfiirmige seltener kreis-

.I;'ig.5.

h.

Taxus baccata.
Chal'akteristische Elemente aus ejnem mit Kali1auge hergestellten Macerate des Blattes.
, 9 Ho]zgefäß, h Harzschlauch, qu Qllerbalkenzellen. Vergr. 1: 460.

runde Tüpfelung und sind schon an ihrem bei weitem engeren


Lumen leicht von den Querbalkenzellen im Macerate oder Pulver
zu unterscheiden.
Das Gefäßbündel ist begleitet von langen, mit braunem Harze
erfüllten schlauchartigen Zellreihen , die besonders durch Macera-
tion mit Kalilauge deutlich darstellbar sind.
Das Pulver ist durch die charakteristische Ausbildung der
Epidermis und der Spaltöffnungen, die Querbalkenzellen und die
schlauchartigen Reihen von Harzzellen genügend charakterisiert.

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14 Taxus baccata L.

Präparation. Querschnitte können in Chloral untersucht


werden, ebenso die Flächenpräparate der Epidennis .
. Zum Studium der Zellfonnen der unteren Epidennis, der
Querbalkenzellen etc. empfiehlt sich die Anwendung der Maceration
nach Schulze oder mittels Kalilauge.
Differentialdiagnose. Von den Blättern anderer Nadel-
bäume sind die der Weißtanne , Abies alba Mill, am ähnlichsten
den Taxusblättern. Sie sind gleichfalls zweizeilig angeordnet, doch
ohne Stachelspitzchen und besitzen an der Unterseite zu beiden
Seiten je eine scharf hervortretende weiße Linie, die den Taxus-
blättern fehlt.
Mikroskopisch sind unveränderte Blätter an Querschnitten
von Taxus leicht zu unterscheiden, hauptsächlich durch die sehr
dickwandige grobgetüpfelte Epidermis, auf welche ein aus stark
verdickten Fasern gebildetes Hypoderm folgt, und durch die An-
wesenheit großer, von einer Endodermis ausgekleideter Harzgänge
nahe am Rande.
Anatomie der Samen. a) Arillus.
Die Epidermis des saftigen, becherartig geformten Arillus
läßt sich leicht mit der Pinzette gesondert abziehen. Sie besteht
aus dünnwandigen, recht scharf polygonal begrenzten Tafelzellen,
deren Außenwand im Verhältnisse zu der übrigen Zellwand sehr
stark verdickt und mit papillösen Höckern der Cuticula besetzt
ist. Die letzteren erscheinen an Flächenpräparaten als wallartige,
kreis- oder halbkreisförmig begrenzte Höcker, stets mehrfach über
einer Zelle sitzend.
Als Inhalt findet man reichlich klein körnige Stärke im Lumen.
Sehr charakteristisch sind die allerdings nur spärlich vor-
kommenden Spaltöffnungen, die, ähnlich wie bei den Blättern, tief
unter dem Niveau der Epidermis liegen und nach außen von
einem scharf begrenzten, in der Fläche rechteckig oder rhombisch
geformten Walle der Cuticula umgeben sind.
Die Mittelschicht des Arillus, welche von einem klebrigen
fadenziehenden Safte 'erfüllt ist, besteht aus weitlumigen dünn-
wandigen Zellen, in welchen außer dem farblosen Zellsaft ein roter
Farbstoff in Fonn ganz kleiner Körnchen enthalten ist, der sich
in Alkohol teilweise löst, daneben spärlich Stärke. Wegen der
weichen Beschaffenheit des beerenartigen Arillus muß dieser zur
Anfertigung von Schnitten vorerst in Alkohol gehärtet werden.
b) Samenschale.
Die Epidermis der holzigen äußeren Samenschale ist aus, in
der Fläche gesehen, polygonalen derbwandigen Zellen gebildet,
deren Wand in wässerigen Reagentien stark knotig aufquillt und
deren Inhalt eine braune harz artige Masse ist.
Die Zellwände scheiden sich deutlich in eine breite primäre
und sekundäre, sowie in eine schmale tertiäre Schicht beziehungs-

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Taxus baccata L. 15
weise Membran, von welchen die sekundäre Membran farblos
hyalin erscheint, während die beiden anderen glänzend gelb ge-
färbt sind.
Die knotigen Verdickungen der Zellwand gehören der pri-
mären Membran an.
Charakteristisch ist übrigens auch die Form der Zellen am
Querschnitte, an welchem sich gleichfalls die drei Schichten der
Zellwand auffallend differenzieren. An der Stelle, wo die radial
Fig.6.

Taxus baccata.
Querschnitt der holzigen Samenschale. 1, II, III vergl. Text. Von !Ir (Steinzellenschicht)
ist nur die äußerste Schichte gezeichnet. Vergr. 1: 460.

verlaufende Wand der Zellen in die breite Außenwand einmündet


ist die primäre Membran ähnlich dem Kapitäl einer Säule plötzlich
verdickt und durch eine feine Einschnürung abgesetzt. Nach innen
vmjüngt sich die Primärmembran allmählich. An der Innenseite der
Epidermiszellen ist sie nur als eine feine Linie zu verfolgen
(Fig. 6, I).
Als zweite Schicht folgt eine Reihe ungemein zartwandiger
radial stark gestreckter inhaltsleerer, breiter Zellen, mit am Quer~
schnitte sehr zierlich gefalteten (gewellten) Radialwänden (Il).

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16 Juniperus Sabina L.

Diese Zellschicht ist sehr zerreißlieh, so daß es schwer fällt,


sie an Querschnitten in toto zu erhalten.
Die dritte bei weitem breiteste Schicht der Testa ist aus
in lückenlosem Zusammenhange stehenden, polygonalen, stark ver-
dickten Steinzellen gebildet, die mit Luft erfüllt sind und deren
Wand von sehr zahlreichen breiten, zum Teile verzweigten Poren
durchbrochen ist (IH).
An diese breite Steinzellenschichte schließt sich als innere
Begrenzung der äußeren Samenschale eine mehrreihige Schichte
kleiner farbloser, inhaltsloser Zellen an.
Die innere Samenhaut - ein feines Häutchen, das sich
leicht in toto abheben läßt - ist so collabiert, daß ihre Elemente
nur schwer differenzierbar sind. Deutlich ist nur ihre aus lang-
gestreckten, dünnwandigen, farblosen Zellen gebildete Epidermis
zu sehen.
Das Sameneiweiß - ein Parenchym aus regelmäßig poly-
gonal geformten großen Zellen - ist dicht mit Aleuron erfüllt. Die
Aleuronkörner sind ihrer Mehrzahl nach zackig begrenzt, erreichen
einen Durchmesser von zirka 15 p. und enthalten gmvöhnlich
mehrere kleine Globoide.
Mikrochemie: Konzentrierte Schwefelsäure löst das Taxin
mit purpurvioletter Farbe, Fröhdes Reagens mit rotvioletter.
Trotz Verwendung ganz frischen Materiales konnte ich mikro-
chemisch diese Reaktionen nicht erhalten.
Nicht unerwähnt möchte ich im Hinblicke auf die bezüglich
der Giftigkeit der Beeren schwankenden Literaturangaben die
Beobachtung lassen, daß sowohl frische als getrocknete Beeren im
Arillus häufig das Mycel eines parasitären Pilzes enthalten, der
vielleicht durch chemische Zersetzung des wirksamen Prinzips auf
die stärkere oder schwächere Giftwirkung der Früchte Einfluß
nimmt.

4. Juniperus Sabina L. Sabina officinalis Garcke. Seven-


baum, Sadebaum. (Herba Sabinae, Pharm. Austr.)
Ein immergrüner niedriger Bamn oder Strauch aus der
Familie der Cupressineen, in Gebirgsgegenden des mittleren und
südlichen Europa, Mittelasien und Nordamerika wild vorkommend.
Häufig in Bauerngärten (Oberösterreich , Salzburg etc.) kultiviert.
Von toxikologischer Bedeutung sind die Zweigspitzen des
Baumes, die als Herba Sabinae (l!rondes, Summitates Sabinae)
offizinell sind und im Volke den Ruf eines Abortivums genießen.
Die buschig zusammengezogenen Zweige und Zweigspitzen
sind dicht besetzt mit vierzeilig gegenständig angeordneten rhom-
bischen Blättern von 1'5-5 mm Länge, die mit ihrer breiten Basis
dem Ästchen fast schuppenförmig aufsitzen und mit ihrer stumpfen
Spitze dachziegelartig die Basis des nächst höheren Blattes decken.
Ihre nach außen gewendete Fläche (Unterseite) besitzt in der

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.Tuniperus Sabina L. 17
Medianlinie einen stumpfen Kiel, in dessen Mitte sich eine kleine
längliche Vertiefung (Öldrüse) befindet. Die innere Fläche (Ober-
seite) ist entsprechend konkav.
An stärkeren Zweigen liegen die Blätter nur mit ihrer Basis
denselben an, während ihre pfriemenförmige Spitze scharf absteht.
Die manchmal in der Droge vorkommenden Beerenzapfen
sind zirka 1/2cm lang, eiförmig-rundlich, blau gefärbt, weißlich
bereift, im Innern von einem harzigen gelblichen Fruchtfleische

Fig.7.

Juniperus Sabina.
Querschnitt durch zwei opponierte Blätter. ep Epidermis J 9 snbepiderrnale BastzeUen.
reihe (Hypoderm), sp Spaltöffnung, oe Ölbehälter. gfb Gefäßbündel (A. TschirchJ.

erfüllt, welches gewöhnlich einen, seltener 2-4 kleine harte kan-


tige Samen (Nüßchen) einschließt. Geruch des Krautes eigentümlich
balsamisch.
An atomie. Ein in der Nähe der Basis zweier gegenständiger
Blätter durch einen Zweig geflihrter Querschnitt zeigt in der Mitte
das zentrale Gefäßbündel des Zweiges sowie zu beiden Seiten des-
selben die annähernd halbkreisförmig begrenzten Querschnitte der
mit dem Stengel breit verwachsenen Blätter (Fig. 7).
Die Epidermis derselben besteht aus derbwandigen, axial ge-
streckten polygonalen Tafelzellen mit stark getüpfelten (perlschnur-
artigen) Seitenwänden. Die Spaltöffuungen befinden sich an der
Mitla.cher, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 2

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18 Juniperus Sabina L.

gewölbten Außenseite in Längsreihen zu beiden Seiten der Mittel-


linie, an der den Zweigen zugekehrten Oberseite in zwei Längsreihen
nahe dem Blattrande.
Sie liegen unter dem Niveau der Epidennis und zeigen, von
der Fläche gesehen, an beiden Polen die charakteristischen anker-
förmigen Cuticularauflagerungen, wie sie schon bei Taxus beschrie-
ben wurden (Fig.8).
Unter der Epidermis liegt ein Hypoderm aus einer einfachen
Reihe axiallanggestreckter, sehr stark verdickter, farbloser Skleren-
chymfasern von annähernd kreisf'6rmigem Querschnitte und mit
Fig.8.

JuniperllS Sabina.
Epidermis des Blattes aus der Region der Spaltöffnungen in der Fläche. Vergr. 1 : 460.

stumpfen oder spitzen, einfachen oder gegabelten Enden. Dieses


Hypoderm ist in den meisten Fällen am ganzen freien Saume des
Blattes nachweisbar. Gewöhnlich fehlt es unter der Ölhöhle(Lazarsky)
und immer unter der Zone der Spaltöffnungen. An das Hypoderm
schließt sich eine in der Regel zweireihige, chlorophyllflihrende
Palissadenschicht aus relativ kurzen und breiten Zellen an, auf
welche ein die Hauptmasse des Mesophylls bildendes Schwamm-
parenchym aus sphäroidalen Zellen folgt. Neben Chlorophyll finden
sich in den Zellen zahlreiche farblose Öl- oder Harztröpfchen.
Am äußeren freien Pole des Blattes ist das Mesophyll durch
eine bis an die Epidennis beziehungsweise das Hypoderm reichende
große schizolysigene ölhöhle verdrängt, die am Querschnitte als

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Thuja occidentalis L. und Biota orientalis l~nd1.


HJ
ein elliptisch begrenzter, von gelblich glänzenden Tröpfchen äthe-
rischen Öls bezw. Harz erfüllter Hohlraum erscheint.
Das zentrale Gefäßbündelsystem besteht aus vier am Quer-
schnitt diagonal einander gegenüberstehenden collateralen Gefäß-
bündeln mit nach innen liegendem Xylem, die gemeinsam ein
conzentrisches Gefäßbündel bilden. Die auf der Seite der Blätter
liegenden Gefäßbündel sind bedeutend kleiner als die dem Stengel
angehörigen, im transversalen Durchmesser liegenden. Der aus
spiralig oder mehr netzförmig verdickten 1'racheiden bestehende
Holzkörper zeigt deutlich eine radiäre Struktur durch g·anz schmale,
zwischen je zwei einfachen Reihen von Tracheiden vetlaufi:mde
.Markstrahlen. Zu beiden Seiten des Gefäßstranges , entsprechend
der breiten Übergangsgrenze der Blätter in den Stengel, links und
rechts von der Medianlinie befinden sich am Querschnitte, insel-
förmig begrenzt, Gruppen von Querbalkenzellen , deren Elemente
den schon bei Taxus beschriebenen charakteristischen Bau besitzen.
(In der Abbildung des Querschnittes sind diese Querbalkenzellen
nicht gezeichnet.)
Das Pulver von Sabina, beziehungsweise macerierte
Blätter sind in erster Linie durch die charakteristischen großen
Spaltöffnungen mit der ankerförmigen OuticulalTerdickung an bei den
Polen leicht erkennbar. Die Epidermis mit ihren lang'gestreckt
polygonalen perlschnurartig getüpfelten Zellen ist gewöhnlich noch
mit dem Hypoderm verbunden. Außer zahlreichen wie Bastfasern
aussehenden Hypodermfasern finden sich auch regelmäßig isolierte
oder in Gruppen vereinigte Querbalkenzellen vor. Der ätherisch-
?lige bezw. harzige Inhalt der ~Iesophyllzellen wird durch Kalilauge
III massenhafte, gelblich trübe glänzende 'rropfen verwandelt,
welche die Beobachtung recht sti)I:en. Ohloralhydrat uewirkt eine
farulose Lösung des Inhaltes.
Einen ga~~ ähnlichen Bau, sowohl hinsichtlich der allgemeinen
Struktur als der einzelnen Formelemente zeigen die bei uns als
Zierpflanzen häufig (besonders auf Friedhöfen) angehauten ver-
wandten Oupressineen:

5. Thuja occidentalis L. und Riota oricntalis Endl. (Leben;,;-


baum).
Von diesen verdient besonders der erstere Baum eine höhere
Beachtung, da mit seinen Blättern ebenfalls Vergiftungen zustande
gekommen sind. Die Zweige von Thuja sind flachgedrückt, am
Baume horizontal abstehend, in der Droge wie gepreßt aus-
sehend, die Zweigehen zweikantig , mit gegenständig vierzeilig
angeordneten, dicht angedrückten, zirka:l 171m langen Blättern
schuppenförmig besetzt. Die Blätter der Breitseite besitzen unter-
halb der Spitze eine kleine erhabene Üldrüse, den kanten ständigen
Blättern fehlt eine Drüse. Während die auf der Breitseite gele-
genen Blätter mit ihrer Spitze die Basis des nächsthöheren Blatte;,;
2"'

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20 Thuja occidentalis L. und Biota orientalis Endl.

decken, reichen die kielartig gewölbten Blätter des Randes nicht


bis zum nächsthöheren Blatte, wodurch zwischen je zwei Blatt-
paaren in den Zweigchen Einschnitte entstehen, die denselben ein
gegliedertes Aussehen geben (v. Vogl). Die Früchte sind Zapfen
mit 6-8 vierreihigen verholzten Zapfenschuppen und geflügelten
Samen.
Biota orientalis Endl. (Thuja oriental. L.) besitzt auf-
recht abstehende Zweige, die weniger stark zusammengedrückt
sind. Die Blätter sind kleiner als bei Thuja orientalis, alle mit
einer rinnig vertieften Öldrüse am Rücken. Eine Gliederung ist
nicht hervortretend. Die Zapfenfruchte besitzen ungeflügelte Samen.
An Querschnitten durch die Zweigehen beziehungsweise Blätter
treten die differenten Verhältnisse deutlich hervor.
S abi na: Querschnitt des Blattes fast halbkreisförmig, der
Blattrand vom Stengel schwach abgesetzt. Große elliptische Ölhöhle.
Thuja occidentalis: Querschnitt der an den Kanten
sitzenden Blätter lang ausgezogen, schmal elliptisch. Der freie
Blattrand deckt den Stengel seitlich. Die an der Breitseite stehen-
den Blätter mit halbkreisförmigem Querschnitte. Drüsen nur an
den breitseitigen Blättern;
Biota orientalis: Querschnitt' der kantenständigen Blätter
breit elliptisch, mit dem freien Saume den Stengel zum Teile deckend~
Unter der Spitze je eine, im Verhältnisse zu der von Sabina, auf-
fallend kleine, kugelige ölhöhle. Die breitseitigen Blätter halbkreis-
förmig,· ebenfalls mit einer kreisförmig begrenzten Ölhöhle.
Die Epidermis ist bei allen drei Spezies von gleichem Cha-
rakter, ebenso die übrigen Elemente, so daß bei total zerkleinertem
Materiale (Pulver z. B.) durch die mikroskopische Untersuchung
eine Differentialdiagnose mit absoluter Sicherheit nicht ausführ-
bar ist.
Dies wird aber in den meisten Fällen in toxikologischer
beziehungsweise forensischer Hinsicht insoferne von geringerem
Belange sein, als alle drei Pflanzen eine analoge Wirkung ent-
falten, so daß allein die Konstatierung, daß eS' sich um .eine der-
selben in einem Falle von Vergiftung handle, die toxikologische
Beurteilung des Falles aufklärt.
Abgesehen von diesen besonders häufig kultivierten Spezies wird in neuerer
Zeit auch die nordamerikanische Cupressinee Juniperus virginiana L. bei uns in
Gärten manchmal gezogen. Dieser Baum oder Strauch besitzt zum Unterschiede von
Sabina sparrig abstehende Zweige und aufrechte bläuliche Beerenzapfen und ist
im übrigen der Sabina äußerlich sehr ähnlich. Dasselbe gilt für die lebhaft rot
gefärbte Beerenzapfen besitzende Juniperus phoenicea L., die in den mediterranen
Ländern einheimisch ist. In ihrer Wirkung schließen sich diese Arten an Sabina an.
Chemie und Kasuistik. Der wirksame Bestandteil von
Juniperus Sabina ist ein ätherisches Öl, welches zu zirka 4-10%
darin vorkommt. Toxikologisch gehört dasselbe zu den scharf-
wirkenden Giften und wird hierdurch insbesondere der Uro-
genitalapparat heftig gereizt. Im Volke ist Sabina - wie Kobert

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Thuja occidentalis L. und Biota orientalis EndJ. 21


hervorhebt ~ wohl ausschließlich in verbrecherischer Absicht, und
zwar als Abortivum henutzt.
In diesem Sinne angewendet führt Sabina sehr schwere Ver-
giftungen und häufig den Tod herbei.
Noch gefahl'licher als Sabina ist nach Tschirch das Kraut
von Thuja (Zeitsehr. d. österr. Ap.-Ver. 189ß, NI'. 6 u. 7), in der
Schweiz Sevikraut genannt, das ebenfalls zu verbrecherischem
Abortus benutzt wird.

B. Angiospermen.
a) Monocotyle Pflanzen.
Die monocotylen Pflanzen sind entwicklungsgeschichtlich von
den ihnen gegenühergestellten dicotylen dadurch ausgezeichnet,
daß der Keimling nur ein einziges Keimblatt besitzt.
Äußerlich zeigt der Stamm selten Verzweigungen, die Blätter
siud gewöhnlich einfach, ungeteilt und fast durchwegs parallel
oder krummläufig nerviert ein Merkmal, das zwar auch manchen
Dicotylenblättern eigentümlich ist, bei den JVIonocotylen aber eine
Eigentümlichkeit der ganzen Ahteilung darstellt. Anatomisch ist
diese dadurch in erster Linie von den Dicotylen unterschieden, daß
die Gefäßbündel den sogenannten geschlossenen '1'ypus hesitzen.
Es fehlt ihnen jenes charakteristische Teilgewehe (Meristem)
zwischen Holz uud Bastteil , welches wir bei den Dicotylen als
Cambium bezeichnen, das durch stetige Neubildung von Elementen
des Gefäßbündels dieses fortwährend vergrößert, so daß schlieLllich
die ursprünglich in der Achse getrennt angeordneten einzelnen
Gefäßbündel sich durch Vergrößerung einander immer mehr nähern
und zuletzt zu einem einzigen großen Gefäßhiindelsystem ver-
schmelzen, als weiches wir z. B. den Stengel und den Stamm oder
die Wurzel einer dicotylen Pflanze auffassen können.
Im Gegensatze hierzu besitzen die Gefäßbündel der ~Ionoco­
tylen nicht die Eigenschaft, sich in ihrem Umfange zu verbreitern
und schließlich durch die Tätigkeit des Camhium miteinander zu
verschmelzen.
Wir finden daher am Querschnitte eines monocotylen Achsen-
teiles die Gefäßbündel in mehr oder weniger deutlich hervor-
tretender Gesetzmäßigkeit gesondert angeordnet. Es fehlen ihnen
auch Markstrahlen, gleichfalls ein wesentlicher Unterschied gegen-
über dicotylen GefäLlhündeln. Sie sind gewöhnlich von einer Endo-
dermis umgeben und besitzen collateralen, bicollateralen oder con-
zentrischen Bau, oder sie sind nach dem Typus des radialen
Gefäßbündels derart fiber dem Querschnitt der Achse angeordnet,
daß die vom Zentrum derselben ausgezogenen Radien abwechselnd
auf Xylem und Phloem stoßen. Durch übermächtige Entwicklung'
des Holzteiles können die l'hloemstrahlen auf ganz unscheinbare

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22 Lolium temulentum L. Taumelloch, Schwindelhafer.

Komplexe in der Peripherie zusammengedrückt werden und es


kann auf diese Weise ein Holzkörper - Holzring - entstehen,
der dem einer dicotylen Pflanze einigermaßen gleicht. Der Mangel
cambialen Gewebes, das bei den Dicotylen als ununterbrochene
oder nur durch die Markstrahlen unterbrochene Linie, ringförmig
durch den ganzen Querschnitt zwischen Holzring und Bastring
zu verfolgen ist, das Fehlen von Markstrahlen und schließlich
die Konstatierung der gewöhnlich in der Peripherie sitzenden, den
Holzkörper unterbrechenden Phloembündellassen einen monocotylen
und dicotylen Holzkörper am Querschnitte leicht unterscheiden.
In der Regel zeigt der Querschnitt des ganzen Achsenteiles zwei
durch eine feine Linie, die Endodermis (Kernscheide der Achse),
in der Nähe der Peripherie getrennte Teile, die Rinde und
den Kern.
Anfänger verwechseln nicht selten die Endodermis mit einem
Cambium, wenn sie, was nicht selten der Fall ist, aus einer mehr-
fachen Reihe etwas collabierter zarter Zellen besteht. Sie ist aber
leicht von einem Cambium dadurch zu unterscheiden, daß sie mit
den einzelnen Gefäßbündeln, die sowohl innerhalb als außerhalb
derselben liegen können, in gar keinem Konnex steht.
Auch an Dicotylen findet man, hauptsächlich in jüngeren
Achsenteilen, eine analoge Endodermis ausgebildet, die aber in der
späteren Entwicklung häufig nicht mehr nachweisbar ist.
Der Blattbau monocotyler Pflanzen ist gewöhnlich einfacher
als bei den Dicotylen, indem das :Mesophyll häufig nicht differen-
ziert ist.
6. Lolium temulentum L. Taumellolch, Schwindelhafer.
Diese zu den Gramineen gehörige Pflanze bildet ein, besonders
in feuchten Jahren auf Getreidefeldern , zumal Hafer, häufiges Un-
kraut, dessen Früchte in das Getreide gelangen und auf diese
Weise eine Verunreinigung des Getreides bewirken können.
Wenn auch nach Kobert sicher nachgewiesene Vergiftungen
am Menschen durch die Frucht dieser Pflanze nicht bekannt sind,
so sind doch Intoxikationen bei Tieren beobachtet worden und ist
der Nachweis von Teilen des 'l'aumellolchs im Getreidemehl in
toxikologischen Fällen von Bedeutung. Chemisch enthalten die
Früchte nach Hofmeister (1892) die kristallinische Base Temulin
als toxisch wirksamen Bestandteil, während nach den älteren von
Hofmeister widerlegten Angaben von Antze zwei Alkaloide, Loliin
und Temulentin, sowie die Temulentinsäure darin enthalten sind.
Die Frucht ist von zwei Spelzen eingeschlossen, von welchen
die äußere (Deckspelze) eine lange feine Granne trägt. . Die ge-
schälte Frucht ist zirka 1/2cm lang, länglich, am Grunde stumpf,
am Scheitel gestutzt, mit flacher Rückenseite und tieflängsgefurchter
Bauchseite. An der Basis des Rückens sitzt der kleine Keim. Der
Querschnitt der Frucht hat nierenf6rmige Gestalt.

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J,olium temulentum L., Taumelloch, Schwindelhafer. 2 i)'}

Ana tomie der Spelzen. Die äußere (untere) Epidermis zeigt,


in der Fläche beobachtet, zwei Formen von Zellen: 1. die soge':
nannten LangzeIlen, das sind im allgemeinen Umrisse rechteckig'
begrenzte derbwandige Zellen mit typisch wellig-zahnrad artig ver-
Fig.9.

III

i.S.
H

Al.

Lolium temulolltum (A. E. Vogl).


I Äußere Spelzenepidermis in der Fläche mit r. . ang-, einfachen und Zwilljllg~kurz­
zel1en (Ku. g). - 11 In kurze gekrümmte Haare vorgestülpte Kurzze]]en. - ill Quer·
schnittspartie aus der änßeren (a S) und inneren Samenhaut (i S), der hyalinen
Schicht (H), der Pilzschicht (p) und der Aleuronschicht (AI) nach Chloralbehandlung.

laufenden Seitenwänden, 2. die Kurzzellen, einzeln von kreisrunder


Begrenzung oder zu zweit derart aneinander liegend, daß die
eine 1'on der andern halbmondförmig umlagert wird (Zwillings-
zellen). Häufig findet man die Kurzzellen in kurze, spitze, schnabel-
artig gebogene, dickwandige Haare ausgewachsen. Besonders finden
sich am Rande und an der Spitze der Spelze zahlreiche kegelförmige,

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24 Lolium temuleutum L., Taumelloch, Schwindelhafer.

dickwandige, einzellige Haare. Die Spaltöffnungen vom charak-


teristischen Gramineentypus sitzen in Längsreihen zu Seiten der
Randnerven. Die Zellen der Epidermis stehen stets genau in Längs-
reihen hintereinander. Sie sind verkieselt (besonders die Kurzzellen)
und bleiben in der Asche erhalten (Fig. 9).
Hervorzuheben ist, daß alle Gramineen-Spelzen durch die erwäbnten Charak-
teristika der Epidermis ausgezeichnet sind und eine anatomische Differenzierung
der Früchte einzelner Spezies sich hauptsächlich auf die Haare und die diffe-
renten Eigentltmlichkeiten der Schichten der Frucht gründet.
Auf die Epidermis folgt ein Hypoderm aus einer ein-
fachen Reihe langer, fast vollkommen verdickter Faserzellen (nur
bei der Deckspelze), dann ein Schwammparenchym und endlich
die innere (obere) Epidermis der Spelze.
Die von den Spelzen befreite Frucht ist von einer dünnen,
mit der Samenhaut innig verwachsenen Fruchthaut - hier Frucht-
samenhaut genannt - bedeckt, an welcher nach entsprechender
Präparation (besonders mit Kalilauge) 5 Schichten am Querschnitte
deutlich erscheinen (Fig.lO).
1. Epidermis, aus axial gestreckten polygonalen, derbwan-
digen Zellen.
2. Mittelschicht, ein wenig charakteristisches schmales
Parenchym aus dünnwandigen farblosen, in der Fläche polygonalen
Zellen.
3. Querzellenschicht und 4. Schlauchschicht, die für
die Erkennung wichtigste Zellschicht. In der Fläche gesehen,
sechseckig länglich begrenzte, dünnwandige Zellen, deren Längs-
durchmesseI' senkrecht auf dem Längsdurchmesser der Epidermis-
zellen steht (daher der Name "QueneHen "). Ihre Wand ist farblos,
ihr Inhalt feinkörnig, bräunlich gefärbt. Regelmäßig anliegend an
die QuerzeUenschicht finden sich eigentümliche, senkrecht auf die
Längsachse der Querzellen gerichtete, schlauchförmige Gebilde,
die untereinander seitlich nicht im Konnexe stehen - die soge-
nannten Schlauchzelleu. Sie stellen den Rest der inneren Epi-
dermis der Fruchthaut dar, welche hiermit abgeschlossen erscheint,
aber mit der nun folgenden Samenhaut innig verwachsen ist.
5. Die Samenhaut läßt sich in zwei Schichten differenzieren,
die am Querschnitte durch einen collabierten äußeren braunen und
inneren farblosen Streifen angedeutet sind.
Im Flächenpräparate erscheinen die Zellen der äußeren Samen-
haut gestreckt polygonal mit braunem formlosem Inhalt erfüllt,
die Zellen der inneren Samenhaut polygonal mit knotig verdickten
Zellwänden und ohne Inhalt
Während bei den übrigen Gramineenfrüchten auf die innere
Samenhaut sofort die sogenannte Hyalinschicht, ein Rest des em-
bryonalen Nucellus, folgt, lagert sich bei Lolium temulentum
zwischen innere Samenhaut und Hyalinschicht ein eigentümliches,
aus feinen verschlungenen Fäden bestehendes Pilzgewebe ein,

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Lolium temulentum L., Taumelloch, Schwindelhafer. 25


das besonders mächtig an den unter den Kielen der Spelze ge-
legenen Partien der Frucht entwickelt ist.
Dieser von A. v. Vogl entdeckte Pilz stellt, abgesehen von
seinem biologischen Interesse, ein in anatomischer Hinsicht höchst
wichtiges Merkmal der Loliumfrüchte dar, in welchen er, wenn

l!'ig.l0.

I v

Lolinm temulentum (A. E. Vog(!.


I Gewebspartien der Fruchtsamenbaut in der Fläche. Ep Oberhaut, Q Quel'zellen
und Schlauc'hzellen (Schi), M Mittelschicht ; rechts Sa äußere, Si innere Samenhaut,
Al Aleuronschicht und äußerste Zellschicht des Mehlendosperms (End.~) mit Stärk('v
mehl. - II Stück der Epidermis des basalen Teiles der Fruchthaut. - 1II Aleuron-
schicht in der Fläche. - IV Stärkemehlt'ormen, stärker vergrößert. - TT Quer-
schnittsl'artie der Fruchthaut mit der hyalinen (H) und der Aleuronschicht (AU. Be-
zeichnungen sonst wie bei 1- VI. Längenschnit~spartie der Fruchthant mit den
pedpheren Teilen des Nährgewebes. Bezeichnungen wie bei I und IV. 1. End. Die
erste, 2. End. die zweite Zellreihe des Mehlendosperms.

auch nicht immer, so doch fast regelmäßig, wenigstens stellen-


weise vorkommt.
Die Vermutung v. Vogls, daß die bei einer Graminee höchst
auffallende giftige Wirkung des Taumellolchs auf die Anwesenheit
dieses symbiotisch vorkommenden Pilzes zurückzuführen sei, ist
umso begründeter, als uns die. neueren Forschungen über die

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26 Lolium temulentum L., Taumelloch, Schwindelhafer.

physiologische Wirkung der niedrigen Pilze, besonders der Spalt-


pilze viele analoge Aufschlüsse über die oft ganz erstaunlich
toxische Wirkung der Pilzgifte gegeben haben.
Das auf die Pilzschichte folgende Gewebe gehört bereits dem
eigentlichen Samenkerne an und besteht:
1. aus der sogenannten Hyalinschicht (Nucellarrest), am
Querschnitte nur als ein farbloser hyaliner Streifen sichtbar, an
Flächenpräparaten sehr undeutlich in Zellen zu differenzieren.
2. Die Aleuronschicht, eine Epidermis des Endosperms,
am Querschnitte einreihig, nur stellenweise zweireihig. In der Fläche
gesehen, gerundet polygonale (5-6seitige), derbwandige Zellen mit
farblosen Wänden, und mit feinkörnigem Aleuron (färbbar mit
Kochenille) erfüllt.
3. Das Mehlendosperm, welches die Hauptmasse des
Samenkernes bildet, besteht aus großen dünnwandigen Zellen, die
strotzend mit Stärkekörnern uud dazwischen ganz kleinkörnigem
Eiweiß erfüllt sind.
Die Stärkekörner ähneln sehr denen des Hafers. Zusammen-
gesetzt bilden sie kugelige oder eirunde, längliche Komplexe von
45-66/,_ Länge (v. Yogl). Die Bruchkörner sind scharfkantig
oder auf der einen Seite gerundet, polygonal. D = 3-5/",
Neben den zusammengesetzten Körnern spärlicher einfache
kugelige, spindeiförmige oder halbmondförmige Körner, Zwillinge,
Drillinge etc. wie beim Hafer.
Präparation. Ganze Früchte oder größere Fragmente, wie
sie sich in Hafergrütze z. B. vorfinden, untersucht man an Quer-
schnitten und an Flächenpräparaten.
Die letztern stellt man durch vorsichtiges Ablösen der Frucht-
samenhaut von in Wasser erweichten Früchten her. Man kann bei
entsprechender Sorgfalt sogar die einzelnen Schichten der Frucht-
samenhaut gesondert präparieren. Die Schnitte untersucht man in
Chloral oder Kalilauge, um die Gewebsschichten zu differenzieren,
und färbt sie nach gehörigem Auswaschen in Wasser mit Safranin
oder Fuchsin, wodurch besonders die Pilzschicht deutlich wird.
Natürlich ist in derartigen Präparaten die Stärke und das
Aleuron zerstört. Will man diese erhalten, müssen die Schnitte
direkt in Glyzerin eingelegt werden. Einweichen in Wasser zer-
stört ebenfalls die Form des Aleurons, das aber als feinkörniger
Detritus in den Zellen erhalten bleibt und mit Cochenille gefärbt
werden kann.
Das Mehl von Lolium temulentum untersucht man wie
alle Mehle zuerst in Wasser, dann in Chloral oder Kalilauge.
Zum Aufsuchen der charakteristischen Gewebselemente ist die bei
Secale cornutum angegebene }\iethode der Färbung mit Naphtylen-
blau nach YogI empfehlenswert. Differentialdiagnostisch ist in
erster Linie maßgebend die Stärke (Weizen, Roggen, Gerste haben
einfache, kreisrund-scheibenförmige Stärke, Hafer analoge Formen

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Arum maculatum L., Gefleckter Aronsstab. 27


wie Lolium), die Elemente der Spelzen, hauptsächlich die Haare der-
selben (Weizen- und Roggenmehl besitzt keine Spelzen elemente,
wohl aber Gerste und Hafer; die Haare sind bei Weizen und Roggen
von der Fruchtsamenhaut stammend, lang, stark verdickt, ebenso
finderr sich lange Haare bei Hafer und Gerste, während Lolium
nur kurze Haare der Spelzen besitzt), die Querzellenschicht , die
hauptsächlich durch ihre starke Pigmentierung und die relative
Kleinheit der Zellen von denen der Cerealien sich unterscheidet,
und endlich als wichtigstes Merkmal das Pilzgewebe , das den
übrigen Cerealien ganz fehlt.
Eine Erkennung der Taumellolchfrüchte als Veru~1reinigung
des Mehles setzt die genaueste Kenntnis der anatomischen Ver-
hältnisse unserer Getreidefrüchte als Grundbedingnng voraus, da
gerade im Gebiete der Mehluntersuchung die Schwierigkeiten der
Diagnose ungemein große und Trugschlüsse sehr leicht möglich sind.

7. Arum maculatum L. Gefleckter Aronsstab.


Die zur Familie der Araceae gehörigen Vertreter der Spezies
Arum und Calla sind insgesamt durch Gehalt an giftigen Sub-
stanzen ausgezeichnet.
Inshesonders in der älteren Literatur (Wibmer, Gmelin) sind
auch tötliche Vergiftungen durch Teile derselben, speziell die
Wurzel erwähnt.
Die publizierten Vergiftungen der neueren Zeit betreffen
jedoch seltenere, bei uns nur als Topfgewächse etc. kultivierte aus-
ländische Arten (Blüte von Dieffenbachia Rex bei eiuem dreijährigen
Knaben. Brit. med. Journ. , 1888, pag. 1279; Wurzel von Calla
Aethiopica als Meerrettig verwendet. Panthel, Memorabil., 1882,
pag. 158; Blattstiel von Arum odorum, 1872; Beckurts cit.). Das
guyanische Pflanzengift "Maschi" stammt aus den Wurzelknollen
von Arum venenaturn.
Von den in Mitteleuropa bzw. Südeuropa vorkommenden
Arten (Arum maculatum L., A. italicum Miller und A. Arisarum L.)
ist Arum maculatum die wichtigste Art. Ihr Wurzelstock war
früher offizinell und ist heute wohl nur mehr noch als Volksmittel
gebräuchlich. Übereinstimmend wird hervorgehoben, daß bloß die
irische Wurzel Giftwirkung besitze, während die getrocknete Wurzel
oder die durch Wasser ausgewaschenen Teile derselben, speziell
ihre Stärke, sogar als Nahrungsmittel verwendet werden können.
Allerdings erhält sich nach Wiggers*) der den pfeffer artig
scharfen Geschmack der Wurzel hervorbringende Giftstoff bei guter
Aufbewahrung außerordentlich lange. In früheren Zeiten stellte
man aus verschiedenen Arum-Arten den sogenannten Portland-
Sago (Portland Arowroot) her, der aber gegenwärtig im Handel
nicht mehr vorzukommen scheint.

*) Pharmakognosie, Göttingen 1857.

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28 Arum maculatum L., Gefleckter Aronsstab.

Über das giftige Prinzip sind die Ansichten keineswegs ge-


klärt. Nach Bird ist dasselbe eine flüchtige Pflanzenbase das
Aronin, nach Anderen ein zu den Saponinen gehöriges Glykosid
Arin etc. Für die Annahme einer Saponinsubstanz spricht der Um-
stand, daß nach Grnelin der Wurzelstock in manchen Gegenden
als Seifenwurzel verwendet wurde.

Die grundständigen langgestielten, unten scheidigen Blätter


von Arum maculatum besitzen spießförmige Gestalt und sind häufig
purpurn gefleckt. Der Blütenstand (Blütenkolben) ist von einer
grossen , ihn weit überragenden, blaßgrünen Scheide eingehüllt,
die nach dem Abblühen verwelkt.
Zu unterst am Blütenkolben sitzen dichtgedrängt die aus
einem einfächerigen, mehrsamigen, rundlichen Fruchtknoten und
einer sitzenden halbkugeligen Narbe bestehenden weibliehen Blüten,
während die männlichen Blüten weiter oben den Kolben kreis-
förmig umgeben. Zwischen den männliehen und weiblichen sitzt
gewöhnlich ein Kreis unfruchtbarer Blüten, ebenso einer oberhalb
des Kreises der männlichen.
Das Ende des Kolbens ist unfruchtbar, stabförmig, bzw. keulen-
förmig verlängert, purpurbraun geütrbt.
Die Friichte sind scharlachrot gefärbte, einfächerige , viel-
samige Beeren.
Der knollenförmige Wurzelstock wird gewöhnlich im Herbste
eingesammelt, geschält und auf Schniiren gereiht getrocknet.
Es sind haselnuß- bis walnußgroße Knollen, rundlich, eiförmig,
mit einem braunen, stark gerunzelten Periderm bedeckt, von
zahlreichen dünnen, fleischigen Nebenwurzeln besetzt, frisch am
Querschnitte weiß, saftig, hartfleischig, getrocknet fast horn-
artig hart.
Die Handelsdroge ist regelmäßig sorgfältig geschält, an der
Oberfläche weiß, hart, gewöhnlich durchbohrt.'
Geschmack der frischen Wurzel heftig brennend (an der
Zunge blasenziehend), getrocknet geschmack- und geruchlos.
Anatomie der Wurzelknollen. Unter einem bräunlichen
Periderm befindet sich ein gleichmäßiges Grundparenchym aus
diinnwandigen großen Zellen, die strotzend mit Stärkekörnern er-
flillt sind. Zahlreiche Zellen enthalten lange feine Raphiden in
Bündeln. Die spärlichen Gefäßbiindel verlaufen sehr unregelmäßig
am Querschnitte und besitzen ringförmig oder treppenförmig ver-
dickte, ziemlich enge Gefäße.
Fiir die Charakteristik ist am wesentlichsten die Form der
Stärkekörner.
Diese sind zu zwei, drei, vier oder zu oft recht umfangreichen
vielkörnigen Komplexen komponiert. Die Teilkörner sind pauken-
förmig, mit einem abgerundeten Pole und einer oder mehreren
ebenen Adaptierungsflächen und besitzen gewöhnlich eine kleine,

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Arum maculatum L., Gefleckter Aronsstab. 29


im Zentrum liegende, nmde Kernhöhle , selten eine Kernspalte.
D = 5 [1., seltener 5-10 ('- oder unter 5 [1-.
Im Pulver ist hauptsächlich das Amylum vorherrschend,
dazwischen zahlreiche Kristallnadeln , aus den Raphidenbündeln
herrührend, unverändert erhaltene Raphidenzellen , Treppen- und
Ringgefäße (Fig.ll).
Da das Pulvern ein scharfes Austrocknen des Wurzelstockes
voraussetzt, wodurch die Giftigkeit desselben behoben wird, dürfte

Fig.11.

Arum maculatum.
Elemente des Wnrzelpulvers. a Stärke; g Treppengefäß und anhängendes Parenc~ym
nach Behandlung mit Chloralhydrat, r Raphidenkristalle, TZ Raphidenzelle. Vergr. 1 : 345.

das Pulver wohl selten Gegenstand einer toxikologischen Unter-


suchung sein.
Differentialdiagnostisch wäre hervorzuheben, daß Rhi-
zoma Veratri sehr ähnliche Gewebsbestandteilezeigt (Amylum,
ähnlich komponiert, Raphiden, Treppengefäße).
Wenn es sich aber um die Untersuchung größerer Fragmente
handelt, wird die Differentialdiagnose auf Grund der ganz ver-
schiedenen äußeren Form, des Querschnittes und der für Veratrum
charakteristischen Reaktion mit Schwefelsäure keiner Schwierigkeit
unterliegen.

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30 Colchicum autumnale L., Herbstzeitlose.

8. Colchicum autumnale L. Herbstzeitlose (Semen Colchici,


Pharm. Austr.).
Eine bekannte, in ganz Europa einheimische, hauptsächlich
auf feuchten Wiesen wachsende Pflanze, deren rosarote Blüten im
Herbste auftreten.
Colchicum gehört zu den sogenannten scharf narkotisch wir-
kenden Pflanzen und ist relativ häufig die Ursache von gewöhn-
lich schweren Vergiftungen bei Tieren .
und Menschen. Fig. 12.
In der neueren Literatur finden wir
verzeichnet eine Massenvergiftung von
14 Kühen, von welchen 4 verendeten
(Rompel, Mitt. aus d. tierärztl. Praxis im
preuß. St., 1882, pag.30), und eine Ver-
giftung von 3 Pferden (Wochenschr. f.
Tierheilk., 1871, Nr. 60). Durch die un-
reifen Samen vergiftete sich im Jahre t
1884 ein Knabe tötlich (Werner, Würt-
temb. Korresp.-Bl., pag. 269). Durch die
Blätter wurden im Jahre 1882;) Personen,
darunter eine tötlich, vergiftet, von f
welchen sie irrtümlich als Salat ver-
wendet wurden (Gaz. des höp., 1882,
pag.427).
Eine Vergiftung von 4 Personen
durch englischen Ale im Jahre 1874
wurde auf Colchicum autumnale zurück-
geführt (Jahrb. f. ger. Med., Bd. CLXIV,
pag.17).
Vergiftungen durch Präparate von w
Colchicum, Tinktur, Extrakt, Colchidn etc.
sind mehrfach beobachtet worden und
durch ihren schweren '- gewöhnlich töt- Colchicum autumnale
lichen - Verlauf bemerkenswert. (A. Tschirch).
Längsschnitt durch den ba.salen
Chemisch enthält die Pflanze (be- Teil. k Knollen, t Niederblatt
sonders Samen und Wurzelknollen) zwei bildend),
(heide zusammen den Bulbotuber
'LV ""'urzeln, f .Frucht-
Alkaloide, das Colchicein und das Col- knoten, b Blätter, g Griffel.
chicin (Methyläther des Colchiceins).
Colchicum besitzt einen herzförmigen, zirka haselnußgroßen
Knollen (Fig. 12), dessen eine Seite gewölbt, die gegenüberlie-
gende mit einer tiefen Längsfurche versehen ist, in welcher der
Grund des blühenden Stengels liegt. Nach unten entspringen aus
dem Knollen zahlreiche dünne Wurzeln. Die mit ihrem Grunde im
Boden sitzende, einfache, rosarot gefärbte Blütenhülle besteht
aus einer langen Röhre, die oben in einen sechsspaltigen, glocken-
f6rmigen Saum erweitert ist. Die sechs Staubgefäße sind dem
Schlunde der Blumenkrone eingefügt. Aus diesem ragen die 3 farb-

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Colehieum autumnale JL, Herbstzeitlose. ;)1

losen länglichen Narben des langen fadenförmigen Griffels hervor,


der sich an dem tief im Boden liegenden Fruchknoten inseriert.
Dieser ist dreifächerig, vielsamig.
Zur Zeit der Blüte (im ersten Jahre) finden sich in dcr
Pflanze noch kcine Blätter vor, diese entwickcln sich erst im
zweiten .Jahre. Zugleich wäehst das dem Knollen aufsitzende kurze
Stengelstück zu einem sekundären Knollen aus, während der erste
Knollen abstirbt. Nach oben von dem neugebildeten Knollen ent-
wickelt sieh ein neucs Stengelglied, welches die nun völlig aus-
gebildete Frucht über den Boden erhebt (Fig. 12).

:Fig.13.

Colchicum autumnale.
Epidermis der Oberseite des Blattes mit daruntf)r licw~nden Pa]jssadenzellell. In den
Schließzc1l8u der Spaltöffnungen uud den Palissadcllzc!len Chlorophyl1körner.
Yergr. 1: 345.

Die in diesem Stadium völlig entwickelten Blätter sind breit


lanzettlich-länglich, 20-30 em lang, mit ihrer Basis scheidig den
Stengel umfassend, ziemlich stumpf, ganzrandig, parallel nerviert,
von dunkelgrüner Farbe, im untersten seheidigen Teile farblos,
kahl. im fi'isehen Zustande etwas fleischig.
, Die Frucht ist eine trockene, aufgeblasene, dreifächerige,
zirka 5 em lange vielsamige Kapsel.
Die Samen sind kugelig, 2~;) 111m lang, an einer Seite
durch einen kleinen Nabelwulst gespitzt, von brauner bis sehwärz-
licher grubig punktierter Oberfläche. Unter der dünnen. harten
Samenschale liegt das dcn weitaus größten Anteil des Samen-

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32 Colchicum autumnale L. t , Herbstzeitlose.

kernes einnehmende, weißgrau gefärbte, getrocknet harte Endo-


sperm. Der Keim ist verschwindend klein und liegt an der dem
Nabelwulst gegenüberliegenden Seite des Endosperms.
Anatomie des Blattes. Die Epidermis der Blätter ist auf
beiden Seiten gleich gestaltet und besteht aus dünnwandigen
polygonalen (in der Fläche rechteckigen), in Längsreihen geordneten,
nach der Längsachse des Blattes gestreckten Zellen und zwischen
ihnen stellenweise auffallend kurzen, in der Fläche rundlichen
Zellen (L. 105 f'. und Br. 25 p.) (Fig. 13).
Die rundlichen Zellen sind wohl als Mutterzellen der Spalt-
öffimngen aufzufassen.
Fig.14.

Colchicum autumnale.
Querschnitt des Blattes, im Mesophyll 2 Gef'aßbündel, in der Epidermis beiderseits je
eine Spaltöffnung. Vergr. 1: 517.

Spaltöftimngen kommen zahlreich vor und sind parallel zur


Längsachse orientiert, von elliptischer Förm (L. 40 f'.), an ihren
beiden Polen mit einer ziemlich auffallenden Verdickung der Zell-
wand versehen. Sie liegen regelmäßig im Zentrum von vier be-
nachbarten Epidermiszellen.
Das Mesophyll besitzt zentrischen Bau, oberseits und unter-
seits eine einfache Palissadenschicht. Die Zellen derselben sind
ziemlich locker angeordnet, am Querschnitte etwas bauchig und
an der verbreiterten Stelle aneinanderstoßend, während der obere
und untere Teil der einzelnen Zelle mit der benachbarten nicht
verbunden ist (Fig.14).
Eine Aufnahmsschicht ist nur undeutlich nachweisbar; das
breite zentrale Schwammparenchym besteht aus rundlichen unver-
ästelten Zellen.

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Colchicum autumnale L., Herbstzeitlose. 33

Die' Blattnerven sind gewebläufig (äußerlich nicht hervor-


tretend) und bestehen aus von einer deutlichen Schutzscheide ein-
geschlossenen collateralen Gefaßbündeln mit geringer Ausbildung
des Holzteiles.
Kristalle finden sich im Mesophyll nicht vor.
Anatomie der Wurzelknollen. (Sekundäre Knollen, im
Frühjahre gesammelt.) Die Epidermis besteht aus polygonalen
Tafelzellen mit gelbbräunlichem oder farblosem Inhalte. Ihre
Innenwand ist an Querschnitten stärker verdickt, schleimig er-
scheinend, der ganze übrige Querschnitt ein gleichmäßiges Grund-
parenchym aus rundlichen dünnwandigen großen Zellen, strotzend
mit Amylum getullt (Fig. 15).
Im Grundparenchym verlaufen ziemlich regellos angeordnet
zahlreiche Gefaßbündel von collateralem oder bicollateralem Bau,
bestehend aus engzeIligem Cambiform und spärlichen treppen-
förmigen Gefaßen.
Die Stärke ist regelmäßig komponiert, die Teilkörner typisch
paukenförmig, in der Fläche kreisrund mit einem im Zentrum ge-
legenen kleinen Kern oder einer strahligen Kernhöl1le CD. 5-20 tJ·).
Um den Knollen herum findet man die mit demselben noch
fest zusammenhängende Blattscheide, die aus einem jederseits
von der Epidermis eingeschlossenen, zirka 7001J· breiten, stärke-
führenden Parenchym besteht.
Der erstentstandene (primäre) Knollen unterscheidet sich
(im Herbste gesammelt) von dem im Frühjahre oder ersten Sommer
gesammelten sekundären Knollen durch seine Querschnittsform,
welche nierenförmig ist, während dieser am Querschnitt kreis-
förmig begrenzt ist.
Im Frühjahre des zweiten Jahres findet man den primären
Knollen ganz collabiert.
Anatomie der Samen. An der dünnen Samenhaut lassen
sich zwei Schichten unterscheiden, eine itußere aus 2-3 Reihen
dünnwandiger, mit gelblichem Inhalt versehener Zellen und eine
innere sehr collabierte Schicht braun pigmentierter Zellen. Das
Endosperm besteht aus sehr regelmäßigen, breitgetüpfelten, dick-
wandigen Zellen mit farblosen Wänden, deutlich in primäre und
sekundäre Membran geschieden, die dicht erfüllt mit kleinen
eckigen Aleuronkörnern und Öltropfen sind (Fig. 16).
Mikrochemie. Da das Colchicin einige recht charakte-
ristische Farbenreaktionen zeigt, ist die mikrochemische Unter-
suchung der Teile, sofern sie nicht zu lange abgelagert oder
sonstwie verändert sind, gewöhnlich von Erfolg begleitet.
Das Alkaloid sitzt (nach Erera, Maistriau und Clautriau, sowie
Herrmann) vornehmlich in den Zellen der Epidermis des Blattes,
der Knollenscheide und des Knollens, in den Gefaßbündelscheiden
und im Phloem der Gefaßbündel des Blattes, sowie in den Ge-
faß bündeln des Knollens. Im Samen wird besonders die innerste
Mit 1 ach er, 'foxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 3

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34 Colchicum autumnale L., Herbstzeitlose.

Fig.15.

fn p

II
in p III

VV"'urzelknollell von Colehicum autumnale (A. E. Vogl).


II)artie des Querschnittes uud II des Längenschnittes. p Stärkemehl führendes Grund-
parencllym I [v Gefäßbündel. - 111 Stärkemehlkörner der Wurzelknolleu stärker
yürgrößert.

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Colchicum autumnale L., Herbstzeitlose. 35

pigmentierte Schicht der Samenhaut als Sitz des Alkaloids an-


gesehen (Blau*), Barth). Doch dürften auch im Endosperm, bzw.
Embryo, in den Öltropfen, .wie auch Barth zugibt, Spuren des
Alkaloids enthalten sein, während nach Blau das Endosperm kein
Alkaloid enthält. Die deutlichste Reaktion erzielt man durch An-
wendung von Salpetersäure (spez. Gew. 1·4) und darauf folgenden
Zusatz von Kali nach Struve, wobei sich eine intensiv rote Fär-
bung entwickelt, oder durch Schwefelsäure und darauf folgenden
Zusatz von Salpetersäure oder Salpeterkriställchen.
Fig.16.

s s

E
E

Colchicum autumnale (A. E. Vogt).


Querscbnittspartie des Samens. S Samenhaut , E Endosperm.

Mit Kalilauge farben sich. Schnitte durch den Knollen gelb,


und zwar besonders die Epidermis der Blattscheide und des
Knollens, die Gefaßwände und die Zellen des Gefäßbündels.
Die Färbung geht später, besonders in den Randpartien, in röt-
lich über.
Auch Querschnitte durch die Samen färben sich intensiv
gelb bis gelbgrün, und zwar hauptsächlich die Samenhaut und

*) Mr. Han8 Blau, Der Colchicingehalt der Herbstzeitlosesamen. Zeitsehr.


d. Allg. österr. Apothekervereins, 1903, Nr. 40 ff.
3*

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36 Colchicum autumnale L., Herbstzeitlose.

das Gewebe der Oaruncula, welches häufig ziemlich mächtig ent-


wickelt ist. Das Endosperm wird schwächer gelbgrün gefärbt.
Konzentrierte Schwefelsäure färbt die Knollenschnitte diffus
erst gelb, dann grün, die Scheide bräunlich. Nach längerem
(zirka 12stündigem) Liegen der Schnitte in dieser Säure sind die
Gefäßwände violett und die Epidermiszellen im Inhalte rot gefärbt.
Die anfängliche Gelbfärbung ist vollkommen geschwunden. Salz-
säure gibt gelbgritne Färbung, Salpetersäure braune Färbung des
Zellinhaltes.
Ähnlich verhalten Hich getrocknete reife Samen, nur daß die
Reaktion bedeutend schwächer ausfällt und gewöhnlich nur auf
eine diffuse Gelbfärbung des ganzen Querschnittes beschränkt bleibt.
Durch Erwärmen mit verdttnnter Schwefelsäure tritt eine
rosenrote Färbung auf.
Von den gewöhnlichen Fällungsmitteln für Alkaloide sind
Jodjodkalium (schwacher brauner Niederschlag), Pikrinsäure (deut- .
licher gelber Niederschlag nach achttägigem Liegen der Knollen
im Reagens), Tannin (ebenso behandelt) nach Barth die zuver-
lässigsten.
Die Färbungen sind vornehmlich auf die oben erwähnten
Stellen beschränkt, verbreiten sich aber, da es sich um gelöste
"Stoffe handelt, schließlich über den ganzen Querschnitt.
Auch im Pulver der Samen und Knollen sind die Reak-
tionen hervortretend.
Das Pulver der Wurzelknollen zeigt wenig typische
Zellformen. Hauptsächlich findet sich massenhaft Stärke von dem
oben beschriebenen Oharakter vor. Die Gefäße zeigen treppen-
förmige Verdickung. Die Elemente der Epidermis des Knollens
und der Hülle sind an dem gewöhnlich gelbbräunlichen Inhalte
und dem Mangel von Stärke als Inhalt erkennbar.
Das Grundparenchym ist sehr dünnwandig.
Besonders ist in differentialdiagnostischer Hinsicht auf
das vollkommene Fehlen von oxalsaurem Kalk in irgend welcher
Form Gewicht zu legen, sowie auf die treppenf6rmige Verdickung
der Holzgefäße.
Veratrum und Arum macul. besitzen Raphiden, während
ähnliche Wurzelpulver dicotyler Pflanzen meist anders verdickte
Gefäße besitzen.
Das Pulver der Samen ist charakterisiert durch massen-
hafte Aleuronkörner (bei Untersuchung in fettem öl), die charakte-
ristisch grob getüpfelten und dadurch knotig erscheinenden farb-
losen Zellen und Zellfragmente des Endosperms und die braun
gefärbten Elemente der Samenhaut. In Wasser oder Ohloral etc.
treten zahlreiche farblose Öltropfen auf (Fig. 17).

Auf die mikrochemischen Reaktionen wurde oben hin-


gewiesen.

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Veratrum album L. t weißer Germer, weiße Nieswurz. 37

9. Veratrum album L., weißer Germer, weißeNies-


wurz.
Eine zur Familie der Liliaceae-Colchicaceae (Melanthaceae)
gehörige krautige Pflanze, die in ganz Mittel- und Südeuropa auf
Alpenwiesen etc. häufig vorkommt.
Ihre Giftigkeit beruht auf den zwei Alkaloiden Jervin und
Veratroidin.
Bekanntlich erregt das Pulver der Wurzel und wohl auch das
der Samen, auf die Nasenschleimhaut gebracht, heftiges Niesen.
Äußerlich wird das Pulver als Niespulver und gegen Läuse im
Volke angewendet und auf diesen Gebrauch sind auch gewöhnlich
Fig.17.

e'

s
Colcbi c um an tumnale.
Elemente des Samenpulvers. e Bruchstücke des Endospermgewebes und e l der Endo-
spermzellen, s Fragmente der Samenhaut, bei s' mit einer Reihe von Endospermzellen,
dazwischen Öltröpfcheu.

die Vergiftungen, wie sie in der älteren Literatur verzeichnet


sind, zurückzuführen. Gmelin zitiert nach Vicat die günstig ver-
laufene Vergiftung einer ganzen Familie durch Nieswurzpulver,
das, zum Vertreiben von Läusen bestimmt, aus Versehen an Stelle
von Pfeffer zum Würzen einer Suppe benutzt wurde.
Von den zahlreichen zum Teile tödlichen Vergiftungsfällen,
die Wibmer aus der Literatur anfangs des 19. Jahrhunderts er-
wähnt, sind die meisten auf den Gebrauch der Wurzel als Volks-
mittel, innerlich und äußerlich, entstanden.
Veratrum nigrum L. (schwarzer Germer), eine ebenfalls
in Österreich und der Schweiz vorkommende Bergpflanze, ist
zwar ebenfalls durch analogen Alkaloidgehalt ausgezeichnet 1 je-
doch kasuistisch ohne Bedeutung'

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38 Veratrum album L., weißer Germer, weiße Nieswurz.

Veratrum album besitzt einen senkrechten fleischigen aus-


dauernden Knollstock (Rhizoma), der mit zahlreichen fleischig-
dicklichen Nebenwurzeln besetzt ist.
Der Stengel ist aufrecht, über 1 m lang, mit wechselstän-
digen, breit elliptischen, gefalteten, spitzen oder zugespitzten, stengel-
umfassenden, ganzrandigen Blättern mit krummläufiger Nervatur
besetzt, unten weißlich behaart. Die Bluten stehen in endständigen
Rispen. Die unteren zwitterig, die oberen männlich. Die einzelnen
Blüten sind sehr kurz gestielt, ihr Perigon tief sechsteilig, rad-
f6rmig, grünlich-weiß. Sechs Staubgefäße. Fruchtknoten länglich
mit drei nach auswärts gebogenen Narben.
J<rucht eine dreispaltige, septizid aufspringende, vielsamige
Kapsel. Der Same zirka 2 mm lang, bräunlich, grubig, geflügelt.
Veratrum Lobelianum (grünblütiger Germer) Bernhard (viridi-
florum Koch) hat beiderseits hellgrün gefärbte Blüten.
Bei Veratr. nigrum L. sind die Blüten dunkelviolett.
Der getrocknete Wurzelstock- die Handelsware -
besteht aus zirka 4-5 cm langen, 2-3 cm dicken stielrunden
oder nach unten dicker werdenden Stücken, an deren oberem
Teile ein Schopf von Stengel- und Scheidenresten sitzt, und ist
dicht besetzt mit stark eingeschrumpften, bis 1/2 cm dicken quer-
runzeligen, gelb gefärbten Nebenwurzeln.
Der Wurzelstock ist an der Oberfläche schwarz, getrocknet
geruchlos und von anhaltend scharfem~ etwas bitterem Geschmack.
Querschnitt des Wurzelstockes klein buchtig, kreis-
rund begrenzt. Dünnes Periderm, darunter eine zirka 1/2 cm breite,
weiß gefärbte Rinde, die durch eine feine braune Kernscheide vom
gleichfalls weiß gefärbten Kerne getrennt ist. In diesem zahlreiche,
besonders an der Kernscheide dicht gedrängte größere und kleinere
gelbe Punkte und Linien, von den Gefäßbündeln herrührend. Kon-
zentrierte Schwefelsäure färbt den Querschnitt erst gelb, dann
rot, welche Farbe nach längerer Aufbewahrung schließlich in blau-
schwarz übergeht.
Querschnitt der Nebenwurzeln kreisrund, weiß, der
Kern im Verhältnis zur Rinde sehr schmal, gelb gefärbt.
Anatomie des Wurzelstocks. Unter einem mehrschichtigen
braun gefärbten Periderm liegt das Parenchym der Rinde aus
sphäroidal polygonalen, dünnwandigen, getüpfelten, farblosen Zellen,
mit Amylum und einem schwach gelblich gefärbten eingetrockneten
Zellsaft erfüllt (Fig. 18).
Die Endodermis erscheint am Querschnitte aus einer ein-
fachen Reihe quadratisch bis rechteckig begrenzter seitlich und
nach innen stark verdickter, grob getüpfelter, axial gestreckter
Zellen mit gelb gefärbter Wand zusammengesetzt. Der Kern,
ein der Rinde gleichgestaltetes Grundparenchym , enthält sehr
zahlreiche Gefäßbündel, die aber großenteils in schi e fe r Rich-
tung verlaufen.

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Veratrum album L., weißer Germer, weiße Nieswurz. 39

Sie sind besonders gedrängt unmittelbar an der Endodermis


und zeigen collateralen oder conzentrischen Bau 1 bzw. Übergänge
zwischen beiden Typen. Das vorwiegend aus Treppengefäßen 1 sel-
tener Netzgefäßen gebildete Xylem ist bedeutend mächtiger entwickeltl
als das aus zartwandigen Cambiformzellen bestehende Phloem.
In spärlicher Anzahl finden sich zwischen den stärkeführen-
den Parenchymzellen in axialen Reihen stehende Zellen mit
Fig.18.

K'I's

p p

Veratrum album.
Partie des Querschnittes aus dem Wurzelstock. Krs Kernscheide , p Parenchym des
äußeren rindenartigen Teiles, fv Gefäßbündel, an die Kernscheide einwärts sich an-
schließend. (A. E. Vogl.)

Raphidenbündeln aus oxalsaurem Kalk. Die Stärke ist komponiert


und kleinkörnig (D. = 51 seltener 10 P')l nicht charakteristisch.
~likrochemie. Auf Zusatz von Schwefelsäure erfolgt an-
fangs eine gelbe 1 später in rot übergehende Färbung des Zell-
inhaltes 1 die besonders die Rinde betrifft. Nach längerem Stehen
scheiden sich in derselben massenhafte kleine wetzsteinf6rmige
oder prismatische Kriställchell ab 1 die jedenfalls dem Jervin an-
gehören 1 während die Färbung auf Veratroidin zurückzuführen
sein dürfte.

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40 Yeratrum album L., weißer Germer, weiße Nieswurz.

Salzsäure bewirkt in der Kälte nach längerer Einwirkung


einen feinkörnigen farblosen Niederschlag. Beim Erwärmen färben
sich die Schnitte bräunlich-rot.
Nach Rundquvist sind bloß die stärkeftihrenden Parenchym-
zellen des Rhizoms und der Nebenwurzeln alkaloidhaltig (Pharm.
Post, 1901, pag.117 und Strassburger) Bot. Prakt., pag. 730).
Anatomie der Nebenwurzel. Die Epidermis besteht aus
polygonalen, axial gestreckten Zellen mit bräunlicher Zellwand,

Fig.19.

II Krs p

Veratrum album.
Partie de.R Querschnittes der Nebenwurzel. P Parenchym außerhalb der Kernscheide
(Krs) (Endodermis), H geschlossener Kreis der Gefäßbündel, sp Holzgetliße. (A E. Vogl.)

die am Querschnitte durch die nach außen gewölbte Außenwand


fast papillös erscheinen. Darauf folgt eine gewöhnlich einzellige
Schicht von dünnwandigen Hypodermzellen, deren radiale Wände
verkorkt sind, und die breite Rinde aus dünnwandigen, farblosen,
am Querschnitte rundlich polygonalen Zellen mit Stärke als Inhalt.
Dieses Parenchym ist in der Peripherie von breiten Luftinterstitien
durchzogen, wodurch die auffallend starke Schrumpfung getrockneten
Materiales erklärt ist.
Der zentrale, am Querschnitte kreisrund begrenzte schmale Kern
ist von einer Kernscheide eingehüllt, deren Zellen am Querschnitte

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Yeratrum .album L., weißer Germer, weiße Nieswurz. 41

quadratisc.h sind und eine typische hufeisenförmige Verdickung


(Seiten- und Innenwand stark verdickt und gelb gefärbt, Außen-
wand dünn) besitzen (Fig.19).
An radialen Längsschnitten erweisen sich die Zellen als
axial gestreckt, prismatisch mit stark und sehr regelmäßig ge-
tüpfelter Innenwand.
Der Kern zeigt typisch die Anordnung eines radialen viel-
strahligen Gefäßbündels mit Überwiegen der verholzten Elemente.

Fig.20.

cb Kl's K

sp cb Krs K
Yeratrum album.
Partie des Längsschnittes unmittelbar außerhalb und jnnerhalb der Kernscheide
(I(rs) (Endodermis). PParenchym außerhalb der Kernscheide mit einer senkrechten
Reihe von Bal'hidenzellen (K), cb Cambiformgewebe, sp Holzgofäße. (A. E. Voql.)

Die gegen die Peripherie immer kleiner werdenden Gefäße


stehen in radialen Reihen und sind umgeben von verholztem, dünn-
wandigem Gewebe, welches auch das Zentrum des Kernes ein-
nimmt. Alternierend mit den Xvlemstrahlen finden sich die Phloem-
komplexe unmittelbar unter der Endodermis gelagert. Sie bestehen
aus dünnwandigem, engzeIligem Cambiform (Fig.20).
Raphidenzellen finden sich in axialen Reihen in der Rinde
vor, und zwar häufiger als im Rhizom.
In der Stärke und dem mikrochemischen Verhalten stimmen
die Nebenwurzeln mit dem Rhizom überein.

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42 Tamus communis L., Schmerwurz.

Das Pulver ist ausgezeichnet durch das reichliche Amylum~


isolierte Raphiden, oder selten noch erhaltene Raphidenzellen, und
zahlreiche treppenförmige oder netzartig verdickte, gewöhnlich
ziemlich gewundene Gefäße. Die Teile des Periderms und der
Epidermis fallen durch ihre braune Farbe auf (Fig.21).

Veratrum nigrum kommt als Verwechslung in Drogenform


insofern nicht in Betracht, als sein Wurzelstock, schon im frischen
Zustand bedeutend kleiner, getrocknet so collabiert, daß seine
Einsammlung sich nicht lohnen würde (Vogl, 1. c.).

Fig.21.

K
Veratrnm album.
Elemente des Wurzelpulvers. Krs Bruchstück einer Zelle derKernscheide, P Parenchym-
partie , Stärkemehl führend, sp Gefäßbruchstück K Raphidenzelle , a komponiertes
1

Amylum. (A. E. Vogl.)

Veratrum viride Ait., aus Nordamerika stammend und


als Rhizoma (Radix) Veratri viridis in mehreren Pharmakopöen
angeführt, stimmt äußerlich ganz mit Veratrum Lobelianum überein.

10. Tamus (Thamnus) communis L., Schmerwurz.


Eine zur Familie der Liliaceae-Dioscoreaceae gehörige, vor-
nehmlich in Westdeutschland (Elsaß, Lothringen, Saar- und Mosel-
gebiet, aber auch in Krain) vorkommende windende Pflanze.
Wenn auch in der älteren Literatur angegeben ist, daß der
Wurzelstock der Pflanze scharfe Eigenschaften besitze, sind in der-
selben über Vergiftungen mit Teilen der Pflanze keine Daten be-
kannt. Allgemein wird erwähnt, daß der Wurzelstock nach ent-
sprechendem Auswaschen als Nahrungsmittel dienen kann. Im Volke
ist die Wurzel nach Dragendorff als Diureticum verwendet.

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Tamus cGmmunis L., Schmerwurz. 4&


Erst ,die neUel'e Literatur berichtet über Vergiftungen durch
die Beeren, so z. B. die von Coutagne*) publizierte tödliche Ver-
giftung eines 12jährigen Mädchens, in dessen Magen Beeren von
Tamus comm. gefunden wurden. Die von Mairet auf den Genuß
dieser Beeren zurückgeführte Vergiftung von 5 Kindern im Jura
ist nach jenem Autor auf Grund der Symptomatologie fraglich.
Die Tierversuche Coutagnes bewiesen die toxischen Eigenschaften
dieser Pflanze durch Auftreten von Lähmungserscheinungen (Virehow,
Jahrb., und Bec!.-urts, 1884). Chemische Untersuchungen liegen
nicht vor.
Morphologie. Knolliger, fleischiger Wurzelstock,'windender,
mehrere Meter langer Stengel. Blätter lang und dünn gestielt, pfeil-
oder herzf6rmig, lang zugespitzt, die größern 3lappig, im übrigen
ganzrandig bis 8 em lang, Blüten in achselständigen Trauben,
diklin, monöcisch mit grünlichem, sechsspaltigem, bei den männlichen
Blüten radf6rmigem, bei den weiblichen glockenförmigem Saume.
6 Staubgefäße, unterständiger, dreifächeriger Fruchtknoten.
Die Frucht ist eine scharlachrot gefärbte, äußerlich der Frucht
von Bryonia alba sehr ähnliche kugelige Beere von zirka 1 em
Durchmesser. Getrocknet stark runzelig, gelblich-weiß.
Vom saftigen Fruchtfleische eingeschlossen finden sich in drei
Fächern 3-5 Samen.
Diese sind fast kugelig, ö mm lang, an einer Seite etwas
abgeplattet, am Nabel gespitzt und mit einer vom Nabel zu dem
am gegenüberliegenden Pole gelegenen grübchentörmigen Hagel-
fleck ziehenden schmalen gelbgefärbten Nabelleiste versehen, außen
mattbraun gefärbt. Der Samenkern besteht aus einem - getrock-
net hornartigen - weißen Endosperm, am Nabel sitzt der kleine
Embryo.
Anatomie der Frucht und Samen. (Da mir frisches
Material nicht zur Verfügung stand, versteht sich die folgende
Beschreibung für getrocknete Früchte.)
Die Fruchtwand besitzt eine Epidermis aus fast derbwan-
digen, leicht quellenden und auffallend stark' getüpfelten Tafelzellen,
An getrockneten Früchten ist sie sehr collabiert, ihre Zellen
ohne deutlichen Inhalt, außer undeutlichen Ausscheidungen gelb
gefärbter sphäritischer Kristalle. Stellenweise kleine keulenf6rmige
Drüsenhaare, bestehend aus einer Stielzelle und einem mehrzelligen
Drüsenkörper .
Die fleischige, zirka 1/2em breite Mittelschicht (Fruchtfleisch,
:Mesokarp), ein lockeres Gewebe aus weitlumigen, dünnwandigen
Zellen mit farblosem bis gelb gefärbtem, formlosem Inhalte.
Zahlreiche schlauchtörmige Zellen enthalten Raphidenbündel
von oxalsaurem Kalk von sehr verschiedener Größe. Die größten
Kristallnadeln erreichen eine Länge von 260 fI., während die

*) Lyon mM .• 1884, pag. 239.

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44 Tamus communis L' J Schmerwurz.

kleinsten zirka 8 p_ lang sind. Diese finden sich, wirr in den Zellen
liegend, vornehmlich in einer der inneren Epidermis des Perikarps
(Endokarp) benachbartenZellschicht, während die größeren Raphiden,
regelmäßig parallel zu Bündeln geordnet, hauptsächlich das übrige
Mesokarp einnehmen.
Im inneren Teile des Fruchtfleisches verlaufen breite Gefäß-
stränge mit treppenförmig verdickten Holzgefäßen.
Die innere Epidermis der Fruchtwand ist weder an Quer-
schnitten noch an Längsschnitten deutlich differenzierbar.
Die Samenschalen besitzen als äußere Begrenzung eine
Epidermis aus weitlumigen, rund-
Fig.22. lich polygonalen, dünnwandigen
Tafelzellen mit schwachgelblich
gefarbtem, formlosem Inhalte
(Fig.22).
Fig.23.

il
. \1
Tamus communis
Tamus communis. Flächenbild der Samenschale. Kristallschicht,
Querschnitt der Samenschale. Links die darunter liegend die Pigmentschicht.
Epidermis. Vergr 1: 460. Vergr. 1 : 460.

Auf diese folgen 2~3 Reihen collabierter, axial etwas ge-


streckter, farbloser Zellen und eine einreihige, sehr charakteristische
Schicht von Kristallzellen.
Jede Zelle dieser Schicht enthält einen großen, schön aus-
gebildeten rhomboederähnlicheu Kristall von oxalsaurem Kalk.
Die Innenwand der Kristallzellen erweist sich an Quer-
schnitten als stärker verdickt. Von der Fläche gesehen sind die
Zellgrenzen derselben nach Aufuellung mit Chloral nicht oder nur
sehr schwach sichtbar, hingegen bilden die über die ganze Fläche
sehr regelmäßig verteilten Kristalle ein ungemein charakteristisches
Bild (Fig. 23).

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Safran (Crocus). 45

Nach innen wird die Samenhaut schließlich von einer am


Querschnitte zwei Zellen breiten Pigmeutschicht abgeschlossen,
an die sich ein relativ breiter, hyaliner Streifen anlegt, vielleicht
ein Nucellarrest .
. An Flächenpräparaten der inneren Samenhaut , die durch
Abziehen der ganzen Samenhaut und Einlegen in Chloral leicht
herzustellen sind, erscheinen die Zellen der pigmentierten Schicht
dünnwandig, gestreckt polygonal, fein getüpfelt, von der Kristall-
schicht überlagert.
Das Endosperm besteht aus derbwandigen, gerundet polygo-
nalen Zellen, welche dicht mit ziemlich großen, eckigen Aleuron-
körnern erfüllt sind.
Spärlich zwischen den Aleuronkörnern kommen ganz kleine
abgerundete Kristalldrusen oder Rosetten vor, die sich in Chloral
rasch lösen.
Kalilauge färbt die Pigmentschicht stark dunkelbraun.
Differentialdiagnostisch kommen hauptsächlich die
gleichfalls giftigen Beeren der weißen Zaunrübe (Bryonia alba)
in Betracht, die äußerlich durch ihre rote Farbe, und Form sehr
den Beeren der Schmerwurz gleichen. (Diese wird wohl auch hie
und da als schwarze Zaunrübe bezeichnet, z. B. bei Wibmer.) Die
anatomischen Verhältnisse sind aber bei beiden Fruchten derart
abweichend, daß durch die mikroskopische Untersuchung mit
Leichtigkeit die Samen auseinander gehalten werden können (vgl.
Bryonia).

11. Safran (Crocus).


Dieses gewöhnlich als unschädlich betrachtete Gewürz, aus
den Narben der in mehreren Ländern kultivierten Liliacee-
Iridacee Crocus sativus L. bestehend, ist in toxikologischer und
forensischer Hinsicht keineswegs harmlos.
Es steht Safran im Volke im Rufe eines Abortivums und
wird, wie es scheint, in diesem Sinne nicht s.elten angewendet,
wenn auch Vergiftungen damit, was wenigstens die neuere Literatur
betrifft, nicht bekannt sind.
Um so mehr erregt daher die im Jahre 1895 vorgefallene
tödliche Vergiftung einer Frau durch eine unbestimmte Menge
Safrans Interesse (Corvey-Hermann, über die Giftigkeit des Safran.
Diss. Leipzig 1895).
Die Droge war als Abortivum genommen worden. Abortus
trat auch wirklich nach 45 Stunden ein, war aber vom Tode der
Patientin gefolgt.
Es ist auf Grund der volkstümlichen Anwendung des Safrans
als Abortivum daher der Nachweis von Teilen desselben im Magen
oder Darminhalte oder in einem Corpus delicti in Fällen von
beabsichtigtem oder gelungenem kriminellen Abortus gewiß von
forensischer Bedeutung.

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46 Safran (Crocus).

Chemisch enthält Crocus als Hauptbestandteil den roten glyko-


sidischen Farbstoff Polychroit, der in Wasser, Weingeist und Al-
kalien sich mit gelber oder rötlichgelber Farbe löst. Durch ver-
dünnte Säuren ist Polychroit spaltbar in die Zuckerart Crokose
und den roten Farbstoff Crocetin. Ein zweiter glykosidischer
Farbstoff, das Pikrocrocin, ist spaltbar in Crokose und ein äthe-
risches Öl.
Crocus sativus L. besitzt einen von der Blütenhülle einge-
schlossenen zirka 10 cm langen, fadenförmigen, unten weißen, oben
gelben Griffel, an dessen Ende sich die 3 Narben ansetzen, die
allein die Handelsware bilden sollen. Sehr häufig werden aber län-
gere oder kürzere Stücke des Griffels der Handelsware beigemengt.
Beste Sorte, sogenannter Crocus austriacus, nur aus den Narben bestehend,
schlechtere, aber gewöhnlich die Handelsware bildende Sorten: Französischer

]'ig 24.

Croens sativus.
,Epidermis mit Papillen (p) vom oberen Saume der frischen' Narbe. n Zellkern.
(A. E Vogl.)

(gallicus) und spanischer (hispanicus) Crocus mit gelben Griffelteilen (Feminell)


vermengt, daher zweifarbig.
Die Handelsware bildet ein lockeres Haufwerk der einge-
trockneten und geschrumpften Narben, welche getrocknet sehr spröd,
leicht zerbrechlich werden.
Die einzelnen Narben sind 3-5cm lang, am Saume trichter-
förmig und unregelmäßig kleinkerbig, auf der einen Seite mit
einem Schlitze versehen, rotbraun, schwach fettig glänzend.
Die Droge besitzt einen eigentümlichen Geruch und bitteren
Geschmack, färbt den Speichel gelb. .
Das Färbungsvermögen derselben ist sehr stark (0'01 gr färbt
nach der Pharmacopoea AustI'. ed. VII. noch 3l Wasser gelb).
In aufgeweichtem Zustande sind die Narben leicht zu er-
kennen. Die mikroskopische Untersuchung wird hauptsächlich dann
erst von Wichtigkeit, wenn die Narben äußerlich stark zerkleinert
oder gepulvert sind.

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Safran (Crocus). 47

Die Epidermis der Narbe besteht aus dünnwandigen, axial


gestreckten polygonalen Tafelzellen , die, wie an Querschnitten zu
sehen, ungefähr in der Mitte eine ziemlich scharf umschriebene
papillöse Ausbuchtung besitzen. Diese erscheint im Flächenbilde
undeutlich als Ring über der Zelle.
Der freie obere Rand der Narbe besitzt besonders stark aus-
gebildete keulenf6rmige Papillen (vgl. Fig. 24). Die Cuticula der
Epidermis löst sich in wässerigen Reagentien leicht in toto fetzen-
f6rmig ab.
Die innere Epidermis gleicht der äußeren.
Das zwischen den beiden Epidermisplatten liegende Grund-
parenchym besteht aus dünnwandigen, am Querschnitte gerundet
polygonalen Zellen mit farbloser Zellwand und verschleimter
Primärmembran (v. Vogl).
Es ist von dünnen Gefäßbündeln durchzogen, deren Holzteil
aus Spiralgefäßen besteht, zwischen welchen kürzere spiralige
oder netzige Tracheiden, besonders an den Bifurkationen, einge-
schaltet sind. Sie färben sich mit Chlorzinkjod direkt blau.
Besonders charakteristisch ist der Inhalt der Epidermis- und
Parenchymzellen, eine formlose, in Wasser lösliche, gelb- bis gelb-
braun gefärbte Masse, in welcher sich stellenweise große gelbe
Chromoplasten eingelagert vorfinden.
Konzentrierte Schwefelsäure färbt den Inhalt blau, später
braun. Nach Tschirch findet man hie und da auch kleine, schlecht
ausgebildete Kalkoxalatkristalle in den Zellen vor.
Fälschungen des Safrans sind nach Vogl: die gefarbten Zungenblüten der
Calendula officinalis L., die Blüten von Carthamus tinctorius L., die Griffel von
Zea Mais L. Der Nachweis ist gewöhnlich schon makroskopisch durch Aufweichen
in Wasser leicht zu führen.
Von anderen giftige, d. h. physiologisch wirksame Bestand-
teile enthaltenden monocotylen Pflanzen wären zu erwähnen: Con-
vallaria majalis L., Maiglöckchen, Paris quadrifolia L., Einbeere,
Scilla maritima L., Meerzwiebel usf., die aber in toxikologischem
Sinne nicht von größerer Wichtigkeit sind.
b) Dicotyle Pflanzen.
Morphologisch sind die dicotylen Pflanzen von den mono-
cotylen im allgemeinen unschwer zu unterscheiden.
Bekanntlich besitzt der Keim zwei Cotyledonen. Die Gefäß-
bündel sind mit Cambium versehen, welches an ausgebildeten
Achsen als ununterbrochene oder nur durch die Markstrahlen
unterbrochene Linie ringförmig zwischen Rinde (Bast) und Holz-
körper eingelagert ist.
An einer ausgebildeten oberirdischen Achse können von
außen nach innen folgende Schichten unterschieden werden: 1. Das
Periderm oder die Außeurinde (Kork, welcher sehr bald die
ursprüngliche Epidermis verdrängt und aus dem meristematischen
Gewebe Phellogen hervorgeht); 2. Mitt ehind e (primäre Rinde),

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48 ~\sarum Europaeum L., Haselwurz.

der Rest des primären Grundgewebes ; 3. Innenrinde (sekundäre


Rinde), jener Teil der Rinde, der aus der Vereinigung der Bast-
(Phloem-) Teile der den Gefäßbündelring bildenden Leitbündel her-
vorging; 4. das Cambium; 5. Holzkörper (die Vereinigung
der Holzteile der Gefäßbündel); 6. das .Mark, der zentrale Teil
des primären Gewebes.
Vom }1arke zur primären Rinde ziehend bleiben breitere
oder schmälere Brücken des Grundparenchyms erhalten, die wie
Pfahle oder Bänder den Gefaßbündelkreis durchbrechen, die so-
genannten primären .Markstrahlen. Zum Unterschiede von den pri-
mären beginnen die später entstehenden sekundären Markstrahlen
am Cambium und ziehen von dort aus in die Rinde bezw. das Holz.
Echte Wurzeln besitzen kein Mark, sondern einen zentralen
Holzkörper. Wurzelstöcke (Rhizomata) hingegen sind stets durch
Vorhandensein von Mark als Achsenteile zu erkennen. Ebenso be-
sitzen Wurzelköpfe ein Mark. Mit dem Begriffe Holz oder Holzteil
ist botanisch keineswegs eine vollständige Verholzung des damit
bezeichneten Gewebes verstanden, sondern nur die Entstehung des
Gewebes aus dem Xylem des Leitbündelringes. Es gibt daher Holz-
teile, die äußerlich absolut nicht holzig erscheinen (fleischige Wur-
zeln z. B.). (Vergl. auch pag. 21, monocotyle Pflanzen.)

12. Asitrum Europaeum L., Haselwurz.


Wen11 auch die zur Familie der Aristolochieae gehörige
Haselwurz, Asarum Europaeum L. nicht als eine gefahrliche Gift-
pflanze betrachtet 'werden kann, so besitzt sie doch in allen ihren
Teilen, besonders dem Wurzelstock und den Blättern, eine dem
Emetin sehr ähnliche Substanz, durch welche Erbrechen, Gastro-
enteritis und erysipelatöse Schwellungen der äußeren Haut her-
vorgebracht werden können (Kobert, 1. c.).
In der Volksmedizin sind die Blätter und der Wurzelstock
als Niesmittel (Sternutatorium) in Gebrauch, innerlich als Diapho-
reticum und Diureticum.
Die Besprechlmg dieser scharfstoffigen Pflanze erscheint mir
in Hinsicht darauf, daß sie einen gewöhnlichen Bestandteil des
Arzneischatzes der geheim praktizierenden Dürrkräutler und Cur-
pfuscher bildet, nicht unberechtigt. Chemisch ist ein ätherisches
Öl und darin eine Kampferart, das Asaron, nachgewiesen.
Die Pflanze besitzt einen kriechenden zirka 4 mm breiten
markigen Wurzelstock. Der kurze Stengel trägt an seinem Ende
zwei langgestielte Blätter. Die Blattspreite ist stumpf nieren-
förmig bis mehr herzförmig, 6-8 cm breit, ganzrandig, Rand
und Fläche fein gewimpert, sonst kahl, oberseits saftgrün und
glänzend, unterseits heller und matt, strahlläufig nm-viert mit fünf
Primärnerven, von welchen der Mediannerv in gerader Linie zur
Blattspitze zieht, während die seitlichen Nerven nach außen gegen
den Rand rasch ,i ausbiegen und durch dichotome Verzweigung

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Asarum Europaeum L., Haselwurz. 49

und polygonale Nervenmaschen sich auflösen und anastomosieren.


Die Blüten sind endständig, die einfache Blütenhülle braunrot ge..,
färbt, glockig, der Saum besitzt 3-4. Zipfel mit nach innen ge-
bogener Spitze. Die rötlichen Antheren sitzen der Mitte des
Staubfadens auf. Die Pflanze riecht eigentümlich scharf aromatisch.
Sie kommt bei uns sehr häufig besonders in Laubwäldern vor.
Anatomie des Wurzelstocks.
Querschnitt rundlich, weiß gefärbt, mit dünner, grünlich-
brauner Rinde. Zwischen Rinde und Holzkörper eine feine Cam-
blumlinie, unmittelbar an dieser feine Gefäßpunkte im. Umkreise.
Die einfache Epidermis ist von einem Rindengewebe gefolgt,
das im äußersten Teile mehr collenchymatische derbwandige, innen
dünnwandige, von kleinen Intercellularen getrennte Zellen besitzt,
die dicht mit kleinen komponierten und einfachen Stärkekörnern
(D. 8-11 p-) erflillt sind. Dazwischen zahlreiche Ölzellen mit
hellgelbem, stark lichtbrechendem, formlosem Inhalt.
Eine einreihige Endodermis scheidet die primäre Rinde vom
Gefäßbündelzylinder ab. Sie ist an den, durch Safraninfärbung
deutlicher hervortretenden Casparschen Punkten leicht erkennbar.
Die im Kreise stehenden Gefäßbündel besitzen collateralen Bau.
Das zartwandige Phloem derselben ist durch ein relativ breites Cam-
bium von dem am Querschnitte dreieckig bis keilförmig begrenzten
Holzteile geschieden, welcher aus ziemlich regellos angeordneten,
dünnwandigen, engen Spiroiden, umgeben von kleinzelligem Holz-
parenchym, ~esteht (Abbild. vergl. Vogl, Pharmakognosie, pag.624).
Der ganze übrige Querschnitt wird von einem breiten, von
schmalen Intercellularen durchzogenen Markgewebe gebildet, das
in Fonn und Inhalt der Zellen mit der primären Rinde überein-
stimmt. Interfaszikuläres Cambium ist nicht überall vorhanden, so
daß Rinde und Mark zwischen den Gefäßbündeln häufig in breiter
ununterbrochener Kommunikation stehen.
Das Pulver ist, in Wasser beobachtet, durch das massen-
hafte Vorkommen der Stärke, die gelben glänzenden, kugeligen
Ölzellen und spärliche Holzteile (Spiroiden) charakterisiert. Von
dem Pulver der Aristolochiaarten (s. d.) unterscheidet es sich
hauptsächlich durch den Mangel an Bastfasern (Ar. Clematidis)
()der Steinzellen (Ar. rotunda und longa).

Anatomie des Blattes. Epidermis oberseits und unter-


seits aus buchtig polygonalen, dünnwandigen, fein getüpfelten
Tafelzellen bestehend. Spalten beiderseits , jedoch an der Ober-
seite viel spärlicher, L. 25 [1., BI'. 25 1'-, gewöhnlich mit zwei;
seltener drei seitlichen kleinen Nebenzellen (Fig.25). Zwischen
den nur plasmatischen Inhalt besitzenden Zellen befinden sich, be-
sonders unterseits, zahlreiche kreisrund oder mehr polygonal be-
grenzt~ ölz~llen mit gelblich glänzendem, scholligem oder tropfen-
16rmigem Inhalte, der wie in den ölzellen des Wurzelstockes durch
Mit 1 ach e r I Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 4

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50 Aristolochia Clematidis L., Osterluzei, Wolfskraut.

Schwefelsäure sich orange färbt.*) Haare sind im allgemeinen


spärlich, verschieden lang, besonders über den Nerven vorkommend,
mehrzellig, derbwandig, stumpf kegelförmig, gewöhnlich schwach
gebogen, ihre Cuticula fein warzig.
Mesophyll bifacÜiJ. Oberseits eine einreihige Palissaden-
schicht aus relativ kurzen und breiten Zellen, ungefähr ein Drittel
des Mesophylls einnehmend. Unterseits ein lockeres Schwamm-
parenchym. Oxalsaurer Kalk findet sich nicht vor.
Differentialdiagnostisch kommt hauptsächlich das Blatt
der nahe verwandten Aristolochia Clematidis L. in Betracht (s. d.).
Fig.25 .

.Asarum Enropaeum L .
.Epidermis der Blattunterseite. s Ölzelle, n Nebenzelle der Spaltöffnung. Vergr. 1: 114.

13. Aristolochia CIematidis L., Osterluzei, Wolfskraut.


Der Wurzelstock und die Blätter dieser in der gemäßigten
Zone häufig vorkommenden Pflanze aus der Familie der Aristolo-
chiaceae bilden gleich den entsprechenden Teilen der südeuropäischen
Aristolochia longa L. u. Ar. rotunda L. und mehrerer anderer im
Süden vorkommender Arten ein schon den Alten bekanntes Heil-
mittel zur Beförderung der Menstruation und der Lochien, auf
welche Verwendung der Name der Pflanze zurückzuführen ist.
Ärztlich zwar obsolet, ist die Pflanze jedoch als volks-
tümliches Heilmittel gut bekannt und verdient, wie alle Pflanzen,
*) Borscow, Bot. Ztg. 1874, 19; zitiert nach Strassburger , Bot. Prakt.,
pag.645.

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Aristolochia Clematidis L., Osterluzei, Wolfskraut. 51


die auf den weiblichen Genitaltrakt wirken, toxikologische und
forensische Beachtung.
In Nordamerika ist die Wurzel von Aristolochia Serpentaria L. als Radix
Serpentariae verwendet.
_ Die in den amerikanischen Tropen einheimischen Aristolochia-Arten (Guaco
genannt) genießen den Ruf, vortrefflich gegen Schlangenbiß zu wirken und werden
dort allgemein in diesem Sinne gebraucht.
Angaben über Vergiftungen an Menschen sind, wenn man
von der Literatur der Alten absieht, nicht veröffentlicht. Orfila
zählt die Aristolochiaarten zu den scharf narkotischen Giften.
Vergiftungen sind nach Cornevin *) in Frankreich durch Ein-
geben großer Mengen der Pflanze an Pferden beobachtet worden,
Die neuesten chemischen uud physiologischen Arbeiten stam-
men von Pohl.**)
Nach diesem Autor ist der wirksame Bestandteil ein von
ihm als Aristolochin bezeichneter Giftstoff, welches in Tim'ver-
suchen als ein hauptSächlich die Nieren treffendes starkes Gift
erwiesen wurde, das der pharmakologischen Gruppe des Aloins
zuzuzählen wäre. '
Aristoloehia Clematidis L. hat einen kriechenden Wurzel-
stock (s. u.) und einen einfachen aufrechten Stengel mit wechsel-
ständigen, ziemlich langgestielten, stumpf herzlörmigen ganzran-
djgen .Blättern mit 5 strahlläufigen Primärnerven , von welchen
die drei mittleren zur Blattspitze ziehen, während die zwei seit-
lichen gleich beim Eintritt in die seitliche Lamina umbiegen.
Durch zahlreiche sekundäre und tertiäre Nerven wird das ganze
Blatt von einem aus polygonalen Maschen gebildeten Nervennetz
durchzogen. Die Blätter sind kahl, oberseits dunkler gefärbt als
unten.
Die Blüten stehen auf kurzen Stielen zu mehreren in den
Blattachseln und besitzen eine einfache, gelb gefärbte, lang tuten-
förmig ausgezogene, am Grunde plötzlich bauchig erweiterte, innen
behaarte Blütenhülle.
Aristolochia rotunda L. (nach Thome im österreichischen Küsten-
gebiete und im Tessin vorkommend) hat fast sitzende Blätter und blaßrot ge-
färbte Blüten, die einzeln in den Blattachseln sitzen. Der Wurzelstock ist knollig.
Aristolochia longa L. ist durch seine mehr rübenförmige Wurzel aus-
gezeichnet.
Anatomie des Wurzelstockes (Handelsware). Mannigfach
verbogene, bis 10 cm lange, %-11/2 cm breite, stengeligeoderknor-
rige Stücke, mit abgebrochenen Stengel- und Nebenwurzelansätzen,
gelbbraun gefärbt, von eigentümlichem, an Flores Cinae erinnern-
dem Geruche (v. Schrofl).
Querschnitt (Fig.26) elliptisch; dünnes Periderm; in der
schmalen gelben Rinde im Kreise gestellte weiße Punkte (Bast-
*) Cornevin, Des plantes veneneuses et des empoissements qu'elles deter-
minent. Paris 1887. .
**) J. Pohl, Über das Aristolochin, einen giftigen Bestandteil der Aristolochia-
Arten. Arch. f. exper. Path. u. Pharm., Bd. XXIX (1892), pag. 282.
4*

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52 Aristolochia Clematidis L., Osterluzei, Wolfskraut.

faserbündel) ; das Cambium eine deutlich wellige feine Linie der


breite Holzring grobstrahlig durch keilförmige, facherartig get'eilte,
gelb gefärbte grobporige Holzstrahlen und dazwischen liegende sehr
breite Markstrahlen. Unmittelbar anschließend an jeden Holzstrahl,
angrenzend an das Cambium, keilförmig begrenzt, der entsprechende
Baststrahl; im Zentrum das kreisrund begrenzte weiß gefarbte
Mark.
Das Periderm besteht aus dünnwandigen, gelblich gefärbten
~afelzellen und ist vom Gewebe der schmalen Mittelrinde gefolgt,
emem Parenchym aus rundlich-polyedrischen, stärkehaitigen Zellen.
Ziemlich nahe dem Periderm, in einer ringförmigen Zone, finden
sich am Querschnitte sehr regelmäßig rechteckig begrenzte Bündel
dünnwandiger Sklerenchymfasern (primäre Bastfasern) von polygo-
nalem Querschnitte, durch breite Partien
parenchymatischen Gewebes voneinander Fig.26.
getrennt.
Die Innenrinde besitzt sehr breite,
nach außen sich noch mehr rasch ver-
breiternde Markstrahlen, deren Gewebe
mit der Mittelrinde übereinstimmt, und
dazwischenliegende, am Querschnitt keil-
förmig begrenzte Baststrahlen, in welchen Aristolochia Clematidis L.
breite Stränge collabierter Siebröhren in Lupenbild des Querschnittes des
tangential geordneten Strängen angeord- Wurzelstocks. Die Holzstrahlen
schraffiert, die Baststrahlen fein
net sind. Das Cambium, welches auch punktiert, in der Mittelrinde
die Markstrahlen durchzieht, ist am punktförmige Querschnitte von
primären Bastfaserbündeln.
Querschnitte an den primären Mark- (Halbschematisch.)

strahlen stark nach außen gebogen,


während es an den sekundären Markstrahlen, die sich nur auf
kurze Strecken in das Phloem verfolgen lassen, nach innen
gegen den Holzkörper zu gebU{~htet ist.
Der Holzkörper zeigt den für die Aristolochien typischen Bau.
Die von sehr breiten, gerade verlaufenden primären Mark-
strahlen getrennten, am Querschnitte auffallend keilförmig begrenzten
Holzstrahlen sind durch (gewöhnlich 1-4) verschieden breite und
inehr oder weniger tief in den Holzstrahl ziehende sekundäre
Markstrahlen sehr auffallend in kleinere Bündel, die nur im Zentrum
zusammenhängen, geteilt, so daß der Querschnitt eines jeden Holz-
strahles typisch facherförmig verzweigt erscheint.
Das Gewebe der Holzstrahlen wird von einem kleinzelligen,
grob getüpfelten, verholzten, derbwandigen Parenchym und da-
zwischenliegenden zahlreichen weitlumigen Gefäßen gebildet. Diese
sind vorwiegend netzförmig getüpfelt oder besitzen elliptische
Tüpfel.
Nach innen vom Holzkörper liegt das annähernd kreisrund
begrenzte, aus sphäroidalen Zellen gebildete Mark.
Sowohl im primären Gewebe als auch im Phloem der Innen-
rinde kommen sehr zahlreiche Sekretzellen vor, mit anscheinend

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Aristolochia Clematidis L., Osterluzei, Wolfskraut. 53


verkorkter Wand und gelblichem, stark lichtbrechendem (öligem)
Inhalte. Geradezu massenhaft finden sich diese in den Mark-
strahlen des Holzkörpers vor. Ihr Inhalt ist in Äther u:nd Wasser
unlöslich, leicht löslich aber in Chloralhydrat.
Die übrigen Parenchymzellen sind strotzend mit Stärke erfüllt,
die aus sehr kleinen (D. 2-3/L) rundlichen Körnern besteht.
Der Wurzelstock von Aristolochia longa L. unterscheidet
sich äußerlich durch die regelmäßige zylindrische oder mehr rüben-
förmige Gestalt (L. 10-12 em, Br. 2-D em). Die Oberfläche ist
unregelmäßig höckerig, längs- und quergerunzelt.
Der elliptische Querschnitt zeigt ein dünnes braunes Peri-
derm, eine zirka 3 mm breite, gelblichweiß gefärbte Rinde und,
durch eine feine ringförmige Cambiumlinie getrennt, den Holzkörper,
in welchem sehr schmale, unmittel-
Fig.27. bar unter dem Cambium etwas ver-
breiterte Holzstrahlen in weiten
Zwischenräumen radiär angeordnet
sind (Fig. 27).
Im Zentrum liegt ein recht
schmales Mark.
Anatomisch ist hervorzu-
Aristolochia longa L. heben, daß die für A. Clem. charak-
Lupenbild des Querschnittes des Wurzel- teristischen Bündel schlauchartiger
stocks. Die radial verlaufenden Linien
entsplechen den Holzstrahlen und enden Bastfasern in Ar. longa fehlen,
am Cambium. Die feinen Punkte an der hingegen unmittelbar unter dem
Peripherie entsprechen den Steinzellen-
nestern der Mittehinde. Periderm Gruppen starkverdickter,
(Halbschematiscb.)
reichlich getüpfelter gelber Stein-
zellen sich vorfinden (D. 50 1'.).
Die Mittelrinde geht breit in die Markstrahlen der Innen-
rinde über. Das am Querschnitte keilförmig begrenzte Phloem der
im Kreise gestellten collateralen Gefäßbündel ist ausgezeichnet
durch breite gezonte Stränge kollabierter Siebröhren.
Das Cambium ist ununterbrochen und an den Holzstrahlen
etwas nach außen gebuchtet. Der Holzkörper besteht überwiegend
aus primärem Grundparenchym (Markstrahlen).
Die Holzstrahlen der Gefäßbündel bestehen ausschließlich aus
radiären Reihenzügen weiter netzförmiger Tracheen.
Sekretzellen sind sehr zahlreich, in allen übrigen Zellen des
Parenchyms ein komponiertes Amylum (D. 15 /L, seltener kleiner
bis 51") mit deutlicher zentrischer Kernhöhle oder einer gebogenen
Kernspalte. (Zwillinge, Drillinge etc. Teilkörner paukenförmig.)
Die Hauptunterschiede im Baue des Wurzelstockes von
Arist. longa und Ar. Clemat. liegen demnach in der Aus-
bildung des Holzkörpers, der bei jener nicht die typische fächer-
f6rmig geteilte Form der Holzstrahlen zeigt, sondern auf schmale
am Querschnitte radiärverlaufende Linien beschränkt ist, im Fehlen
der primären Bastfaserbündel und in dem Vorkommender Stein-
zellengruppen.

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54 Aristolochia Clematidis L., Osterluzei, Wolfskraut.

Endlich ist die Stärke bedeutend größer und charakteristisch


geformt.
Diese Unterschiede genügen, um auch stark zerkleinerte Teile
beider Spezies zu unterscheiden.
Der Wurzelstock von Aristolochia rotunda L. ist mehr
knollig, seltener rübenförmig oder nnregelmäßig geformt, höckerig,
bräunlich-grau gefärbt, unregelmäßig gefurcht, stellenweise quer
gerunzelt (L. zirka 8 em, BI'. 2-8 em).
Fig.28.

Aristolochia Clematidis L.
Epidermis der Blattunterseite von der Fläche.. 4 Spaltöffnungen, s Ölzelle. Rechts
unten Haare. Verga;. 1 : 114.

Das Querschnittsbild sowie die anatomischen Verhältnisse


zeigen große Ähnlichkeit mit Arist. longa.
Hingegen sind die gleichfalls regelmäßig komponierten Stärke-
körner auffallend kleiner (D. 10-2 p.). (Auf dieses Merkmal ist
aber insofern weniger Gewicht zu legen, als die Stärkekörner je
nach dem Entwicklungsstadium, beziehungsweise der Zeit des Ein-
sammelns der Drogen, innerhalb geringer Größen varüeren können.)
Die differentialdiagnostischen Unterschiede bezüglich des
Pulvers von Asarum Europ. s. d .
. Anatomie der Blätter von Aristolochia Clematidis.
(Fig. 28.) Die Epidermis besteht beiderseits aus dünnwandigen,
,buchtig welligen Zellen. Die Außenwände der Zellen der Oberseite
sind durch breite Cuticularschichten stark verdickt. Unterseits sind

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lllicium religiosum Sieb. et Zucc. 55


die Zellen am Qnerschnitte etwas papillös vorspringend. Zwischen den
Epidermiszellen kommen ziemlich zahlreich Sekretzellen vor, die mit
einem gelb glänzenden oder farblosen ölartigen Stoffe erfüllt sind. An
Querschnitten springen sie mit ihrem dem Mesophyll zugewendeten.
etwas bauchig erweiterten Teile in dieses vor, so daß sie kur~
flaschenförmig aussehen. Von der Fläche gesehen erscheinen sie
kreisrund begrenzt und sind an dieser Form leicht von den übrigen
Epidermiszellen zu unterscheiden.
Die Spaltöffnungen liegen ziemlich tief unter dem Niveau
der Epidermis. In Flächenpräparaten derselben sind die Schließ-
zellen und die Spalte. ringsum von den benachbarten Epidermis-
zellen stark überlagert. Diese begrenzen eine kleinE;l viereckige
Lücke und sind an der daran anschließenden Wandpartie auf-
fallend stärker verdickt. Unterhalb dieser Lücke, welche die obere
Grenze des Vorraumes der Spaltöffnung bildet, liegen die Schließ-
zellen, deren Kontur nur undeutlich wahrnehmbar ist. Stellenweise
finden sich an der unteren Epidermis kleine stumpfe und keulen-
förmige oder spitzige Haare aus mehreren kurz zylindrischen Zellen.
Das Mesophyll besitzt oberseits eine einfache, aus dicht ge-
drängt stehenden zylindrischen Zellen bestehende Palissadenschicht,
an welche sich eine meist gnt ausgeprägte Schicht von Aufnahms-
zellen anschließt. Der untere Teil des Mesophylls wird von einem
lockeren Schwammparenchym gebildet. Kristalle von Kalkoxalat
finden sich nicht vor.
Das Pulver ist an den sehr charakteristischen Verhält-
nissen der Epidermis leicht erkennbar, insbesondere an der
eigentümlichen Lücke über den Spaltöffnungen und den Öl-
zellen. Haare sind sehr spärlich. Von dem Pulver der Blätter von
Asarum Europ., welches in der Epidermis gleichfalls Ölzellen be-
sitzt, ist es leicht unterscheidbar (Asltrum hat beiderseits Spalt-
öffnnngen, die von Nebenzellen begleitet sind, und lange spitze
warzige Haare).

14. Illicium religiosum Sieb. et Zucc. Japanischer oder


giftiger Sternanis.
Die Früchte dieses zn den Magnoliaceae (bzw. Illicieae)
gehörigen, in Japan häufig in Tempelhainen gepflanzten Baumes,
Sikimmifrüchte genannt, zeigen eine sehr auffallende Ähnlichkeit
mit den Früchten von Illicium verum Hook. (lllic. anisatum Lour.),
einem in China, Cochinchina nsw. wildwachsenden nnd kulti-
vierten Baume, die nnter dem Namen Sternanis (Fructns Anisi
stellati) eine bekannte Handelsdroge sowie ein beliebtes Volksmittel
(bei Bauchschmerzen von Säuglingen, gegen Hnsten etc.) dar-
stellen. Die Früchte enth""lten das von Eykmann entdeckte giftige
Sikimmin und erregten dadurch, daß sie als Verfälschung des
echten Sternanis der Handelsware desselben beigemengt. worden
waren, im Jahre 1880 eine größere Anzahl schwerer Vergiftungen
in verschiedenen ürten ..

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56 lllicium religiosum Sieb. et Zucc.

Fig.29.

1.

3.
2.

4.

11

1.
2.

4.
5.

o 6.

7.

1 Frucht von Illicium religiosum in natürlicher Größe.


1. Ganze Frucht mit Stiel von der Seite, 2. von oben, 3. von unten, 4. ein geöffnetes
Karpell von der Seite.
n Vergleichende Zusammenstellnng der Frucht und ihrer Teile, in natürlicher Größe,
von Illicium anisa.tum (links) und Illicium religiosum (rechts).
1. Ganze Frucht von nuc. anis., 2. VOll Illic. relig. von unten, 3. ein einzelnes Karpell
von lIlie. anis., 5. von lIlie. relig., 4. Fruchtstiel von lIlie. anis. (links) und lIlie. relig.
(rechts), letzterer gerade und mit Korkringen versehen, 6. Samen (von der Seite und
von vorn) von nlie. anis. und 7. von nlie. relig. (A. E. Vogl.)

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Illicium religiosum Sieb. et Zucc. 57


Eine Zusammenstellung der über diese Vergiftungen erschie-
nenen Literatur brachte A. Vogl in den Wiener med. Bl., 1880, pag. 620
(Vortrag, gehalten im Wien er med. Doktorenkollegium).
Die in den verschiedenen Ländern getroffenen Maßregeln
zur Verhütung weiterer Vergiftungen hatten den Erfolg, daß eine
größere Verbreitung der verfälschten Droge verhindert wurde.
Doch fiel noch im Jahre 1893 eine Vergiftung durch ein
aus verfälschtem Sternanis bereitetes Infusum vor (Swiatecki, Kronika
lekarska, 1893, NI'. 7).
Es gehört diese Verfälschung also keineswegs bereits der
Geschichte an, und man hat es eben nur der genauen Überwachung
des Handels mit dieser Droge zu danken, daß gegenVl;'ärtig keine
Vergiftungen durch diese mehr vorkommen.
Die Früchte des falschen Sternanis sind Sammelfrüchte und
bestehen aus gewöhnlich acht rosettenfJrmig um ein Mittelsäul-
chen angeordneten Teilfrüchten (Karpellen) von nachenförmiger
Gestalt. An der Basis der ganzen Sammelfrucht setzt sich ein
Stiel an (Fig. 29), der aber in der Handelsware häufig fehlt oder
abgebrochen ist.
Die wichtigsten differentialdiagnostischen Merkmale zwischen
Sternanis und Sikimmifrüchten sind folgende:

Illicium verum Ulicium religiosum


Stiel 2-5 cm lang, nach oben keulen· 1-3 cm lang, gleichmäßig
förmig verdickt, etwas gebogen. dick und gerade, an bei-
den Enden gewöhnlich
mit einem ringförmi-
genKorkwulst besetzt.

Teilfrüchte Gewöhnlich sehr regelmäßig aus- I Gewöhnlich unregelmäßi-


(Karpelle) gebildet, nachenförmig, oben ger, manche Karpelle ge·
klaffend, von den Seiten ziemlich schrumpft neben wohl
stark zusammengedrückt, unten ausgebildeten.
eine kielartig gekrümmte,runzelige, Stärker bauchig, stärker
breite Basis. Die Karpelle gehen klaffend.
in eine gerade nach außen ge- Die Spitze ist hakenförmig
richtete stumpfe Spitze aus. nach oben gekrümmt.
Innentläche der Karpelle gelb und
glänzend, glatt. Länge 12-13 mm.
Länge 13-18 mm. Karpelle mehr leder artig.
Höhe 6-9mm. Der Stielansatz liegt üb er
Karpelle holzig. der durch die Basis der Kar-
Die durch die Basis der einzelnen pelle gelegenen Ebene.
Karpelle gelegte Ebene trifft an- Am Stielansatz ein Kork-
nähernd den Ansatz des Stieles. ring.

Samen In jeder Teilfrucht ein Samen. Samen weniger zusammen·


Eiförmig, von der Seite zusammen- gedrückt, mehr gelb ge-
gedrückt, 8mmlang, glatte, braun- färbt, die Samenleiste
glänzende Samenschale. Ölig- endet mit einer warzi-I
fleischiger Samenkern. gen Verdickung.

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58 IlIicium religiosum Sieb. et Zucc.

l!'ig.30,

------D

-------F

-E

-;t-Qt,ill------- S

----G

Illicium religiosum.
Querschnitt durch ein Karpell. D DehiBzenzflache, E Frucht - Oberhaut (Epidennis),
M Parenchym des Mesokarps (Mittelschicht) mit Gefäßbündeln (6), S innere Auskleidung
des Karpells, eine einfache Steinzellenschicht, darunter bei' F eine starke Schicht von
Prosenchymzellen (vgl. Fig. 31, m ff.). (A. E. Vogl_)

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Illicium religiosum Sieb. et. Zucc. 59


Der Geruch der Sikimmifrüchte erinnert kaum an Anis 1
sondern ist· eigentümlich aromatisch 1 Geschmack sauer1 hinterher
aromatisch. A. v. Vogl erwähnt 1 daß das Pulver des Sternanismit
Kalilauge gekocht eine braunrote bis bl u t rot e Flüssigkeit gibt 1
während das Pulver von Sikimmifrüchten1 auf dieselbe Art be-
handelt 1 eine orange-bräunliche Färbung ergibt.

Fig.31n.
I. II.
d e f e f

d e

III.

e e

f f

I. Illicium anisatum -11. Illicium religiosum. Partie eines auf dieLängs~


achse des Karpells geführten Durchschnitts der Steinzellenschicht e mit dem darunter
liegenden Fasergewebe f, der Dehiszenzstelle (d) entsprechend. - Irr. Partie eines
derselben Stelle entsprechenden Längsschnittes von l11i ci um re] igi 0 s um. sp. Gefäß-
bündelpartie, f Faset'zellenschicht, e Steinzellenschicht. (A. E. Vogl.)

Ana tomisch ähneln sich die Früchte beider Arten unge-


mein 1 so daß es bei gepulvertem Untersuchungsmateriale nicht
möglich ist1 heide Drogen mit voller Sicherheit zu unterscheiden.
Dies wird aber wohl selten notwendig sein 1 da der Sternanis als
volkstümliches Mittel gewöhnlich in toto 1 zum Infusum 1 yer-
wendet wird.

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60 lliicium religiosum Sieb. et Zucc.

Das Perikarp (Fruchtwand) hat eine Epidermis aus poly-


gonalen Tafelzellen, dazwischen Spaltöffuungen. Die Cuticula ist
gestreift. Das Mesokarp (die Mittelschicht) ist ein parenchyma-
tisches Gewebe aus braunwandigen unregelmäßigen Zellen.
Vereinzelt finden sich darin sehr auffallende, stark verdickte
und geschichtete Steinzellen mit eigentümlichen hakenartigen Fort-
sätzen und große Ölzellen vor.
Die Gefäßbündel verlaufen in der inneren Partie dieses
Gewebes. Die innere Begrenzung des Perikarps wird durch ein
aus verholzten Zellen bestehendes Endokarp (Innenschicht) ge-
geben (Fig.30).

Fig.31b.
IV.

v.

IV. Partie des zur Längsachse des Karpells ge-


führten Durchschnittes der Steinzellenschicht von
Illicium religiosum am Übergange von der
Dehiflzenzfläche in den freien Hoblranm des
Karpells. - V. Korkgewebe von der Ablösungsstelle
des Fruchtstieles von Illicium religiosum.
(A. E. Vog7J

Der Mitte der Frucht entsprechend sind die Zellen desselben


am Querschnitte radial stark gestreckt, dünnwandig und gleich-
mäßig verdickt, hingegen gegen die Spitze zu, an den Dehiszenz-
flächen, typisch hufeisenförmig, stärker nach innen und den Seiten
verdickt.
An dieser Stelle fügt sich zwischen das Endokarp und das
parenchymatische Gewebe der Mittelschicht eine mehrere Zellen
breite Schicht stark verdickter, regelmäßiger und breit getüpfelter
faserförmiger Steinzellen ein (Faserschicht).
Die Samenschale besitzt eine äußere, am Querschnitt
radialgestreckte, aus Steinzellen bestehende Außenschicht und eine
collabierte parenchymatische braune Innenschicht.
Das Endosperm ist dicht mit Aleuron und fettem Öl erfüllt.
Nach A. v. Vogl unterscheiden sich die Sikimmifrnchte hauptsächlich

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Nux moschata, Muskatnuß. 61


durch die geringere Länge der Säulenzellen des Endokarps und
die schwächere Verdickung der hufeisenförmigen Stcinzellen an den
Dehiszenzfiächen von den Früchten des echten Stern anis (Fig. 31).

15. Nux moschata, Muskatnuß. (Scmen Myristicae Pharm.


Austr.)
Die getrockneten, vom Sameumantel (Macis) und der 1'esta
befreiten Samenkerne von Myristiea fi'agrans Hontt., einem Baume
aus der Familie der Myristicaceen, der in verschiedenen Tropen-
ländern kultiviert wird.
Sie sind ein - besonders in Amerika -- beliebtes Gewürz
und dienen zur Herstellung des Oleum Myristicae (ätherisches Öl)
und Oleum Myristicae expressum (Fett).
Die amerikanische Literatur weist mehrere Fälle von Ver-
giftungen durch diese Samen auf, zum Teile in folge ihrer Ver-
wendung als Abortivum, die übrigens alle günstig verliefen.
Die die Handelsware bildenden Samen sind von eirunder
Gestalt, zirka 2'[) cm lang, außen runzelig, fein gelb und braun
netzaderig.
In den :Furchen sind sie gewöhnlich weiß bestäubt, was
von Kalk herrührt, in welchen sie nach der Einsammlung zur
Vernichtung der Keimkraft eingelegt werden.
Der Hagelfieek ist als rundliche, etwas vertiefte Stelle am
unteren Ende des Samens sichtbar und mit dem am gegenüber-
liegenden Pole befindlichen gleichfalls vertieften Nabel durch einen
mehr oder weniger deutlich ausgeprägten rinnigen Nabelstreifen
verbunden. Der Keim ist gewöhnlich ganz versehrurnpft.
Ein Quer- oder Längsschnitt durch den Samen sieht gelb
und braun marmoriert aus, indem die innere braun gefärbte Samen-
haut in den von zahlreichen feinen Spalten durchzogenen Eiweiß-
körper tief eindringt (Ruminationsgewebe) (Fig.32).
Die nach Tschirch aus dem Perispcrm hervorgegangene innere
Samenhaut ist in zwei Schichten geteilt, von welchen nur die
innere in die Falten des Endosperms hineinzieht. In dieser
Schicht treten in dem aus polygonalen, braun pigmentierten ZelI~n
bestehenden Parenchym zalllreiche, oft geradezu massenhafte
Sekretzellen auf, die einen Durchmesser von 150 p. erreichen
können.
In den äußeren Schichten der Samenhaut finden sich häufig,
von Tschirch als aus einem schwer löslichen Kalisalz bestehend
lJezeiehnete, Kristalle neben Pigment vor.
Das aus regelmäßig polyedrischen, dünnwandigen Zellen be-
stehende Nährgewebe ist erfüllt mit komponiertem Amylum
und Aleuron, und zwar in jeder Zelle gewöhnlich ein auffallend
großes, schön ausgebildetes Kristalloid. Daneben Fettsämenadeln
in Büscheln. Zwischen den farblosen Parenchymzellen kommen
auch braun pigmentierte Zellen vor. Die Stärke ist regelmäßig

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62 Nux moschata, ~Iuskatnuß.

Fig.32.

Myristica fragrans Hontt.


Aus dem Gewebe des Samenkerns und Bestandteile des MuskatnnJ3pulvers. - I Rand-
partie. S innere Samenhaut , p äußerste Partie des Endospermparenchyms ; in jeder
Zelle ein Kristalloid (K). In zwei Zellen der Stärkeinhalt a.ngedeutet. - 11 Partie
aus dem äußeren Teile einer Falte; im braunen Parenchym (p) mehrere große Sekret-
zellen (0). - III Stück des Endospermparenchyms (p). Unter den Stärkemehlzellen
mit je einem Kristalloid (K) und zum Teile mit FettkristaUen eine PigmenlzeUe (8). -
lV Kristalloide stärker vergrößert. IVa mit einer Hülle. - V Zellfragment mit
einem großen Kristalloid (K) und Stärkekörnern. - VI Stärkemehlformen. - VII
Braune Tafelzelle (8) und VIIIKristaUzellenschicht der inneren Samenhaut. (A. E. Vogl.)

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Helleborus viridis L., Grüne Nieswurz. 63


zu recht ansehnlichen Komplexen komponiert, spärlicher sind ein-
fache Körner.
Die Teilkörner paukenförmig, gewöhnlich 15-20 1'_ im
Durchmesser; doch kommen auch kleinere und größere Körner
zahlreich vor.

Das Pulver der Muskatnuß ist nach dem Gesagten


charakterisiert durch zahlreiche Stärkekörner , Fettsäurenadeln,
Pigmentballen, spärlichere Kristalloide und die durch die Sekret-
zellen charakterisierten, braun pigmentierten Fragmente der Samen-
haut. Seltener die eigentümlichen wetzsteintörmigen Kristalle der
Kristallschicht der Samenhaut. .
Man untersucht das Pulver in Wasser, wobei die Stärke
und die Fettsäurenadeln gut sichtbar sind. Die Gewebselemente
treten in Chloralhydrat deutlicher hervor. Die Aleuronkörner sind
in Öl oder wasserfreiem Glyzerin gut sichtbar. Die Kristalloide
kann man durch Einlegen des zuerst mit Alkohol behandelten
Pulvers in Cochenillelösung deutlich machen.
. Der im Handel unter dem Nameu Macis' vorkommende Samenmantel der
Musk~tnuß besitzt gleichfalls ein durch feurig aromatischen Geschmack ausge-
zeichnetes ätherisches Öl (Oleum Macidis). Durch diese Drog~ sind bis jetzt aber
keine Vergiftungen vorgekommen.

16. Helleborus viridis L., Grüne Nieswurz.


Diese zu den Ranunculaceae-Helleborieae gehörige krautartige
Pflanze wächst bei uns ziemlich allgemein in Gebirgswäldern und auf
Wiesenabhängen der Voralpen und Alpen und ist gleich den ihr
nahe verwandten Arten Helleborus niger L. und Helleborus foeti-
dus L. eine bekannte Giftpflanze.
Toxikologisch ist hauptsächlich der Wurzelstock dieser Arten,
besonders von H. viridis von Bedeutung. Außer den älteren von
Wibmer zitierten zahlreichen Fällen von Intoxikationen durch den
Wurzelstock dieser Pflanze sind auch durch die neuere Literatur
mehrere Fälle bekannt geworden.
So erwähnt Kobert eine Reihe tödlicher und schwerer Ver-
giftungen durch Radix Hellebori, die auf ihren Gebrauch als
Volksmittel zurückzuführen sind. 2 tödliche Vergiftungen durch
die in Obstwein eingekochte Wurzel (Ferrary). Schwere Vergif-
tung eines Weibes auf Infus. Helleb. nigr. rad., Tod eines Kindes
nach Einnahme eines als Wurmmittel gegebenen Infuses aus
den Blättern usf., 1875 ein Todesfall durch Einnahme von ab-
führendem Tee, in welchem mikroskopisch die Wurzel nachge-
wiesen wurde, endlich eine Vergiftung durch Zusatz der Wurzel
von Helleborus viridis zu einer Suppe in verbrecherischer
Absicht.
Kasuistisch ist auch von Interesse, daß Rad. Hellebori, als
Trippermittel genommen, im Jahre 1889 zu einer Vergiftung führte.
(llott) Brit. med. Journ., 1889, pag. 819.)

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64 Helleborus viridis L., Grüne Nieswurz.

Chemisch finden sich in den Wurzeln nach Marme und


Husemann zwei Glykoside vor, das Helleborin und Helleboreirr,
deren Spaltungsprodukte Helleboresin bzw. Helleboretin genannt
werden.
Die Wirkung dieser Gifte ähnelt der Wirkung der Digitalis;
zugleich kommen aber (Dragendorff) Gastroenteritis und sub-
endokardiale Blutaustritte im Tierversuche zustande.
Helleborus viridis hat einen schiefen, walzlichen oder
mehr knotigen, oben geringelten und mit abstehenden stielrunden
Nebenwurzeln besetzten mehrköpfigen Wurzelstock (bis 6 cm
lang, bis über 1 cm dick).
Der krautige Stengel trägt nur an den Verzweigungen Blätter
und ist entweder kahl oder nur schwach behaart. Die grund-
ständigen großen Blätter sind ziemlich langgestielt , fußförmig
(7 -12teilig) geteilt. Die ungeteilten oder 2-3spaltigen Ab-
schnitte sind lanzettlich , spitzig, am Rande doppelt gesägt mit
einem Stachelspitzchen an jedem Sägezahne, an den Nerven unter-
seits schwach behaart, hellgrün und nicht lederartig. Die nicken-
den Blüten besitzen einen fünfblättrigen, hellgrün gefärbten Kelch
uud gewöhnlich fünf gelbgrüne, röhrige, zweilippige Blumenblätter.
Blütezeit März-April.
Helleborus niger unterscheidet sich hauptsächlich durch
die Blüten, deren Kelch blumenblattartig entwickelt und von
weißer, außen meist rötlicher Farbe ist, und die lederartigen
Blätter. Die Blüten erscheinen schon im Dezember (daher der
Name Schneerose).
Helleborus foetidus hat einen von unten an beblätterten
Blütenstengel, die äußere Blumenhülle ist glockig, grün und am
Rande rötlich. Blütezeit März-April.
Anatomie des Wurzelstockes (Rhizoma). Der Quer-
schnitt des Wurzelstockes ist annähernd kreisrund, gelblichweiß.
Die Rinde zirka 1 mm breit, durch einen Kreis von Holzbündeln
vom Mark getrennt. Cambiumlinie makroskopisch nicht gut sichtbar.
Unter der Epidermis oder dem mehrschichtigen Periderm
folgen mehrere Reihen collenchymatischer Zellen, die am Quer-
schnitte tangential etwas gestreckt sind. Die Mittelrinde besteht
aus mehr sphäroidalen, ziemlich dünnwandigen Zellen, zwischen
welchen kleine Intercellularräume sich befinden (Fig. 33).
Die Innenrinde zeigt einen durch weite primäre Markstrahlen
unterbrochenen Kreis von collateralen Gefäßbündeln, deren Phloem
am Querschnitt halb so breit als das Xylem ist und ausschließlich aus
zartwandigen Elementen (Parenchym und Siebröhren) aufgebaut ist;
das Xylem ist annähernd rektangulär abgegrenzt und besteht aus
radialen Reihen von ziemlich engen Holzgefaßen. Holzparenchym
spärlich.
Das Cambium ist auch interfaszikulär entwickelt. Das Mark,
dessen Parenchym mit dem der Mittelrinde und Markstrahlen über-

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Helleborus viridis L., Grüne Nieswurz. 65


einstimmt, ~st gleich diesem mit kleinem, nicht komponiertem Amylum
erfüllt, daneben mit m~ssenhaften farblosen Tröpfchen einer öligen
Substanz, die sich in Äther löst, unlöslich in Alkohol und Wasser
ist und durch Farbstoffe wie Alkanna und Safranin sich präch-
tig färbt.
Fig.33.

Querschnitt durch eine Partie des Rhizoms von Helleborus viridis L.


a Bastteil, b Gefäße, c Mark. (Hartwich.)

Die Neben wurzeln besitzen einen kreisrunden (zirka 3 mm


breiten) Querschnitt mit breiter Rinde und schmalem zentralem
Holzkern.
Unter der braunen, nach außen stärker verdickten Epi-
dermis folgt eine Mittelrinde aus derbwandigen gerundet poly-
gonalen Zellen mit demselben Inhalte wie das Parenchym des
Rhizoms.
Das zentrale Gefäßbündel ist nach außen von einer einfachen
dünnwandigen Endodermis mit am Querschnitte deutlich verkorkten
Radialwänden ( Casparsche Punkte) umgeben.
Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 5

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66 Helleborus viridis L., Grüne Nieswurz.

Es ist am Querschnitte vier- bis fünfzackig begrenzt und


gewöhnlich pentarch. Die Phloembündel sitzen in den Zacken.
Das Zentrum wird manchmal durch unverholztes Parenchym
gebildet.
Das Cambium ist häufig bloß auf die Stellen, wo sich ein
Phloemteil befindet, beschränkt (Fig.34).
Mikrochemie. Helleborin ist schwer löslich in Wasser und
Äther, leicht löslich in Alkohol und Chloroform, Helleborein lös-

Fig.34.

Phl

Querschnitt durch das zentrale (pentarehe) Gefäßbündel der Nebenwurzel von


Helleborus Vil'idis L.
E Endodermis (Kernscheide) ; Phl Phloem, das zwischen den dünnwandigen Phloem~
partien liegende derbwandige Gewebe entspricht dem Holzteile des Gefäßbündels.
Vergr. 1 : 137.

lich in Wasser, schwer löslich in Alkohol, in Äther fast unlöslich.


Aus der wässerigen Lösung ist es durch phosphormolybdänsaures
Natrium oder metawolframsaures Natrium sowie Tannin fallbar
(Dragendorif).
Mikrochemisch bildet sich auf Zusatz vonPhosphorwolfram-
säure - wenigstens an frischem Materiale - nach kurzer Zeit ein
reichlicher, ganz feinkörniger Niederschlag in allen parenchyma-
tischen Zellen. Makroskopisch nimmt der Schnitt eine weiße
Farbe an.

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Aconitum Napellus L., Blauer Sturmhut. 67


Phosphormolybdänsäure bewirkt einen ebenfalls sehr fein-
körnigen gelblichen Niederschlag. Makroskopisch werden die Schnitte
gelb. Goldchloridlösung, Auswaschen in Wasser und nachheriger
Zusatz von frischer Eisensulfatlösung erzeugt in allen Paren-
chymzellen einen dichten schwarzen Niederschlag. Makroskopisch
sind die Schnitte im auffallenden Lichte goldbraun. .
Konzentrierte Schwefelsäure, welche nach Dragendorff Helle-
borein mit gelber bis gelbroter Farbe löst, die durch Erwärmen
dunkler wird, bewirkt mikrochemisch keine auffallende Reaktion.
Die Gefäßwände werden gelblichgrün und das Parenchym löst
sich langsam farblos auf.
Anatomie der Blätter. Epidermiszellen seitlich getüpfelt,
fast derbwandig, oberseits buchtig polygonal, unterseits buchtig
wellig, an den Ausbuchtungen in der Fläche etwas stärker ver-
dickt. Spaltöffnungen nur unterseits , etwas über die Epidermis
hervorragend (L. 45 tJ.). Die Outicula fein wellig mit gegen die
Spaltöffnungen hin zulaufenden Linienzügen.
. Haare (Stengel) stumpf keulenförmig, einzellig, dünnwandig
mit gelblichem eingetrocknetem Inhalt. L. gewöhnlich zirka 230 V-.
Das Mesophyll zeigt oberseits eine einfache Palissadenschicht
aus relativ kurzen, ziemlich breiten Zellen. Kristalle von oxalsaurem
Kalk fehlen.
Differentialdiagnostisch kommen bezüglich des Wurzel-
stockes nach A. v. Yogl hauptsächlich Helleborus niger L., Actaea
spicata L.und Adonis vernalis L. in Betracht.
Helleborus niger L. zeigt, wie dieser Autor hervorhebt, am Querschnitte
Holzbündel , welche mehr keilformig geformt sind. Der radiale Durchmesser der·
selben ist größer als der tangentiale, während bei Helleborus virid. diese Bündel
rektangulär begrenzt sind, mit überwiegendem tangentialem Durchmesser.
Für Actaea spicata L. sind insbesondere die Nebenwurzein charakterisch,
deren aus vier kreuzweise gestellten Gefäßbündeln gebildeter Kern viermal so breit
als die Rinde ist. Im Parenchym des Wurzelstockes tritt ein öliger Inhalt nur
spärlich auf.
Bezüglich des Wurzelstockes von Adonis vernali s L. wird hervorgehoben,
daß derselbe am Querschnitt meist fünf im Kreise gestellte GefILßbündel mit
trapezoidisch begrenztem Holzkörper zeige; die Phloempartien sind seitlich nicht
zu einer zusammenhängenden Schichte verbunden und die Markstrahlen gegen das
enge Mark hin durch Spiroiden gesperrt.

17. Aconitum Napellus L., Blauer Sturmhut.


Die in Alpen- und Voralpengegenden Mitteleuropas stellen-
weise sehr häufig vorkommenden und als Zierpflanzen kultivierten,
zur Familie der Ranunculaceen gehörigen Aconitum-Arten - Aco-
nitum Napellus L., A. Lycoctonum L. (Wolfseisenhut), A. variega-
tum L. (A. Stoerkeanum Reichb.), A. paniculatum L. und A. Anthora L.
sind zu unsern gefährlichsten Giftpflanzen zu zählen.
Von besonderer Bedeutung, d. h. toxikologisch näher bekannt,
siud die drei ersterwähnten Arten, von welchen hier als Typus
der ganzen Gruppe Aconitum Napellus beschrieben werden soll~
dessen Wurzelstock in den meisten Pharmakopöen offizinell ist.
5*

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68 Aconitum Napellus L., Blauer Sturmhut.

Die Giftigkeit der Pflanze beruht auf dem in allen TeileIl.


besonders dem vVurzelknollen, vorhandenen Aconitin (Husemann;
Aconitoxin), einem kristallisierbaren , in Wasser schwer in
Alkohol, Ather etc. leicht löslichen Alkaloide, welches als' das
giftigste bekannte Alkaloid gilt.
Vergiftungen mit Präparaten der Pflanze, insbesondere dem
sogenannten reinen Aconitin erfolgten, in friiherer Zeit, als man

Fig.35.

Aconitum Na.pellus L.
(IHauptknollen mit Stengelrest, b Tochterknollen im Längsschnitt mit der Spitzenknospe,
c Querschnitt durch den Tochterknollen (die in den Ecken und Buchten des sternförmigen
J\'Iarks sitzenden pu.nktförmigen I-Iolzbündel sind nicht gezeichnet) (...4. T')chirch.)

das Aconitin noch medizinisch häufiger anwendete, nicht selten, ge-


wiihnlich mit letalem Ausgange.
Hingegen sind Vergiftungen dureh Teile der Pflanze relativ
seltener, immerhin aber noch recht zahlreich.
Nach älteren Autoren ist A. Lycoctonum als Wolfsgift in Ver-
wendung gewesen. Wibmer und Glnelin zitieren mehrere kasui-
stisch weniger interessante Fälle von Aconitvergiftung.
Gewöhnlich handelt es sich um Verwechslung der Wurzel
und der Blätter mit eßbaren Pflanzenteilen (Rettig, Salat etc.).

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Aconitum Napellus L., Blauer Sturmhut. 69


Nach Hooper (1883) kam eine Vergiftung durch Verwechslung
von Aconitumknollen mit Radix Taraxaci zustande (philad. med.
Times, 1883, pag. 328), 1882 eine Vergiftung von 5 Kindern durch
Kauen der Wurzel (Backer F., Brit. med. Journ., 1882, pag.1039). Zwei
tödliche Vergiftungen durch Verwechslung von Pulvis Aconiti mit
Pulvis Ipecacuanhae wurden von A. Biechy publiziert (Paris 1884).
Einen Fall eines Selbstmordes durch das Pulver der Wurzel
veröffentlichte C. Stich (VierteljahrschI'. f. ger . .Med., 1896, XI, H. 2).
Ein im pharmakologischen Institute in Wien 1899 unter-
suchter Fall betraf eine Wurzel, auf deren Genuß ein mohameda-
nischel' Pilger schwer erkrankt war. Er hatte dieselbe gegen Zahn-

Fig.36.

Äconitnm Stoerkeanum Reichb.


Links: Blüte im Längsschnitt, rechts: die Nektarien und Staubge:fä.ße. (A. Tschirclt.)

schmerzen gekaut. Die Wurzel erwies sich als von einer Aconitum-
Art stammend.
Aconitum N apellus L. besitzt einen rübenf6rmigen bis knolligen
Wurzelstock von außen schwarzer Farbe, der nach unten in eine
lange dünne Wurzel ausgeht und seitlich mit zahlreichen dünnen
Nebenwurzeln besetzt ist. An dem oberen Teile des Knollens setzt
sich an einem kurzen Seitenaste ein zweiter Knollen an, welcher
an seinem oberen Pole die Knospe der nächstjährigen Pflanze
trägt, so daß eine im Beginne des Blühens eingesammelte Wurzel
regelmäßig aus zwei (manchmal mehr) solcher Knollen besteht
(Fig.35).
Der erste wird späterhin aufgebraucht und schrumpft zur
Zeit der li'ruchtreife vollkommen ein.
Der bis über 1·5 m hohe aufrechte Stengel ist unten kahl,
oben flaumig behaart. Die Blätter sind handf6rmig oder fußf6rmig
geteilt (5-7teilig), ihre Abschnitte rautenf6rmig, ein- bis mehr-

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70 Aconitum Napellus L., Blauer Sturmhut.

spaltig, die Zipfel 2-3spaltig, lineal bis lanzettlich, spitzig, ganz-


randig, kahl, steif, oberseits dunkelgrün, unterseits hellgrün. Die
Blüten stehen in einer endständigen, gewöhnlich einfachen, länglichen
dichten Traube. Der blumenblattartige Kelch von dunkelblauer
Farbe besteht aus 5 Blättern, von welchen das oberste (die soge-
nannte Haube) helmf6rmig gewölbt ist (der Helm ist breiter als lang).
Von den eigentlichen Blumenblättern sind bloß die zwei
oberen inlangbenagelte kapuzenf6rmige Honigbehälter umgewandelt,
die von der Haube eingeschlossen sind. Die übrigen sind klein
oder nicht ausgebildet (Fig. 36).
Die Kapselfrüchte, aus 3-5 freien .Fruchtknotcn hervor-
gegangen, sind kahl, mehrsamig.
Blütezeit: August, September.
Aconitum N apellus bildet mit Ac. variegatum L., welche
Art ihr sehr ähnlich ist, häufig Bastarde. Iu toxikologischer Hin-
sicht ist die Feststellung, um welche Spezies es sich handelt, von
geringerer Wichtigkeit, da auch A. variegatum Aconitin enthält.
A. Lycoctonum und Anthora haben denselben allgemeinen
Habitus, aber gelbe Blüten.

Anatomie des Wurzelknollens. Der kreisf6rmige oder


mehr elliptische Querschnitt (D. 1-2 cm) zeigt unter einem dünnen
braunen Kork eine ziemlich breite, bräunlichweiß gefärbte Rindc
(frisch geschnitten weiß, sich aber rasch bräunlich färbend); in
dieser ist nahe dem Rande manchmal die Endodermis als feine braune
Linie sichtbar. Das Mark ist typisch sternförmig begrenzt und
weiß gefärbt. In den Spitzen und Buchten desselben finden sich
die als gelbe große Punkte erscheinenden Holzbündel (vgl. Fig. 37).
Die äußere Begrenzung wird durch eine einfache braunwandige
Epidermis gebildet, deren Zellen häufig papillös oder direkt als
Wurzelhaare ausgebildet sind. An ihre Stelle tritt in den oberen Par-
tien gewöhnlich das Gewebe der äußeren Teile der Mittelrinde, deren
Zellen hier mit braunem Farbstoff erfüllt und verkorkt sind und
ihren charakteristischen Stärkeinhalt einbüßen. Von Mcyer wird diese
Schicht Metaderm genannt. Die eigentliche Mittelrinde besteht
aus mehreren Reihen, am Querschnitte, stark tangential gestreckter,
farbloser, derbwandiger Zellen mit Stärke als Inhalt, dazwischen
zahlreichen in ihrer Form nicht abweichenden, dünn- bis derbwan-
digen Steinzellen mit groben Tüpfeln in der gelblich gefärbten Wand.
Eine aus einer Reihe ziemlich collabierter braungefärbter Zellen
bestehende Endodermis (Kernscheide) grenzt die Mittelrinde von der
Innenrinde ab, die in ihrer Hauptmasse aus primärem (Markstrahl-)
Gewebe besteht, aus polygonal-sphäroidalen Zellen, dazwischen
kleinen Intercellularen, die Zellen strotzend mit Stärke erfüllt.
Die Phloempartien sind sehr charakteristisch inseiförmig in
diesem Parenchym verstreut und. bestehen aus einigen zarten, eng-
lumigen Siebröhren, umgeben von Cambiformzellen. Diese Sieb-
röhren - beziehungsweise Phloeminseln - lassen am Querschnitte

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Acouitum Napellus L., Blaller Sturmhut. 71


deutlich· eine radiale Anordnung erkennen, in der Fortsetzung der
Holzbündel.
Fig.37.

Querschnitt durch den Tochterknollen von AconituIll NapelJus L.


o Cambium, innerhalb desselben ein Holzbünde], sr sekundäre Rinde (Innenl'inde, die
Siebbündel sind nicht gezeichnet 1), e Endodermis, p primäre Rinde (l\fittelrinde) mit
eingelagerten Steinzellen. (A. Tschirch.)

Das Cambium ist stellenweise von breiten Markstrahlen durch-


brochen nUT intrafascikulär ausgebildet.

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72 Aconitum Napellus L., Blauer Sturmhut.

Sehr typisch sind die Holzbündel verteilt. An Querschnitten


aus den oberen Teilen des TochterknolIens findet man in den
Spitzen des sternförmig zackig begrenzten Marks große Holz-
bündel, welche ausschließlich aus relativ engen netztörmigen
Tracheen bestehen, während in den Buchten, durch primäres
Gewebe getrennt, kleinere Holzbündel sitzen. Querschnitte aus·
den unteren Partien des Knollens zeigen eine weniger deutlich
hervortretende Sternfigur, die hier hauptsächlich dadurch charak-
terisiert. ist, daß die Holzbündel hufeisenförmig gespalten sind,
ein Typus, der an die bei Aristolochia beschriebene Anordnung
anknüpft.
Jedes größere Holzbündel besteht nämlich aus 2 radial ver-
laufenden, nach außen breiter werdenden Schenkeln, die nach innen
sich in schwach gekrümmtem Bogen vereinigen. Zwischen je zwei
solchen Schenkeln befindet sich ein breiter Streifen primären Ge-
webes, das höchstens in der cambialen Gegend wieder eine Ein-
lagerung eines sekundären Holzbündels zeigt.
Das Cambium folgt nicht den Ausbuchtungen, sondern sitzt
nur an den radialen Bchenkeln, oder es überbrückt die Aus-
buchtungen, in welchem Falle dann die sekundären kleineren
Holzbündel sich in denselben ausbilden. Das Mark ist ein groß-
zelliges, dünnwandiges Parenchym mit kleinen Intercellularen,
strotzend gefüllt mit Stärke. Die breiten primären Markstrahlen
zeigen denselben Bau.
Neben Amylum findet sich in den an das Cambium grenzenden
Schichten des Parenchyms - besonders der Innenrinde - ein
formloser bräunlicher Inhalt.
In manchen Knollen, doch nicht regelmäßig, findet man in
der Rinde zahlreiche, in ihrer Form von den umgebenden Zellen
nicht abweichende Zellen mit deutlich verholzter Wand, die sich
mit Farbstoffen wie Fuchsin, Methylenblau etc. im Gegensatze zum
übrigen Parenchym auffallend stark farben. Sie führen denselben
Inhalt wie die übrigen Zellen. Die Stärke, welche in allen
Parenchymzellen sich vorfindet, ist regelmäßig komponiert, gewöhn-
lich mit kleiner Kernhöhle oder Kernspalte. D. 9-20 1'.•

Mikrochemisch sind die Knollen von Aconitum ein häufig


undankbares Objekt, indem das Aconitin leicht zersetzlich ist
und infolgedessen älteres Material meist keine sicheren Resultate
ergibt.
Durch Kalilauge wird eine diffuse gelblichgrüne Färbung
der Schnitte bewirkt. Konzentrierte Schwefelsäure farbt
Schnitte aus frischem Materiale purpurrot, aus getrocknetem
mehr bräunlich.
Nach längerem Liegen in Schwefelsäure entwickeln sich
ganz kleine prismatische Kriställchen, diffus über den ganzen
Schnitt verteilt.

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Aconitum Napellus L., Blauer Sturmhut. 73


Mit Phosphormolybdänsäure und Phosphorwolfram-
säure konnte ich an dickeren Schnitten stellenweise in den Ge-
fäßen einen sehr feinen kleinkörnigen Niederschlag erzielen. Gold-
chlorid, das nach Schmidt selbst in starker Verdünnung Fällung
erzeugt, brachte keinen Effekt hervor.
Im übrigen erwähnt Schmidt noch von Fällungsreagentien
für Aconitin Kaliumquecksilberjodid, Kaliumwismutjodid
und Gerbsäure.
Fig.38.
A B

Aconitum Napell us L., Blatt.


A Querschnitt des Blattes, e Epidermis der Oberseite, el der UnterfZeite mit Spalt-
öffnungen, p Palissadenschicht, s Schwammparenchym. - B Epidermis der Oberseite'
von der Fläche; unter den buchtigen Tafelzellen die Zellen der Palissadenschicht
durchscheinend. - 0 Epidennis der Unterseite von der Fläche. Die Zellen kleiner
und stärker buchtig als jene der Oberseite; jede Zelle mit einem Zellkern; vier Spalt-
öffnungen. (A. E. Vogl.)

Durch die beiden erst erwähnten Reagentien färben sich die


braun pigmentierten Zellen der dem Cambium näherliegenden
Partien der Innenrinde intensiver braun, doch ist ein Niederschlag
nicht deutlich.
Die Annahme, daß nur diese Partien, sowie das Cambium
und der Holzkörper , Sitz des Aconitins seien, kann ich nach
meinen Untersuchungen nicht mit Sicherheit bestätigen.

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74 Delphinjum Staphysagria L., Stephans- oder Läusekraut.

Das Pulver des Wmzelknollens ist charakterisiert durch


das Amylum, das, großenteils zerfallen, aus paukenförmigen, von
oben gesehen kreisrunden Teilkörnern besteht, zahlreiche braun
pigmentierte Zellpartien aus der Epidermis und dem Metaderm,
ziemlich englumige, netzförmig verdickte Gefäße, gewöhnlich in
Gruppen, und die recht charakteristischen regelmäßig rektangulären
weitlumigen Steinzellen aus der Mittelrinde, deren gelb gefärbte
Wand von groben Tüpfeln durchzogen ist. Sie besitzen manchmal
einen braunen formlosen Inhalt.
Das Pulver der offizinellen Radix Jalapae, mit welcher die Stnrmhnt-
knollen verwechselt werden könnten, besitzt große komponierte, häufig verkleisterte
Stärkekörner (40-60 p.), zahlreiche lIIilchsaftzellen mit grauem Inhalte, Kristall-
drusen und große Netzgefäße.

Anatomie des Blattes. Epidermis oberseits aus buchtig


polygonalen, unterseits aus buchtig welligen, dünnwandigen, fein
getüpfelten Tafelzellen. Spaltöffnungen nm unterseits und fast
kreisrund begrenzt. Hauptsächlich an den Nerven spärliche, ein-
zellige, kegelförmige, dünnwandige Haare, die an ihrer Basis
etwas eingeschnürt sind. Der untere Teil des Haares ist gegen
den oberen gewöhnlich etwas bauchig erweitert. An frischem
Materiale ist das mit bräunlichem Inhalte erfüllte Lumen nm im
unteren Teile vorhanden, während die übrigen zwei Drittel des
Haares von einer ganz farblosen plasmatischen Masse erfüllt sind.
Sehr spärlich finden sich auch einzellige, keulenförmige kleine
Haare vor.
Das Mesophyll zeigt oberseits eine zirka ein Drittel des
Blattquerschnittes einnehmende Palissadenschicht aus relativ
schlanken Zellen und unterseits ein Schwammparenchym. Kalk-
oxalat findet sich nicht vor (Fig. 38).
Die Knollen des am Himalaya vorkommenden Aconitum ferox WalL sind
ebenfalls giftig und enthalten das Pseudaconitin. Toxikologisch sind sie wohl
für uns ohne Bedeutung.

18. Delphinimn Staphysagria L., Stephans- oder Läuse-


kraut.
Die Samen dieser in Südemopa vorkommenden Ranunculacee-
Helleboriee sind sowohl medizinisch als auch als Volksmittel (gegen
Läuse, iutern gegen Würmer, als Drastikum und Emetikum) im
Gebrauche (Stephanskörner).
Sie enthalten nach den Untersuchungen von Dragendorff
und Marquis (1877) vier Alkaloide in einer Menge von zirka
1 %, das Delphinin und Delphisin (beide lu-istallisiert) und das
Staphysagrin und Delphil).oidin (beide amorph). Das Staphysagrin
ist ein Gemenge mehrerer Basen.
Die Samen wirken zweifellos giftig, doch sind sichere l<-'älle
von Vergiftungen durch diese nicht viele bekannt. Wietfeld ver-
öffentlichte eine medizinale Vergiftung eines 60jährigen Mannes

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Delphinium Staphysagria L., Stephans- oder Läusekraut. 75

durch das Pulver von Staphysagriasamen, das in der Apotheke


irrtümlich flir Pulvis Liquiritiae compos. dispensiert worden war
(Friedreichs Blätter, 1869, 19. Jahrg., Heft 6).
Da die Samen, wie oben bemerkt, als Volksmittel verwendet
werden, sind sie jedoch in toxikologischem oder forensischem
Sinne nicht ohne Bedeutung.
Die Samen besitzen im allgemeinen eine etwas unregel-
mäßig tetraedrische Form mit schwach gewölbter Basis. Häufig
sind sie verbogen, ihr Durchmesser beträgt etwas über 1 cm.
Die Oberfläche ist braun gefärbt, matt und grobrunzelig, manch-
mal gelblich-weißlich angelaufen. Die sehr spröde dicke Samen-
schale und feine farblose innere Samenhaut schließen einen Samen-

Fig.39.

Delphini um Staphys agria L.


Querschnitt durch die Samenschale entsprechend einer Leiste. I Epidermis (rechts in
einer Zelle eine büscbelförmige Kristallausscheidung) , 11 Mittelschicht , 111 Innen-
schicht. Vergr. 1 : 90.

kern ein, der aus dem ölig-fleischigen Eiweißkörper und dem


kleinen Embryo besteht.
Der Geschmack der Samen ist bitter, nachträglich brennend.
An at 0 m i e.. Die Epidermis besteht aus in der Fläche poly-
gonalen, am Querschnitte quadratisch bis lang radial gestreckten,
dickwandigen Zellen mit geschichteten gelb glänzenden (sklero-
sierten) Wänden und weitem inhaltslosem Lumen (Fig.39).
Die quadratische 1 bzw. öfters tangential gestreckte recht-
winkelige Querschnittsform zeigen die in der Tiefe der makro-
skopisch sichtbaren Runzeln des Samens liegenden Zellen 1 während
die Leisten desselben dadurch gebildet werden, daß der radiale
Durchmesser einer Gruppe von Zellen unvermittelt um Bedeuten-
des zunimmt. Die Außenwand dieser die Riefen bildenden Zellen
ist halbkugelig nach außen gewölbt und bei allen Zellen im Gegen-

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76 Delphinium Staphysagria L., Stephans- oder Läusekraut.

satze zur Seiten- und Innenwand auffallend stärker verdickt. Die


Innen- und Seitenwände sind breit spaltentüpflig. Die sehr deut-
lich ausgebildete primäre Membran ist gleich der dünnen Cuticula
braun gefärbt.
Auf den Samen entwickelt sich häufig bei schlechter Auf-
bewahrung ein Pilz, aus kleinen kugeligen, dicht nebeneinandet-
stehenden, kurz gestielten Zellen bestehend, wodurch in solchen
Fällen die Oberfläche mikroskopisch grobwarzig erscheint.
Öfters kann man in den Epidermiszellen Ausscheidungen
grob strahliger zu Büscheln oder Bündeln aggregierter säulen-
förmiger Kristalle beobachten, Fig.40.
die sich in Wasser nicht lösen.
Vielleicht gehören diese dem Del-
phinin an, obwohl dieses nach
Clautriau nur im Eiweißkörper
vorkommen soll.
Auf die Epidermis folgt eine
sehr kollabierte schmale Mittel-
schich t (H) aus farblosen dünn-
wandigen Zellen, von welchen die
äußersten gewöhnlich bräunlichen
Farbstoff eingelagert haben.
Nach innen begrenzt sich die
Samenschale durch eine sehr cha-
rakteristische braun gefärbte Innen-
schicht (lU).
Die Zellen dieser sind in
der Fläche unregelmäßig polygonal
langgestreckt von ungleicher Größe,
ihre fast derb zu nennende Wand
von zahllosen sehr feinen quer-
ziehenden netzigen Spalten tüpfeln
dUTchzogen, so daß sie siebartig Die Innenschieht der Samensehal. von
quer durchbrochen erscheinen (L. Delphinium Staphy"agria L.
(Fig. 39, 111) in der Fläche. Vergr.l: 517.
zirka 60 (I., Br. 5-10 (I., Fig.40).
Am Querschnitte erweisen sich diese sehr auffallenden Zellen
nach innen (gegen das Endosperm zu) stärker verdickt. Das Endo-
sperm besteht aus dünnwandigen polygonalen Zellen mit farblosen
Zellwänden. Ihr Inhalt sind farbloses öl und zahlreiche, leicht
zerfallende, eckige Aleuronkörner, welche Kristalloide und Globoide
enthalten CD. 5-10 (I.).
Mikrochemisch treten nach der Pharmakographie(Flückiger,
Hanbury) auf Zusatz von Chromsäure auf und in den Zellen der
Samenschale zahlreiche farblose Kristalle auf.
Von mikrochemisch eventuell verwendbaren Reaktionen wären
folgende von Schmidt aufgezählte zu erwähnen:
Delphinin bildet in wässeriger Lösung mit Jodjodkalium,
Jodwasser , Bromwasser , Phosphormolybdänsäure , Kalium-Queck-

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R:ockelskörner (Cocculi Indici, Fructus Cocculi). 77


silberjodid., Kalium-Wismutjodid und Goldchlorid Niederschläge.
Clautriau erwähnt einen braunen Niederschlag mit Jodkalilösung.
Ebenso verhält sich das Delphinoidin. Dieses löst sich außerdem
in konz. Schwefelsäure anfangs mit dunkelbrauner, später in
Rotbraun übergehender Farbe. Fröhdes Reagens bewirkt zuerst
braune, dann blutrote, schließlich kirschrote Färbung. Ahnlich ver-
hält sich Staphysagrin.
Die Samen des auf .Äckern häufigen Unkrautes Delph inium Consolida L.
(Feldrittersporn) und Delphininm Ajacis L. (Gartenrittersporn) besitzeu nach
Kobert eine analoge, jedoch schwächere Wirkung, wie Delph. Staphysagria. Eine
eingehende Beschreibung der ersteren lieferte E. Sen/t, Pharmazeut. Praxis, 1902,
Heft 3 und 4.
Als eigentliche Giftpflanzen kommen diese wohl nicht in Betracht, doch
spielt der Feldrittersporn als schädliche Ausreuterpflanze im Getreide eine
gewisse Rolle.
Von sonstigen Ranunculaceen ist besonders die Gruppe der Anemoneae
durch Besitz scharf wirkender Stoffe ausgezeichnet, z. B. Anemone nemorosa L.
und die anderen Anemone- und Pnlsatilla-Arten.
Die verschiedenen Adonis-Arten, speziell Adonis vernalis L., sind durch
Herzgifte ausgezeichnet. Die Wurzel dieser pflanze diente früher öfters zur Ver-
fälschung von Helleborus.
Clematis Vitalba L. und erecta L., etc. schließen sich in ihrer Wirkung
an die Anemone-Arten an, ebenso die verschiedenen Ranunculus-Arten, z. B.
R. sceleratus L., acris L. usf.
Als Volksmittel sind diese Arten mehr oder weniger häufig verwendet,
hauptsächlich extern als hautrötende und reizende Mittel, manche intern als
Diuretika.
Toxikologisch kann ihnen aber bis jetzt keine besondere Bedeutung zu-
gesprochen werden.
Eine Besprechung von Adonis vernalis L., dem wegen seiner internen
Anwendung toxikologisch wichtigsten Vertreter der Gruppe, findet sich in Pharm.
Post., 1902, XXXV. Jahrg., Heft 23, pag.337. Auch Actaea spicata L., Chri-
stofskraut, spielt in der Volksmedizin eine gewisse Rolle, ebenso Caltha palu-
stris L. und Trollius europaeus L.

19. Kockelskörner (Cocculi Indici, Fructus Cocculi).


Die Steinfrüchte von Menispermum Cocculus L. (Anamirta
Cocculus W. et A.), einem Strauche aus der Familie der Meni-
spermaceae, einheimisch in Vorderindien, sind in ihrer Heimat und
bei uns als Fischgift im Gebrauch und wurden bei uns früher
häufig medizinal (gegen Kopfläuse etc.) verwendet.
Toxikologisch sind sie insofern von Bedeutung, als sie nach
A. v. Vogl in England in großen Mengen bei der Bereitung
schwerer Biersorten (Porterbier) verwendet werden. Dies geschieht
angeblich, um die Nachgärung zu verhindern, doch dürfte die
eine rauschartige Betäubung hervorbringende Giftwirkung dieser
Früchte und ihr bitterer Geschmack als die näher liegende Ur-
sache ihrer strafbaren Verwendung zu diesem Zwecke anzusehen
sein. Derzeit ist diese Verwendung, wenigstens in Österreich, ver-
boten und der Import untersagt. In neuerer Zeit erfolgte eine
in Genesung ausgegangene Vergiftung durch ein Infusum aus Kockels-
körnern, als Abortivum genommen (Menko, Therap. Monatsh., 1896,
pag. 111), und der Tod eines Mannes, der eine aus Fructus Cocculi

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78 Kockelskörner (Cocculi Indici, Fructus Cocculi).

bereitete Tinktur an Stelle von Kirschwasser genommen hatte


(E. Shaw) Med. News, 1891, pag. 38). Die Früchte werden übrigens
bei uns noch häufig zum Fischdiebstahl und Vogelfang benutzt.
Das giftige Prinzip der Früchte ist das Pikrotoxin, das
neben dem indifferenten Pikrotin in einer Menge von zirka
1 0/0 in den Samen enthalten ist. In der Fruchtschale finden sich
zwei wenig bekannte Alkaloide, das Menispermin und Parameni-
spermin (Pelletier und Oouerbe) vor. Im übrigen enthalten die
Samen zirka 50 0/ 0 Fett.
Die Früchte sind durchschnittlich 1 cm lang, eiförmig oder
nierenförmig mit kugelig gewölbter Rückenseite und einer ge-
wöhnlich nicht sehr scharf ausgeprägten Einsenkung an der
Bauchseite, neben welcher sich eine kreisrunde Stielnarbe befindet.
Fig.41.

Menispermum Cocculus L.
Aleuronkörner und eine Kristallausscheidung aus dem Endosperm, in Öl beobachtet,
i~ den Aleuronkörnern undeutlich büschelförmigeKristallnadeln sichtbar. Vergr.l; 460.

Gegenüber derselben, durch die Einsenkung getrennt, befindet


sich ein kleines, oft kaum bemerkbares Spitzchen, von welchem
über die Rückenfläche bis zur Stielnarbe eine in der Regel sehr
undeutliche Naht zieht.
Die Oberfläche der harten Früchte ist graubraun gefärbt
und grobrunzelig. Die Steinschale holzig und 2-3 mm dick.
Der Sam en erscheint an Längsschnitten ausgesprochen nieren-
förmig, indem - der Einsenkung entsprechend - die Steinschale in
das Innere der Frucht zwei halbkreisförmige Leisten hineinsendet, um
welche herum der Samen gelagert ist. An Querschnitten ist dieser
daher ringförmig. Er besteht der Hauptsache nach aus einem ölig-
fleischigen, weiß gefärbten Eiweißkörper, in dessen Mitte der aus zwei
länglichen dünnen Cotyledonen etc. bestehende Keim sich befindet.
Die Samen schmecken stark bitter.

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Kockelskörner (Cocculi Indici, ]<'ructus Cocculi). 79


Anatomie. Die Oberhaut des Fruchtgehäuses besteht aus
unregelmäßig polygonalen, in ihrem Durchmesser variablen, ge-
tüpfelten, derbwandigen Zellen, darunter folgt eine zirka 5~6 Zellen
breite ~Iittelschicht aus fast derbwandigen, mit braunem, formlosem
Inhalte erfiHlten Parenchymzellen, in welcher die Gefäßbündel ver-
laufen, und die breite Steinschale (Endokarp oder Innenschicht).
Diese besteht aus einem dichten Geflechte faserartiger, vollkommen
verdickter Steinzellen mit gelb glänzenden 'Wänden, welche
isoliert - häufig zahnartige Kerben und Vorsprünge zeigen.

Fig.42.

\
\\

)'

Menispermum Cocculus L.
Partie des Endospermgewebes in Glyzerin erwärmt. Die Aleuronkörner sind durch
die Präparation etwas destruiert, zeigen a.ber deutlich die nadelförmjgen Kristall-
einschlüsso. Yergr. 1 : 460.

Ziemlich undeutlich lassen sich am Querschnitte in der An-


ordnung diesel' Sklerenchymfasern drei Schichten unterscheiden.
In der äußersten sind die Fasern hauptsächlich radiär oder axial
verlaufend, in der mittleren, breitesten Zone verlaufen sie tangen-
tial (ringförmig) und innen wieder axial in der Längsrichtung
der Frucht.
Die Samenhaut ist sehr collabiert und besteht aus poly-
gonalen, langgestreckten Zellen.
Das Samcneiweiß (Endosperm) wird von sehr dünmvan-
digen, weiten, annähernd rektangulären Zellen gebildet, die dicht
mit farblosem Fette und Aleuronkörnern gefüllt sind.

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80 Kockelskörner (Cocculi Indici, Fructus Cocculi).

An vielen Stellen ist das Gewebe durch große Lücken zer-


sprengt, in welchen sich auffallend große, strahlige oder büschel-
16nnige farblose Kristallbildungen befinden, die sehr unregelmäßige
zerrissene Formen besitzen, aber ihre Zusammensetzung aus nadel-
förmigen bis säulenförmigen Teilkristallen deutlich erkennen lassen.
(Diese Kristallnester sind makroskopisch an Querschnitten als
weiße Punkte im Sameneiweiß sichtbar.) (Fig. 41 u. 42.)
In den Zellen selbst finden sich auch massenhafte feine, zum
Teile zu Büscheln aggregierte Kristallnadeln, und zwar vornehmlich
in den Aleuronkörnern , wie man sich durch Erwärmen eines
Querschnittes in Glyzerin leicht überzeugen kann.
Die großen Kristalle, welche A. v. Vogl als Fettsäure-
kristalle ansieht, lösen sich in Äther, Alkohol und Kalilauge
(beim Erwärmen). Gegen konzentrierte Schwefelsäure sind sie
auffallend resistent und werden erst durch Erwärmen zerstört.
Das Aleuron besteht aus im allgemeinen sehr großen, glän-
zend gelblichen oder farblosen Körnern von verschiedenartiger
unregelmäßiger Form (D. bis 25 und 30 p.). In denselben findet
man (undeutlich in 01, deutlich in Glyzerin) die oben erwähnten
feinen Kristallnadeln.
Mikrochemisch tritt auf Zusatz von Kalilauge eine auf-
fallende grünlich gelbe Färbung in zahlreichen, zumal den der
Oberfläche des Eiweißkörpers naheliegenden Zellen auf.
Konzentrierte Schwefelsäure be"virkt in der Kälte eine
allmählich fortschreitende Rotfärbung des Zellinhaltes. Beim Er-
wärmen färbt sich der Schnitt sofort prächtig rubinrot.
Differentialdiagnostisch kommen höchstens die Früchte
des offizinellen und als Volksmittel viel benutzten Lorbeerbaumes,
Fructus Laud (nobilis), in Betracht.
Diese sind regelmäßig eiförmig (niemals nierenförmig) mit
der Stielnarbe am unteren Pole, etwas größer als die Kockels-
körner, ihre Oberfläche ist glänzend braun gefärbt (Cocculus
matt), ihre Steinschale dünn und leicht zerbrechlich. Der Samen
besteht ausschließlich aus den zwei öligfleischigen plankonvexen
Cotyledonen und dem kleinen Würzelchen. Ein Eiweißkörper ist
nicht vorhanden.
Mikroskopisch sind diese Früchte hauptsächlich durch die
massenhaft in der Mittehinde vorkommenden eirunden Olzellen
(erfüllt mit ätherischem OIe) charakterisiert. Die Steinzellenschicht
wird aus sehr charakteristischen, in der Fläche buchtig begrenzten
Steinzellen in einfacher Reihe gebildet. In den Keimlappen findet
sich neben Fett und Aleuron massenhaft komponierte Stärke.
Es ist demnach anatomisch die Unterscheidung beider Früchte
auf den ersten Blick ausführbar.
Präparation. Behufs Aufweichung der sehr harten Stein-
schaie der Kockelskörner ist es zweckdienlich, diese vorher zu

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Opium und Mohnfrüchte. 81


zerschneiden, da die unverletzte Schale tagelang in Wasser liegen
kann, ohne zu erweichen.
Die Samen dürfen nicht in Wasser gelegt werden, da hier-
durch das Aleuron zerstört wird. Man schneidet sie direkt. Zur
Untersuchung der Steinschale benutzt man Kalilauge oder Chloral-
hydrat, für die Samen Olivenöl oder Glyzerin. Durch Erwärmen
in Glyzerin werden zwar die Aleuronkörner zerstört, aber· ihre
charakteristischen Kristalle treten deutlich hervor.

20. Opium und Mohnfrüchte.


Bekanntlich versteht man unter Opium den eingetrockneten
Milchsaft des zu den Papaveraceen gehörigen Schlafmohus, Papaver
somniferum L., der aus dieser Pflanze durch Einschnitte in die
unreife Fruchtkapsel gewonnen wird und in Form der sogenannten
Opiumbrote, eingehüllt von einem größeren Mohnblatte, in den
Handel kommt.
Das für Europa in Betracht kommende Bezugsland für Opium
ist Kleinasien (Opium Smyrnaeum), doch wird die Mohnpflanze
zum Zwecke der Opiumgewinnung in fast allen orientalischen
Ländern, besonders Persien und Indien, China etc. in großem
Maßstabe kultiviert. Im Oriente dient Opium als Genußmittel und
wird in Form eines speziell für diesen Zweck hergestellten Ex-
traktes (Tschandu) geraucht. Speziell in China ist das Opiumrauchen
eine Nationalunsitte, die übrigens, wenn man den Zeitungs berichten
Glauben schenken darf, in neuerer Zeit auch von den okzidentalen
Völkern nachgeahmt zu werden scheint, so z. B. im Süden Frank-
reichs in den Hafenorten verbreitet sein soll.
Ebenso wird -- dies gilt besonders für Persien, Klein-
asien etc. _. Opium auch in Form eigener Präparate gegessen.
Toxikologisch sind Opium sowie seine Präparate und Deri-
vate von allergrößter Wichtigkeit. So erwähnt Kobert, daß in
England von 572 in zwei Jahren vorgekommenen tödlichen Ver-
giftungen 37% auf Opium kommen und in neuerer Zeit sogar die
Zahl der Todesfälle durch Opium auf durchschnittlich 140 im
Jahre gestiegen sei.
Infolge der bekannten geringen Widerstandsfähigkeit des
kindlichen Organismus gegen Opiate sind besonders Kinder durch
die Opiumvergiftung in großer Zahl betroffen und es kommen nach
Kobert von 377 tödlichen Opiumvergiftungen 170 auf Kinder unter
1 Jahr und 203 auf Kinder unter 5 Jahren.
Doch ist es keineswegs immer das reine gepulverte Opium,
welches diese Vergiftungen veranlaßt, sondern es betreffen dieselben,
und zwar in der Mehrzahl, die verschiedenen aus Opium herge-
stellten Präparate, Extrakt, 'l'inktur und besonders das reine
salzsaure oder schwefelsaure Morphin. In England ist auch häufig
das sogenannte Chlorodyne, ein von der Firma Joe Todd & Cie. in
-den Handel gebrachtes opiumhaltiges Geheimmittel, Ursache von
Mi tl a Q her, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 6

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82 Opium und Mohnfrüchte.

Vergiftungen. Daß Opium und seine Derivate in den Präparaten der


geheim praktizierenden Kurpfuscher eine große Rolle spielen, ver-
steht sich bei der anerkannten Gewissenlosigkeit dieser Leute fast
von selbst, und es ist daher bei Untersuchung schmerzstillender,
stopfender oder schlaferzeugender Geheimmittel auf das Vorhan-
densein von Opium oder seiner Derivate stets die Aufmerksamkeit
zu richten.
Von derartigen Präparaten, die ich selbst zu untersuchen Gelegenheit
hatte, möchte ich als aktuell jene erwähnen, die von dem amerikanischen Wunder-
doktor Kidd (seit neuerer Zeit heißt die l<'irma Wood) durch zahllose Zeitungs-
reklamen nach Europa, und zwar auf Grund brieflicher Behandlung geschickt
werden. Unter 4 gegen Gonorrhoe bestimmten Präparaten enthielten 3 [Stuhl-
zäpfchen, Pulver und Pillen] Opiate.
Ehenso bestand ein Geheimmittel, das von dem sogenannten indischen
A.ugenarzt, der in Wien in den letzten Jahren sein Unwesen trieb, gegen Lid-
krampf angewendet wurde, aus Opium.
Kasuistisch sind für die hier in Betracht kommenden Fälle
in erster Linie die Fälle akuter Opiumvergiftung von Interesse,
da die chronische Opium- oder Morphinvergiftung wohl im allge-
meinen toxikologisch bzw. klinisch sehr leicht nachweisbar ist.
Nach der Zusammenstellung Koberts handelt es sich sehr
selten um Giftmord, sehr häufig aber um Selbstmorde, wobei in
neuerer Zeit die Vergiftungen durch Morphium, speziell durch sub-
kutane Einverleibung, häufiger sind.
Eine Reihe von Vergiftungen ist auf Verwechslung in den
Apotheken oder auf Verschreibung zu hoher Dosen (z. B. bei Kin-
dern) etc. zurückzuführen.
Eine besondere Beachtung verdient die weit verbreitete Ver-
wendung der unreifen Mohnkapseln (Capita Papaveris) zum
Einschläfern, wohl aber auch zum beabsichtigten Morde von Säug-
lingen.
Gewöhnlich werden hierzu Abkochungen der Kapselschalen
oder der Syrupus Papaveris s. Diacodii verwendet.
Die Chemie des Opiums kann wohl als bekannt vorausge-
setzt werden. Von den toxikologisch bedeutsamen Bestandteilen
kommt dem Morphium die erste Rolle zu.
Der mikroskopische Nachweis in Vergiftungsfällen, die auf
ein Opiat hinweisen, bezweckt in erster Linie die Feststellung,
ob. e~ . sich hierbei um Opium in Substanz handelt oder ob
(lin Präparat desselben Ursache der Vergiftung sei. Es empfiehlt
siflhdie mikroskopische Untersuchung in solchen strittigen Fällen
deshalb besonders, weil sie im Verhältnis zur chemischen Diffe-
rentialdiagnose ungemein einfach ist und sichere Resultate ergibt.

Die unreifen, noch grünen, etwa walnußgroßen Früch te


des Schlafmohns sind gewöhnlich kugelig oder mehr eii6rmig
geformt.
Am oberen Pole der Frucht befindet sich eine flache 10- bis
15strahlige Narbe, an deren Lappen oberseits je ein aus zwei

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Opium. und lIohnfrüchte. 83


Heihen .von Papillen bestehender Kiel sitzt, während an der Unter-
seite gleichfalls ein kantig vorspringender Kiel verläuft, der
als feine Linie sich ziemlich weit an der Kapsel herab verfolgen
läßt. Im Innern der Frucht entspricht jener Linie der Ansatz der
dünnen Samenträger. Die Basis der Frucht ist plötzlich zusammen-
gezogen und geht in den Fruchtstiel durch eine scharf hervor-
tretende ringf'6rmige Verdickung über.
Die Fruchtwand ist dünn und im getrockneten Zustande
spröde, außen kahl und graugrün, manchmal bereift, an reifen
Früchten blaßgelb , glatt oder
Fig.43. schwach gerunzelt, innen
gelblich.
An der Innenseite der-
selben sitzen die oben er-
wähnten Samenträger, papier-
dünne - entsprechend der ge-
rundeten Form der Frucht-
wand - halbmondf'6rmige Lei-
sten, die zirka 5 mm weit in
das Innere' der Frucht vor-
springen. Sie sind an den
Seiten und an der freien
inneren Kante dicht besetzt mit
den kleinen, nierenf'6rmigen,
leicht abfallenden Samen, die
bei der Varietät nigrum DC.
s~hwärzlich oder grauviolett,
bei der Varietät album DC. gelb-
--- st lich gefärbt sind. Gewöhnlich
liegen die Samen, abgefallen,
frei im Inneru der }1rucht und
an den Samenträgern sind
bloß ihre Insertionsstellen als
Epidermis der Außenfiäche des Frucht~
kleine schwarze Pünktchen
gehäuses von Papaver somniferum L. sichtbar.
st = Spaltöffnung. (A. E. Vogl.) An diesen Samenträgern
sind selbst kleine Fragmente
der Mohnkapseln in Teegemischen leicht zu erkennen.
Anatomie der Fruchtschale (perikarp). Die Epidermis
der Fruchtschale besteht aus derbwandigen polygonalen Tafel-
zellen mit farblosen, in Chloral fast hyalin erscheinenden, in Kali-
lauge stark quellenden Wänden und körnigem grauem Inhalte,
dazwischen zahlreichen Spaltöffnungen (Fig.43). .
Auf diese Epidermis folgt eine breite außen dichte, innen
als Schwammparenchym entwickelte Mittelschicht aus dünn-
wandigen Zellen, die Chlorophyll und etwas Stärke enthalten. In
dieser Schicht verlaufen die Gefäßbündel in einer ungefähr der
Mitte entsprechenden Region.
6*

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84 Opium und Mohnfrüchte.

Zwischen dem Bast und Holzteile derselben verlaufen, zu


einem Strange geordnet, zahlreiche, netzförmig verzweigte Milch-
saftröhren in Form dünner, mit einer grauen emulsionartigen
Masse erfüllter Schläuche (vgl. Fig. 44 u. 45), die blind im Paren-
chym endigen.
Die innere (der Fruchthöhle zugewendete) Epidermis be~
steht im Gegensatz zur Epidermis der Außenseite aus langgestreckt
Fig.44. Fig.45.

o M

Gefäßbündel aus dem Perikarp von Pa p ave r Stück eines isolierten, reich ver·
Bt?mniferum L. im Längsschnitt. zweigten Milchsaftgefäßes aus dem
Perikarp von Papaver somni-
p Parenchym I b Bastfa.sern, M MUchsaftgefäß im forum L. (A. E. Vogl.)
dünnwandigen Gewebe 0; g Spiralgefäße.
(A. E. Vogl,)

polygonalen Zellen mit derben, dicht getüpfelten Wänden, ohne


deutlichen Inhalt und spärlichen, zum Teile rudimentären Spalt-
öffnungen (Fig. 46).
Das Pulver der unreifen Mohnkapseln ist charakterisiert
erstens durch zahlreiche Fragmente der äußeren und inneren Epi-
dermis, zweitens durch die Elemente der Fibrovasalstränge, enge
Spiroiden, spaltentüpfelige Bastfasern und die besonders diagnostisch
wichtigen Milchsaftschl1i:uche, die gewöhnlich noch mit den Spiroiden
der Gefäßbündel zusammenhängen.

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Opium illId Mohnfrüchte. 85


Qpium.
Das bei uns im Handel vorkommende klein asiatische Opium
besteht im unveränderten Zustande aus abgerundeten Laiben von
5-20 cm im Durchmesser, die außen bedeckt sind von einem
mit der Opiummasse dicht verklebten Mohnblatte. Das Opium ist
in frischem Zustande weich und knetbar, getrocknet hart, dunkel-
braun gefarbt, mit körnigem Bruche. Das Pulver ist hingegen gelb-
braun oder rotbraun gefärbt.

Fig.46.

st

st-----

Epidermis der Innenfläche des Fruchtgehäuses von Papaver somniferum L.


5t Spaltöffnungen. (A. E. Vogl.)

Es besitzt den eigentümlichen narkotischen Geruch des


frischen Mohns und einen intensiv bitteren, nachträglich scharfen
Geschmack.
Häufig fiudet man an frischen Opium broten die kleinen Früchtchen einer
Rumexart angeklebt, die bei der Verpackung zwischen die Brote gestreut werden,
um das gegenseitige Verkleben zu hindern.
Mikroskopisch besteht Opium aus kleinen bräunlichen
Körnchen, die unter Wasser sich leicht zu zusammenhängenden
Massen zusammenballen und durch Kalilauge oder Chloral großen-
teils gelöst werden.
Regelmäßig findet man von geformten Bestandteilen größere
und kleinere Fragmente der äußeren Epidermis der Mohnkapsel,

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86 J ecquirity-Samen; Paternostersamen.

die beim Abschaben der Opiummasse von den Früchten bei der
Einsammlungin die Masse hineingelangen und direkt als charakte-
ristisches Merkmal des Opiums im mikroskopischen Bilde ange-
sehen werden müssen.
.. Man bringt diese Fragmente zur Ansicht, indem man das
Opiumpulver unter Wasser oder Kalilauge beobachtet.
Es ist aber hervorzuheben, daß gegenwärtig das Opium fast
ausnahmslos verfälscht im Handel vorkommt, so daß man beinahe
regelmäßig außer der äußeren Epidermis der Kapsel und Elementen
des Mohnblatts auch andere geformte Bestandteile im Opium vor-
findet. Zu Verfälschungen dienen Cerealienmehl und die gepulverte
Mohnkapsel.
Die Erkennung des ersteren ist nach dem charakteristischen
Amylum der Cerealien aus kreisrund-linsenförnligen Großkörnern
von 30-50 tJ, Durchmesser und bedeutend kleineren, nicht charak-
teristischen, rundlichen oder eckigen Kleinkörnern leicht möglich.
Die Bestandteile der gepulverten Mohnkapsel wurden oben be-
sprochen.

21. Jecquirity-Samen, Paternostersamen (Semen Jecquiriti,


Semen Abri precatorii).
Die Samen des zur Familie der Leguminosae-Papilio-
naceae gehörigen, in Ostindien, Brasilien etc. einheimischen und
in vielen tropischen Gegenden kultivierten Schlingstrauches A brus
precatorius L.
Die Giftwirkung dieser Samen beruht auf einem dem Ricin
analog wirkenden Toxalbumin Abrin, welches, hauptsächlich
direkt mit dem Blute in Berührung gebracht, rasch tödlich wirken
kann, daher auch in Indien, nach Kobert, aus den Samen geformte
Stäbchen als Mordwaffe, namentlich zu Viehvergiftung, verwendet
werden, indem man sie den Tieren unter die Haut stößt.
Die Samen sind bei uns ein viel benutzter Handelsartikel
und dienen wegen ihrer prächtigen Farbe hauptsächlich zur Ver-
zierung von sogenannten Devotionalien, die in katholischen Ländern,
besonders an Wallfahrtsorten in großer Anzahl verkauft werden
(RosBnkränze -- daher der Name Paternostersamen --, Rahmen
für Heiligenbilder etc.).
Wenn trotz dieser, bei der hochgradigen Giftigkeit der Samen
eigentlich unbegreiflichen Anwendung schwere Vergiftungen mit
denselben nicht bekannt sind, so beruht dies, wie auch Kobert
hervorhebt, nur darauf, daß die Testa der Samen im Darmkanal
nicht erweicht wird und die Samen daher unverändert abgehen.
Tatsächlich kann man unverletzte Samen viele Tage lang in
Wasser liegen lassen, ohne daß sie auch nur im geringsten erweichen.
Finden sich aber in der Testa Risse oder Sprünge vor, so er-
weichen sie sehr rasch und können dann natürlich sehr leicht zu
Vergiftungen' führen.

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Jecquirity-Samen, Patel'nostersamen. 87
In der Medizin finden die Jecquirity-Samen eine gegenwärtig
sehr beschränkte Anwendung als Mittel zur Erzeugung künstlicher
Ophthalmien.
Gärtnerisch wird die Pflanze als sogenannte Wotterpfianze vielfach ge-
zogen, indem sich ihre :Fiederblätter bei feuchter I"uft zusammenlegen.
Die Samen sind ungemein charakteristisch und leicht zu er-
kennen. Sie haben eine eiförmige Gestalt (L. zirka 1/2cm) und sind
außen glänzend und glatt, scharlachrot gefärbt mit Ausnahme
eines Fleckes an dem Nabel, der tiefschwarz gefärbt ist. Der Nabel
ist durch eine eiförmig und scharf begrenzte weißliche Vertiefung
abgegrenzt. Am oberen Pole ist an erweichten Samen deutlich
unter einem kleinen Höckerehen die .Mikropyle als feines Grüb-
chen sichtbar. In der Längsachse der Nabelgrube verläuft die feine
Nabelspalte. Vom unteren Pole derselben ist bis an die Basis un-
deutlich eine feine kaum hervortretende Kante nachweisbar, die
Nabelleiste oder Raphe.
Die Samenschale ist sehr hart und läßt sich nur schwer
öffnen. Der Samenkern besteht aus den zwei plankonvexen haTten
und gelb gefärbten Cotyledonen, an deren Grund<; sich das im
rechten Winkel angewachsene kurze ~Würzelchen befindet, welches
in dem oberhalb der Mikropyle gelegenen Höckerchen liegt.
Die Samen besitzen einen bolmenartigen Geschmack. Ihr
Infusum ist grün gefärbt und etwas dichroitisch. Sie nehmen,
wenn sie mit stcllenweise verletzter Testa in ~W assel' liegen,
rasch an Umfang zu, wobei sich ihre Oberfläche runzelig faltet
und die Testa lederartig weich wird. Sie werden hierbei farblos
oder bräunlich verfärbt und der schwarze l,'leck nimmt eine dunkel-
violette Färbung an.
Anatomie. Als Epidermis fungiert hier - wie bei den
Leguminosen überhaupt - eine an verschiedenen Stcllen des
Samens verschieden hJhe einreihige Schicht palissadenförmiger
Zellen, deren radialer Längsdurchmesser zwischen 140---2801'-
schwankt. Am höchsten ist die Schichte, entsprechend dem schwarzen
Flecke, am oberen Pole des Samens, am niedrigsten am unteren Pole
(Fig.47).
Die Palissadenzellen zeigen nur im unteren rreile ein deut-
liches Lumen. Dieses verengt sich llach oben derart, daß die an
der Zellbasis dünne Zell wand nach oben immer dicker wird
und die äußere Hälfte der Zelle schließlich kompakt erscheint.
Charakteristisch ist auch hier - wie bei den meisten anderen
Leguminosen - die eigentümliche leisten artige Verdicknng der Zell-
wand) die von feinen einander sehr genäherten Längslinien durch-
zogen erscheint. Die Cuticula ist als ganz dünner glänzender Streifen
an der Außenseite der Epidermis undeutlich sichtbar. Unmittelbar
unter der Cuticula findet sich eine breite Lichtlinie. Isoliert sind die
Palissadenzellen am unteren etwas schmäleren Pole schwach ab-
gerundet) am äußeren (oberen) Pole scharf rektangulär begrenzt.
Im unteren Teile sind manchmal schiefe Spaltentüpfel sichthaI'.

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88 Jecquirity-Samen, Paternostersamen.

Die Palissadenschicht enthält einen formlosen, rosarot ge-


farbten, in Wasser und Chloral löslichen Farbstoff, der durch
Kalilauge orangegelb gefarbt wird. An dem schwarzen Flecke ist
der Farbstoff prachtvoll violett bis karminrot.
Auf die Palissadenschicht folgt zweitens ein Hypoderm aus
sehr charakteristischen schlanken Zellen (Trägerzellen, Krugzellen,
Säulenzellenetc. genannt), deren dünne Zellwand zahlreiche knotige
Ausbuchtungen besitzt, die an den benachbarten Zellen miteinander
korrespondieren. Der an die Palissadenzellen grenzende obere Pol

Fig.47.

Querschnitt dur"h die Samenschale von AbruB precatorius L.


sc Palissadenscbicht (Makrosklereiden na,eh Tsehirch) , tz Hypoderm (Osteosklereiden
nach Tschirch) , c Cuticula., h Lichtlinie , p Parenchymatisches Gewebe, e Perisperm.
(A. Tschireli.)

dieser Zellen ist durch eine kleine Einschnürung halsartig gegen


die übrige Zelle abgeschnürt und kopfig ausgeweitet. Hier ist die
seitliche Zellwand zugleich dickwandig.
Als Inhalt führen die Zellen Luft gleich den in dieser
Schichte vorkommenden Interzellularräumen. Als dritte Schicht
folgt ein breites parenchymatisches Gewebe, dessen Zellen
inden äußeren Partien derbwandig und tangential gestreckt,
innen dünnwandig und nach Art eines Schwammparenchyms stem-
förmig verzweigt sind. Zwischen beiden Zonen dieser parenchyma"
tischen Schicht verläuft an der Bauchseite der Samen das Gefaß-
bündel der Nabelleiste, welches aus einer zentralen Gruppe zarter

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·Jecquirity-Samen, Paternostersamen. 89
8pir6idell besteht,. die im Kreise von dünnwandigen kleinzelligen
Phloemelementen umlagert sind.
Als innerste Schicht der Testa schließt sich viertens eine
von A. v. Vogl als Perisperm bezeichnete, bei der Präparation
als feines weißes Häutchen imponierende, dünne, schleimige, farb-
lose Schichte an, deren einzelne Zellgrenzen gewöhnlich ziemlich
undeutlich sind.
Chlorzinkjod färbt den feinkörnigen Inhalt dieser Zellen
gelb, die Wand bleibt ungefarbt. Die Palissadenschicht und
Trägerschicht wird durch dieses Reagens direkt blau gefarbt.
Das Gewebe der Ootyledonen besteht aus polygonalen
dickwandigen Zellen mit feiner primärer Membran. Die breite
sekundäre Membran ist farblos und hyalin-glänzend, von breiten
Tüpfeln durchzogen, zwischen welchen die schwach geschichtete
Wand nach innen gegen das Lumen vorgebuchtet ist. Eine dünne
bräunlich gefärbte Tertiärmembran grenzt die Zellwand gegen das
Lumen ab.
Dieses ist mit einem feinkörnigen Inhalte versehen, der
durch Oochenillelösung rot, durch Jod schwach gelblich, durch
Eisenchlorid schwach grünlich und durch Alkanna rötlich gefärbt
wird. In den meisten Zellen ist ein großer Zellkern mit einigen
Kernkörperchen sichtbar. Stärke oder Aleuron ist nicht nach-
weisbar.
Am Nabel finden sich abweichende Verhältnisse, die hier, als für die
eigentliche Diagnostik der Samen ziemlich unwesentlich, nur der Vollständigkeit
halber kurz besprochen werden sollen.
Ein Querschnitt durch den Nabel zeigt eine schwach muldenförmige Ver-
tiefung. Auf der Palissadenschicht sitzt außen eine zweite gleich breite oder
breitere Schicht gleichfalls palissadenartiger, aber ungefärbter Zellen, der Funi-
kularrest, auf.
In der Mitte der Mulde findet sich ein das epidermale Gewebe trennender
Spalt und unter diesem eine am Querschnitte eiförmig begrenzte Insel aus spira-
ligen oder netzigen Tracheiden (von T8chirch Tracheideninsel genannt).
Die Tracheideninsel ist eingeschlossen von einem breiten Parenchym derb-
wandiger, im Inhalte braun gefarbter, typisch sternförmiger, verästelter Zellen,
welches die ganze Breite des Nabels einnimmt.
An genau in der Nabelspalte geführten Längsschnitten sieht man am
oberen Pole des Nabels die von einem Höcker begrenzte Mikropyle als feinen
Kanal in den Samen ziehen und die Tracheideninsel als breites Band unterhalb
der Palissadenschicht längs der ganzen muldenförmigen Vertiefung des Nabels.
Ihre Elemente sind deutlich radial angeordnet. Am unteren Ende geht
das Gefäßbündel der Raphe (NabeIleiste) ab uud verläuft gegen den unteren
Pol des Samens.
Nach Pfäfflin *) läßt sich das Gefäßbündel der Raphe getrennt von der
Tracheideninsel hinter derselben als Strang bis zur Mikropyle verfolgen.
Nach meinen Beobachtungen endet aber die Raphe im unteren Teile der
Tracheideninsel und der hinter der Tracheideuinsel verlaufende feine Strang be·
steht aus feinen collabierten Zellen, welche die Greuze zwischen dem stemförmigen

. *) Paul Pfäfflin, Untersuchungen über Entwicklungsgeschichte etc. der


Nabelspalte, und Tracheideninsel verschiedener praktisch wichtiger Papilionaceen·
Samen. Dissert. Bem 1897. München, Fr. Bicke!. _

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90 . Cytisus Laburnum L., Goldregen.

Parenchym· des Nabels und der parenchymatischen Schichte der Testa darstellen,
enthält aber keine Gefäße.
Eine eingehende pharmakognostische Studie über Abrus precatorius lieferte
auch Wl. Tichomiroff. (Vgl. Bot. ZentralbI., 1884, pag. 189.)
Differentialdiagnostisch kämen höchstens die gleichfalls
scharlachroten eßbaren Samen der Mimosacee Adenanthera Pavo-
nina L. in Betracht. Sie besitzen aber keinen schwarzen Fleck am
Nabel und sind hierdurch und da sie größer sind (6--8mm D.),
leicht von Abms zu unterscheiden.
Im Cotyledonargewebe dieser Samen finden sich ganz auf-
fallend große (bis 601'.) Aleuronkörner mit schönen Kristalloiden.
Die Testa besitzt einen von Abms precat. ganz abweichenden, sehr
charakteristischen Bau.
Gleichfalls scharlachrot gefärbt sind die Samen der Papi-
lionacee Ormosia dasycarpa Jacks., die im Handel vorkommen.
Sie besitzen einen großen schwarzen Fleck an dem dem Nabel
gegenüberliegenden Pole. Ihre Länge beträgt aber 2- 3 cm. Ein
Aufguß der Samen wird gleichfalls wie bei Abms grün.
Kalilauge f"ärbt den Farbstoff aber nicht orangegelb, sondern
stärker purpurot
Mikroskopisch ist besonders das Fehlen des für Abms charak-
teristischen Hypoderms differentialdiagnostisch wichtig.

22. Cytisus Laburnum L., Goldregen.


Ein zur Familie der Leguminosae-Papilionaceae gehöriger,
allgemein in Gärten kultivierter Strauch oder kleiner Baum.
Die Pflanze enthält in allen Teilen (besonders in den Samen
bis zu 1·5% nach Kobert) das hochgiftige Cytisin (Husemann und
Marme 1865), welches übrigens auch in einer Reihe anderer ver-
wandter Cytisus-Arten sowie nach Plu.qge in Sophora tomentosa L.
(j avanische Pflanze) und nach Partheil in Ulex europaeus L.
(Stechginster) sich vorfindet. Hier wurde zUerst ein besonderes
Alkaloid (Ulexin) angenommen, dessen Identität mit Cytisin Kobert
(I. c.) behauptete.
Goldregen gehört zu den gef"ährlichsten Giftpflanzen, erstens
wegen der schweren Vergiftungserscheinungen, welche die Teile der
Pflanze gewöhnlich hervorrufen, zweitens wegen der Verbreitung der
Pflanze als Zierstrauch, der in den meisten Gärten zu finden ist.
In der von Raphael Radziwillowicz (Dorpater Arbeiten, Bd. II t
1888, pag. 56) verfaßten trefflichen Studie über das Cytisin findet
sich eine Zusammenstellung der Vergiftungsf"älle durch cytisinhaltige
Pflanzenteile vom Jahre 1857-1880.
Die Zusammenstellung betrifft 131 Fälle, in welchen fast
ausnahmslos Cytisus Laburnum die Ursache der Vergiftung war.
Von den einzelnen Teilen der Pflanze sind besonders die
Samen und die Blüten am häufigsten Ursache von Intoxikationen
(Samen 5 Fälle, welche 31 Personen betrafen, 2 Fälle letal,
Blüten 5 :Fälle, die 22 Personen betrafen).

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Cytisus Labumum L., Goldregen. 91


Auch durch Kauen an Zweigen oder der Wurzel kamen
viele Vergiftungen (darunter 1 tödliche) zustande. In einem Falle
erkrankten 58 Knaben gemeinsam, da sie die Wurzel eines frisch-
gefällten Goldregenbaumes als vermeintliches Süßholz genossen
hatten.
Seit dem Jahre 1880 kamen ebenfalls noch zahlreiche Ver-
giftungen durch die Samen der Pflanze vor, so daß ich im g'anzen:
153 Fälle zählen konnte, von welchen 5 tödlich endeten. .
Die Vergiftungen bieten nach dieser Mortalitätsziffer im all-
gemeinen eine günstige Prognose. Sie verlaufen unter heftigem
Erbrechen und Konvulsionen, eventuell Respirationslähmung.
Kasuistisch ist bezüglich der Ursache der Vergiftung hervor-
zuheben, daß,die Samen betreffend, gewöhnlich die nahe liegende
Verwechslung mit eßbaren Leguminosensamen (Erbsen, Fisolen)
oder bei Kindern Spielerei die Ursache des Genusses darstellte.
Die auffallend häufige Vergiftung durch die Blüten ist fast
immer auf Verwechslung mit den Blüten von Robinia pseudacacia L.
zurückzuführen, welche manchmal in der Küche zum Aromatisieren
von Speisen verwendet werden.

Oytisus Lab. besitzt dreizählige langgestielte Blätter. Die


Blättchen sind ungestielt, eirund, länglich-eiförmig bis lanzettlich,
mehrere Zentimeter lang, spitzig oder mehr stumpf mit kurzem
Stachelspitzchen, ganzrandig, einnervig. Die unter wenig spitzen
Winkeln abgehenden Sekundärnerven verlaufen bogenförmig bis
in die Nähe des Blattrandes und lösen sich hier in ein dichtes,
feines Netzwerk auf. Oberseits dunkelgrün, sind die Blätter unter-
seits dicht seidenartig weißlich behaart. Die Nebenblätter sind
häutig, klein und lang zugespitzt. Die Blüten stehen in hängen-
den reichblütigen, achselständigen Trauben und sind von gelber
Farbe. .
Sie besitzen den bekannten Bau der Schmetterlingsblüten.
Die Blumenkrone besteht demnach aus einer zu oberst befindlichen
breiten Fahne, den zwei seitlichen Flügeln und dem stumpfen
Schiffchen.
Die Hülsenfrüchte sind unreif grün, dicht seidenhaarig,
reif braun, kahl und pergamentartig und enthalten zahlreiche, im
reifen Zustande bräunliche und sehr harte Samen.
Die reifen Samen sind zirka [)mm lang, eiförmig, von den
Seiten schwach zusammengedrückt und besitzen am unteren Pole
einen deutlich vorspringenden Wurzelhöcker , darunter das kreis-
runde Hilum. Ihre Farbe ist braun, schwärzlich oder grün. Unter
der dünnen Testa liegt der aus zwei plankonvexen, dünnen, grün-
gefärbten Ootyledonen und dem rechtwinklig angewachsenen, relativ
langen Würzelchen bestehende Keim, umgeben von einem an den
Seiten ziemlich dicken, weißen, knorpelartigen Eiweißkörper,
welcher sich an aufgeweichten Samen leicht vom Embryo geson-
dert abpräparieren läßt.

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92 Oytisus Laburnum L., Goldregen.

Anatomie der Samen. Die Epidermis der rresta wird


durch eine Palissadenschicht gebildet, deren Höhe zwischen
170-100 p. schwankt (Fig. 48). Die Zellen sind - isoliert -
oben scharf rektangulär, unten mehr abgerundet. Das Lumen
reicht nur bis zur Mitte der Zelle, die breite Wand enthält
gewöhnlich 2-3 breite Verdickungsleisten. Die Lichtlinie liegt
sehr nahe dem äußeren Rande der Schicht. Von der Fläche
gesehen erscheinen die Palissadenzellen scharf polygonal. Das

Fig.48.

Querschnitt durch die Testa von Cytisus Laburnum L.


1. Palissadenschicht, II. Hypoderm, .1II . .Ä.ußere Partie der Parenchymschicht.
Ycrgr.l : 460.

Hypoderm (Il) besteht aus großen krugförmigen Zellen, die nur


mit ihrem oberen und unteren Pole aneinanderstoßen und im
übrigen zwischen sich breite, mit Luft erfüllte Interzellularen
lassen. Ihre seitlichen Wände sind stark verdickt 1 glänzend
weißgelb, die obere und untere Wand dlinn, R. 28--50 (J.. Im
Flächenbilde sind die Zellen polygonal begrenzt und der optische
Querschnitt der Radialwände erscheint als eine liber der .Mitte
der Zelle liegende Kreislinie.
Die Zellwände der Palissaden- und Hypodermzellen enthalten
gewöhnlich einen weinroten oder bräunlichen Farbstoff', der sich

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Cytisus Laburnum L., Goldregen. 93


in Chloral zuerst deutlicher rot färbt, dann farblos und durch Kali-
lauge gelbgrün gefärbt wird. An lange in Wasser gelegenen
Samen wird der Farbstoff grün und dann auf Zusatz von Chloral
zuerst rot, dann farblos gelöst. Ebenso färbt sich der de natura
in vielen Samen grüne Farbstoff. Auf die Trägerzellen folgt eine
verschieden breite Schicht aus sehr dünnwandigen, collabierten,
parenchymatischen Zellen (lU), in welcher das Gefaßbündel
der Raphe verläuft. Am Nabel finden sich abweichende anatomische
Verhältnisse durch Ausbildung der sogenannten Tracheideninsel
(vgl. hierüber pag. 89).
Das Nährgewebe ist am breitesten an den. beiden ge-
wölbten Seitenflächen des Samens (D. 280 p.) und besteht aus dick-
Fig.49.

Querschnitt durch das Nährgewebe der Samen von Cytisus Laburnum L. Das
sternförmig begrenzte Lumen der Zellen mit körnigem Detritus erfüllt. Die Membran
vollkommen strnkturlos und hyalin. Vergr. 1: 640.

wandigen, hyalinen Zellen mit dünner, kaum sichtbarer Primärmem-


bran (Fig. 49). Das Lumen ist charakteristisch sternförmig aus-
gebildet, indem breite Porenkanäle in benachbarten Zellen einander
bis zur primären Membran entgegenziehen. Der Inhalt der Zellen
ist gelblich und kleinkörnig.
Die Cotyledonen bestehen aus einer außen dreifachen,
innen zweifachen Palissadenschicht und einem dazwischen gelagerten,
aus mehr isodiametrischen rektangulären Zellen geformten Paren-
chym. Die Zellen sind strotzend erfüllt mit Aleuron und Chlorophyll.
Mikrochemie. Da das Cytisin sich in Wasser leicht löst,
dürfen die für mikrochemische Untersuchungen bestimmten SameIi
- falls es sich um trockenes Material handelt - nicht aufge-
weicht werden.

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94 Cytisus Laburnum L., Goldregen.

Der Sitz des Cytisins ist vornehmlich das Parenchym der


Cotyledonen, und zwar besonders die Palissadenschicht.
Im Nährgewebe scheint wohl auch Cytisin im Zellinhalte vor-
handen zu sein, doch fallen die Reaktionen hier viel schwächer aus.
Die Testa gibt so undeutliche Reaktionen, daß man an-
nehmen kann, es sei in ihr das Alkaloid nur in unwesentlicher
Menge oder überhaupt nicht vorhanden. Eisenchlorid gibt nach
Schmidt (I. c.) mit Cytisin und seinen Salzen eine blutrote Färbung.
Mikrochemisch tritt - wenigstens bei getrocknetem Materiale -
zwar keine blutrote, doch eine deutliche orangegelbe Färbung der
Schnitte im Gewebe der Cotyledonen auf.
Phosphormolybdänsäure erzeugt im Gewebe der Cotyle-
donen -- schon makroskopisch am Rande des Schnittes sichtbar
- einen sehr deutlichen massigen Niederschlag von gelber Farbe,
der mikroskopisch aus kleinen Körnchen bestehend sich erweist.
Phosphorwolframsäure bewirkt einen gleichfalls sehr
deutlichen weißen Niederschlag aus kleinen Körnchen bestehend,
die rasch um den Schnitt herum eine makroskopisch deutlich
sichtbare Zone bilden.
Ebenso wird durch J odj odkali ein massiger Niederschlag
von dunkelbrauner Farbe gebildet, der aus winzigen Körnchen
besteht. Dieses Reagens beweist auch deutlich, daß das Cytisin
vornehmlich im Palissadenparenchym der Cotyledonen sich aufhält,
da dieses dunkelbraun gefärbt wird, während die inneren Partien
des CDtyledo heller braun sich färben. .
Diese mikrochemischen Reaktionen der Samen sind deshalb
von besonderer Wichtigkeit, da sie die anatomisch sehr schwierige
Differentialdiagnose gegenüber den auch äußerlich nur schwer unter-
scheidbaren Samen von Robinia pseudacacia L. sehr erleichtern.
Diese Samen ergeben mit den genannten Reagentien keine
Niederschläge oder es sind wenigstens die auf Zusatz derselben
auftretenden Erscheinungen derart undeutlich, daß im Hinblicke
auf die sehr auffallenden Reaktionen bei Cytisus die Unterscheidung
ohneweiters möglich ist.
Da das Cytisin im Darmkanale sehr rasch resorbiert wird,
ist der negative Ausfall dieser Reaktionen an Material, das den
Darmkanal bereits passiert hat, oder durch Wasser etc. längere
Zeit erweicht wurde, nicht gegen Cytisus beweisend, doch wird in
Vergiftungsfällen wohl das klinische Bild im Vereine mit der durch
das Mikroskop festgestellten Diagnose, daß die Samen von Cytisus
oder Robinia stammen, die Diagnose der Vergiftung und die Pro-
venienz der Samen von Cytisus beweisen können, denn die Samen
von Robinia bewirken, soweit bekannt, keine Krankheitserschei-
nungen.
Blüten. Die Blütenspindel und der glockige dreizähnige Kelch
sind dicht behaart, wie mit Mehl bestäubt aussehend. Die Blumen-
krone ist von zitronengelber Farbe, die Fahne breit eiförmig,

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Cytisus Laburnum L., Goldregen. 96


kurz benagelt, in ihrer Mitte feine, braune, getigerte Linien zeigend.
Das Schiffchen ist von den Flügeln eingeschlossen, kürzer als diese.
Die Staubgefäße sind mit ihren Fäden zu einer Röhre verwachsen.
Anatomisch ist besonders die Behaarung des Kelches sehr
charakteristisch.
Die Haare sind gewöhnlich dreizellig, bestehen aus zwei kurzen
übereinanderstehenden derbwandigen Stielzellen und einer langen
spitzigen Endzelle, welche in einem Winkel von zirka 90 0 geO'en
die Haarbasis abgebogen ist und daher der Fläche des Kelches
anliegt (Fig. 50 B, 0).
Besonders auffallend ist die einseitige Wandverdickung dieser
Endzelle , indem die der Epidermis zugewendete Seite bedeutend
stärker verdickt ist.
Diese sehr charakteristische Wandverdickung ist am besten
an Haaren sichtbar, wie sie an Längsschnitten durch den Kelch
erscheinen, also in der Seitenansicht der Haare. Die Cuticula der
Haare ist meistens warzig. Dieser Haartypus findet sich in der
Familie der Leguminosen sehr verbreitet vor.
Die Blumenblätter besitzen beiderseits eine stark papillöse
Epidermis aus - in der Fläche gesehen - rundlichen tief buch-
tigen Tafelzellen mit zur Spitze einer jeden Papille radiär ziehen-
den feinen Cuticularstreifen (Fig. 50, D).
Zwischen den beiderseitigen Überhäuten liegt ein lockeres,
dünnwandiges und farbloses Schwammparenchym aus sternf6rmig
verzweigten Zellen.
Gegen die Basis und die Mitte der Blätter zu werden die
Papillen immer niedriger bis verschwindend.
In den Epidermiszellen findet sich der gelbe Farbstoff der
Blüten in Form kleiner Körnchen vor.
Auf Zusatz von Chloral treten gelbe Tröpfchen in den Zellen
auf, Kalilauge bewirkt eine mehr bräunliche Färbung des Pigments.
Auf Zusatz von KaI. Wismutjodid tritt ein --- makroskopisch
bereits sichtbarer - bläulichweißer Niederschlag auf, der aus
kleinen mikroskopisch grünlich erscheinenden Körnchen in der
Epidermis und dem Schwammparenchym besteht.
Jodjodkali ergibt eine intensive braune kleinkörnige Fällung
in den Blütenblättern.
Den braunen Linien der Fahne entsprechen ein im Zellsafte
der Epidermis gelöster, mikroskopisch violett gefärbter Farbstoff
und tief indigoblau gefärbte kleine Chromoplasten.
Beim Erwärmen im Wasser schwindet der violette Farbstoff'
und auch die Chromoplasten werden farblos.
Zusatz von Chloral zu einem derartig entfärbten Präparate
bewirkt eine weinrote diffuse Färbung.
Durch Kalilauge färbt sich dieser Farbstoff malachitgrün, beim
Erwärmen rot. Salzsäure und Schwefelsäure bewirken eine wein-
rote Färbung desselben.
Die Pollenkörner sind rundlich, mit drei Poren versehen.

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96 Cytisus Laburnum L., Goldregen.

Anatomie der Blätter. Die Epidermis besteht beiderseits


aus buchtig polygonalen, dünnwandigen Tafelzellen. Spaltöffnungen
Fig.50.

Cytisus Labul'num L.
A Kelchhaar in der Flächenansicht, B, 0 von der Seite, D Querschnitt der papillösen
Epidermis eines Blumenblattes. In den Zellen kleine Chromoplasten, E Epidermis eines
Blumenblattes von der Fläche, die Zellen mit radiär gestreifter Cuticula. Über der
Mitte der Zellen die Papillen. Vergr. 1 : 460.

und Haare sind nur unterseits vorhanden. Die Haare besitzen den-
selben Charakter wie die des Kelchs und sind sehr reichlich. Das

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Cytisus Laburnum L., Goldregen. 97


bifaciale Mesophyll besitzt oberseits eine einfachePalissadenschicht
aus kurzen schmalen Zellen, an welche sich eine deutliche Auf-
nahmsschicht und das aus kleinen, sternförmig verzweigten Zellen
bestehende Schwammparenchym anschließt. Kristalle von oxalsaurem
Kalk fehlen. Die Cuticula ist beiderseits feinwarzig (Fig. 51).
Robinia pseudacacia L., der bekannte bei uns häufig an-
gepflanzte, gewöhnlich fälschlich Akazie genannte Baum besitzt
zum Unterschiede von Cytisus Laburnum weiße, wohlriechende
Schmetterlingsblüten und unpaarig gefiederte Blätter.
Der Kelch der Blüten ist gleichfalls stark behaart, jedoch
zeigen die Blätter nur schwache Behaarung. '

Fig.51.

Epidermis der Oberseite eines Blattes von Cytisus Laburnum L., mit einem Haare
und einer Spaltöffnung. Die Cuticula ist fein warzig. Vergr. 1: 460.

Die Haare bestehen aus einem kurzen ein- oder zweizelligen


Stiel und einer annähernd im rechten Winkel an diesen angesetzten
langen, spitzen, gewöhnlich geschlängelten oder verbogenen
schlanken Endzelle, welche nicht einseitig verdickt ist.
Die Blätter besitzen eine zweireihige Palissadenschicht und
sind gegenüber jenen von Cytisus differentialdiagnostisch beson-
ders charakterisiert durch schief prismatische, oft fast säulen-
förmige Kalkoxalatkristalle, die besonders in der Nähe der
Gefäßbündel reichlich vorkommen, so daß selbst kleinste Frag-
mente des Kelchs und der Blätter beider Pflanzen sich mikro-
skopisch leicht unterscheiden lassen.
In der Familie der Leguminosen finden sich außer den
erwähnten toxikologisch bedeutsamen Arten noch zahlreiche giftige
Vertreter vor, die aber praktisch von geringerer Wichtigkeit sind.
Mit 1 ach er, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 7

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98 Ruta graveolens L., Weinraute.

So bilden z. B. verschiedene Lupinus-Arten unter Umstän-


den einen Giftstoff, das Ictrogen (Jul. Kühn), wodurch schon
mehrfach Massenvergiftungen vorgekommen sind. Doch sind die
Lupinus-Arten, die ja vielfach als Nahrungsmittel verwendet
werden, nicht als Giftpflanzen anzusehen, da der Giftstoff keineswegs
regelmäßig vorkommt.
Auch durch die Samen von Lathyrus ciceraL., sativusL.
und Clymenum L. werden häufig Erkrankungen, der sogenannte
Lathyrismus, hervorgerufen, speziell in tropischen Ländern, doch
..dienen dieselben auch als unschädliches Nahrungsmittel, da sich
der Giftstoff nur unter gewissen unbekannten Umständen ent-
wickelt.
Von tropischen Leguminosen, die sich durch besondere Giftig-
keit auszeichnen, sind u. a. die Calabarbohnen von Physo-
stigma venenosum Balf. hervorzuheben, sowie die Samen von
Mucuna cylindrosperma Welw., die bekanntlich das Alkaloid
Physostigmin enthalten. Durch die Calabarbohnen ist nur eine
einzige Vergiftung (Massenvergiftung von 70 Kindern und einer
Frau) hervorgerufen worden, die auf einem Zufalle (Platzen eines
mit den Bohnen gefullten Sackes beim Ausladen aus dem Schiffe)
beruhte.
Sonst sind die Samen für die Praxis ohne toxikologisches
Interesse.

23. Ruta graveolens L., Weinraute. (Ruta hortensis Mill.)


Diese zur Familie der Rutaceae gehörige perennierende oder
halbstrauchartige Pflanze findet sich einheimisch in Südeuropa
wild vor und wird bei uns öfters in Gärten, Weinbergen etc. an-
gepflanzt, wO sie auch verwildert vorkommt.
Das Kraut der früher offizinell gewesenen Pflanze gilt
seit altersher als heilwirkend. Toxisch erzeugt es innerlich eine
Gastroenteritis, womit nach Kobert auch die Wirkung auf den
Uterus erklärt werden muß, die zur volkstümlichen Verwendung
der Pflanze als Abortivum geführt hat. Es sind auf ihre Anwen-
dung auch tödliche Vergiftungen bereits vorgekommen (Kobert).
übrigens dient das Kraut in geringen Mengen auch zum Würzen
von· Käse etc. Chemisch enthält es ein ätherisches öl, Cumarin,
Rutin und ein flüchtiges Alkaloid (Lit. in Dra,qendorff).
Die Weinraute besitzt einen zirka 1 m hohen aufrechten
Stengel, die Blätter sind 1-2fach fiederschnittig, die oberen drei-
zählig bis ungeteilt, die Blättchen etwas dicklich, lanzettförmig
oder spateiförmig, der Rand fein und unregelmäßig gekerbt, kahl,
mattgrün. Die Blüten stehen in beblätterten Trauben und bestehen
aus einem vierblättrigen (bei den endständigen Blüten fünfzähligen)
Kelch und 4 (bzw. 5) Blumenblättern von gelbgrüner Farbe, deren
Rand fransig ausgefressen und nach aufwärts gebogen ist. Nach
unten verschmälern sich die Blumenblätter plötzlich in einen Nagel.

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Ruta graveolens L., Weinraute. 99


Die Staubblätter stehen in zwei vier- oder· fünfzähligen
Kreisen, der Fruchtknoten besteht aus 4 oder 5 am Grunde mit-
einander verwachsenen Fruchtblättern.
Die Frucht ist eine vier- oder. iunffächerige Kapsel, welche
an der Innenseite der einzelnen nach außen konvex begrenzten
Fruchtblätter aufspringt. In jedem Fache zahlreiche Samen von
niereniörrniger Gestalt, braun, 2 1/ 2 mrn lang, mit einem Eiweiß-
körper versehen, in dessen Mitte der längliche Keim liegt. Das
Kraut schmeckt und riecht aromatisch.

Fig.52.

Querschnitt eines Blattes von Ruta graveolens L.


Oberseits eine zweireihige, -unterseits eine einreihige Palissadenschicht. Unter einer
Einsenkung der Epidermis der Oberseite eine Ölhöhle. Links von derselben eine
Gruppe von Spiralgefäßen der Länge na.ch getroffen, rechts im Schwammparenchym
ein kleines Gefäßbündel im Querschnitte, mit einer deutlichen Schutzscheide. Am Rande
rechts im Schwammparenchym eine morgensternförmige Kristalldruse. In der Epidermis
der Unterseite eine Spaltöffnung. Vergr. 1: liO.

Anatomie der Blätter. Beiderseits eine Epidermis aus


dünnwandigen, buchtigen Tafelzellen, Spaltöffnungen oberseits sehr
spärlich, unterseits reichlicher vorhanden und ziemlich tief unter
dem Niveau der Epidermis liegend (Fig. 52). Das Mesophyll
ist beiderseits von schlanken Palissadenzellen begrenzt, die ober-
seits in doppelter, unterseits in einfacher, etwas lockerer Reihe
angeordnet sind (zentrischer Blattbau). Höhe der Palissaden-
zellen zirka 50 f'.. Zwischen den Palissadenschichten liegt ein
7*

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100 Crotonsamen, Purgierkörner.

zentrales, schmales Schwammparenchym aus sternförmig verzweig-


ten Zellen.
In demselben finden sich große morgensternförmige Drusen
von oxalsaurem Kalk mit auffallend feinen scharfen Spitzen vor.
Unmittelbar unter der Epidermis liegen im Mesophyll stellen-
weise große Ölhöhle n, mit ätherischem Öle erfüllt, über welchen
die Epidermis muldenförmig eingezogen ist und anscheinend einer
Desorganisation anheimfällt.
Haare fehlen. In den Epidermiszellen finden sich manchmal
kleine Kristallaggregate vor (Rutin ?).
Die Blumenblätter besitzen eine buchtig polygonale papil-
löse Epidermis mit streifiger Cuticula. Im Parenchym zahlreiche
Ölhöhlen.
In der Nähe der Spaltöffnungen stellenweise gelb gefärbte
pinsel- oder schollenförmige Kristallaggregate, ähnlich wie in der
Epidermis der Blätter. Hie und da finden sich kurze einzellige,
keulenförmige Haare an der Epidermi1l vor. Ebensolche Haare
auch an den Kelchblättern. Der gelbe Farbstoff der Blütenblätter
findet sich gelöst im Zellinhalte.
Die Fruchtwand zeigt eine Epidermis aus polygonalen
Zellen, dazwischen vereinzelte Spaltöffnungen und eine darauf-
folgende parenchymatische Mittelschicht , in welcher sich große
Ölhöhlen befinden. In zahlreichen Zellen morgensterntörmige Kalk-
oxalatdrusen. Die Innenschichtbesteht aus 2 breiten Schich-
ten sklerosierter, bastfaserähnlicher Zellen, welche in der äußeren
Schicht axial, in der inneren transversal gestreckt sind.
Die Samentesta besitzt eine Epidermis aus in der Fläche
polygonalen, am Querschnitte papillösen, derbwandigen, braunen
Stein zellen. Das Endosperm ist mit kleinen Aleuronkörnchen erfüllt. ,

24 .. Crotonsamen, Purgierkörner (Semina Crotonis).


Die Samen von Croton Tiglium L. (Tiglium officinale Kl.),
einem in Ostindien einheimischen und kultivierten Baume aus
der Familie der Euphorbiaceen.
Die Samen enthalten bekanntlich ein fettes Öl von pur-
gierenden und zugleich heftig reizenden Eigenschaften. Nach der
Statistik von Hirschheidt*) sind bis 1889 elfVergiftungsfälle, da-
runter zwei mit letalem Ausgange, durch das Öl vorgekommen,
während Vergiftungen durch die Samen selbst selten sind.
In neuester Zeit werden diese toxikologisch höchst gefährlichen
Samen von einem "Naturheilmittelforscher" namens Wilhelm Korn-
pointner aus Deutschland gegen Rheuma, Gicht etc. für äußerlichen
und innerlichen Gebrauch unter dem Namen "Universal-Heilbohnen"
in den Handel gebracht.

*) Arbeiten des pharmakologischen Institutes in Dorpat. Herausgegeben


von R. Kobert, 1890, IV, pag. 5 ff.

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Crotonsamen, Purgierkörner. 101

Der physiologisch wirksame Bestandteil ist die Crotonol-


säure und ein flüchtiger K()rper, der nicht näher bekannt ist. In
den Preßrückständen der Samen findet sich
Fig.53. eine dem Ricin analog wirkende Phytal-
bumose.
Die Samen sind eirund, zirka 1 cm lang,
außen matt gelbbraun mit einzelnen schwärz-
lichen Flecken.
Die etwas schwächer gewölbte Bauch-
Samen von Croton seite der Samen ist von der stärker gewölbten
Tiglium L.
von der Bauchseite. Am Rückenseite durch eine um den ganzen Samen
oberen Pole der Nabel,
am unteren der Hagel-
ziehende stumpfe Kante abgegrenzt (Fig.53).
fleck , zwischen heiden An dem einen Pole befindet sich der
verläuft der Nabelstreifen.
(Schwach vergrößert.) Nabel, von welchem längs der Bauchseite ein
schmaler Nabelstreif bis zum entgegengesetzten
Pole herabzieht, um hier in einem kleinen Spitzehen (Hagelfleck
oder Chalazza) zu endigen.
Unter der dünnen, sehr spröden Samenschale liegt, von einer
leicht ablösbaren inneren weißenSamenhaut bedeckt, der ölig fleischige
Fig.54.

Querschnittspartie durch die harte Samenscbale von Croton Tiglium L.


I. Epidermis, II. subepidermale Zellscbicbt (vergl. Fig. 55), III. Palissadenscbicht.
Yergr. 1 : 170.

Eiweißkörper, welcher den zwei große blattartige Cotyledonen be-


sitzenden Keim von den Seiten her einschließt, dessen relativ
langes Würzelchen unterseits hervorspringt. Der Geschmack der
geruchlosen Samen ist brennend scharf.

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102 Crotonsamen, Purgierkörner.

Anatomie. Die äußerste Schicht der Samentesta (I)


ist sehr collabiert, weder am Querschnitte noch im Flächenbilde
deutlich differenzierbar (Fig. 54).
Es finden sich in ihr braune körnige Pigmentanhäufungen.
Auf diese Epidermis folgt eine Schicht (I1) von am Querschnitte
rektangulär begrenzten, radial gestreckten Zellen mit dünnen,
zierlich kleinwellig gefalteten farblosen Wänden, ohne Inhalt.
In der Fläche sind diese Zellen sehr charakteristisch regel-
mäßig polygonal begrenzt, mit kleinen dreieckigen oder viereckigen
Intercellularen an den Ec,ken (Fig. 55).
Die dritte Schicht (lU) wird durch stark radial gestreckte
palissadenähnliche sklerosierte Zellen mit braunem Inhalte gebildet,

Fig.55.

Samen von Croton Tiglium L.


]'lächenbild der subepidermalen Zellschicht (Fig. 54, m. Vergr.l: 51'7.

deren dicke Wände braun gefärbt und von zahlreichen 'l'üpfeln


durchzogen sind. In der Fläche sind diese Zellen scharf polygonal
begrenzt.
Nach innen wird die Testa schließlich von einer schmalen
ganz collabierten inneren Samenhaut abgeschlossen. (Diese be-
sitzt zum Unterschiede gegen Ricinus kein Kalkoxalat.)
In derselben findet sich sehr gewöhnlich an älterem Materiale
ein parasitärer Pilz mit kugeligen fein gezähnten Sporen vor.
Das Endosperm besteht aus regelmäßigen polygonalen
Zellen, die dicht mit großen (D _= 10-15 fL) Aleuronkörnern
erflillt sind, welche gewöhnlich ein Kristalloid und mehrere
Glöboide enthalten.
Viele Zellen führen an Stelle des Aleurons große morgen-
sternförmige Kristalldrusen aus Kalkoxalat, welche besonders an
mit Chloral behandelten Schnitten hervortreten (Fig. 56).

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Ricinussamen. 103
Für das Pulver sind in erster Linie die zu größeren
Komplexen vereinigten oder isolierten braunen Palissadenzellen
in ihrer Seiten- oder Flächenansicht charakteristisch, ferner
die Flächenbilder der Schicht Ir mit ihren typischen Inter~
cellularen.
Bei Beobachtung unter öl sieht man die massenhaften Aleuron-
körner. Daneben im Endosperm Kristalldrusen. Verwechslungen
des Pulvers sind am ehesten möglich mit dem Pulver der Ricinus-
samen (s d.). Die Präparation vgl. ebenfalls unter Ricinus
pag.105.
Fig.56.

Querschnittspa.rtie des Endosperms der Samen von er 0 ton Ti gl i u m L.


In den Zellen zahlreiche Aleuronkörner, welche Globoide und Kristalloide entha.lten.
In zwei Zellen Kristalldrnsen. Vergr. 1 : 517.

Zu erwähnen ist, daß die Samen irrtümlich auch als Semina


Cataputiae minoris bezeichnet wurden, welcher Name früher den
Samen von Euphorbia Lathyris L. gegeben wurde.
25. Ricinussamen, Semen Ricini, Semen Cataputiae majoris.
Die Samen von Ricinus communis Müll. Argov. aus der
Familie der Euphorbiaceae, einheimisch in Ostindien und Afrik~
durch Kultur in allen wärmeren Zonen verbreitet. Bei uns wird
die durch ihren schönen Wuchs und ihre breiten handförmig ge-
teilten Blätter auffallende Pflanze häufig in Gärten als Zierpflanze
gezogen.
Die Samen enthalten das bekannte Ricinusöl, welches -
durch Auspressen gewonnen - als eines der beliebtesten und zu-
gleich vollkommen unschädlichen Abführmittel allgemein im Ge-
brauche steht (offiz. Pharm. Am,tr.).

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104 Ricinussamen.

Die Samen als solche wirken hingegen giftig, und zwar durch
di~ in ihn.en vorhandene Phytalbumose Ricin, welche in das aus-
gepreßte öl nicht übergeht. Die Vergiftungs erscheinungen zeigen
sich hauptsächlich in den Symptomen einer schweren Gastro-
enteritis und Nephritis.
Nach Kobert sind (bis 1893) 128 Fälle von Vergiftungen
durch die Ricinussamen beobachtet worden.
Die Vergiftungen entstanden gewöhnlich dadurch, daß die
Samen zum Zwecke des Purgierens an Stelle des öls eingenommen
wurden. Häufig wurden sie direkt von den Pflanzen, die ja in
G~h'ten häufig anzutreffen sind, eingesammelt oder auch in kur-
pfuscherischer Weise verordnet.
Kobert hebt besonders die Gefahr hervor, die spielenden
Kindern durch die "bunten Bohnen" droht, die sie an der Zier-
pflanze finden und deren furchtbare Giftigkeit
den Eltern und Kinderwärterinnen gewöhnlich Fig.57.
nicht bekannt ist.
Durch Verwendung der Preßkuchen als
Viehfutter kommen auch bei Tieren Vergif-
tungen vor.
Der Nachweis der Samen im Erbroche-
nen etc. ist hauptsächlich mikroskopisch bzw.
aus den morphologischen Verhältnissen der- Samen von Ricin us
selben zu führen, da ein chemisches Reagens communis Müll. Argov
von der Baucbseite.
auf Ricin nicht bekannt ist. Am oberen Pole die
Samenschwiele in Form
eines kleinen Höcker-
Die Samen sind eirund, je nach der chens. Von dieser zieht
der Nabelstreifen als
Provenienz 10-15 mm lang, von der Seite dunkle Linie zum unteren
Pole, wo sich der Hagel-
her schwach zusammengedrückt (Fig.57). fieck befindet. (Schwache
An einem Pole ein breiter Nabel mit Vergrößerung.)
einer häutigen weißlichen oder gelblichen.
Caruncula (Samenschwiele); von diesem zieht an der sehr schwach
gewölbten Bauchseite ein bandförmiger Nabelstreifen bis zum
unteren etwas breiteren Pole des Samens, um hier in einem
kleinen, kaum sichtbaren Knöpfchen (Hagelfleck) zu endigen. Die
diinne spröde Samenschale ist außen glänzend, glatt, sehr schön
gelbgrau und braun, flammend tigerartig gefärbt, innen braun.
Der Samenkern ist von einer weißen dünnen Samenhaut
eingeschlossen und besitzt einen ölig - fleischigen, weißen,
in der Mitte gewöhnlich klaffenden Eiweißkörper . Der Keim
besteht aus zwei dünnen ebenfalls klaffenden Cotyledonen und
einem dicken geraden Würzelchen, das gegen den Nabel ge-
richtet ist.

Anatomie. Anatomisch zeigt der Bau der Samen von Ricinus


große Analogien mit dem der Crotonsamen (s. d.), so daß die
Differentialdiagnose bei zerkleinertem Materiale (pulver, Preß:"
kuchen etc.) mit Vorsicht zu stellen ist.

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Ricinussamen. 105
Die Epidermis det Testa ist gewöhnlich gut erhalten und
besteht aus dünnwandigen polygonalen Zellen mit farblosen Wänden,
welche an den braun pigmentierten Stellen mit einem formlosen
brannen Inhalte versehen sind, sonst aber keinen besonderen
Inhalt zeigen.. Ihre Innenwand ist fein, aber deutlich getüpfelt.
Auf die Epidermis folgt eine Schicht radial gestreckter, in
der Fläche polygonaler, dünnwandiger, inhaltsloser Zellen mit
den charakteristischen kleinen Intercellularen an den Ecken, die
genau so wie bei Croton aussieht.
Ebenso gleicht auch die dritte Schicht ganz der Palissaden-
schicht von Croton.
Die innere Samenhaut, die sich von der Testa und von
dem Eiweißkö~er leicht abziehen läßt, unterscheidet sich hin-
gegen auffallend von derjenigen von Croton dadurch, daß in ihr
geradezu massenhaft rundliche oder rosettenförmige kleine Kristall-
drusen von oxalsaurem Kalk eingelagert sind. Das Gewebe selbst
ist ganz farblos und collabiert.
Der Eiweißkörper besitzt denselben Bau wie jener von
Croton und ist gleichfalls strotzend geilillt mit Aleuronkörnern vom
selben Typus wie die der Crotonsamen.
Hingegen fehlen dem Eiweißkörper und dem Cotyledonarge-
webe (welches etwas kleinzelliger ist) Kristalle von Kalkoxalat.
Die Diagnose des Pulvers, Preßkuchens etc. stützt sich
demnach auf dieselben Elemente wie bei Croton; die braun ge-
iarbten, vollkommen verdickten Palissadenzellen, die charakteri-
stischen Zellen der sub epidermalen .Schicht und das Gewebe des
Eiweißkörpers mit seinem typischen Aleuron, sofern dieses leicht
veränderliche und zersetzliche Element noch vorhanden ist. Auch
der mit Alkannatinktur oder Osmiumsäure leicht ausführbare N ach-
weis von fettem Öl kann bei Fehlen von Aleuron zur Diagnose
herangezogen werden.
Gegenüber den Elementen von Croton Tiglium sind diffe-
ren tialdiagnostisch zu verwenden: 1. die teilweise braun ge-
färbte, durch die Tüpfelung der Innenwand wie körnig aussehende
Epidermis der Testa, 2. die massenhaften Kristalldrusen in der
inneren Samenhaut , 3. das Fehlen von Kristalldrusen im Eiweiß-
körper und Parenchym der Keimlappen.
Präparation. Schnitte durch die Samenschale sind wegen
der Sprödigkeit derselben schwer in größerer Länge zu er-
halten, doch genügen auch kleine Fragmente gewöhnlich für die
Diagnose. >

Man untersucht dieselben in Chloralhydrat oder Kalilauge,


eventuell nach vorhergehendem Erwärmen der Präparate.
Die innere Samenhaut ist nur an der Samenkuppe mit der
Testa verwachsen, im übrigen liegt sie dem Eiweißköi'per an. Sie
kann in Wasser oder Chloral untersucht werden, nachdem man
durch Sieden die Luft aus ihr entfernt hat.

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106 ,Euphorbia Lathyris I", Kreuzblättrige Wolfsmilch.

Da Wasser das Aleuron zerstört, ist zur Untersuchung des


Eiweißkörpers Öl oder wasserfreies Glycerin zu verwenden. Die
Kristalloide sind hiebei sehr undeutlich zu sehen. Sie werden
deutlicher durch Erwärmen des Glycerinpräparates oder durch
Färbung mit frisch bereiteter Lösung von Cochenille in Wasser.
Die Kalkoxalatdrusen sowie die Zellgrenzen des Endosperms
nimmt man am besten an mit Chloral oder Kalilauge schwach
erwärmten Schnitten wahr.
In derselben Weise sind auch die Samen VOll Croton Tig-
lium zu präparieren.
Einen ähnlichen Bau wie die beschriebenen Samen von
Croton und Ricinus zeigen die Samen von

26. Euphorbia Lathyris L., Semina Cataputiae minoris,


Kreuzblättrige Wolfsmilch (Tithymalus Lathyris Scop.).
Diese sind ebenfalls giftig gleich den verwandten Euphor-
bia-(Tithymalus-)Arten, z. B. E. Cyparissias L.,E. Helioscopia
L., E. Peplus L., E. Esula L. usw., die bei uns großenteils yer-
breitete bekannte Unkräuter sind.
Verwendet wird von diesen Wolfsmilch arten hauptsächlich
das einen Milchsaft enthaltende Kraut, entweder äußerlich in
Kataplasmenform oder innerlich als Diureticum etc. Die Samen
von Croton Tiglium sind auch mitunter als Semina Cataputiae
minoris in der Literatur bezeichnet worden.
Sie sind eiförmig, zirka 1/2 em lang, bräunlich, matt,
runzelig, am schmäleren oberen Pole mit einer knopfigen bräunlichen
Samenschwiele versehen. Von dem an dieser Stelle befindlichen
Nabel läuft ein etwas eingesenkter schmaler Naheistreifen zum
unteren hreiteren Pole des Samens.

Mikroskopisch ist difI"erentialdiagnostisch gegenüber Croton


und Ricinus die Form der Epidermiszellen von Bedeutung.
Sie sind derbwandig, gerundet polygonal, deutlich papillös,
mit farblosen Wänden und einem formlosen gelbhraunen Inhalte
versehen. Die übrigen Schichten sind analog denjenigen der er-
wähnten Samen.
Die innere Samenhaut enthält gleich dem Eiweißkörper
kein c Kristallbildungen von Kalkoxalat. Das Aleuron ist sehr
kleinkörnig (D.=4-5 [J.).

27. Rhus toxicodendron llIichx., Giftsumach.


Ein kleiner Baum oder klimmender Strauch aus der Familie
der Anacardiaceae, einheimisch in Nordamerika, bei Ims öfters
kultiviert, manchmal verwildert vorkommend. Vergiftung'en sind
durch die Blätter und Beeren der Pflanze, welche die scharf reizende
'l'oxicodendronsä ure O"laiseh 1865) enthalten, besonders an
Haustieren, aber auch an Menschen beobachtet worden.

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Rhus toxicodendron Michx., Giftsumach. 107

Insbesondere entsteht beim Einsammeln der Blätter an den


Händen der betreffenden Personen leicht eine schmerzhafte Haut-
entzündung, beim Genusse eine heftige Gastroenteritis.
Die Blätter sind langgestielt und dreizählig, die seitlichen
zwei Blättchen sehr kurz, das mittlere lang gestielt, spitz oder
zugespitzt eiförmig, an der Basis rasch zusammengezogen, zirka
10 cm lang, die Nervatur unterseits stärker hervortretend, einnervig,
die Sekundärnerven deutlich bogenläufig ; die Tertiärnerven ana-
stomosieren nicht mit den gegenüberliegenden benachbarten Se-
kundärnerven.
Nach der Gestalt des Blattrandes unterscheidet man nach
Michaux zwei Varietäten: ~) vulgare, ganzrandig und kahl,
ß) quercifolium mit kerbig gezähntem bis buchtigem Blattrande
und flaumig behaarter Blattunterseite. Die Oberseite ist bei beiden
Varietäten kahl und etwas glänzend dunkelgrün.
Die Blätter besitzen einen schwach zusammenziehenden Ge-
schmack und sind geruchlos.
Anatomie der Blätter. Die Epidermis der Oberseite
besteht aus in der Fläche wellig begrenzten, unters e i t saus
zirka halb so weiten buchtig polygonalen Tafelzellen.
Spaltöflhungen CL. = 25 (1-, Br. = 17 1'.) nur unterseits , ohne
Nebenzellen.
Die Behaarung, welche, ",ie oben bemerkt, nach der Varietät
quantitativ verschieden ist, besteht auS Drüsenhaaren und Deck-
haaren. Diese sind bei var. vulgare hauptsächlich an den Nerven
besonders in der Nähe der Blattbasis zu finden.
Die Drüsenhaare CL. = zirka 651") besitzen keulenförmige
Gestalt und bestehen aus einer oder mehreren zylindrischen Stiel-
zellen, an welche sich das mehrzellige Drüsenköpfchen anschließt,
dessen Zellen etagenförmig übereinander liegen (Fig.58).
Die Deckhaare sind spitz und ziemlich lang (L. = zirka
1501")' derbwandig, mehrzellig, die queren Wände dünnwaudig; an
der etwas verbreiterten Basalzelle ist eine grobe Tüpfelung sichtbar.
Das Mesophyll besteht aus einer einreihigen Palil'lsadenschicht
an der Oberseite, aus ziemlich schlanken Zellen (L. = 40 1'.) und
einem etwas breiteren lockeren Schwammparenchym unterseits,
dessen an die Palissadenschichte grenzende Partie sehr deutlich die
sogenannten Aufnahmszellen von keulenförmiger Gestalt aufweist.
Oxalsaurer Kalk findet sich in wechselnder Menge. In der
Palissadenschichte sind gewöhnlich auffallend große, schön ausge-
bildete klinorhombische Einzelkristalle (D. =
bis 45 1'.) vorhanden,
häufig mit kleineren Kriställchen verwachsen oder mit einer an-
haftenden Rosette oder Druse, hingegen finden sich im Schwamm-
parenchym vornehmlich morgensternförmige Drusen mit Über-
gängen zu Einzelkristallen.
In Begleitung der Gefäßbündel kommen Kristallkammer-
fasern mit Drusen vor.

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108 Rhus toxicodendron Michx., Giftsumach.

Sehr charakteristisch sowohl an Querschnitten durch die


Nerven als an Flächenpräparaten der Blätter sind die weiten
.Milchsaftgänge, welche den Blattnerven bis in die kleinsten Ver-
zweigungen folgen. Sie sind mit einer formlosen oder scholligen,
dunkelbraunen Masse erfüllt und liegen einzeln im Bastteil eines
jeden Gefäßbündels, daher an größeren Nerven stets mehrere an..,.
zutreffen sind, an Tertiärnerven aber immer nur je ein Milchsaft-
gang vorkommt .
.Mit Eisenchlorid färbt sich der Inhalt der Mesophyllzellen
trübgrün.
Fragmente bzw. das Pulver der Blätter sind mikroskopisch
an den geschilderten Merkmalen leicht erkennbar. Besonders auf-

Fig.58.

Querschnitt eines Blattes von Rhus toxicodendron Michx.


In der einreihigen Palissadenschicht große Einzelkristalle von Kalkoxalat. Unter der
Palissadenschicht die Schicht der Aufnahmszellen, darunter das Schwammparenchym.
Rochts. ein kelllenförmiges DTÜsenhaar. Vergl'. 1 ': 345.

fallend sind - bei Beobachtung unter Chloral oder Kalilauge


die braunen, weiten, dichotom verzweigten Milchsaftgänge, die man
regelmäßig im Anschluß an die Spiralgefäße findet, ebenso die
großen Kristalle in der Palissadenschicht und die mit Einzel-
kristallen abwechselnden Drusen im Schwammparenchym. Die Haare
sind manchmal recht spärlich.
Die tropischen Sumach-Arten, deren es eine ganze Reihe gibt, besitzen
gleichfalls zum Teile hochgradig giftige Eigenschaften und sind als Giftbäume,
deren Schatten sogar im Glauben der Eingeborenen giftig wirken soll, bekannt.
Hierher gehören z. B. die zur Herstellung von Firnissen verwendeten Arten
Rhus vernicifera DC. in Japan und Rhus venenata DC. in China und
Nordamerika. Diesen giftigen Sumach-Arten stehen aber zablreiche gegenüber,
welche als ungiftig bezeichnet werden müssen, darunter viele, die wegen ihres
Gerbstoffgehaltes medizinisch oder technisch ausgebreitete Verwendung finden,
z. B. Rhus coriaria L. Südeuropa, Rh. typhina L. und Rh. glabra L.
Nordamerika usw. Rh u s sem i al at a MaIT. liefert die chinesischen Galläpfel,
ebenso Rhus acuminata DC. in Ostindien.

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Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast. 109


Bei uns findet man häufig in Gärten angepflanzt Rh. Cotinus L., Per-
rückenstrauch, und Rh. typhina L., Hirschkolbensumach oder Essigbaum.
. Durch eine der Wirkung der Sumach-Arten sehr ähnliche hautreizende
entzündende Wirkung sind auch die Blätter der in neuerer Zeit als Topfgewächse
bei uns vielfach gezogenen Primulaceen Primula obconica Hance und Primula
si n e n s i s Lindl. ausgezeichnet, welche ursprüuglich aus China stammen.
Die Vergiftungserscheinungen, welche bereits in zahlreichen Fällen besonders
an Damen und Gärtnern beobachtet wurden, zeigen sich in sehr heftigen ek-
zematösen, selbst Pemphigus ähnlichen Hautentzündungen.
(Th. Husemann, Hautvergiftung d. Primula obconica, Wien 1898. W. med.
BI., Nr. 26, 27. A. Model, Müuch. med. Woch., 1904, pag. 65.)

28. Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast.


Ein in Bergwäldern häufig vorkommender Strauch aus der
Familie der Thymeleaceae.
Die Pflanze enthält in allen Teilen (Rinde, Blätter, Blüten
und Früchte) einen scharf wirkenden Stoff, Mezerein und Me-
zereinsäureanhydrid (R. Buchheim), wodurch öfters Vergiftun-
gen an Kindern hervorgerufen wurden. Das in der Pflanze ent-
haltene Glykosid Daphnin ist unwirksam. Nach Kobert sind
13 Fälle von Vergiftungen an Menschen veröffentlicht worden,
davon 4 letale, die aber zum Teile fraglich sind.
Zahlreiche Vergiftungen kommen bei Kindern im Frühj ahre
dadurch zustande, daß diese die schwer abzubrechenden blühenden
Zweige vom Strauche abbeißen.
Die FrUchte wurden früher unter dem Namen Fructus
(s. Semina oder Grana) Coccognidii und die Rinde als Cortex
Mez er ei medizinisch verwendet und sind wohl noch als Volks-
mittel im Gebrauch, und zwar innerlich gegen Wassersucht, Band-
wurm, als Purgans und Abortivum, äußerlich hautreizend.
Die in der älteren Literatur (Wibmer) verzeichneten Intoxi-
kationen sind gewöhnlich auf den Gebrauch der Beeren als volks-
tümliches Heilmittel zurückzuflihren.
In mehreren toxikologischen Werken findet man auch die
Erwähnung einer Vergiftung durch Verwechslung mit Pfeffer-
körnern.

Der Strauch treibt im Frühjahre noch vor Entwicklung der


Blätter die in kleinen Büscheln stehenden wohlriechenden Blüten,
welche aus einer einfachen, trichterförmigen, an der Spitze in 4
radförmig ausgebreitete Zipfel übergehenden, rosarot, selten weiß
gefärbten Blütenhülle bestehen, deren Trichter 8 kurz gestielte
Staubblätter in 2 Kreisen eingefligt sind.
Die Frucht ist eine rot gefärbte Beere (s. u.).
Die Blätter lanzettlich, stumpf bis spitz, ganzrandig mit
allmählich keilförmig verschmälerter Basis, fast sitzend, kahl oder
(in der Jugend) fein behaart.

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110 Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast.

Anatomie der Beerenfrüchte. Die frischen reifen Beeren


sind kugelig bis eiförmig (L. = P/2 cm), scharlachrot, seltener gelb-
lich gefärbt (bei weißen Blüten), fast unmerklich gestielt, kahl
und glänzend. Getrocknet werden sie schwärzlich bis gelblich und
besitzen eine grobgerunzelte Oberfläche, wodurch sie Pfefferkörnern
ähnlich werden.
Das gelbliche Fruchtfleisch löst sich leicht vom Samen.
Dieser ist von einer dünnen zerbrechlichen schwarzen Testa 'ein-
geschlossen. Zwischen Testa und Fruchtfleisch läßt sich an ge-
trockneten Fruchten die innere Epidermis des letzteren nach Er-
weichung der Fruchte in Wasser leicht gesondert abziehen.
An dem einen Pole der fast kugelrunden Testa befindet
sich ein kleines Spitzchen (Nabel), von welchem längs der Bauch-

Fig.5D.

Da.phne Mezererum L.
Epidermis der Frucht in der Fläche nachllehandlung mit Chloralhydrat. Vergr. 1: 460.

seite ein deutlich hervortretendes farbloses Band zur Basis zieht,


wo dasselbe in einer kleinen Öffnung der Testa endigt (Nabel-
streifen und Hagelfleck). Nach Entfernung der Testa tritt der
Samenkern zutage, der noch von einem weißen dünnen Häutchen,
der inneren Samenhaut, eingeschlossen ist.
Er besitzt zwei ölig-fleischige, plankonvexe gelbe Cotyle-
donen und ein kleines gerades Würzelchen.
Die Epidermis der fleischigen Fruchthülle besteht aus poly-
gonalen, perlschnurartig getüpfelten Tafelzellen , an getrockneten
Früchten ohne deutlichen Inhalt, außer ölartigen Tropfen in zahl-
reichen Zellen (Fig. 59).
An getrockneten Früchten ist sie sehr collabiert. Dasselbe
gilt ftrr das auf die Epidermis folgende }~ruchtfleisch, dessen
dünnwandige farblose Zellen großenteils mit einem gelbglänzenden,

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Daphne Me~ereum L., Kellerhals, Seidelbast. 111


öligen Jnhalte erfüllt sind. An unreifen grünen Früchten findet
sich in den Zellen Chlorophyll vor.
Die innere Epidermis der Fruchtwand, die sich als feines
Häutchen von den getrockneten Früchten ablösen läßt, ist aus

Fig.60.

Daphne Mezereum L.
Epidermis (Palissadenzellen) der Testa in der ]<'läche. Vergr. 1: 460.

polygonalen farblosen, sehr collabierten Tafelzellen ohne deutlichen


Iuhalt gebildet.
Die Testa besitzt zu äußerst eine aus sklerosierten Palis-
sadenzelleu bestehende Epidermis (Fig. 60 u. 61), deren parallel-
epipedische Zellen stark verdickt,
Fig.61. doch mit deutlichem Lumen versehen
sind. Ihre braungefarbten Wände sind
von zahllosen feinen Tüpfeln durch-
zogen, das Lumen von formlosem
braunem Inhalte erfüllt. L. = 126 po,
131'. = 14 ['.. (Die Zellen ähneln sehr den
Palissadenzellen der Euphorbiaceen-
Samen.) In der Fläche sind die Zellen
scharf polygonal begrenzt, mit undeut-
lich geschichteter Zellwand. An diese
epidermale Schicht schließt sich eine
ganz collabierte, braun pigmentierte
Innenschicht an, deren Zellen-
grenzen sehr undeutlich sind.
Besonders charakteristisch ist
die nun folgende innere Samenhaut,
die makroskopisch als feines weißes,
Dapnne Mezereum L. leicht ablösbares Häutchen zwischen
Epidel'lDis (Palissadenzellen) der Testa Testa und Samenkem sichtbar ist.
im Querschnitte (ans einem Macerate).
Vergr. 1 : 460.
Am Querschnitte erweist sie
sich als aus zwei Schichten be-
stehend, einer äußeren aus typisch papillösen Zellen und einer
nur wenige Zellreihen breiten, jedoch an der Berührungsfläche der

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112 Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast.

beiden Ootyledonen ziemlich breit entwickelten Innenschicht aus


tangential etwas gestreckten dünnwandigen Zellen, die mit klein-
körnigem Aleuron und Fettröpfchen erfüllt sind (Fig.62).
Von der Fläche gesehen ist besonders die Außenschicht dieser
inneren Samenhaut, die als ein Rest des Nucellarkörpers aufgefaßt
werden kann, sehr charakteristisch, indem in die dünne primäre
Membran der im Umkreise polygonalen inhaltslosen Zellen breite,
zum Teile verzweigte Verdickungsleisten von gelblicher Farbe ein-
gelagert sind, die zum oberen Pole (Mittelpunkt) der Zellen ziehen
und hier in einer den Pol der Zelle deckenden Platte endigen.
Das Gewebe des Embryos bzw. der Keimlappen zeigt
den gewöhnlichen Typus aus polyedrischen, sehr dünnwandigen,

Fig.62.

Daphne Mezereum L.
Außenschicht der inneren Samenhaut in der Fläche nach Behandlung mit Chloralhydrat.
Die leistenförmigen Verdickungen der Zellwand bilden eine über dem Lumen der
Zellen sichtbare Sternfigur. Vergr. 1: 460.

farblosen Zellen, welche mit ziemlich großen, länglichen Aleuron-


körnern (D. = 14 f'.) und Fettropfen erfüllt sind.
In vollständig ausgereiften Samen ist Aleuron nur mehr
spärlich vorhanden, hingegen das Fett umso reichlicher entwickelt.
Mikrochemie. Mikrochemisch ist die Eigenschaft des
Daphnins, sich mit Kalilauge gelb, mit Salpetersäure in der Kälte
rot zu färben, von Wichtigkeit. (In der Wärme bildet sich mit
Salpetersäure OxalSäure, Schmidt 1. c.) .
Besonders an unreifen frischen Früchten läßt sich auf diese
Weise das Daphnin im Fruchtfleische und im Embryo nachweisen.
Für die Erkennung äußerlich veränderten Materiales
ist in erster Linie die Palissadenschicht der Testa und die
innere Samenhaut von Bedeutung. Es empfiehlt sich, kleinere
Fragmente der Testa nach Schulze oder mit Kalilauge zu mace-
rieren, wodurch die einzelnen Zellen deutlich in ihrer Form er-
scheinen.

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Daphne Mezereum L., Kellerhals, Seidelbast. 113

Differentialdiagnostisch kommt höchstens bei pulver-


förmigem Untersuchungsmateriale die .Unterscheidung von den
Samen der Euphorbiaceen, besonders Ricinus communis Müll. Argov
und Croton Tiglium L., in Betracht, da deren Testa (s.o.) eine
ganz ähnliche Palissadenschicht aufweist.
Bei noch gut erhaltenem Aleuron ist die bei den genannten
Pflanzen so typische Ausbildung der Aleuronkörner ein differential-
diagnostisch wichtiges Merkmal, außerdem ist das Vorkommen
von morgensternförmigen Kalkoxalatdrusen (bei Ricinus in der
inneren Samenhaut, bei eroton in den Keimlappen). von Wichtig-
keit, da oxalsaurer Kalk in den Früchten von Daphne überhaupt
fehlt. Diese sind zudem an den Fragmenten der inneren Samen-
haut, die sich im Pulver, wenn auch spärlich, stets nachweisen
lassen, von den erwähnten Samen zu unterscheiden.
Anatomie der Blätter. Die Epidermis besteht beider-
seits aus dünnwandigen, schwach gerundeten polygonalen Tafel-
zellen, in deren Lumen, gleichwie im Mesophyll durch Zusatz von
Kalilauge - besonders nach Envärmen - zahlreiche gelbe öl-
artige 'l'ropfen auftreten. ,
Spaltöffimngen sind nur unterseits vorhanden, der Schließ-
zellenapparat ist fm,t kreisförmig begrenzt (D. = 25 (1.). Das Meso-
phyll hesteht oberseits aus einer einreihigen Palissadenschicht
aus relativ sehr kurzen Zellen (L. = 28 p.) und einem bedeutend
breiteren, lockeren Schwammparenchym. Kristalle von oxalsaurem
Kalk fehlen.
Haare finden sich nur am Stengel vor, soweit er noch grün
ist, sowie [on den größeren Nerven.
Sie sind ziemlich lang und breit, einzellig, derbwandig,
spitzig, ihre Wand ausgebuchtet wellig, fast knorrig, die Basis
gegen den Haarschaft um zirka 90° abgebogen, stark verschmälert,
getüpfelt -und zwischen die Epidermiszellen eingeschoben.
Die Cuticula der um das Haar liegenden Epidermiszellen ist
stärker verdickt und bleibt bei isolierten Haaren an diesen ge-
wöhnlich hängen, so daß diese an ihrer Basis wie von einem
Trichter umgeben erscheinen oder einen spornartigen Ansatz
zwischen Basis und Haarschaft zeigen. .
Anatomie des Stengels und der Rinde. 1/2-1 em
breite stielrunde Stämmchen, von einer glatten glänzenden, ge-
trocknet längsrunzeligen Rinde bedeckt, die innen grün gefärbt
ist und sich leicht vom Holzkörper trennen läßt.
Die Rinde (Cortex Mezerei) wird für den Handel vor
der Blütezeit im ersten Frühj ahre eingesammelt und besteht aus
bandförmigen, 2-3 em breiten, sehr dünnen (1 mm), verschieden
langen Stücken, außen gelblich bis rötlich braun, vornehmlich
längs gerunzelt, innen vom Baste seidenglänzend weißlich, der
sich sowohl an frischem als getrocknetem Materiale sehr leicht
für sich abziehen läßt.
Mitlacher, Toxikologisch oder foren8isch wichtige Pflanzen etc. 8

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114 Daphne ~Iezereum L., Kellerhals, Seidelbast.

Ihr Geschmack ist brennend scharf. Auf die Haut gebracht


erzeugt die Rinde Rötung.
Die äußere Begrenzung der Rinde bildet ein verschieden
breites farbloses Periderm, welches von einer im äußeren Teile
collenchymatisch gebildeten Mittelrinde gefolgt ist, deren Paren-
chym nach innen zu ziemlich lückig wird.
Die Innenrinde (der Bast) besitzt im allgemeinen recht
undeutlich hervortretende, 1-2 Zellen breite, am Querschnitt ge-
wunden verlaufende Markstrahlen und breite Baststrahlen (Phloem-
strahlen), in welchen sich, umgeben von Bastparenchym, am Quer-
schnitte radial abwechselnde Gruppen von Siebröhren und Bast-
faserbündeln vorfinden.
Diese sind am Querschnitte gewöhnlich tangential etwas
gestreckt 1 sonst ziemlich unregelmäßig begrenzt. Die einzelnen-
die Bündel zusammensetzenden - Bastfasern sind mit Ausnahme
der zu äußerst an der Grenze der Mittelrinde liegenden primären
Fasern, sehr schwach verdickt (mit Chlorzinkjod blau) und durch
ihre Form sehr charakteristisch.
Ihre Länge ist variabel bis über mehrere Millimeter. 8ie
zeigen eine vielfach verbogene und gewundene Form mit zahl-
reichen Ausbuchtungen und Verschmälerungen. Ihre Enden sind
gewöhnlich' stumpf, seltener spitzig und 1 was im Hinblicke auf
die dünne Seitenwand besonders auffällt, häufig massiv, oftmals
gegabelt oder mit kurzen Protuberanzen versehen und knorrig.
Man bringt diese für die Erkennung der Rinde sehr charak-
teristischen Elemente am besten dadurch zur Ansicht, daß man
die leicht ablösbare Innenrinde in Chloralhydrat zerzupft.
Durch Kalilauge quellen die Bastfasern stark und unregel-
mäßig knotig auf. Die Siebröhren sind sehr dünnwandig, großenteils
collabiert, mit stark geneigten, fein porösen Siebplatten versehen.
Der Inhalt der parenchymatischen' Zellen der Mittel- und
Innenrinde ist eine formlose ungefärbte Masse, in der auf Zusatz
von Kalilauge massenhafte gelb glänzende Tropfen auftreten. Die
in dieser Inhaltsrnasse enthaltene Stärke ist in ihrer Menge je
nach der Zeit der Einsammlung verschieden und besteht aus kleinen,
nicht charakteristischen Körnchen. Zur Blütezeit und nach dem
Abblühen der Pflanze ist sie sehr spärlich. .
Der Holzkörper des Stengels besitzt schmale, nur eine Zelle
breite Markstrahlen; die Holzstrahlen bestehen ihrer Hauptmasse
nach aus netzförmig getüpfeltem Prosenchym und aus am Quer-
schnitte in schief radial verlaufenden Reihen angeordneten, behöft
oder netzförmig bis spiralig verdickten Gefäßen.
An der Grenze des Holzkörpers und des schmalen Marks
findet sich ein fiir die Thymeleaceen im allgemeinen charakte-
ristisches (Solereder, pag. 806) sogenanntes intraxyläres Phloem.
Es besteht aus einer an den Holzkörper grenzenden ringförmigen
Zone von Weichbast (collabierte Siebröhren) und einem an das
Mark grenzenden Kreise von Bastfaserbündeln. Seine Entstehung

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Daphne Laureola L. 115

erklärt sich durch die ursprüngliche Anlage bicollateraler Gefäß-


bündel. Durch dieses immerhin seltene Vorkommen eines dem
Zentrum des Holzes anliegenden Phloemkörpers siud Holzteile
dieser Pflanze leicht von solchen anderer Pflauzenarten zu unter-
scheiden, wenn auch in der Familie der Thymeleaceen dies ein
gemeinsames Merkmal darstellt.
Eine analoge Giftwirkung wie die Teile von Daphne Mezereum besitzen
die verwandten Daphne-Arten, D. Laureola L., der immergrüne Seidelbast, mit
schwarzen Beeren, welcher besonders im Süden wild vorkommt, und die bei uns
in den Alpenländern wachsende D. C.neorum L., deren wohlriechfmde Blütenzweige
im Frühjahre auf den Märkten in Österreich allgemein unter dem Namen "Stein-
röserl" verkauft werden.
Daphne Gnidium L. in Süd-Europa und Daphne alpina J,. in den
KaIkalpen gehören gleichfalls zu den bekannteren Arten.
Toxikologisch wichtig sind hiervon die Blätter von

29. Daphne Laureola L., welche nach Kobert schon in ge-


ringer Menge auf Pferde tödlich wirken.
Die sitzenden, dicklichen, lederartigen Blätter sind verkchrt
lanzettf6rmig, spitzig, ganzrandig, ihre Basis g(tnz allmählich ver-
schmälert, einnervig mit unterseits stark hervortretendem Haupt-
nerven und kaum sichtbaren (gewebläufigen) Sekundärnerven,
kahl, oberseits schwach glänzend dunkelgrün, unterseits heller.
Die Epidermis besteht beiderseits aus schwach buchtig poly-
gonalen derbwandigen grob getüpfelten Tafelzellen, deren Flächen-
durchmesser an der Oberseite etwas größer ist. Spaltöffnungen
finden sich nur unterseits vor.
Die Epidermiszellen sind nach außen durch starke Cuticular-
schichten mächtig verdickt. Innen schließen sich an sie häufig
schleimflthrende Zellen an, die anscheinend durch Querteilung aus
den Epidermiszellen hervorgehen.
Das Mesophyll besitzt an der oberen Seite eine ein- bis zwei-
reihige Palissadenschicht (D.=130 p.) aus sehr dünnwandigen re-
lativ breiten Zellen, an welche sich das aus locker angeordneten,
sternfOrmig verzweigten Zellen bestehende, zirka 225 p- breite
Flchwammparenchym unten anschließt. Oxalsaurer Kalk ist nicht
vorhanden.
Nach den geschilderten anatomischen Verhältnissen sind
demnach die Blätter von Daphne Mezereum und Laureola un-
schwer voneinander zu unterscheiden.

30. Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling.


Eine bei uns allgemein, besonders an Bächen, J1'lußufern,
Wegzäunen etc. vorkommende krautartige Pflanze aus der Familie
der Umbelliferen. Sie enthält in allen Teilen das flüchtige
Alkaloid Coniin, neben Conhydrin, Methylconiin und Pseudo-
conhydrin.
Vergiftungen kommen - abgesehen von den durch medizi-
nale Präparate bewirkten - hauptsächlich durch Verwechslung
8*

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116 Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling.

des Krautes und der Wurzel mit den entsprechenden Teilen ge-
nießbarer Umbelliferen vor (z. B. Pastinak, Petersilie etc.). Nach
Falck sind 17 Todesfälle durch Vergiftungen mit Conium oder
seinen Präparaten bekannt, wovon zwölf auf Genuß der Teile
von Schierling selbst entfallen.
Im alten Griechenland wurde Schierling bekanntlich als
Staatsgift benutzt.
Die in der älteren Literatur (Wibmer und G11lelin) ver-
zeichneten Fälle betreffen fast allgemein die oben erwähnte Ver-
wechslung mit Pastinak- und Selleriewurzel. Das Kraut ist als
Herba Conii in den meisten Kulturstaaten offizinell und wird als
Volksmittel äußerli{lh gegen Gelenksschmerzen, Rheuma etc. viel
benutzt.

Die Pflanze besitzt einen aufrechten, oft mannshohen, mit


Ausnahme der Knoten hohlen Stengel und eine fleischig-holzige,
zweijährige, spindelförmige Hauptwurzel
von gelblich-weißer Farbe mit ziemlich Fig.63.

starr abstehenden Nebenwurzein, von zirka


3 em Dicke im obersten Teile. Frisch
durchschnitten ist sie von rübenartigem
Geruche, mit Kalilauge befeuchtet nimmt
sie den eigentümlichen Geruch von :M:äuse-
harn an, was auch für die übrigen Teile
des Schierlings gilt.
Der Stengel ist gleich den Blättern
vollkommen kahl, stielrund , nur in den
oberen Teilen schwach gerippt, grün uud
am Grunde purpurrot gefleckt und bläulich
bereift. Die Blattstiele sind am Grunde
mit einer Scheide ausgestattet, an ihrer
oberen Seite gleich den Blattspindeln a Frucht von Pimpinella
rinnig vertieft, die Blätter bis mehrere Anisum L., b von Conium macu-
Dezimeter lang, zwei bis dreifach fieder- latumgrößert.
L., zirka fünfmal ve,r-
(A. E. Vagl.!
schnittig mit tief fiederspaltigen Ab-
schnitten, eingeschnitten gesägten Lappen und lanzettlichen, kurz
stachelspitzigen Zipfeln versehen.

Differ en ti al di agno s ti sch besonders gegenüber A e t h usa


Cynapium L. (Hundspetersilie) ist bemerkenswert, daß ein
Nervennetz in den Zipfeln nicht deutlich hervortritt.
Die Blätter sind kahl, oberseits trüb und etwas glänzend grün,
unterseits heller gefärbt, ziemlich schlaff.
Die Blüten stehen in gipfel- oder achselständigen zusammen-
gesetzten Dolden. Am Grunde der Dolde sitzt eine aus 2 bis Yielen
leicht abfallenden eirunden bis lanzettförmigen zurückgeschlagenen
Blättchen bestehende "Hülle". Das am Grunde der Döldchen sitzende
"Hüllehen" ist gewöhnlich halbiert (einseitig an der Spindel

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Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling. 117


sitzend) und besteht aus drei, selten mehr, am Grunde verwachsenen
Blättchen, welche kürzer als das Döldchen sind.
Der Kelchsaum ist undeutlich, wulstig, die fünf weißen
Blumenblätter verkehrt eiförmig - mit nach innen geschlagener
Spitze, 5 Staubgefäße; die zwei kurzen mit einer koptlgen
Narbe versehenen Griffel an ihrem Grunde zu einem sogenannten
Stempelpolster verdickt, dessen Reste auch an der Frucht zu
sehen sind.
Die Frucht ist, wie bci allen Umbelliferen, eine sogenannte
Spaltfrucht (Schizocarpium), die aus zwei an einem gemeinsamen

I II

Conium maculatum L.
Epidermis des Blattes I der Oberseite, 11 der Unterseite von der :FJäche. In I p di9
unter der Epidermis durchscheinende Palissadenschicht. - In 11 st Spa.ltöffnung, die
Cuticula wellig gefaltet. (A. E. Vogl.)

oben geteilten fadenförmigen Fruchtträger (Carpophol', Columella)


hängenden Teilfrüchten (Mericarpien) besteht (Fig. 63 b).
Die miteinander gewöhnlich am Rande noch verwachsenen
Meri carpien sind plankonvex und bilden zusammen eine an den
Seiten etwas zusammengedrückte Frucht von eirunder Gestalt
(LD. = 2-3 mm); an ihrem oberen Pole sind die Reste des
Stempelpolsters in Form zweier kleiner Knöpfchen zu sehen.
Die gewölbte Außenseite der beiden Mericarpien ist mit je
fiinf scharf vorspringenden gekerbten Rippen versehen, zwischen
welchen die sogenannten Tälchen verlaufen, die im Gegensatze zu

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118 Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling.

den hell bräunlich gefärbten Rippen mehr braungrün gefärbt und


fein längsrunzelig sind. Die Innenfläche der Mericarpien ist schwach
konkav, so daß in der Mitte der ganzen Spaltfrucht ein enger
Hohlraum entsteht 1 durch welchen der Carpophor frei hindurch-
zieht, um sich am oberen Pole der Mericarpien zu inserieren.
In den Tälchen finden sich keine Ölgänge (ölstriemen)
vor, wie sonst bei zahlreichen anderen gewürzhaften Umbelliferen-
früchten.
Der Querschnitt durch ein Mericarp ist fast regelmäßig
fünfseitig. Das weißliche Sameneiweiß zeigt an der Innenseite eine

:F'ig.65.

---------- fiv-

Blattquerschnitt von Conium maculatum L.


e Epidermis der Oberseite ohne Spaltöffnungen, el Epidermis der Unterseite mit Spalt-
öffnungen (st), p PaJissadenschicht, Iv Fibrovasalstrang (Gefäßbündel), s Schwamm-
parenchym. (A. E. Vogl.)

tiefe Längsfurche , so daß der Querschnitt durch dasselbe nieren-


förmig erscheint.
Anatomie des Blattes. Die Epidermis besteht beiderseits
aus buchtigen Tafelzellen, mit besonders unterseits deutlich wellig-
faltiger Cuticula (Fig. 64). Spaltöffnungen an der Unterseite reichlich,
oberseits nur an jener Stelle der Zipfel, welche den Enden der
hier ausstrahlenden Gefäße entspricht (A. v. Vogl).
In den Epidermiszellen finden sich an getrocknetem oder in
Alkohol präpariertem Materiale fast regelmäßig strahlige Büschel
und Bündel von gelben feinen Kristallnädelchen , die A. Meyer
für Hesperidin ansieht. Sie zeigen analoges Verhalten wie die
Kristallbüschel in Ptelea trifoliata und Aethusa Cynapium (Meycr)
und vielen anderen Umbelliferen sowie in Mentha piperita (Tschirch)
und anderen Labiaten.

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Uonium maculatum L., Der gefieckte Schierling. 119


Das Mesophyll zeigt oberseits eine einfache Palissadenschicht
und unterseits ein lockeres Schwammparenchym. Oxalsaurer Kalk
ist nicht nachweisbar (Fig.65). .
. Das Ooniin scheint nach. Tschirch hauptsächlich in der Epi-
dermIs der Blätter vorzukommen.
Nach diesem Autor sind zum mikrochemischen Nachweis
des Ooniins im Blatte folgende Reaktionen verwendbar: Vanadin-
schwefelsäure blaue Färbung des Zellinhaltes, Phosphormolybdän-
säure und Jodjodkali geben geringe Fällungen, ebenso KaI. wis-
mutjodid.
l!'ig.66.
I II

Conium maculatum L.
I Partie der Epidermis eines Blattzipfels mit zahlreichen Spaltöffnungen, Bandzähnen (z)
und durchscheinenden Gefäßen. - 11 Part,ie des Durchschnitts senkrecht zur Längs-
achse durch die Epidermis (ee) der Unterseite des Blattßs und die darunter folgende
Collenchymschicht (c) über .nnern Blattnerv. (A. E. Vogl)

In den Gefäßbündeln der Blätter findet sich im Phloemteile,


angrenzend an das subepidermale Oollenchym der Unterseite, je
ein Gummiharzgang mit gelbbräunlichem Inhalte, was übrigens bei
Umbelliferenblättern ziemlich gewöhnlich ist.
Oharakteristisch sind auch die pinselförmig auseinander stre-
benden Enden der Gefäßbündel in den Blattzipfeln im Flächen-
bilde. Die Spitze des Blattzipfels selbst wird durch ein collenchy-
matisches Gewebe gebildet (vgl. Fig. 66).
Anatomie des Stengels. Unter der Epidermis, deren Zellen
an den roten Flecken mit einem gelösten roten Farbstoff erfüllt
sind und in welcher sich dieselben Kristallausscheidungen wie in

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120 Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling.

den Blättern nachweisen lassen, folgt ein hypodermatisches Gewebe,


das nur an den 10 Rippen durch Collenchym ersetzt ist. In älteren
Stadien des Stengels bilden sich auch sekundäre Collenchymstränge
in den zwischen den Rippen gelegenen Furchen aus, wodurch se-
kundäre Rippen gebildet werden und der Querschnitt schließlich
mehr und mehr abgerundet erscheint.
Das Gewebe der Mittelrinde ist ein ziemlich großzelliges
dünnwandiges Parenchym mit Chlorophyll als Inhalt. Unter den
Collenchymsträngen, besonders denjenigen der primären Rippen,
liegen kleine langgestreckte schizogene Sekretgänge , ebenso wie
im Marke. Auf die Mittelrinde folgt der aus anfänglich 10 Gefäß-
bündeln gebildete Leitbündelzylinder, in welchem aber in späteren
Entwicklungsperioden sich sekundär zahlreiche Gefäßbündel ent-
wickeln, so daß schließlich ein geschlossener Holzring entsteht,
mit vorgelagerten, den einzelnen Gefäßbündeln entsprechenden
Phloemgruppen. Die primären und sekundären Gefäßbündel, denen
an der Peripherie immer der entsprechende Collenchymstrang ent-
spricht, sind bedeutend stärker entwickelt als die tertiären Bündel;
welche den Holzring schließen.
Eine sehr eingehende Darstellung der entwicklungsgeschichtlich sehr in-
teressanten anatomischen Verhältnisse von Conium findet sich in Tschirch-Oesterles
Anatomischem Atlas der Pharmakognosie und Nahrungsmittelkunde, Leipzig,
Tauchnitz, 1900, auf welchen ich hier besonders hinweisen möchte.
Der Holzkörper zeigt in den primären und sekundären Bündeln
zahlreiche Gefäße mit spiraliger, leiterförmiger oder netzartiger
Wandverdickung. In den tertiären Bündeln sind Gefäße spärlicher
und hauptsächlich derbwandiges Libriform vorhanden. Daneben
findet sich Holzparenchym, und zwar um die Gefäße herum. Die
Phloembündel zeigen ein kleinzelliges farbloses Parenchym mit
zahlreichen meist collabierten Siebröhren.
Nach innen vom Holzkörper folgt am Querschnitte das aus
regelmäßigen polyedrischen dünnwandigen Zellen bestehende Mark,
welches in der Mitte bald durch eine Markhöhle verloren geht.

Anatomie derlWurzel. Der Querschnitt der zirka 1/2cm


dicken Pfahlwurzel zeigt eine düune, farblose, leicht abblätternde
Rinde und einen breiten gelben, radial dicht gestreiften, zentralen
Holzkörper.
Die starke Verholzung der Wurzel und die geringe Dicke der Rinde sind
differentialdiagnostisch gegenüber den Wurzeln der eßbaren Umbelliferen,
Petersilie und Pastinak, wo diese Verhältnisse umgekehrt liegen, von
-Wichtigkeit.
Die Mittelrinde besteht aus einem farblosen, im allgemeinen
stark collabierten Parenchym, in dessen Peripherie undeutliche
Collenchymstränge sich befinden, entsprechend der Fortsetzung der
am Stengel nachweisbaren Rippen. Als Inhalt tritt in den Zellen
kleinkörnige komponierte Stärke (D.= 10~ 15 (1-) auf, besonders
in einer ganz nahe dem Periderm gelegenen Zellreihe.

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Conium maculatnm L., Der gefleckte Schierling. 121


Neben zahlreichen großen unregelmäßigen LUcken im Paren-
chym finden sich hier auch viele schizogene Sekretgänge , erfüllt
mit einem gelblichen glänzenden ölartigen Inhalte, der sich mit
Jodjodkali dunkelbraun färbt.
In der Innenrinde läßt sich eine deutliche Differenzierung
in schmale Markstrahlen und breite Baststrahlen nur in deren
inneren Partien konstatieren, während außen eine breite Außen-
schicht der Innenrinde sich vorlagert.
Die Baststrahlen bestehen aus zartwandigem, kleinzelligem,
farblosem Parenchym mit zahlreichen BUndein von Siebröhren,
die, zum großen Teile collabiert, Callusbildung zeigen.
Dazwischen liegen die durch ihren gelblich bis bräunlich ge-
färbten Inhalt auffallenden; ziemlich weitlumigen Sekretgänge.
An Längsschnitten erweisen sich dieselben häufig als verzweigte,
im Verlaufe oftmals gewundene Hohlgänge.
Oxalsaurer Kalk und Hartbastelemente (Bastfasern) sind
nicht vorhanden.
Der Holzkörper zeigt am Querschnitte außen schmale, gegen
das Zentrum breiter werdende Markstrahlen aus verholzten ge-
tüpfelten Zellen und dazwischen liegende Holzstrahlen , die aus
ziemlich dünnwandigem Holzparenchym und gruppenweise ange-
ordneten Gefäßen von demselben Charakter wie die des Stengels
gebildet werden. Auf Zusatz von Kalilauge färben sich Schnitte
durch die Wurzel in toto gelblichgrün und es treten in den
Parenchymzellen der Rinde massenhaft gelblichgrüne ölartige
Tropfen auf.
Das Endothel der Sekretgänge färbt sich mit Goldchlorid
im Inhalte schwarz, mit Jodjodkali entsteht eine dunkelbraune
Färbung und ein undeutlicher Niederschlag.
Differentialdiagnostisch kommt hauptsächlich die Wurzel der
Knlturform von Carum Petroselinum Benth. Hook. (Petersilie) in Betracht, da
mit dieser die Schierlingswnrzel besonders häufig verwechselt wurde.
Dieselbe ist gewöhnlich einfach und einköpfig, spindelförmig, selten ästig,
2-3 cm dick, an der Oberfläche gelblich oder bräunlichweiß mit ringförmigen
dunkler gefärbten Wülsten, im Innern weiß und fleischig, von angenehm aroma-
tischem, zugleich etwas süßlichem und scharfem Geschmacke und aromatischem
Geruche.
Querschnitt annähernd kreisrund begrenzt, sehr dünnes Periderm, weiße
breite Rinde, in ihrem inneren Teile fein radial gestreift, darin zahlreiche kleine
hellgelbe Punkte (Sekretgänge). Holzkörper zentral, sehr klein, radial gestreift.
Mikroskopisch ist gegenüber Conium besonders das Vorkommen von charakte-
ristischer Stärke im Parenchym der Mittel- und Innenrinde sowie des Holzkörpers
von Bedeutung.
Die Größe der Stärkekörner ist sehr verschieden (2-25 p.). Sie sind mehr-
fach komponiert, mit paukenförmigen bis polygonalen Teilkörne:rn, die Berührungs-
flächen meistens etwas verbogen. In der Mitte ein kleiner Kern oder eine spalten-
formige, gegen" die Ecken ziehende Kernspalte. Schichtung ist nicht nachweisbar.
Die Markstrahlen der Innenrinde beginnen am Querschnitte gewöhnlich
mit drei Zellen und verlaufen in auffallend gerader Linie unter allmählicher Ver-
breiterung durch die Innenrinde. DieNebenmarkstrahlen sind eine Zelle breit. In
den aus großzelligem Parenchym bestehenden Baststrahlen verlaufen Siebröhren-
stränge sowie schizogene Sekretgänge.

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122 Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling.

Neben Am vlllm finden sich in den Zellen der Rinde besonders in den
Markstrahlen und' dem die Sekretgänge begrenzenden Endothelium massenhaft
farblose Öltröpfchen, die sich mit l<'uchsinglyzerin lebhaft rot färben.
Der Holzkörper besteht aus breiten Markstrahlen und dazwischen liegen-
den Holzstrahlen aus dünnwandigem Holzparenchym und dazwischen am quer-
schnitte in radial gestreckten Gruppen eingelagerten Netzgefäßen (D.= zirka20p.).
Die primären Gefäße des Zentrums stehen dicht gedrängt und sind von
verholztem dünnwandigem Parenchym umgehen.

:Fig.67.

Querschnitt durch die Fruchtsamenwand und den äußeren '.reil des Endosperms an
einer Rippe von Conium maculatum L.
I. Epidermis, II. Th'littelschicbt ~ 111. Hartscbicht, IV. Coniinschicht, V. Samenhaut)
VI. Endosperm. Präparat mit Chloralhydrat behandelt. In VI. einzelne Kristallrosetten.
Yergr.l: 170.

Anatomie der Schierlingsfrüchte. Die Epidermis der


Ji'ruchtwand ist an getrockneten Früchten gewöhnlich stark
collabiert und besteht aus polygonalen dünnwandigen Zellen mit
farblosen 'Vänden, von welchen die Außenwand sich an Quer-
schnitten stark verdickt enveist (Fig. 67 u. 68).

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Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling. 123


Im Lumen finden sich die schon mehrfach erwähnten kleinen
gelben Kristallsphärite (Fig. 68). Die Cuticula ist streifig. Auch
die auf die Epidermis folgenden Zellschichten der Mittelschicht (Il)
sind in der Regel stark collabiert und an der reifen Frucht mit
bräunlichem formlosem Inhalte erfliIIt.
An den Rippen findet sich, eingelagert in dieses Parenchym,
je ein großes Gefaßbündel, das der Hauptmasse nach aus farb~
losen dickwandigen Bastfasern gebildet ist. Die spiralig verdickten
Gefaße sitzen an der Innenseite dieser Bündel in einer kleinen
Gruppe.
Fig.68.

;Epidermis der Frucht von Conium maculatum L. von der Fläche.


In den Zellen liegen Sphärokristalle. Vergr.l: 170.

Anschließend an diese sind die Zellen der Mittelschicht mit


einem gelben öligen Inhalte erfüllt, doch sind eigentliche Olstriemen
nicht entwickelt.
Dem Bastfaserstrang an seiner äußeren Peripherie vorgelagert
finden sich, nach Tschirch, kleine Sekretgänge, die jedoch an ge-
trocknetem Materiale gleich den zu Seiten des Bastfaserstranges
liegenden Siebröhrenbündeln nicht nachweisbar sind.
Besonders charakteristisch sind die zwei auf die parenchyma-
töse Mittelschicht folgenden Zellschichten (Elg. 67, IU und IV), mit
welchen nach Tschirch das Perikarp nach innen abschließt.
Die äußere Schicht davon, welche hier als "Hartschicht"
(Ill) bezeichnet werden soll, besteht aus am Querschnitte rechteckig
begrenzten Zellen mit stark verdickter Innenwand und ebenso

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124 Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling.

stark verdickten, jedoch nach außen schmäler werdenden (an zwei


zusammenstoßenden Zellwänden im ganzen kegelförmigen) Seiten-
wänden und einer ganz dünnen lamellen artig über das Lumen ge-
spannten Außenwand. Die verdickten Zellwände sind gelb gefärbt
und glänzend, mehr oder weniger deutlich geschichtet.
Im Flächenbilde sind die Zellen abgerundet rectangulär,
typisch reibenförmig hintereinander angeordnet, die Zellwände
zwischen zwei benachbarten Reihen im Verhältnisse zu den dünnen
Querwänden sehr auffallend dick i doch ist dies nicht regelmäßig
der Fall. 'üchirch bildet diese eigentümliche Verdicktmg nicht
ab. Ich konnte sie an meinem :l\1ateriale regelmäßig vorfinden
(Fig.69).
Fig.69.

Frucht von Conium maculatum L.


Hartschicht und darunter die Coniinschicht (Fig. 67 III, IV) von der Fläche nach
Behandlung des Präparates mit Chloralhydrat. Vergr. 1 : 345.

Unter dieser Hartschicht befindet sich die sogenannte Coniin-


schicht (IV), nach Tschirch die innere Epidermis des Perikarps,
deren Zellen am Querschnitte gleichmäßig verdickt und rectan-
gulär erscheinen. Die Zellwände sind gleichfalls gelb gefärbt.
Im Flächenbilde erscheinen die Zellen sechseckig und in derselben
Richtung gestreckt wie die Zellen der Hartschicht.
Der Inhalt beider Zellschichten ist in der äußeren eine mehr
körnige, in der inneren mehr ölige bräunlichgelbe Masse. Die letztere
Schicht wurde als der eigentliche Sitz des Coniins angesehen und
daher als Coniinschicht bezeichnet.
Nach Tschirch (Atlas) kommt jedoch das Coniin auch in den
übrigen Schichten der Fruchtwand, besonders in der Epidermis vor
und es wird dortselbst wahrscheinlich nur die Wirkung der Rea-
genzien durch andere stark reduzierende Körper beeinträchtigt und
modifiziert.

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Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling. 125


Nach dem genannten Autor sind folgende Reaktionen mikro-
chemisch zu erzielen: Vanadinschwefelsäure bewirkt an nicht ganz
reifen Früchten in der Hartschicht eine bläuliche Färbung, Jodjod-
kali und Kaliumwismutjodid einen rötlichbraunen Niederschlag,
l'ikrinsäure eine körnige Fällung, Osmiumsäure eine Bräunung.
Die Epidermis und die übrige Fruchtwand zeigen analoge
Reaktionen, insbesondere erzeugen in der Epidermis auch Kalium-
quecksilbmjodid und IJhosphormolybdänsäLue einen farblosen Nie-
derschlag.
In der Coniinschicht erzeugt konzentrierte Schwefelsäure
(Jelbfärlmng, Vanadinschwefelsäure eine starke fast blutrote Fär-
bung·, Phosphormolybdänsäure einen orangefärbigen, Jodjodkali
einen starken braunen Niederschlag, Kaliumquecksilbßl:jodid stark

Fig.70.

Frucht von Coniuro maculatum L.


Charakteristische Zellschicht aus der Samenbaut CFig. 67 V) von der 'Fläche. Die
Zellwände besitzen auffallende knotige Verdickungen. Vergr.l: GfJO.

bräunliche Fällung, Eisenchlorid einen körnig bräunlichen, Kalium-


bichromat einen gelbbraunen, 4% Chromsäure einen körnig rot-
braunen, Kaliumwismutjodid und Jodsäure einen sehr starken l'ötlich-
braunen Niederschlag. Auf Osmiumsäure tritt sofort schwarze
Färbung ein.
Die auf die Coniinschicht folgende Samenhaut besteht aus
wenigen collabierten, nur an dcr Einbuchtung dcr Innenseite des
Samens deutlicher entwickelten Zellschichten. Dort vcrläuft auch
das Gefäßbündel der Raphe. Charakteristisch ist cine einzige Zell-
schicht CV) dcr Samenhaut, die am Querschnitte aus einer Reihe
von quadratisch begrenzten Zellen mit gelbglänzender ,Vand be-
steht; im Flächenbilde sind die Zellcn schwach buchtig polygona1
mit dünnen ·Wänden und charakteristischen knotenförmigcn Leisten
an denselben ausgestattet. Eincn besonderen Inhalt zeigen die
Zellen nicht (Fig. 70).

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126 Conium maculatum L., Der gefleckte Schierling.

:i\fan bringt die für die Erkennung der Schierlings früchte sehr
wichtigen vier charakteristischen Schichten, Epidermis, Hartschicht,
Coniinschicht und Samenhaut am besten zur Ansicht, indem man
durch einen parallel zur Fruchtoberfläche geführten Schnitt die
ganze Fruchtsamenhaut abpräpariert und in Chloralhydrat aufhellt.
Zur Untersuchung der äußeren Schichten legt man einen Schnitt
mit der Epidermisseite nach oben, für die Beobachtung der inneren
f:lchichten verkehrt auf den Objektträger.
Der Eiweißkörper besteht aus derbwandigen schwach ge-
rundet polygonalen Zellen mit farbloser Zellwand. Im Inhalte finden
sich neben öl zahlreiche Aleuronkörner von verschiedener Größe,
die meisten von zirka 5 fL im Durchmesser, doch kommen auch viel
kleinere uud manche Körner von bis 10 l'-- Durchmesser vor.
Neben Globoiden enthalten sie regelmäßig kleine Kristall-
rosetten aus oxalsaurem Kalk, die in der .Mitte hohl sind. Nach
Behandlung von Schnitten mit Chloralhydrat, wodurch das Aleu-
ron verschwindet, treten sie sehr deutlich hervor und bieten in
den Zellen durch ihr massenhaftes Auftreten ein sehr charakte-
ristisches Bild.
In Fig.67 sind im Eudosperm nur einige dieser KrystaJlrosetten gezeichnet.

Differentialdiagnostisch sind die Früchte des Schierlings'


hauptsächlich von den gewöhnlichen Anisfrüchten (Pimpinella
Anisum L.) zu unterscheiden, mit welchen sie manchmal ver-
wechselt werden (vgl. Fig. 63, 'pag. 116).
Diese sind, wenn, wie gewöhnlich, die beiden Merikarpien
noch aneinander haften, von verkehrt birnförmiger bis konischer
Gestalt, zirka 4 mm lang, mit abgerundeter breiter Basis und einem
kleinen Stempelpolster am oberen schmalen Pole. Im Umkreise der
ganzen Frucht finden sich 10 Rippen von grünlicher etwas hellerer
Farbe als die dazwischen liegenden breiten Tälchen. Die ganze
Frucht ist kurz und rauh behaart. Ölstriemen treten äußer-
lich nicht hervor, sind aber an Querschnitten in großer Anzahl
in ununterbrochener Reihenfolge sowohl in den 1'älchen als unter
den Rippen aufzufinden. Der Geschmack ist süßlich, der Geruch
bekanntlich aromatisch .
.Mikroskopisch sind besonders die Haare der Epidermis
charakteristisch. Sie sind stellenweise nur papillös, gewöhnlich aber
als deutliche, gerade oder schwach gekrümmte, derbwaridige, ein-
zellige Haare mit feinwarziger Oberfläche entwickelt. Im Paren-
chym der Mittelschicht finden sich die am Querschnitte elliptisch
begrenzten Ölstriemen (ölgänge) vor.
Das Endosperm besitzt ähnlichen Charakter wie da~jenige
von Conium, auch die Aleuronkörner enthalten kleine Kristall-
rosetten von oxalsaurem Kalk, darunter auch kleine Einzel-
kristalle.
Das Pulver der genannten zwei Früchte ist demgemäß leicht
zu unterscheiden.

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Cieuta virosa L., Wasserschierling. 127


Für Conium sinu charakteristisch: die auffallenden Flächen-
bilder der Hartschicht, Coniinschicht und inneren Samenhaut, eventuell
aLlCh die Epidermis mit ihren, oft ohne vorherige Präparation, meist
aber erst auf Alkoholbehandlung auftretenden Hesperidinsphäl'iten
oder Kristallbüschcln, für Anisum: besonders die zahlreichen Haare
und die Fragmente der strangförmigen, von braun gefärbten Zellen
ausgekleideten Ölstriemen , ii.ber welchen die darauf liegenden
Parenchymzellen quergestreckt zur Richtung der ölstriemen als
sogenannte Querzellenschicht verlaufen.
Beiden gemeinsam ist der Charakter des Endosperms und
des Aleurons mit den Kalkoxalatkristallen , wobei· höchsiens als
Unterschied hervortritt, daß bei Anismn auch Einzelkristalle vor-
kOlmnen können.
Die Frii.chte der ebenfalls als Gewiirze viel verwendeten
l~mhelliferen, Carum Carvi L., Kümmel, Foeniculum vulgarc
Gaerin., Fenchel, und Coriandrum sa ti vum L., Koriander, können
makroskopisch wohl nicht mit Schierlingsfritchten verwechselt
werden.
Sie sind zudem alle durch den Besitz von großen Ölstriemen
ausgezeichnet. Die giftigen Früchte von Cicuta virosa s. u.
Die Erkennung der embelliferenfritchte im Darminhalte ist,
sofern sie in toto genossen werden (z. B. als Brotgewiirz), leicht,
da sie gewöhnlich sehr gut im Darmkanal erhalten bleiben.

31. Cieuta virosa J,., Wasserschierling.


Eine an 'reichen, Wassergräben, Fliissen etc. in verschiedenen
Gegenden Nordeuropas häufig vorkommende Umbellifere.
Das giftige Prinzip ist ein harz artiger Körper, das Cieutoxin
(Böhm). Daneben findet sich ein wenig bekanntes Alkaloid,
Cicutin (Polex) und ein ätherisches Öl, das Cicuten.
Nach Kobert sind Vergiftuugen durch Cicuta häufig, so
fielen z. B. im .Jahre 1890 zwei und 1892 fünf tödliche Vergiftungen
vor. Nach der Statistik von A. Falck wurden bis 1880 31 Fälle
von Vergiftungen mit 45% :Mortalität veröffentlicht.
Hauptsächlich ist merkwii.rdigerweise der ·Wurzelstock der
Pflanze die Ursache von Vergiftungen, obwohl er keiner der ge-
nießharen Umbelliferenwurzel ähnlich sieht und einen unangenehmen
Geruch und Geschmack besitzt.
Es fällt ii.brigens ~- besonders in der älteren Literatur -
auf, daß Cicuta virosa häufig in den Berichten über ihre Heil-
oder Giftwirkung mit Conium maculatum verwechselt wird, woran
wohl der ähnliche deutsche Name Schuld ist, denn die Pflanzen
selbst sind nicht gut zu verwechseln. .Man kann daher wohl einen
Teil der älteren angeblichen Vergiftungen durch Cicuta Coniurn
zurechnen, welche Pflanze schon wegen ihres häufigeren Vorkommens
gewiß weitaus gefährlicher ist.
Cicuta virosa besitzt einen großen breit spindeIförmigen bis
zylindrischen Wurzelstock von 4-6 em Dicke, der innen hohl und

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128 Cicuta virosa L., Wasserschierling.

durch dünne Querwände in zahlreiche übereinander stehende


Fächer geteilt ist, in welchen sich eine übelriechende orange-
braune :Masse - das Sekret der :Milchsaftgänge - ansammelt.
Außen ist der Wurzelstock geringelt. Beim Durchschneiden oder
Abbrechen des frischen Wurzelstocks quillt ein gelbbrauner :Milch-
saft heraus.
Der unten rötlich gefärbte Stengel ist stielrund, innen hohl,
außen kahl gleich der ganzen Pflanze. Die Blätter sind langgestielt
(der Blattstiel unten scheidig), zwei- bis dreifach fiederschnittig,
die Zipfel tief und scharf gesägt, lineal lanzettlich und spitzig
(Petroselinum hat eiförmige fiederspaltige oder nur gesägte Ab-
schnitte, Apium graveolens L. [Sellerie] breit eiförmige, an ihrem
Grunde rasch zusammengezogeneEndzipfel). Ihre Farbe ist grasgrün.
Die Blüten stehen in zusammengesetzten Dolden, die Hülle
fehlt oder ist ein- bis zweiblättrig , das Hüllchen vierblätirig aus
pfriemlichen zurückgeschlagenen Blättern bestehend. Die Blüten
sind männlich und zwitterig, besitzen einen deutlichen fünfzähnigen
Kelch und eine aus fiinf weißen Blumenblättern bestehende Krone.
Die Zipfel der Blumenblätter sind zurückgeschlagen.
Die Früchte sind eiförmig, von den Seiten her etwas zu-
sammengedruckt, 2 mrn lang; oben sitzt ein doppeltes Stempel-
polster mit zwei fühlerartig auseinander gebogenen fadenförmigen
Griffelresten.
Die beiden an einem geteilten Carpophor sitzenden, gewöhn-
lich gut zusammenhängenden Teilfrüchte besitzen eine fast halb-
kugelig gewölbte Rückenseite und eine ebene Kommissuralfläche
(Berührungsfläche).
An der Rückenfläche springen fünf breite abgerundete Rippen
von gelblicher Farbe hervor, mit vier zwischen ihnen liegenden
schmalen Tälchen von bräunlicher Farbe. Die an der Kommissur
liegenden Rippen sind stärker als die übrigen.
Die Kommissuralfläche ist gelb, in der :Mitte mit einem,
durch eine feine weiße Linie halbierten, braunen Längsstreifen.
An Querschnitten durch die Frucht sind die beiden :Meri-
carpien von plankonvexem Umrisse, die halbkugelig begrenzten
Rippen von weißer Farbe, die Tälchen durch je eine große ÖI-
strieme braun gefärbt. Die grünen Teile der Pflanze (Blätter,
Stengel, Früchte etc.) besitzen einen eigentümlichen, nicht ange-
nehm aromatischen Geruch. Auf Zusatz von Kalilauge tritt der
für Conium so charakteristische Geruch nach :Mäuseharn nich tauf.

Anatomie der Blätter. Die hohle Blattspindel besitzt an


der Oberseite eine scharf beschriebene tiefe Furche, so daß ihr
Querschnitt breit herzförmig geformt erscheint.
Die Blattnerven sind von Sekretgängen begleitet. Die mikro-
skopische Struktur zeigt nicht viel Typisches und es sind daher
die Blätter von jenen von Conium mikroskopisch schwer zu unter-
scheiden.

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Cicnta virosa L., Wasserschierling. 129


Die Epidermis besteht beiderseits aus wellig buchtigen
Tafelzellen und ist unterseits von einer streifigen Cuticula bedeckt.
Spaltöffnungen sind oberseits nur spärlich, unterseits reichlich.
Das Mesophyll ist wie bei Conium bifacial gebaut mit
einer einfachen Palissadenschicht an der Oberseite. Oxals~urer
Kalk fehlt.
Gegenüber den Blättern von Conium wäre, frisches Material
vorausgesetzt, auf die makroskopischen Unterschiede der Blätter
Gewicht zu legen, indem die Endzipfel von Conium breiter und
nicht so scharf gesägt sind, und auf das mikrochemische Ver-
halten bei Conium (Auftreten von Sphäriten oder, Kristallnadeln
in der Epidermis auf Behandlung mit Alkohol und die Coniin-
reaktionen).
Fig.71.

Querschnitt der Fruchtwand von Cicuta virosa L. an einer Rippe.


In der Mitte das Füllgewebe , links und rechts im Anschlusse daran je ein kleines
Bündel starkverdickter Bastfasern. An der Innenseite undeutlich eine kleine Gruppe
von Spiralgefäßen. Die elliptischen großen Hohlräume zu beiden Seiten der Rippe
entsprechen dem Querschnitte der ölstriemen, an deren Wand sich das eingetrocknete
Sekret anlagert. Vergr. 1 : 85

Ein Nervennetz in den Zipfeln ist recht deutlich im Gegen-


satz zu Conium sichtbar und entsteht durch Anastomosen zwischen
dem Haupt- und den Randnerven.
Der Wurzelstock, von dessen Masse nur ein relativ
schmaler Randsaum erhalten ist, besitzt unter dem dünnen Peri-
derm ein Rindenparenchym aus dünnwandigen großen Zellen,
die in einer orangebräunlichen Inhaltsrnasse kleinkörnige zusammen-
gesetzte Stärke in großer Menge enthalten.
Das Parenchym ist unterbrochen durch kollossal weite,
vielfach verschmolzene Sekretgänge, die ein eingetrocknetes
harziges Sekret von orangebrauner Farbe enthalten. Der Durch-
messer dieser schizolysigenen Sekretgänge beträgt gewöhnlich weit
lIber 200 [1.. Sie sind auch makroskopisch als gelbe Punkte und
Flecken sichtbar.
Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen ete. 9

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130 Clcnta virosa L., Wasserschierling.

An diesen auffallenden Harzgängen sind selbst kleine Frag-


mente des Wurzelstockes mikroskopisch und mit freiem Auge
leicht erkennbar und von anderen Umbelliferenwurzeln oder
Wurzelstöcken, bei welchen die Sekretgänge in der Regel nur
sehr enge sind, zu uriterscheiden (z. B. Conium, Petroselinum etc.).
Ähnliche große Sekretgänge besitzt Radix Imperatoriae. .
Die Früchte besitzen eine stark collabierte Epidermis
aus polygonalen farblosen Tafelzellen mit streifiger Ctlticula. Unter
der Epidermis liegt eine hypodermatische Zellschicht aus
sehr zartwandigen, axial gestreckten, in der Fläche wellig buch-
tigen Zellen, hierauf eine Mit tel s ch ich t aus ziemlich derbwandigem
farblosem Parenchym, dessen Zellen am Querschnitte tangential
gestreckt sind (Fig.71 und 72).
Die Rippen werden von einem derbwandigen parenchymati-
schenFüllgewebe aus polygonalen nahe-
Fig.72.
zu isodiametrischen Zellen gebildet. Das
Gefäßbündel der Rippe sitzt an der Innen-
seite dieses Füllgewebsstranges und be-
steht vornehmlich aus einigen zarten
Spiralgefäßen. Zu beiden Seiten des
Füllgewebes lehnen sich kleine Bündel
derbwandiger verholzter Fasern an.
In den Tälchen verlaufen, ent-
sprechend der Richtung der Längsachse,
breite, am Querschnitte quer elliptische
ölstriemen , deren Wand von braun
tingierten, nur an Längsschnitten deut-
lich differenzierbaren Zellen ausge-
kleidet ist.
Jedem Tälchen entspricht eine
Ölstrieme, oder es finden sich auch durch' Längsschnitt durch eine ölstrieme
und die angrenzenden Gewebs-
Verzweigung zwei vor. An der Kommis- partien von Cicuta virosa L.
Links das Endosperm, in der J\oIitte
suralfläche liegen in jedem Merikarp die mit dunkel gezeichnetem In-
zwei solcher Sekretgänge. Das Sekret halt~ erfüllte ölstrieme, rechts
anhängendes Gewebe der :l\fittel-
ist orangebraun gefärbt und erfüllt als schicht. Vergr. 1 : 85.
eingetrocknete harzähnliche Masse ent-
weder das Lumen vollständig oder hängt der Wand in breiter
Schicht an.
Nach innen von dem Füllgewebe der Rippen und den ÖI-
striemen folgen mehrere Schichten von am Querschnitte stark
collabierten , tangential gestreckten dünnwandigen Zellen ohne
deutlichen Inhalt.
Im Flächenbilde (Tangentialschnitt) erweisen sie sich als ge-
streckt polygonal, mit dem größten Durchmesser quer auf die Rich-
tung der Längsachse der Frucht verlaufend (Querzellenschicht).
Die nun folgende Samenhaut ist an Längs- und Quer-
schnitten nur als eine feine anscheinend strukturlose Membran
von gelbbräunlicher Farbe sichtbar.

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Stl'ychnossamen. 131
Der Eiweißkörpe'r (Nährgewebe) hat den gewöhnlichen
typischen Bau und ist mit kleinen Aleuronkörnern erfüllt, welche
Drusen und Rosetten von oxalsaurem Kalk enthalten, die beson-
ders auf Zusatz von Chloral deutlich werden.
Das Pul ver ist charakterisiert durch das massenhafte
Aleuron, die ganz kleinen Drusen und Rosetten desselben, die
zahlreichen Fragmente der weiten orangebraun gefärbten Öl-
striemen, über welchen noch häufig die Schicht der Querzellen
liegt und das Füllgewebe der Rippen mit seinen nicht axialge-
streckten, sondern derbwandigen, an Längspartikeln deutlich radial
gestreckten Elementen.
Mikrochemisch lassen sich - wenigstens an getrocknetem
Materiale, mit den gewöhnlichen Alkaloidreagentien keine deutlichen
Reaktionen erzielen.
Das Cicutoxin ist jedenfalls ein Bestandteil des harz artigen
Sekretes, welches durch seine intensive orangebraune Färbung an
und für sich genügend charakterisiert ist.
Differen tialdiagno stisch können die Wasserschierlings-
früchte insbesondere leicht von den Schierlingsfrüchten unterschieden
werden, da sie (s. d.) sowohl makroskopisch als mikroskopisch
von ihnen total abweichen. Ebenso ist der Unterschied gegenüber
genießbaren Umbelliferenfrüchten , wie sie bei Conium erwähnt
wurden, makroskopisch leicht durchführbar.
Pulverisierte oder fragmentierte Teile der letzteren sind haupt-
sächlich, abgesehen von den für sie charakteristischen Gewebs-
elementen, deren Besprechung in das Gebiet der Bromatologie gehört,
dadurch von Cicuta unterschieden, als sie (Fenchel, Kümmel
und Koriander) nicht das charakteristische Füllgewebe der Rippen
besitzen, sondern deutliche Bastfaserstränge enthalten.
(Eine differentialdiagnostische Besprechung der coniumähn-
lichen Umbelliferen lieferte Dr. G. Modrakowsky, Zeitsehr. d. östen·.
Apotheker-Vereines, 1903, pag. 1215 ff.)

32. Strychnossamen. (Pharm. AustI'. Semen Strychni.) Krä-


henaugen, Brechnüsse.
Die getrockneten Samen des in Ostindien wildwachsenden
Baumes Strychnos Nux vomica L., aus der Familie der
Loganiaceae. '
Diese enorm giftigen Samen enthalten bekanntlich die zwei
Tetanus erzeugenden Alkaloide Strychnin und Brucin, die
übrigens in den Samen von Strychnos Ignatii L., den soge-
nannten Ignatiusbohnen, gleichfalls vorkommen.
Ebenso enthält die Rinde von Strychnos nux vomica L.
Strychnin und hat durch Verwechslung mit der ehemals als Heil-
mittel hochgeschätzten Angosturarinde (Galipea officinalis
Hanc., Familie der Rutaceae) Anlaß zu einer größeren Zahl'
von Vergiftungen im Anfange des 19. Jahrhunderts gegeben.
9*

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132 Strychnossamen.

Kasuistisch ist es übrigens bemerkenswert, daß noch im Jahre 1875 nach


, vieljähriger Pause ein sporadischer Fall von Vergiftung durch diese Rinde vor-
fiel, indem die falsche Angosturarinde an Stelle von Granatrinde irrtümlich in
einer Apotheke dispensiert wurde.
Strychnin findet sich auch in der Wmzel von Strychnos
colubrina L" dem sogenannten Schlangenholz , und in der
Wmzelrinde von Strychnos Tieute Lesch' l die in ihrer tro-
pischen Heimat zm Herstellung von Pfeilgiften verwendet wird.
Durch die uns in erster Linie interessierenden Samen von
Strychnos nux vomica L. sind häufig schwere und letale Ver-
giftungen vorgekommen 1 zum Teile Selbstmorde 1 zum Teile zu-
fällige Vergiftungen dmch Genuß der gepulverten Samen, die von
Jägern zm Vertilgung von Raubtieren verwendet werden. In
neuerer Zeit sind die Vergiftungen durch Präparate der Samen,
speziell Strychnin 1 homöopathische Mittel u. ähnl. häufiger.
Auch viele Rattengifte enthalten Strychnin oder das Pulver der
Bamen.

Die Samen entstammen einer apfelartigen , außen gelb ge-


färbten Beerenfrucht mit bitter schmeckendem grünlichem
Fruchtfleische.
Sie sind kreisrund scheibenf6rmig von wechselndem Durch-
messer CD. = gewöhnlich 2-2'5 cm) 1 der Rand etwas wulstig
mit einer feinen Leiste versehen. Die beiden breiten Flächen
gewölbt oder eben 1 selbst die eine Seite manchmal schwach
konkav, öft~rs etwas verbogen, die Oberfläche dicht grauhaarig
seidenglänzend.
In der Mitte der Bauchfläche sitzt ein kleiner warziger Vor-
sprung (Hagelfleck oder Chalazza), von dem eine oft kaum be-
merkbare feine Leiste (Nabelleiste) in gerader Linie zum Rande
zieht, wo sich der Nabel befindet. Dieser Stelle entspricht ein
kleiner Vorsprung der Randleiste.
Spaltet man einen Samen parallel zu den breiten Flächen,
so erblickt man den mächtigen hornartigen grauweiß gefärbten
Eiweißkörper, in dessen Mitte sich ein linsenf6rmiger Hohlraum
befindet, der auch an Querschnitten durch den Samen regelmäßig
zu finden ist. Der Eiweißkörper (Endosperm) besteht also aus zwei
schalen artigen Teilen, die nur am Rande fest zusammenhängen.
Am Nabel sitzt der zirka 6 mm lange Keim, der mit seinem
Hauptteil im Spalte liegt. Er besteht aus einem dem Nabel zuge-
kehrten zylindrischen, am Ende etwas dickeren geraden Würzel-
chen und zwei (in der Flächen ansicht sich deckenden) Keimblättern
(Cotyledonen) von spitzherzf6rmiger Gestalt mit fächerartig aus-
einanderstrebenden feinen Nerven. Der Geschmack der Samen
ist intensiv bitter.

Anatomie. Die Epidermis der Samenschale besteht aus


ungemein charakteristischen haarförmigen Zellen (Fig. 73).

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Fig.73.
I II

Samen von Strychnos nux vomica L.


I. Partie eines Durchschnittes durch die Epidermis der Samenhülla. mit ihren haariör·
migen }('ortsätzen h, durch die da.runter gelegene inner,e Samenhaut (Nährachicht) aus zu·
ßammengefaJlenen Zellen und durch den äußeren 'ran des Endosperms ed. a äußerste Ge·
websschicht des letzteren. - n Elemente des Samenpulvers. a Stück der inneren Samenhaut
und ed des Endospermgewebe. ; h Fragmente der haarförmigen Fortsätze (LeiBten) der Samen-
hülle. -- lIr Flächenansicht der Zellen e in Fig. I. (A. E. Vog!.1

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134 Strychnossamen.

Die Basis derselben ist steinzellenartig stark verdickt mit


ziemlich weiten Porenkanälen in den Wänden. Im Flächenbilde
(Tangentialschnitt) sind die Basalteile der Zellen schwach buchtig
polygonal begrenzt, am Querschnitte rektangulär, radial gestreckt.
An die Basis setzt sich ein Haarschaft annähernd in einem
Winkel von 45° an, der besonders dadurch charakterisiert· ist,
daß in der dünnen Primärmembran schmale lange Leisten parallel
zur Achse der Zelle eingelagert sind, welche untereinander häufig
verbunden sind.
Die Enden dieser -von Tschirch als echte Samenschalenhaare
bezeichneten haarf6rmigen Zellen sind stumpf. Die Leisten fallen
ans den Zellen leicht heraus und bilden das wichtigste Merkmal
des Pulvers (s. d.). .
Auf die Epidermis folgt eine sehr collabierte, nicht mehr
differenzierbare, braun gefärbte Membran (Nährschicht nach Tschirch) ,
an welche sich das Gewebe des Endosperms anschließt. Es
besteht aus dickwandigen, polygonalen Zellen, mit weißen, in wässe-
rigen Reagentien stark aufquellenden geschichteten Zellwänden.
Diese scheinbar homogenen Zellwände zeigen nach entspre-
chender Präparation eine selten zu beobachtende Erscheinung, indem
sie durch zahllose feine Porenkanäle durchbrochen sind, durch welche
die einzelnen Zellen miteinander in offener Verbindung stehen.
Bekanntlich reichen gewöhnlich die Porenkanäle, bzw. Tüpfel der Zellen
bloß bis zur Primärmembran, durch welche die offene Kommunikation benach-
barter Zellen unterbrochen ist.
Zur Darstellung dieses anatomischen Verhaltens läßt man
nach der Vorschrift von A. Tschirch zu den in Alkohol gehärteten
und in Alkohol liegenden Schnitten Jodjodkali zufließen und
wäscht mit Wasser aus.
Hierbei farbt sich das die Kanälchen erfüllende Plasma
braun und diese treten deutlich hervor.
Der Inhalt der Endospermzellen ist eine hauptsächlich aus
sehr unregelmäßigen, großen Aleuronkörpern gebildete plasmatische
Masse, aus welcher nach Behandlung mit Wasser etc. zahlreiche
farblose Öltropfen austreten. In der Aleuronmasse finden sich mehr
oder weniger reichlich rundliche kleine Globoide.
Mikrochemie, 1. der anatomischen Elemente:
Mit Chlorzinkjod farben sich die Leisten der Haare blau,
die primäre Membran gelb. Auch die Zellwände des Endosperms
zeigen diese Reaktion, während sich der Inhalt gelb farbt, doch
ist vorher der Schnitt mit Kalilauge zu behandeln, worauf man
diese mit Essigsäure neutralisiert.
Ebenso erhält man durch Jod- und Schwefelsäure eine Blan-
farbung der Zellwände des Endosperms, aber es tritt diese Reaktion
in den inneren Schichten nicht immer ein, was, wie Tschirch her-
vorhebt, ein Beweis hierfür ist, daß die mittleren und inneren
Schichten aus Celluloseschleim oder echtem Schleim bestehen,
während die äußeren echte Cellulose enthalten.

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Strychn~ssamen. 1ß5
2. der Inhaltsstoffe: Osmiumsäure färbt den Zellinhalt
schwarz, Alkanna rot (Fett).
Bezüglich des Alkaloidnachweises (Strychnin und Brucin)
sind besonders die Untersuchungen von H. Barth hervorzuheben
die im folgenden berücksichtigt sind. '
Niederschläge in den Zellen des Endosperms erhält man
durch Kaliumquecksilberjodid (grau, kristallinisch, auf Zusatz von
Schwefelwasserstoff schwarz), Phosphorwolframsäure und Phosphor-
molyhdänsäure (grauweiß, später bläulich), Pikrinsäure (Aufleuchten
im polarisierten Lichte), Platincblorid (gelblicbweiß, kristallinisch),
Kaliumplatincyanid und Goldchlorid (nach längerer' Zeit Kristalle),
Quecksilberchlorid (Kristalle), Ferrocyankalium und Salzsäure
(sofort kristallinischer Niederschlag), ebenso Kaliumbicbromat.
Wäscht man aus mit Kaliumbichromat behandelten Schnitten nach
H. Barth das überschüssige Reagens rasch mit Wasser aus und
läßt hierauf rasch conzentrierte Schwefelsäure zufließen, so färbt
sich der Inhalt de~. Endospermzellen für einen Moment rot.
Tschirch und Osterle (Atlas pag. 153) legen einen entfetteten
Schnitt in Schwefelsäure und streuen einige Körnchen sehr fein
gepulverten Kaliumpyrochromats auf denselben, wodurch sich um
jedes Körncben ein violettroter Hof bildet. Doch ist diese Reaktion.
wie die genannten Autoren hervorheben, sehr unbeständig. '
Weiters lassen sich Niederschläge erzielen mit Bromwasser,
Natronlauge und Natriumkarbonat (tafelförmige Kristalle).
Farbenreaktionen ergeben: Kalilauge (v. Vogl) eine gutti-
gelbe Färbung des Zellinhaltes im Endosperm, conzentrierte Salpeter-
säure Orangefarbung, vanadinschwefelsäure violett, Schwefelsäure
allein nach einiger Zeit rot.
Das Pulver der Brechnuß ist charakterisiert durch die
massenhaften, aus den Zellen herausgefallenen, zerbrochenen Ver-
dickungsleisten der Epidermis, die öfters noch zusammenhängen-
den, stark verdickten Basalteile dieser Zellen, das eigentüm-
liche hyaline, in Wasser etc. stark quellende dickwandige Endo-
spenn und die mikrochemischen Reaktionen.
Präparation. Zur Anfertigung von Schnitten erweicht man
die Samen längere Zeit in Wasser und legt sie dann in Alkohol.
Die Schnitte selbst untersucht man in Glyzerin. Wässerige Rea-
gentien (Chloral, Kalilauge) bewirken starke Quellung des Endo-
sperms, doch wird die Epidermis gut aufgehellt. Zur Untersuchung
des Zellinhaltes der Endospermzellen schneidet man die trocke-
nen Samen und beobachtet die Schnitte in Öl. Ebenso ist es für
die Ausführung mikrochemischer Reaktionen angezeigt, die Schnitte
aus trockenem Materiale anzufertigen und nur eventuell das Fett
durch Digestion mit Petrol äther zu entfemeu.
Die Rinde von Strychnos nux vomica, deren Substi-
tution für die Angosturarinde eingangs erwähnt wurde, dürfte
gegenwärtig wohl ihre toxikologische Bedeutung insoferile verloren

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136 Nerium Oleander L., Oleandcrbaum.

haben, als in neuerer Zeit seit dem erwähnten sporadischen Vc1'-


giftungsfalle, der anscheinend auf Verwendung eines sehr alten
Materiales zutückzuführen ist, keine Vergiftungen durch Angostura-
präparate mehr vorgekommen sind, obwohl der sogenannte "An-
gosturabitter", ein aus dieser Rinde hergestellter Likör, sehr viel
fabriziert und genossen wird. Ich gehe daher auf die differential-
diagnostischen Merkmale der echten und der falschen Angostura-
rinde nur ganz kurz ein.
Die zu den Rutaceen gehörige echte Angosturarinde
(Galipea officinalis Hanc.) zeigt mikroskopisch unter dem breiten
geschichteten Periderm eine parenchymatische Mittelrinde, in wel-
cher . sich Sekretzellen mit gelblichem Inhalte und zahlreiche
Zellen mit feinen Raphidenbündeln vorfinden. Seltener sind lysi-
gene Sekrethöhlen.
Die Innenrinde besteht aus am Querschnitte gewöhnlich
zwei Zellen breiten Markstrahlen und dazwischen liegenden Bast-
strahlen, die hauptsächlich aus radial abwechselnden Schichten
von Bastparenchym und Siebröhrengruppen sich zusammensetzen,
in vielen Rinden aber auch, besonders in den äußeren Partien,
gToße Bündel von Bastfasern enthalten. Eine Reihe von primären
Bastfaserbündeln findet sich regelmäßig an der Grenze der Mittel-
und Innenrinde vor.
Im Bastparenchym zahlreiche Ölzellen und Raphiden-
bündel, sowie spießförmige Einzelkristalle von 90 tJ· Länge und
darüber.
Die Zellen des Rindenparenchyms enthalten kleinkörnige
Stärke. Eisenchlorid färbt die Schnitte prächtig rosenrot,
beim Erwärmen braun.*)
Die Strychnosrinde zeigt mikroskopisch zwischen Mittel-
rinde und Innenrinde einen schon mit freiem Auge als feine gelb-
lichweiße Wellenlinie sichtbareu Steinzellenring. Die Mark-
strahlen der Innenrinde sind 3-5 Zellen breit und außen zu einer
breiten Außen schicht erweitert. Die Baststrahlen bestehen nur aus
Bastparenchym und Gruppen von Siebröhren.
Auch in der Innenrinde finden sich Steinzellengruppen yor.
In den Parenchymzellen liegt kleinkörnige Stärke neben einem
formlosen Inhalt, der sich wie der Inhalt der Endospermzellen der
Samen mit Kalilauge gelb färbt. Außerdem kommen zahlreiche
Einzelkristalle von oxalsaurem Kalk vor.
N ach diesen absolut verschiedenen anatomischen Verhältnissen
sind beide Rinden sehr leicht voneinander zu unterschpideu.

33. Nerimn Oleander L., Oleanderbaum.


Die Blätter dieses bei uns allgemein in Töpfen (Kaffeehaus-
gärten etc.) gezogenen kleinen Baumes aus der Familie der Apo-

*) Vgl. W. Mitlacher, Vergleichende Anatomie einiger Rutaceen·Rinden.


Zeitschrift des österr. Apotheker·Vereins, 1901, Nr. 11 ff. (mit Abbildung der Rinde) ..

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Nerium Oleander L., Oleanderbauill. 137


cynaceen enthalten nach Schmiedeberg das dem Digitalein minde-
stens sehr ähnliche N eriin und das Oleandrin, Glykoside,
welche als Herzgifte wirken. Aus tunesischem Materiale konnte
Schmiedeberg außerdem das dem Digitonin analog wirkende
N erianthin erhalten.
Berichte über Vergiftungen durch Oleanderblätter konnte ich
in der neueren wissenschaftlichen Literatur nicht auffinden, wenn
auch in der Tagespresse manchmal solche Fälle erwähnt sind, doch
bespricht Wibmer mehrere Vergiftungen sowohl an Menschen wie
Tieren aus älterer Zeit.
Da es gewiß nicht ausgeschlossen ist, daß Vergiftungen
durch die Blätter dieser ungemein verbreiteten, im Süden wild-
wachsenden Zierpflanze leicht möglich sind, sollen die Blätter der-
selben hier kurz beschrieben werden.
Die Blätter sind bis 15cm lang, 3 cm breit, lanzettlich,
spitz, ganzrandig, am Rande schmal durchscheinend, dick, leder-
artig, oberseits dunkelgrün, etwas glänzend, kahl, unterseits heller,
weiß punktiert, einnervig. Der Primärnerv von weißlicher Farbe
springt unterseits stark vor, die sehr feinen Sekundärnerven
gehen unter fast rechtem Winkel vom Hauptnerven ab und ver-
laufen ganz schwach gekrümmt zum Blattrande. Sie sind durch
feine Tertiärnerven verbunden.

Anatomie. Die Epidermis der Oberseite besteht aus


polygonalen, schwach buchtigen, seitlich getüpfelten derbwandigen
Tafelzellen mit stark verdickter Außenwand.
Stellenweise liegen zwischen den gewöhnlichen Epidermis-
zellen fast vollkommen verdickte Zellen mit einer (am Querschnitte
deutlicher sichtbaren) papillösen, halbkugelig vorgewölbten, massiven
Außenwand. Manchmal sind diese Zellen in kurze, gekrümmte, der
Oberfläche des Blattes anliegende, einzellige Haare ausgewachsen.
Die Zellen der unteren Epidermis zeigen denselben Charakter,
doch ist die Epidermis, entsprechend tiefen grubenf6rmigen Ein-
senkungen des Mesophylls, an diesen Stellen tief eingezogen und
hier behaart. Die Haare stehen in diesen Gruben sehr dicht ge-
drängt, sind einzellig, dünnwandig, kurz, stumpf oder spitz und gegen
das Innere der Grube gerichtet, so daß sie außen nicht sichtbar
werden. In der Tiefe dieser Einsenkungen sitzen die großen
Spaltöffnungen, welche über das Niveau der angrenzenden Epi-
dermiszellen stark hervorragen.
Flächenschnitte durch die Epidermis zeigen entsprechend
,den grubigen Vertiefungen große rundlich begrenzte Lücken, in
welche vom Rande her die Haare hineinragen (Fig. 74).
An Querschnitten sind diese eigentümlichen Verhältnisse am
deutlichsten sichtbar. An solchen findet man auch leicht die Spalt-
öffnungen.
Beiderseits befindet sich unter der Epidermis ein, oben ge-
wöhnlich 4, unten 3 Zellen breites Hypoderm aus derbwandigen,

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lß8 Nerium Oleander L., Oleanderbaum.

buchtig polygonalen Zellen mit farblosen Wänden, ohne wesent-


lichem Inhalte, außer vereinzelten Kristalldrusen. Die Breite der
Epidermis samt dem Hypoderm beträgt am Querschnitte zirka 56 p..
Das Mesophyll hat zentrischen Bau. Die Palissadenschicht
der Oberseite besteht aus gewöhnlich zwei Reihen, die der Unter-
sei t e aus einer Reihe dicht gedrängt stehender schmaler Zellen
(Breite der Palissadenschicht oben zirka 112 (1-, unten zirka 88 p.).
Nur an den Einbuchtungen fehlt unten die Palissadenschicht.
An die Palissadenschicht der Oberseite schließt sich eine
Reihe länglicher Aufnahmszellen an, hierauf folgt das die Mitte
des Blattes einnehmende Schwammparenchym aus typisch stern-

Fig.74.

Epidermis der Unterseite des Blattes von Nerium Oleander L.


Die Lücke, in welche die Haare hineinragen, entspricht einer grubjgen Einsenkung
der Epidermis. Vergr. 1: 345.

fiirmig verzweigten, relativ kleinen Zellen (Breite des Schwamm-


parenchyms zirka 80 ('.).
Als Inhalt findet sich in vielen Zellen des Schwammparen-
chyms, welche durch eine anscheinend verkorkte Membran stärker
hervortreten, oxalsaurer Kalk in Form großer morgensternfönlliger
Drusen. Auch in der Palissadenschicht kommen in gekammerten
Zellen kleinere Drusen oder Einzelkristalle in ziemlich reichlicher
Anzahl vor.
Das Pul ver ist in erster Linie an der charakteristischen
Epidermis mit ihren großen scheinbaren Lücken an der Unter-
seite erkennbar.
Spaltöffnungen fehlen oberseits ganz und auch an der
Unterseite mit Ausnahme der Einbuchtungen, die durch ihre
starke Behaarung auffallen. Haare sind zahlreich vorhanden.

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Hyoscyaminhaltige Solanaceen. 139

Kleine' Querschnittsbilder , wie sie das Pulver dicklicher Blätter


regelmäßig aufweist, informieren über den charakteristischen zen-
trischen Aufbau des Blattes und den eigentümlichen starken hypo-
dermatischen Belag zu beiden Seiten.
. Oxalsaurer Kalk in Form großer und kleiner Drusen, Einzel-
kristallen und Übergangsformen ist ziemlich häufig.
Ryoscyamin- bzw. atropinhaltige Solanaceen.
Von den in unseren Gegenden vorkommenden Giftpflanzen
sind durch dit~ Häufigkeit der durch ihre Teile hervorgebrachten
Vergiftungen die zur Familie der Nachtschattenarten (Solanaceae)
gehörigen Atropin, Hyoscyamin oder beide Alkaloide enthalten-
den die wichtigsten.
Es sind dies: Atropa Belladonna L., die Tollkirsche,
Datura Strammonium L., der Stechapfel und Hyoscyamus
niger L., das Bilsenkraut.
Außer diesen führen noch mehrere andere Arten diese Alkaloide, z. B.
Duboisia myoporoides R. Br., Scopolia Carniolica Jacq., Anisodus
I urid us, Lk. et Otto, etc.
~ as die relative Häufigkeit der Vergiftungen anbelangt, so
steht }ller der Stechapfel obenan, da dessen Samen besonders
häufig von Kindern aus Spielerei genossen werden. Ebenso sind
die beeren artigen Früchte der Tollkirsche oft Ursache von
Vergiftungen bei Kindern und Erwachsenen, welche diese für ge-
nießbar halten, doch sind diese Vergiftungen, nach der Literatur
zu schließen, immerhin weniger zahlreich als die durch Stechapfel-
samen, was wohl durch die allgemein in den Schulen geübte Be-
lehrung über die Gefahrlichkeit der 'l'ollkirsche erklärt ist, während
den durch ihre Gestalt keineswegs zum Genusse einladenden
Früchten des Stechapfels nicht dieselbe Beachtung geschenkt zu
werden scheint.
Weniger häufig sind die Vergiftul1gen durch die Blätter
dieser Pflanzen. So kamen Verwechslungen der Belladonna und
Hyoscyamusblätter mit unschädlichen :Medizinalkräutern (Bitter-
klee, Nesseltee, Brusttee, Cichorienblätter u. a. m.) in Apotheken
und durch Kräuterhändler sowie Kurpfuscher vor, die zu Ver-
giftungen führten.
Besondere Beachtung verdient die Wurzel der Tollkirsche,
die z. B. in Wien vor mehreren Jahren mit Radix Bardanae in
einer Drogenhandlung verwechselt wurde und auf diese Weise
als Bestandteil der Species lignorum in viele Apotheken kam.
Durch die rechtzeitige Aufdeckung dieser Verwechslung, auf
die man durch einige leichtere Intoxikationen mit Species lignorum
aufmerksam wurde, konnte rechtzeitig größeres Unheil vermieden
werden.
Die Wurzel des Bilsenkrautes brachte in einem Falle
durch Verwechslung mit Cichorienwurzel eine Vergiftung hervor.
Auch Mord- und Selbstmordversuche mit den verschiedenen Teilen
dieser Pflanzen sind bekannt.

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140 Atropa Belladonna L., Tollkirsche.

In älterer Zeit (Wibmer) Gmelin) spielten diese Solanaceen


auch eine wichtige Rolle als Aphrodisiaca, in welchem Sinne
sie gegenwärtig seltener benutzt zu werden scheinen.
Eine besondere Beachtung verdienen die jetzt teils als Ge-
heimmittel, teils als "Spezialitäten" so häufig verwendeten und in
allen Tageszeitungen angepriesenen Asthma-Zigaretten und
-Pulver, durch deren übermäßigen Genuß oder durch irrtümliche
interne Einnahme auch bereits Vergiftungen gemeldet sind.
Sie bestehen gewöhnlich aus einer Mischung der Blätter der
genannten Solanaceen mit Tabak, häufig auch mit dem Kraute
von Cannabis sativa (Indica) und Lobelia inflata (s. u.).
Außer den genannten Solanaceen verdient auch der Tabak
- die Blätter von Nicotiana Tabacum L. - , welcher bekannt-
lich das höchst giftige Alkaloid Nicotin enthält, toxikologische
Beachtung, da er in der Volksmedizin äußerlich auf Wunden,
innerlich als Drasticum in manchen Gegenden (z. B. Tirol) häufig
verwendet wird und auf diese Weise hervorgebrachte Tabakver-
giftungen auch heute noch vorkommen.
Eine Reihe von Solanaceen (Solanum nigrum L., schwarzer
Nachtschatten, Sol. Dulcamara L., bittersüßer Nachtschatten,
Sol. :tuberosum, Kartoffel usw.) enthalten die Glykoside Solanin
und Solanidin in den Früchten.
Sie sind mit Ausnahme von Solanum nigrum als Giftpflanzen,
wenigstens für den Menschen, von geringerer Bedeutung.
Bemerkenswert ist auch das Vorkommen von Solanin in den
Schalen und Keimen der Kartoffel, wodurch auch Intoxikationen
hervorgerufen wurden. Der mikroskopische Nachweis ist jedoch in
solchen, bezüglich ihrer Provenienz leicht erkennbaren Fällen
gegenüber dem chemischen Nachweise von Solanin von sehr unter-
geordneter Bedeutung.

34. A.tropa Belladonn~ L., Tollkirsche (phann. Austl'. Folia


et Radix Belladonnae).
Eine ausdauernde krautartige, strauchartig ästige Pflanze
von bis 2 m Höhe, die besonders im mittleren und südlichen Europa,
zumal in subalpinen Gegenden (in Wäldern, Baumschlägen etc.)
sich vorfindet.
Die mehrköpfige spindeltörmige, mehr oder weniger ästige
Hauptwurzel verholzt im Laufe der späteren Entwicklung
im oberen Teile und bildet dann einen oft mächtigen Stock, aus
welchem zahlreiche Stengel und Seitenwurzein entspringen.
Die bis 30 cm langen, gestielten Blätter sind eiförmig oder
länglich eirund, spitz oder zugespitzt, in die Basis allmählich keil-
förmig verschmälert, ganzrandig, dünn, fast kahl, einnervig. Die
Sekundärnerven zweigen unter fast rechtem Winkel vom Haupt-
nerven ab und ziehen, sanft bogenförmig gekrümmt, dem Rande
zu, wo sie sich in Schlingen auflösen. Oberseits sind die Blätter
dunkelgriin bis bräunlich grün, unterseits blässer gefärbt.

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Atropa Belladonna L., Tollkirsche. 141

Die Blüten stehen einzeln auf kurzen Stielen in den Blatt-


winkeln. Der Kelch ist einblätterig mit fünf eirunden spitzen
Randzipfeln , zottig behaart, und bleibt auch an der Frucht be-
stehen.
. Die glockenförmige, zirka 2~3 cm lange, weichhaarige und
außen purpurviolett gefärbte Blumenkrone besitzt einen fünf-
spaltigen Saum mit eiförmigen, nach außen geschlagenen Zipfeln.
Die 5 Staubgefäße sind der Blumenkronenröhre eingefügt. Der
rundlich zugespitzte, oberständige, beiderseits mit einer Längsfurche
versehene Fruchtknot en trägt einen fadenförmigen Griffel mit
einer zweilappigen Narbe. .
Die Fruch t ist eine fleischige, außen schwarz gefärbte Beere von
der Größe einer kleinen Kirsche mit glatter glänzender Oberfläche, an
ihrer Basis vom ausgewachsenen Kelche besetzt, zweifächerig. Die
zahlreichen Samen sitzen einem zentralen Samenträger auf und
sind schwach nierenförmig, 1 mm lang, an der Oberfläche feingrubig,
braun gefarbt. Unter der dünnen harten Samenschale liegt ein
weißes, hartes, schmales Endosperm, von diesem eingeschlossen der
längs der Wand gekrümmte Keim, dessen Wurzelende gegenüber
dem Cotyledonarende liegt. .

Anatomie der Blätter. Die Epidermis besteht beiderseits


aus dünnwandigen buchtig welligen Tafelzellen. Spaltöffnungen
kommen beiderseits vor. Sie sind, wie Tschirch hervorhebt, ge-
wöhnlich von 3 Nebenzellen begleitet. Die Cuticula der Unterseite
ist fein wellig gestreift. Die Behaarung ist häufig ziemlich spär-
lich. Man findet lange, spitz endigende, mehrzellige und dünn-
wandige Deckhaare mit fein warziger Oberfläche neben solchen,
deren Ende durch ein kleines einzelliges drüsiges Köpfchen gebildet
wird. Öfters ist der Stiel dieser Köpfchenhaare nur ein- oder
zweizellig (Fig.75).
Daneben finden sich Drüsenhaare, deren Stiel analog dem
der Deckhaare ausgebildet ist, doch ist die Spitze von einem aus
mehreren neben- und übereinander angeordneten Zellen bestehen-
den Drüsenköpfchen gebildet.
Das Mesophyll differenziert sich in eine einfache Palissaden-
schicht aus ziemlich schlanken, dicht aneinander gelagerten Zellen
und ein breites Schwammparenchym.
In diesem finden sich zahlreiche große eirunde Zellen, welche
dicht erfüllt sind mit kleinen tetraedischen Kriställchen (sog. Kri-
stallsand) aus oxalsaurem Kalk, wodurch diese Zellen dunkelgrau
gefarbt erscheinen.
In der Mitte diesel" Kristallsandzellen kann man oftmals eine
morgensternförmige Druse oder eine übergangsform zwischen Ein-
zelkristall und Druse beobachten.
Selten fehlt oxalsaurer Kalk den Blättern vollständig oder es kommen
neben Kristallsand im Mesophyll auch einzelne Kristalldrusen und Einzelkristalle
von der Form wie bei Hyoscyamus bzw. Strammonium vor.

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142 Atropa Belladonna L., Tollkirsche.

Fig.75.
I

Atropa Belladonna L.
I Querschnittspartie eines Blattes. e Epidermis der Oberseite, e l der Unterseite, peinfache
Palissadenschicht, darunter das übrige Mesophyll aus sphäroidalen Zellen mit eingetragenen
großen Kristallzellen (KK), Kalkoxalat in winzigen Kriställchen (Kristall sand) enthaltend.
h einfache mehrzellige Haare, d Köpfchen tragende und Drüsenhaare. - 11 Partie der Epi-
dermis der Oberseite des Blattes. Unter den buchtigen Tafelzellen die Palissadenzellen, die
Kristallzellen (J() und ein verzweigterFibrovasalstrang(fv) durchscheinend; st Spaltöffnung.
(A. E. Vogl.)

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Atropa Belladonna L., Tollkirsche. 143


Da:s Pulver der Tollkirschenblätter charakterisiert sich
durch die verschiedenen typischen, aber gewöhnlich spärlichen
Haare, sowie durch die eigentümlichen, sehr zahlreichen Kristall-
sandzellell. Die wellig buchtige Begrenzung der Epidermiszellen ist
an und für sich weniger von Bedeutung, da sie sich bekanntlich
bei den meisten weichen Blättern vorfindet.
Differentialdiagnostisch kommen wegen der gleichen
oder ähnlichen Behaarung die Blätter der anderen erwähnten
Solanaceen sowie die Digitalisblätter in Betracht, deren abweichende
anatomischen Verhältnisse später besprochen werden.
Von offizinellen Blättern sind die von Chenopodium a~brosioides I,.
gleichfalls durch zahlreiche Kristallsandzellen ausgezeichnet. Doch besitzen sie

Fig. 76~

Epidermis der Testa von Atropa Belladonna L. von der Fläche.


Die buchtig welligen ZeHen besitzen eine deutliche primäre Membran. Die breite
sekundäre Membran zeigt in das Lumen vorspringende Buchten. Die ganze Oberfläche
erdcheint von kleinen Wärzchen übersät. Vergr. 1: 127.

eine ganz andere Behaarung. Man findet sogenannte S·Haare, bestehend aus einem
mehrzelligen Stiele und einer quer aufsitzenden Sformig geschwungenen langen
stumpfen Endzelle, mehrzellige Köpfenhaare, deren Basis sieh im Verhältnisse
zum schmalen oberen Teile des Schaftes auffallend erweitert, und endlich Drüsen-
haare mit kurzem mehrzelligem Stiele und einer quer sitzenden eiförmigen Drüsen-
zelle mit gelb glänzendem Inhalte.
Die mikrochemischen Reaktionen auf Atropin sollen am
Schlusse dieses Artikels für alle in Betracht kommenden Drogen
gemeinsam besprochen werden.

Anatomie der Früchte und Samen. Für die anatomische


Feststellung der Tollkirschenfrüchte sind bei äußerlich verändertem
Untersuchungsmateriale besonders die Samen von Bedeutung, die
auch im Darmtrakte längere Zeit sich gut erhalten, während das

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144 Atropa Belladonna L., Tollkirsche.

zarte Parenchym des Fruchtfleisches und die Epidermis der Frucht


schon durch das Trocknen sehr collabieren und keine charakte-
ristischen Elemente aufweisen.
Der Kelch zeigt alle den Blättern eigentümlichen Verhältnisse,
mit dem Unterschiede, daß seine Behaarung sehr reichlich ist. Be-
sonders reichlich sind die Drüsenhaare.
Die Ifrucht besitzt eine Epidermis aus polygonalen Tafel-
zellen , die bei getrockneten Früchten mit einem rötlich braunen
amorphen Inhalte versehen sind. Im großzelligen Fruchtfleisch
Kristallsandz.ellen.
Die Samen haben, wie alle Solanaceensamen, eine sehr
charakteristische Epidermis. In der Fläche gesehen (Tangen tial-
Fig.77.

Querschnittspartie der Testa und des angrenzenden Endosperms von


Atropa Belladonna L.
Unter der aus einseitig verdicktp-n, mit geschichteten Seiten- und Innenwänden ver-
sehenen Epidermis· folgt die collabierte (dunkel gezeichnete) Närhrschicht und hierauf
das aus regelmäßig polygonal begrenzten Zellen bestehende Endosperm, dessen Inhalt
nicht gezeichnet ist. Vergr. 1 : 170~

schnitt parallel zur Oberfläche) sind die Zellen flach buchtig be-
grenzt (Fig. 76), die Primärmembran tritt als ditnne bräunliche
Membran deutlich hervor, die gelb bis braun gefärbte sekundäre
:Membran der Zellen - die eigentliche Zellwand - ist sehr breit
und gewinnt gegen die Tiefe der Zelle zu noch an Breite. Sie
bildet mehr oder weniger stark in das dunkel bräunlich gefärbte
Innere der Zellen vorspringende Buchten. Die ganze Oberfläche
der Zellen ist in der Flächenansicht von ziemlich großen Wärzchen
übersät, die aber nicht der Cuticula, sondern der dem Lumen der
Zelle zugewendeten Seite der inneren Wand der Zellen angehören
(Fig.77).
An Querschnitten erweisen sich die Epidermiszellen typisch
einseitig verdickt. Die Außenwand ist wie eine Brocke über das
Lumen gespannt, häufig etwas eingesunken oder zerrissen.

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Atropa Belladonna, L., Tollkirsche. 145


Die Innenwand ist sehr breit und die Seitenwände je zweier
benachbarter Zellen bilden einen breiten Kegel, an dessen Spitze
die primäre Membran einen kleinen Fortsatz bildet, an den sich
die unverdickte Außenwand der Zelle anschließt. Diese stark ver-
dickten Seiten- und Innenwände der Zellen zeigen deutliche Schich-
tung und sind in dem dem Lumen zugewendeten Teile braun
tingiert, während die äußeren Schichten gelb glänzend sind. Die
oben erwähnten Warzen erblickt man als kleine punktf6rmige
Vorsprünge am Kontur der Innen- und Seitenwände. Die Primär-
membran ist, mit Ausnahme des zapfenförmigen Fortsatzes an der
Außen grenze der Seitenwände, an Querschnitten kaum sichtbar.
An diese sehr typische Epidermis schließt sich eine schmale
braune obliterierte Nährschicht an, die nichts Charakteristisches
bietet. '
Das Endosperm besteht aus ziemlich großen derbwandigen
polygonalen Zellen mit weißen glänzenden Zellwänden und
Aleuronkörnern von rundlicher oder eckiger Gestalt (D.= 2-6 p.)
als Inhalt.
Entsprechend der gekrümmten Gestalt des walzlichen Embryos
findet man an Querschnitten an beiden Polen im Endosperm
je eine' lrreisf6rmig begrenzte Lücke, die vom Gewebe des Em-
bryos erfullt ist, das bedeutend kleinzelliger als das des Endo-
sperms, im übrigen mit kleinkörnigem Plasma erflillt ist.
Auf Behandlung mit Wasser, Chloral etc. treten massenhafte
farblose Öltröpfchen an Stelle des Aleurons auf.
Das Pulver der Samen ist an den eigentümlichen Ver-
hältnissen der Epidermis, die man darin gewöhnlich in Flächcn-
bildern vorfindet, leicht erkennbar. Am ehesten ist es mit dem
Pulver der Bilsenkrautsamen zu verwechseln (s. u.).
Das Aleuron ist natürlich nur an ganz unverändertem Ma-
teriale (an nicht aufgeweichten Samen etc.) zu beobachten (Präpa-
ration in 01).

Anatomie der Wurzel. Die im Handel gewöhnlich vor-


kommende (offizinelle) Wurzel wird zur Zeit der Blüte und ersten
Fruchtbildung eingesammelt und ist durch ihren reichlichen Stärke-
gehalt von der daran ärmeren Frühjahrswurzel und dem stark
verholzten alten Wurzelstocke leicht unterscheidbar.
Fast regelmäßig ist die Wurzel in der Handelsware tier
Länge nach zerschnitten.
Außen ist sie hellgrau bis hellbräunlich (mäusebraun) gefärbt,
ziemlich eben, zirka 1-2 em dick, innen weiß lWd fleischig, ge-
trocknet stäubt sie beim Zerbrechen (Stärke). Der körnige Bruch
fiirbt sich nach Befeuchten mit Wasser auf Jod blau. Der Geschmack
ist anfangs süßlich, später bitter und scharf.
Am Querschnitt sieht man mit freiem Auge oder einer
Lupe unter dem dünnen gelblichen Periderm eine weiß gefärbte
Rinde, die durch eine feine geschlossene Cambiumlinie von dem
Mitlacher, Toxikologisc11 oder forens:sch wichtige Pflanzen etc. 10

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146 Atropa Belladonna L., Tollkirsche.

Fig.78.

1I ms

.-----\\--\1"'---------- K
sp _____________ ==:_~{--

K _________________ _

pr--,---

Wurzel von Atropa Belladonna L_


I Partie des Längsschn.ittes aus dem Holzkörper und dem innersten Teile der Rinde. -
11 Partie des Querschnittes aus dem Holzkörpel'. pr Komponienes Stärkemehl führendes
Parenchym; rns Markstrahlen; K Kriatallsandzellen; eh Cambiurngewebe; sp Gefäß-
gruppe. (A. E. Vogl.)

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Atropa Belladonna L., Tollkirsche. 147


gleichfalls weiß oder grauweiß gefärbten Holzkern geschieden ist.
Bei alten Wurzeln ist dieser gelb und hart, bei jungen mehlig.
Innerhalb des Cambiumringes findet man zahlreiche, gedrängt
angeordnete Gefäßpunkte. Im Innern des Holzkörpers sind sie
spärlicher und kleiner. Eine radiale Streifung ist an den
einjährigen Wurzeln nicht wahrnehmbar.
Das Gewebe der Rinde und des Holzkörpers läßt eine deutliche
Differenzierung in Mittel- und Innenrinde, bzw. Markstrahlen und
Baststrahlen, sowie Holzstrahlen nicht deutlich erkennen, sondern ist
im wesentlichen ein dünnwandiges gewöhnliches Grundparenchym,
das nur in der Nähe des Cambiums einerseits durch ein klein-
zelligeres Bastparenchym, andererseits durch um die Gefäße herum
gelagertes dünnwandiges und unverholztes Holzparenchym unter-
brochen ist. Im Bastparenchym befinden sich wohlausgebildete
offene Siebröhren. Die Gefäße des Holzkörpers zeigen netzförmige
Verdickung oder elliptisch begrenzte spaltenförmige Hoftüpfel
(Fig. 78).
Alle parenchymatischen Zellen sind strotzend. mit Stärke er-
füllt. Daneben findet man zahlreiche, axial mehr oder weniger
langgestreckte , mit Kristallsand erfüllte Zellen, sowohl in der
Rinde als im Holzkörper .
Die Stärke ist regelmäßig komponiert. Ihre paukenfönnigen
Teilkörner sind zu 2-4 oder mehr aneinander gelagert und be-
sitzen gewöhnlich einen kleinen zentralen Kern oder eine halh-
mondförmige Kernspalte. D. = 20 1",
Das Pulver zeigt vornehmlich massenhafte Stärkekörner,
teils in die Bruchkörner zerfallen, teils noch komponiert. Charak-
teristisch ist daran die sehr regelmäßige Fonn und Größe der
Teilkörner. Der Kristallsand ist zum großen Teile aus den Zellen
herausgefallen und man bemerkt allenthalben bei einiger Aufmerk-
samkeit und stärkerer Vergrößerung (600-700) die kleinen scharf-
kantigen Kristallsplitterehen von Tetraederform im Gesichtsfelde.
Nicht selten findet man aber auch noch wohlerhaltene Kristall-
schläuche samt ihrem Inhalte.
Gefäße sind relativ spärlich.
Differen tialdiagnostisch ist gegenüber Radix Bard an ae,
der Wurzel von Lappa vulgaris Neilr., mit welcher die Bella-
donnawurzel eventuell verwechselt werden kann und bereits ver-
wechselt wurde (s. pag.139), auf folgendes zu achten, Makroskopisch
ist diese Wurzel dunkler braun gefärbt, ihr Querschnitt ist horn artig
(nicht mehlig) und färbt sich mit Jod nicht blau. Die Wurzel
stäubt getrocknet nicht beim Durchbrechen. Mikroskopisch erweisen
sich (in Glyzerin beobachtet) alle parenchymatischen Zellen erfüllt
mit einer farblosen scholligen oder Sphärokristalle bildenden Masse
(Inulin), während Stärke oder oxalsaurer Kalk vollkommen fehlen.
Präparation. Die Blätter untersucht man in Chloral, die
Samen zur Beobachtung des Aleurons (an Schnitten, die ohne vor-
10*

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148 Hyoscyamus niger L., Schwarzes Bilsenkraut.

herige Aufweichung der Samen hergestellt sind) in öl oder, um


das Zellgerüste zu untersuchen, in Kalilauge oder Chloralhydrat,
wobei man sie zum Schneiden in warmem Wasser enveicht.
Die Wurzel erweicht man in Wasser und untersucht die
Schnitte in Wasser oder Glyzerin, um das Amylum zu beobachten.
Die Kristallsandzellen treten durch Erwärmen i11 Chloralhydrat
deutlicher hervor.
eber die Präparation der Blätter pag. 153.
35. Hyoscyamus niger L.,SchwarzesBilsenkra ut.(Phann.
Austr. Folia Hyoscyami.)
l~ine in gauz Europa wildwachsende ein- bis zweij ährige
krautige, zirka 30-40 cm hohe Pflanze, die vornehmlich auf Schutt,
an Zäunen, Mauern etc. zu finden ist und von Mai bis September
blüht.
Frisch hat sie einen unangenehmen betäubenden Geruch, der
durch das Trockncn schwindet.
Die Pflanze besitzt eine dünne, einfache oder wenig ästige
Pfahlwurzel, aus der ein aufrechter, ge~öhnlich unverzweigter
Stengel entspringt.
Die Blätter wechselständig, ungestielt, halb den Stengel
umfassend; die grundständigen gestielt. Sie sind eiförmig oder ei-
förmig länglich, bis 30 cm lang, spitzig oder zugespitzt, die BaSIS
rasch zusammengezogen, der Rand tief buchtig gezähnt oder fast
gelappt, mit breiten, konischen Zähnen, einnervig. Der sehr breit
eintretende, sich aber rasch verschmälernde Hauptnerv ist gleich
den Sekundärnerven auffallend weißlich gefärbt. Diese ziehen unter
fast rechtem Winkel in schwach gebogener Linie in je einen Blatt-
zahn. Die Oberfläche der Blätter ist trüb grün und gewöhnlich stark
weißlich zottig behaart. Schwach behaarte Blätter sind selten. Sie
schrumpfen durch das 'frocknen sehr stark ein.
Die Blüten bilden eine gedrungene einseitswendige , auf-
rechte, beblätterte Traube an der Spitze des Stengels.
Sie bestehen aus einem glockenf6rmigen, am Rande fünf:'
zähnigen, zottig-drüsig behaarten Kelch, der an der Frucht weiter
auswächst, und einer trichterförmigen Blumenkrone mit fünf
stumpfen, schwach nach außen gebogenen Zipfeln. Die Röhre
ist violett gefärbt, der Saum gelb mit violetten Äderchen.
Der Blumenkronenröhre sind fünf zweifächerige Staubgefäße
eingefügt; der oberständige Fruchtknoten trägt einen fadenförmigen
Griffel mit einer kleinen kugeligen behaarten Narbe. Die Fruch t
ist von dem ausgewachsenen Kelch eingeschlossen, eine eiförmige,
grüngelb gefärbte, an der Spitze einen Griffelrest tragende trockene
Kapsel mit zwei gegenüberliegenden Längsfurchen, und mit einem
Deckel aufspringend.
Die einem zentralen Samenträger aufsitzenden zahh-eichen
Samen sind rundlich nierenf6rmig, zirka 1-1 1/ 2 1/lm lang, an
der Oberfläche gelblichgrün und fein grubig warzig. Das Ende
des Würzelchen ist äußerlich durch einen kleinen Vorsprung mar-

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Hyoscyamus niger L., Schwarzes Bilsenkraut. 149

kiert. Im Innern liegt unter der dünnen Testa ein Eiweißkörper ,


der den uhrfederartig gekrümmten walzlichen Keim einschließt.
Derselbe ist stärker gekrümmt (mehr eingerollt) als bei Belladonna.
Das nahe verwandte, seltener vorkommende weiße Bilsenkraut, Hyo-
scyamus albus L., unterscheidet sich vom schwarzen Bilsenkraut hauptsächlich
durch kleineren Wuchs und durch die Blumenkrone , welche kleiner und von
gelber Farbe ist, sowie innen grüne Adern und dicht gedrängte violette Punkte zeigt.
Es gilt als weniger giftig wie Hyoscyamus niger.

Anatomie der Blätter (Fig. 79). Die Blätter haben einen den
Belladonna- und Strammonimnblättern analogen Bau. Die Epi-
dermis besteht aus dünnwandigen, wellig buchtigen Tafelzellen,
Spaltöffnungen kommen beiderseits vor. Ihre 3-'4 Nebenzellen
treten nicht sehr deutlich hervor. Die Haare sind bedeutend reich-
licher als bei Belladonna und Strammonium und zeigen denselben
Typus wie diese (vgl. pag.141). Die Palissadenschicht ist einfach,
ziemlich locker, das Schwammparenchym ungefähr gleich· breit.
Besonders in der an die Palissadenschicht grenzenden Partie,
den sogenannten Aufnahmszellen, finden sich ungemein charak-
teristische Kristalle von oxalsaurem Kalk von oft bedeutender
Größe vor. Sie gehören dem prismatischen System an (rechtwinkliges
Achsensystem) und zeigen gewöhnlich Säulen- oder Prismen-
form , sehr häufig Durchwachsungen zu Zwillingskristallen oder
selbst Übergänge zu groben Drusen. Gewöhnlich findet man an
solchen Einzel- oder Zwillingskristallen eine kleine kreisrunde
Kristallrosette angewachsen oder auch isolierte Kristallrosetten.
Diese Kristalle bilden das wichtigste Unterscheidungsmerkmal
gegenüber den Blättern der zwei anderen hyoscyaminhaltigen
Solanaceen.
Im Pulver der Blätter findet man zahh'eiche warzige
Deckhaare mit spitzer Endzelle und Drüsenhaare mit einzelligem
oder mehrzelligem Köpfchen, deren harziges Sekret die Cuticula
etwas abhebt, wie bei Belladonna, doch bedeutend reichlicher
vor. Das zweite charakteristische Merkmal sind die sehr zahl-
reichen, im Mesophyll oft ganze Nester bildenden Kalkoxalat-
kristalle.
Anatomie der Samen. Außerlich sind die Samen des Bilsen-
krautes denen der Tollkirsche sehr ähnlich. Ihre Färbung ist zum
Unterschiede von den braunen Belladonnasamen auffallend hell,
gelbgrün (auch ein aus ihnen bereiteter Aufguß hat hellgelbe Farbe,
während Belladonnasamen ein braunes Infusum geben), sie sind
etwas stärker gewölbt und der Keimling an Längsschnitten stärker
eingerollt, so daß das Ende des Würzelchens nicht wie bei Bella-
donna gerade gegenüber dem Cotyledonarende liegt.
Die Epidermis der Testa besteht, wie bei Belladonna, aus
in der Fläche gesehen, buchtig polygonalen dickwandigen Zellen
mit deutlicher farbloser Primärmembran und hellgelb gefärbter
sekundärer Zellwand, die buchtige Vorsprünge gegen das farblose
Lumen der Zelle hin bildet. Die ganze Oberfläche der Zelle,

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150 Hyoscyamus niger L., Schwarzes Bilsenkraut.


Fig.79.

III

I,

Hyoscyamus nigerL. Blatt.


I Querschnittspartie. - 11 Epidermis der Oberseite. - III 1 einfaches Köpfchenhaar
und 1 Drüsenhaar. - e Epidermis der Oberseite, e Epidermis der Unterseite, h einfa.che
l

mehrzellige Haare, d köpfchentragende Haare, p Palissadenschicht, K Kristallzellen


(mit Einzelkristallen, Zwillingen und Durchwachsungeu), Iv Gefäßbündel. (A. E. Vogt.)

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Hyoscyamus niger L., Schwarzes Bilsenkraut. 151


besonders aber die Oberfläche der Seitenwände erscheint im Flächen-
bilde mit winzig kleinen Wärzchen besetzt, wie fein granuliert.
Die Wärzchen sind viel kleiner als jene von Belladonna und sitzen
wie dort der dem Lumen zugekehrten Seite der Seiten- und Innen-
wand auf (Fig .. 80 u. 81).
An Querschnitten erweisen sich die Zellen ebenfalls als ein-
seitig verdickt, die Außenwand zieht wie eine Brücke, gewöhnlich
in nach innen konvexem Bogen über das Lumen der Zelle. Die
breite Innenwand und die konisch geformten Seitenwände zeigen

Fig.80.

III
Hyoscyamus nigerL.
QueJ:schnitt durch die Testa und den äußeren Teil des Endosperms des SameuEl.
I Epidermis, 11 Nährschicht , [11 Endosperm (d. Aleuron ist nicht gezeichnet).
Vergr.l : 170.

eine deutliche Schichtung (Fig. 80). Die Primärmembran ist an


Querschnitten in den Seitenwänden der Zellen nicht deutlich. Zum
Unterschiede von Belladonna ist auch der kleine zapfenförmige
Fortsatz an der Spitze der Seitenwände gewöhnlich nicht vorhanden,
sondern es findet sich häufiger an der Spitze des durch sie ge-
bildeten Kegels eine kleine Einkerbung. Besonders charakteristisch
ist hier, daß sich an dieser Stelle ein förmlicher Schopf der oben
beschriebenen winzigen Wärzchen befindet, über welchen die da-
rüberziehende Außenwand der Zelle nur undeutlich zu verfolgen
ist. Derartige feine Wärzchen sind auch an verschiedenen Stellen
der Seiten- und Innenwand zu konstatieren.

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162 ,Hyoscyamus niger L., Schwarzes Bilsenkraut.

Dieses schopfförmige abgerundete obere Ende der Seitenwände


erscheint mir als das wichtigste anatomische Unterscheidungsmerk-
mal dieser Samen gegenüber jenen von Belladonna, bei welchen
die Seitenwände mit einer feinen Spitze enden und keine Spur
eines solchen Schopfes zeigen.
Auf die Epidermis folgt eine aus mehreren Reihen collabierter
Zellen bestehende bräunlich tingierte Nährschicht , der Rest des
Nucellargewebes.
Das Endosperm und der Embryo zeigen denselben Charakter
wie bei Belladonna. Das Aleuron besteht aus rundlichen und
eckigen Körnern, welche ein Kristalloid und 1-2 Globoide ent-
halten. D.=4-8 1",
Fig.81.

Hyoscyamus niger L.
Epidermis der 'l'esta in der Fläche. Vergr. 1: 137"5.

Das Pulver der Samen ist in erster Linie dureh die


charakteristischen Zellen der Epidermis erkennbar und an dieseu
von dem Pulver der Belladonnasamen zu unterscheiden.
Die Farbenunterschiede (Belladonna braune Zellen, Hyo-
scyamus gelbe) sind wohl nur bei ganz unverändertem Materiale,
besonders solchem, das nicht den Darmtrakt passiert hat, zu ver-
wenden.
Bezüglich der Präparation ist für die getrockneten Blätter
henTorzuheben, daß diese, wenn man sie in Wasser aufweicht,
schon nach kurzer Zeit so weich werden, daß sie sich nur
sehr schwer schneiden lassen. Man schneidet sie daher am besten
trocken und entfernt die Luft aus den Schnitten durch Erwärmen
derselben am Objektträger.

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Datura Strammonium L., Stechapfel. 153

Eventuell sind die getrockneten Blätter mit Wasserdampf zu


erweichen. Dasselbe gilt auch für die Blätter von Belladonna,
Strammonium und Digitalis.

36. Datura Strammonium L., Stechapfel. (pharm. Austr.


Folia Strammonii.)
Diese ein- oder zweijährige, in ganz Europa wild vorkommende
Pflanze findet sich an ähnlichen Standorten wie das Bilsenkraut.
Blütezeit Juni bis Oktober.
Aus der spindeIförmigen bräunlich bis weiß gefärbten Haupt-
wurzel entspringt ein aufrechter, krautiger, verästelter , schwach
behaarter Stengel von 20-90 cm Höhe.
Die Blätter sind wechselständig, lang gestielt, 10-15 cm
lang, breit- oder länglich-eiförmig, zugespitzt, ihr Rand gTob-buchtig-
gezähnt, die Zähne gerade nach außen gestreckt, einnervig
(die Sekundärnerven teilen sich im äußersten Dritteile des Blattes
derart, daß ein Ast in den Blattzahn verläuft, der zweite mit dem
näehst höheren Tertiärnerven anastomosiert), trübgrün gefärbt,
fast kahl, frisch von widrigem Geruche, getrocknet geruchlos, von
bitterem, schwach salzigem Geschmack.
Die Blüten stehen einzeln auf kurzen behaarten Stielen in
den Blattwinkeln. Der trichterförmige Kelch trägt am Saume fünf
zugespitzte Zipfel.
Nach dem Verblühen bleibt von ihm nur der untere fünfeckig
begrenzte Teil zurück, der sich an der Frucht nach unten schlägt.
Die trichterförmige Blumenkrone besitzt einen weit aus-
gebreiteten, aus fünf dreieckigen faltigen Zipfeln bestehenden Saum
und ist von weißer oder weißlich violetter Farbe.
Dem Trichter sind fünf Staubgefäße eingefügt. Der Fruch t-
k not e n ist eirund, mit Stachelborsten besetzt, unecht vierfächerig
und vielsamig und trägt einen langen fadenförmigen Griffel mit
einer zweilappigen Narbe.
Die Frucht ist eine eirunde oder länglich eirunde Kapsel
von zirka 4 cm Länge, außen mit starren abstehenden Stacheln
besetzt, durch 4 Klappen aufspringend. In der Mitte befindet sich
eine von der Basis bis zur Spitze reichende echte Scheidewand,
an welche sich seitlich zwei unechte Scheidewände ansetzen.
Die zahlreichen Samen sind rundlich, flach nierenförmig,
3-4 mm lang (doppelt so groß als die von Belladonna und Hyo-
scyamus), außen feingrubig, matt braunschwarz gefärbt und hart,
mit einem kleinen dreieckigen Nabelfleck.
Im weißlichen Eiweißkörper liegt nahe dem Rande der
bogenförmig gekrümmte Keim, dessen Ootyledonarende dem Würzel-
chen anliegt.
Ana tomie der Blä tter (Fig.82). Sie zeigen im Baue den bereits
besprochenen Typus wie Belladonna und Hyoscyamus. Die Be-

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154 Datura Strammonium L., Stechapfel.

lfig.82.

'/---------- S

11

Datura StrammoniumL. DIa.tt.


I Quel'schnittspartie. e Epidermis der Oberseit ~
mit Spaltöffnungen und einem kurzen Drüsen-
haare , p l)a.lissadenschicht, fv Gefäßbündel,
1( Kristallzellen, s ScbwammparenchYffi; unten
uie Elliuermis der Unterseite mit Spaltöffnungen
(sf), einfachen mehrzelligen (h) und kurzen
kopfigen Drüsenhaaren. - II Epidermis der
Unterseite in der .Fläche mit Spaltöffnungen
(sO, einem einfachen und einem kopfigcn
Dritsenhaare; darunter die Zellen des Schwamm-
-----fv
llarenchyms (s)) die Kristallr.ellen (K) mit
morgensternförmigen Kristalldrusen und Gefäß-
bündeltetl eu. (A. E. Vogl)

st

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Datum Strammonium L., Stechapfel. lf>f>

haarung . ist im allgemeinen recht spärlich. Im Mesophyll fallt be-


sonders die Breite der Palissadenschicht auf, die mehr als die
Hälfte des Blattquerschnittes einnimmt. Das Schwammparenchym
zeigt, besonders in der Schicht der Aufnahmszellen, stellt'mweise
(zum al in den Winkeln der Nervenverzweigungen) ganze Nester
bildende große morgensternförmige Kristalldrusen, wodurch diese
Blätter leicht von jenen von Belladonna (Kristallsand) und Hyo-
scyamus (Einzelkristalle, Durchwachsungen und Rosetten) zu unter-
scheiden sind.
Im Pulver findet man neben spärlichen Haaren, von dem
bei Belladonna (pag.141) erwähnten Typus, sehr zahlreich diese
einzeln oder noch in Nestern im Mesophyll liegenden Drusen.

Fjg.83.

I1

III

IV

Datura Strammonium L. Querschnitt durch die Samenschale und den äußeren


rreil des Endosperms.
1 Epidermis, lIInnenschicht, 111 Nucellarrest, IV Endosperm. Das in den Endof'perm-
zellen enthaltene Aleuron ist nicht gezeichnet. Vergr. 1: 170.

Differentialdiagnostisch ist bei Untersuchung pulver-


förmigen Materiales auch auf die Unterscheidung der Blätter der
hier besprochenen Solanaceen von Digitalisblättern zu achten.
Der wichtigste Unterschied liegt darin, daß diese kein Kalkoxalat ent-
halten. Die warzigen Deckhaare, welche bei Digitalis sehr reich-
lich sind, besitzen eine stumpfe Endzelle und zudem finden sich
häufig im Pulver kleine Köpfchenhaare vor, die aus einer einzigen
Stielzelle und einem aus zwei halbkugeligen Zellen gebildeten
Köpfchen bestehen. Im Mesophyll fallt besonders zum Unter-
schiede auf, daß die Palissadenschicht von Digitalis ganz auf-
fallend kurz ist. Die Zellen sind zum Teile fast isodiametrisch.

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156 Datura Strammonium L., Stechapfel.

Die Differentialdiagnose der hyoscyaminhaltigen Solanaceenblätter und der


mit ihnen in Asthmapräparaten häufig vermengten Blätter von Nicotiana, Lobelia,
Cannabis Indica etc. siehe unter Asthmapräparate.
Anatomie der Samen. Äußerlich sind die Stechapfelsamen
durch ihre bedeutendere Größe leicht von jenen der Tollkirsche
und des Bilsenkrautes zu unterscheiden, anatomisch sind die
Unterschiede noch viel auffallender.
Die ursprünglich nach demselben Typus wie bei den erwähn-
ten Samen aufgebauten Epidermiszellen bilden im Laufe der
Entwicklung, speziell an ihrem oberen Pole, mächtige ineinander
greifende Zapfen und Falten, die das Lumen sehr verengern und
die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen sehr undeutlich machen,
gewöhnlich ganz verwischen.

Fig.84.

Datura StrammoniumL.
Epidermis der Testa des Samens in der Fläche. Die Zellgrenzen sind durch die hier
im optischen Querschnitte sichtbaren Zapfenbildungen der Außenwände vollkommen
verdeckt. Vergr. 1 : 170.

Von der Fläche gesehen ('l'angentialschnitt) erscheint daher


das Lumen der Zellen nicht von einer ununterbrochenen Zellwand
(Fig. 84), sondern von enge nebeneinander und hintereinander
stehenden, im optischen Querschnitte eirunden, länglichen etc. in
der Größe sehr ungleichen Zapfen begrenzt, deren Zugehörigkeit
zur einen oder anderen Zelle sich nicht mehr nachweisen läßt.
Durch das Vorspringen dieser zapfen artigen Zähne in das Innere
der Zellen ist das Lumen derselben stark verengt.
Eine primäre Membran, bzw. eine deutliche Zellgrenze oder
Zellwand ist im Flächenbilde nicht mehr nachweisbar.
Am Querschnitte ist gleichfalls die Grenze zwischen den
einzelnen Zellen nicht mehr deutlich zu sehen (Fig. 83); da ein
Schnitt bei vielen Zellen nur die nach innen gebuchtete Wand

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Datura Strammonium L., Stechapfel. 157


trifft, bei anderen das Lumen, so erscheinen viele Zellen ganz
kompakt. An der Oberseite der im allgemeinen eiförmig begrenzten
Zellen finden sich die durch den Schnitt teils quer, teils der Länge
nach getroffenen zapfenförmigen Fortsätze, die so wie an Flächen-
bildern eine dicke, gelbe und geschichtete Wand und ein enges,
mit formlosem braunem Inhalte erfülltes Lmnen zeigen. Die Außen-
fläche der Zapfen ist von einer weißen schmalen Schleimschicht
überzogen (daher das Schlüpfrigwerden der Samen in Wasser).
Die Zellwand ist grob geschichtet, gelb glänzend, von queren
Spaltentüpfeln durchzogen, das Lumen der Zellen, mit dunkel-
braunem amorphem Inhalte versehen.
Ein orientierendes Bild über diesen etwas verwickelten ana-
tomischen Aufbau der Zellen erhält man durch Maceration der
Samen mit Schulzeschem Reagenz, wodurch die einzelnen Zellen
isoliert werden und nun deutlich von allen Seiten zu beobachten sind.
Auf die Epidermis folgt am Querschnitte eine aus mehre-
ren Reihen inhaltsloser Zellen bestehende Innenschicht (Nähr-
schicht) und ein deutlich sich abhebender, aus einer collabierten
Zellreihe bestehender Nucellarrest.
Das Endosperm besteht aus dickwandigen polygonalen
Zellen mit farblosen Wänden und Aleuronkörnern als Inhalt.
Auf Zusatz von Wasser etc. treten zahlreiche farblose Öltropfen
im Gewebe auf. Die Aleuronkörner besitzen gewöhnlich abgerundet
eckige, manchmal verbogene Formen und enthalten 1~2 Kristal-
loide und mehrere kleine Globoide. D. = 5--10 [1..
Das Pulver der Stechapfelsamen ist an den ungemein
charakteristischen Zellen der Epidermis, auch wenn diese frag-
mentiert sind, leicht erkennbar. Insbesondere ist auf die eigen-
tümliche Zapfenbildung am oberen Pole der Zellen zu achten.
Conzentrierte Schwefelsäure farbt den Zellinhalt des Endo-
sperms zuerst gelb, dann intensiv rosenrot, Salpetersäure verwandelt
diese Färbung in hellgelb (A. v. Vogl).
Mikrochemie des Atropins bzw. Hyoscyamins. Nach
den bisher veröffentlichten Berichten über die Mikrochemie der
Iwoscyamin- bzw. atropinhaltigen Solanaceen wurden die Versuche
hauptsächlich an Samen ausgeführt (Lit. vgl. Barth, 1. c.). Die
Alkaloide finden sich in diesen in der Samenhülle , und zwar in
der unter der Epidermis gelegenen Nährschicht. Das Endosperm
und der Embrvo enthalten kein Alkaloid oder höchstens Spuren davon.
Nach H. Barth sind folgende Reaktionen lJrauchbar: Jod-
jodkali und Kaliumwismutjodid : starke braune Fällung. Kalium-
quecksilberjodid erzeugt in der Nährschicht , im Endosperm und
Embryo eine weiße, schwer sichtbare Fällung, die auf Zusatz von
Schwefelwasserstoff in der Nährschicht sofort schwarz wird. Endo-
sperm und Embryo werden hierbei dunkler. Schwefelsäure (2: 1)
an Stelle von Schwefelwasserstoff erzeugt nach 24 Stund>3n rote
quadratische Kristalle. Phosphorwolframsäure und Phosphormolyb-
dänsäure erzeugen über dem ganzen Querschnitt einen weißen

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158 Solanum nigrum L., Schwarzer Nachtschatten.

Niederschlag. Goldchlorid bringt in der Nährschicht einen starken


Niederschlag hervor, der auf Zusatz von Schwefelwasserstoffwasser
schwarz'j~wird. Auf Bromwasser treten nach zirka 1/2Stunde ein-
zelne kleine Kristalle neben gelben amorphen Klumpen auf.
Von den solaninhaltigen Arten der Familie der Solanaceen
sind die Früchte bzw. Samen von Solanum nigrum L., Schwarzer
Nachtschatten, und Solanum Dulcamara L., Bittersüß, deren
Stengel als Stipites Dulcamarae offizinell sind, die wichtigsten,
da diese Pflanzen bei uns häufig vorkommen.
Toxikologisch sind sie allerdings praktisch von geringerer
Bedeutung als die Samen der vorher besprochenen Solanaceen,
Fig.85.

Solanum nigrum L.
Querschnitt durch die 'rests, und das angrenzende Endosperm eines Samens an der
Kante desselben. Unter der Epidermis, deren Zellen an ihrem oberen Pole die leisten-
förmigen .Fortsätze 7Jeigen, liegt eine dünnwandige Nährschicht , die gegen die Seiten
hin sich sehr verschmälert. Dem großzelligen Endosperm ist außen der Nucellarrest
in Form einer einfachen Zellreihe vorgelagert. Das Aleuron des Endosperms ist nicht
gezeichnet. Vergr. 1 : 170.

dO::lh ist die Kenntnis ihrer anatomischen Struktur schon wegen


der differentialdiagnostischen Momente hinsichtlich der äußerlich
ähnlichen Samen der besprochenen giftigeren Vertreter dieser
Familie von Wert.
Eine Vergiftung mit den Beeren von Solanum nigrum bei mehreren
Kindern erwähnt Wibmer.

37. Solanum nigrum L., Schwarzer Nachtschatten.


Diese einjährige Pflanze, die an Hecken, in Wäldern usw.
häufig vorkommt, entwickelt eirunde bis kugelige schwarze Beeren
von zirka 1 cm im Durchmesser, die an ihrer Basis einen kleinen

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Solanum nigrum L., Schwarzer Nachtschatten. lö9


fUnfzähnigen Kelch tragen. Vom saftigen Fruchtfleische sind zahl-
reiche S amen eingeschlossen) von eirunder Form, von der Seite
her ctvyas zusammengedrückt, an einem Pole ein kleines Spitzchen
tragend, weißlich-gelb, fast glatt. Unter der dünnen Testa liegt
der weiße Eiweißkörper , in diesem der stark zusammeugerollte
Embryo.
Anatomie der FrUchte. Der Kelch ist stark behaart ,
~

die Haare zeigen den für die Solanaceen charakteristischen Typus.


Besonders zahlreich sind Drüsel1haare mit relativ kurzem. ein oder
mehrzelligem Stiele und einem aus mehreren Zellen he~tchenden
keulenförrnigen Drüsenköpfchen mit g'elblichem Inhalte.
}'ig. SB.

Solanum nigrum L.
Epidermis drr Samentesta, in der Flächo. Die buelltig welligen Zellen sind von den
aus der primären :Mümbran entspringenden Leisten ühel'lagert. Vergl'. 1 : 170.

Die Epidermiszellen sind buchtig polygonal, dazwischen zahl-


reiche Spaltöffnungen.
Die Cuticula ist grob warzig. Im :Mesophyll zeigen sich ver~
einzelte große prismatische Einzelkristalle vom Charakter der in
den Bilsenkrautblättern vorkommenden. Die Epidermis der
fleischigen Fruchtwand besteht aus großen polygonalen getüp-
felten 'rafelzellen, in welchen an getrocknetem Untersuchungs-
materiale kein besonderer Inhalt mehr nachweisbar ist.
Die S a 111 e n t e s ta besitzt eine sehr charakteristische Epidermis
(Fig;. 85 u. 86). Die Zellen derselben sind in der Fläche tief wellig
huchtig begrenzt, dickwandig, gelb glänzend und grob geschichtet,

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160 Solanum Dulcamara L., Bittersüß, Bittersüßer Nachtschatten.

am Querschnitte durch die starke Verdickung ihrer Seiten- und


Innenwände hufeisenförmig. Nach außen setzt sich die primäre
.Membran, wie an Querschnitten deutlich ersichtlich ist, kamm-
f6rmig fort und weist zahlreiche dünne, senkrecht verlaufende
farblose Verdickungsleisten auf, so daß die einzelnen Zellen wie
mit einem Schopfe dünner Haare besetzt aussehen. Diese Leisten
enden an der dünnen Außenwand, welche das Zellurnen über-
brückt. An :Flächenpräparaten (Tangential schnitten) sind diese
dünnen Verdickungsleisten, deren Ursprung aus der primären Mem-
bran hier deutlich sichtbar ist, umgelegt und bilden einen die
Oberfläche bedeckenden wirren Filz scheinbar haarähnlicher Ge-
bilde. Der zwischen den Leisten der Membran liegende Rest der-
selben ist verschleimt, wie man durch Färbung mit Naphtylenhlau
nachweisen kann. (Die in Wasser erweichten Samen sind auch
schlüpfrig.) Diese ungemein charakteristischen und für die ver-
gleichende Anatomie der Solanaceensamen sehr lehrreichen Ver-
hältnisse der Epidermis treten auf Zusatz wässeriger Reagenzien,
welche diese Membran zur Entfaltung bringen, am deutlichsten
hervor.
Die Zellen der Epidermis sind am höchsten an der Kante,
am niedersten an den Breitseiten des Samens (D. = hier 32 p.).
Unter der Epidermis liegt eine nur an der Kante deutlich
entwickelte aleuronhaltige collabierte Nährschicht , die von einer
einfachen Zellschicht aus relativ derbwandigen Zellen gefolgt ist,
deren Wand sehr charakteristische knoten- und netzleistenartige
Verdickungen zeigt (Nucellarrest). Das Endosperm besteht aus
derbwandigen polygonalen Zellen mit farblosen Wänden, die mit
kleinkörnigem Aleuron erfüllt sind.
Die Differentialdiagnose gegenüber den oben bespro-
chenen Solanaceensamen ist auf Grund dieser überaus charak-
teristischen Verhältnisse der Epidermis unschwer zu stellen, da
diese eigentümlichen Leisten den erwähnten Samen vollständig
fehlen.

38. Sol~num Dulcamara L., Bittersüß, Bittersüßer


Nach tscha tten.
Die Stengel dieser bei uns häufig vorkommenden Solanacee
bilden ein sehr beliebtes Volksmittel und sind wohl als unschäd-
lich zu betrachten, wenn sie auch Solanin enthalten. Auch die
Früchte sind wohl nur in größerer Menge genommen toxisch
wirkend, aber immerhin . suspekt. Die Beeren sind eirund und
prächtig scharlachrot gefärbt. Die Samen flachgedrückt nieren-
f(;rmig, rotbräunlich gefärbt, zirka 1-2 mm lang, glatt. Sie wer-
den in Wasser schlüpfrig.
Anatomisch zeigen Kelch und Epidermis der Fruchtwand
dieselben Verhältnisse wie Solanum nigrum.

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Solanum Dulcamara L., Bittersüß, bittersüßer Nachtschatten. 161

Die Samcntesta besitzt eine Epidermis aus in der Fläche


tief wellig-buchtig begrenzten dickwandigen Zellen mit gelb glän-
zenden geschichteten Wänden, die am Querschnitte hufeisenförmig

Fig.87.

Solanum Dulcalnal'a L.
<luerschnittspart.ie durch die }ipidürmls und den äußeren Teil der Nährschicht der
Sa,mentüsta. Vergr. 1: 1'70.

Fig.88.

Solanum Dnlcamara L.
Epidermis der Salnentesta in der Fläche. Die primäre Membran der buchtig-wel1ig
begrenzten Zellen zeigt knotige Verdickungen. Die Innenwand ist grob getüpfelt.
Vel'gr. 1: 170.

sind, indem die Innenwand und noch mehr die Seitenwände


stark verdickt sind, während die Außenwand als eine dünne
:Membran über das Lumen der Zelle gespannt erscheint. Die
:M i tl a eh er, Toxiko1ogisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 11

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162 Tabak.

Innenwand ist von breiten Tüpfeln durchzogen. Die im Flächenbilde


deutlich hervortretende Primärmembran enthält ganz kurze zahn-
artige Leisten, zwischen welchen sie verschleimt ist, welche den
haarähnlichenLeisten bei Solanum lligrum entsprechen (Fig. 87 u. 88).
Dieselben erscheinen, in der Fläche gesehen, als kleine,
knotige Verdickungen der Primärmembran.
Die auf die Epidermis folgende Nährschicht ist im Ver-
hältnisse zu jener der übrigen Solanaceen ziemlich mächtig ent-
wickelt und besteht aus farblosen, inhaltsleeren, dünnwandigen
Zellen.
Das Endosperm und das Gewebe des Embryo zeigen die-
selben anatomischen Verhältnisse wie bei den bereits besprochenen
Solanaceen-Samen.

39. Tabak. Folia Nicotianae.


Die eigentümlich zubereiteten Blätter der 'l'abakpflanze,
Nicotiana Ta bacum L., N. rustica L. und ihrer Varietäten,
die gegenwärtig in allen Weltteilen kultiviert werden. Für medi-
zinale Zwecke werden ungebeizte, einfach getrocknete Blätter ver-
wendet, doch werden in der Volksmedizin wohl gewöhnlich die als
Rauchtabak im Handel vorkommenden Blätter benutzt.
Die Blätter von Nicotiana Tabacum L. (Virginischer Tabak)
sind langgestielt bis ungestielt, bis 60 cm lang, länglich oder lanzett-
förmig, lang zugespitzt mit allmählich verschmälerter Basis, ganz-
randig, einnervig , mit schlingenbildenden, unter spitzen Winkeln
entspringenden Sekundärnerven, stark bis schwach behaart, bräun-
lichgrün (als Rauchtabak gelb bis dunkelbraun).
Die Blätter der als :Maryland Tabak bekannten Varietät
Nicot. Tabacum L., ß macrophylla besitzen unter fast rechtem
Winkel abgehende Sekundärnerven und N. rustica L. (Bauern-
tabak) hat mehr eiförmige, stumpfe, dickliche Blätter. Sie enthalten
je nach der Sorte und Zubereitung in verschiedener :Menge das
giftige Alkaloid Nikotin, eine flüchtige, flüssige Substanz.
Anatomisch zeigen die Tabaksblätter die größte Ähnlich-
keit mit den Blättern von Atropa Belladonna L.
Die Epidermis besteht beiderseits aus in der Fläche buchtig
wellig begrenzten dünnwandigen Tafelzellen. Spaltöffnungen kommen
an beiden Seiten vor.
Die Haare zeigen den beschriebenen Solanaceentypus (vgl.
Belladonna pag. 141). Besonders reichlich kommen Drnsenhaare
vor, mit langem, unten gewöhnlich stark verbreitertem mehr-
zelligem Stiele. Fast regelmäßig finden sich in den Drüsenzellen,
auch hie und da in den Zellen des Haarschaftes, ganz kleine, aber
deutlich ausgeprägte, gelb gefärbte Kristallrosetten und Drusen vor;
dieselben sind in den verschiedensten Sorten von Rauchtabak sowie
auch im Herbarmateriale regelmäßig nachzuweisen, während sie
in den Haaren von Belladonna nicht zu konstatieren sind. Aus

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Asthmapräparate. 163
diesem Umstande können diese Kristallausscheidungen als ein
differentialdiagnostischesMerkmal zu der manchmal sehr schwierigen
Unterscheidung zwischen zerschnittenen Tabak- und Tollkirschen-
blättern herangezogen werden.
Das Mesophyll besteht aus einer gewöhnlichen einreihigen
Palissadenschicht und einem etwas breiteren Schwammparenchym.
In diesem liegen zahlreiche Kristallsandzellen von eiförmiger
Gestalt, die im allgemeinen bedeutend kleiner als jene von Bella-
donna sind, ein Unterscheidungsmerkmal, das aber für exakte
Untersuchungen doch zu schwankend ist.
In manchen Tabaksorten finden sich im Schwammparenchym
außer Kristallsand ganz auffallend große sphäritische oder ganz
unregelmäßige Kristallkonglomerate von oxalsaurem Kalk vor, die
bereits mit freiem Auge am Blatte als graue Punkte sichtbar sind.
Solche Kristallanhäufungen fehlen den Blättern von Bella-
donna.
Mikrochemisch läßt sich das Nikotin im Zellinhalte aller
Zellen nachweisen durch: Jodkalijodquecksilber - weißlichgelber
Niederschlag-,Phosphormolybdänsäure - reichlicher gelber Nieder-
schlag - , Quecksilberchlorid - weißer Niederschlag -, Platin-
chlorid - gelblicher Niederschlag - , Jodjodkali - zuerst kermes-
rote Färbung, dann reichlicher, allmählich (beim Erwärmen besonders)
erblassender rotbrauner Niederschlag (Strassburger) Botan. Prak-
ticum).
Differentialdiagnostisch ist zur Unterscheidung gegen-
über den Blättern von Belladonna bei äußerlich verändertem Ma-
teriale Gewicht zu legen auf die kleinen Kriställchen in den Drüsen-
haaren, die kleineren Kristallsandzellen und die in manchen Tabak-
sorten sich vorfindenden riesigen Kristallkonglomerate im Mesophyll.
Die Behaarung ist gewöhnlich bedeutend reichlicher als bei
Belladonna; besonders überwiegen die großen Drüsenhaare.

Asthmapräparate. In praxi findet man häufig die Blätter


oder das Kraut der hier beschriebenen Solanaceen miteinander
gemengt in Form von Pulvern, Theegemischen (Spezies) oder in
Zigarrettenform als äußerlich durch Inhalation ihres Rauches gegen
Asthma anzuwendende Präparate vor. Da der Unfug, pharmazeutische
Spezialitäten und Geheimmittel durch die inseratenhungrige Tages-
presse zu verbreiten, diese unter Umständen höchst gefährlichen
Präparate dem großen Publikum leicht zugänglich macht, und
zudem, wie ein vor mehreren Jahren in Wien nachgewiesener Fftll
beweist, die Zusammensetzung dieser Spezialitäten nicht immer
dem offiziellen Rezepte entspricht, dürfte eine Besprechung der ge-
wöhnlich in diesen Asthmapulvern etc. vorkommenden Ingredienzien
berechtigt sein.
Gewöhnlich enthalten diese Präparate eine Mischung von
Belladonna-, Hyoscyamus-, Strammonium- und Nicotiana-
Blättern, häufig sind darin auch die Blätter des Teestrauches,
11*

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164 Indischer Hanf, Cannabis sativa L.

das Kraut von Lobelia inflata L. und das Kraut des indischen
Hanfs, Cannabis sativa L., beigemengt, ferner Opium und Digi-
talis-Blätter. Auch die leicht erkennbaren Früchte von Fenchel,
Anis oder Wasserfenchel finden sich darin manchmal vor.
Wie vorsichtig man bei der Beurteilung dieser Präparate sein muß, zeigt
ein aktenmäßig bewiesener Fall, in welchem eine durch ihre Reklame berüchtigte
ausländische Spezialitätenfirma Asthmazigaretten in Wien in den Handel brachte,
die angeblich aus indischem Hanf und Tabak bestanden, was durch die behördliche
Untersuchung des zur Prüfung vorgelegten Materiales auch bestätigt werden
konnte, während die nach einiger Zeit vorgenommene Untersuchung der tatsächlich
im Handel vorkommenden Zigaretten nachwies, daß sie hinterher aus einer
Mischung der drei atropinhaItigen Solanaceenblätter bereitet worden waren.

40. Indischer Hanf. Cannabis sativa L. (Herba Canna-


bis Indicae Pharm. Austr.)
Die getrockneten Zweigspitzen der in Ostindien kultivierten
gewöhnlichen Hanfpflanze, Familie der Urticaceae-Canna-
bineae, und zwar der weiblichen Form.
Die bei uns kultivierte Hanfpflanze zeigt nicht die jedenfalls
auf klimatische Einflüsse zurückzuführende narkotische Wirkung des
indischen Hanfs, dessen wesentlicher Bestandteil· ein Harzgemenge
(Cannabin) ist. Daneben finden sieh ein ätherisches Öl, ferner an-
geblich zwei Alkaloide Cannabinin und Tetanocannabin.
Das Kraut und das aus demselben abgesonderte Harz
(Charas oder Churus) dienen zur Herstellung des im Oriente
viel verwendeten Haschisch, eines Betäubungsmittels ähnlich
dem Opium.
Die Beimengung von indischem Hanf in Asthma- oder
Haschischpräparaten ist, sofern natürlich nicht allein ein Extrakt
verwendet wurde, auf mikroskopischem Wege leicht zu er-
kennen.
Die Blätter besitzen oberseitseine aus polygonalen, unter-
seits aus wellig polygonalen Tafelzellen bestehende Epidermis.
Spaltöffnungen kommen nur an der Unterseite vor. Besonders
charakteristisch sind die reichlichen Haare der Blätter. Sie sind
stets einzellig, derbwandig, spitzig und besitzen eine kugelig auf-
getriebene, in das Mesophyll vorspringende retortenförmige Basis.
In das Lumen der Basis ragt häufig ein kugeliger, farbloser
Fortsatz (Cystolith) der Zellwand hinein, der gewöhnlich deutliche
Schichtung zeigt und gleich der Zellwand der Haare Kieselsäure
enthält, so daß die Haare auch in der aus dem Kraute herge-
stellten Asche ihre Form behalten (Fig.89).
Häufig (besonders unterseits) ist der Haarschaft gegen die
Basis etwas abgebogen, wodurch die eigentümliche retortenför-
mige Gestalt noch deutlicher wird.
Neben diesen Deckhaaren finden sich, besonders zahlreich
an den Deckblättern der Blüten, die in guter Ware (Ganja) reich-
lich vorkommen, eigentümliche DfÜsenzotten vor, die ebenfalls
sehr charakteristisch sind. Sie bestehen aus einer plumpen, breiten,

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Indischer Hanf, Cannabis sativa L. 165


Fig.89.
I

Cannabis sativa L.
I Qnerschnittpartie eines Bla.ttes. - IIBlattepidermis der Unterseite von der Fläche. -
m Elemente des gepulverten Krautes. e Epidermis der Ober- und e' der Unterseite
des Blattes, p Palissadenschicht unter der Epidermis der Blattoberseite, s Schwamm-
parenchym, st Spaltöffnungen, h cystolithenführende Trichome, d blasige Hantdrüsen.
(A. E. Vogl.)

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166 Indischer Hanf, Cannabis sativa L.

vielzelligen Zotte, an deren Spitze sich die eigentliche Drüse an-


setzt, die aus zahlreichen (bis 16) im Kreise angeordneten keulen-
iormigen Drüsenzellen zusammengesetzt ist.
Das Sekret derselben sammelt sich zwischen der Drüsenwand
und der Cuticula an, wodurch diese blasenformig abgehoben wird
(blasige Hautdrüsen), eine Erscheinung, die besonders in der Seiten-
ansicht der Drüsen deutlich wird.
Ähnliche blasige Hautdrüsen mit gewöhnlich. 8 Sekretzellen sind vornehm-
lich für die Familie der Labiaten charakteristisch. .

Fig.90.

Partie der Epidermis der Unterseite des Blattes von Lobelia inflata L.
3 Spaltöft'nungen. Die wellig buchtigen Seitenwände der Epidermiszellen zeigen an den
Ausbuchtungen knotige Verdickungen. Vergr. 1: 690.

Derartige Drüsen finden sich neben kleinen ein- oder zwei-


zelligen Köpfchenhaaren auch für sich auf einer kurzen .Stielzelle
an der Epidermis sitzend vor.
Das Mesophyll besteht aus einer auffallend langen ein-
reihigen Palissadenschicht (2/ 3 des Blattquerschnittes) und einem
schmalen Schwammparenchym.
Oxalsaurer Kalk findet sich in Form zahlreicher großer
morgensternionniger Drusen im Mesophyll vor.
Sehr charakteristisch sind auch F1ächenbilder des kleinen
häutigen Perigons der Blüte, dessen Parenchym iormlich über-
sät mit kleinen Kalkoxalatdrusen ist.
Das Pulver des indischen Hanfs ist an den geschilderten
anatomischen Verhältnissen mit Leichtigkeit zu erkennen. Haupt-

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Lobelia inflata L., Lobelienkraut. 167


sächlich· prävalieren die retortenf6rmigen Haare, die großenteils
zerbrochen sind. Reichlich findet man die blasigen Hautdrüsen und
Zotten, die letzteren gewöhnlich ohne der leicht abfallenden Drüse.
Überall im Gesichtsfelde die größeren morgensternf6rmigen
Drusen, stellenweise Partien des Perigons mit massenhaften
kleinen Drusen, In der Asche bleibt die Form der Haare erhalten.

. 41. Lobelia inß.ata L. (Herba Lobeliae Pharm. Austr.)


Lobelienkraut.
Eine in Nordamerika wild vorkommende Pflanze aus der
Familie der Lobeliaceae.

Fig.91.

Partie der Epidermis der Fruchtscheidewand von Lobelia inflataL. Vergr.1:690.

In den Handel kommt das (nach der Blütezeit eingesam-


melte) Kraut in stark gepreßten Paketehen.
Es enthält das Alkaloid Lobelin. In Nordamerika sind
Vergiftungen durch das Kraut und daraus hergestellte Präparate
nicht selten. Als Bestandteil von Asthmapräparaten ist es auch bei
uns von toxikologischer Bedeutung.
Die Blätter besitzen oberseits eine aus polygonalen, seitlich
stark knotig verdickten Zellen bestehende Epidermis. Die spär-
lichen Spaltöffnungen sind gewöhnlich von 2-4 Nebenzellen
begleitet. An Querschnitten erscheinen die Epidermiszellen fast
papillös nach außen vorgewölbt, die Cuticula beiderseits grob streifig.
Die Zellen der unteren Epidermis sind in der Fläche wellig buchtig
mit auffallenden, an den Buchten einseitig vorspringenden knotigen
Verdickungen (Fig. 90). Unterseits sind Spaltöffnungen sehr zahl-
reich. Nebenzellen sind nicht deutlich. Die hier zahlreicher

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168 Lobelia inftata L., Lobelienkraut.

vorhandenen Haare sind sehr lang, einzellig, spitz, dünnwandig


bis dickwandig und grob warzig.
Das bifaciale Mesophy II zeigt an der Oberseite eine ein-
reihige Palissadenschicht aus kurzen breiten Zellen und unterseits
ein doppelt so breites lockeres großzelliges Schwammparenchym.
Auf Zusatz von Chloral etc. treten im Mesophyll massenhaft gelbe
öl- oder harzartige glänzende Tropfen auf.
Im Bereiche der Gefäßbündel verlaufen einen braunen Inhalt
führende Milch saftschläuche.

Fig.92.

Partie del' Samentesta von Lobelia inflata L. in der Flä<:>he. Vergr.l:170.

Von den Gewebselementen der in der Droge regelmäßig


vorhandenen Kapselfrüchte ist besonders die Epidermis der
papierdünnen Scheidewand charakteristisch, die aus dickwandigen
getüpfelten, anscheinend verholzten, tief und scharf buchtig-welligen
Zellen gebildet wird (Fig. 91).
Die Samen sind makroskopisch in der zerschnittenen Droge
als kleine braune Pünktchen sichtbar und bilden im Pulver eines
der wichtigsten diagnostischen Merkmale.
Sie sind eiförmig, 200 p. lang. Ihre Testa besteht aus in
der Fläche gesehen langgestreckt polygonalen, sehr derbwandigen
inhaltslosen Zellen mit braunen Zellwänden und deutlicher pri-
märer Membran (Fig. 92).

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Digitalis purpurea L., Roter Fingerhut. 169

Im optischen Querschnitte der Randpartien des SamenS


erweisen sich bloß die Innen- und Seitenwände der Zellen stark
verdickt, 'während die Außenwand sich als eine dünne Lamelle
über das schmale Lumen legt.
Im Pulver findet man mehr oder weniger zahlreiche Haare,
Epidermisfetzen , von welchen die Zellen der unteren Epidermis
durch die knotigen Verdickungen an den Buchten ausgezeichnet
sind, spärlicher die charakteristische Epidermis der Fruchtscheide-
wand und ziemlich zahlreiche Fragmente der besonders charakte-
ristischen Samen. An den Fragmenten der Gefaßbündel fallen die
Milchsaftgefaße auf.

42. Digitalis purpurea L., Roter Fingerhut. (Folia Digitalis


Pharm. Austr.)
Eine zweijährige, im westlichen Europa wild"wachsende, bei
uns in Gärte~ als Zierpflanze häufig kultivierte Pflanze aus der
Familie der Scrophulariaceae. Toxikologisch sind in erster Linie
die als Heilmittel berühmten Blätter von Bedeutung, die gleich
den Samen die glykosidischen Herzgifte Digitalin , Digitalein
und das Digitoxin (Schmiedeberg) enthalten;- das darin vorhan-
dene saponinartige Digitonin ist weniger wirksam. In durch
Schimmelpilze etc. verdorbenen Blättern treten auch die Spaltungs-
produkte der 3 ersterwähnten Glykoside Digitaliresin und Toxi-
I' e s i n auf, wodurch, wie Kobert erwähnt, medizinale Vergiftungen
beobachtet wurden. Das Digitonin liefert die Spaltungsprodukte
Digitonein, Digitoresin, Digitogenin und Paradigitogenin.
Vergiftungen durch die Digitalisblätter oder daraus hergestellte
Präparate sind infolge ihrer häufigen medizinischen Anwendung
und der eigentümlich kumulativen Wirkung der Glykoside nicht
selten und es sind 90% der Vergiftungen nach Kobert medizinal.
Durch verbrecherische Anwendung der Blätter behufs Be-
freiung vom Militärdienste kamen ebenfalls Vergiftungen vor, dar-
unter eine mit tödlichem Ausgange (Köhnhorn, Vierteljahrsschrift
für ger. Med., 1876~ Bd. XXIV, pag. 249).
Daß diese Blätter in gegen Herzschwäche, Wassersucht etc.
verwendeten und anempfohlenen Geheimmitteln und kur-
pfuscherischen Präparaten eine wichtige Rolle spielen, ist fast
selbstverständlich.
Die Blätter sind eiförmig oder eiförmig länglich, bis 30 cm
lang, mit einem langen geflügelten Blattstiel versehen, die am Sten-
gel stehenden ungestielt, spitzig, in die Basis allmählich verschmä-
lert, am Rande doppelt und ungleich gekerbt, jeder Kerbzahn mit
einem kleinen drüsigen Wärzchen versehen, einnervig , mit unter-
seits auffallend stark hervortretenden, netzförmig verzweigten
Nerven. Die Sekundärnerven treten unter spitzen Winkeln aus
, dem starken Primärnerven hervor und sind durch quer verlaufende
Tertiärnerven verbunden, zwischen welchen sich ein grobes Netz
von Quaternärnerven ausbreitet.

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170 Fig.93.

Digitalis purpurea L.
I Querschnittsp&rtie eines Blattes. e Epidermis der Oberseite mit einfachen mehrzelligen
(h) und köpfchentragenden Haaren (d'j, p Palissadenschicht, Iv Gefäßbündel, e' Epidermis
der Unterseite mit einfachen mehrzelligen (h) und köpfchentragenden längeren (d') und
kürzeren (d) Haaren. - 11 Epidermis der Unterseite, von· der Fläche gesehen, mit
SpaltöffuuDgen (st), einfachen mehrzelligen (h) und köpfchentragenden (a und d') Baaren.
(A. E. Vogt.)

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Gratiola officinalis L., Gnadenkraut. 171


Die -Oberseite der Blätter ist trübgrün und flaumig, die Unter-
seite weiß filzig behaart. Blätter kultivierter Pflanzen sind ge-
wöhnlich schwach behaart.
An dem eigentümlichen grobmaschigen Netze der unterseits
stark hervortretenden Tertiär- und Quaternärnerven sind selbst
kleine Fragmente der Blätter in Teegemischen leicht erkennbar.
Anatomie. Die Epidermis der Oberseite besteht aus buchtig-
polygonalen, die der Unterseite aus wellig-buchtigen Tafelzellen.
Die Cuticula der Unterseite ist fein wellig-streifig. Spaltöffnungen
kommen beiderseits vor. Die Haare gleichen den sRitzen Deck-
haaren der Solanaceen. Sie sind dünnwandig, mehrzellIg, ihre End-
zelle stumpf (bei den Solanaceen spitz), ihre Oberfläche feimvarzig.
Häufig collabieren eine oder mehrere Zellen der Haare. Neben
diesen Deckhaaren finden sich kleine Drüsenhaare, bestehend aus
einer kurzen Stielzelle und einem aus zwei, manchmal drei halb-
kugeligen Zellen bestehenden Drüsenköpfchen, und einfache Köpf-
chenhaare mit mehrzelligem Stiele (Fig.93).
Das bifaciale Mesophyll zeigt oberseits eine einreihige
Palissadenschicht aus auffallend kurzen, relativ breiten Zellen und
ein breites Schwammparenchym. Oxalsaurer Kalk fehlt.
Im Pulver finden sich gewöhnlich sehr zahlreiche Haare vor,
unter welchen besonders die kleinen zweizelligen Drüsenköpfchen für
die Diagnose von Wichtigkeit sind. Die stumpfe Endzelle der Deck-
haare und der vollständige Mangel von oxalsaurem Kalk in irgend
welcher Form unterscheiden das Digitalispulver leicht von dem
Pulver der ähnliche Haare besitzenden Solanaceen (vgl. d.).
Von offizinellen Blättern besitzen Menth. piperita L. und crispa L.
ähnliche lange, mehrzellige und warzige Deckhaare, die' aber dickwandiger sind
als jene von Digitalis. Neben diesen finden sich im Pulver der genannten Blätter
blasige Hautdrüsen mit acht keulenförmigen rosettenartig angeordneten Drüsen-
zellen vor, die jenen von Cannabis (s. d.) gleichen, sowie kleine Köpfchenhaare mit
einzelligem Köpfchen. Oxalsaurer Kalk fehlt auch diesen Blättern, wohl aber finden
sich häufig kleine nadelförmige strahlige oder sphäritische Ausscheidungen von
Hesperidin in der Epidermis vor .

. 43. Gratiola officinalis L., Gnadenkraut.


Eine ausdauernde, in Mittel- und Südeuropa und andern
Orten wildwachsende Scrophulariacee.
Kraut und Wurzelstock dieser ehemals als Heilmittel sehr
geschätzten Pflanze enthalten die glykosidischen Bitterstoffe Gra-
tiolin und Gratiolosin. Diesem soll die giftige Wirkung zuzu-
schreiben sein. Vergiftungen durch das Kraut sind durch An-
wendung desselben als Volksheilmittel, besonders als Abortivum,
bekannt, darunter nach Kobert solche mit tödlichem Ausgange.
Die Pflanze besitzt einen kriechenden, ausläuferartigen, ge-
gliederten, ästigen und stielrunden Wurzelstock. Der Stengel
1st aufrecht, .unten rund, oben vierkantig. Die Blätter gegen-
ständig, sitzend, halb stengelumfassend, 2-4 cm lang, schmal
lanzettförmig, spitzig, mit fein und scharf entfernt gesägtem Rande,

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172 Gratiola officinalis L., Gnadenkraut.

kahl, 3-5nervig, die Nerven spitzläufig , der Mediannerv stärker


entwickelt.
Die Blüten stehen einzeln auf langen Stielen in den Blatt-
winkeln. Der Kelch besitzt 5 lanzettliehe Zipfel; die verwachsen-
blätterige Blumenkrone ist unten trichteriörmig, ihr ausgebreiteter
Saum fast zweilippig vierspaltig, die Oberlippe ein breiter ausge-
randetel' Lappen, die Unterlippe dreilappig, weiß oder rötlich ge-
farbt; die 4 Staubgefaße sind der Blumenkronenröhre eingefügt,
die 2 längeren sind unfruchtbar.
Der eiförmige zweifacherige vielsamige Fruchtknoten trägt
einen langen Griffel mit einer keulenförmig verdickten zweilappigen
Narbe.
Die Frucht ist eine zirka 7 mm lange Kapsel, zugespitzt
eiförmig mit breiter abgerundeter, vom Kelche noch eingeschlossener
Basis. Durch eine scharfe, feine, längsverlaufende Kante ist die
Fruchtkapsel in eine Bauch- und Rückenseite geschieden, die in
ihrer Mitte je eine längsverlaufende Furche zeigen.
Die braun gefarbte Schale ist dünn, spröde, und springt fach-
spaltig-zweiklappig auf. An dem zentralen Samenträger der zwei-
facherigen Kapsel sitzen zahlreiche eirunde, zirka 1/2mm lange
Samen.

Anatomie der Blätter. DieEpidermis der Oberseite besteht


aus wellig-polygonalen dünnwandigen Tafelzellen mit fein streifiger
Cuticula. Spaltöffnungen kommen hier nur unmittelbar neben den
Nerven vor und sind nach der Blattachse orientiert.
Die unterseitige Epidermis besitzt mehr wellig-buchtige un-
regelmäßig begrenzte Zellen und zahlreiche über das Niyeau der
Epidermis hervon-agende Spaltöffnungen ohne deutliche N eben-
zellen (Fig. 94).
Beiderseits in muldenförmigen Depressionen der Blattober-
fläche sowie am Stengel zahlreiche Hautdrüsen aus einer kurzen
breiten Stielzelle und einem Drüsenkörper aus acht keulenförmigen,
um den gemeinschaftlichen Mittelpunkt rosettenförmig angeordneten
Zellen. An der Basalzelle dieser Drüsenhaare grenzen gewöhnlich
fünf im Kreise gestellte Epidermiszellen aneinander.
Das Mesophyll besitzt einen zwischen bifacialem und zen-
trischem Bau stehenden Typus.
Oberseits eine aus zwei Reihen bestehende lockere Palissaden-
schicht aus relativ breiten und kurzen Zellen (L. = 40-50 (1-,
Br. = 20-25 f1.). Jede Zelle der unteren Reihe korrespondiert mit
der darüber liegenden der oberen.
Das lockere großzellige Schwammparenchym ist ungefähr
so breit wie das Palissadenparenchym der Oberseite. Seine unterste
Zellreihe besteht aus deutlich, aber gering gestreckten palissaden-
artigen Zellen in lockerem Zusammenhange (L. = 30, Br. = 15 (1-).
Oxalsaurer Kalk oder andere Kristallbildungen kommen in den
Blättern nicht vor.

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Gratiola officinalis L., Gnadenkraut. 173


Die "Gefäßbündel geben an jeden Blattzahn einen Strang ab,
der sich an diesem plötzlich stark verbreitert und hier endet .

. Anatomie der Frucht. Die Fruchtschale (Perikarp der ge-


trockneten Frucht) besitzt eine dünnwandige Epidermis aus in
der Fläche scharf poly~o?alen (sechseckigen) Tafelzellen mit farb-

Fig.94.

Gratiola officinalis L.
Epidermis der Unterseite des Blattes in der Fläche, mit einer blasigen Hautdrüse nnd-
S Spaltöffnungen. Ul,lten eine Hantdrüse in der Seitenansicht. Vergr. 1: 460.

losen Wänden und zahlreichen auf Zusatz von Ohloral deutlich


werdenden eirunden Ohromoplasten als Inhalt, die aus einem farb-
losen Plasma und zwei an beiden Polen sitzenden gelblich-grünen
Kernen bestehen (D. = 5 v-). An Querschnitten erweist sich die
Außenwand der Epidermis auffallend stark verdickt und von einer
dünnen gezähnten Outicula bedeckt.
Die Mittelschich t (Mesokarp) ist ein schmales Parenchym
aus dünnwandigen, am Querschnitte tangential gestreckten, farblosen

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174 Gratiola officinalis L., Gnadenkraut.

und inhaltslosen Zellen, in dessen innersten Partien die zalien


Gefäßbündel verlaufen.
Die Innenschicht (Endokarp) nimmt zwei Drittel des Quer-
schnittes ein und besteht aus 2-3 Reihen axial und einer inner-
sten Reihe tangential gestreckter Steinzellen, mit mächtigen getüpfelten
und grob geschichteten Wänden und am Querschnitte gerundet
polygonal begrenztem, weitem, lufthaltigem Lumen. In der Fläche
sind die Zellen wellenf6rmig begrenzt.
Die winzigen Samen besitzen (in toto beobachtet) eine aus
schwach wellig-polygonalen, axial gestreckten, dünnwandigen Zellen
bestehende Epidermis; die bräunlich gefärbten Wände derselben

Fig.95.

Gratiola officinalis L.
Epidermis des Samens in der Fläche. Yergr. 1: 112.

sind von zahllosen feinen Tüpfeln durchzogen, wodurch die Zellen


in der Fläche fein und dicht punktiert aussehen. Die Cuticula
erscheint im Querschnitte fein gezähnt (Fig.95).
Unter dieser Epidermis, unter welcher weitere Zell schichten
an den in toto beobachteten Samen nicht mehr deutlich sind,
schimmert der Keim durch, an welchem besonders das fast ein
Drittel der Länge des Samens einnehmende walzenrunde Würzel-
chen auffällt.
Schnitte durch diese kleinen Samen (L. = 500-700 1'.) lassen
sich nur schwer ausführen. Für ihre Erkennung genügt aber die
Untersuchung der ganzen Samen in Chloralhydrat.
Der Stengel zeigt an Querschnitten unter der - in der Fläche
aus gestreckt polygonalen Tafelzellen gebildeten und mit zahl-

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Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe. 175

reichen Hautdrüsen besetzten - Epidermis eine breite, von weiten


Luftkanälen durchzogene chlorophyllhaltige primäre Rinde.
Eine sehr schmale Bastzone und ein breiter Holzring grenzen
das sekundäre Gewebe gegen das in der Mitte hohle großzellige
Mark ab.
Das Pul ver zeigt in größter Menge Stengelteile, da ja im
Kraute die stengeligen Teile sehr überwiegen. Charakteristisch an
diesen sind die langen, stets nur von einer Zellreihe begrenzten
Luftkanäle der Rinde. Ferner findet man im Pulver ziemlich zahl-
reich die charakteristischen Hautdrüsen , die gapz jenen der
Labiaten gleichen.
Stellenweise findet man kleine Querschnittspartien des Meso-
phylls mit seinem recht charakteristischen Aufbau und reichlich die
zertritmmerten Steinzellen der Innenschicht der Fruchtschale. Samen
oder Fragmente derselben sind relativ spärlich, aber wegen der
sehr typischen Ausbildung ihrer Epidermis bzw. Samenhaut für die
Diagnostizierung des Pulvers von größter Wichtigkeit, daher man
sich der Mühe ihrer Aufsuchung stets unterziehen soll.
Kalilauge färbt das Pulver sowie alle Schnitte stark gelb-
lichgrun. '
Auch der Wurzelstock der Droge (Rhizoma Gratiolae) ist
durch eine der Rinde des Stengels analog ausgebildete primäre
Rinde mit weiten axial gestreckt verlaufenden Luftkanälen aus-
gezeichnet. In vielen Zellen zeigt die Wand sehr charakteristische,
gelbgefärbte dicke Verdicknngsleisten.
(Abbildung in -Vogl, Pharmakognosie, pag. 598, Fig. 179.)

44. Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Gift-


rübe, Teufelskirsche.
Diese zur Familie der Cucurbitaceae gehörigen Schling-
gewächse, die an Zäunen, Weghecken etc. ziemlich häufig vor-
kommen, enthalten, besonders in der Wurzel und den Beeren, die
bitteren Glykoside Bryonin (wirkungslos) und Bryonidin (giftig).
Vergiftungen durch die erwähnten 'feile dieser Pflanzen sind
nicht selten, darunter auch solche mit tödlichem Verlaufe, indem
die Beeren manchmal aus Spielerei genossen werden, die Wurzeln
ein beliebtes Volksmittel gegen Gicht, Wassersucht etc. bilden.
Die frischen Wurzeln sind nach Kobert wirksamer als die
getrocknete in Apotheken erhältliche Droge.
Die Pflanzen besitzen eine mächtige rübenförmige Wurzel
von der Dicke eines Mannesarms, die im frischen Zustande fleischig
saftig ist, getrocknet um mehr als zwei Drittel ihrer Breite zu-
sammenschrumpft.
Außen ist die Wurzel im oberen Teile grob quergeringelt,
gelblichweiß gefärbt, mit dünnen fleischigen Nebenwurzeln be-
setzt, getrocknet tief längsfurchig, quer- und längsgeringelt. Der
Geruch der frischen Wurzel erinnert an frisch geselchtes Fleisch
der Geschmack ist scharf und intensiv bitter. '

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176 Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe.

Der rauhhaarige Stengel trägt Wickelranken. Die Blätter sind bei beiden
Arten fünf- bis siebenlappig, spitzig oder zugespitzt mit tief herzförmigem Grunde
und ungleich eckig gezähnten oder selbst ausgebuchteten eiförmigen his läng-
lichen Lappen, von welchen der mittlere der längste ist. Die Blüten sind bei
Br. alba einhäusig, bei Br. dioica zweihäusig. Ihr Kelch ist in seinem unteren
'feile mit Ausnahme seiner fünf kurzen Zipfeln mit der Blumenkrone verwachsen.
Diese ist glockenförmig und trägt am Rande fünf tief eingeschnittene Zipfel.
Farbe gelblich grün. Blütezeit Juni, Juli.
Die Beeren sind im reifen Zustande bei Br_ alba schwarz,
bei Bi'. dioica rot gefärbt, kugelig, zirka 1 cm im D., sehr saftig
und enthalten drei-, gewöhnlich zweisamige Fächer.
Die Sam en sind flachgedrückt eiförmig, oben spitz, am
Grunde breit, mit einer scharfen Kante am Rande; zu beiden
Fig.96.

Querschnitt durch die Samenschale von Bryonia alba L.


I Epidermis, U hypodennatische Steinzellenschicht, III Schicht der palissadenförmigen
Steinzellen, IV Innenschicht, V Rest des Nährgewebes, durch eine hyaline Membran
(VI) nach innen abgeschlossen. Vergr. 1: 34ö.

Seiten derselben je eine feine Ii'urche. Ihre Oberfläche ist gelbbraun


gefärbt, feinwarzig. D. = bis 1/2cm. In Wasser werden sie schlüpfrig
und ihre harte Testa wird zähe. Der Samenkern besteht aus zwei
plankonvexen gelblichen Cotyledonen und einem sehr kurzen
geraden Würzelchen und ist innerhalb der Testa noch mit einem
feinen, leicht ablösbaren farblosen Häutchen bedeckt.

Anatomie der Früchte. Die Epidermis besteht bei un-


reifen j<-'rüchten aus polygonalen dünnwandigen Tafelzellen, die
mit kleinen rundlichen, lebhaft rot gefärbten Chromoplasten erflillt
sin!1. An Querschnitten erweist sich die Außenwand der Epidermis-
zellen sehr stark verdickt, schleimartig geschichtet.

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Bl'yonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe. 1 77

In der reifen Frucht setzt sich an die dünne Primärmembran


noch eine breite, in Wasser stark aufquellende schleimartige
sekundäre Membran an, welche das Zellurnen . stark verengt.
Das Fruchtfleisch besteht aus sehr dünnwandigen paren-
chymatischen Zellen, die im Zellsaft eine ölige Substanz in zahl-
reichen Tröpfchen enthalten.

Die Samen besitzen eine sehr charakteristische Epider-


mis (Fig. 96, I). Die Zellen sind in der Flächenansicht unregel-
mäßig buchtig polygonal und haben sehr dünne farblose Zell-
wände, die ganz unregelmäßig an verschiedenen Stellen große und
kleine knotige Verdickungen aufweisen (Fig. 96 u. 97).

Fig.97.

Epidermis der Samenschale von B r y 0 n i aal b a L. in der Fläche.


(Fig. 96 I.) Vergr. 1: 420.

Am Querschnitt ist ersichtlich, daß die verdickten Stellen


von in die Seitenwände eingelagerten Leisten herrühren, die an
der Basis der Zelle beginnen und mehr oder weniger weit gegen
die obere Zellwand zustreben. An den nicht verdickten Stellen
sind diese radialen Zellwände stark wellig geschlängelt. Im Inhalte
der Zellen ist kleinkörnige Stärke nachweisbar.
Ihre Höhe ist am Querschnitte verschieden (50./,- an der
Bauchseite, 1601'- an der Kantenfurche).
Diese Epidermis ruht auf einer 1-2 Reihen breiten Stein-
zellenschicht (Il) auf, deren Elemente am Querschnitte tangen-
tial gestreckt, in der Fläche unregelmäßig polygonal, derbwandig,
weitlumig und grobporig sind. An Querschnitten ist die Außen-
grenze dieser Schicht zackig begrenzt, indem sie stellenweise Ver-.
dickungen aufweist. Darauf ist die eigentümlich fein grubige Gestalt
der Oberfläche der Samen zurückzuführen.
Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 12

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178 Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe.

Als dritte Schicht der Testa folgt eine Reihe von am


Querschnitte palissadenförmigen Steinzellen. In der Fläche (Tan-
gentialschnitt) erinnern sie in ihrer Form sehr an die Außenschicht
der Testa der Solanaceensamen (Fig. 98).
Sie sind hier wellig buchtig begrenzt mit halbkugelig gegen das
Lumen vorspringenden Protuberanzen der Zellwand. Diese ist gelb
glänzend und läßt deutlich eine Scheidung in die stark wellig
verlaufende dünne primäre Membran und die dicke Sekundär-
membran erkennen.
An Querschnitten sind die Zellen in radialer Richtung
lang gestreckt (H.=280 p.), ihre radialen Wände sehen wie breite,

Fig.98.

Bryonia alba L.
Die Schicht der palissadenförmigen Steinzellen (Fig.961II) der Samenschale in der
Fläche. Vergr. 1: 420.

in der Mitte schwach bauchig verdickte, undeutlich geschichtete


Strebepfeiler aus. Die oberen und unteren Wände der Zellen be-
sitzen auffallende, in das Lumen vorspringende, knollige Protu-
beranzen der Sekundärmembran.
Ein besonderer Inhalt findet sich in diesen Zellen nicht vor.
Die innere Grenze der Testa wird schließlich aus mehreren
Reihen ziemlich collabierter undeutlicher, farbloser Zellen gebildet,
die im Flächenbilde nicht charakteristisch sind (IV).
Hingegen ist das feine, den Keim einhüllende und leicht ge-
sondert ablösbare Häutchen, das den Rest eines Nährgewebes
darstellt, recht charakteristisch.
Am Querschnitte besteht es aus einer Reihe von nach außen
auffallend stärker verdickten rechteckig begrenzten Zellen (V) und
einer daran anschließenden hyalinen collabierten Membran (VI).

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Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrii.be. 179

In der Fläche sind die Zellen der äußeren Schicht lang-


gestreckt sechseckig begrcnzt, dünnwandig und von ungleicher
Größe. Nur am Nabel des Samens werden diese Zellen mehr
isodiametrisch polygonal und derbwandig. Ihren Inhalt bildet eine
form- und farblose Masse, die auf Zusatz von Chloralhydrat
sich in zahlreiche kleine farblose Tröpfchen auflöst (Fig. 99).
Das Gewebe des Embryos ist dünnwandig und mit sehr
kleinkörnigem Aleuron erfüllt.
}<'ür stark zerkleinerte Teile der Früchte sind in crster
Linie die charakteristischen Verhtiltnisse des Samens für die mikro-
skopische Feststellung von Bedeutung, insbesondm:e die sowohl

Fig.99.

Zell schicht aus dem Rest des Nährg€webes des Samens von Rryonia alba L. in
der Fläche nach Behandlung mit Chloralhydrat (Fig. 96 V). Vergr. 1: 420.

in der Fläche als am Querschnitte ungemein typische Palissaden-


schicht (IH) derselben.
Auch die eigentiimliche, sehr charakteristische Epidermis der
Testa (I) mit den unregelmäßigen knotigen Verdickungen der
dünnen Zellwände im Flächenbilde ist bei nicht zu sehr mace-
riertem Materiale für die Diagnose von Wichtigkeit.

Anatomie der Wurzel. Der Querschnitt der Wurzel ist


O'elblichweiß gefärbt und zcigt einen durch zahlreiche Gefäß-
~unkte deutlich radial gcstreiften Holzkörper und zugleich kon-
zentrische Ringe, die dadurch entstehen, daß zahlreiche je einer
Kreislinie cntsprechende Gcfäßpunkte größer sind als die übrigen.
Das Zentrum der Wurzel wird durch eine kleine Gruppe primärer
Gefäße gebildet. Die Rinde ist sehr schmal.
12*

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180 Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe.

Zu äußerst befindet sich ein lockeres farbloses Periderm,


durch dessen ringförmige Verdickungen die mit freiem Auge wahr-
nehmbaren Wülste an der Oberfläche der Wurzel gebildet werden.
DieMittelrinde ist zirka 1 mm breit und besteht aus einem
Parenchym dünnwandiger, tangential gestreckter Zellen, die mit
Stärke erfüllt sind. In ihr kommen - doch keineswegs reg~l­
mäßig - sklerosierte Zellen vor, die ein weites Lumen und relativ
dünne Wände besitzen und im übrigen den Zellen des Parenchyms
gleichen.
Die schmale Innenrinde wird durch ein breites Cambium
vom Holzkörper getrennt und besitzt sehr breite Markstrahlen,

Fig.l00.

Partie aus dem Längsscbnitte der Wurzel von Eryonia dioica L. (Innenrinde) mit
einer aus axial übereinander stehenden Zellen gebildeten Sekretzellenreihe. Präparat,
mit Chloralhydrat behandelt. Vergr. 1: 112.

zwischen welche die engzelligen Baststrahlen sich einschieben, in


welchen hauptsächlich axialverlaufende Reihen von Sekretzellen
auffallen. Sie bestehen aus engen zylindrischen Zellen, die, in
axialer Richtung übereinander stehend, das Aussehen langer, manch-
mal verzweigt er Schläuche haben, doch bleiben die Querwände
anscheinend in der Regel erhalten. Diese Sekretzellen sind mit
einer formlosen hyalinen glänzenden farblosen Masse erfüllt, die
sich mit Fuchsin oder Alkannatinktur intensiv färbt und die
mikrochemischen Reaktionen des Bryonins gibt. Sie finden sich
auch in den inneren Partien der Mittelrinde sowie in den den
sekundären Gefäßen anliegenden atypischen Phloemsträngen des
Holzkörpers vor (Fig. 100).

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Bryonia alba L. und Bryonia dioica L., Zaunrübe, Giftrübe. 181

Die Siebröhren sind entweder durch Oallusbildung collabiert,


oder sie zeigen noch die fein netzförmig durchbrochenen, fast
horizontal stehenden Siebplatten.
Der mächtige saftige Holzkörper besteht am Querschnitte
aus breiten, großzelligen Markstrahlen und dazwischen liegenden,
im Parenchym wenig differenzierten Holzstrahlen, in welchen sich
in radialen Reihen, durch großzelliges Parenchym getrennt, die
weitlumigen, netzförmig verdickten Gefäße in kleinen Gruppen
vorfinden. Stellenweise enthalten diese einen gelbbräunlichen Inhalt.
Um viele Gefäße herum findet sich ein atypisches cambiales
Gewebe und an dieses anschließend sekundäres Phloem. Es bilden
sich hier also im Anschlusse an die sekundären Gefäße kon-
zentrische Gefäßbündel im Holzkörper, die sich durch ein sekun-
däres Oambium vergrößern (vgl. SollerederJ pag. 448). Die Phloem-
Fig.l01.

Stärkekörner ans der Wurzel von Bryonia dioica L. Vergr.l:690.

elemente enthalten zum Unterschiede von dem weitzelligen Paren-


chym des übrigen Holzkörpers kein Amylum und färben sich auf
Zusatz von Jod braun im Inhalte.
Die reichliche Stärke besteht aus componierten, in der Fläche
kreisf6rmigen, von der Seite gesehen paukenförmigen Körnern
von 2-12 p- Durchmesser. Hie und da sieht man einen kleinen
exzentrischen Kern und Schichtung (Fig. 101).
Mikrochemie: Nach den Untersuchungen von L. Braemer*)
ist das Bryonin in den Sekretzellen der Wurzel, sowie in denen
der Mittelschicht des Pericarps miluochemisch nachweisbar.
Schwefelsäure (conzentrierte) färbt es blutrot, Fröhdes Reagens
blutrot, später grün, Mandelinsches Reagens blutrot, allmählich in
blauviolett übergehend. Jodjodkali färbt die Sekretzellen und Phloem-
*) Dr. L. Braemer, De la localisation des principes actifs des Cucurbitacees.
Toulouse, Lagarde & Sebille, 1893.

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182 Citrullus Colocynthis Schrader, Coloquinte.

partien um die Gefäße herum sowie das Cambium gelb, ohne Nieder-
schläge zu bilden. Phosphorwolframsäure undPhosphormolybdänsäure
geben in allen Zellen einen undeutlichen farblosen feinen Niederschlag.
Kalilauge färbt Querschnitte diffus gelb. Selbst an stark zerklei-
nerten Teilen der Wurzel sind die charakteristischen Sekret-
zellen leicht nachweisbar. Man kann sie durch Färbung des
Präparates mit einer Spur Fuchsin deutlich hervortreten machen,
ebenso treten sie auch auf Schwefelsäureznsatz durch ihre dann
eintretende rote Färbung hervor. Diese Färbung tritt innerhalb
zirka 1/2Stunde auf uud erhält sich mehrere Tage.
Nach der Vorschrift Braemers geht man, um den zerstörenden
Einfluß der couzentrierten Säure auf das Gewebe zu mildern und
die Reaktion in aller Deutlichkeit zu erhalten, so vor, daß man
die Schnitte in Äther suspendiert und daraus in einen Tropfen
Glyzerin auf den Objektträger legt. Hierauf läßt man unter dem
Deckglase die Schwefelsäure hinzutreten und saugt auf der anderen
Seite mit Filtrierpapier das Glyzerin ab. Derselbe Vorgang ist
auch für die anderen Säurereaktionen einzuhalten.
Differentialdiagnostisch kommen die Wurzeln oder
Wurzelköpfe unserer alpinen Enzianarten (Gentiana lutea L.,
purpurea L., punctata L. etc.) in Betracht, die als Radix Gen-
tianae offizinell sind und mitunter von Unkundigen mit der gleich-
falls sehr bitter schmeckenden Zaunrübenwurzel verwechselt werden.
In toto sind die Wurzelköpfe dieser Enzianarten nicht so
breit und lang wie die Wurzel der Bryonia-Arten, ihre Form ist
zylindrisch, nicht rübenf6rmig, ihre Oberfläche gelb- bis rötlichbraun,
dicht quergeringelt. Die NebenwurzeIn bzw. Wurzeln sind längs-
gefurcht und nicht geringelt.
Mikroskopisch fällt bei Gentiana als wichtigster Unter-
schied der vollkommene Mangel an Stärke auf. In vielen Zellen
des primären (Markstrahl-) Gewebes finden sich Anhäufungen winzig
kleiner wetzsteinfönniger Kristalle von oxalsaurem Kalk, während
in Bryonia oxalsaurer Kalk überhaupt nicht vorkommt. Der Holz-
körper zeigt intraxyläre Siebbündel.
Die Parenchymzellen von Gentiana quellen in Wasser sehr
stark auf und werden hierdurch dickwandig.
Sekretzellen fehlen.

45. Citrullus Colocynthis Schrader. Coloquinte (Fructus


OoIocynthidis Pharm. Austr.).
Die geschälten Früchte dieser Pflanze, welche zu den Oucur-
bitaceae gehört und im tropischen und subtropischen Asien und
Afrika bis Südeuropa wild vorkommt, sind wegen ihrer kräftigen
Abführwirkung medizinal in Verwendung.
Sie enthalten das giftige Glykosid, Oolocynthin (Walz) und
dessen Spaltungsprodukt Oolocynthein, sowie das wenig bekannte
Oolocynthitin.

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Citrullus Colocynthis Schrader, Coloquinte. 183


Die Vergiftungen waren nach Kobert gewöhnlich medizinaler
Natur. Im Arzneischatze von Kurpfuschern sind sie als Abführ-
mittel übrigens auch manchmal zu finden und werden vielfach
als volkstümliches Mittel gegen Insekten im Haushalte verwendet.
Die gelb gefärbte äußere Haut der Früchte ist gewöhnlich
sorgfältig entfernt. Sie besitzen je nach ihrer Provenienz ver-
schiedene Größen, mit einem zwischen 5-8 cm schwankenden
Durchmesser. Ihre Oberfläche ist seidenartig weiß gefärbt, manch-
mal etwas eingedrückt. Sie bestehen aus einem weißen eigen-
tümlich schwammig blätterigen Fruchtfleische und zeigen am
Querschnitte sechs Fächer, deren Scheidewände' abwechselnd
einfach und doppelt sind. Die 3 doppelten Scheidewände spalten
sich häufig in ihrer Mitte, so daß im Zentrum der Frucht eine
am Querschnitte dreizackig begrenzte, bis an die Peripherie
reichende Höhlung entsteht. In den Fruchtfächern sitzen zahl-
reiche Samen.
Diese sind zirka 7 mm lang, flach eiförmig-länglich, gelb
bis grünlichgelb gefärbt, glatt und hart. Ihre dünne, spröde Testa
wird, aufgeweicht, lederartig. Auffallend ist das geringe Ge-
wicht der großen Früchte. Früchte und Sameh schmecken un-
gemein bitter und lassen sich sehr schwer pulverisieren, indem
das Fruchtfleisch beim Anstoßen sich papierart~g zusammenblättert.
Das Pulver wird dadurch hergestellt, daß die Früchte mit Gummi-
schleim getränkt, dann scharf getrocknet und hierauf pulverisiert
werden.

Anatomie der Früchte. Die Oberhaut besteht aus derb-


wandigen polygonalen Tafelzellen mit dazwischen liegenden
Spaltöffnungen. Auf sie folgt eine gewöhnlich collenchymatisch
ausgebildete, zirka 10 Zellen breite Schicht aus mehr tangential
gestreckten dünnwandigen Zellen, die nach innen durch einen
Ring dünnwandiger verholzter, grobgetüpfelter Zellen vom eigent-
lichen Fruchtfleische getrennt ist.
In der Regel fehlen die erwähnten Schichten den die Handels-
ware bildenden Früchten vollkommen und das Fruchtfleisch bildet
die äußerste Schicht derselben. Dieses ist ein Parenchym aus
sehr großen, dünnwandigen, grobgetüpfelten Zellen, zwischen
welchen sich sehr weite Intercellularräume befinden. Die Wände
der Zellen sind ganz farblos, das Lumen ohne Inhalt.
In diesem Gewebe verlaufen zahlreiche feine Gefäßbündel,
besonders in einer nahe der Oberfläche gelegenen ringformigen
Zone. In Begleitung der Gefäßbündel finden sich lange dünnwan-
dige septierte Schläuche, die mit einem gelben formlosen Inhalte
erfüllt sind (bei Beobachtung iu Öl). In Schnitten, die aus trockenen
Früchten hergestellt und sofort in Glyzerin eingelegt werden, kann
man - auch nach Erwärmen - in diesen Schläuchen recht charak-
teristische Kristallablagerungen von gelber Farbe konstatieren, die
wahrscheinlich dem Colocynthin angehören. Häufig bestehen sie aus

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184 Citrullus Colocynthis Schrader, Coloquinte.

einer zentralen, anscheinend formlosen Masse, aus deren Peripherie


zahlreiche feine Nädelchen herausragen. Durch Kalilauge werden
dIese Kristallmassen mit gelber Farbe gelöst und die Schnitte hier-
durch diffus gelb gefärbt.
Schwefelsäure und Fröhdes Reagenz bewirken eine kirsch-

Fig.102.

Querschnittpartie der Samenschale von Citrullus ColocynthiB Schrad.


L -V. vgl. d. Text. Vergr. 1: 2!5.

rote oder manchmal eine bräunlichrote Lösung derselben, eine für


Colocynthin charakteristische Reaction.
Die Samen sind außen gewöhnlich von einem dünnen
glasigen Häutchen bedeckt, welches sich leicht ablösen läßt und
nichts anderes als das innere Epithel des Carpells darstellt (Hart-
wich) (Fig. 102).

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Citrullus Colocynthis Schrader, Coloquinte. 185

Es besteht aus ganz farblosen, in der Fläche gestreckt poly-


gonalen dünnwandigen, inhaltsleeren Zellen. An Querschnitten
durch die Samen erblickt man es, wie Hartwich hervorhebt, häufig
als eine der Epidermis der Samen aufliegende, anscheinend struk-
turlose Membran, die leicht für eine Cuticula gehalten werden
kann (Fig. 102, I). Der eigentliche Samen besitzt als Oberhaut
der Testa eine charakteristische Schleimschicht aus in der Fläche
polygonal begrenzten, am Querschnitte radial stark gestreckten
Zellen, welche in Kalilauge etc. stark aufquellen (II).
Die Seitenwände derselben sind an reifen Samen von
farblosen Verdickungsleisten durchzogen, wodurch die Zellen in
der Fläche eine sehr feine perlschnurartige Wandverdickung auf-
weisen. Junge Samen enthalten im Inhalte dieser Zellen Stärke
(Hartwich*).
Auf diese Epidermis folgt eine sehr breite Schicht verholzter
Zellen ohne Inhalt, die in der äußersten Partie polygonal, dünn-
wandig und reichlich getüpfelt sind, nach innen zu bedeutend
größer und dickwandiger werden und zugleich eine sehr unregel-
mäßige buchtige Form annehmen (III).
Die nächste Zellschicht (IV) ist gleichfalls aus einer Reihe
sehr charakteristischer Zellen gebildet. Am Querschnitte sind sie
radial gestreckt, ihre Radialwände palissadenartig ausgebildet, oben
und unten im Bogen voneinander tretend, in der Flächenansicht
tief buchtig-wellig, mit ineinander greifenden buchtigen Zapfen der
Zellwände ausgestattet. Die Zellwände sind getüpfelt, von gelber
Farbe; im Lumen tritt kein besonderer Inhalt auf.
Als innerste Begrenzung der Testa schließt sich eine einfache
Reihe kleiner, dünnwandiger, sklerosierter, grob netzförmig getüp-
felter Zellen an (V), die an Querschnitte.n größtenteils deutlich papillös
ausgebildet sind. In der Flächenansicht sind sie polygonal begrenzt
und besonders durch den in der Mitte der Zelle erscheinenden
kreisförmigen oder mehr unregelmäßigen optischen Querschnitt
der Papille charakterisiert.
Die auf die Testa folgenden Schichten gehören dem Reste
des Nucellus und des Nährgewebes an und erscheinen am
Querschnitte als eine meist recht undeutlich differenzierbare
dünne Membran, welche sich leicht gesondert von der Testa ab-
lösen läßt.
In der Flächenansicht (Chloral- oder Glyzerinpräparat) ist
die äußerste Schicht dieses Häutchens aus dünnwandigen, farb-
losen, axial gestreckten Zellen zusammengesetzt. Die übrigen ganz
collabierten Zellschichten sind schwer zu differenzieren.
Der Samenkern besteht aus dem Embryo, dessen Hauptmasse
von den zwei plankonvexen Cotyledonen gebildet wird, deren
dünnwandiges Gewebe mit kleinkörnigem Aleuron erfüllt ist.

*) C. Hartwich, Über die Samenschale der Coloquinten. Archiv der Phar-


mazie, 1882, pag. 582.

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186 Artemisia Cina Berg, Wnrmsamen, Zittwersamen.

Das Pulver der Früchte ist erkennbar an den eigentüm-


lichen, sehr großen, ganz farblosen Zellen des Fruchtfleisches und
den charakteristischen Sekretzellen , in welchen in Glyzerin-
präparaten häufig die oben erwähnten gelben Kristallaggregate
oder wenigstens ein formloser gelber Inhalt vorhanden ist, der
die charakteristischen Reaktionen des Oolocynthins gibt.
Sind die Samen mitgepulvert , so ist. die Diagnose sehr er-
leichtert, da die Samenelemente sehr charakteristisch sind. Ins-
besonders zahlreich findet man die buchtig begrenzten, relativ
dünnwandigen, grobgetüpfelten, großen Zellen der breiten Hart-
schicht (Ill). Auch die Zellen der Oberhaut der Testa sind
durch ihre sehr zierliche perlschnurartige Verdickung der Seiten-
wände auffallend.
Die Zellen der vierten Schicht sind wiederum leicht erkennbar
an ihrer tiefbuchtigen , wellenförmigen, stark verdickten, gelb
glänzenden Wand, wenn sie, wie gewöhnlich, in der Flächen-
ansicht vorliegen. Amylum kommt höchstens in Spuren vor, hin-
gegen findet man bei Beobachtung von in öl präpariertem Pulver
zahlreiche kleine Aleuronkörner, die den Ootyledonen entstammen.

46. Artemisia Cina Berg (Flores Oinae Pharm. Austr.),


Wurmsamen, Zittwersamen.
Die noch geschlossenen Blittenkörbchen der zu den Oompo-
siten gehörigen, in Zentralasien wildwachsenden Artemisia Oina
Berg werden bekanntlich als Mittel gegen Spulwürmer, sowohl
medizinisch wie als weitverbreitetes Volksmittel angewendet. Sie
enthalten zirka 2% Santonin (Dragendorff) und führten haupt-
sächlich durch ihre Anwendung als Volksmittel schon mehrfach
zu schweren, selbst tödlichen Vergiftungen (Linstow, Viertelj ahr-
schrift für ger. Med., 1874, N. F. Bd. XXI, pag. 80; letale Vergiftung
eines 10jährigen Mädchens mit 10 g Flores Oinae).
Die zirka 3-4 mm langen, länglich eiförmigen, oft fast ge-
rundeten prismatischen höckerigen Blütenkörbchen sind von den
entfernt dachziegelig angeordneten kleinen Blättern des Hüllkelchs
eingeschlossen. Die Hüllblätter sind eiförmig, am Rande und der
Spitze häutig und hier farblos, im übrigen bräunlichgrün und
glänzend, fast kahl, mit kleinen gelb glänzenden Öldrüsen zu beiden
Seiten der Mittellinie an der Außenseite der Blätter besetzt. Der
Mittellinie entspricht ein nach außen vorspringender Kiel. Der
Hiillkelch schließt einen ebenen Blütenboden ein, welchem einige
unentwickelte kleine Röhrenblüten mit fünfzähniger Blumenkrone
und pappuslosem unterständigem Fruchtknoten aufsitzen.
Gewöhnlich finden sich in der Handelsware auch spärliche
lineal nadelförmige, oberseits rinnige kahle Blätter vor.
Die Droge besitzt einen typischen aromatischen Geruch und
einen gewürzhaften bitteren Geschmack, was durch ein ätherisches
Öl bzw. Santonin bedingt ist.

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Artemisia Cina Berg, IVurmsamen, Zittwersamen. 187


Aliatomie. Die Epidermis der Außenseite (untere Epi-
dermis) der Hüllkelchblätter besteht aus gestreckt polygonalen,
am Blattstiele getüpfelten Tafelzellen, darunter zahlreichen fast
kreisrunden Spaltöfiimngen zu beiden Seiten des Kiels. In vielen
Epidermiszellen , besonders am Kiele und an der Basis finden
sieh kleine) oft geradezu winzige Kristalldrusen von Kalkoxalat
vor (Fig. 103, 104 u. lOb).
Den mittleren, nicht häutigen Partien des Blattes sitzen zahl-
reiche Hautdrüsen und spärlichere Haare auf. Diese sind sehr lang,
einzellig, dünnwandig und wirr geschlängelt. Die Hautdrüsen be-
stehen aus einer breiten und kurzen Stielzelle, auf :welcher sechs

Fig. 103.
][ I III

Artemisia Gina Berg.


I JJupenansicht eines Hünkelchblattes. - I1 Epidermip. des Randes eines solchen. -
IIr Bastfaserbündel auS dem l\tlediannorv des Hüllkclchblattes. (A. E'. Vagl.)

in 3 Etagen übereinander stehende Sekretzellen aufgelagert sind.


Diese sind symmetrisch Zll heiden Seiten einer die Dlitse senkrecht
halbierenden' Linie angeordnet. Im Flächenbilde ist der Umriß
einer solchen Öl drüse elliptisch und in ihrem Inneren sieht man
eine quere Wand, die die Basis von auf jeder Seite 3 halbkreis-
fürmigen oder halbelliptischen Zellen bildet. Da sich das Sekret
zwischen der äußeren Wand der Zellen und der Cuticula ansammelt,
ist diese gewöhnlich abgehoben und erscheint in der Flächenansicht
als elliptisch begrenzte, den Dritsenkörper allseitig umgebende, mit
gelb glänzendem Inhalte versehene Blase.
. Dieser Aufbau der ätherisches Öl führenden Hautdrüsen
findet sich in der Familie der Cümpositen sehr verbreitet vor.

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188 Artemisia Cina Berg, 'Vurmsamen, Zittwersamen.

An manchen Blättern kristallisiert das Stearopten des


ätherischen Öles (Cinaebenkampfer) in zerstreut auf der Ober-
fläche des Blattes liegenden, gewöhnlich nadelförmig prismatischen
Kristallen aus.
DasMesophyll besteht aus einer einfachen kurzenPalissaden-
schicht, an welche sich in der Mitte der Blätter ein breites Schwamm-
parenchym anschließt. Am häutigen Rande fehlt das Blattgrün.
Fig. 104.

N st

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eK'---- c,*-l1---,';---'-'--- \t---.~--H-~'I{_ ------D'


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Artemisia Cina Berg.
Epidermis d€lr Außenfläche eines HüHkelcbblattes, bei ~T dem l\Iediannerven ent-
sprechend, CK aufliegende KriE:talle des Cinaebenkampfers, [( kleine Kalkoxalatdrusen
im Inhalte der Epithelzelleu, D blasige Hautdrüsen, D' Insertionsstelle einer solchen
Drüse, st Spaltöffnungen, t vereinzelte lange schlängolige Haare. (A. E. Vogl.)

Der Mediannerv wird durch ein Gefäßbündel gebildet, an


dessen Außenseite sich ein Strang stark verdickter, knorriger und
reich getüpfelter Bastfasern anschließt.
Mikrochemisch tritt auf Zusatz von Kalilauge zuerst eine
guttigelbe Färbung um den Schnitt herum auf und beim Erwärmen
färben sich die Blätter und die Blüten intensiv rotbraun. Eisen-
chlorid bewirkt eine makroskopisch schwarz erscheinende, mikro-
skopisch blaue Färbung des Mesophylls, eine bräunlichgrüne der
Epidermis.

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Tanacetum vulgare L., Rainfarn, Wurmkraut. 189


Das Pul ver ist besonders durch die eigenartigen Verhältnisse
der Epidermis charakterisiert. Die sehr lang gestreckten dünnwandigen
Zellen der häutigen Randpartien, die derbwandigeren und etwas
kürzeren und breiteren sowie deutlich getüpfelten Epidermiszellen
des Stieles, welche gewöhnlich die kleinen Kalkoxalatdrusen ent-
halten, zahlreiche öldrüsen und geschlängelte, verkrümmte ein-
zellige Haare.
Stellenweise findet man auch Elemente der Blüten, deren
sehr zartwandige Epidermis auch mit winzig kleinen Kristalldrusen
erfüllt ist. An der Basis der Fruchtknoten findet sich eine ein-
fache Reihe kubischer kleiner Steinzellen.
Das mikrochemische Verhalten gegen Kalilauge ist hier -
unverändertes Materiale vorausgesetzt - ein gutes Merkmal
Fig.l05.

Artemisia Cina Berg.


Querschnitt durch ein Hüllkelchblatt mit Ausschluß der äußeren Randpartie. E Epidermis
der Außenseite mit Spaltöffnungen (st) und dem Rest einer blasigen Hautdrüse (d) j
,
fv medianes Gefäßbündel, e Epidermis der Innenseite. (A. E. VoglJ

zur Unterscheidung des Pulvers vor dem anderer Compositen-


blüten, da diese Familie bezüglich der anatomischen Verhältnisse
der Epidermis, Behaarung, der Blütenteile, Hüllkelche etc. große
Analogien aufweist und Fehlschlüsse hier sehr leicht möglich sind.

47. Tanacetum vulgare 11. Rainfarn, Wurmkraut.


Das Kraut dieser zu den Compositen gehörigen, bei uns häufig
vorkommenden Pflanze enthält ein ätherisches öl, dessen Stearopten
(Tanacetkampfer) toxisch wirkt. Sowohl das Kraut als das
ätherische Öl genießen im Volke einen Ruf als AbortiVUlll und
Wurmmittel.
Durch die volkstümliche Anwendung des Krautes und be-
sonders des nach Kobert beim Menschen in 7-15gtödlich wirkenden
ätherischen öles in diesem Sinne sind schon mehrere Vergiftungen
vorgekommen.

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190 Tanacetnm vulgare L., Rainfarn, Wurmkraut.

Die bis über 1 m hohe Pflanze besitzt einen aufrechten,


kahlen, gewöhnlich unverzweigten, steifen Stengel, an dessen
Ende die Blütenkörbchen in einer zusammengesetzten Doldentraube
stehen .
. Die Blätter sind unten gestielt, oben sitzend, bis 20 cm
lang, lanzettlich, einfach oder doppelt unpaarig fiederschnittig oder
Fig.106.

Qnerschnittpartie eines Blattes von Tanacetum vnlgare L.


Oberseite in einer tiefen Depression der Epidennis eine blasige Hautdrüse, rechts ein
Haar mit geschlängelter Endzelle. In der unteren Epidermis links eine Spaltöffnung.
Unten eine blasige Hautdrüse in der FlächenaDSicht. Vergr. 1: 170.

(oben) tief fiederteilig, ihre Abschnitte (bzw. Fiederblättchen) lineal-


lanzettlich, grob gesägt, die der obersten Blätter selbst ganzrandig,
dunkelgrün gefärbt, beiderseits drüsig punktiert, fast kahl. Auch
der zwischen den Abschnitten der nur fiederteiligen Blätter liegende
schmale Blattrand ist tief gesägt.

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Tanacetum vulgare L., Rainfarn, Wurmkrant. 191


Die Blütenkörbchen besitzen einen halbkugeligen, aus
zahlreichen ziegeldachartig angeordneten, länglichen, am Rande
gezähnten und trockenhäutigen Blättern bestehenden Hüllkelch
und einen halbkugelig gewölbten markigen (nicht hohlen) Blüten-
boden. Die weiblichen Randblüten sind röhrig und dreizähnig,
während die zwitterigen Scheibenblüten einen schwach glocken-
förmig erweiterten fünfzähnigen Saum besitzen. Die Staubgefaße
sind mit ihren Antheren zu einer Röhre verwachsen, durch welche
der Griffel zieht, an dessen Spitze sich eine aus zwei nach außen
gebogenen fädlich keulenförmigen Schenkeln bestehende Narbe be-
findet. Alle Blüten sind gelb gefarbt.

Anatomie der Blätter (Fig. 106). Die Epidermis besteht


beiderseits aus dünnwandigen, in der Fläche buchtig-wellig be-
grenzten Tafelzellen. Spaltöffnungen kommen beiderseits vor, be-
sonders reichlich an der Unterseite. Die Schließzellen liegen etwas
unter dem Niveau der Epidermis (L. = 50, Br. = 35 f'., Fig.106).
Dieselbe besitzt lange Haare, die aus' einem von mehreren
kurzzylindrischen Zellen gebildeten dünnwandigen Stiele bestehen,
an welchen sich annähernd im rechten Winkel eine bis über 200 [I.
lange, peitschenförmig geschwungene, dünnwandige Endzelle an-
schließt. In tiefen Einsenkungen der Epidermis sitzen ätherisches
Öl führende blasige Hautdrüsen mit dem den Compositen eigen-
tümlichen Habitus (vgl. Artemisia Cina).
Das Mes ophy 11 zeigt oberseits eine aus zwei Reihen be-
stehende Palissadenschicht, die obere Reihe aus längeren schlanken,
die untere aus breiteren und kürzeren Zellen, und ein lockeres
Schwammparenchym, dessen unterste Schicht aus radial gestreckten
palissadenähnlichen Zellen gebildet wird. Oxalsaurer Kalk findet
sich nicht vor.
Die Gefaßbündel der Blattnerven sind von langen, mit bräun-
lichem Inhalte erfüllten Sekretgängen begleitet. Kalilauge färbt die
Schnitte diffus gelb, aber nicht braun.
Im Pulver finden sich als charakteristische Elemente zahl-
reiche Peitschenhaare , zum großen Teile fragmentiert und spär-
lichere Hautdrüsen, Gruppen schwach verdickter Steinzellen (von
den Früchten stammend) und zahh'eiche rundlich dreiseitige
stachelige Pollen.
Von dem ähnlichen Pulver der Flores Cinae unterscheidet
sich das Pulver hauptsächlich durch die massenhaften Stengel-
elemente, die Sekretgänge, die Form der Epidermiszellen, sowie
die Querschnittbilder des Mesophylls.

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SACHREGISTER.
Die mit * bezeichneten Seitenzahlen entsprechen den Abbildungen.
Die fett gedruckten Seitenzahlen bedeuten den Haupta,rtikel.

A. Ale 30.
Abies alba 14. Aleuron XII.
Abführmittel 100, 103, 109, 140, 183. Aloin 51.
Abortivum 4, 10, 16, 21, 45, 61, 77, Anacardiaceae 106, 108.
98, 109, 171, 189. Anamirta Cocculus 77, 78*, 79*.
Abrin 86. Anemoueae 77.
Abms precatorius 86, 88*, 90. Anemone nemorosa 77.
Actaea spicata 67, 77. Angiospermae 2l.
Aconitin 68, 72. Angostura-Rinde 131, 135, 136.
Aconitoxin 68. Anis = Pimpinella Anisum.
Aconitum Anthora 67, 70. Anisodus luridlls 139.
ferox 74. Aphrodisiacum 140.
Lycoctonum 67, 68, 70. Apium graveolens 128.
Napellus 67,68*, 71*. 73*. Apocynaceae 137.
paniculatum 67. Araceae 27.
Stoerkeanum 67, 69*. Arin 28.
variegatum 67, 70. Aristolochiaceae 48.
Adenanthera Pavonina 90. Aristolochia Clematidis 49, 50, 52*,
Adonis vernalis 67, 77. 54*, 72.
Aethusa Cynapium 116, 118. longa 49, 50, 51, 53*.
Agaricini 5. rotunda 49, 50, 51, 54.
Agaricus caesareus 6. Serpentaria 5l.
- campestris 6. Aristolochin 51.
- fascicularis 8. Aronin 28.
gambosus 6. Arollsstab gefleckter 27.
meHeus 6. Artemisia Cina 186, 187*, 188*, 189*,
mutabilis 6. 191.
ostreatus 6. Arum Arisarum 27.
phalloides 8. italicum 27.
procerus 6. maculatum 27, 29*, 36.
prunulus 6. odorum 27.
Vittadini 8. venenatllm 27.
Akazie = Robinia pseudacacia. Asaron 48.

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Sachregister. 193
Asarum europaeum 48, 50*, 55. Cannabinin 164.
Asthmapräparate 140, 163. Caunabis Indica = Cannabis sativa.
Ätropa Belladonna 139, 140, 142*, 143*, - sativa 140, 164, 165*, 171.
144*,146*,149,153,155,162,163. Cantharellus auralltiacus 9.
Atropin 139, 157. - cibarius 6, 9.
Ausreuter 4. Capita Papaveris 82.
Außencinde 47. Carpophor 117.
Carthamus tinctorius 47.
B. Carum Carvi 127, 131.
Bärentatze 7. - Petroselinum 116, 120, 121, 128,
Bast 47. 130.
Bauerntabak 162. Casparsehe Punkte 49, 65.
Belladonna = Atropa Belladonna. Cellulose-Reaktionen XV.
Bilsenkraut, schwarzes = Hyoscyamus Cerealien (Keimling) 3.
niger. Cerealienmehl = Getreidemehl.
- weißes 149. Chaeromyees meandriformis 8.
Biota orientalis 10, 19. Champignon 6, 8.
Bitterklee 139. Charas 164.
Bittersüß = Solanum Duleamara. Chenopodium ambrosioides 143.
Blätterpilze 5. Chlorodyne 81.,
Boletus bovinus 7. Christophskraut 77.
ealopus 9. Churus 164.
edulis 7. Ciehorienblätter und Wurzel 139.
granulatus 7. Cieuta virosa 127. 129*, 130*.
luridus 9. Cieuten 127.
luteus 7. Cieutin 127.
regius 7, 9. Cieutoxin 127, 131.
Satanas 9. Cinaebenkampfer 188.
- seaber 7. Citrnllus Coloeynthis 182, 184*;
- subtomentosus 7. Cla varia Botrytis 7.
Brandseuche 4. - flava 7.
Brechnuß 131. - formosa 7.
Brucin 131, 135. Clavieeps purpurea 1.
Brusttee 139. Clematis ereeta 77.
Bryonia alba 43, 45, 175, 176*, 177*, - Vitalba 77.
178*, 179*. Coeeuli Indici 77, 78*, 79*.
- dioca 175 180*, 181*. Colehicaceae 30, 37.
Bryonidin 175. Colchicein 30.
Bryonin 175, 181. Colchicin 30, 33.
Butterpilz 7. Colchieum autumnale 30, 31*, 32*,
34*, 35*, 37*.
c. Coloeynthein 182.
Calabarbohnen 98. Coloeynthin 182, 183, 186.
Calend ula officinalis 47. Coloeynthitin 182.
Calla .A ethiopica 27. Coloquinte 182.
Caltha palustris 77. Columella 117.
Cambium 21, 22, 47, 48. Compositae 186, 189.
Cannabin 164. Conhydrin 115.
Mitlacher, Toxikologisch oder forensisch wichtige Pflanzen etc. 13

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194 Sachregister.

Coniferae 12. Devotionalien 86.


Coniin 115, 119. Diaphoreticum 48.
Coninm maculatum 115, 116*, 117*, Dicotyle Pflanzen 21, 47.
118*, 119*, 122*, 123*, 124*, 125*, Dieffenbachia Rex 27.
127, 129, 130. Digitalein 137, 169.
Convallaria majalis 47. Digitalin 169.
Coprinus 5. Digitaliresin 169.
Coriandrum sativnm 127, 131. Digitalis purpurea ]43, 153, 155, 164,
Cornutin 4. 169, 170*.
Cortex Angosturae 131, 135, 136. Digitogenin 169.
- Mezerei 109, 113. Digitonein 169.
Cotyledo = Keimblatt. Digitonin 137, 169.
Crocetin 46. Digitoresin 169.
Crocose 46. Digitoxin 169.
Crocus 45. Dioscoreaceae 42.
- anstriacus 46. Discomycetes 8.
- gallicus 46. Dillreticum 42, 48, 77, 106.
- hispanicus 46. Drasticum = Abführmittel.
- sativus 45. Drehling 6.
Crotonolsäure 10l. Dnboisia myoporoides 139.
Crotonsamen = Croton Tiglium.
Croton Tiglium 100, 101*, 102*, 103*, E.
105, 113. Edelpilz 7.
Clicurbitaceae 175, 182. Eibe = Taxus baccata.
Cumarin 98, Eichhase 7.
Cupressineae 10, 12, 16, 19. Einbeere 47.
Cypressengewächse = Cupressineae. Elaphomyces granulatuB 9.
Cystolith 164. Emetin 48.
Cytisin 90, 94. Endodermis 2l.
Cytisus Laburnum 90, 92*, 93*, 9'6*, Enzianarten 182.
97*. Erbse 91.
Ergosterin 4.
D. Ergotinin 4.
Daphne alpina 115. Ergotismus 4.
Cneorum 115. Essigbaum 109.
Gnidium 115. Euphorbiaceae 100, 103, 106, 113.
Laureola 115. Euphorbia Cyparissias 106.
Mezereum 109, 110*, 111*, 112*. Esula 106.
Daphnin 109, 112. Helioscopia 106.
Datura Strammonium 139, 141, 149, Lathyris 103, 106.
153, 154*, 155*, 156*, 163. Peplus 106.
Dauerpräparate XII.
Delphinin 74, 76. F.
Delphinium Ajacis 77. Färbemittel X.
- Consolida 77. Faltenpilz 6.
- Staphysagria 74, 75*, 76*. Feldrittersporn 77.
Delphinoidin 74, 77. Fenchel = Foeniculum vulgare.
Delphisin 74. Fettnachweis XII.

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Sachregister. 195
Fingerhut roter - Digitalis purpurea. Goldregen 90.
Fischgift 77. Gramineae 1, 22.
Fisole 91. Grana Coccognidii 109.
Fistulina hepatica 6. Granatrinde 132.
Flores Cinae 186 = Artemisia Cina. Gratiola officinalis 171, 173*, 174*.
Foeniculum vulgare 127, 131, 164. Gratiolin 171.
Folia Belladonnae 140, vgl. Atropa Gratiolosin 17t.
Belladonna. Guaco 51.
Digitalis 169, vgl. Digitalis purpurea. Gymnospermae 10.
llyoscyami 148, Vgl. Hyoscyamus
niger.
H.
Nicotianae 162, vgl. Nicotiana Ta- Habichtschwamm 7.
bacum. Hafer 22, 26.
Strammonii 153, vgl. Datura Stram- Hallimasch 6, 8.
monium. Hanf, indischer = Cannabis sativa.
Frondes Sabinae 16. Harzgänge = Sekretgänge.
Fructus Anisi stellati 55, vgl. Illicium. Haschisch 164.
- Coccognidii 109, vgl. Daphne lIIeze- Haselwurz 48.
reum. Hautentzündung 107, 109, 114.
Cocculi 77, 78*, 79*. Hautpilze 5.
Colocynthidis 182, vgl. Citrullus Helleborein 64; 66.
Colocynthis. Holleboresin 64.
Lauri nobilis 80. Helleboretin 64.
Fuugi 1. Helleborieae 63, 74.
Fungus secalis 1. Helleborin 64, 66.
Helleborus foetidus 63, 74.
G. - niger 63, 64, 67.
Galipea officinalis 131, 135, 136. - viridis 63, 65*, 66*.
Galläpfel, chinesische 108. Helvella esculenta 8.
Ganja 164. Herba Cannabis Indicae 164, vgl.
Gartenrittersporn 77. Cannabis sativa.
Gefäßbündel 21. Conii 116, vgl. Conium macu-
Gentiana Iutea 182. latum.
- punctata 182. Lobeliae 167, vgl. Lobelia inflata.
- purpurea 182. Sabinae 16, vgl. Juniperus Sabina.
Gerbsäurereaktion x. Herbstzeitlose 30.
Germer, grünblütiger 38. Hesperidin 118, 17t.
- schwarzer 37. Hexenpilz 9.
- weißer 37. Hirschbrunst 9.
Gerste = Hordeum. Hirschkolbensumach 109.
Getreidemehl 3, 22, 86. Holzkörper 47, 48.
Giftchampignon 8. Holzreaktionen xv.
Giftpilze 5. Hordeum 1, 26.
Giftreizker 8. Hundspetersilie = Aethu8a Cynapium.
Giftrübe = Bryonia Hydnum imbricatum 7.
Giftsumach 106. - repandum 7.
Gnadenkraut 171. Hymenomycetes 5.
Goldbrätling 6. Hyoscyamin 139, 157.
13*

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196 Sachregister.

Hyoscyamns albns 149. Lactarius volemus 6.


niger 139, 141, 145, 1<18, 150*, Läusekraut 74.
151*, 152*, 153, 163. Läusemittel 37, 77.
Lappa vulgaris 147.
I, J. Lathyrismus 98.
Ictrogen 98. Lathyrus cicera 98.
Jecquirity 86. - Clymenum 98.
Jervin 37, 39. - sativus 98.
Ignatiusbohnen 13t. Laurus nobilis 80.
Illiciae 55. Lebensbaum 19.
Illicium anisatnm 55, 56*, 59*. Leberschwamm 6.
- religiosnm 55, 56*, 58*, 59*, 60*. Leguminosae 86, 90, 98.
- verum = lllicium anisatum. Leguminosensamen, giftige 97.
Innenrinde 48. Liliaceae 30, 37, 42, 45.
Innlin 147. Lobeliaceae 167.
Ipecacuanha-Pulver 69. Lobelia inflata 140, 164, 166*, 167*,
Iridaceae 45. 168*.
Juniperns phoenicea 20. Lobelienkrant, vgl. Lobelia inflata.
Sabina 10, 16, 17*, 18*, 20. Lobelin 167.
- virginiana 10, 20. Löcherpilz 6.
Loganiaceae 131.
K. Loliin 22.
Kaiserling 6. Lolium temulentnm 22, 23*, 25*.
Kapuzinerpilz 7. Lorbeerbaum 80.
Kartoffel 140. Lorchel 8.
Keimblatt 21. Lupinus-Arten 98.
Kellerhals 109.
Keulenpilze 7. M.
Klapperschwamm 7.
Kleienbestandteile 3. Maceration XV.
Knollenpilze 8. Macis 61, 63.
Kockelskörner 77, 78*, 79*. Mäuseharngeruch 116.
Königspilz 7, 9, Magnoliaceae 55.
Koriander 127, 131. Maiglöckchen 47.
Kork 47. Mais 47.
Korkreaktionen XV. Maischwamm 6.
Kornrade = Rade 4. Marasmius Oreades 6.
Krähenangen 131. Mark 48.
Kriebelkrankheit 4. Markstrahlen 21, 47, 48.
Krugzellen 88. Maryland Tabak 162.
Kryptogame Pflanzen 1. Maschi 27.
Kümmel 127, 13t. Meerrettig 27.
Kuhpilz 7. Meerzwiebel 47.
Mehl = Getreidemehl.
L. Melanthaceae 30, 37.
Labiatae 118, 166, 171, 175. Menispermaceae 77.
Lactarins deliciosus 6. Menispermin 78.
- torminosus 8. Menispermum Cocculus 77, 78*, 79*.

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Sachregister . 197
Mentha crispa 171. Oleum Macidis 63.
- piperita 118, 171. - Myristicae 61.
Mericarp 117. Opium 81, 82, 164.
Meristem 21. Ormosia dasycarpa 90.
Methylconiin 115. Oster! uzei 50.
Mezerein 109. Oxalsaurer Kalk XVI.
Mezereinsäureanhydrit 109.
~Iikrochemie XIII.
P.
~Ii1chblätterpilz 6. Papaveraceae 81.
;\Hlchsaftgang = Sekretgang. Papaver somniferum 81, 83*, 84*, 85*.
Mimosaceae 90. Papilionaceae 86, 9p.
Mittelrinde 47. Papillen 11.
Mohn 81. Paradigitogenin 169.
Monocotyle Pflanzen 21, 47. Paramenispermin 78.
- - giftige, 47. Parasolpilz 6, 8.
Morchel 8. Paris quadrifolia 47.
Morchella esculenta 8. Pastiuak 116, 120.
Morphinm 81. Paternostersamen 86.
Mncuna cylindrosperma 98. Periderm 47.
~Iuskatnuß 61. Perückenstrauch 109.
Mutterkorn 1. Petersilie l
Mykose 4. Petroselinumj -- Carum Petroselinum.
Myristicaceae 61. Pfeffer 37, 109.
Myristica fragrans 61, 62< Pflaumenpilz 6.
Phanerogame Pflanzen 10.
N. Phellogen 47.
Phloem, intraxyläres 114.
Nachtschattenarten = Solanaceae.
Physostigma venenOS11m 98.
Nachtschatten, bittersüßer 140, 160.
Physostigmin 98.
- schwarzer 140, 160. Pikrocrocin 46.
Nerianthin 137. Pikrotin 78.
Neriin 137. Pikrotoxin 78.
Nerium Oleander 136, 138*. Pilze 1.
Nesseltee 139. Pimpinella Anisum 116*, 126, 164.
Nicotiana Tabacnm 140, 162, 163. Polychroit 46.
- rnstica 162. Polyporlls conflllens 7.
Nikotin 140, 162, 163. frondoslls 7.
Nießpulver 37, 48. -- ovinU8 6.
Nießwurz, grüne 63. - 11mbellatus 7.
- weiße 37. Portel'bier 77.
Nux moschata 61.
Portland Sago (Arowroot) 27.
Präparation VII.
o. Primllla obconica 109.
Ülhöhle = Sekrethöhle. - sinensis 109.
Ülstriemen 118, 126, 128, 130. Pseudaconitin 74.
=
Öl zellen Sekretzellen. Pseudoconhydrin 115.
Oleander 136. ptelea trifoliata 118.
Oleandrin 137. Pulsatilla-Arten 77.

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198 Sachregister.

Pulveruntersuchung xv. Röhrenpilz 6, 7.


Pulvis Ipecacuanhae 69. Rötling, eßbarer 6, 9.
- Liquiritiae composit. 75. - orangefarbiger 9.
Purgans = Abführmittel. Roggen = Secale cereale.
Purgierkörner 100. Roggenhonigtau 1.
Pyrenomycetes 1. Ruminationsgewebe 61.
Russula 6, 9.
Q. Rutaceae 98, 131, 136.
Querbalkenzellen 12, 19. Ruta graveolens 98, 99*.
- hortensis 98.
R. Rutin 98.
Rade 4.
Radix Aconiti 70. s.
- Bardanae 139, 147. Sabina officinalis 16.
- Belladonnae 139, 140, 145, 146*. Sadebaum 16.
Gentianae 182. Säulenzellen 88.
Gratiolae 175. Safran 45.
Hellebori 63. Salat 30, 68.
Jalapae 74. Santonin 186.
Imperatoriae 130. Saponin 28.
- Serpentariae 5l. Satanspilz 9.
- Taraxaci 69. Schafenter 6.
- Veratri viridis 42. Scheibenpilze 8.
Rainfarn 189. Scbeinparenchym 1.
Ranunculaceae 63, 67, 74, 77. Schierling, gefleckter 115.
Ranunculus acris 77. Schierlingspilz 8.
- sceleratus 77. Schizocarpium 117.
Raphiden 28, 39, 43, 136. Schlafmohn 81.
Rattengift 132. Schlangenholz 132.
Reagentien X, XIl. Schmeerwnrz 42
Reizker, echter G, 8. Schmerling 7.
Rettig 68. Schönfllß 9.
Rhizoma = Radix. Schusterpilz 9.
Rhus acuminata 108. Schwämme 5.
- coriari!l 108. Schwarztrüffel 8.
- Cotinus 109. Schwefelkopf 8.
- glabra 108. Schwindelhafer 22.
- semialata 108. Schwindling G.
- toxicodendron 106, 108*. Scilla maritima 47.
typhin!l 108, 109. Scopolia Carniolica 139.
- venenata 108. Scrophulariaceae 169, 171.
- vernicifera 108. Secale cereale 1, 26.
Ricin 86, 101, 104. Secale cornntum 1.
Ricinus communis 102, 103, 104*, 113. Seidelbast 109.
Ricinusöl 103. - immergrüner 115.
Ricinussamen = Ricinus communis. Sekretgänge u. -schläuche 108, 118,
Rinde, primäre u. sekundäre 47, 48. 119, 120, 121, 123, 126, 128, 129,
Robinia pseudacacia 91, 94, 97. 168, 180, 191.

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Sachregister. 199
Sekrethöhlen 99, 100, 136. Stipites Dulcamarae 158.
Sekretzellen 49, 52, 53, 55.61, 80, 136. Stockschwamm 6.
Sellerie 116, 128. Stoppelschwamm 7.
Semen Abri precatorii 86. Strammonium = Datura Strammonium.
Cataputiae majoris 103. Strychnin 131, 132, 135.
- minoris 103, 106. Strychnos coluhrina 132.
Coccognidii 109. Ignatii 131.
Colchici 30. - nux vomica 131, 133*.
Crotonis 100. - Tieute 132.
Jecquirity 86. Strychnosrinde 135, 136.
Myristicae 61. - samen 131.
Ricini 103. Sturmhut, blauer 67.
Strychni 131. Süßholz 91.
Semmelpilz 7. Sumacharten 108.
Sevenbaum 16. Summitates Sabinae 16.
Sevikraut 21. Syrupus Diacodii s. Papaveris 82.
Sikimmifrüchte 55.
Sikimmin 55.
T.
Sklererythrin 2, 4. Tabak (pflanze) 140, 162, 163.
Solanaceen 139, 140, 148, 153, 158, Täubling 6, 9.,
160, 171, 178. Tamus communis 42, 44*.
Solanidin 140. Tanacetkampfer 189.
Solanin 140. Tanacetum vulgare 189.
Solanum Dulcamara 140, 158, 160, Taumellolch 4, 22.
161*. Taxin 10.
- nigrum 140, 158*, 159*, 162. Taxineae 10.
- tuberosum 140. Taxus baccata 10, 11*, 12*, 13*, 14*.
Sophora tomentosa 90. Tee 163.
Spaltfrucht 117. Temulentin !i2.
Sparassis crispa 7. Temulentinsäure 22.
Species lignorum 139. Temulin 22.
Speiselorchel 8. Tetanocannabin 164.
Speisemorchel 8. Teufelskirsche = Bryonia.
Sphacelia segetum 1. Thamnus communis 42, 44*.
Sphacelinsäure 4. Thuja occidentalis 19, 21.
Sphacelotoxin 4. - orientalis 20.
Spulwürmer 18~. Thymeleaceae 109, 114, 115.
Stachelpilze 7. Tiglium oft1cinale 100 (Croton Tiglium).
Stärkereaktion X. Tintenpilz 5.
Staphysagrin 74, /7. Tithymalus = Euphorbia.
Stechapfel = Datura Strammonium. Tollkirsche = Atropa Belladonna.
Stechginster 90. Toxicodendronsäure 106.
Steinpilz 7. Toxiresin 169.
Steinröserl 115. Tracheideninsel 89.
Stephanskörner 74. Trägerzellen 88.
St!'phanskraut 74. Traubenbärentatze 7.
Sternanis 55. Trimethylamin 1.
Sternutatorium = Nießpulver. Trippermittel 63.

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200 Sachregister.

'rriticum 1, 26. Weinraute 98.


Trollius europaeus 77. Wt'ißtanne14.
Trüffel 8, 9. Weißtrüffel 8.
Tschandu 81. Weizen = Triticum.
'ruberaceae 8. Wetterpllanze 87.
Tuber Aconiti 70. Wicken 4.
melanosporum 8. Wolfseisenhut 67.
Wolfskraut 50.
u. Wolfsmilch 106.
Ulex europaeus 90. Wurmkraut 189.
Ulexin 90. Wurmmittel 63, 109, 186.
Umbelliferae115, 117,118,120,121,127. Wurmsamen 186.
Universal-Heilbohnen 100. Wurzel 48.
Urticaceae 164. Wurzelkopf 48.
V. Wurzelstock 48.
Veratroidiu 37, 39.
Veratrum album 29, 36, 37, 39*, 40*, x.
41*, 42*.
Xylem 19, 48.
Lobelianum 38, 42.
nigrum 37, 38, 42.
- viride 42. z.
- viridillorum 38.
Zaunrübe, weiße = Bryonia.
Virginischer Tabak 162.
- schwarze 45.
Vogls Vorprobe 3.
Zea Mais 47.
W. Ziegenbart 7.
Wasserfenchel 164. Ziegenlippe 7.
Wasserschierling 127. Zittwersamen 186.

Druck von Gottlieb Giste! & eie., Wien) 1II., MÜllZgaS8e 6.

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