Deutsche Maerchen PDF
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Fakultt fr Fremdsprachen
Department fr Deutsche Sprache und bersetzung
Deutsche Mrchen
Ausgewhlt und zusammengestellt von:
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Inhaltsverzeichnis
Seite
Mrchen-Nr.: 01
Mrchen-Nr.: 02
Rotkppchen ...
Mrchen-Nr.: 03
Dornrschen...
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Mrchen-Nr.: 04
19
Mrchen-Nr.: 05
Aschenputtel...
26
Mrchen-Nr.: 06
34
Mrchen-Nr.: 07
Scheewittchen...
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Glossar
# .
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- Seht ihr! Dort auf dem Mist steht ein Hahn und krht, da einem die Ohren
weh tun.
- Ja, ja, ist ja gut. Sag uns warum du so schreist? Da es uns durch Mark und
Bein geht!
- Ach! Die Kchin wollte mich in der Suppe kochen, weil morgen Sonntag ist
und Gste kommen. Heute abend soll mir den Kopf abgeschnieden werden und
nun schreie ich aus vollem Halse, solange ich noch kann.
Na ja! Weit du, etwas besseres als den Tod findest du berall. Komm mit uns
nach Bremen. Du hast deine hhe krftige Stimme und wenn wir zusammen
Musik machen, da mu es prchtig klingeln!
- Ja, Wau,
- Miau...
- Oh, ich bin mde! Und ich friere und ich habe Hunger und Durst!
- Nur jammert nicht! Dort zwischen den Stmmen leuchtet ein Licht!
Vielleicht ist es dort eine Herberge, wo es auch etwas zu essen gibt!
- Ein Schsselchen Milch und ein Bichen Wurst.
- Mein schner Knochen mit etwas Fleisch daran!
- Ein sonderbares Haus, alles zugeriegelt.
- Ja, ich will einmal durch Fenster gucken. Ich bin ja der grte!
- Was siehst du Grauschimmel!
- Einen gedenckten Tisch mit schnen Essen und Ruber sitzen daran!
- Was Ruber!?
- Wau
- Miau- Denkt an dem schnen Essen und wie wir es machen, da wir hinein kommen!
Ich wei ein Mittel, aufgepat, gleich haben wir die Ruberbande verjagt!
- Ja, ich bin der Grte und Strkste, ich setze meine Vorderbeine auf die
Fensterbank, so, nun schiebe ich den Fensterladen auf, so. Und du Hund, du
springst jetzt auf meinem Rcken! Halt dich schon an mein Fell fest! Dann nun
mach du Katze einen Satz und spring auf seinen Rcken!
- Au, bse Katze! Kratz mich nicht so mit deinen scharfen Krallen!
- Still! Knnt ihr Hund und Katze euch nicht einmal vertragen?!
2. Rotkppchen
Es war einmal ein kleines liebes Mdchen. Das ist Rotkppchen, denn immer
wenn man es sah, trug es auf seinem blonden Haar ein Kppchen von rotem
Samt. Eines Morgens rief seine Mutter es zu sich und sagte: "Rotkppchen,
nimm diesen Korb. Es ist Kuchen darin und eine Flasche Wein. Bring ihn hinaus
zu deiner Gromutter. Sie ist krank und schwach und wird sich daran laben."
- Ja, Mutter. Ich mache mich gleich auf den Weg. Ich gehe doch so gern zur
Gromutter und dann da frh ist schn drauen im Wald. Die Vgel singen. Die
Taue liegen auf dem Gras und an den Hecken sind die Rosen aufgeblht. Davon
will ich der Gromutter eine mitbringen.
- Aber lauf ja nicht vom Weg ab, Rotkppchen! Sonst fllst du und zerbricht
das Glas.
- Nein, Mutter. Ich verspreche dir es.
Da nahm Rotkppchen den Korb und lief hinaus. Wie es nun durch den Wald
ging, da dachte es:
- Dort im Gras sind die blauen Glockenblumen aufgeblht. Die will ich der
Gromutter mitbringen. Ich darf wohl ein wenig vom Weg fortspringen. Dort
unter den Bschen weiter im Wald sehe ich noch viel viel mehr. Ich will einen
Groen Strau machen.
Da lief Rotkppchen vom Weg fort in den Wald hinein. Es sang und freute sich
an den Blumen und gerett so immer tiefer in den Wald hinein. Da begegnete es
dem Wolf und weil es nicht wute, was fr ein bses hinterlistiges Tier das war,
sagte es ganz freundlich:
- Guten Morgen schwarzgraue Geselle!
- Vielen Dank Rotkppchen! Wohin gehst du denn so frh?
- Zu meiner Gromutter gehe ich.
- Was hast du in deinem Krbchen?
- Das bringe ich der Gromutter. Sie ist krank und soll sich daran freuen.
- Wo wohnt denn deine Gromutter? Ist das noch weit?
- Wohl noch eine halbe Stunde, den Weg am Bach entlang.
Willst du mich nicht begleiten? Es ist viel lustiger zu zweit!
- Ja, das wurde ich gern, aber ich mu gerade noch etwas eiliges besorgen.
Aufwiedersehen Rotkppchen!
Da lief der Wolf davon, den Weg am Bach entlang zu den groen Eichen. Seine
Augen funkelten vor Gier und er dachte bei sich:
Das habe ich listig angestellt. Nun wei ich wo die Gromutter wohnt. Gerade
lauf ich auf ihrem Huschen, da will ich zuerst die Alte fressen und wenn dann
Rotkppchen kommt, dann gibt es noch eine zarte Nachspeise fr mich. Das
wird ein leckerer Happen.
Der Wolf lief, wie er nur konnte, kam zu dem Huschen unter den Eichen,
klopfte an und rief mit verstellter Stimme:
- Gromutter, mach mir auf!
- Wer ist drauen an meiner Tr?
- Ich bins Rotkppchen, mach mir auf!
- Ich kann nicht aufstehen mein Kind, ich bin so schwach schieb den Riegel ber
der Tr und komme herein.
Da ging der Wolf hinein, sprang zum Bett der Gromutter, verschlang sie und
bewegte sich das Maul.
Das war nicht bler Bissen. Wie wird das zarte Kind schmeken? Damit es mich
nicht erkennt, setze ich die Haube der Gromutter auf und lege mich so
mitten hinein in ihr schnes Bett, aber Ei! Was hre ich, Trip Trap! Schritte vor
der Tur! Das ist Rotkppchen!
- Gromutter! Mach auf! Rotkppchen ist gekommen.
- Ja, so komme herein, liebes Kind!
-Guten Morgen Gromutter! Ich habe dir etwas schnes mitgebracht. Aber!?!
Um Himmelwillen!?! Wie siehst du blo aus. Du hast ein so schwarzes Gesicht
und warum hast du so groe Ohren?
- Das ich dich besser hren kann!
- Und was hast du nur fr groe schreckliche Augen?
- Damit ich dich besser sehen kann!
- Gromutter! Ich habe Angst. Warum hast du einen so schrecklich groen
Mund?
- Damit ich dich besser packen und fressen kann!
Da machte der Wolf auch schon einen Satz aus dem Bett heraus, er griff
Rotkppchen und fra es auf. Dann legte er sich wieder hin und fing an zu
schnarchen, da man es bis in den Wald hinein hrte.
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Da ging gerade der Jger an dem Huschen vorbei, und dachte bei sich:
"Wie laut die alte Frau nur schnarcht! Das ist ja merkwrdig! Ich mu doch
sehen, ob ihr etwas fehlt! Ich will hinein gehen."
Ihr konnt euch denken wie der Jger erschrack, als er in die Stube kam, und es
im Bett liegen sah! Aber er fate sich schnell und sagte dann:
- Oh, du Wolfsungeheuer! Du Ruber! Du Bsewicht! Hier hast du dich
eingeschlichen! Oh! Ich armer! Was du verbrochen hast, denn ich sehe deinen
voll gefressenen Bauch! Du hast die Gromutter verschlungen! Ist es nicht
genug, da du den Bauern die Hhner stiehlst? Und mir die jungen Rehe ttest?
Mut du dich auch noch an den Menchen Vergreifen, du Vielfra! Aber es soll
dir schlecht bekommen! Na ja, schnarche nur! Mit der groen Scheere da
schneide ich dir... eins, zwei, drei, rutsch-ratsch den Bauch auf.
Wie nun der Jger ein paar Schnitte getan hatte und in den Bauch hinein sah,
wie verwundert war er da!
- Oh! Wie ist es mglich! Darin leuchtet ja ein rotes Kppchen, das mu
Rotkppchen sein! Ich sah es doch heute allerfrh schon, durch den Wald zur
Gromutter laufen. Nur vorsichtig weiter geschnitten. Vielleicht das ist noch zu
retten? Rotkppchen! Hrst du mich? Lebst du noch?
Da kam Rotkppchen auch schon herausgesprungen, und sagte: "Ja, lieber
Jger! Ich lebe noch, aber schnell weiter. Die Gromutter ist noch darinen, heb sie
nur raus!"
- Ja, ja. Lauf nur aus Huschen und hole Wackersteine, so schwer wie du sie nur
tragen kannst!
Da lief Rotkppchen hinaus zum Brunnen, wo groe steine lagen und als damit
zuruck kam sagte der Jger:
- Sieh nur Rotkppchen! Die Gromutter liegt wieder in ihrem Bett, sie ist
unversehrt geblieben. So gierig hat sie der Wolf verschlungen! Und nun gib
schnell die Steine! Die stecken wir dem Bsewicht in den Bauch, so! Hinein
damit! Und nun nhe ich den Bauch wieder zu..., damit Steine nicht heraus
fallen!
- Das geschieht dem Vielfra ganz recht!
Gerade als der Jger fertig war, wachte der Wolf auf. Als er den Jger mit der
Flinte sah, wollte er durch das Fenster hinaus springen, aber die Steine waren so
schwer, da er sich zu Tode strzte. Da waren alle drei vergngt! Sie aen
zusammen den Kuchen, tranken den Wein und freuten sich an den blauen
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Glockenblumen, besonders die Gromutter, denn sie hatte ja, wie ihr weit in
jedem Sommer noch keine gesehen!
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3. Dornrschen
Auf dem schnen Schlo Nieden Waldstein im OndenWald lebten vor Zeiten ein
Knig und eine Knigin. Die waren so glucklich und hatten einander so lieb, da
die Menschen im Knigreich sagten: "Der ist so glcklich wie der Knig oder sie
liebt ihren Mann so von Herzen wie die Knigin!" Eines aber fehlte den Beiden
zu ihrem Glck, und weinend gestand die Konigin eines Tages dem Knig:
- Geliebter Mann, htten wir doch nur ein Kind! Kein Essen will mir mehr
schmecken und kein Schmk kann mein Herz erfreuen, solange mir das
Mutterglck versagen bleibt!
- Verzage nicht liebe Frau.
Da trug es sich zu, als die Knigin einmal in marmornen Teich des
Schlogartens badete, da ein Frosch aus dem Wasser ans Land hpfte und zu
ihr sprach.
- Frau Knigin! Frau Knigin! Quak, Quak!
- Was willst du von mir Froschegeselle?
- Ich bin kein gewhnlicher Frosch. Quak, Quak!... Ich bin ein Gesandter der
groen Mutternatur und dies ist meine Botschaft: Dein Wnsch wird erfllt
werden, Ehe das Jahr vergeht, wirst du eine Tochter zur Welt bringen, Quak!
- Ach! Du guter Frosch, sage mir noch...
Aber der Wasserplantscher war schon wieder in den Fluten des Teiches
verschwunden und lie die Frau mit ihren Fragen alleine.
Was der Frosch gesagt hatte, das geschah und die Knigin gebar ein Mdchen,
das war so schn, da der Knig vor Freude sich nicht zulassen wute:
- Ist das nicht ein Wunder!? Ein wie liebliches Kind uns als Tochter geschenkt
wurde! Fr wahr, lieber Mann! Sie ist so schn wie die schnste Rose, die je im
Schlogarten geblht hat! Rschen, das soll der Name des Kindes sein.
- La uns ein groes Fest ausrichten, um die Geburt der Prinzessin zu feiern.
Frsten, Grafen, Edelleuten und alle Freude und Verwandten sollen zugegen
sein. Auch wollen wir nicht vergessen die dreizehn weisen Frauen des Reiches
einzuladen, da sie dem Kind hold und gewogen sind.
- Das wollen wir tun? Aber hast du daran gedacht, da wir gar nicht alle
dreizehn bewirten knnen? Wir haben doch nur 12 goldene Teller!
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- So mu eben die Fee, welche so tief im Walde wohnt zu Hause bleiben. Ich
habe sie ohnehin sonderlich leiden mgen. Vielleicht werden wir sie ein anderes
Mal einladen.
Das Fest wurde mit aller Pracht gefeiert, und das Schlo Niederwaldstein glich
einer Kaiserburg, whrend einer Krnung. So ppig geschmckt war es, so stolz
wehten die Bunten Fahnen im Winde! So reich gekleidet waren die Gste. Als
die Feierlichkeiten zu Ende waren, traten die zwlf weisen Frauen an die Wiege
des Kindes und beschenkten es mit ihren Wundergaben, die eine wnschte der
Prinzessin Tugend, die andere Schnheit furs ganze Leben, eine dritte
Reichtum, die vierte einen wrdigen schnen Mann und die anderen was sonst
noch auf der Welt zu wnschen ist. Gerade wollte die letzte Fee ihren Wnsch
aussprechen, da hrte man hastige Schritte die Treppe zu fest heraufeilen.
- Sieh nur, die dreizehnte der weisen Frauen! Ihre Augen funkeln. Schau sie an!
- Habe ich euch gefunden. Ihr undankbares stolzes Pack und die da! Ihr
Schwester seid euch auch nicht zu Schade auf dieser vor Hochmut stinkenden
Burg zu erscheinen? Sage mir, Knig von Niederwaldstein! Warum fand man
nicht auch mich einer Einladung fr dieses Fest fr wrdig?
- Gute Fee! Fllt mir schwer zu sagen, aber wir htten dich nicht mit der
notigen Ehrerbietung bewirten knnen. Wir besitzen fr 12 von euch goldene
Teller.
- Ah was! Gute Fee! Goldene Teller! Ich bin kein gute Fee mehr fr euch. Bitter
werde ich rchen, da man es nicht fr notwendig hielt, mich einzuladen.
Darum hrt wohl her: In ihrem fnfzehnten Lebensjahr soll sich die
Knigstochter an einer Spindel stechen und tot hinfallen. Ohne noch jemand
anzusehen oder zu gruen verlie die Uunglcksfee raschen Schritt den Saal.
- Ah, du mein armes Kind! Sollen dann all die guten Wnsche um eines einzigen
schlechten Willen vergeblich getan sein?! Nein, nein das darf nicht sein!
- La dich trsten Knigin. Erst elf von uns weise Frauen haben ihren Wnsch
gesagt, der meinige ist noch offen, wisse ja! Aufheben kann ich den bsen
Spruch nicht, wohl aber ihn mildern, vermildern. Stich sich die Knigstochter
an der Spiedel, so soll sie nicht tot sein, sondern wird nur in einen tiefen Schlaf
fallen, der hundert Jahre wahren wird!
Der Knig, der sein geliebtes Kind vor denn Unglck gern bewahren wollte, lie
den Befehl ausgehen, da alle Spindeln im ganzen Knigreich verbrannt werden
sollten!
Bald war der Tag heran gekommen an dem Prinzessin Rschen 15 Jahre alt
wurde. Der Koch hatte ja einen groen Kuchen gebacken, und vom Hofnarren
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des Knigs war dafr gesorgt worden, da das Mdchen an seinem Ehrentage
keine Langeweile versprte. Freudig durcheilte sie das ganze Schlo vom
Thronsaal bis zum entlegenster Winkel, besah Stben und kammern, bis es ihr
gerade in den Sinn kam und gelangte endlich auch am Ende des Gartens an
einen alten Tor!
- Seltsam! Noch nie ist mir der Turm aufgefallen! Wie geheimnisvoll er aussieht!
Ich mchte wohl wissen was ist in diesem Turm verbergt? Hoffentlich gelingt es
mir die schwere Tr zu ffenen. Oh, wie dunkel ist das hier! Ich sehe nicht
einmal die einige Hand vor Augen! Oh, Fledermause! Fort mit euch, ihr garstige
Tiere! So, nun bin ich oben. Oh, da ist ja eine Kleine Tr und im eigenen Schlo
steckt eine einige veraltete Schlussel. Ich will ihn umderehen. Da sprang die Tr
auf und die Prinzessin sah in ein kleines Stbchen hinein, in dem eine alte Frau
mit einer Spindel sa und eben sich ihren Flachs spann!
- Guten Tag, Mtterchen!
- Guten Tag, Knigstochter!
- Was machst du da Mtterchen?
- Ich wohne hier im Turm, seit vielen Jahren und spinne Flachs, siehst du?
Daraus macht man Kleider.
- Und was ist das Ding, was da so lustig herum springt?
- Das ist eine Spindel, schones Kind!
- Ich mchte wohl auch spinnen knnen. Komm Mtterchen! La mir einmal
die Spindel.
- Also gut, wenn du es so gern mchtest, bitte!
- Ich danke dir!
Kaum hatte die Prinzessin die Spindel angerhrt, so war der Zauberspruch in
Erfhlung gedangen. Sie hatte sich in den Fingern gestochen. In dem
Augenblick aber wo sie den stich empfand, sank Rschen auf das Bett nieder,
das da stand und fiel in einen tiefen Schlaf und dieser Schlaf verbreitete sich
ber das ganze Schlo.
- Oh, was ist denn das!? Das Schlo ist wie ausgestorben!
Was ist denn nur mit mir? Ich bin auf einmal zu mde. Auch ich kann mich
kaum noch auf den Beinen halten. In der Kche des Schlosses endete jeh alle
Betriebsamkeit.
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Eben war noch vom Koch bemerkt worden, da der Kchinjunge den
Festbraten hatte anbrennen lassen. Zrnig wollte er den Tu-Nicht-gut an den
Haaren ziehen.
- Oh! Du nichts-sttzige Schlafmtze! Welchen Unglck hast du schon wieder
angerichtet? Das soll dir teuer zustehen kommen.
- Aber ich wei nicht, wie es kam Meister! Ich war auf einmal so mde!
- Mdigkeit! Das gibt es nicht du Faulpelz! Warte, ich werde dich beuteln, da
dir hren und sehen vergeht. Na nun, was ist nur mit mir? Ich kann nicht mehr,
mu mich setzen!
Tdmude taumelte der Koch in der Kche herum und tappte nach einem Sthl.
Das Feuer, das auf dem Herd flackerte, wurde still und schlief ein. Der Braten
hrte auf zu brutzen. Ja, alles auf dem Schlo war in einen tiefen Schlaf
gefallen, auch die Pferde im Stall, die Hunde im Hofe, die Tauben auf dem
Dach, die Fliegen an der Wand und der Wind legte sich und auf den Baumen im
Slogarten regte sich kein Blttchen!
Rings um das Schlo begann nun eine Dornenhecke zu wachsen, die jedes Jahr
hoher wurde und endlich das ganze Schlo umgab und darber hinaus wuchs,
da gar nichts mehr vom Niederwaldstein zu sehen war, nicht einmal die Fahne
auf dem Dach. Viele viele Jahre gingen ins Land! Da geschah es, da ein jnger
Knigssohn einmal durch den Odenwald ritt und unterwegs einen alten Mann
von dem verwnchen Schlo und der schnen Prinzessin erzhlen htte.
Wissbegierig lauschte der Prinz seinen Wrten.
- Ich wei es von meiner Gromutter. Der hat noch miterlebt wie damals die
Dornenhecke um das Schlo wuchs. Seitdem haben schon viele Knigsshne
versucht die schne Prinzessin zu erlsen und durch die Hecken ber Schlo zu
bringen, aber die Dornen! Als hatten sie Hnde, hielten darin hngen, konnten
sich wieder nicht losmachen und starben eines jammervollen Todes. Sie alle
haben ihr Leben vergeblich aufs Spiel gesetzt! Fr das schne Dornrschen...
- Ich frchte mich nicht guter Alter. Ist das Dornrschen wirklich so schon, wie
man sich erzhlt, so mu ich es sehen!
- Diese Wrter sprachen auch die anderen Prinzen, jnger Knigssohn! Und sie
kamen nicht weder!
- Lieber wurde ich sterben, als auf Dornrschen zu verzichten.
Es waren aber gerade die Hundertjahre verfloen und der Tag war gekommen,
wo Dornrschen wieder erwachen sollte!
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Als der Knigosshn sich der Dornenhecke nherte, da waren es auf einmal
groe schne Blumen, die sich von selbst auseinandere taten, die Kopfe vor ihm
neigten und sangen:
- Tritt nher du Prinz! Tritt nher! Wir stechen dich nicht. Verletzen dich nicht.
Zerkratzen dir nicht das Edelgesicht! Der Fluch ist gebrochen, Dornrschen.
- Danke euch ihr Blumen! Seltsam und versinkt sind die Dornhecke in sich
zusammen! Nun rasch in Schlo. Ein gar merkwurdiger und lustiger Anblick!
Knig und Knigin haben sich auf dem Pflaster des Hofes bequem gemacht!
Und da! Da liegen die Pferde und die scheckigen Jagthnde und rhrten sich
nicht. Auch die Flgel gesteckt! Ich will ins Haus gehen. Flieger an der Wand
schlafen ja! Ich mu Dornrschen finden. Wo mag sie nur sein?
Rasch eilte er weiter durch das Schlo, aber wo er auch suchte, fand er
schlafende Gestalten aller Art, aber nicht sein Dornrschen! Auch im Thronsaal
entdeckte er nur den Hofstaat, der da in Sesseln und auf dem Boden herumlag.
Endlich als der Tag sich schon zu neigen begann, gelangte er auch zu jenem
Turm. Ahnungsvoll sprang er die Wendeltreppen hinauf, die unter seinen
Tritten fast zusammen gebrochen wre und ri die Tr der kleinen Stube auf, in
welcher Dornrschen schlief.
Da lag sie und lachelte dem Prinzen im Schlaf so liebreizend an, da dieser die
Augen nicht abwenden konnte!
- Wie Seide glnzen die blonden Haare. Ihr Gesicht schimmert so zart und rein
wie Milch! Und ihr Mund! Ja, ihren roten Mund zu kssen, das mte der
Himmel auf Erden sein! Ich kann nicht anderes schnste Dornrschen, ich mu
dich kssen! Sie schlgt die Augen auf!
- Ah, w bin ich? Was ist geschehen? Und du! Wer bist du, schner, fremder
Jungling?
- Ich bin ein Konigsshn und habe dich von deinem Zauberschlaf befreit. Ich
bin von deiner Schnheit so gefangen liebstes Dornrschen, da ich ohne dich
nicht mehr leben knnte! Willst du meine Frau werden?
- Von Herzen gern mein Prinz!
Da stiegen sie zusammen auf und der Knig erwachte und die Knigin, ebenso
der ganze Hofstaat und sahen einander mit groen Augen an!
- Sieh nur liebste Fee berall im Schlo das Leben wieder beginnt! Die Pferde
stehen auf und schtteln sich, die Jagdhunde springen und wedeln mit den
Schwnzen, auch die Vgel singen wieder ihr Lied und dieTauben auf dem Dach
ziehen den Kopf unter dem Flgel hervor und fliegen ins Feld! In der Tat, auch
die Fliegen an den Wnden krochen weiter. Das Feuer in der Kche erhob sich,
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flackerte und kochte das Essen. Die Magd tat einen Schrei, als sie beim
Erwachen das Hhn auf ihrem Gesicht bemerkte! Der Koch zog den
Kchenjungen krftig an den Haaren, da er heulte!
Der Knig aber sprach zu dem Prinzen, als er von seinem mutigen vordringen
gehrt hatte voller Freude:
- Komm hier zu mir mein Sohn. Du sollst meine Tochter zu Frau haben, und
zum Dank, da du Dornrschen und uns alle erlst hast, gebe ich dann dir die
Hlfte meines Reiches.
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12- Was geschah mit dem Schlo, nachdem alle in dem Schlo in einen tiefen
Schlaf fielen?
13- Was erzhlte der alte Mann von der schlafenden Prinzessin und dem
verwunschen Schlo dem Jungen Knigssohn und was antwortete er dazu
dem alten Mann? Was hatte der Prinz danach getan?
14- Was taten und sagten die Blumen, als der Knigssohn sich der Dornenhecke
nherte?
15- Warum verwunderte sich sehr der Knigssohn, als er ins Schlo kam? Was
sah er dort?
16- Wo fand endlich der Prinz Dornroschen? Und wie dachte er bei sich, als er
sie sah? Was hatte er gemacht? Was geschah danach?
17- Was sagte die Prinzessin, als sie die Augen auf schlug und den Prinzen sah?
Was antwortete er ihr? Und was verlangte der Prinz von ihr? Was sahen sie
unterwegs, als sie zusammen aufs Pferd stiegen und zu dem Knig ritten?
18- Was sagte der Knig zu dem Prinzen, als er von seinem mutigen Vordringen
gehrt hatte und was gab er ihm zum Dank?
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- Oh, nein! Ihm passiert kein Leid! Meine Jger jagen doch mit ihm um die
Wette! Sag, schnes Mdchen! Willst du mit mir auf mein Schlo gehen und
meine liebe Frau werden?
- Ach, ja! Aber das Rehlein mu auch mit! Das verlae ich nicht.
-Es soll bei dir bleiben, solange du lebst und es soll ihm an nichts fehlen. Da
kommt es gesprungen!
Es wurde eine prchtige Hochzeit gefeiert. Schwesterchen war nun die Frau
Knigin und Rehlein wurde gehegt und gepflegt und sprang im Schlogarten
herum. Die bse Stiefmutter aber, die alte Hexe hrte sehr bald von dem Glck
der Beiden und hatte keinen anderen Gedanken mehr, als sie doch noch ins
Unglck zu bringen. Ihre richtige Tochter, die hlich wie die Nacht war und
ein Auge hatte, wollte vor Neid zerplatzen!
- Das Glck, eine Knigin zu werden, htte mir gebhrt, Mutter! Gebrauch
doch deine Hexenknste und verhilf mir dazu!
- Sei nun still mein Liebling! Wenn es Zeit ist, will ich das meinige schon tun.
Als die Zeit gekommen war, gebar die junge Knigin einen schnen Knaben. Die
bse Stiefmutter nahm, als der Knig auf der Jagd war, die Gestalt der
Kammerfrau an und ging ins Schlafzimmer der Frau Knigin!
- Das Bad ist fertig. Es wird euch wohl tun und frische Krfte geben. Kommt,
ehe es kalt wird.
Sie half der schwachen Knigin in die Badestube, aber hatte sie ein solches
Hollenfeuer gemacht, da die arme schne Knigin bald ersticken mte! Flink
lief die bse Hexe zu ihrer Tochter.
- So, mein Tubchen! Nun wirst du dich ins Bett der Knigin legen und ich gebe
dir gleich Gestalt und Ansehen deiner Stiefschwester. Zum verlorenen Auge
kann ich dir nicht helfen.
- Ah schade!
- Deshalb dreh dich, wenn der Knig bei dir ist auf die eine Seite.
- Auf welche Seite Mutter?
- Auf welcher wohl, du dummes Ding! Aufpat, da kommt er schon! Ich
versuche noch ihn fern zu halten.
- Welcher grosser Glck, ein Thronfolger, ich mu sofort sehen, wie es meiner
lieben Konigin geht!
- Um Gottes willen, Herr Knig! Lat die Vorhnge des Bettes geschloen. Die
Knigin darf noch nicht ins Licht sehen und mu Ruhe haben!
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Der Knig ging auf Zehenspitzen wieder hinaus und merkte nicht, da im Bett
eine falsche Knigin lag! Als es Mitternacht schlug, sah die Kinderfrau, die in
der Kinderstube beim Kronprinzen wachte wie die Tre pltzlich wie von
Geisterhand aufging, die richtige junge Knigin trat ein und ging zum Bettchen
des Kindes!
- Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? Nun komme ich noch zweimal
und dann nimmer mehr!
Die Kinderfrau war zu Tode erschrocken und antwortete nichts, sondern lief
eilig zum Knig und erzhlte ihm alles.
- Ach lieber Gott, was hat das zu bedeuten? Ich will in der nchsten Nacht bei
dem Kind wachen. Wieder erschien um Mitternacht die junge Knigin.
- Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? Nun komme ich noch diesmal
und dann nimmer mehr.
- Du kannst doch niemand anders sein als meine liebe Frau!
- Ich bin deine liebe Frau!
In diesem Augenblick hatte sie ihr Leben wieder erhalten, war durch Gottes
Gnade frisch und gesund und dann erzhlte sie dem Knig die ganze Geschichte
von der bsen Hexe und von ihrer Tochter. Die falsche Knigin wurde in den
tiefen Wald gebracht und den wilden Tieren berlassen. Die bse Stiefmutter
aber, die Hexe mute Jammervoll verbrennen und so wie sie zu Asche
verbrannt war, verwandelte sich das Rehklbchen und erhielt seine Menschliche
Gestalt wieder. Schwesterchen und Brderchen aber lebten glcklich zusammen
bis an ihr Ende!
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15- Was sagte das Rehlein seiner Schwester (zum drittenmal), als es den
Jagdtrbel drauen hrte? Und was hatte ihm das Schwesterchen
geantwortet?
16- Wovon erkannten der Knig und seine Jger das schne Rehlein?
17- Wen sah das Schwesterchen an der Tr, als zum dritten mal an die Tr
geklopft wurde? Was hatten sie zueinander gesagt? Was verlangte der
Knig von ihm? Und was passierte zum Schlu? Was hatte das
Schwesterchen den Knig ber seinen Bruder gefragt?
18- Wasfr bse Gedanken hatte die Stiefmutter, als sie hrte, da der Knig
und das Schwesterchen zusammen leben? Was sagte sie vor Neid ihrer
Mutter dazu? Und was antwortete die Mutter?
19- Was tat die Stiefmutter, als die Zeit gekommen war und die Knigin einen
Sohn gebar?
20- Wie tte die bse Stiefmutter die arme Knigin? Und was hat sie danach
getan?
21- Was sagte die Stiefmutter zu dem Knig, als er sehen wollte, wie es der
Knigin geht?
22- Was sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube beim Kronprinzen wachte,
als es Mitternacht schlug? Und was hatte sie danach gemacht?
23- Was sah der Knig in der nchsten Nacht, als er selbst bei dem Kind
wachte? Was sagte die Knigin? Was hatte der Knig gemacht und was
geschah in der folgenden Nacht?
24- Wie bestrafte der Knig die bse Stiefmutter und ihre Tochter, als die
Knigin ihm die ganze Geschichte von der bsen Hexe und ihre Tochter
erzhlte?
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5. Aschenputtel
Es war einmal ein reicher Mann, dessen Frau wurde sehr sehr krank und als sie
fuhlte, da sie sterben mte, rief sie ihr einziges Tochterchen zu sich ans Bett:
- Mein liebes Kind! Bleib fromm und gut, so wird dir der liebe Gott immer
helfen und ich will vom Himmel auf dich herab blicken. Ich mu sterben...
Und sie starb. Das Mdchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grab der Mutter
und weinte. [...] Der Winter kam und deckte das Grab mit weien Schnee zu
und als der Schnee schmolz, nahm sich der Mann eine andere Frau. Diese
brachte zwei Tchter mit ins Haus. Sie waren sehr schon, aber ihr Herz war
hlich und grausam. Eine schlimme Zeit brach fr das arme Stiefkind an!
- Soll die dumme Gans bei uns in der Stube sitzen?!
- Nein, wer Brot essen will, mu es sich dann erstmal verdienen, hinaus mit der
Kchenmagd!
Du hast lange genug gefaulenzt! Von nun an bleibst du in der Kche. Das ist der
rechte Platzt fr dich, du faules Ding!
- Zieh deine schnen Kleider aus und gib sie uns.
- Ich will deine Samtschuhe und deine Schmck!
- Und ich deine Kleider!
- Aber liebe Schwestern warum?
- Du brauchst sie nicht mehr. Wir aber brauchen eine Kchenmagd. Hinaus mit
dir du eitles Ding.
- Du hast hier in der Kche nichts mehr zu suchen. Hier, sieh diesen alten
grauen Kittel an und diese Holzpantoffeln da, die passen besser zu dir.
Weinend gehorchte das arme Mdchen. Die bsen Schwestern bogen sich vor
lachen und zerrten es vor dem Spiegel!
- Ja, sieh dich nur an! Du stolze Prinzessin wie hbsch du geputzt bist. Nun
dabei machst du dich in die Kche und an die Arbeit!
- Nimm das Kchenwerk, in der Asche wirst du schlafen.
- Ja und ich schtte dir Erbsen und Linsen in die Asche, damit du gleich etwas
schnes zu tun hast sie wieder heraus zu nehmen.
- Dashalb wirst du staubig und schmutzig aussehen, wie die Asche.
- Wir taufen dich hiermit Aschenputtel! Aschenpu..., Aschen...
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- Aber ich bitte euch doch so sehr, nur ein einziges Mal.
- Du, habe ich dir eine Schssel Linsen in die Asche geschttet, wenn du die
Linsen in zwei Stunden wieder ausgelesen hast, so darfst du mitgehen. Glcklich
lief Aschenputtel durch die Hintertr in den Garten:
- Ihr zahmen Tubchen! Ihr Turteltubchen! All ihr Vglein unter dem Himmel
kommt und helft mir, Linsen aus der Asche zu sammeln. Die guten ins
Tpfchen, die Schlechten ins Krpfchen. Oh, da Kommen sie schon
angeschwrmt Tubchen und Turteltubchen und alle Vglein unter dem
Himmel! Viele hundert Vgel schwrmten zum Fenster herein und setzten sich
um die Asche. Die Tubchen nickten mit den Kpfchen und fingen an: Pick Pick
Pick und da fingen die Anderen auch an: Pick Pick Pick... und lasen alle guten
Krnlein in die Schssel. Kaum eine Stunde verging und sie waren fertig und
schwirrten davon. Aschenputtel lief glcklich mit der vollen Schssel zur
Stiefmutter. Jetzt durfte es sicherlich mit auf das Fest, Aber die bse Stiefmutter
sagte:
- Nein Aschenputtel! Du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen! Du wirst
nur ausgelacht!
- Ach Mutter, la mich doch gehen, ein einziges mal! Ich mchte gern das
Schlo und den Prinzen sehen!
- Nun gut, wenn du mir diese zwei Schsseln Linsen in einer halben Stunde
wieder rein aus der Asche herauslesen hannst, sollst du mitgehen.
- Das schafft Aschenputtel sowieso nicht!
- Aber Aschenputtel lief wieder aus der Hintertr in den Garten und rief:
- Ihr zahmen Tubchen! Ihr Tunteltubchen! Alle Vglein unter dem Himmel,
kommt und helft mir, die Linsen aus der Asche zu sammeln, die guten ins
Tpfchen, die schlechten ins Krpfchen.
Da kommen sie wieder! Tubchen und Turteltubchen und alle Vglein unter
dem Himmel, und sie schwrmten und schwrmten zum Fenster herein und
setzten sich um die Asche. Die Tubchen nickten wieder mit den Kpfchen und
fingen an: Pick Pick Pick und die brigen fingen nun auch an: Pick Pick Pick
und lasen alle guten Krnlein in die zwei Schsseln und ehe die halbe Stunde
herum war, waren sie schon fertig und schwirrten wieder davon. Aschenputtel
lief glcklich mit den Schsseln zur Stiemutter. Jetzt durfte sie ja ganz bestimmt
zum Fest.
- Ach was, hilft dir alles nicht, du kommst nicht mit! Du hast keine Kleider und
kannst nicht tanzen! Wir mssen uns deiner schmmen!... euch meine beiden
Tchtern! Wir wollen uns beeilen. Wir drfen nicht spt kommen ins Schlo!
29
- Ich mchte so gern zum Fest, um den Knig zu sehen! Hat mir der
schneeweie Vogel auf meinem Haselnubaum so oft gesungen, da er mir jeden
Wunsch erfllt. Heute will ich mir was wunschen und eilig lief Aschenputtel
zum Grab seiner Mutter unter dem Haselbaum:
- Bumchen, rttel dich und schttel dich! Wirf Gold und Silber ber mich. Oh
Wunder! Das Bumchen rttelt sich! Das Bumchen schttelt sich! Der
schneeweie Vogel wirft ein Kleid ber mich! Oh, das ist ganz aus Gold und
Silber und die Schuhe aus Seide und Samt. Nun kann ich auch zum Tanz.
Aschenputtel zog eilig das Kleid an, schlpfte in die kostbaren Schuhe und lief
ins Schlo. Aschenputtel sah so schn aus in dem goldsilbernen Kleid, da seine
Schwestern und die Stiefmutter es nicht erkannten. Sie meinten es msse eine
fremde Knigstochter sein! Der Prinz kam Aschenputtel entgegen und
verbeugte sich:
- Schne fremde Prinzessin willst du mit mir tanzen?
- Von Herzen gern lieber Prinz!
- Ich will den ganzen Abend nur mit dir tanzen! Keiner sonst soll mit dir tanzen.
Die schnste Prinzessin gehrt dem Prinzen ganz allein!
Und Aschenputteln tanzte mit dem Prinzen bis zum Abend.
- Lieber Prinz! Ich mu jetzt nach Hause!
- Ich gehe mit und begleite dich.
Aber Aschenputtel entwichte ihm und sprang ins Taubenhaus! Sofort mute
man Axt und Hacken bringen und das Taubenhaus einschlagen, aber es war
leer. Aschenputtel war auf der anderen Seite hinaus gesprungen und zu dem
Haselnubumchen gelaufen. Da hatte es die schnen Kleider abgelegt und der
Vogel hatte sie wieder weggenommen und als die Stiefmutter mit den
Schwestern nach Hause kamen, lag Aschenputtel in seinem grauen Kittelchen in
der Kche und schlief! Am nchsten Tag ging das Fest weiter und als die
Schwester und Stiefmutter fort waren, lief Aschenputtel abermals zu dem
Haselbumchen:
- Bumchen, ruttel dich und schttel dich! Wirf Gold und Silber ber mich! Oh
Wunder!! Das Bumchen rttelt sich! Das Bamchen schttelt sich! Der
scheeweie Vogel wirf ein Kleid ber mich! Oh, es ist noch viel prchtiger als
das Gestrige und die Schuhe sind ganz aus Silber. Nun bin ich fein fr den Ball.
So angetan erscheint Aschenputtel auf dem Ball!
- Schne fremde Prinzessin! Du bist meine Tnzerin! Ich will nur mit dir tanzen.
Die schnste Prinzessin gehrt dem Prinzen ganz allein!
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zu klein! Die rechte Braut sitzt noch daheim. Der Prinz blickte auf den goldenen
Schuh und sah wie blutig der Fu war! Er wendete sein Pferd, brachte die
falsche Braut nach Hause und sprach:
- Das ist nicht die richtige Braut, Eure andere Tochter soll den Schuh
anprobieren!
Die war
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ist im Schuh. Der Schuh ist nicht zu klein. Die rechte Braut, die fhrst du Heim.
Und als die Braut schon lngst verschwunden war, standen die Stiefschwestern
noch immer und starrten bleich vor Wut, rger, Schmerz und Neid. Mit ihren
bse zugerichteten Fssen hatten sie sich selber hart bestraft und die
Stiefmutter hatte keinen frohen Tag mehr in ihrem Leben. Aschenputtel aber,
feierte mit dem schnen Prinzen noch am gleichen Tag Hochzeit im Schlo.
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14- Was sagte der Prinz zum Aschenputtel, als er es zum ersten Mal im Festsaal
sah?
15- Was meinten die Stiefschwestern und Stiefmutter, als sie das schn
gekleidete Aschenputtel im Festsaal sahen?
16- Was antwortete der Prinz zum Aschenputtel, als sie sagte, da sie nach
Hause gehen mute und was geschah danach?
17- Wie waren die Kleider, die Aschenputtel am nchsten Tag abermals von
Haselnubumchen verlangte?
18- Was sagte der Prinz zum zweiten Mal als er Aschenputtel wieder im Festsaal
sah und was geschah danach?
19- Was geschah als Aschenputtel zum dritten Mal dem Prinzen entwichte und
was fr eine Liste gebrauchte der Knig, um Aschenputtel zu kriegen?
20- Was sagte der Prinz den anderen, als er den goldenen Schuh, den er fand in
der Hand hatte?
21- Wie hat der Prinz endlich das Aschenputtel gefunden?
22- Was geschah, als der Prinz zu dem Haus der Stiefmutter ging und die
Mdchen den Schuh anprobieren lie? Was sagte die Stiefmutter ihren
Tchtern?
23- Was sagte die lteste Tochter zu ihrer Mutter, als sie den Schuh anprobierte
und was antwortete die Mutter und was geschah danach?
24- Was sagte der Prinz zu der Stiefmutter, als er ihre lteste Tochter (die
falsche Braut ) nach Hause zurckbrachte und was passierte danach (mit
der kleineren Tochter)?
25- Was sagten die zwei Tubchen auf dem Haselnubumchen, als der Prinz an
dem Grab vorbei ritt und die falsche Braut ins Schlo bringen wollte?
26- Was sagte der Prinz zu der Stiefmutter, als er zum zweiten Mal die kleinere
Tochter nach Hause zurckbrachte? Was antwortete die Stiefmutter und
was geschah zum Schlu?
27- Was sagten die zwei Tubchen auf dem Haselnubumchen, als der Prinz
Aschenputtel mit ins Schlo bringen wollte?
28- Was ist mit der Stiefmutter und ihren Tchtern passiert, als der Prinz
Aschenputtel mit ins Schlo brachte?
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- Vielen Dank, Schneeweichen und Rotenrot! So ... jetzt strecke ich mich ein
wenig am Feuer aus. Wie warm und gemtlich es hier ist! Als der Br nun so
gemtlich und freundlich guckte, wurden die Mdchen ganz zutraulich und
trieben ihren Spa mit dem unbeolfenen Gast. Sie zausten sein Fell mit den
Hnden, setzen ihre Fchen auf seinen Rcken und schubsen ihn hin und her.
Schlielich nahm jeder eine Haselrute und klopfte den dicken Pelz.
- Lat mich am Leben, ihr Kinder!
- Schneeweichen, Rosenrot, schlagt ihr ihn nicht tot! Jetzt ist aber genug
Kinder! Schlafzeit! Marsch ins Bett mit euch! Meister Pelz bleibt im
Gottesnamen am Feuer liegen, da seid ihr vor Klte und dem bsen
Schneetreiben geschtzt, gute Nacht!
Am Morgen lieen die Kinder den Bren hinaus und er trabte durch den Schnee
in den Wald hinein, aber am Abend kam er wieder, legte sich vor das Feuer und
hatte nichts dagegen, als die Mdchen ihren Schabernack mit ihm trieben. Von
nun an kam der Br jeden Abend und bald wurde die Tr nicht verriegelt,
bevor er nicht im Hause war. Als aber der Frhling kam und alles grnn wurde,
sagte der Br eines Morgens betrbt zu Schneeweichen:
- Nun mu ich fort Schneeweichen und kann der ganze Sommer oder Herbst
nicht wieder kommen.
- Wo gehst du hin, lieber Br?
- Ich mu meine Schtze vor den bsen Zwergen hten. Im Winter, wenn die
Erde gefroren ist, men sie unten in ihren Hhlen bleiben, aber jetzt, wenn die
Sonne die Erde aufgetaut hat, kommen sie herauf und suchen und stehlen und
was erstmal in ihren Hnden ist, kommt so leicht nicht wieder ans Tageslicht.
Danke fr alles und lebt wohl!
Schneeweichen war ganz traurig ber den Abschied. Als der Br nun zur Tr
hinaus ging, ri er sich an der Klinge das Fell einwenig auf. Schneeweichen
glaubte ihren Augen nicht zu trauen.
- Habe ich es eben unter dem Fell nicht wie Gold durchschimmern sehen. Ach,
nein, ich trumte wohl nur. Ich mu mich getuscht haben.
Der Br aber lief eilig davon und war bald im Dunkel des Waldes
verschwunden. Eines Tages schickte die Mutter Scchneeweichen und Rosenrot
in den Wald Reisig zu holen. Da kamen die beiden an einem riesigen Baum, der
gefllt am Waldboden lag.
- Sieh doch Rosenrot, was springt da im Gras, an dem Stamm immer auf und ab
wie ein Hhnchen? La uns vorsichtig nher gehen!
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- Schneeweichen, das ist ein Zwerg! Ein Zwerg mit einem verschrmpelten
Gesicht. Sein ellenlanger Bart ist in Baumstamm eingeklemmt. Ach, der Arme!
Er zappelt ja hin und her und wei sich nicht zu helfen.
- Jetzt hat er uns gesehen. Wie bse er uns mit seinen roten feuerigen Augen
angltzt!
- Was steht ihr da herum wie die Stockfische und geltzt. Helft mir lieber los zu
kommen.
- Wie ist das nur geschehen kleines Mnnchen, da du so jmmerlich
eingeklemmt bist?
- Dumme neugierige Gans! Wie wohl! Den Baum habe ich spalten wollen, um
kleines Holz in der Kche zu haben. Ich hatte schon den Keil in den Stamm
getrieben, als er pltzlich wieder heraus sprang und meine Bartspitze im Stamm
einklemmte ... Lach doch nicht so dumm!
- Ich lach doch nur, warum du kleiner Zwerg dir ausgerechnet der riesigste
Baum fr Kleinholz ausgesucht hast!
- Alberne Gans! Milchgesicht! Hilf mir lieber!
- Wie sollen wir dir helfen, kleines Mnnchen? Der Stamm ist uns viel zu
schwer, um dein Bart heraus zu ziehen!
- Ich will laufen und Hilfe holen.
- Wahnsinning geworden!? Die Leute herbei rufen?! Ihr zwei Schafskpfe seid
mir zu viel! Fllt euch nichts Besseres ein?
- Nur nicht so ungeduldig kleiner! Ich wei schon Rat.
Ich schneide hier mit meiner kleinen Scheere das Bartende einfach ab. Schnipp
und Schnapp, Klipp und Klapp! Siehst du? Nun bist du frei!
Als der Zwerg sich nun frei fhlte, griff er wtend nach einem Sack voll Gold,
der zwischen den Wrzeln war und ging schimfend und krchzend davon!
- Ungehobeltes Volk! Schneidet mir einfach ein Stck von meinem stolzen Bart
ab! Lohnt euch der Kuckuck! Holt euch der Kuckuck!
Einige Zeit danach wollten Schneeweichen und Rosenrot eine Mahlzeit Fische
angeln. In der Nhe des Baches blieb Schneeweichen erstaunt stehen!
- Rosenrot sieh mal! Da hpft so etwas wie eine gre Heuschrecke auf das
Wasser zu, als wollte sie hinein springen.
- Das ist der Zwerg! Du da, kleiner Mann! Du willst doch nicht etwa ins Wasser!
Traust du dich nicht?
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- Denkst du blde Gans, ich sei vielleicht verrckt?! Kannst du nicht dich
gucken? Der verwunschte Fisch will mich ins Wasser ziehen. Nun steht ihr doch
nicht so dmlich herum ihr lgtzen. Hilft mir lieber!
- Aber wie ist das nur passiert kleines Mnnchen? Dein Bart ist ja mit der
Angelschurr verheddert!
- Verheddert! Verheddert! Du dumme neugierige Gans! Unglcklicher Weise
hat der blde Wind meinen schnen Bart mit der Angelschnurr verflochten und
nun hat ein dicker Kampf ihn angebissen. Ich kann ihn nicht herausziehen. Er
ist zu schwer! Ihr seht doch, wenn ich nicht jeder seine Bewegung nachgebe,
liege ich mit einem Rck im Wasser und ersaufe.
- Du bist ja viel zu schwach! Der Fisch ist viel strker als du!
- Ach, als ob ich das nicht selber wute. Schwatzen und Maulaffen feilhalten,
das konnt ihr, aber helfen?!
- Unmglich fr uns kleiner Zwerg! Dein Bart und die Angelschnurr sind so
heillos ineinander verwirrt, da nur noch die Schere helfen kann. Die Scheere
mu wieder herbei und Schnipp und Schnapp! Siehst du? Nun bist du frei!
- Ist das eine Mauier ihr! Ihr, ihr! Ach, mir das Gesicht so zu verschandeln!
Nicht genug, da ihr mir den Bart unten abgesttzt habt. Jetzt schneidet ihr
noch mir einfach den besten Teil davon ab! Ich kann mich vor den Meinigen ja
gar nicht mehr sehen lassen. Ach, da ihr doch die Schuhsohlen verloren hattet
und auf nackten Fssen laufen mtet!
Damit holte er einen Sack Perlen, der im Schilf lag und ohne noch etwas zu
sagen, oder die bestrzten Mdchen anzugucken, verschwand er damit hinter
einem Stein. Bald danach schickte die Mutter Schneeweichen und Rosenrot in
die Stadt, Zwirnen, Nadeln, Schnurre und Bnder einzukaufen. Der Weg fhrte
sie ber die Heide, auf der hier und da mchtige Felsen verstreut lagen.
Pltzlich sahen sie einen Adler in der Luft kreisen und auf einen der Felsen
niederstossen!
- Sieh doch nur Schneeweichen! Der Adler hat unseren alten Bekannten, den
Zwerg gepackt! Er will ihn forttragen.
- Nichts wie hin! Wir mssen helfen und ihn festhalten.
Die mitleidigen Mdchen hielten das Mnnchen fest und zerrten solange an dem
Adler herum, bis er seine Beute fahren lie und davon flog. Als der Zwerg sich
von seinem Schrecken erholt hatte, schimpfte er wtend.
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- Knntet ihr nicht vorsichtiger mit mir umgehen?! Gezerrt und gerissen habt
ihr meinen dnnen Rockchen, da es berall zerfetzt und zerlchert ist! Ach, ihr
unbeholfenes tppiches Gesindel! Der Teufel soll euch holen!
Er griff sich einen Sack mit Edelsteinen und verschwand in einer Hhle. Die
Mdchen waren seinem Undank schon gewhnt und setzten lachend ihren Weg
in die Stadt fort. Als sie auf dem Rckweg wieder auf die Heide kamen,
berraschten sie den Zwerg, der auf einem reinlichen Pltzchen den Sack mit
Edelsteinen ausgeschttet hatte. Sie schimmerten und leuchteten so prchtig in
der Abendsonne, da Schneeweichen und Rosenrot stehen blieben.
- Was steht ihr da und haltet Maulaffen feil, ihr dummen Gnse! Fort mit euch!
Knnt ihr nicht hren? Ich mache euch gleich die Hlle hei. Er wollte mit
seinen Scheltworten fortfahren, als sich ein lautes Brummen hren lie und ein
grer Br aus dem Walde herbeitrabte. Erschrocken sprang der Zwerg auf,
konnte aber nicht mehr zu seinem Schlpfwinkel gelangen!
- Lieber Herr Br! Verschont mich! Habt Mitleid mit mir! Ich will euch alle
meine Schtze geben. Seht, die schnen Edelsteine! Schenkt mir das Leben! Was
habt ihr schon an mir kleinen schmchtigen Kerl? Ihr sprt mich nicht mal
zwichen euren Zhnen. Da, pack die beiden gottlosen Mdchen! Das sind fr
euch zarte Bien, fett wie junge Mastgnse!
Der Br aber kmmerte sich nicht um die Gewinsel und Gejammer und all die
bshaften Wrter. Er gab dem tckischen Geschpf einen Schlag mit der Tatze
und das regte sich nicht mehr ... Die Mdchen waren davon gesprungen, aber
der Br lief ihnen nach!
- Schneeweichen! Rosenrot! Lauft nicht weg, frchtet euch nicht; wartet; ich
will mit euch gehen!
- Rosenrot! Unser Zottelbr! Unser lieber Br! Wir warten.
- Guten Abend, Schneeweichen! Guten Abend, Rosenrot!
- Ja, was ist das?! Unser Br verliert seinen Pelz!?
- Oh, jetzt steht ein junger Prinz da! Ganz in Gold gekleidet!
- Ich bin ein Knigssohn und war von dem gottlosen Zwerg, der mir meine
Schtze gestohlen hat, verzaubert, als wilder Br durch die Wlder zu laufen,
bis ich durch seinen Tod erlst wurde. Jetzt hat er seine wohl-verdiente Strafe!
- Oh, wie bin ich glcklich, da du erlst bist, lieber Prinz!
- Willst du mit mir auf meines Vaters Schlo kommen und meine Frau werden?
- Von Herzen gern.
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Schneeweichen wurde mit dem Knigssohn vermhlt und Rosenrot mit seinem
Bruder. Sie teilten die groen Schtze miteinander, die der Zwerg in seiner
Hhle zusammen getragen hatte. Die beiden Rosenbumchen aber standen jetzt
im Schlo vor dem Fenster ihrer Mutter und trugen jedes Jahr die schnsten
Rosen: wei und rot.
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15- Warum gingen Schneeweichen und Rosenrot in die Stadt? Was geschah,
als sie unterwegs ber die Heide kamen? Wie halfen sie dem Zwerg wieder?
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7. Schneewittchen
Es war einmal mitten im Winter; eine junge Knigin sa an ihrem Fenster aus
Ebenholz und nhte. Die Schneeflocken tanzten drauen durch die Luft und
setzten sich dann auf das schne schwarze Holz und wie die Knigin so nhte, da
stach sie sich mit der Nadel in den Finger und machte ihn in den Schnee. Da
sagte sie bei sich:
- Oh, wie schn ist das Rot in dem weien Schnee. Lieber Gott, ich wnsche mir
ein Kind so wei wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie
Ebenholz. Bald darauf gebar sie ein Tchterchen. Doch als es geboren war,
starb die Knigin. Aber das Kind war so wei wie Schnee, so rot wie Blut und
schwarzhaarig wie Ebenholz und darum wurde es Schneewittchen genannt.
ber ein Jahr nahm der Knig eine andere Frau. Sie war sehr schn, aber
hartherzig und hochmutig. Sie besa einen wunderbaren Spiegel. Oft trat sie
vor ihn hin und fragte:
- Spieglein, Spieglein an der Wand! Wer ist die Schnste im ganzen Land?
- Frau Knigin, Ihr seid die Schnste im Land.
- So bin ich zufrieden mein Spiegel, denn ich wei, da du immer die Wahrheit
sagst. Oh, nie knnte ich es ertragen, da jemand schner ist als ich. Doch als
Schneewittchen heranwuchs, betrachtete sie die Knigin mit bsem Neid und
sagte bei sich:
- Das Kind ist erst sieben Jahre alt und jeden Tag wird es schner und schner.
Gleich mu ich meinen Spiegel fragen, ob ich noch die Schnste bin:
Spieglein! Spieglein an der Wand! Wer ist die Schnste im ganzen Land?
- Frau Knigin! Ihr seid die Schnste hier, aber Schneewittchen ist noch tausend
mal schner als ihr.
- Was?! Das junge eitle Ding! Das soll sie schlecht bekommen. Ist sie schner als
ich, so mu sie sterben Kammerfrau! Ruf mir den Jger!
- Meine Knigin was verlangt Ihr von Eurem getreuen Jger?
- Jger, bring Schneewittchen hinaus in den Wald. Ich kann es nicht mehr vor
meinen Augen sehen, dort mut du es tten und mir Lunge und Leber zum
Wahrzeichen mitbringen! Ich will sie in Salz kochen und essen.
Der Jger gehorchte. Als er aber tief im Walde seinem Hirschhnger zog, da
fing Schneewittchen an zu weinen:
- Ah, lieber Jger! Hab doch Erbarmen, la mir mein Leben. Ich will dann in
den wilden Wald hinein laufen und nimmer mehr wieder kommen.
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- So lauf hin du armes Kind! Ich habe Mitleid mit dir, weil du so schn bist! Der
bsen Knigin aber werde ich Lunge und Leber von einem jungen Reh bringen.
- Ich danke Euch Jger. Nun springe ich fort, solange mich meine Fsse tragen.
Gott wird mir schon helfen.
Da lief es ber Dornen und Steine und lief sieben Tage mutterseelenallein! Aber
am Abend des siebten Tages sah es ein Huschen! Da freute es sich und dachte:
- Vielleicht bekomme ich hier ein Stckchen Brot und kann einwenig ausruhen.
Ich will anklopfen.
- Es rhrt sich nichts! Ach! Ich darf wohl hinein gehen. Oh, da ist ja ein Tisch
mit sieben Tellerchen und sieben Lffelchen und Gbelchen und Messerchen!
Ich nehme von jeden ein wenig Gemse und ein Brcklein Brot und aus jedem
Becherchen trinke ich einen Tropfen Wein und weil ich da so mde bin, lege ich
mich im Bett von Herren des Huschens.
Dann kammen die sieben Zwerge. Der lteste zndete ein Lichtlein an und
sagte:
- Es ist jemand in unserem Stbchen gewesen! Es ist nicht alles so, wie wir es
gelassen haben!
- Santral! Wer hat auf mein Sthlchen gesessen?!
- Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?
- Wer hat von meinem Brtchen genommen?
- Wer aus meinem Becherchen getrunken?
- Wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?
- Und wer mit meinem Gbelchen gestochen?
- Aber seht nur! In meinem Bettchen liegt ja ein Mdchenkind!
- Kommt mit eurem Lichtlein, da wir es sehen!
- Oh, du mein Gott, wie schn ist es!
- Oh, welche Freude! Es ist schner als die schnsten Blumen!
- Steh Bruder! Pst! Weckt es nicht auf!
- Weckt es nicht auf! Es soll fortschlafen bis zum Morgen.
Als die Sonne aufging, kamen die Zwerge zu seinem Bettchen. Sie weckten es auf
und der lteste fragte:
- Wer bist du und wie heit du?
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- Ah ja! Wie schn er ist! Ich habe schon lange keinen Schnrriemen mir
gekauft und mein einziger ist schon so alt und abgebraucht. So, kommt nur
herein ehrliche Alte! Euch darf ich wohl einlassen.
- Ei Kind! Du hast eine gar hbsche Gestalt, aber wie sieht nur dein Mieder aus!
Komm! Ich will dich einmal ordentlich schnren. Sieh nur! Es geht ganz
geschwind. Die Zwerge werden ihre Freude haben, wenn sie dich nachher
ansehen!
- Aber er tut mir weh Alte! Nicht gar! ... ... ...
- Wer schn sein will, mu leiden.
- Alte! Es ist zu fest! Der Atem vergeht mir!
Aber da schnrte die bse Alte nur immer geschwinder und immer fester, bis
Schneewittchen wie tot zu Erde fiel. Dann lief die falche Krmerin weg.
- Nun bist du die schnste gewesen. Jetzt kann ich beruhigt nach Hause gehen,
denn ich bin wieder die Schnste im Land.
Bald darauf kamen die Zwerge zurck. Als sie das Kind am Boden liegen sahen,
da riefen sie vor Schrecken:
- Unser armes Schneewittchen! Oh weh! Es regt und bewegt sich nicht!
- Ah! Es ist tot!
- Nein, nein Brder! Knnt ihr nicht sehen?! Es ist nur zu Fest geschnurt!
Schnell! Hebt es aufs Bett! Ich Schneide die Schnurreimen entzwei. Da horcht
mal nur! Sein Herz fngt wieder an, zu schlagen und seine Wangen werden
wieder rot!
- Oh! So schlgt es seine Augen wieder auf!
- Ah Schneewittchen! Was ist nur geschehen?
Da erzhlte es den Zwergen, was sich zu getragen hatte, und der lteste sprach.
- Die alte Krmerfrau war niemand anders als die gottlose Knigin!
- Also la keinen Menschen rein, wenn wir nicht da sind.
- Schneewittchen la ja niemand herein!
Die Knigin war indessen heimgekehrt. Da stellte sie sich gleich vor ihren
Spiegel und fragte:
- Spiegellein! Spiegellein an der Wand! Wer ist die Schnste im ganzen Land?
- Frau Knigin, Ihr seid die Schnste hier, aber Schneewittchen ber den
Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausend mal schner als Ihr.
45
- Was?! Dieses verhate Ding ist wieder lebendig geworden! Das Herz kehrt sich
mir um in meinem Leib, aber ich will es zu Grunde richten. Zum dritten mal
soll es mir nicht entkommen. Es mu sterben. In meiner verborgensten Kammer
mache ich einen Apfel mit einer roten und einer gelben Backe. So frisch und
schn, da ihm niemand wiederstehen kann. Die gelbe Backe mache ich s und
gut, die rote aber flle ich mit todlichem Gift. Wer auch nur einen Bissen davon
it, mu sterben.
Als der Apfel fertig war, verkleidete sie sich als alte Buerin und ging ber die
sieben Berge zu den sieben Zwergen und rief:
- Gute Ware feil! Frisches Obst! Se schne pfel! Gute Ware feil, frisches
Obst, schne se pfel, gute Ware feil!
- Geht nur weiter Frau! Ich darf niemand hereinlassen. Die Zwerge haben mir
es verboten.
- Mir auch recht! Meine pfel werde ich schon los! Aber du bedauerst mich
schnes Kind! Da nimm! Einen will ich dir schenken.
- Nein, ich darf nichts annehmen.
- Frchtest du dich etwa vor Gift! Sieh hier! Ich schneide den Apfel in zwei
Teile. Die rote Backe ist fr dich. Die Weie will ich selbst essen.
Da konnte Schneewittchen nicht mehr lnger widerstehen. Sie streckte die Hand
aus und nahm die giftige Hlfte! Aber wie sie einen Bissen davon im Munde
hatte, fiel sie wie tot zu Erde! Da lachte die Knigin bse:
- Jetzt ist es aus mit dir? Nun wrest du so wei wie Schnee, so rot wie Blut und
so schwarhaarig wie Ebenholz. Diesmal knnen dich die Zwerge nicht wieder
lebendig machen. Nun habe ich endlich Ruhe, denn nun bin ich wieder die
Schnste im Land.
Bald darauf kamen die Zwerge zurck. Als sie Schneewittchen am Boden liegen
sahen, da riefen sie vor Schrecken:
- Das hat die bse Knigin getan? Schnell! Wir wollen suchen, ob wir hier twas
giftiges finden.
- Wir legen es auf das Bettchen.
- Und ich will es auch schnren!
- Ich will ihm die Haare kmmen!
- Und ich will es waschen mit Wasser und fein!
Was die Zwerge aber auch versuchten, es half nichts! Schneewittchen blieb tot.
Da wollten sie es begraben, aber der lteste sagte:
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- Wir drfen es nicht in die schwarze Erde versenken! Es sieht noch zu frisch
und schn aus!
- La uns einen Sarg aus Glas machen, so knnen wir es jeden Tag anschauen
und ich will eine goldene Inschrift darauf setzen.
Schneewittchen lag lange Zeit in dem Sarg und es sah aus, als ob es schliefe!
Nun geschah es aber, da sich ein Knigssohn in dem Wald verirrte und zu den
Zwergen kam. Da zeigten sie ihm das liebliche Mdchen in dem glsernen Sarg
und erzhlten ihm seine traurige Geschichte. Der Knigssohn sah es voller
Verwunderung an und las die goldene Inschrift.
- Hier schlft unser liebes Schneewittchen! Es war ein Knigskind!
Mein Gott! Wie ist es so schn! Ach, wre es nur lebendig! Noch im Tod ist es so
wei wie Schnee, so rot wie Blut und schwarzhaarig wie Ebenholz! Ihr guten
Zwerge! Lat mir den Sarg! Ich will euch Gold und Edelsteine geben und alles,
was ihr verlangt!
- Wir werden ihn nicht verkaufen. Nicht um alle Schtze der Welt.
- So schenkt ihn mir denn, Schneewittchen hat mein Herz so gerhrt, da ich
nicht mehr leben kann, ohne es zu sehen. Ich will es bewahren wie mein
Allerliebstes!
- Nun schner junger Knigssohn! Wenn du es so sehr lieb hast, wollen wir es
dir schenken. Was sagt ihr meine Brder?
- Ja, gib ihm das Knigskind, es ist ja ein Knigssohn!
- Oh, tausend Dank, ihr guten Zwerge! Ich will den Sarg gleich auf mein Pferd
legen und in das Schlo meines Vaters bringen. Er war schon eine Weile
fortgeritten, da geschah es, da das Pferd ber eine Wrzel stolperte, der Sarg
fiel zu Boden, der Deckel sprang auf und von der Erschtterung sprang der
giftige Apfelbissen aus Schneewittchens Hals heraus. Da schlug es die Augen auf
und sagte:
- Ach Gott! Wo bin ich nur?
- Du bist bei mir, Schneewittchen! Hab keine Angst!
- Aber wer bist du?
- Ich bin ein Knissohn und ich habe dich mehr lieb als alles auf der Welt.
- Ein Knigssohn?! Was ist nur geschehen? Warum bin ich in einem Sarg und
wo sind die Zwerge?
- Die bse Knigin hat dir einen giftigen Apfel gegeben. Du hast wie tot
ausgesehen und so haben dich die Zwerge in diesen Sarg gelegt, aber nun ist
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alles vorbei und vergessen. Wie ber gro ist meine Freude, da du wieder
lebendig bist! Willst du mit auf das Schlo meines Vaters kommen und meine
Gemahlin werden?
- Oh, von Herzen gern! Aber werden die Zwerge nicht bse sein?
- Ach, nein! Sie haben dich mir ja geschenkt! Weil ich dich so lieb habe. Nun
komm meine Prinzessin. Wir reiten ins Schlo. Bald werden wir eine
prachtvolle Hochzeit feiern, mit allem Glanz und Herrlichkeit und alle sieben
Zwerge sollen dabei sein. Zu dem Fest wurde auch Schneewittchens gottlose
Stiefmutter eingeladen. Da trat sie vor den Spiegel und sprach:
- Spiegelein! Spiegelein an der Wand! Wer ist die Schnste im ganzen Land?
- Frau Knigin, Ihr seid die Schnste hier, aber Schneewittchen ist noch tausend
mal schner als Ihr.
- Das ertrage ich nicht! Nein, niemals! Heute mu Schneewittchen sterben. Ich
will ihr Gift ins Glas tun.
Als aber die Knigin nun mit ihrem bsen Plan in den Festsaal trat, da wurden
rotglhenden Pantoffeln herbei getragen. Sie mute sie anziehen und solange
daran tanzen, bis sie tot zu Erde fiel.
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