Wo ist Paula?
Von Sven Lüdtke
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Über dieses E-Book
Zwei junge Pelztiere verbreiten Chaos auf ihrer Suche nach lustigen Abenteuern, neuen Freunden und einem kleinen Hamster.
Ein tierischer Spaß für große und kleine (Vor-)Leser!
Sven Lüdtke
Sven Lüdtke, 1970 in Berlin geboren, studierte Erziehungswissenschaften an der Freien Universität Berlin. Nach Zwischenstationen in Brandenburg und Niedersachsen unterrichtet er seit einigen Jahren an einer Berliner Grundschule.
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Buchvorschau
Wo ist Paula? - Sven Lüdtke
entschieden.
Kapitel 1
Willi ist wahrscheinlich das faulste Meerschwein in der ganzen Stadt, vielleicht sogar im ganzen Universum. Ich sage mit voller Absicht Meerschwein und nicht Meerschweinchen, denn Willi ist ein richtig dickes Ding.
Mein Kumpel Sam hat mir mal erklärt, warum er diese Verniedlichung mit dem „chen" nicht mag. Sam ist ein Frett, manchmal ein wenig wild und frech, aber ein richtig netter Kerl. Es hat ihn schon als Baby genervt, Frettchen genannt zu werden, aber jetzt war er wirklich zu alt für diesen Mist. Nicht mehr lange und Sam wird ein Jugendlicher sein und wie uncool ist es dann, Frettchen gerufen zu werden. An seinem Frett-Image arbeitet er nun schon seit längerer Zeit und mich hat er inzwischen voll überzeugt.
Kommen wir aber zurück zu Willi. Er saß nun bereits seit einer geschlagenen Stunde in der Ecke seines Zimmers und mümmelte an irgendeinem Zeug herum. Eigentlich ist das nichts Besonderes, das tut er fast jeden Tag von morgens bis zum Abend. Das einzige was sich ändert, sind die Ecken in denen er sitzt. Ihn zu beobachten ist genauso spannend, wie einem Apfelgriebsch beim Braun-werden zuzusehen. Der Grund dafür, dass ich es trotzdem tue ist ganz einfach: Ich glaube, in diesem Raum hat sich ein Verbrechen zugetragen. Ein junges Hamstermädchen ist verschwunden und wenn Willi es nicht gefressen hatte, wurde es vermutlich gekidnappt, oder vielleicht besser: gehamsternappt!
Ich hatte mir fest vorgenommen, diesen Fall zu lösen. Und weil ich keine Ahnung hatte, wie ich das anstellen sollte, beobachtete ich erst einmal Willi.
Ach ja, vielleicht sollte ich mich zuerst mal vorstellen; mein Name ist Timmi. Meine Familie wohnt am Rande des Stadtparks, nur einige Bäume von Willis Zimmer entfernt. Ich bin ein Eichhorn.
Kapitel 2
Ich denke es ist besser, wenn ich die Geschichte von Anfang an erzähle. Es begann in diesem Frühjahr. Die ersten warmen Sonnenstrahlen ließen die Natur erblühen, einige Vogelarten beendeten ihren Nestbau, Menschenmassen strömten in den Park, um bunte Eier ins Gras zu legen, die von den Kurzen ihrer Herde wieder aufgehoben wurden und ich ... ich machte mich daran, mein Revier zu erkunden.
Es waren meine ersten Ausflüge in die nähere Umgebung unseres Nestes, auch Kobel genannt. Während meine Schwestern noch bei Mama blieben, erwachte in mir die Abenteuerlust. Nachdem ich wochenlang wie ein Nacktmull ausgesehen hatte, war mir inzwischen ein stattliches Fell gewachsen, das nur darauf wartete, endlich ausgeführt zu werden. Ich konnte gleich erstaunlich gut klettern und nach einigen schmerzhaften Fehlversuchen gelang mir auch das Springen zunehmend besser. Während der ersten Tage blieb ich in den Bäumen der Nachbarschaft, schließlich weiß man ja als kleines Eichhorn nie, wann man dringend mal nach seiner Mama heulen muss.
Nachdem ich dann jedoch festgestellt hatte, dass die mütterliche Aufsicht deutlich überschätzt wird, wurde ich Tag für Tag mutiger und erkundete immer größere Gebiete meiner Heimat.
Für einen der gut klettern kann war ich allerdings ziemlich schreckhaft. Gerade als ich kopfüber eine Eiche abwärts kletterte, schrie jemand von der Seite: „Ey, du da!"
Vor Schreck hätte ich mich um ein Haar nass gemacht, was in meiner derzeitigen Position üble Folgen gehabt hätte. Aus einem großen Käfig heraus grinste mich ein langer, schlanker Typ mit grauem Fell und viel zu kurzen Beinen an.
„Hey, was geht ab?", fragte er mit freundlicher Stimme.
Meine Gedanken überschlugen sich. Wer war der Kerl und was wollte er von mir? Warum war er eingesperrt? Seit wann gab es Gefängnisse im Stadtpark? Minderte das eventuell den Marktwert unseres Kobels?
Ich war starr vor Angst; in diesem Zustand hätte man mich problemlos als Türklopfer benutzen können.
Kurz bevor ich wie eine Bahnschranke vom Baumstamm zu kippen drohte, schaffte ich es mich zu entspannen und kletterte von der Eiche herunter.
Langsam und vorsichtig schlich ich um den Käfig. Der Graue ließ mich nicht aus den Augen. Er war größer als ich und wirkte unglaublich stark.
Nach einiger Zeit fragte er ungeduldig: „Sag mal, Kumpel, wie viele Runden willst du eigentlich noch laufen? Ich bekomme langsam einen Drehwurm."
Seine Stimme klang immer noch freundlich, also nahm ich all meinen Mut zusammen und sagte mit fester Stimme: „Hallo."
Es war kaum zu übersehen, dass der Graue zutiefst beeindruckt war.
„Na also, es kann sprechen, erwiderte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich bin Sam und – bevor du fragst – nein, ich bin kein Schwerverbrecher. Ich lebe bei einer Menschenfamilie und vermutlich stecken sie mich in diesen Käfig, weil sie befürchten, dass ich sonst ausbüchsen würde.
Menschenfamilie? Überrascht sah ich mich um und bemerkte erst jetzt, dass ich mich im Garten eines Wohnhauses befand. Ich beobachtete täglich Menschen und obwohl ich keine Ahnung habe, wie sie funktionieren, glaube ich, dass sie im Grunde harmlos sind. Allerdings machen sie ganz merkwürdige Geräusche, wenn man in ihre Nähe kommt, also halte ich lieber etwas Abstand.
Trotzdem war mir nicht ganz klar, wie man bei einer Menschenfamilie leben konnte. Ist das so eine Art Schüleraustausch? Lebt irgendwo im Park ein Mensch bei Sam’s Eltern und wie groß ist wohl der Käfig in deren Garten?
Ich war verwirrt. Dennoch hielt ich es für angebracht, mich ebenfalls vorzustellen. „Ich heiße Timmi und bin ein Eichhörnchen", brachte ich etwas unsicher hervor.
Wenn ich geahnt hätte, welch hässliche Tür ich mit dem Wort ‚Eichhörnchen’ aufstieß, hätte ich mich vermutlich nur mit meinem Namen vorgestellt. Ausgiebig erklärte mir Sam, dass es für einen echten Kerl völlig unangemessen sei, ein ‚chen’ am Ende der Artenzugehörigkeit zu tragen. Den König des Dschungels würde ja auch niemand Löwchen nennen. Und vermutlich gäbe es auch keinen Dreiteiler im Fernsehen mit dem Titel ‚Das weiße Haichen’.
Ich nehme an, solche Gedanken macht man sich nur, wenn man zu viel Zeit bei den Menschen verbringt.
Trotzdem war das Gespräch ausgesprochen interessant. Erstens fand ich heraus, dass Sam ein Frett war, zweitens, dass er offensichtlich eine Vorliebe fürs Fernsehen hatte (was auch immer das sein mochte) und drittens, dass Sam sehr sympathisch zu sein schien.
Ich besuchte ihn auch in den nächsten Tagen immer wieder und verbrachte viel Zeit an seinem Käfig. Wir berichteten uns gegenseitig von unserem Leben.