Gleichwertigkeitsnachweis
Gleichwertigkeitsnachweis
1 Einleitung
Seit Einfhrung der Energieeinsparverordnung (EnEV) im Jahre 2002 werden im ffentlich-rechtlichen Nachweis die zustzlichen Verluste ber Wrmebrcken mittels
pauschalen Anstzen oder genauen rechnerischen Nachweisen bercksichtigt. Sollte
ein pauschaler Zuschlag auf die Wrmedurchgangskoeffizienten der gesamten wrmebertragenden Umfassungsflche von 0,05 W/mK angesetzt werden (ohne Einbeziehung der Temperaturkorrekturkoeffizienten) , so wurde dafr als eine unerlssliche Voraussetzung die bereinstimmung der geplanten und ausgefhrten Details
mit den im Beiblatt 2 enthaltenen Details definiert. Konnte diese bereinstimmung
nicht festgestellt werden, war entweder ein doppelter Zuschlag anzusetzen oder ein
genauer Nachweis nach DIN EN ISO 10211 zu fhren. Der erste Fall fhrte in aller
Regel zu vllig unwirtschaftlichen Bauteilaufbauten, der zweite zu aufwendigen
Nachweisverfahren. Daher war und ist es allzu verstndlich, dass sich in der Praxis
eine Hinwendung zum Beiblatt 2 einstellte, wohl wissend, dass mit dem Beiblatt ein
fr die Praxis nur wenig taugliches Planungsinstrument bereitstand. Die Untauglichkeit ergab sich vornehmlich aus dem Umstand, dass zu wenig Details im Beiblatt abgebildet waren und berdies klare Instruktionen fehlten, wie bei kleineren oder auch
greren Abweichungen zu verfahren, sprich: wie der Nachweis der Gleichwertigkeit
eigener Details mit denen im Beiblatt dargestellten zu fhren war.
Mit dem im Januar 2004 verffentlichten neuen Beiblatt sollten die oben erwhnten
Unklarheiten im Normtext weitestgehend beseitigt werden, ohne ein Werk schaffen
zu wollen, welches alle nur erdenklichen Konstruktionsfragen im Zusammenhang mit
Wrmebrcken im Hochbau erschpfend beantwortet. Das neue Beiblatt 2 zu DIN
4108 Wrmebrcken Planungs- und Ausfhrungsbeispiele wird von der nderungsverordnung 2004 zur EnEV (kurz: Novelle) in Bezug genommen und lst somit
das alte Beiblatt 2, Ausgabe August 1998 ab.
2 Was ist neu?
Gegenber Beiblatt 2 zu DIN 4108:1998-08 wurden folgende nderungen vorgenommen:
1. Aufnahme von 38 neuen Anschlussdetails (zum Beispiel Anschlsse Bodenplatte/Mauerwerk fr nicht unterkellerte Gebude).
2. Aufnahme eines Kapitels Gleichwertigkeitsnachweis.
3. Aufnahme eines Kapitels Empfehlungen zur energetischen Betrachtung.
4. Aufnahme von lngenbezogenen Wrmebrckenverlustkoeffizienten (-Werte) fr
alle abgebildeten Anschlussdetails.
5. Aufnahme eines Abschnittes Randbedingungen mit Darstellung der fr die Berechnung der - und fRSI-Werte verwendeten Annahmen.
Der Temperaturfaktor fRsi wird auch im neuen Beiblatt fr die dargestellten Konstruktionen nicht separat nachgewiesen, da davon ausgegangen wird, dass alle vorgestellten Konstruktionen an der ungnstigsten Stelle einen Wert von mindestens 0,7
aufweisen und somit die Mindestanforderungen nach DIN 4108-2:2003-07 zur VerBB 2_ MW 2005
BB 2_ MW 2005
Monolithisches Mauerwerk
Auengedmmtes Mauerwerk
Holzkonstruktionen
Dieser Matrix folgend ist zum Beispiel das Detail fr einen Geschossdeckenanschluss im monolithischen Mauerwerk im Bild 72 des Beiblattes dargestellt.
Hinweis: Im Beiblatt wird nicht zwischen gedmmtem Mauerwerk mit oder ohne
Luftschicht differenziert. Soll eine Luftschicht ausgefhrt werden, so knnen die Details fr kerngedmmtes Mauerwerk verwendet werden. Dies ist mglich, da bei der
Berechnung der -Werte und der fRsi-Werte weder die Luftschicht noch der Verblender als thermisch wirksame Schicht in die Berechnung impliziert wurden. Unter Beachtung der Tatsache, dass Luftschichten im zweischaligen Mauerwerk gem Definition der DIN EN ISO 6946 berwiegend als stark belftete Luftschichten ausgefhrt
werden, eine korrekte Herangehensweise.
Die im neuen Beiblatt gewhlte Darstellung der Anschlussdetails ist in der Abbildung
2 dargestellt.
onselemente vermat wurden. Auf ein Vermaen wurde immer dann verzichtet,
wenn das Konstruktionselement keinen wesentlichen Beitrag am Wrmeverlust leistet und dessen Ausfhrungsdicke daher ohne Belang ist. Im Gleichwertigkeitsnachweis knnte man dieses Konstruktionselement daher auch komplett eliminieren.
Beispiel: Ob der Estrich in Abb. 2 mit 4 cm oder 8 cm ausgefhrt wird, beeinflusst
das Ergebnis fr den lngenbezogenen Wrmebrckenverlustkoeffizient nicht oder
allenfalls in der vierten Stelle nach dem Komma.
Jedem Detail wird im Beiblatt 2 ein lngenbezogener Wrmebrckenverlustkoeffizient (-Wert) zugeordnet, der mit den im Beiblatt dargestellten Randbedingungen
berechnet worden ist. Dieser Wert dient als Grundlage fr einen Nachweis der
Gleichwertigkeit fr Konstruktionen, die vom Konstruktionsprinzip des im Beiblatt
dargestellten Details abweichen (siehe Abschnitt Gleichwertigkeitsnachweis). Wenn
erforderlich, werden den Details zustzliche verbale Ergnzungen beigeordnet. So
kann z.B. fr das in der Abb. 2 dargestellte Detail auch auf einen wrmetechnisch
verbesserten Kimmstein mit 0,33 W/(mK) verzichtet werden, wenn stattdessen
eine 6 cm Dmmung an der Stirnseite des Fundaments mit einer Einbindetiefe von
30 cm ab Oberkante Bodenplatte angeordnet wird. Auch fr diesen Fall gilt die Ausfhrung als gleichwertig, obgleich eine genaue Berechnung einen hheren -Wert
ergbe, da aufgrund des nach DIN EN ISO 13789 zu verwendenden Auenmabezug die stirnseitige Dmmung an der Auenseite des Fundaments in die Berechnung
nicht eingeht. Mit den zustzlichen Hinweisen wird folglich auch die aus den Rechenanstzen resultierende Unschrfe teilweise geglttet.
Herauszuheben ist ferner, dass im Gegensatz zum alten Beiblatt 2 die mglichen
Wanddicken erheblich erweitert wurden. So kann eine monolithische Wand jetzt mit
einer Wanddicke von 24 bis 37,5 cm ausgefhrt werden, ohne dass der Zwang entstnde, einen rechnerischen Nachweis zu fhren. Das alte Beiblatt sah fr monolithische Konstruktionen nur eine Wanddicke von 36,5 cm vor. Zu beachten ist jedoch,
dass bei einer Wanddicke von 30 cm der Bemessungswert der Wrmeleitfhigkeit
maximal 0,18 W/mK und bei einer Wanddicke von 24 cm maximal 0,14 W/(mK)
betragen darf. Hierorts wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass trotz Einhaltung von -Werten und fRsi-Werten der Mindestwrmeschutz bei hheren -Werten
unterschritten werden knnte, was unter Bezug auf DIN 4108-2 zu vermeiden ist.
Eine Besonderheit ist auch bei Konstruktionsdetails mit Dachflchenfenstern und
Rollladenksten zu beachten. Fr die im neuen Beiblatt 2 dargebotenen Details wurden zwar vereinfachend die Wrmebrckenverluste (-Werte) berechnet, der Nachweis der minimalen Oberflchentemperatur ber den fRsi-Wert (Mindestwert 0,7, was
einer minimalen Oberflchentemperatur von 12,6 C entspricht) konnte jedoch fr so
komplexe Detaillsungen unter Beachtung der mannigfaltigen Ausfhrungsvarianten
nicht gefhrt werden. Das Beiblatt verlangt fr diese Konstruktionen einen Nachweis
der Hersteller, dass die Mindestoberflchentemperatur von 12,6 C mit dem angebotenen Konstruktionsprinzip erreicht werden kann. Auf diese Besonderheit ist bereits in der Planungsphase zu achten, die bereinstimmung mit der Konstruktion
nach Beiblatt 2 oder die Einhaltung des angegebenen -Wertes allein reicht fr diesen Fall nicht aus.
Stichwort Rollladenkasten: Im alten Beiblatt wurde die Verteilung der Dmmung im
Rollladenkasten obligatorisch vorgeschrieben. Aus dem Vergleich mit den am Markt
erhltlichen Rollladenksten war jedoch ersichtlich, dass die im alten Beiblatt dargestellten Rollladenksten mit einer innenseitigen Dmmung von 6 cm, wenn berBB 2_ MW 2005
haupt, nur mit groem technischem Aufwand hergestellt werden knnen. Streng genommen war fr kein Gebude mit Rollladenksten der verringerte pauschale Wrmebrckenverlust anwendbar, es sei denn, man entschloss sich zu genauen Berechnungen. Auch eilig vorpreschende Hersteller mit dem Drang, fr den ffentlichrechtlichen Nachweis unmagebende Gtesiegel zu entwickeln, konnten dieses
Problem nicht lsen. Der Normausschuss hat sich nach eingehender Diskussion dazu entschlossen, die Anordnung der Dmmung in den Rollladenksten knftig freizustellen, jedoch nur unter Beachtung der Prmisse, dass die Mindestanforderungen
nach DIN 4108-2 (Mindestwrmeschutz) eingehalten werden. Abbildung 3 zeigt ein
Beispiel fr eine derartige Konstruktion mit beigefgten Ausfhrungshinweisen.
BB 2_ MW 2005
BB 2_ MW 2005
Gewhlte Konstruktion
d1 = 60 mm Dmmung (040)
d2 = 70 mm Dmmung (040)
Gleichwertigkeitskriterien:
Umsetzung am Detail:
70 mm Dmmung
30 mm Dmmung
60 mm Dmmung
(KS-
Nachweis erfllt
Gewhlte Konstruktion
Gleichwertigkeitskriterien:
Umsetzung am Detail:
Stahlbetondecke
Stahlbetondecke
R1
R2
BB 2_ MW 2005
die
Die Temperaturkorrekturfaktoren fr an das Erdreich grenzende Bauteile (Bodenplatte, Kellerwand) werden im Beiblatt 2 einheitlich fr alle Details auf 0,6 fixiert. Diese Annahme liegt auf der sicheren Seite, da die positiven Einflsse aus Geometrie
und Dmmung derartiger Bauteile nicht in die Berechnung eingehen. Fr detaillierte
Nachweise nach DIN EN ISO 10211-1 sollten diese Einflsse jedoch nicht unbercksichtigt bleiben.
Alle im Beiblatt berechneten -Werte sind auenmabezogene Werte. Der -Wert
wird bestimmt nach:
J
= L2 D U j l j
j=1
L2D
Uj
lj
Da ber den Auenmabezug nach DIN EN ISO 13789 bei der Berechnung der
Wrmeverluste schon ein Teil der Wrmebrckenverluste in die Berechnung eingeht,
ist der -Wert vorderhand nur ein Verhltniswert, der das Verhltnis bereits einbezogener Verluste zu den tatschlich vorhandenen Verlusten darstellt. Der auenmabezogene -Wert ist daher kein Wert zur energetischen Beurteilung der Anschlussdetails.
Der Nachweis der Gleichwertigkeit ber die Berechnung des -Wertes soll im Folgenden an einem Beispiel erlutert werden.
BB 2_ MW 2005
Geplantes Detail
d2 = 200 mm Stahlbeton
Flachsturz
W/mK)
aus
Porenbeton
(=0,16
Abb. 6: Beispieldetail
Fr das dargestellte Detail wurden mit dem Programm HEAT 2.5 die nachfolgend
dargestellten Ergebnisse berechnet:
lngenbezogener thermischer Leitwert aus einer 2-DBerechnung (L2D)
1,97 W/(mK)
lngenbezogener Wrmebrckenverlustkoeffizient
0,13 W/(mK)
BB 2_ MW 2005
Der Nachweis der Gleichwertigkeit wurde erbracht, da der berechnete -Wert kleiner
ist als der fr dieses Detail im Beiblatt 2 geforderte. Bei bereinstimmung der restlichen Detaillsungen des Gebudes mit den in Beiblatt 2 enthaltenen kann somit der
pauschale Wrmebrckenzuschlag von 0,05 W/(mK) zur Anwendung gebracht werden. Sollten auch andere Details nicht mit denen nach Beiblatt 2 bereinstimmen, so
ist die oben veranschaulichte Vorgehensweise fr jedes Detail zu wiederholen.
d) Ebenso knnen -Werte Verffentlichungen oder Herstellernachweisen entnommen werden, die auf den im Beiblatt festgelegten Randbedingungen
basieren.
Mit dieser vom Beiblatt eingerumten Nachweisart wird erstmals die Mglichkeit erffnet, die von Herstellern bereitgestellten -Werte als Grundlage einer Gleichwertigkeitsbeurteilung zu verwenden. Dem Planer obliegt jedoch eine gewisse Prfpflicht,
die sich vor allem darauf beschrnkt, die verwendeten Randbedingungen zu hinterfragen. Gegebenenfalls sollte sich der Planer, um die Haftungsfrage eindeutig zu regeln, vom Anbieter die verwendeten Randbedingungen detailliert bescheinigen lassen.
5 Empfehlungen zur energetischen Betrachtung
Das alte Beiblatt 2 lie die Frage offen, unter welchen Voraussetzungen geometrische und konstruktive Wrmebrcken im ffentlich-rechtlichen Nachweis unbercksichtigt bleiben drfen. Diese Frage wird im neuen Beiblatt wie nachfolgend aufgezeigt beantwortet:
1. Anschlsse Auenwand/Auenwand (Auen- und Innenecke) drfen bei der
energetischen Betrachtung vernachlssigt werden.
Diese Mglichkeit wurde deshalb eingerumt, weil der Auenmabezug bei der Berechnung der thermischen Verluste ber die Auenwnde die zustzlichen Verluste
an solchen Anschlssen generell einschliet. Bei der detaillierten Berechnung des
auenmabezogenen -Wertes fr solche Anschlussdetails werden daher auch
stets negative Verlustwerte (sprich: Wrmegewinne) ermittelt. Eine Gleichwertigkeitsbetrachtung ist daher entbehrlich. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Gewinne
bei einer detaillierten Berechnung aller Wrmebrcken eines Gebudes nach DIN
EN ISO 10211-1 nicht einbezogen werden drfen.
Ergnzend sei jedoch hinzugefgt, dass diese Empfehlung nur fr den Fall einer
thermisch homogenen Eckausbildung zutrifft. Werden zum Beispiel Stahlbetonsttzen oder Stahlsttzen im Eckbereich angeordnet, so ist sicherlich eine detaillierte
Berechnung der -Werte und der fRsi-Werte zu empfehlen. Derartige Konstruktionen
werden von der oben erwhnten Vereinfachung nicht erfasst.
2. Der Anschluss Geschossdecke (zwischen beheizten Geschossen) an die
Auenwand, bei der eine durchlaufende Dmmschicht mit einer Dicke 100
mm bei einer Wrmeleitfhigkeit von 0,04 W/(mK) vorhanden ist, kann bei
der energetischen Betrachtung vernachlssigt werden.
BB 2_ MW 2005
BB 2_ MW 2005
6 Zusammenfassung
Mit dem neuen Beiblatt 2 zu DIN 4108 wurden die Mglichkeiten, fr Planungsdetails
den Nachweis der Gleichwertigkeit zu fhren, wesentlich erweitert. Obgleich viele
neue Details in das Beiblatt aufgenommen wurden, erhebt dieses Beiblatt nicht den
Anspruch, ein fr alle Praxisflle passendes Pendant bereitstellen zu knnen. Erstmals wird jedoch die Mglichkeit erffnet, einzelne Details rechnerisch nachzuweisen
und allein ber den Vergleich mit den - und fRsi-Werten im Beiblatt die Gleichwertigkeit nachzuweisen. Die Anwendung des pauschalen Wrmebrckenzuschlages
BB 2_ MW 2005
von 0,05 W/mK auf die gesamte wrmebertragende Umfassungsflche wird damit
wesentlich vereinfacht.
Erstmalig erffnet sich zudem die Mglichkeit, bestimmte Anschlusssituationen bei
der energetischen Betrachtung des Gebudes zu vernachlssigen, was den Planungsaufwand doch nachhaltig verringern drfte.
Wnschenswert fr die Zukunft wren weitere Vereinfachungen, die Berechnungen
nach den Verfahren der DIN EN ISO 10211 weitestgehend ausschlieen. Im Abschnitt Empfehlungen zur energetischen Betrachtung wurden im neuen Beiblatt bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen.
Vllig unbeantwortet bleibt weiterhin die Frage, wie mit Details zu verfahren ist, die
von keinem der angebotenen Gleichwertigkeitsverfahren bedient werden knnen.
Beispielhaft seien hier Anschlusslsungen aus dem Nichtwohnungsbau genannt, die
im Beiblatt 2 auch weiterhin nicht enthalten sind. Der Hinweis auf einen dann
zwangslufig immer anzusetzenden hheren Verlustwert oder gar auf die Notwendigkeit, bei diesen Gebudearten immer detailliert zu rechnen, ist praxisfremd.
Es bleibt, trotz der unbestrittenen Fortschritte, die mit dem neuen Beiblatt eingeleitet
wurden, die berarbeitung wohl eine dauerhafte Aufgabe.
BB 2_ MW 2005