Ja, ja, die aufmüpfigen Senior_innen. Einer bastelt im Keller Schwarzpulver für seine antike Pistole, weiß aber vor allem gerne alles besser, er war ja mal Professor. Der Zweite war mal Fussballtrainer und spricht darob bevorzugt in Lehrsätzen direkt vom Platz. Die Dritte schließlich war Schauspielerin, und deshalb sind der richtige Auftritt und der gute Eindruck ihre wichtigsten Waffen.
Man tut den drei älteren Protagonist_innen von Max und die Wilde 7 etwas Unrecht, wenn man sie auf diese Typologien festlegt, schließlich werden sie von Schauspieler_innen gespielt, bei den Zwischentöne und Widerspenstigkeit noch jederzeit herauszuhören sind. Das sind Günther Maria Halmer als Professor(!) Kilian von Hohenburg, Thomas Thieme als Horst Dobberkau und schließlich Uschi Glas als Grande Dame Vera Hasselberg, an deren Karriere sich die jungen Leute einfach nicht erinnern wollen. „Ich war Apanatschi in Winnetou!“
Da wird die Figur mit der Schauspielerin sehr, sehr eng zusammengeführt, und auch sonst gibt es reichlich filmtitelige Anspielungen auf Glas‘ Œeuvre – einmal sagt sie tatsächlich, als Aufforderung gemeint, „Zur Sache, Schätzchen!“ Das sind in diesem Kinderfilm natürlich heftig augenzwinkernde Scherzchen für die Eltern … nein, eigentlich für die Großeltern des Zielpublikums. Vermutlich rechnet man mit gemeinsamen Senior_innen-Enkel_innen-Kinobesuchen, bei denen der jüngeren Hälfte Glas‘ Auftritt in (der Filmtitel schmerzt) Winnetou und das Halbblut Apanatschi wahrscheinlich nicht nur unbekannt, sondern auch ganz und gar wurscht sein dürfte.
Ein Altersheim, das in der realen Welt kaum eines wäre
Die drei älteren Herrschaften jedenfalls sind, darum dreht sich die Handlung, die die Autor_innen Lisa-Marie Dickreiter, Winfried Oelsner nach ihren eigenen Kinderbüchern adaptiert haben (Oelsner führt auch Regie), „Die Wilden von Tisch 7“ in einem Altersheim, das in der realen Welt kaum eines wäre. Die Einrichtung mit großzügigsten Wohnungen in der alten, verwinkelten Burg Geroldseck ist so barrierefrei wie eine alte Burg halt ist, nämlich gar nicht, aber darum geht es ja auch nicht, und die „Wilde 7“ ist eh noch geistig und körperlich rege, wenn auch ein wenig grantig.
Max aus dem Titel ist der neunjährige Sohn von Marion Bergmann (Alwara Höfels), die unter dem Regiment von „Oberschwester Cordula“ (Nina Petri guckt streng und hat sonst nicht viel zu tun) als neue Altenpflegerin angefangen hat. Mangels anderem Wohnraum ist sie mit Max auch gleich in der Burg untergekommen, und weil Cordula Kinder nicht mag, bietet das schnell reichlich Konfliktpotential.
Vor allem aber ist in der Burg ein Dieb unterwegs – in der Jagd nach ihm finden sich Max und die Wilde 7 dann zusammen, obwohl man sich zunächst keineswegs grün ist. Natürlich sind dann auch noch einig Lebenstipps von den drei älteren Herrschaften drin.
In den ersten Minuten des Films kommt ein wenig Hoffnung auf, dass Max und die Wilde 7 den aktiven Alten mit ein wenig bissiger Respektlosigkeit entgegentritt: Die Senior_innen, mit denen Max im Bus zur Schule sitzt, halten nicht hinterm Berg. Wegen seiner, Max‘, Langsamkeit hätten sie warten müssen, er sei ja wohl eher faul, dass er überhaupt mit dem Bus fahre. Und er, er hätte in Max‘ Alter ja schon geraucht. So kennt man Senior_innen ja durchaus auch aus dem Elternalltag: Keine Grenzen gegenüber Kindern, stets belehrend, besserwissend und schlecht gelaunt.
Schrumpeligkeiten und dritte Zähne
Die Frechheiten setzen sich dann im Klassenzimmer fort, es gibt Beschimpfungen und Stinkefinger, dass es eine Freude ist; es wird über Schrumpeligkeiten und dritte Zähne gesprochen. Und dann wird es halt doch alles wieder eingehegt in zu viel Freundlichkeit, auch die Wilde 7 ist nicht halb so knarzig, wie sie es gerne sein will – das ist natürlich in Ordnung, schließlich freunden sie sich mit Max an, aber die Figuren werden doch zu sehr auf die eingangs beschriebenen Typen beschränkt und begradigt. Die Generationenkonflikte reduzieren sich dann auf Fragen wie „Man darf nicht mehr Fräulein sagen?“ und die korrekte Verwendung des Genitiv.
Der Detektiv-Plot macht das auch überhaupt nicht wett, von echter Spannung keine Spur. Und selbst wenn nicht alles ganz in Friede, Freude, Eierkuchen aufgeht – es fehlt hier an Komplexität, an wenigstens ein wenig gehärteten Kanten, auch an wirklich zündenden Scherzen. Die Grundidee hat großen Charme, das Personal kann ja wirklich was – am Ende ist es dann aber eben doch leider nur seichte Unterhaltung, ein wenig zu gut gemeint.
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Max und die wilde 7. Deutschland 2020. Regie: Winfried Oelsner, 87 Min. FSK 0, empfohlen ab 9 Jahren. Kinostart: 6. August 2020.
(Foto: Leonine)
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