Parteiloser

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Parteilos)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Parteiloser (auch freier Abgeordneter oder Unabhängiger) gilt, wer ein politisches Amt oder Mandat ausübt bzw. anstrebt, jedoch keiner politischen Partei angehört. Parteilos kann ein Parlamentarier oft erst nach einer Wahl werden, indem er aus seiner Partei austritt oder ausgeschlossen wird. In Österreich ist für solche Fälle auch die Bezeichnung wilder Abgeordneter gebräuchlich.

Parlamentarier, die in keiner politischen Fraktion Mitglied sind, heißen fraktionslose Abgeordnete. Parteilose Abgeordnete sind nicht notwendig fraktionslos und umgekehrt. Oft bilden freie Abgeordnete Wahlgemeinschaften oder eine eigene Fraktion der Unabhängigen.

In den meisten modernen Demokratien werden die Abgeordneten der Parlamente und die Regierungsmitglieder in der Regel von Parteien vorausgewählt und mit ihrer Unterstützung gewählt, parteilose Regierungen werden nur in Ausnahmesituationen gebildet. Unabhängige Kandidaten haben die größte Bedeutung dort, wo Mehrheitswahlrecht herrscht oder die Bindung an Parteien nicht sehr ausgeprägt ist. Um ohne Unterstützung einer Partei gewählt zu werden, ist normalerweise eine große Bekanntheit unter den Wählern notwendig, insbesondere bei Kandidatur gegen Parteikandidaten. Parteilosen werden als Direktkandidaten bei Wahlen daher meistens geringere Chancen eingeräumt als Parteimitgliedern. Bei Bundestagswahlen konnten Einzelbewerber nur im Jahr 1949 Wahlkreise direkt gewinnen und damit in das Parlament einziehen.

Bei Kommunalwahlen in Deutschland können sich Einzelbewerber aufstellen lassen. Daher gibt es häufiger erfolgreiche Parteilose, die oft auch von Parteien unterstützt oder geduldet werden. Umgekehrt sind Parteien nicht gezwungen, für eine Wahl nur Parteimitglieder zu nominieren; daher können in so genannten „offenen Listen“ auch Parteilose und Mitglieder anderer Parteien oder Wählervereinigungen nominiert werden. Parteilose als Einzelbewerber brauchen Unterstützungsunterschriften, deren Zahl in den Gemeindeordnungen der Länder festgesetzt werden, damit sie auf dem Stimmzettel erscheinen.

In den USA und Großbritannien gibt es immer wieder unabhängige Kandidaten, die erfolgreich sind. So war zum Beispiel Bernie Sanders seit 1991 Abgeordneter des US-Staates Vermont, seit 2007 vertritt er den Staat im Senat.

Eher selten wird ein hohes politisches Amt von einem Parteilosen ausgeübt. In den meisten Fällen handelt es sich dann um eine Person, die einer Partei zumindest nahesteht. Beispiele sind einige Minister wie Ulrich Nußbaum (2009–2014 Finanzsenator in Berlin) oder auch der elfte deutsche Bundespräsident Joachim Gauck.

Kommunalpolitische Entwicklungen in Deutschland

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Bundesrepublik werden insbesondere in der Kommunalpolitik zum hauptamtlichen Bürgermeister zunehmend parteilose Kandidaten gewählt. In Hessen hat sich beispielsweise eine Vereinigung der parteilosen Bürgermeister gebildet.[1] In den Jahren 2006 und 2007 fand eine Bundestagung parteiloser Bürgermeister und Landräte in Crimmitschau (Sachsen) statt.[2] Seit 2011 treffen sich parteiunabhängige Bürgermeister und Landräte in Dresden mehrfach auf einer Tagung „Der Bürgermeistertag“.[3] Gerade in den norddeutschen Bundesländern ist der Trend deutlich: Rund ein Drittel der direkt gewählten Hauptverwaltungsbeamten Niedersachsens sind parteilos. Zudem werden in den kommunalen Spitzengremien wie dem Deutschen Städtetag bzw. den Städtetagen der Länder zunehmend Quoten für Parteilose eingerichtet.

Zweifelhaft ist – ungeachtet der juristischen Definition – in der politikwissenschaftlichen Diskussion, ob man kommunalpolitische Vereinigungen wie Bürgerbündnisse sowie kommunale Wählergemeinschaften und ihre Mandatsträger ins Spektrum der Parteien einordnen sollte oder diese als parteiähnliche Organe kommunaler Willensbildung einzustufen hat.[4]

Parteilose Oberbürgermeister gibt es in den Großstädten Freiburg im Breisgau (Martin Horn), Hagen (Erik O. Schulz), Halle (Saale) (Bernd Wiegand), Heidelberg (Eckart Würzner), Köln (Henriette Reker) und Magdeburg (Simone Borris).

Bekannte parteilose Politiker

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weimarer Republik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vereinigte Staaten von Amerika

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Parteiunabhängige Bürgermeister Hessen
  2. Bundestagung parteiunabhängiger Bürgermeister und Landräte
  3. Der Bürgermeistertag. 22./23. April 2020 in Dresden. In: buergermeistertag.jimdofree.com. vendoro, April 2020, abgerufen am 1. Juni 2024.
  4. Uwe Andersen: Das kommunale Verfassungs- und Entscheidungssystem
  5. Jan Knauer: Bürgerengagement und Protestpolitik. Das politische Wirken des „Remstalrebellen“ Helmut Palmer und die Reaktionen seiner Mitmenschen (Dissertation). Tübingen 2012; online auf TOBIAS-lib; S. 69 u. 152f.
  6. Homepage: [1] Abgerufen am 17. Juni 2013
  7. Russische Agentur für internationale Informationen (RIA Novosti): Plant Putin große Säuberungsaktion in Kreml-Partei? Abgerufen am 20. Januar 2009.