Tipps Kinderchor

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Tipps für den Aufbau eines Kinderchores

Von Stephan Lauffer

Diese Tipps beruhen auf meiner Erfahrung mit mehreren Kinderchören (Schülerchor Oberwin-
terthur, 1987-93 / Schülerchor Wallisellen, 1992-95 / Theaterchischte Välte, seit 1991 / Zeller
Kinderchor, seit 1997).
Diese Tipps erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es ist auch möglich, dass in einem
anderen Umfeld, bei anderer Zielsetzung, teilweise gegenteilige Erfahrungen gemacht wer-
den.
Die Reihenfolge der Tipps ist zufälliger Art und bedeutet keine Gewichtung oder Reihenfolge
die eingehalten werden muss.

 Ziel und Zweck des Chores sollen festgelegt werden; z.B. soll es sich um einen Chor
handeln, bei welchem alle Kinder mitmachen können (oder reiner Mädchen-, reiner
Knabenchor), soll es sich um einen Chor mit möglichst hohem Niveau handeln, soll es
sich um einen Chor mit vorwiegend kirchlicher Ausrichtung handeln.
 Welches ist das Repertoire des Chores? Handelt es sich um eine Jugendkantorei mit
dem Schwergewicht auf sakraler Musik oder soll ein möglichst breites musikalisches
Spektrum gepflegt werden. (So pflegt die Theaterchischte Välte ausschliesslich die
Aufführung von Singspielen und Musicals.)
 Die Kombination von Theater und Musik (Musical, Singspiel) animiert in der Regel mehr
Kinder zum Mitmachen, als ein „reiner“ Chor. Deshalb würde ich ein neues Chorpro-
jekt mit dieser Kombination starten.
 Zwar sind die Kinder sehr offen gegenüber den verschiedensten Musikstilen (es müssen
also nicht nur Pop-Songs gesungen werden), es ist aber wichtig, dass bei der Planung
der Werke auch auf die Hörgewohnheiten der Kinder Rücksicht genommen wird.
 Es kann von Vorteil sein, dass zuerst mit einem einmaligen Musikprojekt gestartet wird
(z.B. für einen besonderen Anlass, spezielles Projekt einer Schulklasse). Anschliessend
kann versucht werden, aus einem engagierten und interessierten Kreis heraus ein Chor
zu bilden.
 Die Altersstufe soll festgelegt werden. In der Regel ist es einfacher mit jüngeren Kindern
zu beginnen und einen allfälligen Jugendchor (Jugendliche ab ca. 14. Altersjahr) aus
einem Kinderchor heraus zu entwickeln.
 Eine erste grosse Zäsur beim Mitwirken erfolgt(e) bei meinen Chören jeweils beim Über-
tritt in die Oberstufe, eine zweite nach Ablauf der obligatorischen Schulzeit.
 In der Regel melden sich viel mehr Mädchen als Knaben für einen Kinder- oder Ju-
gendchor an. Knaben haben oft Hemmungen weiter zu singen, wenn sie mit dem
Stimmbruch beginnen (Sie singen dann oft zu lange in der Kopfstimme um nicht aufzu-
fallen); hier kann eine freiwillige Pause, (in welcher die Jungen z.B. mit Rhythmus-
Instrumenten, als Ton-Techniker eingesetzt werden), helfen, die Zeit zu überbrücken
und sie, wenn sie in der neuen Stimmlage Sicherheit gefunden haben wieder im Chor
zu integrieren.
 Wenn Kinder der Altersabstand im Chor gross ist, empfiehlt es sich, mindestens zeitwei-
se, den Chor in verschiedene Altersgruppen aufzuteilen. (So arbeite ich mit den Erst-
und Zweitklässlern des Zeller Kinderchors ganz anders, als mit den Sechstklässlern).
 Der Chor soll sich immer ein Ziel setzten. Singen oder gar Arbeit an der Gesangstechnik
ohne konkretes Auftrittsziel verleiden den Kindern (und dem Leiter?) sehr schnell.
 Kinder sprechen in der Regel gut auf Singschulung an, so dass immer ein Teil der Chor-
stunde der Stimm- und Gehörbildung gewidmet sein soll. Allerdings müssen die Übun-
gen kindergerecht „verpackt“ werden. Mittlerweilen gibt es auch verschiedene Litera-
tur dazu.

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 Bei Auftritten soll auf ein möglichst professionelles Umfeld geachtet werden. Wir ver-
langen ja von den Kindern auch eine Höchstleistung, da ist es wichtig, dass beispiels-
weise auch allfällige BegleitmusikerInnen gut vorbereitet mitwirken (dies spricht nicht
gegen eine Begleitung durch Jugendliche), dass die Werbung, der Ablauf des A-
bends gut organisiert ist. Es darf nicht sein, dass ein Kinderchor-Konzert weniger seriös
vorbereitet wird nur weil es sich um ein Kinder- und nicht um ein Erwachsenenkonzert
handelt.
 Auftritte ausserhalb des gewohnten Rahmens, z.B. Auswärtsaufführungen, Konzertrei-
sen, Chorlager mit Abschlusskonzert, gemeinsame Konzerte mit anderen Kinder- oder
Erwachsenenchören sind zusätzliche Motivation für die Kinder.
 Wenn der Kinderchor für ein Konzert engagiert wird, achte ich darauf, dass die Kinder
nicht nur „eine nette Beilage" zu einem Chorkonzert oder einem Anlass sind. In der Re-
gel achte ich darauf, dass ein Auftritt mindestens eine halbe Stunde umfasst und als
eigener Programmteil vorgesehen ist.
 Auftritte in Festzelten oder bei Apéros, wo gleichzeitig geschwatzt und/oder konsu-
miert wird, sind sehr ungünstig. Einerseits fühlen sich die Kinder nicht ernst genommen,
anderseits braucht es eine ausgefeilte Tontechnik um die Kinderstimmen angemessen
zu verstärken.
 Der Leiter / die Leiterin des Chores, soll v.a. in der Startphase mit dem Standort des
Chores verbunden sein, er / sie soll beispielsweise dort wohnhaft sein, dort in der Musik-
schule angestellt sein o.ä. (Die negativen Auswirkungen einer geringen Verbundenheit
mit Wallisellen waren der Hauptgrund für das Ende meiner Arbeit mit dem Schülerchor
Wallisellen.)
 Es ist wichtig, dass das Chorprojekt möglichst breit abgestützt ist, damit die Kinder über
möglichst viele Kanäle (z.B. Schule, Quartierzeitung, Kirche, Musikschule) auf den Chor
angesprochen werden können. Erfolgsversprechend ist auch, wenn ein Jugendchor
als „Kind“ eines bestehenden Gesangsvereins gegründet wird.
 Eine gute Zusammenarbeit mit der Schule schafft in der Regel „goodwill" wenn die
Kinder sich in einer strengen Chorphase (z.B. mehrere Auftritte in kurzer Zeit) nicht mehr
voll auf die Schule konzentrieren oder wenn man die Werbung über die Schule zu ver-
teilen möchte.
 Verbindliche An- und Abmeldungen erleichtern die Arbeit des Chorleiters / der Chor-
leiterin. Ich lasse jeweils die Eltern unterschrieben, dass sie sich verpflichten, die Auf-
tritts-Termine für die Kinder freizuhalten. (Schützt trotzdem nicht vor kurzfristigen Absa-
gen ...)
 Eltern und Kinder schätzen eine möglichst frühzeitige und offene Information über
Termine zeitliche Abläufe, ausserordentliche Proben und Ferien. Zu diesem Zweck füh-
re ich auch regelmässig Elternabende durch.
 Die Finanzierung des Chores soll möglichst breit erfolgen, z.B. politische Gemeinde,
Schulgemeinde, Kirchgemeinde oder durch einen Gönnerverein.
 Nach einer erfolgreichen Startphase ist es in der Regel leichter Eltern, Vereine oder
Firmen für materielle oder finanzielle Unterstützung zu gewinnen. Es empfiehlt sich, dass
diese Arbeit nicht primäre Aufgabe des Chorleiters / der Chorleiterin ist.
 Dem Chorleiter soll ein Vorstand, ein Leitungsteam, oder ein Sekretariat der Musik-
schule zur Seite gestellt werden, da der administrative Arbeitsaufwand schnell recht
gross werden kann.
 Von Zeit zu Zeit soll der Chor Schnupperproben veranstalten, in welchen alle Kinder
unverbindlich im Chor schnuppern können. Eine solche Schnupperprobe kann u.U.
auch in Zusammenarbeit mit einer Schule im Singunterricht gemacht werden.

Für weitere Auskünfte stehe ich gerne zur Verfügung. Insbesondere kann ich zum einen oder
anderen Punkt auch Material oder Unterlagen zur Verfügung stellen oder Hinweise zur Chorli-
teratur geben.
Stephan Lauffer, Fliederweg 2, 8400 Winterthur,
Tel.: 052 222 77 12 – E-Mail: [email protected]
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