04 Impedanzen
04 Impedanzen
04 Impedanzen
Impedanzen
F̂ v̂
Z= ; A= . (4.1)
v̂ F̂
F̂ v̂ 1
Zr = ;; Ar = = (4.2)
v̂ F̂ Zr
4.2 Messung mechanischer Punktimpedanzen 223
d.h. die Trennimpedanz gibt an, wie groß die Amplitude einer Struktur ist,
wenn sie durch eine ebene Welle mit den Spurwellenzahlen kx , kz bzw. den
Spurwellenlängen in den beiden Richtungen λx = 2π/kx , λz = 2π/kz angeregt
wird, wobei vorausgesetzt wird, dass anregende Kraft und erzeugte Schwin-
gung dieselbe örtliche Verteilung aufweisen. Während es also bei der Punktim-
pedanz notwendig ist, dass Anregung und Systemantwort dieselbe Frequenz
haben, wird bei der Trennimpedanz zusätzlich gefordert, dass die örtliche Ver-
teilung von Anregung und Systemantwort gleich ist. Das durch (4.3) gegebene
Beispiel stellt die bei weitem wichtigste Art der idealisierten Anregung dar;
eine gewisse Bedeutung haben lediglich noch die örtlichen Verteilungen, die
zur Beschreibung von Problemen in Zylinder- oder Kugelkoordinaten geeignet
sind.
Die Punktimpedanz und in weit stärkerem Maße die Trennimpedanz stel-
len Idealisierungen dar, deren Bedeutung darin liegt, dass man kompliziert
geformte Quellen entweder als Summe von Punktquellen oder als eine Kom-
bination von vielen ebenen Wellen auffassen kann und somit die idealisierten
Impedanzen als Ausgangspunkt zur Berechnung komplizierter Probleme be-
nutzen kann (siehe Abschn. 4.4).
Ein wesentlicher Vorteil der Impedanzen ist noch, dass man damit eine Me-
thode hat, relativ komplizierte Gebilde als Elemente in einem mechanischen
Schaltbild zu betrachten. Derartige Schaltbilder sind oft sehr bequem, da es -
mit einiger Übung - möglich ist, die wesentlichen Eigenschaften eines Systems
auf den ersten Blick zu erkennen. Es sei allerdings davor gewarnt mechanische
Schaltbilder allzu unbedenklich zu benutzen, da sie manchmal - z.B. bei Bie-
gewellen, bei denen neben den Kräften und Schnellen auch die Momente und
Winkelgeschwindigkeiten von Bedeutung sind - bei oberflächlicher Betrach-
tung zu falschen Schlüssen führen können.
Die nach (4.1) nahe liegende Methode zur Impedanzmessung ist die Bestim-
mung von Kraft und Schnelle. Für derartige Messungen benutzt man meist
elektrodynamische Körperschallsender, die mit einem sog. Impedanzkopf ver-
sehen sind. Dieser Impedanzkopf enthält meist zwei piezoelektrische Aufneh-
mer, die zur Messung der Kraft bzw. der Schnelle oder der Beschleunigung
dienen. Bei geeichten Körperschallsendern, die eine dem elektrischen Strom
224 4 Impedanzen
proportionale Kraft abgeben, ist nur die Verwendung eines Schnelle- oder Be-
schleunigungsmessers notwendig. Ein Beispiel eines Impedanzmesskopfes zeigt
Bild 4.1. Zur Bestimmung der komplexen mechanischen Impedanz werden die
beiden der Kraft und Schnelle proportionalen elektrischen Spannungen nach
Betrag und Phase bestimmt. Diese Größen braucht man nur mehr mit ei-
ner Apparatekonstante zu multiplizieren, die ihrerseits durch Eichmessungen
an bekannten Widerständen - am einfachsten Massenwiderständen - ermittelt
wird.
Das Hauptproblem bei allen Messungen mit Impedanzköpfen bildet die Be-
einflussung des Messergebnisses durch die Messapparatur. Da der Impedanz-
kopf mit dem Messobjekt starr verbunden ist, stellt er einen Teil desselben
dar. Die gemessene Impedanz Z 1 besteht also aus der gewünschten Impedanz
Z 0 des Messobjektes und der Impedanz des Messkopfes. In den weitaus meis-
ten Fällen kann man sich den Impedanzkopf durch einen Massenwiderstand
ersetzt denken. Es gilt also, wenn m die Masse des Kopfes ist:
Z 1 = Z 0 + jωm. (4.4)
dass eine wirklich starre Verbindung besteht und dass nur die gewünschte Be-
wegungskomponente angeregt wird. Werden Impedanzmessungen mit einem
Zweikanal FFT-Analysator vorgenommen, dann kann die Messung auch mit
Impulsen (Impedanzhammer), Rauschen oder anderen Signalen (z.B. sweeps)
vorgenommen werden; denn der Analysator nimmt die Zerlegung des Signals
in reine Sinustöne und die Division der komplexen Amplituden vor, so dass
man in einer Messung ein breites Frequenzgebiet gleichzeitig erfasst. Wichtig
bei solchen Messungen ist, dass die Dynamik der Geräte genügend groß ist
und dass man die Länge des Zeitfensters länger wählt als die Nachhallzeit
der angeregten Struktur. Ob diese beiden Bedingungen erfüllt sind, sollte im-
mer durch eine Kohärenzmessung (Kohärenzgrad größer als 0,95) überprüft
werden.
Für überschlägige Messungen des Absolutbetrages einer Impedanz kann
man manchmal auch ein einfaches mechanisches Hammerwerk benutzen. Vor-
aussetzung ist dabei, dass sowohl die einzelnen Hämmer als auch die Ober-
fläche des Prüfobjektes sehr hart sind, so dass man den Aufprall der Hämmer
beinahe als einen idealen Stoßvorgang betrachten kann. Hat das benutzte
Hammerwerk die Schlagfrequenz fs , dann besteht der zeitliche Verlauf der
Kraft aus einer Reihe von sehr hohen Spitzen, deren gegenseitiger Abstand
T = 1/fs beträgt (s. Bild 4.2). Legt man nun den Zeitpunkt t = 0 so, dass
dort gerade ein Stoß erfolgt, dann kann man die Kraft durch die Fourierreihe
∞
,∞ -
jnωS t
F (t) = fn cos nωS t = Re Fn e (4.5)
n=1 n=1
Zur Berechnung der von einem Hammerwerk erzeugten Schnelle muss man
die Fourierkoeffizienten Fn durch die Eingangsimpedanz bei der jeweiligen
Frequenz dividieren und die so entstandenen Fourierkoeffizienten addieren.
Man erhält somit ,∞ -
2IfS
v(t) = Re ejnωS t . (4.8)
n=1
Z
Bei der Messung wird nun die durch (4.8) gegebene Schnelle mit Hilfe eines
Körperschallabtasters in ein elektrisches Signal umgewandelt. Dieses elektri-
sche Signal kann man durch ein Filter der Bandbreite Δf geben und elektrisch
gleichrichten. Man erhält dann den Effektivwert der Schnelle, für den aus (4.8)
folgt
2N (IfS )2
ṽ 2 = . (4.9)
|Z|2
Dabei ist N die Anzahl der Spektrallinien im Bereich Δf , also N = Δf /fS .
Aus (4.9) ergibt sich schließlich
1 ṽ
= √ . (4.10)
|Z| IfS 2N
Dabei ist IfS (2N )1/2 eine Apparatekonstante, die man aus den Daten des
Hammerwerks oder aus Vergleichsmessungen mit einem bekannten Wider-
stand erhalten kann. Wie man sieht, ist die Durchführung der Messung, die
nur eine Schnellemessung erfordert, sehr einfach; allerdings ist die Genauigkeit
nicht sehr hoch.
Ähnlich wie in der Elektrotechnik, kann man auch in der Mechanik die Größe
eines Widerstandes dadurch ermitteln, dass man ihn mit einem bekannten
4.2 Messung mechanischer Punktimpedanzen 227
Bild 4.3. Messung des mechanischen Widerstandes durch Vergleich mit einem Mas-
senwiderstand
F̂ = jωmM v M . (4.11)
F̂
v̂ 0 = , (4.12)
Z1
jωmM v̂ M
Z1 = . (4.13)
v̂ 0
Die Impedanzmessung ist also, wegen des direkten Vergleichs mit dem Mas-
senwiderstand jωmM , auf die Relativmessung zweier Schnellen oder auch Be-
schleunigungen zurückgeführt. Wichtig ist dabei nur, dass der Magnet als
reine Masse betrachtet werden kann. Je nach Konstruktion ist das bis zu Fre-
quenzen von einigen Kilohertz möglich.
Eine andere Möglichkeit durch Vergleichsmessungen einen unbekannten
Widerstand zu ermitteln, besteht darin, die bei Belastung mit einer bekann-
ten Masse hervorgerufene Änderung der Schnelle eines Systems zur Impedanz-
messung heranzuziehen. Wie aus (4.2) hervorgeht, ist bei Belastung mit einer
Masse m1 die Impedanz
F̂
Z 11 = = Ẑ + jωm1 .
v̂ 1
Diese Gleichung gilt nicht nur für die Anregestelle sondern auch für jeden
beliebigen Messpunkt. F ist dann nicht die anregende Kraft sondern diejenige,
die man am Beobachtungsort messen würde. Nimmt man nun eine zweite
Messung vor, bei der die Masse m1 durch eine Masse m2 ersetzt wird und
hält man die anregende Kraft konstant, so gilt
F̂
Z 12 = = Ẑ + jωm2 .
v̂ 2
Man kann also aus einer Relativmessung der beiden Schnellen v1 und v2 die ge-
suchte Impedanz Z errechnen (siehe Bild 4.4). Offensichtlich wird die Messung
um so genauer, je kleiner m1 und je größer m2 ist. Diese Art der Messung
eignet sich also besonders dann, wenn der zu messende Widerstand relativ
klein ist. Beispiele von gemessenen Widerständen zeigt Bild 4.5.
Uw
ZE = ZE0 − , (4.14)
i
4.2 Messung mechanischer Punktimpedanzen 229
Bild 4.4. Messung des mechanischen Widerstandes aus der Schnelleabnahme bei
Belastung
wobei Uw die induzierte Gegenspannung und i der durch die Spule fließende
Strom sind. Nun sind aber (s. (7.8) und (7.9)) Uw und i durch die elektrome-
chanischen Kopplungsgleichungen
230 4 Impedanzen
mit der erzeugten Kraft und Schnelle der Spule verknüpft. (Da es sich bei
einem elektrodynamischen Sender um einen passiven Wandler handelt, ist die
durch die Stärke des Magnetfeldes und die Leiterlänge auf der Spule gegebenen
Kopplungskonstante in beiden obigen Gleichungen gleich). Durch Einsetzen
von (4.15) in (4.14) erhält man
(BlL )2
Z E = Z E0 + . (4.16)
Z
Die mechanische Impedanz eines elektrodynamischen Körperschallsenders ist
also durch den elektrischen Widerstand ZE0 bei festgehaltener Spule (d.h.
durch die Kupferverluste und die Selbstinduktion) und durch die mechanische
Impedanz Z gegeben. Man kann also wenn ZE0 genügend klein ist, durch ei-
ne rein elektrische Widerstandsmessung die mechanische Impedanz ermitteln.
Offensichtlich eignet sich dieses Verfahren besonders für kleine Widerstände
bei denen das zweite Glied in (4.16) relativ groß ist. Ein gewisser Vorteil dieses
Verfahrens ist, dass man u.U. - insbesondere, wenn die Kupferverluste sehr
klein sind - aus einer elektrischen Leistungsmessung die übertragene mecha-
nische Leistung bei gegebener Kraft ermitteln kann.
Eine andere indirekte Methode zur Bestimmung mechanischer Widerstände
erhält man durch eine Übertragung des aus dem Gebiet des Luftschalls
bekannten Verfahrens der Impedanzrohrmessungen. Bekanntlich misst man
akustische Widerstände meist dadurch, dass man die zu untersuchende Probe
an den Abschluss eines Rohrs bringt und die stehenden Luftschallwellen im
Rohr abtastet. Aus dem Unterschied des Schalldrucks in den Druckknoten
und -bäuchen und aus der Lage des ersten Druckknotens kann man dann die
Impedanz der Probe ermitteln. Bei einer Übertragung dieses Verfahrens auf
das Gebiet des Körperschalls ist das luftgefüllte Rohr durch einen zu Longi-
tudinalwellen angeregten Stab und das Messmikrophon durch einen Körper-
schallabtaster zu ersetzen. Es gelten dann dieselben Gesichtspunkte und Glei-
chungen wie bei den Impedanzmessungen für Luftschall. Man muss nur den
Kennwiderstand der Luft durch den Kennwiderstand ρcL S ersetzen. Dabei ist
ρ die Dichte, cL die Longitudinalwellengeschwindigkeit und S der Querschnitt
des Stabes.
So elegant diese Impedanzmessung auf den ersten Blick erscheint - es sind
nur Relativmessungen von Schnellen notwendig und Phasenmessungen wer-
den durch Längenmessungen ersetzt - ihre praktische Durchführung führt zu
erheblichen Schwierigkeiten. Bekanntlich muss ein Impedanzrohr etwa so lang
sein, wie eine halbe Wellenlänge bei der tiefsten Messfrequenz. Auf das vorlie-
gende Problem angewandt bedeutet das, dass ein Stahl oder Aluminiumstab
ca. 12,5 m lang sein müsste, um Messungen von 200 Hz an zu ermöglichen.
Eine weitere Schwierigkeit ist, dass es durchaus nicht leicht ist, reine Longi-
tudinalwellen auf einem langen Stab zu erzeugen. Meistens werden auch bei
4.3 Eingangsimpedanzen von unendlich ausgedehnten Stäben und Platten 231
wird. Wir nehmen dazu an, dass die Masse m zur Zeit t = 0 mit der Geschwin-
digkeit v0 auf die Stirnfläche des Stabes antrifft. Es wirkt also vom Moment
des Aufpralls an eine Trägheitskraft mdv/dt auf die Masse und eine gleich
große Kraft
F = S Eρv0
auf den Stab. Es gilt also
dv
m + S Eρv = 0 für t ≥ 0. (4.20)
dt
Daraus ergibt sich für die Schnelle an der Aufprallstelle
, √
v0 e−S( Eρ/m)t für t ≥ 0
v= ; (4.21)
0 für t < 0
Man erhält also einen exponentiell abnehmenden Bewegungsverlauf, der um
so langsamer mit der Zeit abklingt (d.h. um so dumpfer klingt), je größer die
Stoßmasse ist.
Selbstverständlich gelten (4.20) und (4.21) nur, wenn keine plastische De-
formation des Stabes und keine elastische oder plastische Deformation der
Stoßmasse auftreten. Ist das nicht der Fall, dann ist der Stoßvorgang wei-
”
cher“ als nach (4.21) anzunehmen wäre.
Die Fortpflanzung des Stoßvorganges im Stab erfolgt vollkommen unver-
zerrt mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit für Longitudinalwellen. Die Schnel-
le an einer beliebigen Stelle des Stabes ist also nach (2.12) durch
, √
v0 e−S( Eρ/m)(t−x/c) für x ≤ ct
v= . (4.22)
0 für x > ct
gegeben. Aus (4.22) kann man auch ablesen unter welchen Voraussetzungen
die beim Stoß auf einen unendlich langen Stab gewonnenen Ergebnisse auf
Stäbe endlicher Länge übertragen werden können. Man kann nämlich den
Stoßvorgang als im Wesentlichen abgeschlossen betrachten, wenn der Expo-
nent in (4.21) den Wert -2 erreicht hat. Das ist aber gerade dann der Fall,
wenn die erste Stoßfront an der Stelle xi = 2m/Sρ angelangt ist; eine an die-
ser Stelle - oder erst recht später - erfolgte Reflexion kommt erst zu einer Zeit
an die Aufprallstelle x = 0 an zu der der Klopfvorgang abgeschlossen ist. Da
Sρxi , die Masse des entsprechenden Stabstückes ist, bedeutet das, dass bei
einem Stab endlicher Länge der Stoßvorgang praktisch genau so erfolgt, wie
bei einem Stab unendlicher Länge, vorausgesetzt, dass die gesamte Masse des
Stabs mindestens zweimal so groß ist, wie die Masse des klopfenden Körpers.
Man hätte den Schnelleverlauf des impulsförmig zu Dehnwellen angereg-
ten Stabes auch dadurch berechnen können, dass man von der anregenden
Kraft eine spektrale Zerlegung im Frequenzbereich vornimmt (Fourierzerle-
gung) und das so erhaltene Spektrum √ durch die an der Anregestelle wirk-
same Gesamtimpedanz jωm + S Eρ dividiert. Man erhält so das Frequenz-
spektrum der Schnelle, das nach der Rücktransformation in den Zeitbereich
4.3 Eingangsimpedanzen von unendlich ausgedehnten Stäben und Platten 233
Die Berechnung der Eingangsimpedanzen von Balken, die auf Biegung be-
ansprucht sind, ist etwas umständlicher, da die Ausbreitungsgeschwindigkeit
frequenzabhängig ist und neben den fortschreitenden Wellen auch die expo-
nentiell abklingenden Nahfelder auftreten. Am einfachsten wird die Rechnung,
wenn man von den Gleichungen für die Schnelle v, die Winkelgeschwindigkeit
w, das Biegemoment Mz und die Querkraft Fy ausgeht und aus den jeweiligen
Randbedingungen die unbekannten Größen ermittelt. Nach (2.77, 2.85, 2.86)
sind die allgemeinen Gleichungen für v, w, Mz , Fy , wenn man die Differentia-
tion nach der Zeit durch Multiplikation mit jω ersetzt (also zur Zeigerschreib-
weise übergeht)
∂v̂ B ∂ ŵ ∂ M̂ z ∂ F̂ y
ŵ = ; M̂ z = − ; F̂ y = − ; jωm v̂ = − . (4.23)
∂x jω ∂x ∂x ∂x
Dabei ist B die Biegesteife und m die Masse per Längeneinheit des Balkens.
Außer (4.23) brauchen wir noch die allgemeine Lösung der Biegewellenglei-
chung für Vorgänge mit der Kreisfrequenz ω. Nach (2.131) gilt
B 2
M̂ z = − kB −v̂ + e−jkB x + v̂ +j e−kB x (4.26)
jω
und
B 3
F̂ y = k jv̂ + e−jkB x − v̂ +j e−kB x (4.27)
jω B
ergibt sich an der Stelle x = 0
234 4 Impedanzen
j ω
− v̂ + + v̂ +j = 0; −v̂ +j = 3 F̂ ; bzw. v̂ + = v̂ +j = 3 (1 + j) F̂ .
BkB BkB
(4.28)
Damit wird
ω
v̂ = 3 (1 F̂ e−jkB x + e−kB x . (4.29)
BkB + j)
Der Eingangswiderstand des halbunendlichen Balkens ist also
3
F̂ BkB 1+j
Z= = (1 + j) = m cB . (4.30)
v̂(0) 2ω 2
ω F̂
v̂ = jv̂ +j 3
4BkB
und damit
ω F̂ −jkB |x| −kB |x|
v̂ = 3 e − je . (4.32)
4BkB
Der zu diesen Funktionen gehörende Zeitverlauf der Bewegung ist aus Bild
4.6 ersichtlich. Für die Eingangsimpedanz erhält man aus (4.32)
4.3 Eingangsimpedanzen von unendlich ausgedehnten Stäben und Platten 235
3
2BkB
Z= (1 + j) = 2m cB (1 + j). (4.33)
ω
Die Eingangsimpedanz hat also dieselbe allgemeine Form wie beim halbu-
nendlichen Balken, er ist jedoch viermal so groß.
Mit der Eingangsimpedanz eines unendlich langen Balkens (s. (4.33)) erhalten
wir also für die von einer Punktkraft erzeugte Leistung
|F̂ |2 ω F̂ |2
P = = . (4.36)
8BkB 3 8m cB
2|v̂ + |2 BkB
3
1 |F̂ |2 ω |F̂ |2
P = = = . (4.37)
ω 8 BkB 3 8m cB
benutzt. Physikalisch besagt die erste Gleichung in (4.38), dass der Zeitver-
lauf der Kraft aus einer Summe von reinen Tönen der Amplitude F̆ (ω) und
der Frequenz ω besteht. Das Amplitudenspektrum der Kraft erhält man bei
bekanntem Zeitverlauf der Kraft aus der zweiten Gleichung in (4.38). Da für
jeden Teilton die Impedanzbeziehung benutzt werden kann, gilt für die Schnel-
le an der Anregestelle x = 0
F̆ (ω)
v̆ = . (4.40)
jωm + Z
4.3 Eingangsimpedanzen von unendlich ausgedehnten Stäben und Platten 237
Im Nenner dieses Ausdrucks steht die Summe aus Massenimpedanz jωm und
Balkenimpedanz Z, denn gegen diese beiden Widerstände muss die Kraft ar-
beiten. Ganz analog zu (4.32) kann man auch das Schnellespektrum an einer
beliebigen Stelle x ≥ 0 angeben. Es gilt für den beidseitig unendlichen Balken
Setzt man (4.40) bzw. (4.41) in die erste Gleichung (4.39), dann erhält man
den gesuchten Zeitverlauf der Schnelle an der Anregestelle v(t) bzw. irgendwo
im Balken v(x, t). Die bisher angegebenen Gleichungen gelten für beliebige
Zeitverläufe der anregenden Kraft. Beschränkt man sich auf den Spezialfall
des idealen Stoßes zur Zeit t = 0, dann ist
F (t) = Iδ(t)
und damit ∞
F̆ (ω) = I δ(t)e−jωt dt = I. (4.42)
−∞
Dabei ist δ(t) die Dirac’sche Deltafunktion und I der beim Stoß übertragene
Impuls, der bekanntlich gleich dem Zeitintegral der Kraft ist (s. auch (4.7)).
Kombiniert man (4.42), (4.40), (4.39) und (4.33), so findet man für die
Anregestelle
∞
1 I
v(t) = ejωt dω. (4.43)
2π −∞ jωm + 2m cB (1 + j)
m2
ϑ= √
8 Bm3
und macht davon Gebrauch, dass 1 + j = (2j)1/2 ist, dann erhält man
∞
I ejωt
v(t) = dω. (4.44)
2πm −∞ jω + jω/ϑ
Dabei ist der zweite Term in der Klammer das bekannte Gauß’sche Fehler-
integral. Für überschlägige Rechnungen genügt es das Integral anzunähern;
man erhält dann
238 4 Impedanzen
' "
I t/ϑ t 1t t
v(t) ≈ e 1−2 1− + ... für < 0, 5
m πϑ 3ϑ ϑ
" ' 2
I ϑ 1t 3 ϑ t
v(t) ≈ 1− + − ... für > 2.
m πt 2ϑ 4 t ϑ
In Bild 4.9 ist der Zeitverlauf der Schnelle am Anregeort für einen Stab aufge-
tragen, der durch einen idealen Stoß mit der Masse m zu Longitudinal- bzw.
Biegewellen angeregt wird. Es wurde dabei angenommen, dass die anregende
Masse achtmal so groß ist wie ein Stabstück, das gerade einen Trägheitsra-
dius lang ist. (Also bei einem
√ Rechteckstab der Dichte ρ, der Breite b und
der Höhe h ist m = 8ρh2 b 12). Wie man sieht, nimmt die Bewegung beim
longitudinalen Stoß sehr viel schneller ab, als im anderen Fall; das heißt der
longitudinale Stoß klingt im allgemeinen heller als der transversale.
Bild 4.7. Zeitverlauf der Bewegung an der Anregestelle eines durch Anschlag mit
einer Masse zu Longitudinal- bzw. Biegewellen angeregten Stabes
4
Δη̂ 1 + kB η̂ 1 = 0 (4.47a)
4
Δη̂ 2 + kB η̂ 2 = 0. (4.47b)
Die erste der beiden Gleichungen ist nun aber nichts anderes als die übliche
Wellenausgleichung für dispersionsfreie Medien (z.B. Schallwellen in Luft),
deren rotationssymmetrische Lösung in zwei Dimensionen bekanntlich durch
Zylinderfunktionen nullter Ordnung gegeben ist. Berücksichtigt man nun noch
die Randbedingung (4), so ergibt sich als einzige Lösung die HANKEL-
Funktion zweiter Art. Es ist also
(2)
η̂ 1 = C1 H0 (kB r) (4.48)
(2) −2j x
H0 (x) ≈ 1 + ln( + γ) für |x| 1 (4.49)
" π 2
(2) 2 −j(x−π/4)
H0 (x) ≈ e für |x|
1 (4.50)
πx
mit γ = 0.5772... Die Lösung von (4.47b), die den oben genannten Randbe-
dingungen genügt, erhält man einfach dadurch, dass man kB r durch −jkB r
ersetzt, d.h.
(2)
η̂ 2 = C1 H0 (−jkB r). (4.51)
Macht man hier die eben angegebene Entwicklung für große Werte von kB r,
so ergibt sich
240 4 Impedanzen
" "
2 2 −kB r
H02 (−jkB r) ≈ ejπ/4 e−kB r = j e
−jπkB r πkB r
C1 = −C2
und damit
(2) (2)
η̂ = C1 H0 (kB r) − H0 (−jkB r) . (4.54)
Der Wert von (4.54) an der Stelle r = 0 ergibt sich wieder aus der asympto-
tischen Entwicklung der HANKEL-Funktionen. Es gilt nämlich
2j kB r 2j kB r
η̂(0) = η̂ 0 = C1 − ln + ... + ln + ln(−j) + . . .
π 2 π 2
2j 2j
= C1 ln(−j) = C1 ln(e−jπ/2 ) = C1 .
π π
Der Wert der Konstanten C1 ist also gleich der Auslenkung am Anregeort, so
dass wir erhalten
6
(2) (2)
η̂ = η̂ 0 H0 (kB r) − H0 (−jkB r) = η̂ (kB r). (4.55)
Bild 4.8. Von einer punktförmigen Quelle erzeugte Biegewellen auf einer Platte
(T = Periodendauer).
Führt man hier wieder die Entwicklung der HANKEL-Funktionen nach klei-
nen Argumenten durch, so erhält man für die längs des Umfanges wirkende
Querkraft
4jB kB
2
Q̂r0 = η̂ 0 . (4.57)
πr0
Multipliziert man (4.57) mit dem Umfang des kleinen Kreises, dann erhält
man die gesamten Querkräfte, die nach Randbedingung (3) gleich der anre-
242 4 Impedanzen
Eine sich hierbei ergebende Schwierigkeit besteht darin, dass mit verschwin-
dendem Radius die Schubspannungen beliebig groß werden (s. Abschn. 4.4.3.1).
Für die folgende Rechnung muss also vorausgesetzt werden, dass die anregende
Kraft über eine Fläche angreift, deren Dimensionen sehr klein sind verglichen
mit der Biegewellenlänge, aber nicht so klein, dass Schubdeformationen am
Anregeort auftreten. In der Praxis sind diese Voraussetzungen sehr häufig
erfüllt.
Führt man nun statt des Ausschlages die Schnelle an der Anregestelle ein,
so erhält man für den Eingangswiderstand der punktförmig angeregten Platte
die Gleichung
F̂ 0 F̂ 0 8B kB
2 √ ωm
Z0 = = = = 8 B m = 8 2 . (4.59)
v̂ 0 jω η̂ 0 ω kB
Die Schnelleverteilung auf einer mit einer Punktkraft angeregten Platte ist
somit
F̂ 0 ω (2) (2)
F̂ 6
v̂(x, z) = H (kB r) − H (−jkB r) = 0 (kB r). (4.60)
8B kB2 0 0
Z0
Dieses erstaunlich einfache Ergebnis, das durch Messungen gut bestätigt wur-
de (s. Bild 4.10), ist etwas überraschend, weil sich der Eingangswiderstand
4.3 Eingangsimpedanzen von unendlich ausgedehnten Stäben und Platten 243
der Platte als reell und frequenzunabhängig erweist, also weniger kompliziert
ist als der Eingangswiderstand des Balkens.
Man kann sich dieses Ergebnis noch etwas veranschaulichen, wenn man ei-
ne Leistungsbilanz durchführt. Nach (4.35) ist die von einer Punktkraft übert-
ragene Leistung
1 1 1 1
P = Re F̂ 0 v̂ ∗0 = |F̂ |2 Re = |v̂ 0 |2 Re {Z0 } . (4.61)
2 2 Z0 2
Andererseits ist in einem großen Abstand R von der Anregestelle, wenn sich
die Zylinderwelle schon wie eine abnehmende, ebene Welle verhält, die durch
den Kreisumfang 2πR wandernde Leistung nach (2.106)
v̂ 2
v̂
Setzt man nun (4.61) und (4.62) unter Benutzung von (4.63) gleich, so erhält
man
8cB ρh 8ωm
Re {Z0 } = = 2 ,
kB kB
also ein mit (4.59) übereinstimmendes Ergebnis.
4.4 Trennimpedanz
4.4.1 Verfahren zur Berechnung von Trennimpedanzen
Die Trennimpedanz wurde durch (4.2) als das Verhältnis von anregendem
Druck (bzw. Druckdifferenz) zu Schnelle der angeregten Struktur definiert,
vorausgesetzt, dass beide Größen neben der gleichen Frequenz auch die glei-
che örtliche Verteilung aufweisen. Wenn die Bewegungsgleichung eine einfache
Form hat, ist die Trennimpedanz leicht zu berechnen, weil dann alle Ablei-
tungen nach den Ortskoordinaten in Multiplikationen mit den entsprechenden
Wellenzahlen übergehen.
Beispielsweise ist die Bewegungsgleichung einer dünnen Platte, wenn die
Anregung durch eine Druckverteilung p(x, z, t) erfolgt nach (2.266)
2
∂2 ∂2 m ∂ 2 1
+ η(x, z, t) +
η(x, z, t) = p(x, z, t). (4.64)
∂x2 ∂z 2 B ∂t 2 B
Geht man zu den Schnellezeigern über (v = jωη) und macht für den anregen-
den Druck (Druckdifferenz) den Ansatz
4.4.2 Beispiele
Ganz analog findet man aus (2.272) für die orthotrope Platte
B Bμ + 2BG
Bz 4
Zτ = jωm 1 − 2 x kx4 − 2 k 2 2
k − k . (4.70)
ω m ω 2 m x z
ω 2 m z
Zur Vereinfachung kann für die eckige Klammer häufig in guter Näherung
2
Bx kx2 + Bz kz2
1−
ω 2 m
gesetzt werden.
Für die dicke Platte, bei der Schubsteife und Drehträgheit berücksichtigt
sind, ergibt sich aus (2.290)
2
(kx −kz2 )2 h2 c2L ω2
1− 4
kB
+ 12 (kx2 − kz2 ) 1 − c2T
− c2T
Zτ = jωm
c2
. (4.71)
h2 ω2
1+ 12 (kx2 − kz2 ) c2L − c2T
T
Dabei sind c2L = E/ρ und c2T = G/ρ die Ausbreitungsgeschwindigkeiten für
Dehnwellen und Schubwellen.
Die Gleichungen für die entsprechenden eindimensionalen Probleme erhält
man, wenn man kz = 0 setzt und die wegen der Querkontraktion etwas ande-
ren Werte für die Biegesteife einsetzt.
Für die Zweischichtplatte bei Anregung in Richtung senkrecht zur Plat-
tenoberfläche wurde die Gleichung für die Trennimpedanz (3.125) bereits an-
gegeben; für die Dreischichtplatte kann sie ohne Schwierigkeit aus (3.132)
berechnet werden. Eine weitere Trennimpedanzgleichung ist für den Kreiszy-
linder durch (2.313) gegeben.
Bei den bisherigen Ausdrücken für die Trennimpedanz war stets vorausge-
setzt, dass die Anregung senkrecht zur Oberfläche der Struktur erfolgt. Dies
ist zwar der für die Praxis wichtigste Anwendungsfall, aber es sind auch andere
Druck-Schnelleverhältnisse denkbar. Beispielsweise können die sog. in-plane
”
Wellen“ in Platten, deren Bewegungsgleichung durch (2.247) gegeben sind,
auch durch Schubkräfte, also solche die parallel zur Plattenoberfläche wirken,
angeregt werden. Um für diesen Fall die Trennimpedanz auszurechnen, wird
nur eine in x-Richtung wirkende Kraft pro Flächeneinheit
p2 ∼ e−jkx x e−jkz z
246 4 Impedanzen
angesetzt und die beiden anderen äußeren Kräfte pD und p4 werden zu Null
gesetzt. (Natürlich hätte man für eine andere Art der Anregung auch p2 =
p4 = 0; pD = 0 annehmen können). Zur Durchführung der Rechnung werden
in (2.247) zuerst alle Ableitungen nach x bzw. z durch Multiplikationen mit
jkx bzw. jkz ersetzt und aus dem so entstandenen linearen Gleichungssystem
wird ζ bzw. ξ eliminiert. Man erhält dann
2
kx +kz2 2
kx +kz2
p̆2 1 − 2
kT
1 − 2
kLI
Zτ ξ = = jωρh
jω ξ˘ 1 − kx2 /kT2 − kz2 /kLI
2
(4.72)
p̆2 kx2 + kz2 kx2 + kz2 1 − μ kT2
Zτ ζ = = jωρh 1 − 1− .
jω ζ̆ kT2 2
kLI 1 + μ kx kz
Schliesslich ergibt sich für die Platte mit Vorspannung und Bettung aus
(2.274) mit den dort benutzten Benennungen
B T s
Zτ = jωm 1 − 2 (kx + kz ) + 2 (kx + kz ) − 2 .
2 2 2 2 2
(4.73)
ω m ω m ω m
zu unterscheiden. Ausgehend von (2.210) erhält man dann für die Norma-
lenrichtung mit σ = 0 und τ = 0 die Beziehung (2.213), die hier wiederholt
wird
$ %2
σ̆ G kT2 − 2(kx2 + kz2 ) + 4(kx2 + kz2 )kyT kyL
Zτ ση = = (4.74)
jω η̆ ω kT2 kyL
vor, dann hat man eine Summe von Gliedern der Form (4.65). Auf jeden
einzelnen Summanden kann man die Trennimpedanzgleichung anwenden und
erhält
p̆n, m
v̆n, m = .
Zτ (nkx0 mkz0 )
Daraus folgt für die räumliche Verteilung der Schnelle
p̆n, m e−jnkx0 x e−jmkz0 z
v(x, z) = . (4.78)
n, m
Zτ (nkx0 mkz0 )
Da (4.77) eine doppelte Fourierreihe darstellt, also einer räumlich sich wie-
derholenden Anregung mit den Perioden λx0 = 2π/kx0 und λz0 = 2π/kz0
entspricht, kann man die Rechenregeln für Fourierreihen anwenden und fin-
det als Rücktransformation von (4.77)
λx0 λz0
1
p̆n, m = p(x, z)ejnkx0 x ejmkz0 z dxdz. (4.79)
4π 2 0 0
Damit ist das Problem der räumlich periodischen Anregung gelöst, denn aus
der vorgegebenen Funktion p(x, z) kann man nach (4.79) die Teilwellenam-
plituden pn, m finden und daraus nach (4.78) die Bewegungsverteilung.
Bei einer nicht periodischen Anregung geht man genauso vor, man muss
lediglich die Fourierreihe durch ein Fourierintegral ersetzen. Physikalisch be-
deutet das, dass man eine vorgegebene Anregungsverteilung p(x, z) durch
eine Summe (Integral) von vielen ebenen Wellen ersetzt, deren Amplituden
so gewählt sind, dass sie - wenn sie alle addiert werden - wieder p(x, z) erge-
ben. Mit den Amplituden der einzelnen Wellen wird dann so verfahren, wie
im letzten Abschnitt beschrieben.
Ist also eine verteilte Anregung der Form p(x, z) gegeben, dann kann man
unter Ausnutzung des Fourierintegrals auch schreiben
∞
1
p(x, z) = p̆(kx , kz )e−jkx x e−jkz z dkx dkz . (4.80)
4π 2 −∞
bestimmt. Da für jede Teilwelle die Impedanzgleichung gilt, erhält man für
das Wellenzahlspektrum der erzeugten Bewegung
p̆(kx , kz )
v̆(kx , kz ) = (4.82)
Zτ (kx , kz )
und für die räumliche Schnelleverteilung
4.4 Trennimpedanz 249
∞
1 p̆(kx , kz ) −jkx x −jkz z
v(x, z) = e e dkx dkz . (4.83)
4π 2 −∞ Zτ (kx , kz )
Sehr einfach wird die Berechnung des Wellenzahlspektrums, wenn die Anre-
gung durch eine auf ein ganz kleines Gebiet konzentrierte Kraft (Punktkraft)
der Amplitude F0 erfolgt. Bei einer solchen Anregung, die unter Benutzung
der Delta-Funktion durch
p(x, z) = F0 δ(x, z) (4.84)
repräsentiert wird, sind innerhalb des sehr kleinen Gebiets, in dem die Anre-
gung von Null verschieden ist, alle Größen konstant, so dass
∞
p̆(kx , kz ) = F0 δ(x, z)ejkx x ejkz z dxdz = F0 (4.85)
−∞
gilt. Damit wird nach (4.83) die Schnelle einer derartig angeregten Struktur
∞
F0 1 −jkx x −jkz z
v(x, z) = e e dkx dkz . (4.86)
4π 2 −∞ Zτ
Die Punktimpedanz F0 /v(0, 0) kann man aus (4.86) errechnen, indem man
x = z = 0 setzt.
Dabei ist
α = 1 − kT2 h2 /12.
Für die Nullstellen des Nenners findet man
#
2 2
2
2 2
k + k kT + kL
kI2 = (kx2 + kz2 )I = T L
+ 4
+ αkB (4.88a)
2 2
#
2 2
2
2 2
k + k kT + kL
2 2 2
kII = (kx + kz )II = T L
− + αkB4. (4.88b)
2 2
Da die Wurzel in diesen Ausdrücken stets positiv ist, wird kI stets reell;
d.h. bei den zu kI gehörenden Bewegungsformen handelt es sich um fort-
laufende Wellen. Die Wellenzahl kII ist bei tiefen und mittleren Frequen-
zen imaginär; die dazugehörende Bewegungsform entspricht einem exponen-
tiell abnehmenden Nahfeld. Bei hohen Frequenzen; d.h. wenn α < 0, also
250 4 Impedanzen
2π/kT = λT < 1, 6h, wird auch kII reell. Das bedeutet, dass bei hohen
Frequenzen die Mindlinsche Plattentheorie zwei ausbreitungsfähige Wellen-
typen ergibt, wobei die zu kII gehörende Bewegung bei α = 0 eine unend-
lich große Phasengeschwindigkeit aufweist, die dann mit wachsender Frequenz
auf die Schubwellengeschwindigkeit abnimmt. Bei tiefen Frequenzen ergeben
(4.88a, 4.88b) die aus der einfachen Biegetheorie bekannten Werte kI ≈ kB ;
kII ≈ jkB . Eine Partialbruchzerlegung von (4.87) führt auf
1 1 kT2 (kx2 + kz2 ) + αkB
4
1 1
= − 2 .
Zτ jωm (kI2 − kII2 ) (kx2 + kz2 ) − kI2 (kx + kz2 ) − kII
2
Setzt man diesen Ausdruck in (4.86) ein, dann kann man mit Hilfe des Resi-
duensatzes über kz integrieren. Es entstehen dabei Terme, die sich folgender-
maßen umformen lassen
1 ∞ 1 √ 2 2
− kx −kI z −jkx x
e e dkx . (4.89)
j −∞ kx2 − kI2
Macht man von diesen Ausdrücken Gebrauch, erhält man schließlich für den
Schwingungsverlauf einer punktförmig“ angeregten, dicken Platte
”
2 2 4
F0 kT kI + αkB (2) kT2 kII
2
+ αkB4
(2)
v(x, z) = H (kI r) − H (kII r) . (4.90)
ωm kI2 − kII
2 0
kI2 − kII
2 0
Dabei ist
r= x2 + z 2
Die Punktadmittanz“ ergibt sich aus (4.90), indem man den Grenzübergang
”
x = z → 0 vornimmt. Benutzt man die Näherung (4.49) so folgt nach einigen
Zwischenrechnungen
v(r → 0) 4
kB
= (AR + jAI ). (4.91)
F0 8ωm [kI2 − 12 (kT2 − kL
2 )]
Dabei ist
AR = α + kT2 (2kI2 − kL
2
− kT2 )/kB
4
wenn α > 0 (4.92)
AR = kT2 (2kI2 − 2
kL − kT2 )/kB
4
wenn α < 0 (4.93)
2
2 kB kT2
AI = − α ln |α| + kI2 ln(kI r) − kII
2
ln(kII r) . (4.94)
π kI2 4
kB
b) Anregung mit einer Linienkraft, die gleichmäßig über einen Streifen der
Breite b verteilt ist
ω $ $ % %
AL ≈ (1 − μ) 0, 463 + j1, 5 ln 1, 9 − 15(μ0, 25)2 /(kT b) . (4.97)
G
In beiden Gleichungen ist der Realteil unabhängig von der Größe der an-
regenden Fläche, solange ihre Abmessungen wesentlich kleiner sind als die
Schubwellenlänge. Beim Imaginärteil ist das nicht der Fall, weil dieser - wie
sich schon bei der Platte mit Schubspannung zeigte - ein Maß für die lokale
Deformation des Materials an der Anregestelle ist.
Erwartungsgemäß ist der Imaginärteil, d.h. die lokale Deformation in
(4.96) umso größer, je kleiner die Anregefläche und je kleiner der Schubmodul
ist. Wenn man den Imaginärteil in (4.97) als Federungsadmittanz einer Feder
der Steife s deutet, dann findet man dass
ω(1 − μ)
Im {A} ≈ 0, 3 = ω/s
Ga
gilt, dass also die lokale Elastizität des Materials wie eine Feder der Steife
3, 3Ga
s≈ (4.98)
1−μ
betrachtet werden kann. Dieses Ergebnis stimmt relativ gut mit Berechnungen
der statischen Verformung eines unendlichen Halbraumes überein [4.12]-[4.14].
Rechnet man die entsprechenden Gleichungen in Federsteifen der örtlichen
Elastizität um, so ergibt sich
F̂ Ga F̂ Ga F̂ Ga
s= ≈π ; bzw. s = ≈5 ; bzw. s = ≈4 . (4.99)
ˆ
ξ0 1 − μ ˆ
ξa 1 − μ ˆ
ξ0 1 −μ
Die erste Gleichung erhält man, wenn man die gleichmäßig über die kleine
Anregefläche verteilte Kraft durch die Bewegung in der Mitte der Anrege-
fläche teilt. Bei der zweiten Gleichung wurde ebenfalls von einer gleichförmi-
gen Kraftverteilung ausgegangen, aber ξa bedeutet die Bewegung am Rand
4.4 Trennimpedanz 253
der Anregefläche. Die dritte Gleichung gilt, wenn die anregende Kraft nicht
gleichverteilt ist, sondern dem Gesetz (a2 − r2 )1/2 folgt; diese Verteilung ist
dadurch ausgezeichnet, dass sie unterhalb der anregenden Fläche zu einer
ortsunabhängigen Deformation führt.
Wie man sieht, hängt - im Gegensatz zu dem für den Leistungstransport
maßgeblichen Realteil der Admittanz - der Imaginärteil, also die lokale Steife
(Kontaktsteife) von den Details der Anregung ab. Insbesondere sind Größe
und Druckverteilung in der anregenden Fläche, genaue Lage des Messortes
und Randbedingung hinsichtlich der Tangentialbewegung bzw. Tangential-
kraft wichtige Parameter. In der Kontaktmechanik (z.B. [4.14]) und damit
auch in der Theorie des Rollkontakts spielt die Berücksichtigung dieser Effekte
eine große Rolle. Für die Rechnung sehr erschwerend kommt dabei noch hin-
zu, dass die Normalspannung σ an der Oberfläche meist bekannt ist, die Tan-
gentialspannung τ dagegen in komplizierter Weise von den Reibungskräften
abhängt, die bei der Materialdeformation in tangentialer Richtung auftreten.
Wendet man das beschriebene Verfahren auf orthotrope Platten an, so findet
man durch Einsetzen von (4.70) in (4.86) [4.15]
F̂ π 1
Z= = 8 4 m2 Bx Bz ≈ 8 4 m2 Bx Bz (4.100)
v̂(r = 0) 2 K(β)
und
F̂ (2) (2)
v(x, z) = H0 (γ) − H0 (−jγ)
Z
mit
'√
# # 1/2
1 Bμ + 2BG
ω 2 m Bz 2 Bx 2
β= 1− ; γ= x + z .
2 Bx Bz 4
Bx Bz Bx Bz
v(x = 0)
AS =
⎧F ⎫
⎪
⎨ ⎪
λT ⎬
(4.101)
ω 1 −1
≈ 2 + j + 0, 16 ln .
G⎪⎩ 8H 1,5 + 0, 31 H 8H 1,5 b ⎪
⎭
H+1,6
• bei Anregung mit einer Kraft F , die gleichmäßig über einen kleinen Kreis
mit dem Durchmesser D verteilt ist
v(r = 0)
AP =
F, -
2
ωkT 0, 063 1 H 0, 001 λT
≈ + +j + 0, 06 .
G H2 8 H + 1, 6 H 1,3 D
(4.102)
Dabei ist G = Schubmodul, kT = Schubwellenzahl, λT = 2π/kT , H = kT h/2,
h = Plattendicke. Es wurde bei diesen aus zahlreichen numerischen Rechnun-
gen abgeleiteten Näherungsgleichungen angenommen, dass die Querkontrak-
tionszahl μ ≈ 0, 3 beträgt.
Bei dem als nächstes Beispiel untersuchten Plattenstreifen (Bild 4.12) han-
delt es sich um eine Mischform, weil die Abmessungen in einer Richtung
endlich und in der anderen unendlich sind. Trotzdem lassen sich die bisher
angewandten Rechenmethoden zumindest für einfache Randbedingungen an-
wenden. In Analogie zu (4.65) und (4.67) machen wir den Produktansatz
Die Funktion ϕn (x) hängt von den Randbedingungen ab. Liegt die in Bild
4.12 dargestellte Bedingung vor, bei der der Rand geführt wird, also
∂v ∂3v
für x = 0, x = ls : = 0; F ∼ =0
∂x ∂x3
gilt, dann ist
nπ
ϕn (x) = cos x für n = 0, 1, 2, 3 . . . (4.104)
ls
Im Falle der momentenfreien Lagerung ist wegen
∂v 2
v = 0; M ∼ = 0; für x = 0, x = ls ;
∂x2
nπ
ϕn (x) = sin x für N = 1, 2, 3, . . . (4.105)
ls
In beiden Fällen ergibt sich nach Einsetzen in (4.64) in Analogie zu (4.68),
weil Druck und Schnelle dieselbe örtliche Verteilung haben,
4.4 Trennimpedanz 255
⎧' 2 ⎫
⎨ 2 ⎬
nπ jω
− − kz2 − kB
4
v̆n (kz ) = p̆n (kz ).
⎩ ls ⎭ B
Falls die anregende Druckverteilung beliebig ist, kann man sie als Summe von
Termen der Form (4.103) darstellen. Man kann also analog zu (4.81)
∞
1 ∞
p(x, z) = p̆n (kz )ϕn (x)e−jkz z dkz (4.107)
2π n=0 −∞
256 4 Impedanzen
schreiben. Die Rücktransformation dazu ist wegen der Orthogonalität der vor-
kommenden Funktion wie bei einer Kombination von Fourierreihe und Fou-
rierintegral
ls ∞
2
p̆n (kz ) = p(x, z)ϕn (x)e−jkz z dxdz (4.108)
ls εn 0 −∞
setzen. Der einzige Unterschied ist, dass man statt (4.106) den Ausdruck für
die Trennimpedanz eines Rohres, also (2.313) einzusetzen hat und dass man
F/ls durch F/2πa ersetzen muss. Damit erhält man für die Punktanregung
∞
F 1 ∞
dkz
v(0, 0) = . (4.112)
2π 2 a n=0 εn −∞ Zτ n (n, kz )
Bild 4.13. Realteil der Admittanz eine Rohres mit dem Radius a und der
Wandstärke h. Numerische Berechnung nach (4.112) mit /eqrefeq:2.209b, Ad-
mittanz einer Platte der Dicke h, Realteil
√ der Biegewellenadmittanz eines Stabes
mit Rohrquerschnitt (Trägheitsradius a/ 2), Näherungsbeziehung für die mittle-
re Admittanz im Bereich f2 < f< πa/cLI , f1 , f2 , f3 = Ringresonanzen nach 2.315a.
4.4.4 Momentenimpedanzen
W = M̂ /ŵ. (4.116)
Die Dimension dieser Größe ist kg m2 /s. Sie unterscheidet sich also um das
Quadrat einer Länge von der Kraftimpedanz nach (4.1).
Von praktischem Interesse ist die Kenntnis der Momentenimpedanz bei-
spielsweise bei der Berechnung der Übertragung von einem zu Biegewellen
angeregten Bauteil auf ein anderes (Kap. 5).
Da in der Kraft- und Momentenimpedanz alle vier für Biegewellen wich-
tigen Größen vorkommen, könnte man geneigt sein anzunehmen, dass durch
die Angabe dieser beiden Größen das Verhalten eines Systems bei Anregung
durch eine beliebige Kombination von anregenden Kräften und Momenten
vollkommen bestimmt sei. Insbesondere könnte man vermuten, dass die mit
Hilfe der beiden Admittanzen ermittelten Leistungen bei Kraft- bzw. Mo-
mentenanregung sich zur gesamten übertragenen Leistung addieren. Das ist
jedoch nicht immer der Fall; bereits beim halbunendlichen Stab, der an einem
Ende angeregt wird, kann man nämlich durch eine angreifende Kraft auch
eine Winkelgeschwindigkeit und durch ein Moment eine Schnelle erzeugen.
260 4 Impedanzen
Man kann sogar durch geeignete Kombination einer Kraft und eines Mo-
ments die fortlaufende Biegewelle vollständig unterdrücken, so dass nur das
exponentiell abnehmende Nahfeld übrig bleibt und dementsprechend keine
mechanische Leistung übertragen wird. Wie man aus (4.25, 4.26) ersehen
kann, tritt dieser interessante Spezialfall bei dem v+ = 0 wird, gerade für
F = M k ein. Ohne Beweis sei noch angegeben, dass nach [4.17] für dasselbe
Verhältnis von Kraft und Moment die Übertragung von Biegewellenenergie
in eine Platte verringert werden kann, wenn die Anregung an einer Kante er-
folgt. Wie man sieht, besteht bei punktförmig angeregten Stäben und Platten
die interessante Möglichkeit, durch das zusätzliche Anbringen eines geeigneten
Moments bzw. einer geeigneten Kraft (beispielsweise mit Hilfe eines elektri-
schen Körperschallsenders) die übertragene Biegewellenenergie zu reduzieren.
Die Wichtigkeit dieses Zusammenwirkens wird uns noch bei den Dämmpro-
blemen in Kap. 5.3 und 5.4 begegnen.
Wollte man die Biegewellenanregung durch das gleichzeitige Wirken von
Kräften und Momenten ganz allgemein betrachten, dann müsste man die Ad-
mittanzmatrix (mobility matrix) einführen und schreiben
v̂ = AF v F̂ + AM v M̂
(4.117)
ŵ = AF w F̂ + AM w M̂ .
Vergleicht man (4.119) mit (4.37), so sieht man, dass bei einem frequenz-
konstantem Moment die übertragene Leistung mit der Wurzel der Frequenz
zunimmt. Die Anregung durch Momente spielt also hauptsächlich bei höher-
en Frequenzen eine Rolle. Erwähnenswert ist noch, dass der Imaginärteil der
Momentenimpedanz bei einem Balken Federungscharakter hat.
Für weitere Beispiele von Momentenimpedanzen empfiehlt es sich wie in
Abschn. 4.4.3 vorzugehen. Als anregende Druckverteilung wird die in Bild 4.14
skizzierte Anordnung gewählt, bei der ein Kräftepaar F = M/2a im kleinen
Abstand 2a wirkt, also ein Moment M bildet. Es gilt dann statt (4.84)
M̂
p(x, z) = [δ(x + a, z) − δ(x − a, z)] .
2a
Eingesetzt in (4.82) ergibt sich für einen sehr kleinen Wert von a, also für ein
lokalisiertes Moment
M̂ jkx a
p̆(kx , kz ) = (e − e−jkx a ) ≈ j M̂ kx . (4.120)
2a
Als Nächstes berechnet man aus (4.83) durch Differentiation nach x die
Winkelschnelle in x-Richtung w = ∂v/∂x. Damit ergibt sich als allgemeiner
Ausdruck für die Momentenimpedanz W
1 ŵ(0, 0) 1 kx2
= = (4.121)
W M̂ 4π 2 Zτ (kx , kz )dkx dkz .
gilt, wobei Z die Kraftimpedanz des jeweiligen Problems, kf die freie Wel-
lenzahl (s. Nullstellen der Trennimpedanz in Abschn. 4.4.1, 4.4.2) und α eine
Zahl zwischen 0,5 und 1 ist. Über den Imaginärteil kann keine allgemeine
Aussage gemacht werden. Er wird meistens unendlich; d.h. die Idealisierung
des Punktmoments mit a → 0 ist nicht zulässig. Falls der Imaginärteil der
Momentenimpedanz interessiert, darf man in (4.120) die Näherung nicht vor-
nehmen, sondern muss den längeren, von a abhängenden Ausdruck in (4.83)
einsetzen. Für den Realteil spielt die Grösse von a fast keine Rolle solange
kf a 1. Beispielsweise findet man so für die dünne Platte
1 ω 4 γkB a
= 1 − j ln (4.123)
W 16B π 2
mit γ = 1, 781.
Falls das Moment nicht durch zwei Punktkräfte, sondern durch eine andere
Druckverteilung gebildet worden wäre, würde (4.123) eine etwas andere Form
haben. Der Imaginärteil der Momentenimpedanz ist also normalerweise auch
eine Funktion der Form der Anregefläche.
Wenn das Moment über eine Fläche verteilt ist, deren Abmessungen klei-
ner sind als die Dicke, muss analog zu (4.102) vorgegangen werden. Es zeigt
sich dabei, dass der Imaginärteil der Momentenadmittanz eines elastischen
Halbraums eine erstaunlich gute Näherung darstellt. Eine Rechnung analog
zu (4.95 bis 4.99) liefert hierfür bei Anregung auf einer Kreisfläche mit dem
Radius a [4.11]
1 3 ω
Im ≈ (1 − μ) . (4.124)
W 8 Ga3
Wenn die Anregung einer Struktur nicht durch eine zeitlich sinusförmige
Druckverteilung erfolgt, sondern ein anderer Zeitverlauf vorliegt, kann man
den Bewegungsverlauf dadurch berechnen, dass man eine weitere Fouriertrans-
formation über die Zeit vornimmt. Das bedeutet, dass (4.81) und (4.83) durch
folgende Ausdrücke zu ersetzen sind
∞
p̆(ω, kx , kz ) = p(t, x, z)e−jωt ejkx x ejkz z dtdxdz,
−∞
∞
1 p̆(ω, kx , kz ) −jωt −jkx x −jkz z
v̆(ω, x, z) = e e e dωdkx dkz .
8π 3
−∞ τ (ω, kx , kz )
Z
(4.125)
Dabei ist p(t, x, z) der zeitliche und örtliche Verlauf der anregenden Druck-
verteilung.
4.5 Leistungsübertragung in unbegrenzte, ebene Strukturen 263
Dies ist die Green’sche Funktion der Biegewellengleichung von Platten. Aus ihr
könnte man den Schnelleverlauf bei einer beliebigen Anregung einer unendlich
großen Platte ausrechnen, indem man sich die Quelle als eine Folge von vielen
kleinen Impulsen vorstellt, die an den Quellorten xq , zq zu den Quellzeiten tq
wirken und alle Wirkungen addiert. Mathematisch bedeutet das eine Faltung;
d.h. man hätte folgende Gleichung zu verwenden
Den Zeitpunkt t = tq muss man bei der Integration aussparen, denn er führt
wie (4.126) zeigt zu extrem hohen, stark schwankenden Werten (die sich aber
im Mittel aufheben); letztlich ist dieses merkwürdige Verhalten eine Folge
der Biegewellengleichung zugrunde liegenden Näherungen, die für sehr hohe
Frequenzen, also auch für sehr kurze Zeiten, zu Schwierigkeiten führen. Selbst-
verständlich kann die Identität von (4.125) und (4.127) bewiesen werden.
4.5.1.1 Fernfeldmethode
verwenden und dann über die Anregefläche integrieren. Dabei ist p der am
Quellort xq , zq wirkende Druck und dxq dzq das dazugehörige Flächenelement.
Wegen der Superponierbarkeit der Feldgrößen kann man in (4.60) über alle
vorhandenen Quellpunkte summieren und erhält so bei beliebiger Druckver-
teilung (s. Bild 4.15)
1
v(x, z) = p(xq , zq )Π(kB rAq )dxq dzq . (4.128)
Z0
Dabei ist Z0 = 8(B m )1/2 , Π(...) die in (4.60) definierte Ausbreitungsfunk-
tion und rAq = [(x − xq )2 + (z − zq )2 ]1/2 der Abstand zwischen dem jeweiligen
Quellpunkt und dem interessierenden Aufpunkt. Wie man sieht, stellt (4.128)
ein Faltungsintegral dar, das sich mit den Regeln für die Fouriertransforma-
tion für Produkte in (4.83) überführen lässt.
Im Fernfeld, also wenn rAq sehr groß ist verglichen mit der Wellenlänge
und den Dimensionen des Quellgebiets, kann man die Ausbreitungsfunktion
Π(...) nach (4.49) annähern und findet
#
1 2
v(x, z) = p(xq , zq ) e−j(kB rAq −π/4) dxq dzq
Z0 πkB rAq
# (4.129)
1 2j
≈ p(xq , zq )e−j(kB rAq ) dxq dzq .
Z0 πkB RAq
Dabei ist RAq = (x2 + z 2 )1/2 der (große) Abstand von der Mitte“ des Quell-
”
gebiets zum Aufpunkt.
Die formale Ähnlichkeit mit dem Rayleighschen Strahlungsintegral [4.19]
für eine in einer unendlichen Wand schwingenden, ebenen Schallquelle ist in
(4.129) deutlich zu sehen. Sie kann u.U. zur Vereinfachung von Rechnungen
ausgenutzt werden. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit kann man den
Koordinatenursprung in die Mitte“ des Quellgebiets legen. Damit gilt, wie
”
Bild 4.15 zeigt,
$ %1/2 $ 2 %1/2
rAq = (x − xq )2 − (x − xq )2 = x + z 2 − 2xxq − 2zzq + x2q + zq2
' 1/2
2xxq 2zzq x2q + zq2
= RAq 1 − 2 − 2 + 2 ≈ RAq − xq cos γ − zq sin γ.
RAq RAq RAq
(4.130)
Damit wird (4.129)
4.5 Leistungsübertragung in unbegrenzte, ebene Strukturen 265
#
1 2j
v(RAq , γ) = e−jkB RAq
Z0 πkB RAq
Vergleicht man diesen Ausdruck mit (4.82), so sieht man, dass das Integral
gleich der Fouriertransformation an der Stelle kx = kB cos γ , kz = kB sin γ
ist. Aus (4.131) wird somit (im Fernfeld)
#
1 2j
v(RAq , γ) = e−jkB RAq p̆(kB cos γ, kB sin γ). (4.132)
Z0 πkB RAq
Die Fouriertransformation des anregenden Drucks hängt also sehr eng mit
der Richtungsverteilung der Körperschallschnelle zusammen. Aus der Körper-
schallschnelle im Fernfeld kann man, da die Wellen als eben angenommen wer-
den können, die Biegewellenleistung für jedes Teilstück RAq dγ (s. Bild 4.15)
nach (2.106) errechnen. Man erhält so für die gesamte nach außen abwandern-
de Leistung
2π
P = cB ρh |v|2 RAq dγ. (4.133)
0
Setzt man (4.132) ein, so ergibt sich nach kleinen Umformungen
2π
1 1
P = |p̆(kB cos γ, kB sin γ)|2 dγ. (4.134)
2Z0 2π 0
Die übertragene Schalleistung hängt also nur von der Eingangsimpedanz für
eine Punktkraft und von dem Wellenzahlspektrum bei den freien Wellenzahlen
ab.
266 4 Impedanzen
Man kann sich leicht davon überzeugen, dass bei einer Punktkraft wegen
(4.85) Gl. (4.133) in (4.61) übergeht.
4.5.1.2 Fouriertransformation
Setzt man (4.83) in (4.136) ein, so erhält man die allgemeine Gleichung für
die Leistungsübertragung in eine ebene Struktur mit der Trennimpedanz Zτ
4.5 Leistungsübertragung in unbegrenzte, ebene Strukturen 267
1 1
P = Re |p̆(kx , kz )|2 dkx dkz . (4.138)
8π 2 Zτ∗
Auf den ersten Blick scheint (4.138) bei plattenähnlichen Strukturen zu ei-
nem unrealistischen Ergebnis zu führen; denn nach (4.69)-(4.72) sind bei ver-
lustlosen Medien die Trennimpedanzen rein imaginär. Damit wäre das ganze
Integral rein imaginär und die Leistung würde sich zu Null ergeben. Diese
Schlussfolgerung ist allerdings nicht zulässig, denn wenn keine Dämpfung vor-
handen ist, ist Z zwar rein imaginär, aber es gibt eine Nullstelle von Zτ für
reelle Werte von kx , kz und damit einen Pol in (4.138). Wendet man darauf
in der üblichen Weise die Residuenmethode an, so ergibt sich doch ein von
Null verschiedener Wert des Integrals.
Wir wollen im nächsten Abschnitt aber diese etwas unphysikalisch wir-
kende Berechnungsmethode nicht anwenden sondern ein anderes Verfahren
benutzen.
Wie man sieht, wird mit kleiner werdenden Verlustfaktor das Gebiet mit
Q = 0 immer unwichtiger und das Gebiet um Q = 0 immer bedeutender.
Im Grenzfall eines fast verschwindenden Verlustfaktors kann man sich also
auf ein ganz kleines Integrationsgebiet um die Stelle Q = 0 beschränken (man
kann auch zeigen, dass (4.142) im Grenzfall zu einer Deltafunktion wird) und
alles Übrige, da es mit η gegen Null geht, vernachlässigen. Nun ist aber die
Stelle Q = 0, wie (4.139) zeigt, identisch mit der Nullstelle der Trennimpe-
danz der ungedämpften Struktur. Andererseits ist (siehe Abschnitt 4.4.3) die
Nullstelle der Trennimpedanz die Bestimmungsgleichung für die freien Wellen.
Man kann also schließen, dass (4.141) nur in der Nähe der freien Wellenzahlen,
die wieder mit kf bezeichnet werden, von Bedeutung ist. Damit ergibt sich
2π ∞
1 ηAR2
P = |p̆(kf cos γ, kf sin γ)|2 dγ kdk. (4.143)
8π 2 0 0 Q2 + η 2 A2 R 2
Es wurde hier bereits davon Gebrauch gemacht, dass bei isotropen Strukturen
Zτ stets von kx2 + kz2 = k 2 , also nicht von γ abhängt.
Die weitere Auswertung ist einfach, denn für eine Punktkraft der Ampli-
tude F0 gilt (4.85 und 4.86). Also wird aus (4.143)
∞
1 ηAR2
P = |F0 |2 kdk. (4.144)
4π 0 Q2 + η 2 A2 R2
Andererseits ist aber nach der Definition der Punktimpedanz
1 1 |F0 |2
PF = |F0 | Re
2
= AR . (4.145)
2 Z0 2
Dabei ist AR der Realteil der Punkteingangsadmittanz.
Durch Gleichsetzen von (4.144 und 4.145) erhält man einen Ausdruck für
das Integral, der in (4.143) eingesetzt
2π
AR
PF = |p̆(kf cos γ, kf sin γ)|2 dγ (4.146)
4π 0
Beim elastischen Halbraum, aber auch bei Platten, die mit einer dicken
Flüssigkeitsschicht verbunden sind (Platte auf Wasseroberfläche) ist die im
letzten Abschnitt benutzte Argumentation nicht anwendbar, weil (4.139) nicht
zutrifft. Vielmehr hat die Trennimpedanz auch im verlustlosen Material einen
Realteil, der ein Ausdruck für die ins Unendliche abwandernde Leistung ist
und der durch die Wurzelausdrücke kyL bzw. kyT repräsentiert wird (s. 4.95).
Man muss also die Leistungsberechnung nach (4.138) durchführen. Es emp-
fiehlt sich bei dieser Integration den Integrationsbereich aufzuteilen. Der erste
Bereich umfasst das Gebiet in dem Zτ einen reellen Anteil hat. Wie (4.74)
zeigt, ist das dann der Fall, wenn kyT reell, also kx2 + kz2 < kT2 ist. Der zweite
Bereich ist das kleine Gebiet um die Polstelle bei der Zτ = 0 wird. Wie in Ab-
schnitt 2.6.3 und auch durch (4.95) gezeigt wurde, ist das dann der Fall, wenn
die Wellenzahl gleich der Rayleighwellenzahl ist. Man kann für diesen Teil
des Integrals wieder genauso vorgehen, wie im letzten Abschnitt und findet
schließlich mit kx2 + kz2 = k 2
kT 2π
1 1
PHalb ≈ |p̆(k cos γ, k sin γ)|2 dγRe kdk
8π 2 0 0 ZT∗
2π
(4.148)
ARR
+ |p̆(kR cos γ, kR sin γ)| dγ. 2
4π 0
Dabei ist kR die Rayleighwellenzahl, die man aus (4.96) berechnen kann
und ARR der Realteil der Eingangsadmittanz für Rayleighwellen. Man findet
hierfür nach einigen Zwischenrechnungen und Näherungen, falls die Querkon-
traktionszahl kleiner 0,4 ist
ωkT
ARR = 0, 1 (1 − μ). (4.149)
G
Diese Gleichung ist nicht sehr genau, aber sie eignet sich wegen ihrer Einfach-
heit gut für Abschätzungen.
Das wesentliche Ergebnis der Abschnitte 4.5.2.1 und 4.5.2.2 besteht darin,
dass ein enger Zusammenhang zwischen Leistungsübertragung und dem Wel-
lenzahlspektrum bei den freien Wellen besteht. Man kann sich dieses Ergebnis
gut veranschaulichen, wenn man berücksichtigt, dass die Fouriertransforma-
tion, also die Rechnung mit den Wellenzahlspektren, der Darstellung eines
Ortsverlaufs durch eine Summe von ebenen Wellen entspricht. Die mathema-
tischen Operationen, die zu (4.81), (4.82) und (4.146) sowie (4.148) führen,
entsprechen dabei den in Bild 4.16 dargestellten Schritten für den eindimen-
sionalen bzw. rotationssymetrischen Fall.
270 4 Impedanzen
• Der Ortsverlauf des anregenden Drucks wird als Summe von ebenen, end-
lich ausgedehnten Wellen dargestellt (4.16 Teilbild b und c);
• die einzelnen Amplituden des Wellenzahlspektrums werden durch die
Trennimpedanz dividiert; dadurch entsteht das Wellenzahlspektrum der
Körperschallschnelle; entscheidend dabei ist, dass die Wellenzahlen (Wel-
lenlängen) unverändert bleiben, was nur in einem homogenen Medium oh-
ne Störkörper möglich ist (4.16 Teilbild e);
• aus den vielen ebenen Wellen, die die Schnelle repräsentiert, wird wieder
der Ortsverlauf zusammengesetzt (4.16 Teilbild g);
4.5 Leistungsübertragung in unbegrenzte, ebene Strukturen 271
• weit außerhalb des Anregebiets sind nur freie Wellen möglich, nur sie
können Leistung transportieren; da es im homogenen Medium keinen Me-
chanismus zur Wellenzahlumwandlung gibt ist die Leistung bereits durch
das Wellenzahlspektrum des Drucks bei den freien Wellen bestimmt;
• bei plattenähnlichen Gebilden gibt es nur eine (oder wenige) freie Wellen-
zahlen; im elastischen Halbraum sind Wellen, die auf der Oberfläche eine
Wellenzahl haben die der Bedingung k 2 ≤ kT2 genügt als Raumwellen aus-
breitungsfähig; daneben gibt es noch die Oberflächenwellen (Rayleighwel-
len), die nur bei einer einzigen Wellenzahl ausbreitungsfähig sind.
gleich, aber die örtliche Verteilung verschieden ist. Auch hier lässt sich die
übertragene Leistung verkleinern, wenn man die Anregung möglichst konti-
nuierlich verteilt.
Im unteren Teil von Bild 4.17 sind Druckverteilungen dargestellt, wie sie
beispielsweise bei der Anregung durch Luftschallwellen auf einem begrenzten
Gebiet auftreten können. Wesentlich hierbei ist, dass wenig Leistung über-
tragen wird, wenn die anregende Wellenlänge kleiner als die freie Wellenlänge
272 4 Impedanzen
ist. Maximale Leistungsübertragung liegt vor, wenn freie Wellenlänge und an-
regende Wellenlänge gleich sind. Auf weitere Einzelheiten zu diesem Problem
wird bei der Behandlung des reziproken Problems, nämlich der Luftschallab-
strahlung im Kap. 6.9 hingewiesen.
Bei den Leistungsberechnungen wurde stetes vorausgesetzt, dass es sich um
die Übertragung in eine unendlich große Struktur ohne Störstelle und Diskon-
tinuitäten handelt. Es wird in Abschnitt 4.7.3 gezeigt, dass diese Vorausset-
zung wesentlich weniger einschneidend ist als es scheint. Man kann nämlich
beweisen, dass im Frequenzmittel die Leistungsübertragung in eine nicht zu
kleine (Dimensionen mindestens gleich der Wellenlänge) Struktur ebenso groß
ist wie in die entsprechende unendliche Struktur. Auf Luftschallprobleme an-
4.6 Zusammenfassung von Impedanz- und Admittanzgleichungen 273
gewandt heißt das: man macht die Annahme, dass die Leistung, die eine Quelle
in einen Hallraum abstrahlt im Frequenzmittel ebenso groß ist wie die, die sie
im Freien oder in einem schalltoten Raum abstrahlen würde.
Dabei ist Vq eine Größe, die die Dimension eines Volumens hat und daher
Quellvolumen“ genannt wird. Sq ist die entsprechende Größe in zwei Dimen-
”
sionen, sie hat die Dimension einer Fläche.
In sehr grober Näherung erhält man Vq und Sq aus den Beziehungen
λx λy λz
Vq =Min lx , Min ly , Min lz ,
π π π
(4.153)
λx λz
Sq =Min lx , Min lz , .
π π
Dabei sind lx , ly , lz die Dimensionen der interessierenden Struktur in den
drei Raumrichtungen. lx , ly , lz sind die Wellenlängen der freien Wellen in den
drei Raumrichtungen, die bei einen isotropen Körper gleich sind, bei ortho-
tropen Körpern oder bei Vorhandensein von Versteifungen aber verschieden
sein können.
In Tab. 4.1 sind einige Fälle angegeben, die im bisherigen Text nicht
erwähnt wurden. Es handelt sich dabei um folgende - ohne Beweis - aus der
Literatur entnommene Gleichung
a) Balken mit Berücksichtigung der Schubsteife (Timoshenko-Balken) in der
Mitte angeregt
1 kT2 + kI kII
A= (4.154)
2ωm kI + kII
kI und kII siehe (4.88a, 4.88b);
274 4 Impedanzen
Z Re{A} Im{A} Vq
1 1
Stab ρcL S 0 SλL
ρcL S 2π
1 −1 4
Balken, dünn 2m cB (1 + j) SλB
4m cB 4m cB 2π
m cB 1 −1 1
Balken, dünn (1 + j) SλB
2 m cB m cB 2π
Zylinder - (4.113)-(4.115) - -
λ3T
elastischer (4.96) (4.96) (4.97),(4.99) ≈
π3
Halbraum
3 3
Flüssigkeit - (4.156) ∞ λ
4π 2 F
2
kB (1 − ω02 /ω 2 )1/2 ersetzt; es gilt dann
,
1 1 − ω02 /ω 2 für ω0 < ω
A= √ ; (4.155)
8 B m ω02 /ω 2 − 1 für ω0 > ω
mit
T
β= √ ;
2ω B m
e) dünne Platte, wenn die gesamte wirkende Kraft F0 gleichmäßig auf eine
Kreisfläche mit dem Radius a verteilt ist
2
|F̂0 |2 1 2J1 (z)
P = √ . (4.158)
2 8 B m z
identisch ist mit der Bewegungsgleichung einer Saite, die in ein elastisches
Medium eingebettet ist.
In den letzten Jahrzehnten hat zwar gleichzeitig mit dem rapiden Aus-
bau der übrigen Gebiete der Physik das Interesse an mechanischen Schwin-
gungen und Wellen nachgelassen - während man früher elektrische Vorgänge
durch mechanische Analoga anschaulich machte, werden heute manchmal um-
gekehrt, mechanische Vorgänge durch elektrische Schaltbilder, etc. beschrie-
ben -, aber es ist trotzdem immer noch so, dass an Hand der mechanischen
Wellen Begriffe wie Eigenwerte, Orthogonalität, etc. am leichtesten erklärt
und verstanden werden können. Davon wollen wir im folgenden Gebrauch
machen und zuerst die allgemeinen Eigenschaften schwingender Systeme dar-
legen und dann auf einige für die Praxis interessante Energiebetrachtungen
übergehen. Wir werden dabei nicht streng mathematisch vorgehen, sondern
auf Grund von einfachen physikalischen Überlegungen die einzelnen Ergeb-
nissen darlegen. Insbesondere den Satz von der Darstellbarkeit der Schwin-
”
gungen als Summe von Eigenfunktionen“ werden wir nicht als Problem aus
der Theorie der Integralgleichungen oder der selbstadjungierten Differential-
gleichungen oder der Variationsrechnung beweisen, sondern ihn aus einfachen
Energiebetrachtungen plausibel machen. Leser, die an exakten mathemati-
schen Darstellungen interessiert sind, werden auf die entsprechende Literatur
[4.20]-[4.22] verwiesen.
Bereits bei der Untersuchung der Wellenausbreitung auf Stäben und Balken
endlicher Länge (Kap. 2.4) stellten wir fest, dass bei jedem Stab gewisse dis-
krete Frequenzen, die so genannten Eigenfrequenzen, bevorzugt sind. Prak-
tisch äußert sich das in zwei wohlbekannten Phänomenen. Wird ein Stab
(z.B. Stimmgabel) kurzzeitig angeregt und dann sich selbst überlassen, dann
schwingt er mit einem für ihn typischen Klang aus, der aus einer oder meh-
reren Eigenfrequenzen besteht. Wird dagegen der Stab durch einen Körper-
schallsender oder dgl. angeregt, dann ergeben sich Amplituden, die sehr stark
von der anregenden Frequenz abhängen. Die höchsten Amplituden werden
erreicht, wenn die anregende Frequenz mit einer Eigenfrequenz (daher auch
häufig Resonanzfrequenz genannt) übereinstimmt (s. Bild 3.7 und 3.9).
Die Lage der einzelnen Eigenfrequenzen richtet sich nach der Art des ver-
wendeten Materials, den Stababmessungen, insbesondere der Länge und - wie
die Beispiele des freien und des drehbar gelagerten Balkens zeigen - den Rand-
bedingungen. Außerdem zeigte sich, dass die Eigenfrequenzen eine nach oben
unbegrenzte Folge bilden, die des öfteren - aber durchaus nicht immer - aus
ganzzahligen Vielfachen einer Grundfrequenz besteht.
Gehen wir nun zu komplizierteren Körpern, also etwa Platten, Ringen,
Schalen etc. über, so brauchen wir nur an Glocken, Gongs oder auch die
kreischenden Räder einer Straßenbahn in manchen Kurven zu denken, um
uns klarzumachen, dass auch bei beliebig geformten Körpern Eigenfrequenzen
4.7 Anregung von endlichen Systemen 277
wobei die Integration über die gesamte Fläche S der interessierenden Platte,
Schale etc. erstreckt wird.
Um diese sehr weit reichende Behauptung physikalisch zu begründen, den-
ken wir uns ein System so angeregt, dass es gerade in der n-ten Eigenschwin-
gung schwingt. Die gesamte kinetische Energie ist also
1
Ekin = vn2 m ϕ2n (x, z)dxdz. (4.161)
2 S
Analog erhalten wir die kinetische Energie bei der m-ten Eigenschwingung zu
278 4 Impedanzen
1
Ekin = 2
vm m ϕ2m (x, z)dxdz. (4.162)
2 S
Nehmen wir nun an, dass beide Eigenschwingungen gleichzeitig angeregt wer-
den und dass die Anregung genauso erfolgt wie bei der Einzelanregung, dann
muss - falls die beiden Eigenschwingungen voneinander unabhängig sind - die
Gesamtenergie gleich der Summe der Einzelenergien sein; andernfalls wäre ja
Energie verloren gegangen oder aus dem Nichts hinzugewonnen worden.
Es muss also gelten
1 1
m vn2 ϕ2n (x, z)dxdz + m vm
2 2
ϕm (x, z)dxdz
2 S 2 S
1
m [vn ϕn (x, z) + vm ϕm (x, z)] dxdz.
2
=
2 S
Offensichtlich kann diese Gleichung nur erfüllt sein, wenn Gleichung 4.160
erfüllt ist. In sehr vielen Fällen, bei denen der Massenbelag m ortsunabhängig
ist, bei denen also Dichte und Dicke über die ganze Fläche konstant sind,
vereinfacht sich (4.160) zu
Eine wichtige Tatsache, die man aus der obigen Darstellung ableiten kann,
ist die, dass die Orthogonalitätsrelation nicht mehr erfüllt zu sein braucht,
wenn das betrachtete System nicht abgeschlossen“ ist. Sobald nämlich Ener-
”
gie nach außen abwandern kann, gilt die oben benutzte Energierelation nicht
mehr und meistens ist dann auch die Orthogonalität verletzt. Man muss bei
der Benutzung der Orthogonalität sich also immer vergewissern, ob ein System
auch wirklich abgeschlossen ist. Abgeschlossenheit liegt sicher vor, wenn die
Ränder vollkommen frei oder starr eingespannt sind; auch bei Belastung mit
Massen oder anderen reinen Blindwiderständen“ wird keine Energie entzo-
”
gen. Nicht abgeschlossen ist ein System sicher dann, wenn es mit einem ande-
ren verbunden ist; beispielsweise bildet eine Stahlplatte kein abgeschlossenes
System mehr, wenn sie an einem Teil ihres Randes in Sand oder dergleichen
gebettet ist.
Um die bisher gewonnenen Ergebnisse auch anwenden zu können, gehen
wir zunächst von einer ganz allgemeinen, zweidimensionalen Bewegungsglei-
chung der Form
aus. Dabei ist L[. . .] ein Differentialoperator - im Fall der homogenen, dünnen
Platte also der doppelte Laplace-Operator -, ω die Kreisfrequenz, m der
Massenbelag, v(x, z) der Zeiger der Schnelle und p(x, z) der Zeiger des an-
regenden Drucks. (Wie verzichten im Folgenden darauf, den Zeigercharakter
durch Unterstreichung besonders zu kennzeichnen).
4.7 Anregung von endlichen Systemen 279
Multipliziert man diese Gleichung mit ϕm (x, z) und integriert über den gan-
zen Bereich, so verschwinden auf der linken Seite wegen der Orthogonalitäts-
relation alle Glieder mit Ausnahme desjenigen, für das n = m ist.
Wir erhalten also
(4.168) ist der berühmte Entwicklungssatz, der besagt, dass man mit Hilfe
der Eigenfunktionen und Eigenfrequenzen für jede beliebige Anregung die
Bewegung berechnen kann.
Bevor wir jedoch diesen Satz anwenden, sollen die Voraussetzungen, die
(4.166) zugrunde liegen, kurz diskutiert werden. Die erste Voraussetzung ist,
dass es überhaupt unendlich viele Eigenschwingungen gibt, um die unend-
liche Summe bilden zu können. Das ist nicht in Widerspruch mit der Er-
fahrung; denn alle Experimente zeigen, dass es keine obere Grenze für die
Eigenfrequenzen gibt und es ist auch kein Grund hierfür denkbar. Wesentlich
weniger einleuchtend ist, dass durch eine Summe der Form (4.166) jede be-
liebige Schwingungsform dargestellt werden kann. Zur Beantwortung dieser
nicht sehr einfachen Frage wird auf die einschlägige mathematische Litera-
tur [4.20]-[4.22] verwiesen. Es wird dort gezeigt, dass die Eigenfunktionen ein
vollständiges“ Orthogonalsystem bilden und dass demzufolge jede beliebige
”
Funktion - auch wenn sie nicht denselben Randbedingungen genügt wie die
Eigenfunktionen - als Summe von Eigenfunktionen dargestellt werden kann.
Es kann dabei allerdings vorkommen, dass an einigen Punkten, insbesonde-
re an den Rändern, die unendliche Summe und die Ausgangsfunktion nicht
übereinstimmen, das mittlere Fehlerquadrat - und nur darauf kommt es bei
physikalischen Problemen an - ist jedoch beliebig klein.
Die Erweiterung der bisher erhaltenen Ergebnisse auf mehr als zwei Di-
mensionen, sowie auf Bewegungen mit mehreren Komponenten bereitet keine
Schwierigkeiten mehr. Im Rahmen dieses Buches ist jedoch diese Verallgemei-
nerung nicht notwendig.
4.7.2 Anwendungsbeispiele
Das einfachste Beispiel für die Anwendung der oben erhaltenen Ergebnisse
stellen die Schwingungen einer dünnen rechteckigen Platte dar, die an den
Rändern aufgestützt ist (s. Bild 2.19). Die Lineardimensionen der Platte seien
l1 und l2 ; die Ränder sind also durch x = 0, x = l1 , z = 0, z = l2 gegeben.
Entlang dieser Geraden soll genauso wie im eindimensionalen Fall (2.170)
die Schnelle und ihre zweite Ableitung verschwinden. Die Eigenfunktionen
müssen also diese Randbedingungen erfüllen und außerdem der homogenen
Biegewellengleichung
genügen.
Man kann sich leicht davon überzeugen, dass die Funktionen
n1 πx n2 πz
ϕn (x, z) = sin sin (4.170)
l1 l2
die geforderten Eigenschaften haben, und dass die Eigenfrequenzen durch
4.7 Anregung von endlichen Systemen 281
" ' 2 2
B n1 π n2 π
ωn = + (4.171)
m l1 l2
Für eine Platte mit (B /m )1/2 π/l12 = 6 und dem Längenverhältnis l1 : l2 =
(3)1/2 : 1 ist diese Funktion für zwei verschiedene Anregeorte in Bild 4.18,
4.19 eingezeichnet. Man sieht, dass v(x0 , z0 ) und damit auch die Eingangsim-
pedanz sehr viel kompliziertere Funktionen der Frequenz und des Anregeorts
sind, als im Fall unendlicher Platten. Aus diesem Grunde liefern auch Messung
des Eingangswiderstandes an endlichen Systemen meistens sehr unübersichtli-
che und mit der Frequenz und dem Anregeort stark schwankende Ergebnisse.
Wir werden aber später noch zeigen, dass trotzdem der Eingangswiderstand
für unendliche Platten die für die Leistungsübertragung und damit die mitt-
lere Schnelle entscheidende Größe ist.
Die größten Amplituden treten in Bild 4.18 und 4.19 - wie nicht anders
zu erwarten - bei den Eigenfrequenzen auf. Allerdings zeigt der Vergleich der
beiden Kurven auch, dass manche Eigenfrequenzen an einem Ort angeregt
werden und am anderen nicht. Die Erklärung hierfür ist, dass eine Eigen-
schwingung sicher nicht angeregt werden kann, wenn die anregende Kraft in
einem Schwingungsknoten angreift. Dieser Effekt tritt - wie das ausgerechnete
Beispiel zeigt - besonders häufig bei Anregung in der Mitte auf.
282 4 Impedanzen
Bild 4.18. Frequenzgang der Schnelle einer drehbar gelagerten Platte & mit dem
√ B
Seitenverhältnis von 3 : 1 bei punktförmiger Anregung in der Mitte lπ2 m = 6
1
n1
1 2 3 4 5 6 7 8 9
1 12 21 36 57 84 117 156 201 252 Hz
2 39 48 63 84 111 144 183 228 279 Hz
n2 3 84 93 108 129 156 189 228 273 Hz
4 147 156 171 192 219 252 291 Hz
5 228 237 252 273 300 Hz
4.7 Anregung von endlichen Systemen 283
Frequenzen kommt noch hinzu, dass eventuell sehr nahe aneinander liegen-
de Eigenfrequenzen nicht mehr als getrennte Spitzen wahrgenommen werden
können. Das ist besonders dann der Fall, wenn das Messobjekt innere Dämp-
fung aufweist.
Damit sind wir bei einer Frage angelangt, die wir bisher noch nicht erwähn-
ten. Es handelt sich um den Einfluss der inneren Dämpfung. Zur Charakteri-
sierung wollen wir genau wie in Kap. 3 den Verlustfaktor η benutzen. Damit
wird (4.169)
(4.175) besagt, dass die Plattenbewegungen durch eine Summe von gedämpf-
ten Schwingungen dargestellt werden können, während die einzelnen Summan-
den in (4.168) ungedämpften Schwingungen entsprechen. Demzufolge stellen
sich auch die unendlich hohen Werte an den Resonanzstellen nicht mehr ein,
vielmehr ergeben sich von der Dämpfung abhängige Maxima. Ein anderes Bei-
spiel für Eigenfrequenzen und Eigenfunktionen ist in Abschnitt 2.8.3.4 enthal-
ten. Es handelt sich dabei um runde Schalen mit bestimmten, sehr einfachen
Randbedingungen. Die Vorgehensweise ist dieselbe wie bei der Platte, obwohl
die Bewegungsgleichungen wesentlich komplizierter sind.
4.7.3 Leistungsbetrachtungen
bei den unteren Eigenfrequenzen Gebrauch macht. Bei den höheren Frequen-
zen, wie wir sie hier betrachten, lohnt der mit den Näherungsmethoden ver-
bundene Rechenaufwand im Allgemeinen nicht, besonders wenn breitbandige
Frequenzgemische (z.B. Oktavrauschen) interessieren. Man verzichtet daher
im Rahmen des Körperschalls meist darauf, die Schwingungen eines Systems
in allen Details insbesondere bezüglich ihrer genauen örtlichen Verteilung, zu
kennen und begnügt sich damit, geeignete Mittelwerte - also das ungefähre
Verhalten - zu bestimmen. Dieser Verzicht fällt umso leichter, als sehr häufig
die Art der Randeinspannung eines Systems gar nicht genau genug bekannt
ist, um eine exakte Berechnung der Eigenschwingungsformen vorzunehmen.
Wir werden auf diese Frage in Kap. 5.9 bei der Behandlung der statistischen
Energieanalyse (SEA) noch zurückkommen.
Der physikalisch wichtigste Mittelwert ist natürlich das örtliche Mittel des
Schnellequadrats. Diese Größe, die mit v 2 bezeichnet sei, erhält man, indem
man den gesamten Energieinhalt durch die gesamte Masse Sm des Systems
dividiert. Unter Benutzung von (4.166) kann man also schreiben:
Ekin 1
v2 = = m |v(x, z)|2 dxdz
Sm Sm
∞ ∞
1 1
= |vn vm | m ϕn (x, z)ϕm (x, z)dxdz = |vn |2 Λn .
Sm n, m Sm n
(4.176)
Die dabei auftretende Doppelsumme, die über alle Kombinationen von m
und n zu erstrecken ist, geht wegen der Orthogonalität wieder in eine Ein-
fachsumme über; es setzt sich also das mittlere Schnellequadrat additiv aus
den Schnellequadraten der einzelnen Eigenschwingungen zusammen. Dieses
Ergebnis ist nicht gerade überraschend, denn die Unabhängigkeit der Eigen-
schwingungen wurde in Abschn. 4.7.1 dazu benutzt, die Orthogonalität zu
beweisen.
Für die weitere Rechnung benötigten wir die Größen vn , die nach (4.175)
bei Vorhandensein einer inneren Dämpfung durch
jω
vn = p(x, z)ϕn (x, z)dxdz (4.177)
[ωn2 (1 + jη) − ω 2 ] Λn
gegeben sind.
Für den uns hier hauptsächlich interessierenden Fall, bei dem eine Punkt-
”
kraft“ F0 an der Stelle x0 , z0 auf eine infinitesimal kleine Fläche wirkt, so dass
p(x0 , z0 )dx0 dz0 = F0 ist, kann man - genau so wie bei (4.172) - ϕn (x, z) in-
nerhalb des Integrationsbereiches als konstant ansehen und erhält
jωF0 ϕn (x0 , z0 )
vn = . (4.178)
[ωn2 (1 + jη) − ω 2 ] Λn
Für Platten konstanter Dicke und dgl., bei denen der Massenbelag m un-
abhängig vom Ort ist, kann man (4.179) noch vereinfachen, wenn man nicht
einen bestimmten Anregeort x0 z0 betrachtet, sondern über alle möglichen
Anregeorte mittelt. Diese zweite Mittelwertsbildung, die durch eine zweite
Überstreichung angedeutet sei, führt auf die Gleichung
2 ∞
1 |F0 |2 ω 2 1
v2 = v 2 dxdz = 2 2 − ω 2 )2 + η 2 ω 4
. (4.180)
S S m n=1
(ω n n
Man sieht also, dass bei punktförmiger Anregung das mittlere Schnellequa-
drat nur eine Funktion der anregenden Kraft, der gesamten Masse, der Dämp-
fung und der jeweiligen Lage der anregenden Frequenz im Vergleich zu den
einzelnen Eigenfrequenzen ist. Die Ortsabhängigkeit der Eigenfunktionen ist
dagegen belanglos. Man kann also die einzelnen Eigenschwingungen als un-
abhängige Energiespeicher betrachten, die im Mittel alle gleichmäßig, d.h. mit
gleicher Leistung, angeregt werden. Je nach Lage der anregenden Frequenz im
Verhältnis zu den Eigenfrequenzen ergibt sich dann eine mehr oder weniger
große Schnelle. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass nur bei punktförmig
wirkenden Kräften alle Eigenschwingungen gleichmäßig angeregt werden. In
anderen Fällen, beispielsweise wenn die Anregung einer Platte durch Schall-
wellen erfolgt, ist die in die einzelnen Eigenschwingungen übertragene Leis-
tung sehr unterschiedlich und es spielt auch die Ortsabhängigkeit der Eigen-
funktion eine wesentliche Rolle.
In der Praxis erfolgt die Anregung meist durch Kräfte, die nicht auf ei-
ne einzige Frequenz beschränkt, sondern auf ein mehr oder weniger breites
Frequenzband verteilt sind. In derartigen Fällen ist dann nicht nur die ge-
2
samte wirkende Kraft sondern auch das Kraftquadrat FΔ innerhalb eines
Frequenzbandes der Breite Δω gegeben. Man kann also auch nach (4.180)
2
das Schnellequadrat vΔ innerhalb des Frequenzbereiches Δω erhalten, indem
man die entsprechende Mittelwertbildung vornimmt. Dabei wird nur voraus-
gesetzt, dass der von ω1 bis ω2 sich erstreckende Bereich so groß ist, dass er
wenigstens fünf Eigenfrquenzen enthält. Es gilt also für das Schnellequadrat
innerhalb des Frequenzbandes ω1 − ω2 = Δω
ω2 ∞ ω2
1 2
FΔ 1 ω2
2
vΔ = v 2 dω = 2 dω. (4.181)
Δω S 2 m2 n=1
Δω (ωn2 − ω 2 ) + η 2 ωn4
ω1 ω1
Betrachtet man eines der Integrale in (4.181), so sieht man, dass es sehr da-
von abhängt, ob die jeweilige Eigenfrequenz ωn innerhalb oder außerhalb des
Integrationsbereiches liegt. Ist ωn < ω1 oder ωn > ω2 , dann nimmt das In-
tegral einen sehr kleinen, von der Dämpfung unabhängigen Wert an. Ist da-
gegen ω1 < ωn < ω2 , dann kann man bei kleiner Dämpfung die Näherung
ωn2 − ω 2 = (ωn + ω)(ωn − ω) ≈ 2ω(ωn − ω) benutzen und erhält
4.7 Anregung von endlichen Systemen 287
ω2 ω2
ω2 dω
dω ≈
ω1 (ωn2 −ω 2 )2
+ η 2 ωn4 ω1 4(ω n − ω) 2 + η2 ω2
n
(4.182)
1 2(ω2 − ωn ) 2(ω1 − ωn )
= arctan − arctan .
2ηωn ηωn ηωn
Drückt man hier η durch die Halbwertsbreite der jeweiligen Resonanz aus (s.
Tab. 3.2 auf Seite 150), so sieht man, dass die beiden arctan-Funktionen dem
Wert +π/2 bzw. −π/2 bis auf wenigstens 10% nahe kommen, wenn die Re-
sonanzfrequenz ωn wenigstens drei Halbwertsbreiten von der nächstgelegenen
Integrationsgrenze entfernt ist. Man macht sicher keinen allzu großen Fehler,
wenn man bei Vorhandensein mehrerer Eigenfrequenzen im Bereich ω1 bis ω2
den Ausdruck (4.182) durch (π/2)ηωn annähert und statt (4.181) schreibt
2
FΔ
N2
π
2
vΔ = 2 + Rest. (4.183)
S 2 m Δω 2ηωn
n=N1
Dabei ist N1 die Ordnungszahl der tiefsten und N2 der höchsten Eigenfrequenz
im Integrationsbereich. N2 −N1 = N ist also die Anzahl der Resonanzfrequen-
zen im Bereich Δω.
Vernachlässigt man nun noch den kleinen Rest und ersetzt die Eigenfre-
quenzen ωn durch die Mittenfrequenz ω des interessierenden Bandes, erhält
man schließlich
2
FΔ π ΔN
2
vΔ ≈ 2 . (4.184)
S 2 m 2ηω Δω
Für den Spezialfall der homogenen Platte wird daraus unter Benutzung der
in Tab. 4.7.3 angegebenen Gleichung für ΔN/Δω
2 2
FΔ kB
2
vΔ ≈ 2 . (4.185)
8ω 2 m Sη
Wie man sieht, enthält (4.184) weder die Eigenfunktionen noch die Eigenfre-
quenzen; die mittlere Schnelle bei Breitbandanregung ist also unabhängig von
den Randbedingungen, sie ist nur mehr eine Funktion der gesamten Masse
Sm , des Verlustfaktors η, der Frequenz und der Anzahl der Resonanzfre-
quenzen.
Dieses Ergebnis kann man noch etwas veranschaulichen, wenn man zum
Vergleich ein einfaches Masse-Federsystem mit der Masse m, der Resonanz-
frequenz ω0 und der Dämpfung η betrachtet. Die Bewegungsgleichung ist in
diesem Fall
jωF
−ω 2 v + ω02 (1 + jη)v = .
m
Denkt man sich ein derartiges System mit einem breitbandigen Geräusch an-
geregt, dann ergibt dieselbe Integration wie oben
ω2 2
1 FΔ π
2
vΔ ≈ v 2 dω ≈ 2
.
Δω ω1 m Δω 2ηω0
288 4 Impedanzen
Platte, Biegung 2 2
N = kB S/4π ΔN/Δω = kB S/(4πω)
= ωS/(3, 6cL h) = S/(3, 6cL h)
dünnwandiges Rohr √ √
N≈ 3ls aω/(cL h) ΔN/Δω ≈ 3ls a/(cL h)
für v>1
Vergleicht man diesen Ausdruck mit (4.184), so sieht man, dass das mittlere
Schnellequadrat eines einfachen Schwingers mit der Masse Sm , multipliziert
mit der Anzahl der Eigenfrequenzen ΔN gerade (4.184) ergibt. Man kann
sich also die einzelnen Eigenschwingungen als unabhängige Energiespeicher
vorstellen, die bei punktförmiger Anregung im Mittel denselben Energieinhalt
haben. Für die Gesamtenergie in einem Frequenzband ist dann nur noch die
Anzahl der Resonanzfrequenzen entscheidend.
Neben dem mittleren Schnellequadrat stellt die Leistung eine für die Pra-
xis sehr wichtige Größe dar. Ganz allgemein erhält man die Leistung, die
in ein System übertragen wird, aus dem Realteil des Produktes der Druck-
und konjugiert komplexen Schnellezeiger, also bei Darstellung der Schnelle als
Summe von Eigenfunktionen nach der Gleichung
1 ∗
P = Re p(x, z)v (x, z)dxdz
2 S
,∞ - (4.186)
1
∗
= Re vn p(x, z)ϕn (x, z)dxdz .
2 n=1 S
4.7 Anregung von endlichen Systemen 289
Geht man hier wieder zu einer Punktkraft F0 an der Stelle x0 , z0 über, dann
ist der Wert des Integrals F0 ϕn (x0 , z0 ). Setzt man hier vn nach (4.178) ein,
so ergibt sich
∞
FΔ2
ηω ωn2 ϕ2n (x0 , z0 )
P = . (4.187)
2 n=1 [(ωn2 − ω 2 )2 + η 2 ωn4 ] Λn
Wie man sieht, hat diese Summe dieselbe Form wie in (4.179); es ist lediglich
ω 2 durch ωn2 ersetzt. Dieser Unterschied spielt jedoch keine Rolle, wenn es sich
um ein schwach gedämpftes System handelt und wenn die Anregung sich über
ein Frequenzband erstreckt, das mehrere Eigenfrequenzen umfasst. Dieselbe
Integration über die Frequenz und über alle Anregeorte ergibt dann
2
FΔ π ΔN
P = (4.188)
2 2Sm Δω
(P ist die Leistung, die auf ein gegebenes Frequenzband entfällt, beispielsweise
Leistung pro Hertz oder pro Oktave, je nachdem wie FΔ gegeben ist).
Dieses Ergebnis ist in dreifacher Hinsicht interessant. Erstens zeigt sich
auch hier wieder, dass die Eigenschwingungen wie eine Reihe von unabhängi-
gen einfachen Masse-Feder Systemen betrachtet werden können. Die durch
(4.188) gegebene Leistung ist nämlich gleich der Leistung, die von einem
einfachen Schwinger der Masse Sm aufgenommen wird, multipliziert mit
der Anzahl der angeregten Eigenschwingungen. Als zweites erhält man durch
Kombination von (4.188) mit (4.184)
1
P = Sm ωηvΔ
2
, (4.189)
2
also einen sehr einfachen Zusammenhang zwischen eingespeister Leistung und
erzeugter mittlerer Schnelle. Als drittes kann man schließlich aus (4.188) auch
den Realteil der mittleren“ Eingangsadmittanz A berechnen. Benutzt man
”
nämlich die bekannte Gleichung (4.35)
1 2 1 1
P = |F | Re = |F |2 Re {A} ,
2 Z 2
dann folgt für die Admittanz, d.h. den reziproken Eingangswiderstand
1 π ΔN
Re {A} = Re = . (4.190)
Z 2Sm Δω
Dieser Ausdruck ist von besonderem Interesse, da er gestattet, eine Bezie-
hung mit den in Abschn. 4.4 berechneten Impedanzgleichungen herzustellen.
Man kann nämlich davon ausgehen, dass bei sehr großen Platten, Stäben,
etc. bei denen die Begrenzungen sehr weit vom Anregeort entfernt sind, die
Leistungsübertragung fast genauso erfolgt wie beim entsprechenden unendlich
großen System; im Grenzfall ist also der in (4.190) vorkommende Eingangswi-
derstand Z identisch mit dem eines unendlichen Systems. Man kann also den
290 4 Impedanzen
Realteil der Eingangsadmittanz aus dem Grenzwert von ΔN/Δω und umge-
kehrt bestimmen, wobei sich auf Grund der gemachten physikalischen Überle-
gungen von selbst ergibt, dass ΔN/Δω proportional der Fläche (bzw. Länge
oder Volumen bei ein- oder dreidimensionalen Gebilden) und unabhängig von
den Randbedingungen sein muss [4.20]. Beispiele von N und ΔN /Δω enthält
Tabelle 4.7.3.
An einem einfachen Beispiel wollen wir die Anwendung von (4.190) veran-
schaulichen. Für eine homogene, dünne Platte ist nach (4.59) der Eingangs-
widerstand Z = 8(B m )1/2 , daraus ergibt sich
"
ΔN Sm S m
= √ = .
Δω 4π B m 4π B
Im Grenzfall ist also die Anzahl der Eigenschwingungen innerhalb eines Fre-
quenzbereichs bei Platten konstant. Die Gesamtzahl bis zu einer Frequenz ω1
ist demnach "
ω1
ΔN Sω1 m
N= dω = .
0 Δω 4π B
Von der Richtigkeit dieser Gleichung kann man sich bei Platten mit un-
terstützten Rändern anhand einer einfachen geometrischen Überlegung über-
zeugen. Dazu benutzen wir das so genannte Eigentonnetz“, das in Bild 4.20
”
dargestellt ist. Es besteht aus Maschen der Breite π/l1 (B /m )1/4 und der
1/4
Länge π/l2 (B /m ) . Das Abstandsquadrat von einem Maschenpunkt zum
Ursprung ist also
2 " 2 "
n1 π B n2 π B
+ .
l1 m l2 m
Wie ein Vergleich mit (4.171) zeigt, ist dieses Abstandsquadrat gleich dem
Wert der zu n1 , n2 gehörigen Eigenfrequenz. Daraus ergibt sich, dass die unter
einer gewissen Grenze ω1 liegenden Eigenfrequenzen innerhalb eines Viertel-
kreises mit dem Radius (ω1 )1/2 liegen müssen. Da zu jedem Maschenpunkt
ein Flächenstück der Größe π 2 (B /m )1/2 /(l1 l2 ) gehört, ist - wenn man die
Randpunkte vernachlässigt - die Gesamtzahl der unter ω1 liegenden Eigenfre-
quenzen durch " "
π l1 l2 m Sω1 m
N = ω1 2 =
4 π B 4π B
gegeben. Dabei werden Eigenfrequenzen, die mehrfach auftreten, auch mehr-
fach gezählt. Es handelt sich hier also um die Anzahl der verschiedenen Ei-
genfunktionen (s. Abschn. 4.7.2). Wie man sieht, stimmen die auf zwei ganz
verschiedenen Wegen gefundenen Gleichungen für N überein.
Als letztes wollen wir in diesem Abschnitt noch den Zusammenhang zwi-
schen Leistung und Schnellequadrat, also (4.189), auf einem anderen Wege
und unter allgemeineren Voraussetzungen ableiten. Wir gehen dabei davon
aus, dass der Verlustfaktor durch η = Ev /(2piER ), also durch das Verhältnis
der innerhalb einer Schwingung verloren gegangenen Energie zur wiederge-
winnbaren Energie gegeben ist (s. (3.24)). Bei kleinen Dämpfungen kann man
die wiedergewinnbare Energie durch die kinetische Energie ersetzen, für die
man in einem Flächenelement dxdz näherungsweise m (v 2 /2)dxdz erhält.
Die innerhalb einer Schwingungsperiode in Wärme umgesetzte Energie ist
demnach m (v 2 /2)2πηdxdz. Aus diesem Ausdruck ergibt sich durch Division
mit der Periodendauer T = 1/f , wobei f die Frequenz in Hertz ist, die inner-
halb einer Zeiteinheit (Sekunde) umgewandelte Energie m (v 2 /2)ωηdxdz.
Daraus folgt für die auf der gesamten Fläche S in Wärme umgesetzte
Energie pro Zeiteinheit, d.h. Leistung
1 1
Pv = ωη m v 2 dxdz = ωηm Sv 2 = ωηm Svef
2 .
f (4.191)
2 S 2
Dabei ist v 2 das mittlere Schnellequadrat, von dem vorausgesetzt ist, dass es
sinnvoll definiert und gemessen werden kann. (Beispielsweise wäre das nicht
der Fall, wenn eine Platte so groß und gedämpft ist, dass sich die Schnellen
an verschiedenen Stellen um mehr als eine Größenordnung unterscheiden).
Im stationären Zustand muss die in Wärme umgewandelte Leistung Pv
genau so groß sein, wie die an der Anregung zugeführte. Daraus folgt,
dass (4.189) und (4.191) identisch sind. (4.191) wurde jedoch ohne die ein-
schränkende Voraussetzung abgeleitet, dass die Anregung durch eine Punkt-
kraft erfolgt; sie stellt also eine Verallgemeinerung für beliebige Anregungsar-
ten dar. Das bedeutet, dass die in Abschnitt 4.5 abgeleiteten Gleichungen für
die Leistungsübertragung in ein unbegrenztes System auch auf Systeme end-
licher Größe angewandt werden können, vorausgesetzt, dass man sich auf die
Angabe von Frequenzmittelwerten und von örtlichen Mittelwerten beschränkt.
292 4 Impedanzen
In den Abschn. 4.3.1 und 4.3.2 (Bild 4.7) wurde bereits der Bewegungsver-
lauf eines halbunendlichen Balkens berechnet, wenn er durch eine auftreffende
Masse zu Longitudinal- bzw. Biegewellen angeregt wird. Ein weiterer Fall ei-
ner Stoßanregung ist in Abschn. 4.4.5 behandelt. Es wurde dort gezeigt, wie
aus dem Frequenzgang der Punktadmittanz die Impulsantwort für den idealen
Stoß (Green’sche Funktion) ermittelt werden kann. Für dünne Platten, die im
interessierenden Frequenzbereich der einfachen Eulerschen Biegetheorie gehor-
chen, war es möglich die entsprechende Gleichung 4.126 explizit anzugeben.
In diesem Abschnitt wollen wir die Stoßanregung durch eine starre Masse
etwas allgemeiner untersuchen und dabei sowohl das übliche Näherungsver-
fahren als auch die exakte Lösung - unter Berücksichtigung des Rückpralls -
behandeln.
4.8.1.1 Näherungslösung
In Abschn. 4.3.1 und 4.3.2 haben wir das in Bild 4.21b skizzierte Problem
behandelt. Das heißt wir haben den Stoß durch eine Masse m, die mit der
Geschwindigkeit v0 auf die interessierende Struktur auftrifft, dadurch ersetzt,
dass wir die Struktur und Masse als Einheit betrachteten und darauf den
Impuls I wirken liessen. Bei den folgenden Überlegungen wollen wir zwischen
Masse und Struktur noch ein elastisches, masseloses Element der Steife s
einbringen, s. Bild 4.21a. Dadurch haben wir zwei Vorteile:
• Die in Wirklichkeit immer vorhandene - wenn auch oft sehr kleine - Nach-
giebigkeit der Kontaktstelle, die z.B. auf die lokale Elastizität (s. (4.99))
oder auf Staubschichten zurückzuführen ist, wird berücksichtigt.
• Wir umgehen die numerischen Probleme, die eventuell bei der Behandlung
des absolut starren Stoßes auftreten.
Die haupsächliche Vereinfachung bei dem Modell nach Bild 4.21b liegt
darin, dass wir uns um den Rückprall der Masse nicht kümmern. Wir wissen
also nur, dass der anregende Impuls I zwischen mv0 (kein Rückprall) und
2mv0 (vollständiger Rückprall mit der Geschwindigkeit
√ −v0 ) liegt. Der Ein-
fachheit halber werden wir im Folgenden I ≈ 2mv0 ansetzen und damit
einen Fehler in Kauf nehmen der schlimmstenfalls 3 dB beträgt. Ein zweites
Problem, dass wir bei der Näherung nach Bild 4.21b annehmen, dass die Mas-
se m während des ganzen Schwingungsverlaufes die Struktur belastet, obwohl
sie nach einer kurzen Kontaktzeit, die auch nicht bekannt ist, eventuell wieder
zurückgeprallt ist.
Die Berechnung mit Hilfe der Näherungsmethode nach Bild 4.21b ist ein-
fach; denn wir können genauso vorgehen wie in Abschn. 4.2.1 bei der Behand-
lung des mechanischen Hammerwerkes. Es ist lediglich statt der Fourierreihe
4.8 Spezielle Probleme 293
Bild 4.21. Vereinfachung des Stoßproblems. a Masse trifft mit der Geschwindigkeit
v0 auf eine Struktur mit der Impedanz ZS und der Admittanz AS auf. Das elastische
Element (Kontaktsteife) ist fest mit der Struktur verbunden. b Ein Impuls I ∼ mv0
regt die über die Federsteife s fest mit der Struktur verbundene Masse an.
ergibt. Der Verlauf von F (t) ist unbekannt (und wird auch später nicht ge-
braucht); wir wissen nur, dass es sich um einen einmaligen, kurzzeitigen Vor-
gang handelt und dass (4.192) erfüllt ist. Bilden wir nun das Spektrum von
F (t), also
+∞
F (ω) = F (t)e−jωt dt (4.193)
−∞
dann können wir die folgenden Beziehungen ausnützen
F (ω) − FF (ω) = −ω 2 mξF (ω); ξF (ω) − ξS (ω) = FF (ω)/s;
(4.194)
FF (ω) = FS (ω); jωξS (ω)ZS = FS (ω).
Nach kleinen Zwischenrechnungen folgt daraus
jω m −1
vF (ω) = jωξF (ω) = F (ω) 1 + ZS jωm + ZS 1 − ω 2
s s (4.195)
= F (ω)AI (ω).
Wir haben hier als Abkürzung die Größe AI (ω) eingeführt. Sie ist die Admit-
tanz der aus der Masse, Feder und Struktur bestehenden Anordnung. Falls
Bedarf besteht, kann man die übrigen Spektralgrößen nach dem gleichen Sche-
ma errechnen. Für s → ∞, also für eine sehr steife Feder, folgt aus (4.195),
dass wie zu erwarten die Massenimpedanz jωm und die Strukturimpedanz ZS
einfach zu addieren sind.
Aus (4.195) kann man durch die entsprechende Rücktransformation in den
Zeitbereich den Zeitverlauf der interessierenden Größen erhalten. Hier sind
wir jedoch mehr an den mittleren Größen interessiert und berechnen daher
die beim Stoß übertragene Energie. Sie ist
294 4 Impedanzen
E= F (t)vF (t)dt
+∞ +∞
1 1
= jωt
F (ω)e dω · Re jωt
vF (ω)e dω dt (4.196)
2π −∞ 2π −∞
1 j(ω+ω )t
= Re F (ω )vF (ω)e dtdωdω .
4π 2
Hier haben wir die Tatsache ausgenutzt, dass F (t) sicher eine reelle Funktion
ist. Das Zeitintegral liefert 2πδ(ω + ω ) (analog zu (4.137)), so dass sich nach
einsetzen von (4.195)
+∞
1 ∗
E= Re F (−ω) F (ω)AI (ω)dω
2π −∞
(4.197)
1 ∞
= |F (ω)| Re{AI (ω)}dω
2
π 0
ergibt. Wir haben hier ausgenutzt, dass - weil F (t) reell ist - die Beziehung
F (ω) = F (−ω)∗ gilt. Die Ausdrücke (4.193)-(4.197) gelten für Kräfte mit
beliebigem Zeitverlauf. Zur Spezialisierung auf kurze Impulse entwickeln wir
die Exponentialfunktion in (4.193) in eine Taylor-Reihe. Das ergibt
1 2 2
E = F (t) 1 − jωt − ω t . . . dt
2
2
t 1 t
= F (t)dt − jωtI F (t) dt − ω 2 t2I f (t) dt (4.198)
tI 2 tI
1
= F (t)dt − jωtI G1 − ω 2 t2I G2 ≈ I für ωtI < 1.
2
Wir haben dabei die Impulsdauer tI eingeführt und die Tatsache ausgenutzt,
dass die mit G1 und G2 bezeichneten Ausdrücke und alle höheren Terme
kleiner als I sind. damit wir die Behandlung von sehr kurzzeitigen Impulsan-
regungen sehr einfach; denn wir können - falls die Impulsdauer tI im Bereich
von Zehntel Millisekunden oder darunter liegt - im hauptsächlich interessie-
renden Frequenzbereich,
√ d.h. für ω < 1/TI in (4.195)-(4.197) einfach F (ω)
durch I ≈ 2mv0 ersetzen.
Ein Anwendungsbeispiel der obigen Gleichungen stellt das aus der Bau-
akustik bekannte Trittschallproblem dar. Bei dem dabei verwendeten Tritt-
schallhammerwerk treffen im freien Fall Hämmer mit der Masse m = 0, 5 kg
aus einer Höhe von 0,04 m mit einer Schlagfrequenz von fS = 10 s−1 auf das
Prüfobjekt. Ein einzelner Schlag überträgt also - wenn man annimmt, dass der
Hammer weder liegen bleibt noch mit gleicher Geschwindigkeit zurückprallt -
näherungsweise den Impuls
√
IH ≈ 2m 2gh = 0, 626kgm/s.
4.8 Spezielle Probleme 295
Dabei ist g die Endbeschleunigung und der Wurzelausdruck die bekannte Glg.
für den freien Fall.
Die pro Schlag übertragene Energie ist nach (4.197)
2 ∞
IH
EH = Re{AI (ω)}dω. (4.199)
π 0
Betrachten wir - was jedoch bei tiefen Frequenzen nur näherungsweise gilt -
die einzelnen Schläge als unkorreliert, dann können wir die Energien addieren
und erhalten für die Energie pro Sekunde, also die Leistung
2 ∞
IH
P = EH fS = fS Re{AI }dω (4.200)
π 0
(fS = Anzahl der Schläge pro Sekunde). Mit (4.200) haben wir gleichzeitig die
spektrale Dichte der Leistung bei einer Schlagfolge erhalten; wir brauchen nur
die Integration über ω wegzulassen. Üblicherweise interessiert man sich für die
Leistung PΔf in einem Frequenzband Δf . Dazu ersetzen wir den Integranden
durch seinen Mittelwert (gekennzeichnet durch Überstreichen) und erhalten
2
IH
PΔf = fS 2πΔf Re{AI (ω)}. (4.201)
π
Die üblichen Frequenzbänder sind Oktaven mit Δf = 0, 707f und Terzen mit
Δ = 0, 23f . Dabei ist f die Mittenfrequenz.
(4.201) gilt natürlich nicht nur für Trittschall, sondern auch für andere
Anregungen durch sehr kurzzeitige Impulse, falls die Anzahl der Ereignisse
fS und er mittleren übertragene Impuls IH bekannt sind, (z.B. das rainon
”
the roof“ Problem).
Aus der übertragenen Leistung erhält man durch Umstellen von (4.191)
das mittlere Schnellequadrat einer Platte
2PΔf 4I 2 fS Δf
2 =
vΔf
= H Re{AI (ω)} = 2vef
2 .
f (4.202)
ωηm S ωηm S
(4.202) zeigt, dass der Trittschallpegel durch Erhöhung der Plattenmasse m ,
des Verlustfaktors η und der Impedanz ZI = 1/AI verringert werden kann.
Bei dünnen Platten (Asphaltestrich, Holzfussboden) ist ferner zu beachten,
dass eine Erhöhung der Fallmasse die Pegel bei hohen Frequenzen reduziert
(Schläge mit großen Massen klingen dumpfer) [4.23]. Natürlich wirkt es sich
auch pegelmindernd aus, wenn die Steife der Zwischenlage (weicher Gehbelag,
Teppich, etc.) so niedrig gemacht wird, dass s ω 2 m.
Bild 4.22 zeigt die Ergebnisse von zwei Beispielrechnungen. Für die Impe-
danz der Struktur wurde dabei für die unendlich große Platten gültige Glei-
chung (4.59) verwendet. Im unteren Teil sind auch noch Messergebnisse auf-
getragen, aus denen der Einfluss einer weichen Zwischenschicht hervorgeht. Es
ist zu beachten, dass die verbessernde Wirkung in diesem Fall sehr stark von
der Fallmasse abhängt. Bei kleineren Fallmassen als den hier benutzten 0,5
kg ist die verbessernde Wirkung weniger ausgeprägt. Bei größerer Fallmasse
wäre sie höher.
296 4 Impedanzen
Bild 4.22. Oben: Mittleres Schnellequadrat pro Oktave einer 12 cm dicken Beton-
decke (η ∼
= 0, 02) und eines 2,1 cm dicken Asphaltestrichs (η ∼
= 0, 15) bei Anregung
mit dem genormten Trittschallhammerwerk. Unten: Mittleres Schnellequadrat pro
Oktave einer 12 cm dicken Betondecke mit verschiedenen Auflagen bei Anregung
mit dem genormten Hammerwerk. p0 = 2 · 10−5 Pa, v0 = 5 · 10−8 m/s
Die Lösung des Stoßproblems einschließlich des Rückpralls ist etwas kompli-
zierter, weil die Bewegungsgleichung der stoßenden Masse und die der gestoße-
nen Struktur kombiniert werden müssen und weil sich die Randbedingungen
sprunghaft ändern, je nachdem, ob Konatkt vorliegt oder nicht.
Die Bewegung der stoßenden Masse m ist durch die auf sie wirkenden
Kräfte, also die Schwerkraft mg und die von der Strukur während des Kon-
taktes entgegenwirkende Kraft FF (t) bestimmt. Der jeweilige Ort ξm (t) der
Masse ist also durch (s.a. Bild 4.21)
d2 ξm (t)
m = −mg + FF (t) (4.203)
dt2
bestimmt. Falls es sich um einen schrägen Stoß handelt, ist lediglich g durch
g sin ϑ zu ersetzen. Die übrige Rechnung bleibt gleich. (4.203) kann man auch
in der Form
4.8 Spezielle Probleme 297
1 t
ξm (t) = ξm0 + v0 t + [FF (tq ) − mg] (t − tq )dtq
m 0
(4.204)
t2 1 t
= ξm0 + v0 t − g + (t − tq )FF (tq )dtq
2 m 0
schreiben. Dabei sind ξm0 und v0 der Ort bzw. die Geschwindigkeit zum Zeit-
punkt t = 0. (4.204) erhält man durch doppelte Integration von (4.203) und
der Anwendung der Cauchy’schen Integrationsgleichung (s. z.B. (4.33)).
Zur Beschreibung der Bewegung ξF (t) an der als sehr klein angenommenen
Anregestelle wählen wir auch eine Integraldarstellung. Hierf”ur bietet sich die
Gleichung
t
ξF (t) = − FF (tq )ξF g (t − tq )dtq (4.205)
0
an. Sie besagt, dass wir die Bewegung zum Zeitpunkt t dadurch erhalten, dass
wir uns die zu früheren Zeiten tq wirkenden Kräfte als eine Folge von kleinen
Impulsen der Stärke FF (tq )dtq vostellen und die so verursachten Bewegungen
addieren. Das Vorzeichen in (4.205) ist negativ, weil eine positive Kraft die
Masse nach oben und die elastische Zwischenlage zusammen mit der Struktur
nach unten treibt. In (4.205) (die eine Faltung darstellt) bedeutet ξF g (t − tq )
die für jede Struktur berechenbare, also im Prinzip bekannte Impulsantwort
(Green’sche Funktion). Sie ist die Bewegung, die ein Einheitsimpuls, der zur
Zeit tq wirkte, zum Zeitpunkt t erzeugt.
Die dritte Beziehung, die man zur Berechnung der unbekannten Größen
ξm (t), ξF (t), FF (t) braucht, ist etwas komplizierter. Es ist die Kontaktbedin-
gung, die wir in der Form
ξm (t) = ξF (t) während der Kontaktzeit
(4.206)
FF (t) = 0 ausserhalb
schreiben. Die Impulsantwort ξF g , die in den obigen Gleichungen auftritt, er-
halten wir aus dem Spektrum der Bewegung ξF , also aus (4.195). Wir müssen
dazu, da es sich nun um einen idealen Impuls handelt, m = 0 setzen und vom
Spektrum zum Zeitverlauf übergehen. Dabei ist nach (4.198) F (ω) = I zu
setzen. Wir erhalten also aus (4.195) mit AS = 1/ZS
∞
1 I 1 AS jωt
ξF (t) = ξF (ω)dω = + e dω
2π 2π −∞ s jω
∞ (4.207)
1 1 AS jωt δ(t)
=I δ(t) + e dω = I + ξsg (t) .
s 2π −∞ jω s
Die interessierende Impulsantwort für den Einheitsimpuls I = 1 ist also durch
die Federsteife s, die Deltafunktion δ(t) und die Impulsantwort der Struktur
ohne die Feder, also durch
∞
1 AS jωt
ξsg (t) = e dω (4.208)
2π −∞ jω
298 4 Impedanzen
Die gesuchte Impulsantwort für die Struktur mit der Feder ist bei I = 1 nach
(4.207)
δ(t) Gκ −ηκ ωκ t/2
ξF g (t) = + e sin ωκ t. (4.212)
s ωκ
4.8 Spezielle Probleme 299
t2 1 t
ξm (t) = ξm0 + v0 t − g + (t − tq )FF (tq )dtq
2 m 0
ξF (t) = ξm (t) während des Kontaktes
(4.213)
FF (t) = 0 außerhalb des Kontaktes
t
ξF (t) = − FF (tq )ξF g (t − tq )dtq .
0
Um (4.213) numerisch lösen zu können, ersetzen wir die Integrale durch Sum-
men. Dabei geht Zeitinkrement dtq gegen Δ, so dass t → nΔ, tq → νΔ gilt.
Außerdem ist n = 1, 2, 3, . . .; ν = 1, 2, 3, . . . Schreibt man die Terme zur Zeit
nΔ separat, dann erhält man
n−1
ξm (nΔ) = An + H1 (nΔ)FF (nΔ) + H2 (νΔ)FF (νΔ)
ν=1
(4.214)
1
n−1
ξF (nΔ) = − FF (nΔ) − H3 (nΔ)FF (nΔ) − H4 (νΔ)FF (νΔ).
s ν=1
Dabei bedeuten
g 1 2
An = ξm0 + ν0 nΔ − (nΔ)2 , H1 (nΔ) = Δ ,
2 2m
n−ν 2 Δ Gκ −ηκ ωκ nΔ/2
H2 (νΔ) = Δ , H3 (nΔ) = e sin ωκ nΔ,
m 2 κ=1 ωκ
Gκ Δ 2
H4 (vΔ) = e−ηκ ωκ (n−ν)Δ/2 sin[ωκ (n − ν)Δ].
κ=1
ωκ
Wie man sieht, erstrecken sich nun die Zeitsummen nur bis ν = n − 1. Sie sind
also beim n-ten Iterationschritt bekannt. Das Zeitinkrement Δ muss natürlich
sehr klein sein, es muss gelten: Δ2 m/s und ωκ Δ 1.
Um die Kontaktbedingung (Ungleichung in der Mitte von (4.213)) zu er-
fassen, errechnen wir bei jedem Iterationsschritt erst eine fiktive Kraft FF ikt ,
die notwendig wäre, um die Masse m und die Feder s in Kontakt zu zwin-
gen. Wenn diese Kraft größer als Null ist, handelt es sich um die tatsächliche
Kraft. Wenn sich jedoch FF ikt < 0 ergibt, würde das bedeuten, dass man eine
äussere Kraft benötigen würde, um Masse und Feder in Kontakt zu bringen.
Da eine solche äußere Kraft (wenn keine Adhäsion vorliegt) nicht vorhanden
ist, lautet die Kontaktbedingung
,
FF ikt , wenn FF ikt > 0
FF (nΔ) = (4.215)
0, wenn FF ikt < 0.
300 4 Impedanzen
Die Größe der fiktiven Kraft erhalten wir, indem wir in (4.214) den Ansatz
ξm (nΔ) = ξF (nΔ) machen. Das führt auf
1
n−1
An + FF ikt Δ2 + H2 (νΔ)FF (νΔ)
2m ν=1
−FF ikt Δ Gκ
n−1
−ηκ ωκ Δ/2
= − Ff ikt e sin ωκ Δ − H4 (νΔ)FF (νΔ).
s 2 ω
κ=1 κ ν=1
(4.216)
Wir können also jeden Iterationschritt FF ikt ausrechnen und folglich auch aus
(4.215) die tatsächliche Kraft FF (nΔ) ermitteln.
Die Rechnung muss man - natürlich von n = 1 beginnend - fortlaufend für
n = 2, 3 . . . durchführen, weil man bei jedem neuen Zeitschritt die früheren
Kräfte kennen muss.
Wenn die Kräfte FF für 1 ≤ ν ≤ n bekannt sind, kann aus (4.214) die
Bewegung von Masse und Feder berechnet werden. Die Bewegung der Struktur
am Anregeort x0 , z0 ergibt sich aus (4.207) zu
n
ξS (x0 , z0 , t) = − ΔH4 (νΔ)FF (νΔ). (4.217)
ν=1
Wenn man auf 4.209 zurückgeht, erhält man für einen beliebigen Ort x, z
n ϕκ (x0 , z0 ) ϕκ (x, z)
ξS (x, z, t) = − ΔFF (νΔ)
ν=1 κ
ωκ (4.218)
−ηκ ωκ (n−ν)Δ/2
·e sin ωκ (n − ν) Δ.
Da wir durch die Wahl des Zeitinkrementes Δ im Prinzip eine obere Fre-
quenzgrenze festgelegt haben, ist es sinnvoll, die Summation über κ nur bis
zu einem ωκ max vorzunehmen, das durch
2π
ωκ max ≈ = π/Δ (4.219)
2Δ
bestimmt ist.
Die Bilder 4.23 und 4.24 zeigen einige Ergebnisse, die mit Hilfe von (4.214)-
(4.218) erhalten wurden.
Aus diesen Bildern kann man folgendes ersehen:
• Die auftreffende Masse erzeugt einen kurzen Kraftstoß, fliegt zurück,
kommt im freien Fall wieder, gibt einen neuen Impuls etc. Die Kraftstösse
sind nicht regelmäßig verteilt, weil sie sowohl von der Fallzeit als auch von
der Periodendauer der Schwingungen abhängen.
• Im Laufe der Zeit werden die Zeiten zwischen den Aufprallen kürzer (die
Ursache des Klapperns“), noch später (hier nicht angezeigt) bleibt die
”
Masse auf der Struktur liegen und schwingt mit ihr.
4.8 Spezielle Probleme 301
• Bei der Membran läuft die Störung mit einer konstanten Geschwindigkeit
(gestrichelte Linien im Bild 4.23) von der Kontaktstelle weg und wird
wegen der Verteilung auf immer größere Gebiete allmählich kleiner. Bei
der Platte führt die Dispersion der Biegewellengeschwindigkeit zu einem
allmählichen Verlaufen“ des Signals.
”
• Die Impulsantwort der Membran weist eine hohe Anfangsspitze auf, weil
die Punktadmittanz einer Membran einen sehr großen Imaginäranteil hat.
Das hier benutzte numerische Verfahren kann ohne große Änderungen auch auf
den Punktstoß zweier beliebiger Körper (falls ihre Impulsantworten bekannt
” ”
sind) und auf den Fall einer nichtlinearen (z.B. Hertzschen) Feder erweitert
werden. Auch die plötzliche Entlastung einer vorgespannten Struktur lässt
sich auf ähnliche Weise behandeln.
302 4 Impedanzen
Man erkennt aus den dort angegebenen Gleichungen und Skizzen auch,
dass für den gleichen Gesamtimpuls bei hohen Frequenzen die Amplituden
304 4 Impedanzen
viel kleiner sind (dafür im mittleren Frequenzbereich ein klein wenig höher),
wenn der Zeitverlauf weniger Sprünge und Knicke aufweist. Die daraus abge-
leitete Schlussfolgerung ist, dass man zur Reduzierung der subjektiv besonders
störenden hohen Frequenzen versuchen sollte, Kraft- und Bewegungsverläufe
(durch entsprechende Formgebung, durch weiche Zwischenlagen, durch An-
schrägen, etc.) möglichst gleichmäßig und langsam veränderlich zu machen.
Die plötzliche Entlastung spielt in der Maschinenakustik eine Rolle
• beim Stanzen, weil sich nach dem Durchstechen des Werkstückes die Stanz-
kraft plötzlich verschwindet und damit das unter mechanischer Spannung
stehende Stanzengestell plötzlich entlastet wird und ausschwingt,
• beim Drehen, Fräsen, Bohren etc., weil das Material nicht vollkommen
homogen ist, so dass das Werkzeug in sehr schnellem Wechsel etwas ge-
spannt, dann wieder plötzlich teilweise entspannt wird (Schnittkraftrau-
schen [4.25])
• beim Reißen und Brechen, wo die vor dem Riss bzw. Bruch gespeicherte
potentielle Energie plötzlich frei wird und die beteiligten mechanischen
Bauteile zu Schwingungen anregt.
Wenn sich die beteiligten Körper nach der Entlastung nicht trennen, be-
steht (analog zum Problem des Rückpralls) wieder eine Ungenauigkeit, die in
der Größenordnung von 3 dB liegt.
Durch Elimination von ξˆr1 , ξˆr2 , F̂F , F̂R gewinnt man daraus
306 4 Impedanzen
ξˆrau ˆ
ξrau
ξˆF = = ZF jωZF
1+ ZF
+ jωZS 1
+ 1 1+ Z R + sc
ZR sc1 sc2
(4.222)
ξˆrau
ξˆR = jωZR
.
1+ Z F
ZR + sc
4.8 Spezielle Probleme 307
Das hier skizzierte Radmodell hat sich für die Berechnung von Eisenbahn-
geräuschen bewährt [4.28]-[4.30]. Falls die Fahrbahngeschwindigkeiten so klein
sind, dass (4.220) nicht erfüllt ist, wird noch ein mehr oder weniger empirischer
Kontaktfilter“ in die Rechnung mit einbezogen, um bei hohen Frequenzen
”
bessere Ergebnisse zu erhalten.
4.8.4 Parameteranregung
Als Beispiel einer Parameteranregung betrachten wir eine Balken auf einer un-
gleichmäßigen elastischen Bettung, der durch eine bewegte, konstante Punkt-
kraft F0 angeregt wird, s. Bild 4.27.
Bild 4.27. Anregung eines Balkens. auf einer ungleichmäßigen Bettung, durch
eine bewegte Punktlast, starre Unterlage
308 4 Impedanzen
s B √ &
U4 > 4 oder U > 2 4 ωS2 B/m . (4.229)
m m
Dabei ist ωS = (s/m )1/2 die Resonanzfrequenz des aus Balkenmasse und
Bettungsfeder gebildeten Systems und die vierte Wurzel ist die Biegewellen-
geschwindigkeit bei dieser Frequenz.
Setzt man in (4.229) Zahlenwerte ein, so stellt man fest, dass bei gut ver-
legten Eisenbahnschienen die Bedingung (4.229) nicht erfüllt ist. Die Züge
würden nämlich sonst entgleisen. Bei schlecht aufgepumpten Autoreifen kann
es dagegen vorkommen, dass eine sehr hohe Fahrgeschwindigkeit etwa gleich
der Geschwindigkeit ist, mir der Körperschallwellen um den Reifen herumlau-
fen. Ein gefährliches Flattern ist die Folge.
Abgesehen von der Luftschalldämmung (s. Abschnitt 6.8) ist ein weite-
rer Fall, bei der Konzidenz eine Rolle spielt, die sog. Grenzschichtgeräusche
(boundig layer noise). Beispiele findet man bei Flugzeugen oder bei Rohren, in
denen eine Flüssigkeit oder ein Gas strömt. Die Grenzschichtgeräusche entste-
hen, wenn eine turbulente Strömung mit der Geschwindigkeit U an einer Wand
entlangströmt. Da man sich die kleinen Turbulenzballen als einzelne, mit der
Geschwindigkeit U bewegte Kräfte bzw. Kräftepaare vorstellen kann, liegt Ko-
inzidenz vor, wenn U gleich der Biegewellengeschwindigkeit der Wand ist. Da
Strömungsgeschwindigkeiten ziemlich hoch und umströmte Wände dünn sind
(kleine Biegewellengeschwindigkeit), kann diese Art der Koinzidenz durchaus
im mittleren und hohen Frequenzbereich auftreten. Allerdings wird in der
Praxis kein tonales Signal erzeugt, wie (4.227) erwarten ließe, weil noch an-
dere Phänomene eine Rolle spielen. Insbesondere ist zu bedenken, dass eine
Koinzidenz (ähnlich wie eine Resonanz) eine gewisse Einlauflänge“ benötigt,
”
also eine gewisse Länge, über die die Kraft konstant ist. Das ist bei Grenz-
schichtgeräuschen nur sehr bedingt der Fall, weil die Turbulenzballen ständig
neu entstehen und zerfallen.
Wenden wir uns nun wieder der Parameteranregung zu, dann empfiehlt es
sich in (4.226) die Substitution
zu machen. Da ξ˘0 (x, ω) für die Gleichung zum Teil erfüllt, verbleibt noch
folgende Bestimmungsgleichung für ξ˘1 (x, ω)
d4 ξ˘1 (x, ω)
B −(ω 2 m −s)ξ˘1 (x, ω) = −sε(x)ξ˘= (x, ω)−sε(x)ξ˘1 (x, ω). (4.231)
dx4
Vernachlässigt man hier den zweiten Term auf der rechten Seite, dann hat
(4.231) wieder die Form einer Balkengleichung auf einer konstanten Bettung,
die von von einer Druckverteiling der Form sε(x)ξ˘0 (x, ω) angeregt wird. Es
werden also um so größere Wechselbewegungen erzeugt, je größer die Schwan-
kungen der Steife sind und je mehr die homogene Anordnung durch die be-
wegte Kraft angeregt wird.
310 4 Impedanzen
Eine allgemeine Lösung von (4.231) ohne den letzten Term ist mit Hilfe
der räumlichen Fouriertransformation möglich (s.a. Abschn. 4.4.3). Wir wollen
uns jedoch hier auf den einfachen Fall der rein sinusförmigen Schwankung
beschränken und
ε0 +j2πx/λR
ε(x) = ε0 sin(2πx/lR ) = e − e−j2πx/λR (4.232)
2j
anzusetzen. Dabei ist λR die räumliche Periodizität der Schwankung. Setzt
man dies und (4.227) in (4.231), so liefert die gleiche Rechnung, die zu (4.227)
führte
˘ F0 s ε0 e−jk1+ x e−jk1− x
ξ1 (x, ω) = − 4 −(ω 2 m −s) − Bk 4 −(ω 2 m − s) .
2jU Bk04 −(ω 2 m −s) Bk1+ 1−
(4.233)
Dabei ist
ω ω 2π ω 2π
k0 = ; k1+ = − ; k1− = + . (4.234)
U U λR U λR
Wie man sieht, können nun bei drei Frequenzen die Nenner verschwinden,
und damit sehr hohe Körperschallamplituden auftreten.
Im Frequenzbereich ω > (s/m )1/2 (das ist der hauptsächlich interessie-
rende Bereich) liegen sie bei
"
ω 2
4 ω m ω0 ω0
≈ oder = oder U = cB (4.235a)
U B U cB
ω 2π ω 2πU 1
− ≈ oder ω1+ ≈ (4.235b)
U λR cB λR 1 − U/cB
ω 2π ω 2πU 1
+ =− oder ω1− ≈ − . (4.235c)
U λR cB λR 1 + U/cB
Für den häufiger Fall, dass cB
U gilt, führen die beiden letzten Ausdrücke
zu
2π
ω1 ≈ U bzw. f ≈ U/λR . (4.236)
λR
Es wird also erwartungsgemäß hauptsächlich die Frequenz (auch Stolper-
frequenz genannt) erregt, deren Periodendauer der Fahrzeit von einer Stei-
feerhöhung zur nächsten entspricht.
Das Iterationsverfahren könnte man noch weiter treiben und mit Hilfe von
ξ˘1 eine verbesserte Näherung finden, aber der damit verbundene Informations-
gewinn ist gering, zumal die der Iteration zugrundeliegende Annahme, dass
ξ˘1 < ξ˘0 an den interessanten Nullstellen des Nenners nicht erfüllt ist.
In diesem Abschnitt wurde zwar nur der Fall des Balkens betrachtet, aber
die dabei gewonnenen qualitativen Ergebnisse lassen sich auch auf andere
Strukturen übertragen, die durch gleichförmige Lasten angeregt werden:
a) Wenn Bewegungsgeschwindigkeit und Wellengeschwindigkeit gleich sind,
gibt es starke Koinzidenzanregung.
4.8 Spezielle Probleme 311
Das hier beschriebene Iterationsverfahren eignet sich zwar für die Herlei-
tung qualitativer Ergebnisse, für die Berechnung von konkreten Fällen ist es
- wegen der säkularen Lösung - wenig geeignet. Es empfiehlt sich stattdessen
Verfahren zu verwenden, bei denen die Inhomogenitäten durch Zusatzkräfte
ersetzt werden. Die Berechnung dieser Zusatzkräfte erfordert dann die Lösung
mehr oder weniger großer linearer Gleichungssysteme.
• Isolationsgrad
|F0 |2
ΔLF = 10 lg
|F3 |2
2 (4.240)
ZS −
jωmz
1 + jω m+m
ZS
z
cl + j Z w ωm
ZS 1+ ZS sl
= 10 lg ;
|cl2 + sl2 |2
• Schnelle-Pegeldifferenz
2
j
|v1 |2
cl + Zw (ZS + jωmz )sl
ΔLv = 10 lg = 10 lg (4.241)
|v2 |2 |cl2 + sl2 |2
• Übertragene Leistung
2
1 ∗ 1
F3
1
PK = Re{F3 v2 } =
|F0 |Re
2
; (4.242)
2 2 F0 ZS
1 + jω m+m
ZS
z
cl + j Zw
ZS − ωm
Zw (1 + jωm z /Z S ) sl
= 10 lg
2 .
z
1 + jω m+m ZS
|cl 2 + sl2 |2
(4.243)
Dabei bedeuten cl = cos kw lw und sl = sin kw lw .
Man beachte, dass im allgemeinen kw komplex ist. Man darf also Sinus-
und Cosinusquadrate nicht zu eins addieren. PK, elast bzw. PK, starr sind
die mit bzw. ohne elastische Lagerung (d.h. für kw lw = 0) übertragenen
Leistungen. F3, starr ist die auf das Fundament wirkende Kraft, wenn die Feder
durch ein starres Zwischenstück ersetzt wird. Die Einfügungsdämmung gibt
an, wie stark die Übertragung durch den Einbau der Feder verringert wird.
Die Schnellepegeldifferenz ist die im eingebauten Zustand am leichtesten zu
messende - aber häufig nicht sehr aussagekräftige - Größe. Führt man Beispiel-
rechnungen durch, so erhält man Ergebnisse, die zum Teil sehr stark frequenz-
abhängig sind, weil sich neben der normalen Abstimmfrequenz ω0 = sw /m
auch die inneren Federresonanzen, die etwa bei kw lw = nπ liegen, und die Re-
sonanzen der Fundamentstruktur auf den Frequenzgang auswirken. Weitere
allgemein gültige Schlußfolgerungen sind:
• Für einen gegebenen Fall können Isolationsgrad, Pegeldifferenz der Schnel-
le und Einfügungsdämmung zahlenmäßig sehr verschieden sein.
314 4 Impedanzen